4518/AB XXII. GP

Eingelangt am 07.09.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0051-Pr 1/2006

An den

                                      Herrn Präsidenten des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

zur Zahl 4594/J-NR/2006

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Kriminalität und Spielsucht (Glückspiele & Wetten)“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 8, 17 bis 24:

Weder in der Verfahrensautomation Justiz (VJ) noch in den sonst mir zur Verfügung stehenden Statistiken werden Daten über Motive für die Begehung strafbarer Handlungen erfasst; ebenso wenig ist ersichtlich, ob diese Handlungen in einem Zusammenhang mit Verschuldung auf Grund pathologischen Spielverhaltens stehen. Spezielle Deliktskennungen oder Statistikschritte, wie etwa bei den unter die Sammelbegriffe „Strafsachen im Familienkreis“ oder „Organisierte Kriminalität“ fallenden Delikten, sind für die hier in Rede stehende, so genannte Beschaffungskriminalität nicht vorgesehen. Derartige Deliktskennungen knüpfen sonst allerdings an bestimmte (eng abgegrenzte) Tatbestände oder an eine routinemäßige Erfassung durch die Sicherheitsbehörden an; beides ist bei der hier angesprochenen Delinquenz nicht der Fall. Die Beantwortung dieser Fragen setzte - da beinahe alle Delikte gegen fremdes Vermögen in Betracht kommen - die Aushebung und Durchsicht von tausenden Gerichtsakten durch einen Großteil der in erster Instanz tätigen Staatsanwälte voraus, was mit einem unverhältnismäßig hohen und nicht bewältigbaren Verwaltungsaufwand verbunden wäre. Zudem werden Ursachen für Geldnot, die allenfalls Auslöser für strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen sein kann, in Strafverfahren nicht durchgehend erforscht, sodass selbst eine händische Auswertung der Gerichtsakten nicht unbedingt ein zuverlässiges Ergebnis brächte.

Umgekehrt wäre die Beantwortung ohne statistisches Material oder Durchsicht aller in Frage kommenden Gerichtsakten, gleichsam aus der Erinnerung der befassten Strafverfolgungsorgane heraus, für eine repräsentative Untersuchung des Phänomens Spielsucht ohne Wert.

Zu 9 bis 16:

Weder die VJ noch sonst mir zur Verfügung stehende Statistiken liefern statistisches Material über den Beruf von Geschädigten, den Unternehmensgegenstand oder das Tätigkeitsfeld von geschädigten juristischen Personen. Eine Suche nach in der VJ erfassten, namentlich bekannten Wettbüros oder Kartencasinos als Geschädigte würde keine repräsentativen Ergebnisse erbringen und ließe alle Geschädigten außer Betracht, bei denen aus dem Namen der betreibenden Gesellschaft nicht auf den Unternehmensgegenstand „Wettbüro“ oder „Kartencasino“ geschlossen werden kann oder ein derartiger Zusammenhang eben nicht (zufällig) bekannt ist.

Abgesehen davon geben Strafverfahren wegen Vermögensdelikten zum Nachteil von Wettbüros und Kartencasinos keinerlei Aufschluss über die Verbreitung von Spielsucht in Österreich, denn derartige Überfälle werden nicht primär von pathologischen Spielern, sondern erfahrungsgemäß auch in großem Ausmaß von Drogenabhängigen oder im Rahmen organisierter Kriminalität begangen. Diese Lokale werden als Tatobjekte auch deshalb ausgewählt, weil dort eine große Beute bei - im Vergleich zu Banken oder Postämtern - geringeren Sicherheitsvorkehrungen erwartet wird.

Zu 25 bis 27 und 33:

Die Ergreifung suchtpräventiver Maßnahmen fällt nicht in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz, weshalb auch keine Selbsthilfegruppe bzw. Beratungsstelle für Spielsüchtige von meinem Ressort unterstützt bzw. etabliert wurde. Mangels Zuständigkeit liegen weder spezielle rechtssoziologische Studien zur Spielsucht bzw. solche über pathologische Spieler und Kriminalitätsentwicklung vor noch beabsichtige ich, derartige Studien in Auftrag zu geben. Für Maßnahmen zur effektiven Bekämpfung des illegalen Glückspiels habe ich stets meine Kooperationsbereitschaft signalisiert und gemeinsam mit dem Bundesministerium für Finanzen derzeit auch eine interministerielle Arbeitsgruppe zur Prüfung und Erarbeitung geeigneter Schritte in diese Richtung eingerichtet.

Zu 28 und 29:

Mangels Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz für den Vollzug des Glücksspielgesetzes (vgl. § 60 GSpG) und den damit verbundenen Spielerschutz kann ich zu diesen Fragen nicht Stellung nehmen. Eine rechtsvergleichende Studie zum Spielerschutz in anderen europäischen Staaten könnte im Übrigen in der für eine Anfragebeantwortung zur Verfügung stehenden Zeit auch nicht seriös erstellt werden.

Zu 30 und 31:

Regelungen über die gewerbsmäßige Vermittlung und den Abschluss von Wetten (auch über das Internet) fallen in die Kompetenz der Bundesländer. Die Vorbereitung einschlägiger Materiengesetze zum Spielerschutz obliegt daher den jeweiligen Ämtern der Landesregierung.

Hinsichtlich Maßnahmen zum Spielerschutz bei Internetspielen (Online-Casinos) verweise ich auf die Beantwortung der Fragen 28 und 29.

Zu 32:

Eine konkrete Notwendigkeit zur Ergreifung von legislativen Maßnahmen im Zusammenhang mit Betrügereien bei Wetten (Wettbetrug) ist derzeit nicht erkennbar, zumal die §§ 146 ff StGB grundsätzlich eine generalpräventiv ausreichende abschreckende Wirkung zeigen und die Betrugstatbestände des Strafgesetzbuches insgesamt betrachtet ein wirksames Instrument darstellen, um solche Straftaten zu verfolgen.

. September 2006

(Maga. Karin Gastinger)