4424/AB XXII. GP
Eingelangt am 22.08.2006

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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
JOSEF PRÖLL
Bundesminister
An den Zl. LE.4.2.4/0048-I 3/2006
Herrn Präsidenten
des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 Wien Wien, am 22. AUG. 2006
Gegenstand: Schriftl.parl.Anfr.d.Abg.z.NR Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen
und Kollegen vom 23. Juni 2006, Nr. 4427/J, betreffend WTO-Streit-
beilegungsverfahren gegen die EU betreffend gentechnisch veränderte
Organismen (GVO)
Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen vom 23. Juni 2006, Nr. 4427/J, betreffend WTO-Streitbeilegungsverfahren gegen die EU betreffend gentechnisch veränderte Organismen (GVO), beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Zu den Fragen 1 bis 3:
Die Vertretung Österreichs im Ausschuss nach Artikel 133 EGV fällt in die Zuständigkeit des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit (BMWA). Die endgültige Position Österreichs zu dieser Frage wird daher in Absprache mit dem BMWA und der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen (BMGF) festzulegen sein.
Das BMGF ist gemäß dem Gentechnikgesetz zuständig für österreichische Importverbote. Mir ist bekannt, dass seitens des BMGF ein unabhängiges Gutachten in Auftrag gegeben werden soll, das die entsprechenden Begründungen für die österreichischen Maßnahmen an Hand
der neuesten wissenschaftlichen Informationen aktualisieren und als Entscheidungshilfe im Hinblick auch auf ein allfälliges Berufungsverfahren dienen soll.
Zu Frage 4:
Bereits vor der Österreichischen Präsidentschaft setzte ich mich nicht nur konsequent dagegen ein, dass neue GVOs zugelassen werden, sondern postulierte auf Ratsebene, dass die Europäische Kommission sich bei ihren Entscheidungen nach den Mehrheitsverhältnissen im Abstimmungsverfahren im Rat richtet. Diese Forderung wurde auch in der Österreichischen Präsidentschaft eingebracht und von anderen Mitgliedsstaaten unterstützt. Leider lassen die derzeitigen Verfahrensregeln in der Komitologie eine dahingehende Bindung der Europäischen Kommission an eine derartige Verhaltensweise nicht zu. Eine Änderung des Komitologiebeschlusses bzw. eine Einbeziehung des Europäischen Parlaments in administrative Entscheidungen der Europäischen Kommission in EU-Zulassungsverfahren ist aber wegen der diesbezüglich mangelnden Konsensbereitschaft derzeit nicht durchsetzbar.
Zu Frage 5:
In der Österreichischen Präsidentschaft ist es mir gelungen, die Europäische Kommission zu überzeugen, dass die vorgebrachten Mängel es notwendig machen, Verbesserungen im Zulassungsverfahren insbesondere mit Adressierung von Forderungen an die EFSA anzustreben. In einer Konferenz in Wien zum Vorsorgeprinzip am 18. und 19. April 2006 wurde das Thema auf technischer Ebene behandelt. Beim Umweltministerrat am 27. Juni 2006 stellte die Europäische Kommission ein Maßnahmenpaket vor, in dem insbesondere an die EFSA appelliert wird, in der Beurteilung der Anträge die Bedenken der Mitgliedsstaaten eingehend zu berücksichtigen und aktuelle wissenschaftliche Studien in den Entscheidungsprozess einzubeziehen.
Zu Frage 6:
In der Österreichischen Präsidentschaft ist es gelungen, durch die Einforderung von mehr Transparenz im GVO-Zulassungsverfahren mit besonderer Betonung der Verantwortung der EFSA Verbesserungen einzuleiten. Die EFSA ist dabei, einen Reformprozess zu beginnen und eine Evaluierung ihrer bisherigen Tätigkeit durchzuführen.
Zu Frage 7:
Das Vorsorgeprinzip ist ein wichtiger Grundsatz des europäischen Gesetzesrahmens für GVO-Regelungen und wird als geeignetes Instrument erachtet, um die von der EU festgelegten Schutzziele im Hinblick auf den Schutz der menschlichen Gesundheit und Umwelt zu erreichen. Darüber hinaus ist es auch auf globaler Ebene im Cartagena-Protokoll ausdrücklich verankert und wird auch in der UN-Deklaration von Rio zu Umwelt und Entwicklung 1992 erwähnt. Es darf allerdings angemerkt werden, dass verschiedene große Staaten nicht Vertragspartei des Cartagena-Protokolls sind. Es ist überdies festzuhalten, dass auch in den WTO-Abkommen über Sanitäre und Phytosanitäre Maßnahmen und Technische Handelshemmnisse das Vorsorgeprinzip erwähnt wird. Nicht zuletzt möchte ich auch auf die vom BMLFUW und dem BMGF initiierte und dem Umweltbundesamt organisierte Konferenz im April 2006 über die Rolle des Vorsorgeprinzips in der Gentechnikpolitik hinweisen. Im Rahmen dieser Konferenz mit Fachexperten aus aller Welt konnte das österreichische Kernanliegen einer starken Verankerung des Vorsorgeprinzips auch in diesem umweltpolitisch wichtigen Teilbereich einem großen Teilnehmerkreis nahe gebracht werden.
Zu den Fragen 8 und 9:
In Österreich fällt der Anbau von GVOs in die Regelungskompetenz der Länder. Mit ihren Gentechnik-Vorsorge-Gesetzen haben die Länder bereits geeignete Regelwerke erlassen, um den Schutz ökologisch sensibler Gebiete und der gentechnikfreien landwirtschaftlichen Produktion sicherzustellen. Seitens des BMLFUW wird dieses Regelwerk durch die Ausarbeitung von bundeseinheitlichen Richtlinien für das Koexistenz-Management durch die AGES unterstützt. Darüber hinaus wurde mit der Saatgut-Anbaugebiete-Verordnung des BMLFUW die rechtliche Voraussetzung für die Festlegung von geschlossenen Anbaugebieten für die gentechnikfreie Saatguterzeugung durch landesgesetzliche Regelungen geschaffen. Um die in diesem Zusammenhang erforderlichen Aktivitäten bundesweit zu koordinieren, habe ich in meinem Ressort eine Gentechnik-Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich aus Vertretern der zuständigen Ministerien, der Ländern und der Landwirtschaftskammern zusammensetzt und in regelmäßigen Abständen tagt. Im Hinblick auf EU-weit gültige Bedingungen für gentechnikfreie Gebiete setzt sich das BMLFUW für einen klaren Regelungsrahmen ein. Aufbauend auf den Ergebnissen der Koexistenz-Konferenz von Wien im April 2006 konnte in der Tagung des Agrarministerrates vom 22. Mai 2006 unter Österreichischem Vorsitz eine einstimmige Annahme von Schlussfolgerungen erzielt werden, die einen klaren Auftrag an die Europäische Kommission in diese Richtung enthält.
Der Bundesminister: