4654/AB XXII. GP

Eingelangt am 13.11.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Inneres

 

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

Die Angeordneten zum Nationalrat Parnigoni, Mag. Darabos und GenossInnen haben am 12. September 2006 unter der Nummer 4723/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Schlepperei-Affäre rund um die `Oberösterreichische Landlerhilfe´“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

 

Zu den Fragen 1 und 2:

Der 1991 gegründete Verein „Eine Welt - OÖ. Landlerhilfe“ ist laut Homepage des Vereines „eine gemeinnützige karitative Organisation mit der Zielsetzung, den Altösterreichern in Rumänien und der Ukraine und auch durch eine Reihe weiterführender Projekte generell der Bevölkerung in diesen Ländern bzw. ganz Europa bei der Bewältigung ihrer schwierigen Lebenssituation zu helfen.“

 

Im Rahmen der Vereinstätigkeit betrieb die Landlerhilfe auch das Projekt „Welcome Europe“, das „neben der humanitären Tätigkeit in Rumänien und der Ukraine ein Beitrag zur generellen wirtschaftlichen Entwicklung durch Unterstützung von Kleingewerbetreibenden“ leisten sollte.

 

Infolge des Umstandes, dass zwischen Österreich und den genannten Ländern (Moldawien, Ukraine; früher auch Rumänien) Visumpflicht besteht (bzw. im Falle von Rumänien früher bestand), ergab es sich zwangsläufig, dass der Obmann des Vereines „Landlerhilfe“ auch Kontakt zum Bundesministerium für Inneres gesucht hat.

 

Im Juni 2001 wurde von Beamten des Innenressorts mit dem Obmann des Vereins Kontakt aufgenommen und wurden strenge Prüfkriterien für vom Verein betreute Personen vereinbart.

 

Missbräuche sollten weitestgehend ausgeschlossen werden durch:

-          Persönliche Vorsprache der Visumwerber bei den Vertretungsbehörden,

-          Lückenlose Rückkehrkontrolle,

-          Kurzzeitaufenthalte (max. 10 Tage), um Schwarzarbeit auszuschließen,

-          Ein- und Ausreise über einen festgelegten Grenzübergang und

-          Abgabe einer Verpflichtungserklärung durch den Verein.

 

Außerdem wurde dem Verein unmissverständlich klargelegt, sich entweder auf die ursprünglichen Ziele der Landlerhilfe zu beschränken oder gemeinsam mit einem Incoming-Büro entsprechend der damaligen schengenweit gültigen Richtlinien für Reisebüros zu arbeiten, die ihm in diesem Zusammenhang auch übergeben wurden.

 

Aufgrund eines Berichtes des damaligen Sicherheitsattaches sowie Informationen über illegale Aufenthalte in den Schengenstaaten wurden in der Folge Überprüfungen konkreter Reisegruppen hinsichtlich des Reisegrundes und der erfolgten Ein- und Wiederausreise durchgeführt.

 

Aktenkundig wurde ebenfalls aufgrund eines Berichts des Sicherheitsattaches vom 16.12.2003, dass die Mitglieder einer Reisegruppe anlässlich der Vorlage ihrer Reisepässe in der Botschaft gefälschte ungarische Stempel vorwiesen.

 

Der Umstand führte zu einer Intensivierung der kriminalpolizeilichen Ermittlungen und der Anordnung einer noch restriktiveren Visumpraxis an der ÖB Kiew. 

 

 

Diese restriktive Visumpolitik und die damit vermehrten Visumversagungen mündete in einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.12.2004, Zl. 2004/21/0291, 0296 bis 0315.11, mit dem die Visumversagung  gegen 21 moldawische Staatsangehörige aufgehoben wurde.

 

Zuletzt wurde eine elfköpfige Reisegruppe aus Moldawien, deren Mitgliedern ein Visum für den Zeitraum 27.2.2005 bis 4.3.2005 erteilt wurde, einer genauen Beobachtung unterstellt. Das Ergebnis dieser Erhebungen wurde umfassend der StA Linz zur Anzeige gebracht. Beim LG Linz ist zur Zeit ein Verfahren diesbezüglich anhängig.

 

Ein Kontrollversagen kann jedenfalls nicht erkannt werden.

 

Zu Frage 3:

Die Operation "Nistru" hatte das Ziel, die Einschleusung vor allem von moldawischen Staatsangehörige hintanzuhalten, die ohne Visum und zum Zwecke der Verübung von Eigentumsstraftaten in den Schengenraum geschleppt wurden. Ziel dieser Operation war nicht, gegen solche Personen vorzugehen, die durch Visumerschleichung in das Schengengebiet einreisen wollten.

 

Zu Frage 4:

Zum 1. Teil: NEIN

Einleitend darf festgehalten werden, dass der Begriff des „Auslandszivildieners“ der österreichischen Rechtsordnung fremd ist. Der Zivildienst als hoheitlicher, staatlicher Dienst kann nur auf dem Gebiet der Republik Österreich geleistet werden. Der Auslandsdienst gemäß der Regelung des § 12b des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG) stellt im rechtlichen Sinn somit keine besondere Form des ordentlichen Zivildienstes dar.

 

Der Verein „Eine Welt – OÖ. Landlerhilfe“, ist eine vom BM.I gemäß § 12b ZDG anerkannte Trägerorganisation des Auslandsdienstes (TO) mit den folgenden vier derzeit anerkannten Einsatzstellen für Sozialdienstvorhaben (insgesamt 16 Dienstplätze):

- Römisch-Katholische Pfarre Königsfeld/Ukraine,

- Caritas Pflegestation St. Ana/Rumänien,

- Evangelische Pfarre A.B. Großpold/Rumänien,

- Evangelische Pfarre A.B. Neppendorf/Rumänien.

Zielsetzung ist die Förderung der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der deutschsprachigen Volksgruppe (altösterreichische Minderheit der Landler und Siebenbürger) im Rahmen ihrer jeweiligen Dorfgemeinschaft. Schwerpunkt der Tätigkeiten der Auslandsdiener ist dabei in der Hauskranken- und Altenpflege sowie bei der Verteilung und Ausgabe von Hilfsgütern Hilfe und Unterstützung zu leisten.

 

Rechtslage seit Inkrafttreten der ZDG-Novelle 2001:

Gemäß § 12b Abs. 8 erster Satz ZDG ist der Bundesminister für Inneres ermächtigt, namens des Bundes einen gemeinnützigen, nicht auf Gewinn gerichteten Verein zu gründen und zu unterstützen. In Ausübung dieser gesetzlichen Ermächtigung erfolgte am 21. Mai 2001 die Gründung des Vereins „Verein zur Förderung der Auslandsdienste i.S. des § 12b Zivildienstgesetz – Auslandsdienst Förderverein“ mit Sitz in Wien.

 

Mit dem im jährlichen Bundesfinanzgesetz für den Auslandsdienst Förderverein vorgesehenen Förderungen wird ausschließlich dieser unterstützt. Eine direkte Förderung einzelner Trägerorganisationen (oder bestimmter Auslandsdiener) erfolgt nicht. Hinsichtlich interner Vergaberichtlinien und Förderzusagen sowie Evaluierungsmaßnahmen des Auslandsdienst Fördervereins hat die Bundesministerin für Inneres keine Vollzugskompetenz, sondern werden diese Bereiche in autonomer Gestaltung von den zuständigen Organen des Auslandsdienst Fördervereins wahrgenommen.

 

Weder den im Anerkennungsbescheid für die genannten Einsatzstellen bewilligten Vorhaben und Tätigkeiten noch den von den Auslandsdienern dem BM.I im 4. und 8. Monat sowie nach Beendigung ihres Auslandsdienstes zu übermittelnden Tätigkeitsberichten ist ein Hinweis auf das Projekt „Welcome Europe“ zu entnehmen.

 

 

 

Zu Frage 5:

Eingangs  ist zu betonen, dass von einer Schlepper-„Affäre“ nicht gesprochen werden kann. Vielmehr wurden unter Inanspruchnahme von rechtlichen und kriminaltaktischen Möglichkeiten und in enger Kooperation zwischen meinem Ressort und dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten geeignete Maßnahmen ergriffen und entsprechende Ermittlungen durchgeführt.

 

Auf die im konkreten Zusammenhang getroffenen Maßnahmen wurde schon in den Beant-wortungen zu den Fragen 1 und 2 genauestens eingegangen.

 

Unabhängig davon wird festgehalten, dass die "moderne Form" der Schlepperei, insbe-sondere durch Visumerschleichung von den Bediensteten des .BK gemeinsam mit der Fremdenpolizei in den Konsulartagungen und Botschafterkonferenzen geschult wird. 

 

Ein wesentliches Element ist auch die Verstärkung der konsularischen Zusammenarbeit vor Ort, die von den österreichischen Vertretungsbehörden intensiv betreiben wird.

 

Weiters finden (im Anlassfall auch überraschend anberaumte) Bereisungen der Fremdenpolizei und der Kriminalpolizei bei verschiedenen Botschaften statt. Dabei wird die Visumpraxis vor Ort genauestens durchleuchtet und auch unter Beiziehung von Dokumentenberatern und Visumberatern jeweils Schulungen vor Ort durchgeführt.