4521/AB XXII. GP
Eingelangt am 07.09.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Wirtschaft und Arbeit
Anfragebeantwortung
Präsident des Nationalrates
Univ. Prof. Dr. Andreas KHOL
Parlament
1017 Wien
Wien, am 5. September 2006
Geschäftszahl:
BMWA-10.101/0130-IK/1a/2006
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 4682/J betreffend „Privatisierung des Finanzierungsrisikos im Bereich der experimentellen Arbeitsmarktpolitik (EU-Equal – Projekte)“, welche die Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen am 14. Juli 2006 an mich richteten, stelle ich fest:
Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:
Ziel der Gemeinschaftsinitiative EQUAL ist die Entwicklung und Erprobung innova-tiver Maßnahmen zur Bekämpfung jeglicher Art von Diskriminierung im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt. Die Projekte werden von Entwicklungspartnerschaften (EP) durchgeführt. Dabei handelt es sich um Zusammenschlüsse von durchschnittlich zehn Organisationen (Sozialpartner, Landesregierungen, NGO, Unternehmen etc.), die gemeinsam an der Umsetzung eines Projektes arbeiten. Die im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative EQUAL geförderten Projekte kommen in den Genuss einer hundertprozentigen Finanzierung der förderfähigen Kosten, wobei jeweils die Hälfte der Kosten vom Europäischen Sozialfonds und aus nationalen Mitteln finanziert wird. Die Laufzeit der Verträge beträgt zwischen 24 und 36 Monaten.
Um Vorfinanzierungskosten zu vermeiden, erhielten die Projekte der Antragsrunde 1 bei Vertragsabschluss die gesamten Plankosten des ersten Projektjahres ausbezahlt, danach erfolg(t)en regelmäßig monatliche Zahlungen. Die Projekte der Antragsrunde 2 erhielten mit Projektabschluss fünf von sechs Monaten des ersten Projektjahres ausbezahlt, danach erfolgen die Zahlungen regelmäßig monatlich. "Vor-finanzierungskosten" können demnach maximal am Ende der Projektlaufzeit ent-stehen, da ein Restbetrag erst nach Endprüfung der Projekte ausbezahlt werden kann. Sollten zu Projektende Vorfinanzierungskosten anfallen, können diese aus zweierlei Gründen nicht gefördert werden: Finanzierungskosten sind einerseits generell nicht förderfähig, andererseits liegen die gegenständlichen Finanzierungskosten außerhalb des Förderzeitraumes.
Den Vorschriften der EU folgend gilt das "Echtkostenprinzip", das heißt, es können ausschließlich im Projektzusammenhang angefallene und nachgewiesene Kosten abgerechnet werden. Es versteht sich, dass der erforderliche Prüfaufwand für diese wichtigen und sehr komplexen Projekte erheblich ist und im Sinne der erforderlichen Genauigkeit auch einer gewissen Zeit bedarf.
Bei der Durchführung und der Abrechnung der Vorhaben ist zusätzlich zu den nationalen Vorschriften eine Reihe von europäischen Bestimmungen zu beachten. Zur Vereinheitlichung dieser Regelungen wurden eine eigene Richtlinie, die "Sonderrichtlinie gemäß Punkt 6 der Allgemeinen Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit für die Durchführung der Aktionen 2, 3 und 4 der Gemeinschaftsinitiativen EQUAL" sowie ein Abrechnungsleitfaden erstellt.
Vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit werden 51 Projekte der Antragsrunde 1 und 41 Projekte der Antragsrunde 2 gefördert.
Die Abrechnungsprüfung erfolgt in einem mehrstufigen Prüfverfahren, welches die hundertprozentige Prüfung von vorgelegten Originalbelegen ebenso vorsieht wie stichprobenartige Vor-Ort-Kontrollen und Einzelbelegsprüfungen. Über die erfolgten Prüfungen wird der Europäischen Kommission berichtet.
Das Programm EQUAL wird im Hoheitsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur und des Bundesministeriums für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz umgesetzt. Um die Wahrung der Verantwortlichkeit zu gewährleisten, haben die drei Ressorts vereinbart, jeweils im eigenen Wirkungsbereich für die Erfüllung der Prüfungen des Europäischen Sozialfonds gem. Artikel 10ff VO (EG) 438/2001 Sorge zu tragen.
Alle Bemühungen sind
darauf ausgerichtet, die Prüfung der Jahresabrechnungen so rasch wie
möglich abzuschließen. Zeitaufwändig sind allerdings im Rahmen
des
oben beschriebenen Prüfverfahrens die zahllosen Rückfragen und
Nachforderungen von Unterlagen, die leider immer wieder an die Partnerschaften
gerichtet werden müssen, um Unklarheiten und Widersprüche in der
Abrechnung zu klären. Dies erfolgt aber im Sinne der Projekte,
um zu vermeiden, dass jene Kostenpositionen, die unklar oder
widersprüchlich oder einfach unzureichend begründet wurden, in der
Folge in der Abrechnung nicht berücksichtigt werden können und
letztlich zu Lasten der Fördernehmer nicht als förderbar anerkannt
werden können.
Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:
Aufbauend auf den Erfahrungen der Antragsrunde 1 wurden für die Antragsrunde 2 einheitliche Regelungen in der Handhabung des Unternehmer/innenlohns getroffen. Grundlage zur Berechnung des als förderbar anerkennbaren Unternehmer/innenlohnes stellt das tatsächlich zu versteuernde Einkommen der selbständig Erwerbstätigen dar. Die Berechnung des Unternehmer/innenlohns erfolgt auf Basis einer 40-Stunden-Woche bzw. 210 Arbeitstagen (=1680 Stunden) pro Jahr, bei einer zeitlich eingeschränkten Tätigkeit auf Basis einer entsprechenden Stundenabrechnung. Die getroffenen Regelungen gelten gleichermaßen für alle selbständig tätigen EQUAL-Projektpartner/innen.
Grundsätzlich kann die unternehmerische Leistung bis zur jeweils gültigen Höchstbeitragsgrundlage (für 2006: € 4.375,- pro Monat; das entspricht einem Stundensatz von € 31,25) der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft gefördert werden. Liegt das Einkommen nachweislich zumindest während der letzten drei Jahre über dieser Grenze, kann ein auf dem daraus ermittelten Durchschnittseinkommen basierender Stundensatz anerkannt werden. Das Einkommen ist über die Einkommenssteuererklärungen nachzuweisen.
Zudem ist festzuhalten, dass die Unternehmer/innen in EQUAL alle angefallenen Arbeitsstunden inkl z.B. Vor- und Nachbereitungszeiten, Reisezeiten etc. analog zu den Arbeitnehmer/inne/n verrechnen können. Darüber hinausgehend können sämt-liche im Projektzusammenhang anfallenden Sachkosten gesondert zur Verrechnung gebracht werden.
Alle Informationen und Regelungen zum Unternehmer/innenlohn wurden nach mehreren Informationsveranstaltungen und Abstimmungen mit Betroffenen auf der EQUAL-Homepage (www.equal-esf.at) veröffentlicht.
Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:
§ 16 Pkt. 10 des EQUAL-Vertrages, den das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit mit de/m/r finanzverantwortlichen Partner/in der jeweiligen Entwicklungspartnerschaft abgeschlossen hat, besagt u.a.: "Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen des Vertrages hat der finanziell verantwortliche Partner der Entwicklungspartnerschaft den Zuschuss – unter Vorbehalt weitergehender gesetzlicher Ansprüche – über Aufforderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit sofort rückzuerstatten, und es werden zugesicherte, aber noch nicht ausbezahlte Förderungen eingestellt, wenn (…) die Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes nicht eingehalten werden (…).“ Neben weiteren Rückforderungstatbeständen regelt § 16 die Verzinsung etwaiger Rückforderungsbeträge.
Diese vertragliche Regelung besagt lediglich, dass die Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgesetzes einen Rückforderungstatbestand darstellt. Es werden jedenfalls keine von den Organisationen eigenfinanzierten Ausgleichszahlungen im Zusammenhang mit der Einhaltung oder Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgesetzes verlangt; es ist auch nicht bekannt, dass diesbezügliche Forderungen Dritter an in EQUAL beteiligte Organisationen gestellt wurden.
Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:
Sowohl in Antragsunde 1 als auch in Antragsrunde 2 von EQUAL erfolgte bzw. erfolgt eine monatliche laufende Auszahlung der beantragten Fördermittel auf Basis des von den Projekten in der Datenbank gemeldeten Ausgabenstandes. Um Liqui-ditätsengpässe zu vermeiden, wurden den Entwicklungspartnerschaften der Antragsrunde 1 unter Berücksichtigung aller sachlich abgenommenen Endabrechnungen alle bis dato anerkennbaren Ausgaben refundiert. Die noch offene indikative Restzahlung beträgt auf Programmebene ca. 6% der Gesamtausgaben in EQUAL. Auf EP-Ebene liegt der noch offene Abrechnungsbetrag – von einigen Ausnahmen abgesehen – unter 10 % der Gesamtausgaben. An der Prüfung der Abrechung der Projekte wird laufend gearbeitet. Mit Stichtag 20. Juni 2006 beläuft sich der Ausgabenstand auf rund € 134 Mio.