Beratungen

des

Unterausschusses des Justizausschusses

betreffend

Strafprozessreformgesetz

 

 

 

Auszugsweise Darstellung

(verfasst vom Stenographenbüro)

 

 

Donnerstag, 6. November 2003

 

9.46 Uhr – 10.47 Uhr

12.46 Uhr – 16.01 Uhr

 

Lokal VI

Beginn der Sitzung: 9.46 Uhr

Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter begrüßt alle Anwesenden, eröffnet die Sitzung und gibt bekannt, dass für diese Sitzung entschuldigt sind: die Universitätsprofessoren Dr. Fuchs, Dr. Funk, Dr. Schick und Dr. Schmoller, ferner Mag. Edelbacher, Dr. Julcher und Dr. Schröder; für den Nachmittag Dr. Stangl und Dr. Hauptmann.

Obfrau Dr. Fekter teilt mit, dass im Justizpalast zeitgleich zu dieser Sitzung eine „Konkurrenzveranstaltung“ stattfindet, an welcher einige der Anwesenden, unter ihnen auch Bundesminister Dr. Böhmdorfer, von 11 Uhr an teilnehmen würden.

*****

Als Berichtigungen zum Protokoll der Sitzung vom 17. September 2003 seien folgende Änderungen beantragt worden:

von Universitätsprofessor Dr. Schmoller, dass es auf S. 36, 5. Absatz, 1. Zeile anstelle von „Unzulässigkeit“ richtigerweise „Unerlässlichkeit“ heißen müsse; der Satz lautet daher nun: „Zu überlegen ist, ob diese Respektierung des Arztgeheimnisses auch durch die Unerlässlichkeit der Aussage begrenzt wird“,

ebenfalls von Universitätsprofessor Dr. Schmoller, dass auf S. 37, 3. Absatz, 2. Zeile hinter dem Wort „allgemein“ das Wort „nicht“ zu streichen sei, damit sich nicht eine doppelte Verneinung ergebe; der Satz lautet nun: „Ich glaube ganz allgemein, dass Verwertungsverbote – aber da bestehen zugegebenermaßen unterschiedliche Ansichten – nicht primär ein Instrument zur Disziplinierung der Strafverfolgungsorgane sein sollen – dazu gibt es grundsätzlich andere Sanktionierungsmöglichkeiten –, sondern dass das Verwertungsverbot nur dort statuiert werden sollte, wo sachliche Gründe wirklich dafür sprechen, dieses Beweismittel nicht zu verwerten“,

und von Leitendem Oberstaatsanwalt Dr. Lambauer, dass auf S. 13 zwischen den Worten „der“ und „wurde“ das Wort „Subsidiarankläger“ einzufügen sei; der Satz lautet nun: „Und auch der Subsidiarankläger wurde, wie ich bereits gesagt habe, nie gezwungen, Anklage zu erheben, sondern das Gericht bewilligt ihm diese Verfolgung.“

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Das Bundesministerium für Justiz habe per E-Mail allen Experten drei Stellungnahmen betreffend geplante Abänderungen übermittelt. Für die laufende Sitzung habe die Parlamentsdirektion diese Stellungnahmen auch in gedruckter Form zur Verfügung gestellt.

Obfrau Dr. Fekter lässt gemäß § 37 Abs. 9 Geschäftsordnungsgesetz über die Öffentlichkeit dieser Sitzung abstimmen. – Dieser Antrag wird einstimmig angenommen.

Mit Bezug auf die in der letzten Sitzung angekündigte Exkursion des Unterausschusses zur Staatsanwaltschaft Traunstein berichtet Obfrau Dr. Fekter, dass daran alle Fraktionen sowie Vertreter der Staatsanwaltschaft und des Bundesministeriums für Justiz teilgenommen haben. In einem sehr aufschlussreichen Nachmittag habe die Staatsanwaltschaft Traunstein das Procedere und ihr Handeln im Rahmen des Vorverfahrens erläutert. Von den dortigen Staatsanwälten werde sofort vor Ort ermittelt, sie seien bei der Untersuchung sowohl von Mordfällen als auch von großen Verkehrsunfällen gleich am Anfang selbst anwesend. Es sei aus österreichischer Sicht relativ neu und ein bisschen fremd gewesen, dass der Staatsanwalt gemeinsam mit der Exekutive die Tatorte besucht. Im Vergleich mit der österreichischen Situation habe sich die Ressourcenausstattung bei der Staatsanwaltschaft Traunstein als sehr großzügig erwiesen. Die Erfahrungen im Hinblick auf den Rechtsschutz seien beruhigend, da sich das System dort als in sich schlüssig und weitgehend missbrauchsresistent dargestellt habe. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Exkursion stünden auch für Auskünfte über Details zur Verfügung. Wahrscheinlich seien die Gegebenheiten von jeder der teilnehmenden Gruppen subjektiv anders wahrgenommen worden, aber die Arbeit des Unterausschusses habe jedenfalls durch diese Exkursion insgesamt eine Bereicherung erfahren.

Grundsätzlich sei der Unterausschuss mit der heutigen Sitzung eher schon in einer Spezialdebatte angelangt. Es sei geplant, dass am heutigen Tag zum letzten Mal in dieser großen Runde debattiert wird und dass die weiteren Unterausschusssitzungen eher im kleineren Kreis, nur noch mit Einzelexperten, abgehalten werden. Den jetzigen Terminplanungen im Parlament zufolge werde es vor Jahresende nicht mehr möglich sein, dieses Gesetz zu verabschieden. Obfrau Dr. Fekter äußert sich zuversichtlich, die Arbeiten zu Beginn des Jahres 2004 abzuschließen.

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ) meldet sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort und führt aus, er habe die von Obfrau Dr. Fekter zuvor angesprochenen Unterlagen des Bundesministeriums für Justiz erst vor einer Stunde bekommen. Diese Unterlagen seien nicht zeitgerecht und überdies in selektiver Weise verteilt worden. Vom Ministerium seien sie dem Parlament übermittelt worden, und hier habe Dr. Wirrer diese Unterlagen in einer nicht nachvollziehbaren Vorgangsweise nur einem Teil der Experten – zum Teil auch auf unzulängliche Weise über das Internet – sowie nur den Fraktionen von ÖVP und Freiheitlichen zugestellt.

Abgeordneter Dr. Jarolim fragt nach den Gründen für diese Vorgangsweise seitens der Parlamentsdirektion und stellt den Antrag, die Obfrau möge sicherstellen, dass Ausschussunterlagen spätestens sieben Tage vor einer Sitzung zur Verteilung gelangen und allen Mitgliedern des Ausschusses zugestellt werden.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne) stellt ebenfalls zur Geschäftsbehandlung fest, sie habe die angesprochenen Unterlagen unter ihrer E-Mail-Adresse nicht übermittelt bekommen. Ihr Mitarbeiter Mag. Sperlich habe während eines Vier-Parteien-Gesprächs am 4. November eher zufällig von diesen Unterlagen erfahren und diese noch am selben Tag vom Bundesministerium für Justiz beschafft, worin sich im Übrigen auch eine Bestätigung für die von Abgeordnetem Dr. Jarolim konstatierte selektive Verteilung zeige. Univ.-Ass. Dr. Birklbauer, dem Fraktionsexperten der Grünen, seien diese Unterlagen am 5. November via E-Mail zugegangen.

Abgeordnete Mag. Stoisits erinnert daran, dass sie bereits in der letzten Sitzung darum ersucht habe, etwaige Unterlagen in angemessenem zeitlichen Abstand vor der Ausschusssitzung zu übermitteln, um eine entsprechende Vorbereitung zu ermöglichen. Bei den nun vorgelegten Unterlagen habe für die grüne Fraktion die Möglichkeit zu einer solchen Vorbereitung nicht bestanden, und eine diesbezügliche Wiedergutmachung werde es nicht mehr geben können, da nach den jetzigen Planungen diese Sitzung als letzte des Unterausschusses in diesem großen Kreis vorgesehen sei. Nach einer in dieser Weise abgehaltenen Debatte könne aber sehr wohl noch Bedarf bestehen.

Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter antwortet, die grüne Fraktion sei bei der Vorbesprechung des Justizausschusses anwesend gewesen und habe dort die angesprochenen Papiere bekommen. Hingegen seien die Sozialdemokraten dort nicht vertreten gewesen, daher seien sie nicht in den Besitz dieser Unterlagen gelangt. (Abg. Mag. Stoisits: Nein, wir haben es später per E-Mail bekommen!) In der Vorbesprechung seien Mag. Sperlich die Papiere übergeben worden.

Obfrau Dr. Fekter teilt mit, sie habe veranlasst, dass diese Unterlagen mit folgendem Begleitschreiben der Parlamentsdirektion übermittelt wurden: „Im Auftrag der Obfrau des Justizausschusses und des zur Vorbehandlung der Regierungsvorlage 25 der Beilagen eingesetzten Unterausschusses, Abgeordneter Dr. Fekter, und ihrer Stellvertreterin Abgeordneter Dr. Partik-Pablé darf ich Sie ersuchen, die angehängten Unterlagen an die Experten des Unterausschusses weiterzuleiten.“ Dazu stellt Obfrau Dr. Fekter fest, bei dieser Einschränkung auf eine Weiterleitung nur an die Experten habe es sich um ein Versehen ihrerseits gehandelt, und sie entschuldigt sich dafür, dass in dem Begleitschreiben nur „Experten“, nicht aber auch „Klubs“ und „Abgeordnete“ gestanden ist. Jene Klubs, die Experten nominiert haben, hätten die Unterlagen per E-Mail bekommen.

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP) spricht sich in einem Beitrag zur Geschäftsbehandlung dagegen aus, jetzt lange über das Eintreffen von Papieren zu diskutieren. Dieser Unterausschuss diene ohnehin der Beratung dieser Thematik, und es sei ja der Sinn einer solchen Debatte, dass ständig Neues eingebracht wird, sei es nun in schriftlicher Form oder im Rahmen der hier vorgetragenen Redebeiträge. Daher stelle der Zeitpunkt des Eintreffens der angesprochenen Papiere – Abgeordneter Mag. Donnerbauer merkt an, er habe sie selbst erst an diesem Morgen bekommen – kein großes Problem dar, und zwar auch deshalb, weil die Beratungen ja weitergehen und letztlich in die endgültigen Beratungen im Justizausschuss münden würden.

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ) weist zur Geschäftsbehandlung auf eine am Vortag durchgeführte ähnliche Diskussion im Justizausschuss hin. Der Anlass habe darin bestanden, dass die üblicherweise eine Woche vor dem Sitzungstermin abgehaltene Vorbesprechung zwischen den Fraktionsvorsitzenden im Ausschuss diesmal nur einen Tag vor dem Ausschuss angesetzt gewesen sei, weshalb die sozialdemokratische Fraktion nicht daran teilgenommen habe.

Abgeordneter Dr. Jarolim verwahrt sich vehement gegen eine Vorgangsweise, wonach die Übermittlung von Dokumenten sozusagen zum Dank für den Besuch einer kurzfristig angesetzten Vorbesprechung erfolgen würde, wie dies gegenüber Mag. Sperlich von der Fraktion der Grünen der Fall gewesen sei. Es wäre falsch, das Niveau der Diskussion zu gefährden und den Eindruck zu vermitteln, dass die Teilnahme an Veranstaltungen durch Informationsübermittlung belohnt werde. Solche Entwürfe des Bundesministeriums für Justiz seien wichtige Informationsquellen für alle Ausschussmitglieder und müssten daher auch ihnen allen zur Kenntnis gebracht werden, weshalb im Übrigen die Argumentation des Abgeordneten Mag. Donnerbauer zu kurz greife. Es verbiete sich sozusagen eine gnadenhalber erfolgende Weitergabe als Dankesgeste nach der Teilnahme an einer Vorbesprechung – von solchen Argumenten möge Obfrau Dr. Fekter Abstand nehmen –, vielmehr handle es sich bei der Informationsübermittlung um eine Selbstverständlichkeit in der Demokratie. Ein Mindestmaß an Offenheit sei eine Voraussetzung für Kooperation auf allen Seiten.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer hebt hervor, es seien seitens des Bundesministeriums für Justiz seit dreieinhalb Jahren pausenlos individuelle Gespräche über das Strafprozessreformgesetz geführt worden mit denjenigen, die diesen Wunsch gehabt hätten. So sei zum Beispiel im Klub der Grünen darüber diskutiert worden, oder es seien zahllose Einzelgespräche mit Staatsanwälten geführt worden. Auf diese Weise seien die Standpunkte aller Beteiligten, auch der Experten und Abgeordneten, immer deutlicher zum Vorschein gekommen.

Im Zuge dieser Bemühungen, jeden zu überzeugen, weil ja ein Konsensgesetz angestrebt werde, sei nun – primär für die Skeptiker – in der Frage des Zeitpunktes der Beiziehung von Verteidigern eine Spezialinformation an Abgeordnete Dr. Partik-Pablé ergangen, enthaltend einen europäischen Überblick, zu welchem Zeitpunkt in verschiedenen Ländern die Verteidiger jeweils beigezogen werden, und einige zusätzliche Informationen. Nachdem dazu weitere Informationen nicht gewünscht worden waren, habe das Ministerium diese Unterlage auch dem Parlament zur Verfügung gestellt. Es habe sich dabei also nicht um das Ergebnis eines Ersuchens oder eines Auftrags an das Bundesministerium für Justiz gehandelt, sondern sozusagen um eine Fleißaufgabe im Rahmen einer Spezialinformation. Daher könne auch niemand den Anspruch erheben, auf diese Unterlage gewartet zu haben. Im Parlament seien die Informationen dann im Zuge der Bemühungen, alle zu informieren, anscheinend etwas spät weitergegeben worden. Aber für diejenigen, die in dieser Frage keinen Erklärungsbedarf mehr haben, sei die Unterlage ohnehin nicht von Bedeutung.

Bundesminister Dr. Böhmdorfer betont die Bereitschaft seitens seines Ressorts, auf Wunsch in jedem Gericht, in jeder Partei oder wo auch immer direkt über die Strafprozessreform zu informieren. Daher möge hier nun nicht so getan werden, als ob eine selektive Informationsweitergabe stattgefunden hätte.

Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter gibt bekannt, dass von der Rednerliste des letzten Unterausschusses Oberstaatsanwalt Mag. Pilnacek und Erster Staatsanwalt Dr. Mühlbacher noch nicht zu Wort gekommen sind, und ersucht um weitere Wortmeldungen.

Geplant sei nun – auch in Entsprechung zur Punktation aus der letzten Sitzung –, vorwiegend die Debatte über die Detailänderungen zu vertiefen, sodass bereits die Voraussetzungen gegeben seien, in die Spezialdebatte einzutreten. Trotzdem werde weiterhin Gelegenheit zu Generalanregungen bestehen.

Oberstaatsanwalt Mag. Christian Pilnacek (Bundesministerium für Justiz, Sektion II): Ich möchte zu Beginn aus Sicht des Ministeriums Stellung nehmen zur Entstehung der Papiere, die jetzt Gegenstand der Kritik gewesen sind.

Wie bereits erwähnt worden ist, wurde den Experten in der letzten Sitzung des Unterausschusses eine Punktation darüber vorgelegt, welche Vorschläge aus den bisherigen Diskussionen aufzugreifen sind und wo der Entwurf noch zu verbessern sein wird. Auf Grund der in allen Sitzungen dieses Unterausschusses äußerst konstruktiven Debattenbeiträge hat sich ein breites Meinungsbild zu den einzelnen Punkten herausgebildet, und zu diesen Punkten hat das Ministerium Papiere vorbereitet. Das betrifft einerseits die Neuregelung der Aufgaben des Gerichts im Ermittlungsverfahren sowie eine Neuregelung der Rechte der Opfer von Straftaten, und zwei Unterlagen sollen vor allem der Entscheidungsfindung dienen. Es wurde hier versucht, einerseits auf Grund des öffentlichen Anhörungsverfahrens bei der Kommission zum Grünbuch über die Verfahrensrechte, andererseits auf Grund der Arbeiten eines Expertenkomitees des Europarates eine kurze, rechtsvergleichende Unterlage zu den zentralen Punkten der in der letzten Unterlage ja erwähnten Präzisierung von Verteidigungsrechten zu geben. Auf dieser Grundlage könnte, glaube ich, die Diskussion insbesondere zu den Verteidigungsrechten weitergeführt werden, um festzulegen, in welche Richtung sich der Entwurf bewegen soll.

Grundsätzlich ist es so, dass das Ministerium die Arbeiten des Ausschusses nicht mehr bestimmt und nicht mehr in dieser Form beeinflussen kann. Daher ist es klar, dass wir Papiere aus Eigenem nicht mehr versenden, das ist grundsätzlich Aufgabe des Ausschusses. Das heißt, wir stellen dem Ausschuss Papiere zur Verfügung, und vom Ausschuss werden sie dann versandt. Das sollte auch gesagt werden. Das Ministerium kann hier nicht mehr von sich aus die Arbeiten des Ausschusses vorgeben oder beeinflussen, wir kommen – und dazu sind wir immer bereit – in einer eher dienenden Funktion. Wenn gewünscht wird, dass wir etwas tun, dann machen wir es, aber es ist klar, dass der Ausschuss das erste und letzte Wort hat, ob etwas vorgelegt wird oder nicht.

Was die Versendung an Mag. Sperlich betrifft, war es tatsächlich so, dass er mich am Rande des erwähnten Vier-Parteien-Gesprächs angesprochen hat. Im Rahmen dieses Vier-Parteien-Gesprächs wurde das Ersuchen an das Ministerium formuliert, diese Papiere für die Experten weiterzuleiten, und weil das an diesem Tage beschlossen wurde, hat es Mag. Sperlich von mir per E-Mail bekommen. Was die anderen Ausschussmitglieder anlangt, sind wir davon ausgegangen, dass sie diese Papiere vom Ausschuss erhalten werden.

Ich möchte eine kurze Einleitung und Übersicht zu diesen Papieren geben. Die erste der Unterlagen betrifft eine Neuregelung der Aufgaben des Gerichts im Ermittlungsverfahren. Ich erinnere daran, dass eine breite Strömung der Expertenmeinungen ganz klar zum Ausdruck gebracht hat, dass das Gericht über die in der Regierungsvorlage vorgesehenen Ermittlungen und Beweisaufnahmen von sich aus, das heißt von Amts wegen, tätig werden soll. In der Regierungsvorlage hat das Gericht im Bereich der Beweisaufnahme im Großen und Ganzen zwei Aufgaben: Das sind die kontradiktorischen Vernehmungen, und das ist die Durchführung von Tatrekonstruktionen

Für bestimmte Fälle und für bestimmte bedeutsame Verfahren ist durchgängig insbesondere die Anscheinsproblematik angesprochen worden. Wir haben nun vier Fälle herauskristallisiert, in denen das Gericht zwingend durch die Staatsanwaltschaft einzuschalten ist. Diese Fälle betreffen Verfahren gegen a) oberste Organe der Vollziehung, b) gegen Mitglieder des Nationalrates, des Bundesrates oder der Landtage, c) gegen Organe der Strafverfolgungsbehörden, das heißt Sicherheitsbehörde, Staatsanwaltschaft oder Gericht, oder d) wegen sonst einer strafbaren Handlung – das ist da ein relativ weiter Begriff –, die im Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit einer im Nationalrat oder in einem Landtag vertretenen politischen Partei begangen worden ist. In diesen Fällen wird der Staatsanwaltschaft zwingend auferlegt, das Gericht einzuschalten, und zwar dann, wenn das Ermittlungsergebnis schon konkretisiert auf einen Verdacht hindeutet, der weiters durch zusammenfassende Beweisaufnahmen des Gerichts zu klären ist. Wenn das Gericht eingeschaltet wird, kann das Gericht von sich aus, und ohne weitere Anträge der Staatsanwaltschaft abwarten zu müssen, tätig werden und weitere Beweisaufnahmen durchführen. Es soll aber auch die Staatsanwaltschaft um die Durchführung weiterer Erhebungen ersuchen können.

Der zweite Bereich, in dem wir die Aufgaben des Gerichts erweitern, sind die Aufgaben des Gerichtes bei der Bewilligung über Zwangsmittel, das heißt dort, wo das Gericht schon nach der Regierungsvorlage ausschließlich berufen ist, über bestimmte Grundrechtseingriffe, über die Zulässigkeit von Grundrechtseingriffen zu entscheiden. In diesem Umfang soll das Gericht von sich aus sämtliche Grundlagen betreffend Tatverdacht, Verhältnismäßigkeit und Zulässigkeit des Grundrechtseingriffs ermitteln können und in diesem Spezialfall auch unmittelbar Aufträge an die Kriminalpolizei geben können. Sinn und Zweck dieser Ausweitung der gerichtlichen Befugnisse ist es, dass das Gericht nicht ausschließlich auf die Position zurückgedrängt werden soll, ja oder nein zu sagen. Es soll von Amts wegen auch nach belastenden Umständen suchen können, und auch wenn der Antrag der Staatsanwaltschaft vorerst ungenügend ist, soll das Gericht die Grundlagen ermitteln können, die etwa den dringenden Tatverdacht ergeben.

Im Bereich des Haftrechtes sind wir Anregungen insbesondere von Universitätsprofessor Dr. Bertel gefolgt. Hier soll das Gericht auch bereits vor Verhängung der Untersuchungshaft weitere Ermittlungen beantragen und durchführen können, um selbstständig über die Frage der Haft entscheiden zu können. Das Gericht soll auch, um immer den Informationsstand zu haben, über den die Staatsanwaltschaft verfügt, von sich aus anordnen können, dass ihm weitere Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft beziehungsweise der Kriminalpolizei laufend zur Verfügung gestellt werden, sodass es in die Lage kommt – wie nach der Regierungsvorlage vorgesehen –, schon von sich aus eine Haftverhandlung durchzuführen, wenn es der Meinung ist, dass die Haftvoraussetzungen in Zweifel zu ziehen sind.

Die Staatsanwaltschaft wird in dem Papier, das Ihnen vorliegt – das finden Sie im § 101 –, im Bereich ihrer Antragstellung in den vier von mir zuvor bereits genannten Fällen verpflichtet, eine Beweisaufnahme durch das Gericht zu beantragen. Dabei soll es aber natürlich möglich sein, dass die Staatsanwaltschaft einen solchen Antrag nicht stellt, wenn klar ist, dass man unmittelbar Anklage zu erheben oder unmittelbar Strafantrag einzubringen hat. Es erscheint zweckwidrig, dass vor einer Situation, in der alle notwendigen Beweise, alle notwendigen Erhebungen für eine Anklage vorliegen, noch zusätzlich das Gericht eingeschaltet wird. Ähnlich soll es sein, wenn die Staatsanwaltschaft der Meinung ist, es liegt hier eine völlig unbegründete, etwa anonyme Anzeige gegen einen Politiker vor. Da scheint es nicht wirklich sinnvoll zu sein, die Staatsanwaltschaft zu zwingen, diese anonyme Anzeige noch dadurch öffentlich zu machen, dass etwa eine kontradiktorische Vernehmung durchgeführt wird.

Viel kritisiert worden ist das Einspruchsverfahren. Beim Einspruchsverfahren haben wir auch in drei Bereichen versucht, eine Präzisierung durchzuführen. Einerseits haben wir versucht, den Begriff des subjektiven Rechts noch näher zu definieren, ihn einzugrenzen und klar auszusprechen, dass eine Verletzung eines subjektiven Rechts dann nicht vorliegt, wenn Kriminalpolizei beziehungsweise Staatsanwaltschaft von ihrem Ermessen in einer vertretbaren Weise Gebrauch gemacht haben. Das betrifft all jene Verfahrensrechte, bei denen Kriminalpolizei beziehungsweise Staatsanwaltschaft die Möglichkeit haben, zur Wahrung der Ermittlungseffizienz etwa die Information des Beschuldigten von der Einleitung des Verfahrens aufzuschieben. Dieser Aufschub ist natürlich vom Ermessen abhängig, und wenn auch im Einzelfall ein etwas zu langer Aufschub vorliegt, soll damit kein Eingriff in ein subjektives Recht verbunden sein, und es soll damit zu keiner stattgebenden Entscheidung im Einspruchsverfahren kommen.

Der zweite Fall, den wir hier aufgegriffen haben, war insbesondere der von Staatsanwalt Mag. Geyer erwähnte Fall, dass es sinnwidrig sei, über Einsprüche noch zu entscheiden, wenn schon klar ist, dass Anklage zu erheben oder das Verfahren einzustellen ist. Das heißt, wurde Einspruch geltend gemacht wegen Verweigerung eines Beweisantrages und wird Anklage eingebracht, dann ist über diesen Einspruch nicht mehr zu entscheiden. Der Beschuldigte muss dann seine Rechte entweder im Anklageeinspruchverfahren oder in der Hauptverhandlung geltend machen. Analog verhält es sich natürlich dann, wenn das Verfahren ohnedies eingestellt wird. Dann scheint es nicht mehr zielführend zu sein, dass man über den Einspruch wegen Verletzung eines Verfahrensrechts zu entscheiden hat.

Gleiches gilt etwa für Akteneinsicht. Wenn dem Beschuldigten Akteneinsicht verweigert worden ist, und es wird Anklage erhoben, dann steht ihm ja in weiterer Folge der gesamte Akt zur Verfügung, und er hat alle seine Rechte in der Hauptverhandlung. Da soll es kein Rechtsmittelverfahren wegen Verletzung von Rechten im Vorverfahren mehr geben, sondern hier soll das Hauptverfahren ungestört ablaufen können.

Der dritte Bereich beim Einspruchsverfahren ist eine kleine Zurücknahme im Rechtsmittelverfahren. Wir wollen insbesondere dann, wenn sich eine Judikatur herausgebildet hat beziehungsweise wenn keine Rechtsfragen von bedeutendem Umfang zu klären sind, dass dann das Oberlandesgericht in die Lage versetzt werden soll, Beschwerden gegen die Einspruchsentscheidung des Gerichts zurückzuweisen und nicht zu behandeln. Es gibt sowohl beim Bereich der Ermessensfrage, die ich ja erwähnt habe, als auch hier beim Bereich der Ablehnung der Annahme von Beschwerden Vorbilder im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Bei den Verständigungen haben wir auch die Forderung aufgegriffen, dass von der Staatsanwaltschaft im Fall einer Einstellung keine umfassende Begründung mehr durchzuführen ist. Wir haben uns da an Formulierungen orientiert, die sich bereits jetzt in der StPO für das Gericht im Falle einer gekürzten Urteilsausfertigung finden, und haben also auch versucht, Belastung herauszunehmen.

An dieser Stelle kann ich zu der Unterlage über die Opferrechte überleiten, möchte hier aber zunächst noch beim Gericht bleiben und auf eine Bestimmung im Bereich der Untersuchungshaft hinweisen, insbesondere was die Anwendung gelinderer Mittel betrifft. Hier wurde besonders die Situation von Opfern in familiären Nahbeziehungen hervorgehoben. Das Gericht soll künftighin eine analoge Vorgangsweise wie die Sicherheitspolizei nach Sicherheitspolizeigesetz anordnen können, damit diese Betretungsverbote besser überwachen können –  und hier auch mehr Verantwortung für diese Situationen übernehmen.

Die zweite Unterlage betrifft die Neuregelung der Opferrechte. Hier hat es insbesondere letztes Mal eine sehr dichte Diskussion im Unterausschuss gegeben, und wir haben da eine Reihe von Anregungen aufgegriffen. Die erste Anregung betrifft die begriffliche Klarstellung. Wir sprechen nicht mehr von „Geschädigten“ oder von „Verletzten“, sondern es wird durchgängig der Begriff „Opfer“ verwendet.

Im § 10 Abs. 3 – das betrifft gleich den Grundsatz über die Wahrnehmung und Berücksichtigung der Opferrechte – haben wir einen Vorschlag von Universitätsprofessor Dr. Höpfel aufgegriffen, in etwas veränderter Form, der dem Ausschuss schon in der letzten Sitzung vorgelegt wurde. Es wird hier, wie auch dann in den Bestimmungen über die Diversion, insbesondere der Wiedergutmachungsaspekt als wesentliches Opferanliegen betont.

In der Systematik der Opferrechte orientieren wir uns insbesondere an der Diskussion während des letzten Juristentages in Innsbruck. Wir sind dazu übergegangen, dass sich grundsätzlich jedes Opfer – unabhängig davon, ob es eine bestimmte, besonders emotionale Belastung erfahren hat – am Verfahren beteiligen können soll, das heißt Informationsansprüche hat, Akteneinsichtsrechtsansprüche hat, über den Fortgang des Verfahrens zu informieren sein wird, in der Hauptverhandlung anwesend sein und Fragen stellen darf – unabhängig davon, ob es bestimmte Ansprüche geltend macht.

Eine zweite Kategorie bilden jene Opfer, die zivilrechtliche Ansprüche geltend machen. Hiemit haben wir auch die Rechtsmittellegitimation verbunden, sie machen zu Recht ein Verfahrensziel geltend. Diese Opfer sollen im selben Umfang wie im Zivilverfahren auch den Anspruch auf Verfahrenshilfe haben; das heißt, besteht notwendige Verteidigung/Anwaltspflicht im Zivilverfahren – die Grenze dafür liegt derzeit bei 4 000 € –, dann soll das auch im Strafverfahren gelten. Im Zivilverfahren ist es die Voraussetzung für die Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos ist. Das analoge Instrumentarium – das wird allerdings etwas schwer zu beurteilen sein – ist: Wenn zu erwarten ist, dass es im Strafverfahren zu einer Erledigung der zivilrechtlichen Ansprüche in der Weise kommt, dass nicht einmal der Anspruchsgrund festgestellt wird, dann scheint eine Beigabe nicht erforderlich zu sein.

Was wir zusätzlich gemacht haben für jene Opfer, die bisher schon besonders erwähnt worden sind – eben die nahen Angehörigen eines Getöteten beziehungsweise die Opfer von sexuellem Missbrauch und schweren Gewalttaten –: Diese Opfer sollen einen gesetzlichen Anspruch auf psychosoziale und juristische Prozessbegleitung erhalten. Was das Bundesministerium für Justiz schon im bisherigen Umfang fördert, soll in einen gesetzlichen Anspruch dieser Opfer umgewandelt werden, wobei sowohl die psycho-soziale Prozessbegleitung definiert wird, als auch die juristische Prozessbegleitung insoweit klargestellt wird, dass diese durch Rechtsanwälte zu leisten ist. Die nähere Gestaltung hinsichtlich Entlohnung und dergleichen wird dann im Rahmen eines Vertrages zwischen den Einrichtungen und dem Bundesministerium für Justiz abgewickelt werden.

Das ist das Wesentliche zu den Opferrechten. Hier haben wir, glaube ich, wirklich große Schritte unternommen, um die im Unterausschuss geäußerte Kritik an der Regierungsvorlage aufzugreifen und den Entwurf stark zu verbessern.

Die beiden weiteren Unterlagen betreffen, wie der Herr Minister schon erwähnt hat, den Versuch einer Übersicht darüber – Rechtsvergleiche sind immer sehr schwierig –, welcher Rechtsstandard in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei der Frage des Beistands eines Verteidigers gewährleistet wird. Es beginnt mit einer Darstellung der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte; die beiden Leitentscheidungen zur Frage der Beiziehung eines Verteidigers finden Sie hier in den Leitsätzen zitiert. Weiter geht es mit der bereits bekannten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Beiziehung eines Verteidigers auf Grund von § 40 des Verwaltungsstrafgesetzes, und dann geht die Darstellung über in einen Rechtsvergleich, der Bezug nimmt auf die Beiziehung eines Verteidigers und die Einrichtung eines anwaltlichen Journaldienstes.

Der schnelle Leser findet zu beiden Fragen auch eine Kurzübersicht vor, in welcher acht Staaten aufgelistet sind, die das Recht auf Beiziehung und auf Teilnahme des Verteidigers an der Vernehmung zuerkennen. Weiters werden vier Staaten genannt, die zwar das Recht auf uneingeschränkte Kommunikation beziehungsweise Beiziehung eines Verteidigers, aber nicht auf Teilnahme an der Vernehmung vorgesehen haben. Ferner sind jene sechs Staaten aufgelistet, die ein 24-Stunden-System zur Versorgung mit Anwälten eingerichtet haben.

In differenzierender Betrachtung zeigt sich, dass man die unterschiedlichen Regelungen immer danach zu qualifizieren hat, welche Möglichkeit der Verwertung von Aussagen des Beschuldigten im gerichtlichen Verfahren, in der Hauptverhandlung besteht. Das kann man sehr gut anhand des deutschen Beispiels darstellen. Deutschland sieht zwar nicht vor, dass bei der polizeilichen Befragung der Anwalt unbedingt beizuziehen ist; dazu muss man aber wissen, dass dort das Ergebnis der polizeilichen Befragung in der Hauptverhandlung, für sich genommen, auch nicht als Beweis verwertet werden kann, sodass die Beiziehung dort auch weniger entscheidend ist. In Österreich hingegen ist es traditionell so – es bleibt auch nach dem jetzigen Entwurf so und wird noch verstärkt –, dass das Ergebnis jeder Vernehmung, sofern sie nach den Bedingungen einer Beschuldigtenvernehmung durchgeführt worden ist, in der Hauptverhandlung in vollem Umfang verwertet werden kann. In solchen Punkten fangen die schwierigen Fragen des Rechtsvergleichs an: Welche Bedeutung hat die erste Vernehmung des Beschuldigten innerhalb der 48 Stunden nach Festnahme durch die Polizei?

Fürs Erste habe ich nun versucht, in einem Überblick die Papiere, die zur Verfügung gestellt worden sind, kurz zu erläutern, damit auch diejenigen Ausschussmitglieder, die diese Unterlagen infolge verschiedener Versehen zu spät bekommen haben, auf der Höhe der Diskussion bleiben können.

Erster Staatsanwalt Dr. Thomas Mühlbacher (Staatsanwaltschaft Leoben): Ich danke für die Gelegenheit, noch kurz einige Anmerkungen zum Abänderungsantrag machen zu dürfen, möchte aber, weil dies zeitlich passt, noch sagen, dass die Veranstaltung, die heute im Justizpalast stattfindet, keine „Konkurrenzveranstaltung“ zu dieser Sitzung sein soll. Es findet dort ein so genannter „Notstandstag“ der Richter und Staatsanwälte statt, in dessen Rahmen die Richter und Staatsanwälte auf ihre triste Ausstattung vor allem im personellen Bereich aufmerksam machen wollen. Das terminliche Zusammentreffen ist rein zufällig; vielleicht ist es aber ein Wink des Schicksals. Wir würden uns freuen, wenn auch die Abgeordneten uns begleiten würden. Sie könnten sich dort aus erster Hand informieren über die Anliegen der Richter und Staatsanwälte, die aus ganz Österreich anreisen werden. Es wird dort ungefähr eine Stunde dauern.

Was den Abänderungsantrag betrifft, geht es mir besonders um die Änderung des § 101 des Entwurfes. Dieser sieht unter anderem sehr wesentliche Änderungen vor, wesentlich deshalb, weil sie sehr tief ins System des Entwurfes eingreifen. Er sieht vor – wie Kollege Pilnacek schon dargestellt hat –, dass die Leitungsbefugnis des Staatsanwaltes durch teils verpflichtende richterliche Erhebungstätigkeiten in bestimmten Fällen eingeschränkt wird. Das ist neben den Fällen von Grundrechtseingriffen einerseits bei Erhebungen gegen Ermittlungsbeamte selbst und andererseits bei Strafverfahren gegen einen bestimmten Personenkreis – vor allen Dingen sind es Politiker – vorgesehen.

Dieser Lösungsansatz ist nicht wirklich neu. Er ist immer wieder diskutiert worden, und ich habe auch schon oft Gelegenheit gehabt, für mich persönlich mit Freunden und Kollegen darüber zu sprechen, vor allem auch mit Freunden, die nicht unbedingt Juristen sind und es einem dann ermöglichen, ein bisschen über den eigenen Tellerrand hinausblicken zu können. Die Gedanken, die dabei zum Vorschein gekommen sind, haben mir doch ein bisschen die Augen geöffnet, und ich möchte sie Ihnen daher nicht vorenthalten.

Einer, mit dem ich gesprochen habe, ist Arzt, und er hat zutreffend die Diagnose gestellt, dass man hier seiner Meinung nach Symptome bekämpft. – Dem möchte ich hinzufügen, dass man die Symptome noch dazu unzureichend mit einem Placebo bekämpft. Wenn man sich das genauer ansieht, erkennt man, dass die eigentliche Ursache des Problems darin liegt, dass dem Staatsanwalt die Objektivität, die Unbeeinflussbarkeit nicht zugetraut wird, dass also das wirkliche Problem in einem Dienstrecht liegt, das den neuen Aufgaben des Staatsanwalts nicht mehr angemessen ist. Die Behandlung müsste demnach, wenn sie lege artis erfolgt, auch dort einsetzen, und man müsste die Lösung nicht in der StPO suchen, sondern eben im Dienstrecht der Staatsanwälte. Man müsste also das Staatsanwaltschaftgesetz zu einem Voll-Dienstrecht ausbauen, man müsste dort, wo man 1986 innegehalten hat, wieder weitergehen. Dort würde man den Lösungsansatz finden.

Wenn Sie es so machen, wie es der Entwurf vorsieht, dann schaffen Sie auf der einen Seite eine Zwei-Klassen-Justiz, indem Sie bestimmten Personen irgendwelche Vorrechte oder besondere Behandlungen im Strafverfahren zubilligen. Sie werden auch immer wieder Abgrenzungsprobleme haben, wenn Sie beim Personenkreis der Verdächtigen ansetzen. Es fällt etwa nach dem Entwurf kaum ein Gewerkschaftsvorsitzender hinein, weil er ja nicht für eine politische Partei tätig ist, es fällt der Sekretär eines Politikers unter Umständen nicht hinein, was etwa in einem Fall, der unlängst eine Rolle gespielt hat, Aktualität hat.

Wenn Sie hingegen dem Staatsanwalt ein modernes Dienstrecht geben – was im Übrigen Europastandard ist –, dann wird das Misstrauen in der Öffentlichkeit schwinden. Es besteht dann auch überhaupt keine Notwendigkeit mehr, mit ein paar richterlichen Restkomponenten mehr oder weniger „herumzudoktern“, um bei einem medizinischen Ausdruck zu bleiben. Nur müsste man sich eben zu einer solchen Therapie im Rahmen von Begleitgesetzen entschließen. Erfolgversprechend ist sie jedenfalls.

Der Zweite, den ich gefragt habe, ist Musiker, und er hat mir erklärt, dass alle Werke von wirklich großen Komponisten bestimmten Regeln folgen, die nicht beliebig verändert und auch nicht beliebig gegeneinander ausgetauscht werden können; er hat etwa von Fugen und von Sonaten-Hauptsatzform gesprochen. Auch die Musikstile lassen sich nicht beliebig vermischen. Sie können Bach oder Mozart, Haydn oder Rachmaninow bevorzugen, jeder hat seine besonderen Stärken – letztlich ist es eine Geschmacksfrage –, was aber sicher nicht gut klingt, ist, wenn Sie verschiedene Komponenten mischen. Dann wird der Wohlklang des Werkes dadurch gestört, und eine solche Mischung kann einer Komposition die Qualität eines wirklich großen Werkes nehmen.

Ich halte den Ausdruck „Verschlimmbesserung“ persönlich für ein Unwort, glaube aber, in diesem Fall trifft er dem Sinn nach zu. Der Entwurf war im folgenden Punkt in der ursprünglichen Fassung durchaus stimmig, nunmehr aber wird dort das Verhältnis gestört: Wenn Sie dem Staatsanwalt nicht genügend Vertrauen entgegenbringen, das Vorverfahren zu leiten, dann sollte man es besser beim Untersuchungsrichtermodell belassen, oder dieses sollte sogar ausgebaut werden, was allerdings gegenläufig zum europäischen Trend wäre. Aber bitte vermischen Sie nicht die Systeme, nämlich ein Untersuchungsrichtermodell mit einem Staatsanwaltsmodell, weil dadurch der Ablauf gestört wird! Mit dieser vorgeschlagenen Fassung wird meines Erachtens das Problem, das bekämpft werden soll, höchstens zugedeckt, aber sicher nicht gelöst.

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Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter weist darauf hin, dass es voraussichtlich nicht mehr möglich sein wird, die derzeit auf der Rednerliste aufscheinenden Ausschussmitglieder vor der Unterbrechung zugunsten des Besuchs der Veranstaltung im Justizpalast an die Reihe kommen zu lassen.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche) regt zur Geschäftsbehandlung an, diese Ausschusssitzung zu unterbrechen, weil viele Experten und, da ja eine entsprechende Einladung vorliege, möglicherweise auch Abgeordnete den Wunsch nach Teilnahme an der Veranstaltung im Justizpalast hätten. Zum Ausgleich könnte die Mittagspause verschoben werden.

Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter erklärt, sie greife diese Anregung von Abgeordneter Dr. Partik-Pablé auf, und ergänzt sie durch die Absicht, nach der Unterbrechung den Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Ausschusssitzung mit 12.30 Uhr festzulegen. Der Zeitpunkt der Unterbrechung könne mit 10 Minuten vor Beginn der Veranstaltung um 11 Uhr bestimmt werden.

Obfrau Dr. Fekter fragt, ob gegen diese Vorgangsweise Einwendungen erhoben werden. – Es wird keine Einwendung vorgebracht.

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o. Univ.-Prof. Dr. Reinhard Moos (Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie; Johannes Kepler Universität Linz): Ich möchte mich zuerst zur Unterlage betreffend Aufgaben des Gerichts im Ermittlungsverfahren äußern. Es steht in dieser Unterlage, dass das Gericht im Verfahren gegen bestimmte Organe der Vollziehung auf Antrag der Staatsanwaltschaft Ermittlungen durch Vernehmungen durchführen soll. Das begrüße ich sehr, und ich freue mich, dass dies nun enthalten ist. Schon in der letzten Sitzung war in der Punktation des Ministeriums vorgesehen, dies bezüglich Polizei zu machen, und das ist jetzt noch etwas ausgedehnt worden. – So weit, so gut.

In diesen Fällen ist die Antragstellung der Staatsanwaltschaft obligatorisch. Sie ist ferner obligatorisch bei Tatrekonstruktion des Gerichts, das geht aus § 104 Abs. 1 hervor. Ich frage mich, ob das die einzigen Fälle sind, in denen ein Gericht bei Ermittlungen tätig werden kann durch eigene gerichtliche Ermittlungen auf Antrag der Staatsanwaltschaft.

In diesen Fällen, die ich erwähnt habe, ist der Antrag der Staatsanwaltschaft obligatorisch, das wird auch immer wieder betont. Daraus könnte man – argumentum e contrario – schließen: In den anderen Fällen ist es nicht obligatorisch, folglich steht es im Ermessen der Staatsanwaltschaft. Ich habe nach meiner Beurteilung nirgends so klar gefunden, dass das ausgeschlossen ist, dass es nur obligatorische Fälle der Antragstellung und sonst keine gibt. Im Gegenteil: Es gibt verschiedene Formulierungen, und da verweise ich zum Beispiel auf § 101 Abs. 2 Satz eins:

„Die Staatsanwaltschaft stellt die erforderlichen Anträge.“ – Dieser Satz ist sehr allgemein gehalten und unnötig, wenn es nur obligatorische Anträge gibt. „Die erforderlichen Anträge“ – was ist „erforderlich“? Das ist mehr als nur „obligatorisch“. Oder ist nur „obligatorisch“ gemeint? – Das bleibt meines Erachtens offen. Da muss man wissen, was gemeint ist, und dann stimmt es natürlich wieder.

Auch was die Zuständigkeit des Landesgerichts nach § 31 Abs. 1 betrifft – „Dem Landesgericht obliegt die kontradiktorische Vernehmung von Zeugen und Beschuldigten“ –, ist das sehr allgemein. Gemeint ist: nur in den Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft obligatorisch den Antrag stellt – denn sonst kommt es nicht zum Gericht. Das ist gemeint, aber es geht nicht direkt daraus hervor. Deshalb die Frage an Herrn Mag. Pilnacek: Ist es auch nach der jetzigen Fassung des Entwurfs nicht doch möglich, dass die Staatsanwaltschaft nach ihrem Ermessen Anträge auf einzelne gerichtliche Vernehmungen von Beschuldigten und Zeugen stellt?

Es geht mir – wie Sie wissen, habe ich das schon oft gesagt und auch in meinem Gutachten zum Juristentag ausgeführt – um die so genannten sensiblen Fälle, die so genannte Anscheinsproblematik, wie das Herr Pilnacek heute genannt hat. Die sensiblen Fälle – also der Anschein, dass die Staatsanwaltschaft irgendwo einseitig sein könnte – sind nicht nur dort gegeben, wo es sich um Ermittlungsverfahren gegen Vollziehungsorgane handelt, sondern ganz allgemein, wie Sie wissen, überall dort, wo wir nur darauf warten, dass die Presse den Finger darauf legt, dass es sich hier um sehr problematische persönliche, parteipolitische, parteiliche Verbindungen handelt, oder um Fälle struktureller Macht, in denen man der Staatsanwaltschaft zutraut – ich nehme an, zu Unrecht, aber doch zutraut, in den Medien, in der Öffentlichkeit –, dass sie parteilich handeln könnte. In diesen wenigen Fällen, habe ich schon immer gesagt, sollte die Staatsanwaltschaft sich von diesem Verdacht befreien können, indem sie sagt: Da schalten wir eine gerichtliche Ermittlung auf Antrag ein, keine Voruntersuchung, sondern einzelne Ermittlungen zur Entlastung der Staatsanwaltschaft vom bösen Anschein.

Wenn es so ist, dass die Staatsanwaltschaft nach ihrem Ermessen – wie ich das vorschlagen würde – Ermittlungen beantragen kann, dann ist es eine Frage, wie man das im Gesetz formuliert. Soll man dieses Ermessen dann nur auf die sensiblen Fälle beschränken? – Die Frage ist, wie man das gesetzlich umschreibt; man kann nicht „sensible“ oder „clamorose Fälle“ schreiben, das ist ein völlig unbestimmter Begriff.

Man könnte aber Folgendes machen. Man könnte sagen: „Die Staatsanwaltschaft ist erstens verpflichtet, Anträge zu stellen. Im Übrigen kann sie nach ihrem Ermessen Anträge stellen.“ In der Begründung, in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage würde dann stehen: „Bei diesen Fällen ist an die so genannte Anscheinsproblematik, an die sensiblen Fälle gedacht.“ Das kann man dann dort näher beschreiben. Dann hätten wir zwar eine weit gehende gesetzliche Formulierung, aber doch einen Hinweis in der Kommentierung.

In diesem Zusammenhang erlaube ich mir doch – von der Rechtsvergleichung war heute bei der Verteidigung ja schon die Rede –, den § 162 der deutschen StPO zu zitieren. Sie haben von der Staatsanwaltschaft in Traunstein gehört, dass das durchaus funktioniert. Ich zitiere: „Erachtet die Staatsanwaltschaft die Vornahme richterlicher Untersuchungshandlung für erforderlich, so stellt sie ihre Anträge beim Amtsgericht.“ Das ist nicht begrenzt, und trotzdem nimmt das in Deutschland keine uferlosen Ausmaße an.

Dazu noch ein Hinweis: Alle richterlichen Vernehmungen/Untersuchungen müssen/sollen parteiöffentlich sein, das ist klar. Deshalb hat die richterliche Untersuchung auch eine besondere Qualität, und das wird auch dazu führen, dass sie nicht so häufig stattfindet, weil die Parteiöffentlichkeit eine sehr aufwendige Sache ist, die nicht sehr prozessökonomisch ist. Aber in ganz besonderen Fällen ist man durch die Parteiöffentlichkeit abgesichert.

Eine weitere Frage ist: Wenn die Parteiöffentlichkeit obligatorisch ist – und sie ist es –, kann dann die richterliche Untersuchung nur dann stattfinden, wenn alle Parteien wirklich vertreten und anwesend sind? Oder genügt es – das ist auch für mich eine offene Interpretationsfrage –, dass das Gericht die Parteien von dem Termin informiert und dass es den Parteien freisteht, zu kommen? – In der deutschen StPO steht im § 168c:

„Bei der richterlichen Vernehmung des Beschuldigten ist der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet“, und so weiter, und dann heißt es: „Von den Terminen sind die zur Anwesenheit Berechtigten vorher zu benachrichtigen.“

Soweit mein Diskussionsbeitrag. – Ich hätte jetzt vom Ministerium gern noch gewusst: Ist eine solche Antragstellung nach Ermessen möglich, oder bezieht sich das Gesetz nur auf obligatorische Antragstellung und schließt die anderen aus?

Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter hält fest, dass für Abgeordnete diese Anscheinsproblematik im Raum steht, jedoch sollten nicht die Massenmedien in der Lage sein, über diesen Anschein zu bestimmen. Wäre etwa in einer Zeitschrift nachzulesen, wann der Richter zu vernehmen habe und wann nicht, dann wäre ein solches System nicht wirklich missbrauchsfest.

Oberstaatsanwalt Mag. Christian Pilnacek (Bundesministerium für Justiz, Sektion II): Es ist ja immer schwierig, die Papiere mit dem Stand der Regierungsvorlage zusammenzuführen.

Es bleibt natürlich gemäß der Regierungsvorlage beim Ermessen der Staatsanwaltschaft, eine Tatrekonstruktion oder eine kontradiktorische Vernehmung zu beantragen. Dazu kommen die Fälle einer obligatorischen Einschaltung. Das heißt, natürlich hat die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit, eine kontradiktorische Vernehmung zu beantragen, und deswegen bleibt es auch bei dem Satz: „... stellt die erforderlichen Anträge, wann das erforderlich ist, oder unmittelbar am Tatort eine Rekonstruktion des Tatgeschehens vorzunehmen, muss sie das auch über den Richter machen“. Das ist ja dem Richter vorbehalten. Aber die Staatsanwaltschaft muss es nur nach Erforderlichkeit beantragen, nicht obligatorisch wie in diesen vier Fällen. – Dass man nun diese vier Fälle noch erweitert, halte ich für kritisch.

Einen kurzen Satz noch zu Thomas Mühlbacher: Wir sind insgesamt, glaube ich, vier Tage zusammengesessen und haben diesen Text gemeinsam mit der Standesvertretung wirklich in extenso diskutiert – aber jetzt das zu hören, tut mir ein bisschen weh.

Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter weist noch einmal darauf hin, dass allen Beteiligten, speziell den Repräsentanten der Interessenvertretungen von Richtern und Staatsanwaltschaft, nunmehr die Möglichkeit gegeben werden soll, an der Veranstaltung im Justizpalast teilzunehmen, und unterbricht die Sitzung.

(Die Sitzung wird um 10.47 Uhr unterbrochen und um 12.46 Uhr wieder aufgenommen.)

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Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter nimmt die unterbrochene Sitzung wieder auf und stellt fest, „dass die Oppositionsparteien spärlich vertreten sind“. Dies sei aber kein Boykott, sondern eine Zeitfrage.

o.Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Manfred Burgstaller (Institut für Strafrecht und Kriminologie, Universität Wien): Ich habe die beiden Unterlagen gestern bekommen und habe versucht, sie zu lesen. Das ist mir zum Großteil auch gelungen, aber ich konnte sie natürlich noch nicht wirklich durchdenken, sodass das, was ich jetzt sage, nur vorläufig ist.

Erstens – das möchte ich generell betonen – stehe ich allen in den beiden Unterlagen vorgeschlagenen Änderungen der Regierungsvorlage positiv gegenüber. Ich habe unbedingt das Gefühl, dass wir uns da auf einem guten Weg befinden.

Ganz konkret will ich zu zwei Themen Stellung nehmen, die mir persönlich am Herzen liegen. Das erste ist die Erweiterung der gerichtlichen Tätigkeit im Ermittlungsbereich, das zweite sind die vorgeschlagenen Änderungen bei der Diversion.

Zum ersten: Auf der Überblicksseite am Deckblatt werden drei Punkte übersichtlich dargestellt. Es soll eine gerichtliche Beweisaufnahme im Bereich der Entscheidung über die Zwangsmittel geben, wo das Gericht sich selber zusätzliche Entscheidungsgrundlagen beschaffen und zu diesem Zweck auch Ermittlungsaufträge an die Kriminalpolizei erteilen können soll. Ich sehe das als einen bedeutenden Fortschritt an. – Das möchte ich nachdrücklich und vorbehaltlos unterstützen.

Dasselbe gilt für den zweiten Fall: Ich halte es auch für gut und vernünftig, wenn das Gericht im Haftfall anordnen können soll, dass es laufend über die weiteren Ermittlungen informiert wird, denn nur dann kann das Gericht ja seiner Aufgabe gerecht werden, auch fortlaufend die neue Situation mit in seine Überlegungen einzubeziehen, ob eventuell schon eine Enthaftung möglich ist oder nicht.

Sicher der schwierigste ist der Punkt – 1 c –, nach dem die Staatsanwaltschaft verpflichtet werden soll, in bestimmten Fällen einen Antrag auf gerichtliche Ermittlung zu stellen. Das war ja auch schon in den bisherigen Beratungen sehr häufig Diskussionsgegenstand, und es liegt nun meiner Meinung nach erstmals ein ausformulierter Entwurf vor.

Ich glaube, dass die Art der Verfahren, die hier als sensibel herausgestellt sind, gut formuliert ist. Ich meine nur, dass man jedenfalls den im Übersichtsblatt unter Ziffer 4 herausgestellten Fall dann auch im Gesetzestext herausheben müsste, sonst ist das kaum lesbar. – Aber das ist eine formale Sache. Mir scheint das ganz gut geglückt zu sein. Jedenfalls auf den ersten Blick meine ich, dass die Dinge, die wir immer als wichtig hervorgehoben haben – einerseits die politisch sensiblen und andererseits Vorwürfe und Verfahren gegen Organe der Sicherheitsbehörde und Justizorgane selbst –, gut erfasst sind. Positiv ist auch, dass es eine Klausel gibt, die einen Restbestand erfassen soll.

Man könnte freilich daran denken – und mir hat eigentlich gut gefallen, was Professor Moos heute dazu vorgetragen hat –, dem Staatsanwalt generalklauselartig noch zusätzlich zu ermöglichen, gerichtliche Beweisaufnahmen zu beantragen – also nicht, ihn zu verpflichten, aber es ihm zu ermöglichen. Der vorgelesene § 162 der deutschen Strafprozessordnung könnte da durchaus ein Weg sein.

Was Pilnacek in seiner Replik gesagt hat, könnte – so wie ich es verstanden habe – diesem Anliegen nicht gerecht werden. Er hat an sich sicher zu Recht betont, dass dem Staatsanwalt ja freisteht, kontradiktorische Vernehmungen zu beantragen. Ich habe das jetzt noch einmal nachgelesen, und meine Vermutung hat sich auch durchaus bestätigt: Das ist natürlich nicht ganz frei ins Belieben des Staatsanwaltes gestellt, sondern kontradiktorische Vernehmungen sind dann vorgesehen, wenn zu besorgen ist, dass die Vernehmung in einer Hauptverhandlung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich sein werde. – Das trifft nicht das Anliegen, das von Moos angesprochen wurde und das mir unterstützenswert erscheint.

Im Zusammenhang mit der kontradiktorischen Vernehmung habe ich an noch etwas Zweifel, was Moos ganz außer Zweifel gestellt hat: Muss es wirklich sein, dass die gerichtliche Beweisaufnahme immer in Form der kontradiktorischen Vernehmung erfolgt? Die kontradiktorische Vernehmung hat eben dort Sinn, wo man annehmen muss, dass man in der Hauptverhandlung auf dieses Beweismittel nicht mehr zurückgreifen kann. Wenn das wegfällt, glaube ich nicht, dass es vernünftig ist, die gerichtliche Vernehmung im Ermittlungsstadium an diese Voraussetzung zu binden.

Der kritischste Punkt, den ich in diesem Zusammenhang sehe, ist freilich Folgendes: Der zweite Satz in § 101 Abs. 2 ist furchtbar lang, aber wenn man sich durch ihn durchgekämpft hat, kommt ein bisschen etwas Skurriles heraus, nämlich: Eine gerichtliche Beweisaufnahme hat die Staatsanwaltschaft dann zu beantragen, wenn nach Durchführung oder Abschluss der zur Konkretisierung des Tatverdachtes erforderlichen Ermittlungen Zweifel über die Art der Beendigung des Ermittlungsverfahrens bestehen, die eine gerichtliche Beweisaufnahme erforderlich machen.

Wenn ich mir das überlege, dann muss ich sagen, ich habe wirklich das Gefühl, das ist eine Placebo-Lösung – freilich in einem ganz anderen Sinn, als Kollege Mühlbacher es gemeint hat. Wenn der Staatsanwalt dann verpflichtet ist, eine gerichtliche Beweisaufnahme zu machen, wenn er letztlich Zweifel hat, dass eine gerichtliche Beweisaufnahme erforderlich ist, dann beißt sich sozusagen die Katze in den Schwanz. Ich glaube, das ist eindeutig zu schwach und grenzt in den Voraussetzungen ans Tautologische. Mir ist schon klar – und ich respektiere selbstverständlich, was Pilnacek gesagt hat –, es ist nicht sinnvoll, dass bei jeder völlig haltlosen Anzeige immer das Gericht befasst werden muss, oder umgekehrt: Auch wenn von vornherein klar ist, da bedarf es gar nichts weiter, das ist ein klarer Fall für eine unmittelbare Anklage, auch dann ist es nicht sinnvoll. Aber da liegt ja viel dazwischen, und wann hat der Staatsanwalt Zweifel? – Das ist wirklich in sein Belieben gestellt. Ich glaube, das ist zu eng.

Dann noch etwas, das wahrscheinlich mehr ein Problem der Einordnung der Neuerung darstellt: Abs. 2 ist durch diese Neuregelung sehr angereichert worden, da passt meines Erachtens der bisherige Abs. 3 einfach nicht mehr dazu, denn der beginnt mit den Worten: „Die Staatsanwaltschaft hat ihre Anträge nach Abs. 2 zu begründen.“ Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, dann ist das Gericht heranzuziehen. Dann geht es weiter: „Bewilligt das Gericht eine Maßnahme …“ – Da hat das Gericht nichts zu bewilligen. Ich meine und schlage daher vor, dass man die Dinge aufspaltet, einfach entkoppelt, denn Abs. 3 hat zum bisherigen Abs. 2 gepasst, und man sollte das, was da neu hineinkommt, gesondert anfügen.

Nun zu einem völlig anderen Thema – obwohl es noch viel Interessantes zu besprechen gäbe, aber ich muss mich in meinen Ausführungen beschränken –, und zwar zur Diversion: Auch da bin ich sehr erfreut über alles, was geschehen ist. Es wird rubriziert, es geht um eine Verstärkung des Wiedergutmachungsaspektes bei der Diversion und um eine Klarstellung, dass die Staatsanwaltschaft nicht unter allen Umständen an ein bereits vorgeschlagenes Angebot gebunden ist, in dem Sinn, dass es auch wechseln können soll.

Was das erste anlangt, ist das ein besonderes Anliegen, das ich eigentlich seit Inkrafttreten dieser Bestimmung immer wieder vertreten habe. Es geht mir wirklich darum, dass das, was in der politischen Diskussion der Öffentlichkeit immer versprochen wurde, nämlich dass von der Diversion nicht nur die Beschuldigten, sondern auch die Opfer etwas haben, besser eingelöst wird, als nach der bisherigen Regelung.

Ein Punkt dabei war, dass im geltenden Recht und auch noch in der vorliegenden Regierungsvorlage die Schadensgutmachung immer nur vorgesehen ist, soweit möglich und zweckmäßig. Das scheint mir nicht sachgerecht zu sein. Ich freue mich daher darüber, dass genau in den beiden in der Praxis am häufigsten eingesetzten Diversionsarten, nämlich bei der Geldbuße und bei der Probezeit, in dem vorliegenden Abänderungsvorschlag diese Konzeption aufgegeben wurde und stattdessen geschrieben wurde, „sofern nicht aus besonderen Gründen darauf verzichtet werden kann“, ist Schadensgutmachung aufzuerlegen.

Bei der Probezeit hat das noch einen weiteren Aspekt: Die reine Probezeit als solche soll nach dem vorliegenden Vorschlag deutlich eingeschränkt werden, und zwar so, dass sie immer dann, wenn nicht aus besonderen Gründen darauf verzichtet werden kann, mit bestimmten Pflichten verbunden werden soll. Auch das ist, glaube ich, unbedingt positiv zu bewerten.

In diesem Zusammenhang habe ich noch zwei kleinere Anregungen. Die eine betrifft bei der Geldbuße die Frage, ob man es wirklich dabei belassen soll, dass dem Täter aufzutragen ist, aus der Tat entstandenen Schaden gutzumachen, das heißt, den bestimmten Artikel zu vermeiden – irgendwelche Schadensgutmachung. Mir ist klar, dass man keineswegs immer den vollen Schaden gutmachen kann, aber das wäre ja auch erreichbar, wenn man statt dem „sofern“ ein „soweit“ schreibt: „soweit nicht aus besonderen Gründen“ und „den aus der Tat entstandenen Schaden gutmacht“.

Bei der Probezeitregelung gibt es diesen bestimmten Artikel, wobei dort hinzugefügt wurde – was ich absolut goutiere –: „den entstandenen Schaden nach Kräften gutzumachen oder sonst zum Ausgleich der Folgen der Tat beizutragen“. – Das schiene mir die bessere Lösung.

Darüber hinaus frage ich mich, ob man nicht doch den Schritt wagen könnte, dieses Problem der Schadensgutmachung aus den einzelnen Diversionsvarianten herauszulösen und eine gemeinsame Grundsatzbestimmung zu machen: Grundsätzlich ist Diversion nur möglich, wenn der Täter den aus der Tat entstandenen Schaden gutmacht. Wenn das nicht möglich oder zulässig ist, dann müssen dafür konkrete Gründe vorliegen und muss das im einzelnen Fall begründet werden.

So eine Grundsatzregelung könnte auch dabei helfen, woran es ja, wie wir in der letzten Zeit erfahren haben, krankt: der Öffentlichkeit den Sinn der Diversion verständlich zu machen. – Das nur als Anregung.

Die anderen Punkte sind im Vergleich dazu sicher von weniger großer Wichtigkeit. Ich möchte mich nur erfreut zeigen, dass die Clearing-Bestimmung wieder aufgenommen wurde. Sie ist eine gute Sache. Ich sage das, wissend, dass sie derzeit kaum angewendet wird, aber das Potential, das in ihr steckt, soll man nicht verschütten.

Richtig ist die Klarstellung, dass man auf Antrag des Beschuldigten von einem Angebot auch noch abweichen können soll, wenn vernünftige Gründe vorgebracht werden. Mir wurde vor allem von den Damen und Herren des Vereins „Neustart“ immer wieder mitgeteilt, dass sie Fälle einer Zuweisung zum Tatausgleich haben, bei denen sie den Eindruck gewinnen, der Täter brauche eigentlich eine längere Betreuung, und man wendet sich an den Staatsanwalt. Das wäre eigentlich etwas für Probezeit mit Übernahme von Pflichten und längerer Betreuung und Bewährungshilfe, und so etwas soll möglich sein. Es ist wahrscheinlich schon nach der geltenden Formulierung nicht ganz ausgeschlossen, aber es gibt Schwierigkeiten, wie mir berichtet wurde. Das klarzustellen, ist sicher ein Gewinn.

Das gleiche gilt – ganz im Sinne dessen, was in diesem Änderungsvorschlag steht – für die Verjährungsfrist. Es muss natürlich auch beim Tatausgleich die Verjährungsregelung gehemmt werden, und man könnte, weil ja die damaligen sehr spezifischen Gründe weggefallen sind, das Ganze auch dorthin stellen, wo es hingehört, nämlich in die Verjährungsregelung des StGB.

Dr. Johann Rzeszut (Präsident des Obersten Gerichtshofes): Ich möchte vorwegnehmen, dass ich sehr vieles beziehungsweise alles, was zu den heute als Tischvorlage verteilten beziehungsweise kurzfristig übermittelten Papieren von Herrn Professor Burgstaller schon gesagt wurde, nur unterstreichen kann. Ich möchte auch nicht die Gelegenheit versäumen, den Herren vom Justizministerium ein Kompliment auszusprechen in Bezug auf die Bereitschaft, von Positionen, die schon durch längere Zeit gewachsen waren, abzugehen und für sachliche Argumente offen zu sein, die nach meinem Dafürhalten eine ganz entscheidende Verbesserung zum Vorstadium darstellen.

Wenn ich trotzdem in dieser Phase der Diskussion vielleicht noch ein paar grundsätzliche Bemerkungen anbringen darf, so ersuche ich um Verständnis dafür und ersuche, das nicht als Michael-Kohlhaas-artiges Sich-Eingraben auf Positionen, die in der Diskussion schon längst überholt sind, auszulegen oder aufzufassen. Als jemand, der sehr lange in der Materie tätig ist, bin ich es meinem Gewissen doch schuldig, wenn ich hier als Experte beigezogen werde, noch die eine oder andere grundsätzliche Problematisierung anzubringen.

Was mich am meisten bewegt und was mich in eine etwas – es ist ja kein Geheimnis – reservierte Position zu dem Reformvorhaben gebracht hat, ist kurz gesagt Folgendes: Wenn man eine so massive und einschneidende Reform auf einem derartig wichtigen Gebiet für das Wohl der Gesellschaft, wie es die Strafrechtspflege darstellt, in Angriff nimmt, so macht man das natürlich in dem allgemeinen Bemühen, das wir sicher jeder für uns in Anspruch nehmen können, und mit der Zielsetzung, hier eine ganz entscheidende Rechtsschutz-Qualitätsverbesserung zu bewirken.

Warum ich da das eine oder andere Bedenken anmelden muss, darf ich kurz so umreißen: Man knüpft wahrscheinlich am besten bei der Bestimmung des § 45 Abs. 2 des Entwurfes an. Der regelt die Ausgeschlossenheit jenes Richters vom Hauptverfahren, der als Ermittlungsrichter tätig war. Das ist ein ganz fundamentaler Grundsatz und hat die Zielsetzung, dass jemand, der bei der Sammlung von Entscheidungsgrundlagen wesentlich mitbefasst war, nicht vor die Notwendigkeit gestellt sein soll, auch die Verantwortung über die Endentscheidung zu übernehmen.

Das ist etwas ganz Wesentliches. In der Sache selbst unterliegt er gewissen Versuchungen, wenn er in der einen oder anderen Richtung bei der Sammlung der Beweisunterlagen gefordert war, andererseits ist es auch ein Tribut an den Anschein gegenüber der Allgemeinheit: das Erfordernis, dass die Allgemeinheit den Eindruck hat, dass die Endentscheidung tatsächlich objektiv gefällt wird, fernab von Voreingenommenheit oder auch nur von dem Anflug von Voreingenommenheit.

Dieses Konzept ist nach dem geltenden Recht nach der Strafprozessordnung konsequent durchgezogen, und es gilt auch auf der StA-Seite, dass derjenige, der immerhin befugt ist, Verfahrenseinstellungen auszusprechen oder Anklagen zu erheben, nicht jemand sein soll, der sich selbst an der Sammlung des Prozessmaterials, des Materials für die Entscheidungsgrundlagen, beteiligt hat. – Dies schlägt sich in § 88 Abs. 3 StPO, § 97 Abs. 2 StPO nieder. Der Staatsanwalt hat selbst keine Untersuchungsakte zu setzen und hat sich solcher zu enthalten.

Es werden bei der Diversion von Seiten der Staatsanwaltschaft dem Wesen nach ganz profunde richterliche Entscheidungen getroffen. Das hat schon seinerseits mit § 42 StGB begonnen – das hat mit Diversion nichts zu tun –: Die Entscheidung, ob ein Verhalten, das an sich tatbestandsgemäß ist, strafwürdig ist oder nicht, ist eine Aufgabenstellung, die eigentlich vom Konzept her der Richter zu lösen hat und weniger der Ankläger. Da wurde das schon durchbrochen. Man hat das bei der Diversion noch verstärkt. Man argumentiert durchaus zu Recht, auf hohem Niveau und scharfsinnig damit, dass die Staatsanwaltschaft keine Verwaltungsbehörde im herkömmlichen Sinn ist, sondern dominiert von einer Justizförmigkeit ist. Eine gewisse richterliche Affinität ist in der Aufgabenstellung zu finden, daher bestehen keine Bedenken aus der Sicht des § 90 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wenn das aber tatsächlich so ist – und dem kann man natürlich durchaus seriös argumentativ zustimmen –, dann ist es nicht ganz einzusehen – und das ist etwas, das ich wirklich nur aus rein sachlichen Motiven noch einmal auf den Tisch legen will –, warum der Grundsatz, der auch in dem Entwurf nach wie vor als ehern anerkannt wird – nämlich dass der, der ermittlungsrichterlich tätig ist, von der Endentscheidung ausgenommen ist – nach der neuen Konzeption auf der StA-Seite nicht nur nicht beachtet, sondern mit den Füßen getreten wird.

Der Staatsanwalt ist jetzt, obwohl er selbst eine sanktionsähnliche Endentscheidung trifft, indem er Geldbußen bestimmt – wenngleich mit Einverständnis, aber es ist eine Finalisierung – derjenige, der vorher nicht nur Ermittlungsaufträge gibt, sondern nach dem neuen Konzept selbst Vernehmungen durchführt.

Das ist ein Bruch, mit dem ich – bei allen seriösen Versuchen – innerlich nicht fertig werde. Das spricht auch ganz gegen die Tendenz, die die supranationale Rechtsprechung verfolgt. Sie erinnern sich alle: Was wir in Bezug auf die Ausgeschlossenheit von Richtern bei der Entscheidung über einen Wiederaufnahmeantrag im Gesetz ändern mussten, war auf Straßburger Judikatur zurückzuführen. Das ist auch nichts anderes als jener Grundsatz, der jetzt in § 45 Abs. 2 des Entwurfes festgeschrieben ist. – Das ist der eine Punkt, in dem ich die Rechtsschutzqualität nach durchaus internationalen Standards in dem Entwurf nach dem neuen Konzept nicht auf dem Niveau gewährleistet sehe, wie es aber vergleichsweise nach geltendem Recht schon der Fall ist.

Der zweite Punkt – das wurde heute von Professor Moos und auch von Professor Burgstaller schon positiv hervorgehoben – ist die Stärkung der ermittlungsrichterlichen Komponente im Vorverfahren, vor allem, was die Kompetenz im Zusammenhang mit Entscheidungen auch über Zwangsmaßnahmen anlangt. Da ist nach geltendem Recht die Situation so, dass derjenige über Verhängung der Untersuchungshaft, Beschlagnahme, Telekommunikationsüberwachung, über all diese gravierenden Grundrechtseingriffe zu entscheiden hat, der selbst an der Beschaffung der Entscheidungsgrundlagen beteiligt war. – Dabei geht es aber nicht um die Finalisierung eines Strafverfahrens, sondern um eine Provisorialmaßnahme. Es wird von jemandem behandelt oder entschieden, der persönliche Eindrücke bei Zeugenvernehmungen gewinnen konnte, der selbst möglicherweise Ortsaugenschein durchgeführt hat, der auch die Person des Beschuldigten kennen gelernt hat, auch Opfer vernommen hat. Der kann also jetzt auf Grund unmittelbarer Eindrücke, auf Grund einer Beweisqualität, die sicherlich über jene zu stellen ist, die auf bloß mittelbaren Wahrnehmungen beruht, diese Provisorialentscheidung treffen.

Das wird in Hinkunft nicht der Fall sein. Die Verbesserung in dem Ergänzungspapier ist ganz wesentlich und entscheidend, das kann man nicht genug loben. Da wird schon ein Schritt in die richtige Richtung getan. Die Beweisqualität, die der Untersuchungsrichter jetzt bei der Entscheidung über Beschlagnahme und Untersuchungshaft und so weiter hat, kann der Ermittlungsrichter auf der Basis, die der Entwurf eröffnet, sicher nicht erreichen. Dazu kommt die Zeitkomponente: Jetzt wächst er mit dem Akt, mit den Ermittlungsergebnissen mit und hat dann ohne entsprechenden zusätzlichen Zeitaufwand die Möglichkeit – da er die Aktenkenntnis schon hat –, innerhalb kurzer Zeit sofort zu reagieren, wenn sich die Verdachtslage ändert oder ein anderer Aspekt, der einen Haftgrund betrifft, akzentuiert wird.

Er kann diese Provisorialentscheidung auf Basis unmittelbarer Beweisgrundlagen treffen. Das ist in dem Bereich, der hochsensibel ist, in Zukunft nicht mehr in dem Umfang möglich – hochsensibel deshalb, weil der Vollzug ein bedeutender Eingriff in Grundrechte ist. Bei einer Freiheitsstrafe nach rechtskräftigem Schuldspruch ist aber eine gesicherte Basis vorhanden: Es wurde die Tatsachengrundlage entsprechend geprüft und rechtskräftig entschieden. Bei der Provisorialentscheidung besteht im Gegensatz dazu diese Zementierung der Tatsachengrundlagen überhaupt nicht. Man operiert mit Prognosen. Das ist daher noch sensibler, noch risikobehafteter für den Betroffenen, und in dem Bereich vermindert man die Qualität der Beschaffung der entsprechenden Entscheidungsgrundlagen. – Darin sehe ich keinen Fortschritt, sondern eher eine sehr problematische Änderung zum Nachteil der betroffenen Personen.

Das Dritte, was mich nach wie vor entsprechend stört, ist Folgendes, das ich schon einmal kurz erwähnt habe: Im Strafverfahren geht es primär um die Klärung der Frage, ob jemand bei seinem Standpunkt, die Tat oder den Verdacht zu bestreiten, Recht hat oder nicht. Es geht immer nur darum, zu prüfen, ob jemand zu Recht leugnet oder nicht. Wenn er nämlich geständig ist und sich zur Tat bekennt, ist es kein Problem: da hat er kein Interesse daran, eine Untersuchungshandlung zu behindern. Wenn er es tatsächlich nicht war und zu Unrecht belastet und angeschuldigt wurde, hat er ebenfalls kein Interesse, die Beurteilungsgrundlagen in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Im Gegenteil: Je mehr erhoben wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass seine Unschuld zu Tage tritt. Es geht also immer nur um die Frage, ob jemand zu Recht oder zu Unrecht leugnet. Das ist der Schwerpunkt des ganzen Strafprozessrechtes. Um etwas anderes geht es im Zentralbereich nicht.

In diesem Bereich ist es enorm wichtig, voneinander unabhängige Vernehmungsergebnisse zu haben. In der Praxis sind Konstellationen nicht so selten, in denen man nur die Angaben des Verdächtigen hat – und sonst nichts. Da ist es eine unverzichtbare Hilfe für den Entscheidungsträger, dass er zwei voneinander unabhängige Vernehmungsvorgänge miteinander vergleichen kann. Wenn man nur eine Vernehmung hat und die entsprechende Person die gleiche ist, die den Verdächtigen dann noch einmal dazu vernimmt, ist das eine entsprechend niedrigere Kontrollmöglichkeit, als wenn zum Beispiel jemand zunächst bei der Sicherheitsbehörde vernommen wird und dann beim Untersuchungsrichter noch einmal. Dann kann man vergleichen und sehen, ob da wesentliche Widersprüche bestehen oder nicht. Diese Kontrollmöglichkeit, die in dem Dualismus zwischen Sicherheitsbehörde und gerichtlichen Untersuchungen besteht, ist etwas ganz Wesentliches in einem Zentralpunkt des Strafverfahrens und der Strafverfahrenspraxis. – Diese Kontrollmöglichkeit wird ganz entscheidend geschmälert.

Ich hab das nur deshalb noch einmal auf den Tisch gelegt, weil ich mir das, wie gesagt, selbst schuldig bin, und ersuche, mir das nicht als Beckmesserei und als unverbesserliches Beharren auf überholten Standpunkten auszulegen. – Das sind die Sorgen eines Praktikers, der viele Jahre hindurch mit dieser Materie zu tun gehabt hat. Vielleicht darf ich Sie ersuchen, sich das noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen.

o. Univ.-Prof. Dr. Christian Bertel (Institut für Strafrecht und sonstige Kriminalwissenschaften, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck): Ich habe unserer Frau Vorsitzenden freiwillig versprochen, ich würde keine Vorlesung halten. Das letzte Mal hat uns das Ministerium ein Papier vorgelegt, in dem es in einer langen, beeindruckenden Aufzählung seine Gesprächsbereitschaft signalisiert hat. Jetzt gibt es aber einige Bereiche, wo diese Gesprächsbereitschaft noch keine Früchte getragen hat.

Da ist zunächst einmal der Polizeigewahrsam. Die Kontakte zwischen dem Beschuldigten und dem Verteidiger können in besonders begründeten Fällen nach wie vor auf einen Rechtsvortrag des Verteidigers beschränkt werden. Die Überwachung der Verteidigergespräche ist nach dem Entwurf nach wie vor auch in Haftsachen möglich. Die Beiziehung eines Verteidigers zu Vernehmungen des Beschuldigten ist nach wie vor nicht vorgesehen, und an der Dauer der Verwahrungshaft von zweimal 48 Stunden hat sich auch noch nichts geändert.

In all diesen Punkten entspricht die geltende Praxis und auch die Regierungsvorlage nicht der Menschenrechtskonvention. Ich entnehme der rechtsvergleichenden Unterlage des Ministeriums, dass da vielleicht doch noch Änderungen möglich sind. Die rechtsvergleichende Unterlage finde ich sehr schön, nur muss man daraus auch Konsequenzen ziehen.

Nun verdrießt mich an dem heutigen Papier die Verwässerung des Beweisantragsrechts. Das Beweisantragsrecht ist in der Regierungsvorlage ohnehin schon so „windelweich“, dass es kinderleicht ist, Beweisanträge, die einem nicht passen, abzulehnen. Das genügt aber noch nicht. Jetzt soll dieses „windelweiche“ Beweisantragsrecht noch einmal durchlöchert werden. Beweisanträge können abgelehnt werden, weil man sie angeblich der Hauptverhandlung vorbehalten kann. Ein wirkliches Recht auf eine Beweisaufnahme im Vorverfahren hat der Beschuldigte jetzt nur noch, wenn die verlangte Beweisaufnahme geeignet ist, den Tatverdacht unmittelbar zu beseitigen. Dass eine Beweisaufnahme mit einem Schlag einen Tatverdacht widerlegt, wie oft kommt denn das vor? Und dass der Antragsteller nachweist, dass die Beweisaufnahme, die er da haben will, zu einer Widerlegung des Tatverdachtes führen wird, das ist doch schlechterdings unmöglich!

Dann verdrießt mich die Verwässerung des Einspruchsrechts. Ich glaube, der Einspruch wird ohnehin eine Totgeburt sein. Jetzt wird er noch einmal zu Grabe getragen. Der Einspruch ist nämlich unzulässig, wenn Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft von einem freien Ermessen Gebrauch gemacht haben. Der Ganze Entwurf ist mit unbestimmten Gesetzesbegriffen und Generalklauseln geradezu gespickt. In all diesen Fällen wird man sagen können, hier werde der Polizei und der Staatsanwaltschaft ein Ermessen eingeräumt. Nehmen Sie als Beispiel die Beschränkung der Akteneinsicht: Sie ist zulässig, wenn von einer sofortigen Kenntnisnahme eines Aktenstücks der Zweck der Ermittlungen gefährdet werden könnte. Das ist ganz unbestimmt. Ist das jetzt eine Ermessensentscheidung?

Oder: Überwachung der Verteidigergespräche kann erfolgen, wenn eine Beeinträchtigung von Beweismitteln zu befürchten ist. Ist das auch eine Ermessensentscheidung? Oder: Ein Zeuge wird in der Hauptverhandlung voraussichtlich nicht vernommen werden können. Das geltende Recht ist eindeutig: Der Untersuchungsrichter hat den Zeugen kontradiktorisch zu vernehmen. Künftig wird eine kontradiktorische Vernehmung auf Antrag des Staatsanwaltes zulässig sein. Ist das auch eine Ermessensentscheidung?

Wenn Sie den Einspruch so regeln, wie es das Ministerium jetzt vorschlägt, dann wird man die ganze Regierungsvorlage hernehmen und nachschauen müssen, wo man wirklich Ermessensentscheidungen haben will und wo man die unbestimmten Ausdrücke der Regierungsvorlage nicht doch durch etwas Präziseres ersetzen muss. Entschlösse man sich dazu, wäre das sicher eine nützliche Arbeit, nur wird das ein bisschen lange dauern.

Ich will nicht boshaft sein, aber mir kommt es so vor, als sei diese Wendung geradezu ein Augenzwinkern, das heißt: na, so ernst müsst ihr das nicht nehmen. Wenn ich eine Strafprozessordnung zu machen hätte, käme so etwas ganz bestimmt nicht hinein. Ich glaube, diese Wendung entwertet all das, was bisher an halbwegs konkreten Bestimmungen in der Regierungsvorlage enthalten ist. So kann es doch nicht gehen!

o. Univ.-Prof. Dr. Frank Höpfel (Institut für Strafrecht und Kriminologie, Universität Wien): Ich schließe an die Bemerkungen an, die ich am Ende der letzten Sitzung gemacht habe. Ich habe daraufhin auch ein Papier an das Ministerium übermittelt, auf das ich mich jetzt noch einmal beziehen will, weil es als solches hier noch nicht vorliegt.

Ich möchte im unmittelbaren Anschluss an Bertel sagen, dass ich ihm ganz besonders zustimme. Insbesondere die Überlegungen zum Beweisantragsrecht – und damit bin ich beim Komplex der Verteidigungsrechte – waren sehr wichtig.

Ich selbst möchte bei den Verteidigungsrechten einmal auf das Recht auf Beiziehung eines Verteidigers beim ersten Verhör eingehen, da das auch die Öffentlichkeit in den letzten Tagen sehr beschäftigt hat. Es ist sehr verdienstvoll, was Herr Mag. Pilnacek an Rechtsvergleichung und an europäischen Standards zusammengestellt hat. Ich würde meinen, in Anbetracht der entscheidenden Bedeutung, die im österreichischen Strafverfahrensrecht die erste Vernehmung hat, sollte man auf jeden Fall das Prinzip der Beiziehung eines Verteidigers verankern. Ich habe das schon letztes Mal betont und auf die Idee des anwaltlichen Journaldienstes nach ausländischem Vorbild hingewiesen.

Das Recht sollte nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen auszuschließen sein. Es war in letzter Zeit die Rede von Fällen organisierter Kriminalität. Wenn solche Fälle eingegrenzt definiert sind, sollte dann aber wenigstens festgehalten werden, dass stattdessen die Vernehmung jedenfalls auf Video aufgezeichnet werden sollte.

Eine weitere Sorge, die mich jetzt beschäftigt, ist die im vorliegenden Papier des Ministeriums vorgeschlagene Einschränkung der Rechtsmittelbefugnis nach § 107 des Entwurfes, also die Beschränkung des Beschwerderechtes an das Oberlandesgericht. Es ist zu befürchten, dass diese Instanz, wenn diese Klausel aufgenommen wird, de facto verloren geht, zumal wir ja in § 106 Abs. 1 im zweiten Satz die Bestimmung über die Ermessensübung hineinbekommen sollen. Mit Bertel – ich brauche das nicht zu wiederholen – glaube ich, dass die Wendung, die da jetzt fett gedruckt aufgenommen wurde, den Finger auf die Wunde des Entwurfes legt, nämlich die Ansammlung von Gummiparagraphen, von weichen Klauseln, von Ermessensklauseln. Da sollte doch das Recht bestehen, dass das Ermessen genau nachgeprüft wird. Ob es sich da wirklich anbietet, für die Einschränkung als Vorbild die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde § 130 Abs. 2 zu nehmen, weiß ich nicht und möchte ich eher in Zweifel stellen.

Auf der anderen Seite das Opfer: Im neu gefassten § 10 scheinen mir die Grundgedanken sehr gut erfasst, die ich wiedergeben wollte, die ich aus dem Rahmenbeschluss über die Stellung des Opfers im Strafverfahren entwickeln zu müssen glaubte. Es ist dies auf einen Nenner gebracht der Anspruch auf Achtung und Anerkennung des Opfers. Das ist jetzt in stärkerer Weise ausgesprochen, und das kann ich begrüßen.

Im Übrigen habe ich einzelne Formulierungsvorschläge zu anderen allgemeinen Bestimmungen im ersten Hauptstück – sozusagen zum allgemeinen Teil, zu den programmatischen Bestimmungen – gemacht, die ja doch eine wesentliche Bedeutung haben. Scheint es auch zunächst eher eine Bedeutung akademischer Art zu sein, so schlägt sich das ja dann doch in der Praxis nieder.

Insbesondere habe ich zur Unschuldsvermutung und zum Zweifelsgrundsatz, ebenso zum Grundsatz der freien Beweiswürdigung Alternativvorschläge formuliert. Ich möchte Sie mit diesen Formulierungen jetzt nicht aufhalten. Ich greife nur heraus, dass ich die freie Beweiswürdigung, so wie sie in § 14 formuliert ist, als schwammig umschrieben erachte und als einen Rückschritt gegenüber dem, was in § 258 schon steht, als Ermutigung zu einer Blanko-Akzeptierung dessen, was auf dem Gebiet der Beweiswürdigung gemacht wird. Gegenüber der Idee einer Freiheit der Beweiswürdigung sollte man doch heute auch das Gebot einer Rationalität, einer gewissen Begründetheit der Beweiswürdigung betonen, will man nicht der Linie der Rechtsprechung Vorschub leisten, die in letzter Zeit so deutlich geworden ist, wonach einer Z. 5a des § 281 Abs. 1 StPO praktisch nur noch ganz ausnahmsweise Bedeutung zukommt.

Eine andere praktisch bedeutsame Frage habe ich anhand des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und Rechtmäßigkeit angeschnitten. Mir scheint das Vorhaben der Abschaffung des § 42 StGB und seines Ersetzens durch eine Opportunitätsregelung in der Strafprozessordnung unter diesen Gesichtspunkten der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit bedenklich zu sein. Die Einschränkung des Rahmens des strafwürdigen Unrechts ist ja sehr wohl auch Sache des materiellen Rechts.

In der Auslegung zahlreicher Tatbestände sind uns so genannte Erheblichkeitsschwellen selbstverständlich geworden, und die Grundidee des § 42 StGB ist noch immer in dem Umstand gelegen, dass es dem Gesetzgeber nie abschließend gelingen wird, die abstrakte Grenze des strafwürdigen Unrechts zu ziehen. § 191 der Regierungsvorlage scheint mir daher eine beträchtliche Verschiebung zu bringen. Es ist jetzt gegenüber § 42 eine weit unbestimmtere, aber vor allem dadurch andere Situation vorgezeichnet, als die Bestimmung 191 ausschließlich an den Ankläger gerichtet ist. Die Einstellung wegen Geringfügigkeit steht dem Gericht nicht zur Verfügung.

Es ist dieses Vorhaben schon seinerzeit im Diversionsentwurf enthalten gewesen und schon dort auf massiven Widerspruch gestoßen. Es ist nur inzwischen etwas ruhiger geworden, weil sich einfach die Diskussion auf andere Schwerpunkte konzentriert hat. Ich erinnere aber an die Diskussionen auf dem 13. Österreichischen Juristentag in Salzburg, wo eine breite Front gegen diesen Plan bestanden hat. Die Bedenken sind unvermindert gültig. Sie richten sich aus meiner Sicht nicht so sehr dagegen, dass der Staatsanwalt diese Bestimmung handhaben können soll, sondern vielmehr, dass ihre Ausübung ausschließlich ihm vorbehalten sein soll.

Mit anderen Worten: Die Umwandlung des materiellrechtlichen Strafausschließungsgrundes des § 42 StGB in eine Regelung im Sinne des Opportunitätsprinzips bedeutet eine Beschneidung der richterlichen Befugnisse. Nicht selten zeigt sich der Charakter einer Bagatelle und die Wichtigkeit, dass man auf einen § 42 zurückgreifen kann, erst im Zuge der Hauptverhandlung oder gar erst im Rechtsmittelverfahren, wo man einmal konkret gesehen hat, wie ernst diese angebliche Sozialstörung wirklich ist. Ich erinnere an den Fall des Künstlers, der eine Waffe, die dem Waffengesetz widersprochen hat, auf eine Bühne mitgenommen hat. Um die Option offen zu halten, auch noch in der Hauptverhandlung oder im Rechtsmittelverfahren wegen Geringfügigkeit freizusprechen, sollte nach dem Vorbild des Jugendgerichtsgesetzes § 4 Abs. 2 Z. 3 die weitere Anwendbarkeit des § 42 StGB festgehalten werden.

Erster Staatsanwalt Dr. Wolfgang Swoboda (Staatsanwaltschaft Eisenstadt): Ich möchte erstens die Änderungen ansprechen, und dann, weil es voraussichtlich die letzte Debatte ist, ein bisschen einen Ausblick geben und mit einem kurzen Exkurs nach Traunstein, den wir – als Exkursion – auch tatsächlich durchgeführt haben, überleiten.

Bei den Änderungsvorschlägen, die hier am Tisch liegen, ist die Anerkennung des Bemühens vorauszuschicken, die Regierungsvorlage in vielen Details praxisgerechter und umsetzbarer zu machen. Die zweite Frage ist, wie sehr die Standesvertretung hiermit wirklich eine „Freude“ – unter Anführungszeichen – hat, wie sehr sie das auch so erkennen kann. Es gibt Beispiele, wo es eindeutig zu erkennen ist: Im letzten Satz von § 98 Abs. 1 wird nunmehr eindeutig festgeschrieben, dass bei Kollision im Kooperationsmodell tatsächlich der Staatsanwalt das letzte Wort hat. Das Herausstreichen dieser potentiellen Leitungsbefugnis wird ganz nachdrücklich begrüßt. Leider Gottes ist das nicht wirklich durchgehalten. Es gibt bei der Sachverständigenbestellung noch immer diese etwas unglückliche Passage „möglichst im Einvernehmen mit der Kriminalpolizei“.

Letztes Mal wurde auch im Sinne der Verteidigung vollkommen zu Recht releviert, dass im Zuge eines Kooperationsmodells die Frage, ob ein Sachverständiger zuzuziehen ist, wahrscheinlich ohne große Divergenzen mit der Kriminalpolizei lösbar ist, nur auf die Frage, wer zu bestellen ist, soll die Polizei keine Einflussnahme haben, weil es ja auch eine Kontrolle der polizeilichen Arbeit ist. § 98 stellt klar, dass der Staatsanwalt zu entscheiden hat, wenn es da zu keiner Einigung kommt, nur das Stigma, dass hier dem Sachverständigen etwas aufgezwungen wird, schlägt möglicherweise bis in die Hauptverhandlung durch. Eine Selbstverständlichkeit, nämlich dass man im Rahmen des Kooperationsmodells das Einvernehmen sucht, festzuschreiben, beinhaltet die Gefahr, dass es dann fehlinterpretiert wird. Ich komme bei einem anderen Beispiel dann auf die gleiche Problematik zurück.

Kernstück und wichtigstes Thema der Diskussion war bislang: Wie viel Richter braucht das Ermittlungsverfahren? Die Problematik wurde eindeutig in die zwei Fragen getrennt: Grundrechtseingriffe, insbesondere Haft – sehen vier Augen mehr als zwei? –, und die Frage der sensiblen „clamorosen Fälle“.

Vielleicht darf ich ein bisschen dazu beitragen, diese Konfrontationsstellung, die gerade Mühlbacher und Pilnacek am Vormittag aufgezeigt haben, ein wenig aufzulösen. Auch die Staatsanwaltschaft hat die Beiziehung des Richters im Ermittlungsverfahren immer wieder gefordert, aber nicht aus dem Gesichtspunkt, dass wir nicht fähig wären, diese Leitungsbefugnis tatsächlich auszuüben oder die Objektivität tatsächlich zu wahren, sondern weil wir nicht dazu befähigt sind, das auch verkaufen zu können – die Anscheinsproblematik.

Der Entwurf wird durch das Einführen dieser Z. 3 in Abs. 2 des § 101 wahrscheinlich mit der Realität etwas kompatibler, aber ich muss hier auch mit dem Kollegen Mühlbacher sagen: Es wird kompatibler für eine Realität, die in unserer Sicht verbesserungswürdig und verbesserbar ist. Hier sind wir wieder bei der Forderung nach der dienstrechtlichen und verfassungsrechtlichen Stellung des Staatsanwaltes.

Ich darf Ihnen noch einmal den Bogen zur Sachverständigenbestellung spannen. – Das ist auch ein Puzzlestein, der ein bisschen in Richtung Parteienprozess geht. Von Moos war in der Reform der Hauptverhandlung, die kommen wird, auch die Prozessabsprache angedacht. Es ist wahrscheinlich rein ökonomisch gesehen auch unter dem Eindruck der heutigen Veranstaltung eine absolute Notwendigkeit, dass sie kommt.

Wenn jetzt wahrscheinlich schon seit § 42, um an Rzeszut anzuschließen, aber spätestens durch die Diversion dieses Konzept des beurteilenden distanzierten Staatsanwaltes gebrochen wird, dann wird es über Fragen mit der Prozessabsprache noch viel dramatischer werden.

Solang die Qualität des Staatsanwaltes als Justizorgan nicht wirklich herausgestellt ist, wird nicht veräußerbar sein. Es war unlängst eine Weisungsproblematik in den Medien, die in ihrem Ergebnis nicht veräußerbar war. – Ich bin mir sicher, dass Sektionschef Pürstl nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hat, aber das war nicht mehr veräußerbar, weil es keine Entscheidung eines Justizorganes war, das den Kopf dafür hinhalten muss. Es war letztlich – von der Verantwortung – eine Entscheidung eines Politikers. Diese Problematik wird hier vertuscht und abgedeckt. Vielleicht geht es nicht anders, und deswegen haben wir es auch immer wieder gefordert.

Die zweite Frage in diesem Bereich ist: Bringt das Vier-Augen-Prinzip in der Haftfrage eine Qualitätsverbesserung? Prinzipiell muss man sagen, wenn der Richter auch noch mitschaut, wird es wohl besser werden, nur darf es letztlich nicht das Konzept verwässern, dass die Leitung beim StA liegt. Im letzten Satz des § 104 Abs. 2 steht: „Das Gericht kann die Staatsanwaltschaft auch um die Durchführung bestimmter weiterer Ermittlungen und um Mitteilung ihrer Ergebnisse ersuchen.“

Das ist eine Umkehrung des Konzeptes, das die Regierungsvorlage sich selbst eigentlich vorgegeben hat, andererseits sind Ersuchen und Anregung aber eine Selbstverständlichkeit: Wenn dem Untersuchungsrichter etwas auffällt, wo die Möglichkeit, Beweise beizuschaffen, nur beim Staatsanwalt liegt, dann wird diese Anregung kommen und dann wird ihr auch entsprochen werden. Aus diesem Satz, der eigentlich überhaupt nicht hineinpasst, könnte aber etwas anderes herausgelesen werden, nämlich dass über dem Staatsanwalt doch noch der Ermittlungsrichter als Untersuchungsleitender eingreifen kann und nicht nur die Haftfrage prüft.

Ebenfalls begrüßenswert finden wir die Einschränkung beziehungsweise Begrenzung der Einspruchsrechte und Beweisanträge. Ich kann schon die Bedenken der Lehre verstehen, aber das Tempo, die Raschheit einer Ermittlung kommt ja letztlich auch dem Verdächtigten und dem Beschuldigten zu Gute. Alles, was hier – unter Anführungszeichen – „aus dem Wege geräumt wird“, das dieses Tempo drosseln könnte, tut, so glaube ich, der Regierungsvorlage, der Realität und der Praxis gut.

Ich möchte kurz überleiten: Ich danke der Frau Vorsitzenden sehr für den Bericht aus Traunstein. Der Succus, den wir von dort mitgenommen haben, ist in ein, zwei Sätzen zusammenzufassen: Die Praxis in Deutschland zeigt, dass ein Kooperationsmodell tatsächlich lebbar ist. Eindrucksvoll wurde uns die Zusammenarbeit geschildert. Sie haben das Beispiel des Ausfahrens zum Lokalaugenschein gebracht. Das passiert sehr zeitig, das Gericht ist nicht dabei, die Kriminalpolizei und StA sind „draußen“. – Das war die eine Erkenntnis.

Die andere Erkenntnis war: Es ist verdammt aufwändig. Wir waren alle beeindruckt, was dazu an Ressourcen notwendig ist. Ich möchte hier die Worte des Leiters in Traunstein sinngemäß wiedergeben: Es ist der Untersuchungsrichter in Deutschland Ende der siebziger Jahre aus der Prozessordnung genommen worden, und dieser Aufwand, der getrieben wurde – das war eindeutig vom Leiter zu hören –, würde jetzt seitens der StA nicht mehr etablierbar sein. Diese Ressourcen sind begrenzt. – Sie leiden selbst auch jetzt darunter, dass die an und für sich schöne und wohlausgestattete Organisation ständig beschnitten wird.

Der Succus für Ihre Entscheidung, ob Sie dieser Regierungsvorlage den Weg zur Gesetzwerdung ebnen, ist meiner Meinung nach: es ist keine Zweier-Weiche. Es ist kein Ja oder Nein. Das ist das, was der Standesvertretung auch immer wieder – unter Anführungszeichen – „vorgeworfen“ wurde. Es ist meines Erachtens eine Dreier-Weiche. Es gibt die Prozessreform plus einer Überzeugung, dass dieses Gesetzesvorhaben die notwendige Ausstattung nach sich ziehen wird, dass sie Verbesserungen in der staatsrechtlichen Stellung des Staatsanwaltes – Verfassung und Absicherung im Dienstrecht – nach sich ziehen wird. Es gibt die Regierungsvorlage solo, ohne diese Aussicht. Und es gibt ein Nicht-Beschließen des Gesetzes.

In dieser Dreier-Weiche hat die Standesvertretung eine sehr eindeutige Position: Wenn Sie als Abgeordnete der Überzeugung sind, dass hier durch diese Regierungsvorlage dem Rechtsstaat etwas Gutes getan wird, weil mit einer entsprechend ausgestatteten Behörde Staatsanwaltschaft, deren Positionierung als Justizorgan eindeutig festgeschrieben und abgesichert ist, ein Entwicklungsfortschritt auch tatsächlich passieren wird, dann kann sich die Standesvertretung durchaus damit identifizieren. Aber wenn das Gesetz solo, pur kommt, haben wir unsere ärgsten Bedenken, dass es tatsächlich ein Fortschritt in unserem rechtsstaatlichen Gebäude sein kann.

Ich kann nicht verhehlen, weil man heute die beiden Gebäude gewechselt hat, dass mir dieses Spekulieren auf Ressourcen  und es ist ein expansives Gesetz – in Zeiten wie diesen etwas verwegen erscheint. Ich weiß nicht, ob dieser Pessimismus, der ein bisschen durchschwingt, berechtigt ist. Sie sind die politischen Entscheidungsträger. Diese Frage werden Sie sich zu stellen haben.

Universitätsassistent Dr. Alois Birklbauer (Institut für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie, Universität Linz): Ein paar Punkte, die mir heute früh, als ich im Zug die Dokumente durchgelesen habe, gekommen sind:

Zum ersten Themenblock, der Neuregelung der Opferrechte: Mir ist sehr positiv aufgefallen, dass der Opferbegriff in § 65 Z. 1 lit. b auf die Lebensgefährten ausgeweitet wurde. Wenn man von der Betroffenheit ausgeht – Lebensgefährten von getöteten Opfern –, ist natürlich nicht einzusehen, warum die weniger betroffen wären und weniger Rechte haben sollen als die Ehegatten getöteter Opfer. Das hat mir gleich zu Beginn sehr gut gefallen. Ich möchte hier aber Folgendes anregen: Es gibt im Entwurf eine zweite Bestimmung, und zwar bei den Aussageverweigerungsrechten, wo noch immer ein unsachliche Differenzierung gegeben ist. Die Ex-Ehegatten haben die Möglichkeit, die Aussage zu verweigern, die Ex-Lebensgefährten nicht. – Ich bitte, auch hier diese Gleichstellung ähnlich wie im § 65 Z. 1 vorzunehmen, weil hier auf Grund der Betroffenheit nicht einzusehen ist, warum zwischen Ehegatten und Lebensgefährten differenziert wird.

Ein zweiter Punkt, der mir bei den Opferrechten aufgefallen ist: Ein bisschen versteckt ist die Regelung der Subsidiaranklage. Herr Dr. Swoboda hat vorhin darauf hingewiesen, dass ja offensichtlich nicht geplant ist, beim Weisungsrecht etwas zu ändern. Die Subsidiaranklage wird nicht abgeschafft, sie findet sich nach wie vor im Entwurf der StPO, aber sie ist eigentlich wesentlich eingeschränkt – was man nicht auf den ersten Blick sieht –, nämlich auf die Fälle, in denen der Staatsanwalt bereits Anklage erhoben hat und von der Anklage zurücktritt. Wenn der Staatsanwalt das Verfahren vor Anklageerhebung einstellt, gibt es in Hinkunft keine Subsidiaranklage.

Im Zusammenhang mit dem Weisungsrecht bedeutet das: Wenn im Vorverfahren vor Erhebung der Anklage eine Weisung erfolgt, dass das Verfahren einzustellen ist, gibt es für die Privatbeteiligten keine Möglichkeit der Subsidiaranklageerhebung. Der § 72 des Entwurfs ermöglicht die Subsidiaranklage nur für einen Rücktritt nach Erhebung der Anklage. Man muss sich dessen bewusst sein, dass hier eine wesentliche Einschränkung gegeben ist, die auf den ersten Blick nicht klar erkennbar ist. – Ich weiß nicht, ob das im Sinne der Opferrechte wirklich so gewollt ist, dass man hier die Subsidiaranklage so weit zurückdrängt.

Ein nächster Punkt, der mir bei der Neuregelung der Opferrechte aufgefallen ist, ist die Möglichkeit der Verfahrenshilfe. Die ist an und für sich sehr positiv hervorzuheben. Ich halte die Regelung aber für nicht ganz durchdacht. In § 73 des Entwurfs ist vorgesehen, dass ein Recht auf Verfahrenshilfe bei einem Streitbetrag von 4 000 € gegeben ist. Weiter vorne in § 67 ist davon die Rede, dass das Opfer die Höhe des Schadens beziffern muss. Weiter unten heißt es dann, die Verfahrenshilfe ist zuzusprechen, wenn das Opfer den Schaden entsprechend beziffert und zumindest ein teilweiser Zuspruch erfolgt.

Jetzt kann man sich folgenden Fall ausmalen: ein Vermögensdelikt, Schaden 100 €. Das Opfer will Verfahrenshilfe. Was macht es? – Es muss einen Schaden von mehr als 4 000 € behaupten, dann bekommt es Verfahrenshilfe, wenn 100 € zugesprochen werden – das ist immerhin ein Teil davon. Das ist wohl nicht Sinn der Regelung. Da hielte ich es für sauberer, generell eine Verfahrenshilfe für Opfer zuzulassen, oder sonst irgendwo eine Möglichkeit vorzusehen, damit man auch die Bezifferung des Schadens in Hinblick auf die Verfahrenshilfe überprüfen kann, ob die nicht über angemessen erhöht angegeben wird, nur um in den Genuss der Verfahrenshilfe zu kommen. Ich glaube, dass man sich hier auch aus praktischen Gründen noch etwas überlegen sollte.

Zur Frage der Neuregelung des Ermittlungsverfahrens: Mich stören nach wie vor die Berichtspflichten in § 100 des Entwurfs. Die so genannten Anfallsberichte sind noch immer nur in Fällen vorgesehen, die entweder von öffentlichem Interesse oder schwer wiegende Verbrechen sind.

Das heißt, bei nicht schwer wiegenden Verbrechen – nach den Erläuterungen zu dem Entwurf sind das Delikte unter fünf Jahren Freiheitsstrafe – darf die Polizei drei Monate ermitteln, ohne dem Staatsanwalt auch nur ein Schriftstück oder ein E-mail darüber zu schicken, dass da ein Delikt stattgefunden hat.

Wenn man wirklich davon ausgeht, dass die Staatsanwälte die Leitungsbefugnis haben, ist es doch logisch und systemkonsequent, dass die Ermittlungsbeamten zumindest berichten müssen, dass ein Delikt stattgefunden hat. Wenn man das bei jedem Verbrechen – außer es bei einem schweren – erst nach drei Monaten tun muss und drei Monate in den luftleeren Raum ermittelt werden kann, ist meines Erachtens die Leitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft nicht einmal theoretisch. Wenn der Staatsanwalt nicht weiß, dass etwas passiert ist, wie soll er sich dann überhaupt irgendwo Kenntnis verschaffen?

Zumindest auf Verbrechen muss das ausgeweitet werden. Man könnte auch eine andere Schranke einziehen und verlangen, die Polizei muss den Staatsanwalt informieren, aber grundsätzlich müssen die Akten nicht mitgeschickt werden, sondern nur auf Anforderung. Das würde es vielleicht praktikabler machen und wäre ein Kompromiss. Der Staatsanwalt muss aber Kenntnis davon haben, dass etwas passiert ist und dass ermittelt wird. Es kann nicht sein, dass er drei Monate überhaupt keine Kenntnis davon hat und auch nicht informiert ist. Ich würde wirklich anregen, hier eine Änderung des § 100 Abs. 2 Z. 1 vorzunehmen und den Anfallsbericht zumindest in allen Verbrechensfällen zum Regelfall zu machen.

Ein weiterer Punkt ist die gerichtliche Beweisaufnahme in § 101 Abs. 2 – die so genannten clamorosen Fälle, die ja heute schon positiv hervorgehoben wurden. Mir ist nur ein Punkt aufgefallen, in dem die Regelung vielleicht sogar übers Ziel schießt: Wenn ein Strafverfahren gegen einen Richter geführt wird, ist zwingend durch einen Richter zu ermitteln. Wir haben gerade vom umgekehrten Fall geredet, dass die Polizei nicht ermitteln darf, sondern man den Fall dem Gericht geben muss, wenn eine Straftat von sicherheitsbehördlichen Organen gesetzt wird. – Jetzt das umgekehrte Extrem: Bei einem Strafverfahren gegen eine Richter muss das Gericht ermitteln. Ich würde anregen, noch einmal zu überlegen, ob diese obligatorische Ermittlung durch einen Richter bei einem Strafverfahren gegen einen Richter nicht wirklich über das Ziel schießt.

Ein weiterer Punkt in diesem Zusammenhang ist § 104 Abs. 2, bei dem ich mich auch frage, ob nicht der Entwurf ein bisschen über das Ziel schießt. Im letzten Satz heißt es: „Das Gericht kann die Staatsanwaltschaft auch um die Durchführung bestimmter weiterer Ermittlungen und um Mitteilung ihrer Ergebnisse ersuchen.“ – Da wird quasi die Leitungskompetenz umgedreht. Jetzt hat der Richter im Verfahren so weit die Leitungsbefugnis, dass er von der Staatsanwaltschaft Ermittlungen fordern kann. Für mich ist die Frage: Was ist, wenn die Staatsanwaltschaft sich weigert, Ermittlungen durchzuführen? Kann sich dann der Richter beim Gericht darüber beschweren, dass der Staatsanwalt seinen Ermittlungsaufträgen nicht Folge geleistet hat? – Das kann es ja nicht sein! Also ich glaube, dieser Satz ist schlichtweg ein Versehen, und den sollte man am besten streichen. Es ist ohnehin selbstverständlich, dass er darum ersuchen kann, aber die Leitungsbefugnis hier wirklich umzudrehen, halte ich für überzogen.

Der nächste Punkt bei den Änderungen des Ermittlungsverfahrens betrifft die Diversion, und zwar den § 204, den außergerichtlichen Tatausgleich. Ich weiß nicht, ob man auch hier nicht ein bisschen über das Ziel geschossen hat. Da heißt es nämlich, dass der Tatausgleich bei einer Straftat nur möglich ist, wenn durch die Tat Rechtsgüter einer Person unmittelbar beeinträchtigt sein könnten. Das heißt, der außergerichtliche Tatausgleich wird auf Individualrechtsgüter eingeschränkt. Jetzt habe ich aus der Praxis gerüchteweise im Hinterkopf, dass der ATA doch immer auch bei Widerstand gegen die Staatsgewalt, § 269 StGB, erfolgreich angewendet wurde.

Das ist in Zukunft nicht mehr möglich, weil es sich bei § 269 StGB nicht um ein Individualrechtsgut handelt. Will man das wirklich, dass man den ATA auf Individualrechtsgüter beschränkt, oder sollte man nicht auch ausnahmsweise, beispielsweise für solche Fälle – bei Widerstand gegen die Staatsgewalt – , einen ATA gerade bei Jugendlichen ermöglichen? Es ist ja pädagogisch mitunter ganz sinnvoll, wenn der Jugendliche dem Polizisten an einem runden Tisch mit einem Mediator gegenübersitzt. Auch hier eine Anregung, das noch einmal zu überdenken. Ich sehe keinen Grund dafür, warum man den außergerichtlichen Tatausgleich unbedingt auf Individualrechtsgüter einschränken will.

Ein weiterer Punkt betrifft das dritte Papier über die Rechte der Verteidiger: Es ist dies ein sehr angenehmes Papier. Wenn man sich den Rechtsvergleich anschaut, kann man sagen, dass hier hervorragende Arbeit geleistet wurde. Wenn man dann allerdings weiter blättert und die Paragraphen sucht, muss man feststellen, dass diese, ähnlich wie in den ersten beiden Papieren, fehlen. In diesem Punkt muss ich Herrn Professor Bertel Recht geben: Auch ich hatte das Gefühl, dass wir letztes Mal schon weiter waren, als wir heute sind. Ich muss schon sagen, dass es mich ein bisschen traurig gestimmt hat, dass ich heute in der letzten Sitzung feststelle, dass diese Rechte der Verteidiger nicht behandelt werden, vor allem ich mir anschaue, wie in anderen Ländern mit Verteidigungsrechten umgegangen wird.

In anderen Staaten gibt es beispielsweise schon für die erste Vernehmung durch die Polizei Verfahrenshilfe. Vor kurzem war ich bei einer Fortbildungsveranstaltung für Sicherheitsbehörden eingeladen, bei welcher es genau um die Frage der Beiziehung eines Verteidigers ging. Ein Polizeijurist hat bei dieser Veranstaltung gesagt, dass man überhaupt keine Probleme damit habe, den Leuten die Liste zu geben und sie anrufen zu lassen, weil sie spätestens dann, wenn sie hören, was ein Verteidiger für die erste Beratung verlangt, keinen Verteidiger mehr beiziehen wollen.

Das heißt, es besteht hier ein soziales Problem, ob jemand überhaupt vom Verteidigungsrecht Gebrauch machen kann oder nicht – und das kann es wohl nicht sein! Daher möchte ich anregen, zu überdenken, ob nicht auch für die Beiziehung eines Verteidigers vor der Polizei aus sozialen Gesichtspunkten die Gewährung von Verfahrenshilfe möglich sein sollte. Es geht nämlich wirklich nicht an, dass soziale Barrieren für die Möglichkeit der Wahrnehmung des Verteidigungsrechts entscheidend sind.

Wenn man sich die Fristen für die polizeiliche Anhaltung im Rechtsvergleich anschaut, stellt man fest, dass nach Österreich nur mehr Armenien und ein zweiter Staat gereiht sind. Ich meine, dass im Hinblick darauf wirklich Handlungsbedarf besteht! Die im Entwurf festgelegten Fristen sollten wirklich noch einmal überdacht werden!

Der letzten Punkt meiner Ausführungen zu den Detailvorschlägen betrifft nicht die drei Papiere, dennoch ist es mir ein Anliegen, auch noch zum § 80 Abs. 2 des Entwurfs, der § 86 Abs. 2 StPO ersetzt, eine Bemerkung betreffend das private Anhalterecht zu machen: Auch wenn systemimmanent ist, dass das private Anhalterecht nur für gerichtlich strafbare Handlungen gelten darf, meine ich, dass die Tendenzen, den Sicherheitsbereich zu privatisieren, es notwendig machen, dass auch im neuen § 80 Abs. 2 dezidiert festgehalten wird, dass es sich um eine gerichtlich strafbare Handlung handeln muss, damit private Sicherheitsdienste nicht auf die Idee kommen, dass hier etwas geänderte wurde und sie jetzt auch ein Anhalterecht für Verwaltungsstraftaten haben. Das Wort „gerichtlich“ sollte auf jeden Fall wieder aufgenommen werden.

Leitender Oberstaatsanwalt HonProf. Dr. Heimo Lambauer (Oberstaatsanwaltschaft Graz): Ich bin sehr dankbar, dass ich heute etwas über Traunstein gehört habe. Offenbar hat man dort doch einiges gesehen und gelernt.

Auch ich glaube – und in diesem Punkt bin ich nicht der Meinung der Frau Vorsitzenden –, dass man unbedingt eine Verbindung mit der Hauptverhandlung herstellen muss. Man hat dort gesehen, dass eine solche Reform nur dann durchführbar ist, wenn die entsprechenden Ressourcen vorhanden sind. Eine Reform ist also unmittelbar die Frage der Kosten verbunden. So lange die notwendigen Ressourcen nicht sichergestellt sind, kann ich nur an die Abgeordneten appellieren, zur Kenntnis zu nehmen, dass eine solche Reform, so gut sie auch sein mag, nicht durchgeführt werden kann. Und man hat heute auch bei der Veranstaltung im Justizpalast gehört, dass bei uns eben jetzt das Sparprogramm im Vordergrund steht.

Zu einzelnen Fragen:

Im Anschluss an Professor Moos und an Professor Burgstaller zur kontradiktorischen Vernehmung vertrete auch ich die Auffassung, dass man die fakultative Möglichkeit schaffen sollte, dass auf Antrag des Staatsanwalts eine kontradiktorische Vernehmung durch den Richter durchgeführt werden kann. Ich meine aber, dass Professor Burgstaller zu weit geht. Ein besonderer Beweiswert kommt solchen Vernehmungen nämlich auch in Hinkunft im weiteren Verfahren nur dann zu, wenn auch der Verteidiger und der Staatsanwalt zugegen waren. In diesem Zusammenhang spielt die Anscheinsproblematik, die heute wiederholt angesprochen wurde, sicherlich eine ganz große Rolle, und zwar auch betreffend die spätere Verlesung.

Das Bemühen des Ministeriums, nunmehr auf die Wünsche einzelner Teilnehmer dieses Unterausschusses einzugehen und zu versuchen, das Ermittlungsrecht beziehungsweise die Ermittlungstätigkeit des Gerichtes auszuweiten, ist sehr lobenswert. Ich meine aber, dass wir uns eingestehen müssen, dass damit das Grundsystem des gesamten Reformvorhabens verwässert wird, weil damit in Teilbereichen gewissermaßen eine Voruntersuchung wieder eingeführt wird. Ich meine: Wenn man schon die gerichtlichen Ermittlungen erweitert, dann besteht keine Veranlassung, das Subsidiarantragsrecht nicht zur Gänze wieder einzuführen, denn dann besteht die Möglichkeit der gerichtlichen Ermittlungen, und das Argument, dass nur deshalb eine Anklageerzwingung erforderlich wäre, weil es im Vorverfahren niemanden gibt, der ermittelt, würde meines Erachtens diesfalls nicht mehr zum Tragen kommen.

Ich bleibe nach wie vor bei der Auffassung, dass die Anklageerzwingung sicherlich einer verfassungsmäßigen Prüfung im Fall, dass das nur einfach gesetzlich beschlossen wird, nicht standhalten wird.

Der letzte Satz im neuen § 104 Abs. 2 lautet: „Das Gericht kann die Staatsanwaltschaft auch um die Durchführung bestimmter weiterer Ermittlungen und um Mitteilung ihrer Ergebnisse ersuchen.“ – Das ist eine totale Umkehr des Systems! Jetzt haben wir sozusagen die Voruntersuchung wieder eingeführt, aber die Voruntersuchung wird auf Veranlassung und Antrag durch das Gericht durchgeführt, und die Staatsanwälte sind dann eigentlich nur mehr die „Ausführungsorgane“ der Gerichte. Ob das auch mit dem Anklageprozess noch in Einklang zu bringen ist, ist eine zweite Frage. – Ich meine, dieser Satz wäre wirklich heraus zu streichen. Er widerspricht meiner Meinung nach den Grundideen, mit welchen an dieses Reformvorhaben herangetreten wurde.

Eine Randbemerkung zu § 107 Abs. 3: Ich glaube, dass es sich hiebei um eine zu große Beschränkung der Rechtsmittelmöglichkeiten handelt. Dort heißt es:

Das Oberlandesgericht kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Gericht von der Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes oder des Obersten Gerichtshofs abweicht, eine Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.“

Wenn man an diesem Punkt noch entscheiden muss, ob eine Beschwerde möglich ist oder nicht, dann bedarf es meiner Meinung nach schon fast eines Rechtsgutachtens der Universität, um das zu erkennen. – Das scheint mir doch eine zu große Beschränkung der Rechtsmittelmöglichkeiten zu sein.

Im letzten Satzteil im § 101 Abs. 2 heißt es: „ ... wenn … nach Durchführung der zur Konkretisierung des Tatverdachts erforderlichen Ermittlungen Zweifel über die Art der Beendigung des Ermittlungsverfahren bestehen, …“.

Dazu hat Pilnacek meines Erachtens heute zu Recht gesagt, dass man als Staatsanwalt nicht an das Gericht herantreten muss, wenn man bereits entscheiden kann, ob Anklage oder Einstellung erfolgen soll. In Anbetracht dessen würde ich dann aber nicht das Wort „Zweifel“ wählen. Ich meine nämlich, dass, wenn Zweifel bestehen, auf jeden Fall eingestellt werden müsste. Nach meiner Auffassung wäre die Formulierung „wenn die Notwendigkeit besteht, Ermittlungen durchzuführen, ob eine Strafrechtsverfolgung aufrecht bleiben soll oder nicht“ zweckmäßiger.

Abschließend möchte ich Sie bitten, die Reform nur dann im vollen Umfang zu beschließen, wenn die Ressourcen vorhanden sind.

Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Im Hinblick auf Ihre Kritik zum gerichtlichen Ermittlungsverfahren, dass sozusagen der Richter dem Staatsanwalt anschaffen kann, dass er noch erhebt, möchte ich sagen, dass wir uns quasi in dem Spagat befinden, dass einerseits die Unmittelbarkeit der gerichtlichen Ermittlung massiv gefordert wurde, andererseits aber die Staatsanwaltschaft als Herr des Verfahrens auf das Recht pocht, auch wirklich Herr zu bleiben. Und ich möchte betonen, dass es für beide Varianten in diesem Forum Argumente gegeben hat.

Dr. Friedrich Hauptmann (Leiter der Generalprokuratur beim Obersten Gerichtshof): Ich möchte an die Ausführungen meines Vorredners anschließen und zur Erweiterung der Ermittlungsaufgaben des Richters im Vorverfahren Stellung nehmen.

Gleich vorweg: Ich begrüße die Erweiterung, wie sie in den Unterlagen getroffen wurde, halte sie aber für nicht ausreichend. Dazu ist heute schon sehr viel gesagt worden, vor allem Professor Burgstaller hat mir vielfach aus dem Herzen gesprochen.

Seine zustimmende Meinung zur Aufzählung im § 101 Abs. 2 des neuen Entwurfes kann ich jedoch nicht ganz teilen. Mir scheint, dass nicht einmal die Verfahren mit Politikbezug zur Gänze erfasst sind. Bei der Generalklausel gemäß Z 3 geht es wieder nur um im Zusammenhang mit der Tätigkeit einer im Nationalrat oder in einem Landtag vertretenen politischen Partei begangenen strafbaren Handlungen. Hier sind also nicht einmal etwa in Politikbereiche wie Bürgerinitiativen oder Ähnliches fallende Handlungen erfasst. – Dass nicht alle sensiblen Strafverfahren als „clamorose Fälle“ erfasst werden können, ist sowieso klar.

Warum erscheinen mir auch die neuen Bestimmungen betreffend die richterliche Tätigkeit als Ermittler als zu eng gefasst? – Insgesamt sind die Fälle, in welchen die Anträge der Staatsanwaltschaft in die Richtung richterlichen Ermittlungseinsatzes gehen können, zu eng gefasst, außerdem ist die richterliche Ermittlungstätigkeit ihrem Umfang und ihren Möglichkeiten nach doch sehr eingeschränkt.

Zum Ersten muss ich wiederum auf § 101 Abs. 2 der Fassung der Unterlagen zurückkommen. Ich habe bereits gesagt, dass nicht alle politikbezogenen Fälle erfasst werden und noch weniger jene sonstiger sensibler Natur. Die obligatorische Fassung dieses Abs. 2 „eine gerichtliche Beweisaufnahme hat die Staatsanwaltschaft zu beauftragen“, findet im letzten Teilsatz, der auf die Voraussetzung abstellt, dass Zweifel über die Art der Beendung des Ermittlungsverfahrens bestehen müssen, eine Abschwächung. Es handelt sich hier im Grunde doch auf das Abstellen auf eine Ermessensfrage. Es scheint mir daher fast eher ratsam, ein Ermessen betreffend die sensiblen Ermittlungen einzuräumen und jene Aufzählung, die jetzt im § 101 Abs. 2 der Unterlagen vorhanden ist, als eine demonstrative Aufzählung für besondere Gründe, die den Einsatz richterlicher Ermittlungen erfordern, zu bezeichnen.

Zum geringen Umfang der gerichtlichen Ermittlungsmöglichkeiten: Diese beschränken sich auf kontradiktorische Beschuldigten‑ und Zeugenvernehmungen und auf Tatrekonstruktionen. – Das scheint mir doch zu wenig zu sein. Nicht in allen Fällen wird der heute schon mehrfach erwähnten Anscheinsproblematik nur dadurch vorgebeugt werden können, dass ein kontradiktorisches Verfahren stattfindet. Andererseits wird es auch nicht unbedingt erforderlich sein müssen, dass jede Vernehmung kontradiktorisch erfolgt. Die Kontradiktorietät dient ja einem ganz anderen Zweck als der Hintanhaltung dieser Anscheinsproblematik. Kontradiktorisch soll eine Ermittlung dann durchgeführt werden, wenn die Hauptverhandlung in diesem Bereich sozusagen vorweggenommen werden soll oder muss. Das ist nicht identisch mit jenen Gründen, auf Basis welcher wir für sensible Strafsachen eine Ausweitung der richterlichen Tätigkeit wollen.

Dass zur richterlichen Tätigkeit etwa auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens gehören sollte, wurde heute schon gesagt. Ich kann in diesem Zusammenhang nur betonen, was ich bereits in der vorletzten Sitzung erwähnt habe, dass es sehr wohl auch in der Hauptverhandlung einen Unterschied macht, ob ein Gutachten von einem Sachverständigen, der von einer Partei bestellt wurde, oder von einem vom Gericht bestellten Sachverständigen erstattet wird.

Ich glaube daher, dass § 101 Abs. 2 eher in einer demonstrativen Aufzählung bestimmter Verfahren bestehen sollte, zusätzlich mit einer Möglichkeit, aus besonderen Gründen auch sonst von der Staatsanwaltschaft aus gerichtliche Ermittlungen vornehmen zu lassen. Weiters sollte der Umfang dieser gerichtlichen Ermittlungen auf all jene Ermittlungen erweitert werden, die nach der Strafprozessordnung sonst vom Staatsanwalt zu führen sind.

Oberstaatsanwalt Mag. Christian Pilnacek (Bundesministerium für Justiz, Sektion II): Es ist natürlich das eingetreten, was wir uns erwartet haben, dass wir sehr positive und durchaus auch kritische Stellungnahmen zu unseren Vorschlägen bekommen werden. Diesen Zweck hatten die Papiere.

Es besteht kein Zweifel – auch im Hinblick auf die Formulierung hinsichtlich der „Zweifel“, die hier stark kritisiert wurde –, dass die Art des Ermittlungsverfahrens verbesserungswürdig und insgesamt verbesserbar ist. Man sollte jedoch nicht den Boden verlassen und etwas über das geltende Recht hinaus ausweiten. Natürlich gibt es keine Verpflichtung zur Einleitung einer Voruntersuchung, wenn ein Verfahren Im Zusammenhang mit einer Bürgerinitiative stattfindet.

Ich meine also, dass wir jetzt bei einem Konzept, das auf die Effizienz der Zusammenarbeit zwischen Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft aufgebaut ist, nicht den Rückschritt hinter das geltende Recht machen und die Voruntersuchung beziehungsweise die Verpflichtung zur Durchführung von gerichtlichen Vorerhebungen für Fälle festschreiben sollten, in welchen diese heute niemandem abgehen und jeder mit den von der Staatsanwaltschaft ordnungsgemäß und gut durchgeführten Erhebungen zufrieden ist.

Die Frau Vorsitzende hat dankenswerterweise angesprochen, dass aus anderer Sicht kritisiert wurde, dass das Gericht nicht mit einem Ersuchen an die Staatsanwaltschaft herantreten können soll, dass es noch bestimmte Beweisaufnahmen durchgeführt haben will. – Ich möchte bitten, noch einmal zu überdenken, wo unser Ausgangspunkt war! Es ist uns immer daran gelegen, herauszufinden, wo der Richter als unabhängiges Ermittlungsorgan, das keinem Zweifel in der Öffentlichkeit ausgesetzt ist, fehlt. Ich habe schon in den letzten Sitzungen des Unterausschusses darzulegen versucht, dass uns diese Fälle auf den Bereich der unmittelbaren Beweisaufnahme beschränkt zu sein scheinen. Auch die Kriminalpolizei soll wissen, dass ihr primärer Auftraggeber die Staatsanwaltschaft ist. Das ist die primäre Anwendung, und das Gericht soll all das von sich aus durchführen können, was im Bereich der unmittelbaren Beweisaufnahmen fällt. 

Andererseits kann es natürlich vorkommen, dass dem Gericht im Rahmen einer Vernehmung gewisse Erhebungen fehlen, und daher soll es, um diese durchzuführen zu können, die Staatsanwaltschaft ersuchen können, ohne dadurch in die Leitungsfunktion zu kommen. – Das erachte ich nicht als eine Durchbrechung der Leitungsfunktion der Staatsanwaltschaft.

Zum Bereich des Sachverständigengutachtens: Wir haben das nicht vergessen. Der Zweck des Papiers bestand aber darin, einmal eine Verbesserung in den Punkten vorzunehmen, in welchen die größte Kritik an den Entwurf herangetragen worden war, nämlich betreffend die fehlerhaften gerichtlichen Ermittlungen. Wenn das Gericht glaubt, dass es einen Sachverständigen braucht, dann soll es diesen bestellen können. Das wird eine technische Anpassung im § 126 sein, wenn eine Einigung über die grobe Struktur der entsprechenden Fälle erzielt werden konnte.

Zum Hinweis darauf, dass wir das Einspruchsrecht in einem gewissen Bereich verschlechtert beziehungsweise verwässert haben. – Auch diesbezüglich sind wir Rezipient vielfältiger Kritik. Ich erinnere daran, dass die Bereiche, von welchen aus man ans OLG kommt, ausgeweitet wurden. Wenn aber keine bedeutenden Rechtsfragen auf dem Spiel stehen, soll das Obergericht eine Beschwerde nicht annehmen können. Ich meine, dass das durchaus im Sinne der Effizienz und der Ökonomie der Verfahrensgestaltung ist, auf die wir immer wieder achten müssen. Etwas, was dem Verwaltungsgerichtshof schon nach geltendem Recht zusteht, sollte auch der ordentlichen Gerichtsbarkeit möglich sein.

Im Zusammenhang mit der Einschränkung beim Beweisantrag erinnere ich daran, dass vielfältige Kritik geäußert wurde, dass es jedermann auch noch während der Hauptverhandlung zu behaupten möglich sein werde, dass auf Grund eines solchen Antrags ein entlastender Beweis vorgebracht werden könne. Daher erfolgte eine Fokussierung darauf, dass nur Zeugen namhaft gemacht werden können, die tatsächlich einen bestimmten Sachverhalt bestätigen können. Andernfalls würde nämlich die Gefahr einer zu großen Verzögerung des Ermittlungsverfahrens bestehen.

Nunmehr wurde von uns der Opfer-Begriff dezidiert formuliert und erstmals eine sehr weit gehende Regelung der Verfahrenshilfe für Opfer von Straftaten getroffen. Zur Forderung, die jetzt an uns herangetragen wurde, dass es für alle Opfer einen gesetzlichen Anspruch auf Verfahrenshilfe geben soll, möchte ich sagen, dass das meiner Meinung nach nicht leistbar ist. Wir schlagen die Einführung der Prozessbegleitung vor. Allein das kostet viel Geld. Verfahrenshilfe soll es nach unserem Vorschlag für all jene Fälle geben, in welchem der Betroffene im Zivilverfahren Anspruch darauf hat. Alles, was darüber hinausgeht, ist nicht leistbar! In geringfügigen Fällen haben ohnedies das Gericht beziehungsweise die Staatsanwaltschaft die Ansprüche von Amts wegen festzustellen.

Im Hinblick auf die Sachverständigenbestellung wird eine Anpassung an die §§ 98 beziehungsweise 99 erfolgen, wobei die starke Kritik an den Einvernehmensregelungen doch auch zu hinterfragen ist: Der Erfahrungsschatz der Kriminalpolizei soll sehr wohl genützt werden.

Zur großen Frage, welche Ermittlungen das Gericht noch durchführen können soll: Der Vorteil jeder kontradiktorischen Vernehmung ist, dass man damit ein jederzeit verwertbares Beweismittel hat, das in der Hauptverhandlung kaum mehr anfechtbar ist. Diesen Vorteil sollte man nicht unterschätzen. Die Bedeutung der Einschaltung des Gerichts liegt eben auch darin, dass das Gericht die besten Beweismittel erzeugt.

Leitender Oberstaatsanwalt Dr. Werner Pleischl (Oberstaatsanwaltschaft Wien): Ich möchte mich zunächst in die Reihe jener eingliedern, welche die jüngste Leistung des Ministeriums gewürdigt haben. Das Ministerium hat sich bemüht, der Diskussion Rechnung zu tragen und Verbesserungen im Entwurf anzubringen, und es hat Flexibilität und Umsicht bewiesen.

Selbstverständlich bestehen da aber auch Grenzen, denn gleichzeitig zeigen sich natürlich auch Schwierigkeiten: Wenn den Gegenstandpunkten im Hinblick auf den System des Entwurfs Rechnung getragen wird, dann gibt es darauf wiederum kontroversielle Reaktionen. Die Latte liegt also auf „Weltrekord“, und wenn Sie sie noch höher legen, wird auch das Ministerium nicht mehr darüber springen können.

Wenn einem Gegenstandpunkt Rechnung getragen wird, trägt das selbstverständlich wieder zur Unklarheit beziehungsweise zur Verwässerung bei. Es wurde heute schon gesagt, dass der Entwurf von unbestimmten Gesetzesbegriffen „wimmle“; auch der drastischere Begriff „schwammig“ ist in diesem Zusammenhang gefallen. – Das ist aber logisch, wenn man zu einem System Gegenstandpunkte einbringt.

Lassen Sie sich nicht beirren, meine Damen und Herren! Die Diskussion mag den Eindruck erwecken, dass wir noch am Anfang stehen. Wir befinden uns aber bereits in der Zielgerade beziehungsweise zumindest in der Zielkurve auf dem Weg, ein gutes Gesetz zu machen.

Das staatsanwaltschaftliche Konzept gibt es praktisch in allen mitteleuropäischen Industriestaaten – außer in Frankreich, wo man seit Jahrzehnten keine Reform zustande bringt, und in Italien, wo die vorgenommene Reform in die völlig falsche Richtung gegangen ist.

Die „Reformstaaten“ liebäugeln auch damit, den Untersuchungsrichter wieder einzuführen, weil die Entwicklung der vergangenen 50 oder 60 Jahre völlig falsch war, und anstatt in die Zukunft zu gehen, tasten sich diese Staaten nun um 60 Jahre zurück und enden dort, wo wir angefangen haben. – Wir sind dabei, jetzt eine Reform vorzunehmen, die seit 130 Jahren überfällig ist. Man kann es nicht oft genug sagen: Das Gesetz stammt aus dem vorletzten Jahrhundert, aus der Zeit der Hochblüte der Monarchie, als die Pferdekutsche das wesentliche Fortbewegungsmittel war. Jetzt wollen wir zum staatsanwaltschaftlichen Konzept übergehen, das jenseits unserer Staatsgrenze wunderbar läuft.

Vor einigen Wochen fand eine sehr interessante von Kollegen Pilgermair organisierte staatsanwaltschaftliche Veranstaltung in Linz statt, bei welcher sehr viele Opinionleader der Staatsanwaltschaften und etwa die Hälfte bis zwei Drittel der Behördenleiter anwesend waren. In der Diskussion hat sich ein gewisses Generationenproblem gezeigt: Die jungen Kollegen begrüßen die Reform, die etwas älteren Kollegen haben jedoch gewisse Probleme damit, dass Staatsanwälte plötzlich ermitteln und trotzdem dann über die Anklageerhebung entscheiden sollen.

Kollege Swoboda, der Präsident unserer Vereinigung, der auf Grund seines sportlichen Aussehens jünger wirkt als er ist, befindet sich gerade an der Kante zwischen diesen beiden Generationen. Das kann man meiner Meinung nach auch an seiner abwägenden Haltung feststellen. Ich bin aber überzeugt, dass ich ihn noch für uns Jugendliche begeistern können werde. (Heiterkeit.)

Wir befinden uns am Ende der Diskussion. Ich würde außer beim Rechtsschutz in diesem Bereich überhaupt keinen Richter brauchen. Ich sehe aber, dass das sehr viele wollen. Das Ministerium hat sich bemüht, das festzuschreiben. Ich bin mit Professor Burgstaller und Professor Lambauer der Meinung, dass diese Formulierung nicht ganz optimal ist. Die Einbringung des Begriffs „Zweifel“ ist halt ein vorsichtiger Versuch, den Änderungswünschen Rechnung zu tragen. Hier muss aber bitte Schluss sein! Sonst entsteht ein Mischmasch – und kein ordentliches Konzept.

Das Vier-Augen-Prinzip oder, besser gesagt, das Zwei-Funktionen-Prinzip, dass Richter und Staatsanwalt gleichzeitig daran arbeiten, birgt, wenn die Aufgaben nicht klar verteilt sind, die Gefahr in sich, dass sich jeder auf den anderen verlässt. Ich meine, dass es ganz wichtig ist, dass man Funktionen klar trennt und Aufgaben klar zuweist. Das muss eindeutig in sich strukturiert sein.

Wir führen nun das durch – ich betone es noch einmal – was in Deutschland und anderswo bereits bestens läuft. In Linz waren deutsche Kollegen fassungslos, als sie hörten, dass bei uns zum Beispiel Bedenken bestehen, dass Staatsanwaltschaften Sachverständige bestellen.

Meine Damen und Herren! Geben Sie uns Staatsanwälten das Verfahren! Führen wir zusätzlich einen ordentlichen Rechtsschutz ein! Wenn es unbedingt sind muss, kann auch einmal ein Richter eingeschaltet werden, wie es jetzt in §§ 101 ff. bestimmt ist. Geben Sie uns genug Leute! Dann werden wir ein besseres Vorverfahren machen, das effizienter sein wird, als es jetzt ist.

Schön wäre es, wenn wir gleichzeitig die von Kollegen Swoboda mit Recht angesprochenen dienstrechtlichen Verbesserungen bekämen und wenn man endlich in der Verfassung, die seit 1920 tausendmal abgeändert wurde, aber trotzdem das Wort „Staatsanwalt“ und „Staatsanwaltschaft“ nicht enthält, auch entsprechend davon Kenntnis nähme. Wenn das nicht möglich sein sollte, dann werden wir durch die Qualität unserer Arbeit beweisen, dass dieser Schritt endlich gemacht werden sollte.

Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Ich danke dem jugendlichen Oberstaatsanwalt, dessen graues Haar vermutlich nur Tarnung und Täuschung ist.

Seine provokante Stellungnahme hat gewiss die Richterschaft – und konkret Frau Dr. Brachtel – auf den Plan gerufen. Ich muss jedoch systematisch vorgehen, sonst bringen wir keine korrekte Rednerliste zustande.

Staatsanwalt Mag. Walter Geyer (Staatsanwaltschaft Wien): Ich fürchte, auch ich befinde mich jenseits der Altersgrenze, die der Herr Oberstaatsanwalt gerade gezogen hat. Dennoch möchte ich mich dem Lob hinsichtlich der wirklich klaren Formulierung anschließen, das den Gesetzesverfassern gezollt wurde. Ich würde mir wünschen, dass andere Gesetze ebenso gut lesbar wären!

Ich verstehe die Kritik, die angebracht wird, eigentlich als Verbesserungsmöglichkeit, jedenfalls soweit sie von mir kommt.

Ich möchte vier konkrete Punkte erwähnen.

Mein erster Punkt betrifft die Sachverständigen-Bestellung: Die Einbeziehung der Kriminalpolizei bei der Auswahl der Sachverständigen halte ich für nicht notwendig und für zu weit hergeholt. Ich darf darauf verweisen, dass wird Dutzende Fälle haben, zum Beispiel im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen, in welchen Sachverständige im Einvernehmen mit der Kriminalpolizei zu bestellen sind, und das bedeutet einen gewaltigen Aufwand, der nicht unbedingt notwendig ist. Auf der anderen Seite fehlt mir die Möglichkeit, die der Herr Generalprokurator angesprochen hat, dass nämlich in sensiblen Fällen, in welchen vorhersehbar ist, dass das Gutachten im Gerichtsverfahren eine entscheidende Rolle spielen wird, eine Bestellung durch das Gericht zu veranlassen.

Zweiter Punkt: Das Subsidiarverfahren der heutigen Prägung soll durch ein Klagserzwingungsverfahren nach deutschem Vorbild ersetzt werden. – Derzeit spielt das Subsidiarverfahren eine geringe Rolle, vielleicht weil ohnedies ausreichend angeklagt wird und bei einer Freispruchsquote von mehr als 15 Prozent weitere Anklagen diese Quote eher erhöhen würden. Immerhin hat nach der derzeitigen Regelung der Geschädigte die Möglichkeit, durch einen kostenlosen Subsidiarantrag eine gerichtliche Untersuchung zu bewirken, und kann, wenn alle Stricke reißen, selbst eine Anklage einbringen. Nach dem Klagserzwingungsverfahren, wie es nach deutschem Muster übernommen werden soll, wird das nicht mehr möglich sein.

Ich halte das für eine gravierende Einschränkung der Rechte des Opfers. Wir haben uns bei der Veranstaltung in Deutschland auch beim Generalstaatsanwalt von Bayern erkundigt, wie oft das Klagserzwingungsverfahren in Bayern mit immerhin 11 Millionen Einwohnern erfolgreich ist – und haben die Antwort erhalten, dass es in keinem einzigen Fall erfolgreich war. Das heißt, ein derzeit wenig angewendetes Rechtsinstrument wird durch totes Recht ersetzt.

Mein dritter Punkt betrifft die in § 67 Abs. 6 vorgesehene Neuregelung der Privatbeteiligtenvertretung durch Rechtsanwälte. – Ich sehe das als den Versuch an, Opferrechte zu stärken. Vorausschicken darf ich, dass der Staatsanwalt im Strafverfahren der natürliche „Verbündete“ der Opfer ist. Wir vertreten die Interessen der Opfer und wollen, dass die Opfer zu ihrem Recht kommen.

Gegen die vorgesehene Regelung kann man insofern Bedenken haben, als sie sehr viel kosten wird: Es wird sehr viel kosten, wenn jeder Geschädigte im Strafverfahren mit einem Schaden von 4 000 € einen Anspruch auf einen Gratisanwalt hat. Ich gebe Kollegem Birklbauer Recht, dass damit eine gewisse Verlockung entsteht, einen Schaden in dieser Höhe zu behaupten. Es gibt sehr viele Einbruchsdiebstähle, in welchen Schmuck gestohlen wird – und eine objektive Feststellung, was der Schmuck wert war, kann man sowieso nicht treffen. Ich halte es für ausgeschlossen, dass der Staatsanwalt dann darüber entscheidet, ob der Geschädigte einen Rechtsvertreter in Anspruch nehmen kann oder nicht. Man muss sich auch fragen, ob die voraussichtlich einzusetzenden Mittel mit einem Erfolg für Opfer in einem vernünftigen Verhältnis stehen.

Ich hatte vor einiger Zeit das Vergnügen, mit Kollegin Rech gemeinsam einen Fall im Verhandlungssaal zu haben, in welchem es um zahlreiche Betrügereien gegangen ist. Von der großen Zahl der Geschädigten haben sich drei einen Anwalt genommen, um ihre Interessen zu vertreten. Die Anwälte haben während des gesamten Verfahrens keine Frage gestellt. Am Schluss der Verhandlung haben sie beziffert, welchen Schadenersatz sie für ihre Mandanten fordern. Es waren dies keine schlechten Anwälte, aber sie hätten keine sinnvolle Fragen stellen können. Der Angeklagte hatte Waren bestellt und nicht bezahlt. Die Anwälte hätten wirklich keine Fragen stellen können, aber sie waren für die gesamte Dauer der Verhandlungen anwesend und haben Kosten verursacht.

Der Unterschied zwischen Zivilverfahren und Strafverfahren besteht vor allem darin, dass im Zivilverfahren alle Verfahrensbeteiligten an der Sache interessiert sind. Im Strafverfahren werden zahlreiche Delikte gleichzeitig angeklagt. Ein bestimmtes Faktum betrifft immer nur einen Geschädigten. Wenn der Anwalt allerdings während der gesamten Verfahrensdauer anwesend ist, dann verursacht das enorme Kosten, ohne dass diese in einem vernünftigen Verhältnis zum Ergebnis stehen. – Insofern scheint mir die getroffene Regelung problematisch zu sein.

Ich möchte auf einen Fall aufmerksam machen, der in der Praxis sehr häufig vorkommt: Soll auch in Fällen, dass ein offenkundig vermögensloser Ausländer ohne Aufenthaltsrecht im Inland angeklagt ist, der nach dem Verfahren abgeschoben wird, das Opfer einen Anwalt auf Staatskosten bekommen – im Wissen, dass von diesem Angeklagten nie Schadenersatz hereingebracht werden kann? Diesfalls würden man auf die Kosten und auf den erreichbaren Nutzen überhaupt nicht Bedacht nehmen!

Ich meine, dass, wenn man die Kosten abschätzt und einen nur einen Bruchteil davon unmittelbar den bedürftigen Geschädigten zugute kommen lässt, für die Opfer mehr getan wäre. Ich bin in diesem Punkt mehr für eine Unterstützung der Opfer als der Rechtsanwälte.

Mein letzter Punkt betrifft die erste Vernehmung verhafteter Beschuldigter durch die Polizei und die Frage, in welchem Umfang Anwälte oder Vertrauenspersonen beigezogen werden können. – Bei dieser sicherlich sehr sensiblen Diskussion möchte ich auf einen Aspekt aufmerksam machen: Man sollte gedanklich einmal davon ausgehen, was eigentlich der Sinn der Anwesenheit eines Anwalt bei der ersten Vernehmung ist. Ich würde diese Frage damit beantworten, dass der zu Vernehmende einmal eine korrekte Rechtsbelehrung erhalten soll. Darauf hat er Anspruch. Außerdem soll sichergestellt sein, dass die Vernehmung korrekt ist und der zu Vernehmende nicht unter Druck gesetzt wird. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob das nur durch die Anwesenheit eines Anwalts und in welchem Umfang das bewirkt werden kann.

Das Problem besteht darin, dass die ersten Stellungnahmen des verhafteten Beschuldigten für das spätere Verfahren sehr wichtig sind. Die genauen Umstände, unter welchen diese erste Vernehmung zustande gekommen ist, sind sehr oft strittig. Oft werden im späteren Verfahren Behauptungen über die Umstände dieser bedeutenden Vernehmung aufgestellt, und es muss sozusagen in der Verhandlung ein zweites Beweisverfahren betreffend diese Vernehmung abgeführt werden. Diesfalls werden die Polizeibeamten geladen und befragt, in welcher Verfassung sich der Beschuldigte befand und ob ihm irgendetwas angekündigt, angedroht oder versprochen worden sei. – Wir alle kennen die Antworten: Jeder Polizeibeamte wird natürlich sagen, dass alles korrekt vor sich gegangen ist. Wenn jetzt verlangt wird, dass bei dieser Vernehmung auch ein Anwalt oder eine Vertrauensperson anwesend sein soll, dann wird auch die Vertrauensperson vernommen werden müssen.

Ich möchte hier den Gedanken einbringen, dass man sich dieses zusätzlich Beweisverfahren durch eine Videoaufzeichnung der Vernehmung von verhafteten Beschuldigten ersparen könnte. Das ist zum Beispiel in Frankreich für die Vernehmung von jugendlichen Verhafteten gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Wenn so vorgegangen wird, weiß man nämlich, in welchem Zustand sich der Beschuldigte bei der Vernehmung befunden hat, wie er vernommen wurde und ob die Fragen korrekt oder unkorrekt gestellt wurden – und dann kann auch nachvollzogen werden, ob die Rechtsbelehrung des Beschuldigten korrekt vorgenommen wurde. Und die Richter können sich später selbst davon überzeugen, wie die Vernehmung vor sich gegangen ist.

Ich meine, dass die Ersetzung dieses 100-prozentige Beweismittels durch einen 50-prozentiges Beweisverfahren die zweitschlechtere Möglichkeit darstellt.

Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Im Hinblick auf Ihre Bedenken, dem Opfer einen Anwalt von Staatsseite zu zahlen, möchte ich sagen: Wenn mir Schmuck gestohlen wird, dann muss ich mir meinen Anwalt selbstverständlich selbst zahlen. Ich meine, dass diesbezüglich sehr wohl einkommensabhängig vorgegangen werden muss.

Allerdings meine ich, dass, wenn der Staat Tätern aus dem Solidargedanken heraus einen Anwalt bezahlt, das allemal auch für das Opfer gelten sollte.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Ich habe die Frau Vorsitzende gefragt, ob ich mich in der Expertenrunde zu Wort melden darf, und es ist mir gestattet worden. Ich werde jetzt selbstverständlich bemüht sein, sachlich und nicht politisch zu argumentieren.

Ich vermeide es sonst immer, meine ehemalige Tätigkeit als Richter mit der Tätigkeit als Politiker in Zusammenhang zu bringen. Darauf wurde ich auch von der Richtervereinigung immer wieder angesprochen. In diesem Ausnahmefall und in diesem Gremium bitte ich, von dieser Handhabung abweichen zu dürfen und möchte zur Untermauerung, warum ich Bedenken gegen diesen Gesetzentwurf habe, aus meiner Praxis als Richter etwas berichten.

Ich habe ein Verfahren in einer Zeit geleitet, als es einen Justizminister gab, der intensiv Weisungen erteilte. Tatsächlich hatten all diese Weisungen nicht das Ziel, das Verfahren voranzutreiben, Täter zu ermitteln und den Sachverhalt bis zur Anklage- beziehungsweise Einstellungsreife klarzulegen, sondern das Ziel war ganz offensichtlich, alle Ermittlungsschritte zu bremsen. Es hat parallel dazu und auch nachher schriftliche Anfragen gegeben, im Zusammenhang mit welchen sich ergeben hat, dass tatsächlich 28 Weisungen im Vorverfahren ergangen sind. Und diese Weisungen waren, wie gesagt, alle auf Bremsung ausgerichtet – und nicht auf objektive Ermittlung.

Wenn es damals nicht die Möglichkeit gegeben hätte, dass Untersuchungsrichter tätig werden, dann wäre das Verfahren ganz einfach „abgedreht“ worden. – Deshalb hatte ich gegen den Entwurf von Anfang an Bedenken, weil nun eben die weisungsgebundene Exekutive und die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft ermitteln.

Der Entwurf ist nun etwas abgemildert worden, aber ich bin noch immer nicht zufrieden damit. Es wurden jetzt zwar gerichtliche Erhebungen für Oberste Organe der Vollziehung und Mitglieder des Nationalrats vorgesehen. Aber denken wir doch an jene Verfahren in der Vergangenheit, in welchen wir mit solchen Weisungen zu tun hatten! Herr Sektionschef Miklau wird sich noch daran erinnern können. In den Fällen Bauring, „Lucona“ und AKH standen nicht Oberste Organe oder Nationalratsabgeordnete im Mittelpunkt. Vielmehr handelte es sich damals um ein Netzwerk: Die Sekretärsebene wurde heute schon angesprochen. „Freunderlwirtschaft“ wäre meines Erachtens ein passender Ausdruck; ich erinnere an den „Club 45“ und so weiter.

In der jetzigen neuen Bestimmung ist dieses Netzwerk überhaupt nicht angesprochen. Deshalb muss man meiner Meinung nach noch entsprechende Überlegungen anstellen, um jene Fälle besser zu spezifizieren, in welchen sehr wohl Richter ermitteln können sollen. Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass § 8 Staatsanwaltschaftgesetz ohnedies eine Grundlage dafür bieten würde, denn man wollte ja bei der Schaffung dieses Paragraphen solch sensible Materien aufgreifen.

Die Strafrechtspflege ist jetzt den Gerichten überantwortet. Mit diesem Entwurf nimmt man das Vorverfahren, das auch zum Strafrecht gehört, von den Gerichten weg und verlagert es zu einer Verwaltungsbehörde, ohne darüber zu reden, ob das verfassungskonform ist. Das halte ich für ziemlich kühn, und zwar gerade in Anbetracht dessen, dass man sonst bei jeder kleinsten Kleinigkeit Angst vor etwaigen Verfassungswidrigkeiten hat!

Dasselbe trifft auf die Frage der Rechtsmittel zu. Nach der herrschenden Lehre darf es keinen Rechtszug von einer Verwaltungsbehörde zu den Gerichten geben. – Nach dem vorliegenden Entwurf ist das jedoch möglich, und ich meine, da müsste man sehr wohl verfassungsrechtliche Überlegungen anstellen.

Die hypertrophen Rechtsmittel, die ich anfangs kritisiert habe, sind nun etwas entschärft worden. Ich weiß allerdings nicht, ob die besonderen Regelungen für den Beweisantrag nicht die Möglichkeit bieten, da schikanös vorzugehen und Verfahren zu verzögern. Das muss man sich noch genau ansehen! Jedenfalls bin ich aber froh darüber, dass die Ausweitung der Rechtsmittel wieder etwas zurückgenommen wurde.

Der Herr Justizminister macht mir immer den Vorwurf, dass ich bremse und die StPO-Reform verzögern möchte. – Das stimmt überhaupt nicht! Ich möchte eine gute und praktikable Lösung haben, die das Verfahren nicht schlechter macht, als es bisher war. Deshalb habe ich meine diesbezüglichen Bedenken immer wieder vorgebracht. Dabei ist es mir auch egal, ob man zum Beispiel in Deutschland „fassungslos“ ist, weil bei uns gewisse Diskussionen abgeführt werden. – Wir wollen eben eine Strafprozessordnung schaffen, die funktioniert und mit der diejenigen, die sie anwenden sollen, einigermaßen zufrieden sind.

Nun noch ein paar Worte zu den Beschuldigtenrechten: Ich mache kein Hehl daraus, dass ich dagegen bin, dass die Beschuldigtenrechte ausgeweitet werden. Dazu gehört auch die Einführung einer Vertrauensperson.

Kollege Geyer hat schon einen Gesichtspunkt dargelegt, ich möchte noch einen weiteren darlegen: Wir haben es heute in der Mehrzahl nicht mehr mit Tätern zu tun, die sozial gestrauchelt sind und einmal einen Missgriff machen, sondern wir haben es teilweise mit Tätern zu tun, welche die Ausübung der Kriminalität als „Beruf“ erkoren haben und noch dazu Personengruppen wie beispielsweise alte und gebrechliche Menschen angreifen, von welchen sie den geringsten Widerstand zu erwarten haben. In Anbetracht dessen sehe ich nicht ein, dass man ein Signal zugunsten jener Menschen setzt, die sich skrupellos die Hilfsbedürftigkeit anderer zunutze macht. Ich meine, man kann der Bevölkerung nicht zumuten, dieser Tätergruppe im Wege der Verfahrenshilfe mit ihren Steuern einen Verteidiger zu bezahlen!

Ich bin, wie gesagt, strikt gegen die Beiziehung einer Vertrauensperson beziehungsweise eines Rechtsanwaltes zur Erstvernehmung, denn selbstverständlich erzielt man die größten Vernehmungserfolge, wenn man den Täter bei der Tat erwischt. Auf Grund eines gewissen Überraschungseffekts wird er nämlich am ehesten bereit sein, etwas zu gestehen, wenn er vorher nicht die Möglichkeit hatte, Rechtsberatung darüber einzuholen, wie er sich am besten aus der Sache herauswindet.

Ich sehe ein, dass die Verteidiger darum kämpfen, alle möglichen Rechte zu erhalten. Das ist ein Gesichtspunkt. Wenn wir ein solches Gesetz beschließen, müssen aber gerade wir alles im Auge behalten, und daher dürfen wir nicht nur den einseitigen Argumenten der Verteidigung Rechnung tragen.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Liebe Kollegin! Du hast jetzt aus der Praxis gesprochen. Dennoch hast du „maßlos“ übertrieben: Es hat damals nämlich nicht 28, sondern nur 27 Weisungen gegeben! Die gesamte Justiz ist jedoch offenbar von diesen Vorgängen, die nun schon drei Jahrzehnte zurück liegen, noch immer geradezu traumatisiert.

Mittlerweile wurde das vorbildliche und segensreiche Staatsanwaltschaftsgesetz erlassen. Ich möchte jetzt wirklich emotionslos aus der Praxis argumentieren und sagen: Wir haben etwa im Fall Koloini, der mittlerweile abgeschlossen ist, gesehen, dass ein Staatsanwalt in Klagenfurt seine unrichtige Rechtsmeinung wochenlang in der Presse platzieren und die Bevölkerung verwirren konnte, während der Behördenleiter und der Leitende Oberstaatsanwalt schon längst die richtige Rechtsauffassung – wenn auch interessanterweise mit geringerer Wirkung, über die Medien zu verbreiten versucht haben. Was bedeutet das? – Das heißt, dass die Staatsanwaltschaft sowohl von den Medien als auch über den Minister und über das Parlament kontrollierbar ist. Situationen wie jene mit den 27 Weisungen sind somit jetzt einfach nicht mehr vorstellbar. Ich muss im Interesse der österreichischen Justiz sagen, dass darauf damals in wirklich vorbildlicher Weise reagiert wurde.

Theoretisch möchte ich jetzt, weil öfters auch von menschlichem Versagen gesprochen wurde, sagen: Ein Untersuchungsrichter, der ein über das Normale hinaus gehende „Jagdfieber“ entwickelt, ist nicht kontrollierbar, während ein Staatsanwalt in der gleichen Situation sehr wohl kontrollierbar ist, und zwar vom Behördenleiter und viel mehr als ein Untersuchungsrichter auch von den Medien.

Ich habe für alles, was Kollegin Partik-Pablé gesagt hat, natürlich Verständnis und unterstelle in keiner Weise eine unsachliche Verzögerung. Man muss aber auch einen Minister verstehen, der versucht, ein Gesetz, nachdem es dreimal im Ministerrat war und schon zahlreiche Hearings stattgefunden haben, endlich doch ins Plenum zu bringen. Daher bitte ich, zu akzeptieren, dass von mir jetzt doch auch eine gewisse Ungeduld ausgeht!

Im Zusammenhang mit den Beschuldigtenrechten stelle ich mein Verteidigerherz jetzt zurück und spreche nur in Ziffern: Wir haben eine Einstellungsquote von 50 Prozent; es wird also sehr wohl auch gegen Unschuldige ermittelt. Außerdem beträgt die Quote der Freisprüche 15 Prozent. In Anbetracht dessen dürfen wir also nicht nur an eine erfolgreiche Ermittlung – und ich spreche jetzt wirklich nicht als Verteidiger, sondern versuche, hier auch eine gewisse Ausgewogenheit hereinzubringen –, sondern müssen auch daran denken, dass tatsächlich oft auch Unschuldige betroffen sind, gegen welche oft jahrelang ein Verfahren läuft, unter welchem diese selbst und auch deren Familien zu leiden haben. Auf diese Weise werden Existenzen wenn schon nicht zerstört, so zumindest beeinträchtigt, und mitunter erfolgt erst nach langer Zeit eine Einstellung.

Man muss meines Erachtens aus dem Blickwinkel des Persönlichkeitsschutzes auch ein bisschen verstehen, dass im Zuge moderner Entwicklung der Rechtsprechung insbesondere von Seite der internationalen Gerichtshöfe auch an die Situation der Beschuldigten gedacht wird, wiewohl ich durchaus zugebe, dass in der jetzigen Zeit in Anbetracht der steigenden Kriminalitätsrate zu Recht primäres Interesse daran bestehen muss, Schuldige zu erwischen und Verbrechen aufzuklären.

Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Grundsätzlich ist nicht jede Einstellung und jeder Freispruch mit Unschuld gleichzusetzen. Manchmal kann die „Suppe“ wirklich zu dünn sein, und der Betroffene war echt ein Pülcher. So gesehen ist leider in diesen Fällen die tatsächliche Beweisführung wesentlicher als die echte Schuld oder Unschuld.

RA Dr. Wolfgang Moringer (Vereinigung Österreichischer StrafverteidigerInnen): So schmerzhaft es mir scheint, erlaube ich mir dennoch, zu der letzten Bemerkung der Frau Vorsitzenden eine mir geboten scheinende Korrektur anbringen: Hinter der Aussage, dass nicht alle, gegen die ermittelt wurde und deren Verfahren eingestellt wurde, unschuldig sind, steckt wahrscheinlich ein Missverständnis, weil innerhalb der Rechtsordnung jedermann als unschuldig gilt, so lange er nicht durch ein rechtskräftiges Urteil einer Tat für schuldig erkannt wurde. – Ich glaube, das ist das grundsätzliche Problem, das nach meinem Verständnis auch hinter der letzten Wortmeldung von Frau Dr. Partik-Pable steht.

Ich nehme für mich in Anspruch, dass ich in Gremien wie dem hier versammelten nicht Verteidigerrechte artikuliere beziehungsweise in den Vordergrund stelle, sondern konkret Rechte der betroffenen Menschen anzusprechen gedenke, was – wie ich einräume – auch im eigenen Stand nicht immer Freunde schafft und auf Verständnis stößt.

Ausgehend von den mir gestern übermittelten Unterlagen des Bundesministeriums für Justiz möchte ich gern vier Fragen ansprechen.

Erstens möchte auch ich mich in aller Kürze dem Sachverständigen-Problem widmen: Auch ich bin – wie Pleischl – der Meinung, dass wir keinen Richter brauchen werden. Ich glaube, es macht keinen qualitativen Unterschied aus der Sicht der Verteidigung oder des Angeklagten, ob der Sachverständige, der sich durch das ganze Verfahren „schleppt“, vom Staatsanwalt im Einvernehmen mit der Kriminalpolizei oder vom Richter bestellt wird. Entscheidend ist – und ich glaube, das ist für ein rechtsstaatliches Verfahren unverzichtbar –, dass der Angeklagte die Möglichkeit haben muss, seinerseits einen Sachverständigen in das Verfahren einzubringen. Und so lange die vorliegenden Konzepte eines Strafprozessrechtsänderungsgesetzes das in keiner Weise eröffnen, wird eine wie immer ausgestaltete Regelung über den Sachverständigenbeweis ebenso unbefriedigend bleiben wie jene, die der derzeit geltenden StPO zu entnehmen ist.

Der zweite Punkt, den ich kurz ansprechen will, betrifft eine Fragestellung, die zwar meinen Pulsschlag nicht erhöht, aber trotzdem Verständnisschranken berührt, nämlich einen Aspekt der Neuregelung der gerichtlichen Mitwirkung im Zuge des Vorfahrens. Es ist dies Punkt 4 im Deckblatt „Verfahren gegen einen Beschuldigten wegen einer im Zusammenhang mit der Tätigkeit einer im Nationalrat vertretenen politischen Partei begangenen strafbaren Handlung“.

Ich verstehe diesen Satz zwar grammatikalisch, ich glaube auch, zu erahnen, was seine Verfasser damit besagen wollten, gehe aber davon aus, dass das tatsächlich nicht zum Ausdruck kommt. – Die politische Partei ist eine Körperschaft und nicht ein Politiker. Eine politische Partei – und ich bringe jetzt ein zugespitztes Beispiel – beschäftigt zum Beispiel Kraftfahrer, die in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit einen Verkehrsunfall verursachen. Nun stellt sich die Frage: Ist das eine unter diese Z 4 fallende Tätigkeit im Zusammenhang mit einer im Nationalrat vertretenen politischen Partei? – Es gäbe auch eine Reihe weniger zugespitzter Beispiele, welche die Fragwürdigkeit dieser Begrifflichkeit erhellen könnten. Es muss klar sein, was konkret man einer Ausnahmeregelung zuführen will und welcher Zusammenhang mit der Tätigkeit einer im Nationalrat oder im Landtag vertretenen Partei gegeben sein muss, um diese hier vorgesehene Ausnahmebestimmung in Kraft zu setzen.

Der dritte Punkt betrifft die Frage der Berechtigung des festgenommenen Verdächtigen, sich eines Verteidigers auch im Zusammenhang mit der Erstvernehmung zu bedienen. – Gleich wie Professor Bertel habe ich aus den Unterlagen, insbesondere dem internationalen Vergleich und dem Verweis auf die Judikatur, geschlossen, dass im Rahmen der Vervollständigung des vorliegenden Entwurfes noch eine Änderung beabsichtigt ist. Ich halte es für völlig unverzichtbar, dass dieses Recht eingeräumt wird. Ich glaube, dass die Argumente, die von Mag. Geyer beziehungsweise von Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé gekommen sind, nicht geeignet sind, eine tragfähige Grundlage für die Ablehnung einer solchen Änderung zu schaffen. Das Argument, dass damit ein Mehraufwand ausgelöst werden würde, ist eher gegenteilig zu verwenden: Viele Auseinandersetzungen über die Modalitäten der Erstvernehmung erübrigten sich, wäre der Verdächtige in dieser Situation in Begleitung eines Anwaltes gewesen, weil bestimmten Mutmaßungen über den Ablauf solcher Vernehmungen damit die Grundlage entzogen wäre. Und auch die Rechtsberatung, die der festgenommene Verdächtige berechtigterweise zu erwarten hat, kann nicht durch die Aufnahme der Vernehmung selbst mit einer Videokamera ersetzt werden.

Ich glaube, dass es füglich und unter Berücksichtigung der in einem demokratischen Gemeinwesen des beginnenden 21. Jahrhunderts gebotenen Usancen unverzichtbar ist, dass dieses Recht im Rahmen der neuen Strafprozessordnung eingeräumt wird.

Mein vierter Punkt ist eine herbe Kritik an der vorgesehenen Rechtsmittelbeschränkung auf der Grundlage der Materialien des Bundesministeriums für Inneres. Ich möchte einen Satz vorwegschicken, um die Repräsentanten der Strafjustiz zu einer selbstkritischen Eigenschau zu veranlassen, warum immer gerade solche Bestimmungen die ausdrückliche Zustimmung finden, die an und für sich nach dem Verständnis der Verteidiger eine wesentliche Beeinträchtigung der Rechtsposition der involvierten Verdächtigen beinhalten.

Warum sehe ich das so? – Die Regelung des § 106 der Regierungsvorlage bringt schon ohne die nunmehr vorgesehenen Ergänzungen dieser Norm gegenüber der derzeitigen Regelung in § 113 StPO eine wesentliche Einschränkung. Nach heutiger Rechtslage hat jedermann, der sich durch eine Verfügung und Unterlassung des Untersuchungsrichters beschwert erachtet, die Möglichkeit, sich im Wege einer Beschwerde an die Ratskammer um Abhilfe zu bemühen. § 106 Abs. 1 des Entwurfes sieht diesbezüglich schon eine ganz wesentliche Einschränkung vor, weil nämlich eine Verletzung in einem subjektiven Recht vorliegen muss und die Beschwerde darüber hinaus nur zulässig ist, wenn einer der betroffenen Personen die Ausübung eines Rechtes verweigert wird. Geht es dabei tatsächlich nur um die Ausübung eines Rechtes oder auch um die Gewährung eines Rechtes, nämlich des Rechtes des Verdächtigen, von der Einleitung eines gegen ihn anhängigen Ermittlungsverfahrens verständigt zu werden? Letzteres ist kein Recht, das er ausübt. Ist die Verletzung in diesem Recht im Lichte dieses Abs. 1 ein tauglicher Gegenstand für eine zulässige Beschwerde beziehungsweise einen zulässigen Einspruch? – Nach meinem Verständnis ist dies bei dieser Formulierung nicht der Fall. Es fällt dies nämlich auch nicht in den Anwendungsbereich der Z 2.

Ich bin der Auffassung, dass man ohne weitere Einschränkung zu der Beschwerdelegitimation zurückkehren sollte, welche die StPO jetzt im § 113 vorsieht. Heute ist vollkommen klar, dass man sich gegen eine Verzögerung der Abwicklung der gerichtlichen Vorverfahrensstadien gegebenenfalls auch mit einem Fristsetzungsantrag zur Wehr setzen könnte. Ich glaube, dass eine solche Verzögerung nach § 106 Abs. 1 nicht mehr Gegenstand eines zulässigen Einspruchs sein könnte, und ich gehe darüber hinaus davon aus, dass ein Fristsetzungsantrag gegen Versäumnisse der Staatsanwaltschaft respektive der Kriminalpolizei im Ermittlungsverfahren auf Grund der Textierung dieser Bestimmungen nicht mehr zulässig sind.

Es folgt dann noch einer weitere, in sich inkonsistente Beschränkung der Rechtsmittelbefugnisse. Ich bezeichne diese Beschränkung als inkonsistent, denn im Textblatt steht unter 2.: „Das Einspruchsrecht soll insofern begrenzt werden, als der Einspruch nur dort begründet ist, wenn vom eingeräumten Ermessen in einer unvertretbaren Weise Gebrauch wird.“ – Die Formulierung „in einer unvertretbaren Weise“ erinnert mich an die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs zur denkunmöglichen Anwendung eines Gesetzes und damit zu einem Verstoß gegen das Willkürverbot.

In der Norm selbst heißt es dann: „ …wenn von diesem freien Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“. Letzteres würde ich so verstehen – und das ist der Zustand, den ich an und für sich auch für geboten erachte –, dass mit der Beschwerde die fehlerhafte Ermessensübung aufgegriffen werden kann. Dagegen spricht aber wiederum Fußnote 13 auf dieser Seite, die nun einen dritten Begriff in diesem Zusammenhang einbringt, wo es heißt, dass damit bloß eine „missbräuchliche Ermessensübung“ sanktioniert sein soll. – Ich kann diese Textierung der Fußnote nur schwer in Einklang mit dem Normtext der Regierungsvorlage bringen.

Meines Erachtens sind diese Formulierungen inakzeptabel. Ich gehe im Regelfall davon aus, dass die im Ermittlungsverfahren tätigen Organe der Sicherheitsbehörde und der Staatsanwaltschaft ihre Ermessensentscheidungen nicht missbräuchlich treffen werden. Dass sie möglicherweise das Ermessen fehlerhaft ausüben, sollte Gegenstand einer Überprüfung in einem Rechtsmittelverfahren sein können.

Die andere Variante, um diesen – wie mir scheint – Unbilligkeiten zu begegnen, ist, dass man die fast ausnahmslos am Ermessen zu orientierenden Bestimmungen der Strafprozessordnung zu einem Großteil durch gebundene Entscheidungen ersetzt, indem in der Justiz tätigen Organen aufgetragen wird, dass bei einer Einleitung eines Strafverfahrens der Verdächtige zu verständigen ist und keinerlei Ermessensspielräume eröffnet werden. Wenn Ermessensspielräume eröffnet werden, dann müsste das auch im Wege eines Rechtsmittels der Überprüfung zugeführt werden können.

Im gleichen Zusammenhang sehe ich die Beschränkung, die § 107 in Abs. 3 vorsieht, dass nämlich – den Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Zulässigkeit von Revisionen und Revisionsrekursen an den OGH nachempfunden – die Zulässigkeit nur gegeben ist, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Trotz des Vorbildes in der ZPO hat man hier allerdings verabsäumt, das zu benennen, was dort ausdrücklich steht, dass es sich nämlich sowohl um Rechtsfragen des materiellen Rechts als auch des Prozessrechtes handeln kann. – Wenn man solche Beschränkungen vornimmt, dann sollte das unbedingt in den Normtext aufgenommen werden.

Insgesamt meine ich, dass eine solche Beschränkung auf außerordentliche Rechtsmittel kaum mit der Systematik in Einklang zu bringen ist. In Wirklichkeit handelt es sich nicht – wie Mag. Geyer in der vorigen Ausschusssitzung gesagt hat – um ein dreistufiges Verfahren. Vielmehr ist die Entscheidung des Ermittlungsrichters über den Einspruch die erste gerichtliche Entscheidung und ist die Entscheidung des Oberlandesgerichtes die in zweiter Instanz ergehende gerichtliche Entscheidung.

Für denkbar halte ich – vergleichbar der Möglichkeit, welche das Verfassungsgerichtshofgesetz eröffnet –, dass das Oberlandesgericht die Behandlung einer Beschwerde wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit ablehnt. Grundsätzlich sollten diese Beschwerden aber zulässig sein.

Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Ich bedanke mich persönlich dafür, dass Sie meinen Fauxpas sofort aufgegriffen haben: Selbstverständlich respektiere ich als Vorsitzende die Unschuldsvermutung, und zwar uneingeschränkt. Jemand, der freigesprochen wurde, ist selbstverständlich unschuldig. Ich habe mich bedauerlicherweise etwas unjuristisch ausgedrückt.

In diesem Zusammenhang möchte ich mich auch dafür entschuldigen, dass ich mich gelegentlich in meiner laxen Sprache dahin gehend unkorrekt ausgedrückt habe, dass ich von „Tätern“ gesprochen habe. Selbstverständlich sind all die Personen, von welchen wir im Hinblick auf das Vorverfahren sprechen, nur Verdächtige. Ich ersuche das hohe Expertengremium, mir diese Laxheit zu verzeihen!

Staatsanwältin Dr. Brigitte Loderbauer (Vizepräsidentin der Vereinigung Österreichischer Staatsanwälte): Frau Vorsitzende! Ich danke Ihnen vielmals, dass Sie eingangs auf Traunstein und die Ergebnisse des Besuches bei der Staatsanwaltschaft Traunstein Bezug genommen haben! Natürlich hat jeder von uns diesbezüglich eine eigene Sichtweise. Lassen Sie mich daher kurz meine Sichtweise darlegen.

Ich war von diesem Besuch und den Ergebnissen sehr positiv überrascht. Was sich uns dort an Selbstverständnis und Leitungsbefugnis der Staatsanwälte sowie auch betreffend die Personalsituation und sachliche Ausstattung geboten hat, hat letztlich für mich gezeigt, dass die Forderungen, die bei Gesetzwerdung des Entwurfes von der Standesvertretung gestellt wurden, durchaus berechtigt sind.

Das heißt, dass man die Frage, inwieweit Mittel für Personal- und Sachaufwand erforderlich sein werden, nicht wirklich vom Inhalt des Gesetzes entkoppeln kann. Auch wenn Sie heute gemeint haben, dass ein Gesamtpaket nicht beschlossen werden kann, möchte ich doch sagen, dass zumindest Begleitmaßnahmen in diesem Zusammenhang als unterstützendes Moment und unbedingte Notwendigkeit für eine sinnvolle Umsetzung auch als Ergebnis dieses Ausschusses vorgesehen werden sollten.

Angesichts unseres Entwurfes fällt es mir immer schwerer, an die Entwicklung eines Selbstverständnisses wie jenes der Traunsteiner Kollegen und Kolleginnen, das ich angesprochen habe und das mir sehr gefallen hat, zu glauben. Mir hat sich heute ein wenig der Satz aufgedrängt – und ich glaube, dass ich mit einigen meiner Vorredner konform gehe –: „Allen Menschen Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann!“

Es wird in letzter Zeit versucht, mit Rücksicht auf die Bedenken, die von den Experten und Expertinnen geäußert wurden, vieles in diesen Entwurf einzuarbeiten. Das macht aber den Umgang mit diesem Gesetz nicht wirklich leichter. Jeder von uns wird immer wieder etwas finden, was ihm noch am Herzen liegt. Zum Beispiel hat Dr. Pleischl heute schon angesprochen, dass es sehr schwer für die Kripo sein wird, wenn zugleich Anordnungen von Richtern und Staatsanwälten an sie gerichtet werden, die einander unter Umständen widersprechen. – Ich kann Ihnen derzeit die Frage nicht beantworten, was die Kripo in einem solchen Fall tun soll: Die Leitungsbefugnis liegt nach dem Inhalt beim Staatsanwalt, die Ermittlungsbefugnis hat das Gericht in seinen Sachen aber ebenso.

Der Begriff „Leitungsbefugnis“, der in meiner Behörde und auch bei mir selbst ursprünglich sehr große Freunde ausgelöst hat, hat für mich in Verknüpfung mit diesem Gesetz von beiden Seiten Einschränkungen erfahren. Die Bestellung des Sachverständigen im Einvernehmen mit der Sicherheitsbehörde ist eine Einschränkung nach einer Seite hin. Der Umstand, dass gemäß § 104 Abs. 2 das Gericht die Staatsanwaltschaft auch um die Durchführung bestimmter weiterer Ermittlungen und um Mittelung ihrer Ergebnisse ersuchen kann, ist eine Beschränkung in der anderen Richtung, die mit dem angeführten Selbstverständnis meiner Ansicht nach nur schwer korrespondiert. Ich sehe dies wirklich als ein Signal in die falsche Richtung! Wir kommen dadurch in eine „Sandwich-Position“ zwischen zwei Institutionen, und es wird für die Staatsanwälte nicht leicht sein, sich noch als leitungsbefugtes Organ zu fühlen und entsprechend aufzutreten.

Das bringt mich zur Frage des künftigen Personals: Es ist unbestritten, dass wir künftig wesentlich mehr Staatsanwälte brauchen werden – auf die Zahl möchte ich mich jetzt nicht näher einlassen –, und wer Personal braucht, braucht einen attraktiven Berufsstand. Die Attraktivität des künftigen Berufsbildes wird daher nicht zuletzt auch davon abhängen, wie unsere Funktion in diesem Vorverfahren ausgestaltet ist, und ich ersuche dringend darum, diese nicht von allen Seiten ständig zu beschneiden! Vielmehr haben die von der Standesvertretung immer wieder erhobenen Wünsche im Bezug auf die Verfassung und auf das Dienst- und Standesrecht ihre Begründung, deren Umsetzung auch dazu beitragen würde, dass man nicht ständig mit Einschränkungen vorgehen muss. Wenn sichergestellt wird, dass das Organ Staatsanwalt, das ich persönlich wirklich nicht als Verwaltungsorgan, sondern sehr wohl als Justizorgan sui generis sehe, in einem Rahmen und Umfeld garantierter dienst- und standesrechtlicher Sicherheiten arbeiten kann, und wenn dieses auch verfassungsrechtlich festgeschrieben ist, dann bietet die Staatsanwaltschaft ein anderes Bild als heute. Und: Wir brauchen dieses letztlich dringend.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch zwei weitere Anmerkungen machen.

Betreffend die Diversion möchte ich Ihnen, Frau Vorsitzende, zustimmen, dass auch ich eine Verknüpfung mehrerer Diversionsvarianten für sinnvoll halte, wenn sich dies im Einzelfall anbietet. Das habe ich mir immer schon gewünscht. So kann in meinen Augen etwa eine Verknüpfung von Probezeit und gemeinnützigen Leistungen bei Jugendlichen durchaus Sinn machen.

Eine Forderung, die bis jetzt nicht angesprochen wurde, die aber in unserem Stand auch immer wieder eine Rolle spielt, möchte ich jetzt doch noch gerne in Diskussion bringen, nämlich die Frage der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde bei der Enthaftung eines Beschuldigten. Ein konkretes Beispiel: In einem Sexualstrafverfahren belasten drei Belastungszeuginnen einen Täter. Der Untersuchungsrichter enthaftet trotzdem. Das Oberlandesgericht gibt der Beschwerde umgehend Folge, und der Beschuldigte, ein ausländischer Staatsangehöriger, ist auf Nimmerwiedersehen verschwunden. – Hätte unsere Beschwerde in diesem Fall aufschiebende Wirkung gehabt – und ich meine, das würde sich durchaus mit diesem künftigen Berufsbild und dem Berufsimage der Leitung durch den Staatsanwalt verbinden lassen –, dann hätte es einen derartigen Fauxpas nicht geben und hätte das Oberlandesgericht rechtzeitig über die Weiterführung der Haft verfügen können.

Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Ich möchte kurz auf die Ausführungen von Dr. Moringer zurückkommen, der jene Passage kritisiert hat, in welcher es um Verfahren im Zusammenhang mit der Tätigkeit von politischen Parteien geht: Ich möchte die Experten darauf aufmerksam machen, dass wir eine ähnliche Formulierung im Immunitätsausschuss im Hinblick auf Auslieferungen haben, und der Immunitätsausschuss hat die größten Probleme, zu qualifizieren, ob eine Handlung im Zusammenhang mit der Tätigkeit einer politischen Partei gestanden ist.

Ich meine, dass uns diese aus dem Immunitätsausschuss bekannten Schwierigkeit doch ein bisschen zu denken geben sollten, ob wir hier nicht doch noch eine klarere Formulierung treffen könnten.

Sektionschef Dr. Roland Miklau (Bundesministerium für Justiz; Sektion II): Ich tu’ mich nach den vielen Wortmeldungen jetzt ein bisschen schwer. Ich möchte vorerst beim jungen Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Pleischl anschließen. Ich bin zwar ein bisschen älter als er, war aber in der Diskussion immer bei den Jungen, wenn ich das so pauschal ausdrücken darf. – Aus dieser Sicht möchte ich jetzt ein paar Bemerkungen machen.

Bei der Verfassung der Unterlage des Justizministeriums zu den richterlichen Ermittlungen hat man sich bemüht, die Kritik, die hier im Unterausschuss geäußert wurde, aufzugreifen, die richterlichen Ermittlungsbefugnisse entsprechend zu erweitern, der Anscheinsproblematik, der richterlichen Kognition in Haftsachen sowie der richterlichen Information Rechnung zu tragen. Ich glaube, dass es sich hiebei um mögliche und systemkonforme Ergänzungen handelt. Unproblematisch sind sie aus meiner Sicht deswegen nicht, weil sie unweigerlich zu einer Art Doppelgleisigkeit führen und weil sie von der staatsanwaltschaftlichen Leitungsbefugnis in der Sache zumindest in der psychologischen Grundtendenz ablenken und damit die Formulierung der Verantwortung für die Ermittlungen und deren Vollständigkeit und Richtigkeit – wie Pleischl gesagt hat – etwas schwammig machen.

Nun wurde von einer respektablen Phalanx von Moos über Burgstaller bis Hauptmann und Lambauer unter anderem eine weitere Verstärkung der Möglichkeit richterlicher Vernehmungen vorgeschlagen, unter anderem mit der Begründung, dass das in Deutschland so geregelt sei. – Das zeigt natürlich wieder einmal die Problematik der Rechtsvergleichung. In Deutschland war die Entwicklung ganz anders: In Deutschland hat die Praxis das richterliche Vorverfahren zurückgedrängt, und der Gesetzgeber hat erst im Nachhinein die Konsequenz daraus gezogen. In Deutschland haben bis heute weder polizeiliche noch staatsanwaltliche Vernehmungen unmittelbar Beweiswert. Um einen unmittelbaren Beweiswert im Vorverfahren überhaupt zu bekommen, muss in Deutschland eine kontradiktorische Vernehmung beim Amtsgericht beantragt werden. – Es ist dies also eine nicht vergleichbare Situation.

Die heutige Diskussion bestärkt mich in dem Eindruck, dass die staatsanwaltschaftliche Sachleitungsbefugnis zwar verbal akzeptiert, aber in den Hinterköpfen vieler Diskussionsteilnehmer noch nicht sehr stark verankert ist. Daher befürchte ich, dass, wenn man dem Staatsanwalt rein fakultative Bestimmungen an die Hand gibt, dass er richterliche Vernehmungen beantragen könne, die Gefahr besteht, dass ein Teil der Staatsanwälte wieder in die Gewohnheiten zurückfällt, die jetzt im Strafverfahren üblich sind. Und das könnte man dem einzelnen Staatsanwalt auch nicht verdenken, wenn der Gesetzgeber keine klare Botschaft aussendet.

Natürlich sollten Vernehmungen durch den Richter immer kontradiktorisch sein, und zwar schon deswegen, weil der Richter die Verantwortung für dieses Ermittlungsverfahren und seine Ergebnisse haben soll. Warum sollte gerade derjenige bei der Vernehmung nicht dabei sein, der dann über den Wert der Vernehmungen und über die Anklage entscheiden soll? – Ich habe zum Beispiel Schwierigkeiten, wenn ich mir die heutige Praxis bei den kontradiktorischen Vernehmungen ansehe, etwa in Fällen des sexuellen Kindesmissbrauchs, und höre, dass bei vielen Staatsanwaltschaften der Staatsanwalt an dieser Vernehmung nicht teilnimmt, obwohl er die Möglichkeit dazu hat. Da erhebt sich für mich die Frage: Wie kann ein Staatsanwalt ohne das wichtigste Beweismittel, das weder im Ermittlungsverfahren noch in der Hauptverhandlung unmittelbar präsentiert wird, Anklage erheben?

Ich meine, dass Sachleitungsbefugnis des Staatsanwaltes und dessen Verantwortung für die Ermittlungen bedeutet, dass, wenn schon richterliche Ermittlungen stattfinden, der Staatsanwalt bei diesen Ermittlungen zumindest anwesend sein sollte.

Ich halte die Ausführungen des Herrn Präsidenten des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Qualität der Entscheidungsgrundlagen für sehr klug. Ich kann nachvollziehen, dass es natürlich angenehmer ist, wenn ein richterliches Vernehmungsprotokoll vorliegt. Vergessen wir bei diesem Idealbild des geltenden Strafprozessrechts aber nicht, dass in der Realität doch die wesentliche prägende Wirkung von den kriminalpolizeilichen und nicht von den justiziellen Vernehmungen ausgeht! Ich wundere mich, dass dieser praktisch wichtigste Teil des Ermittlungsverfahrens sozusagen unterbelichtet wird. Ich meine, dass das doch jener Teil ist, um dessen Verrechtlichung es in Wirklichkeit bei dieser Reform primär geht.

Ich kann, wenn von einer Verschlechterung oder Verminderung der Qualität der Entscheidungsgrundlagen die Rede ist, weil dem Staatsanwalt dann nur mehr ein polizeiliches und kein richterliches Protokoll zur Verfügungen stehen wird, nur sagen: Der Entwurf bietet ohnedies eine Alternative, nämlich die eigene Ermittlung durch den Staatsanwalt – und das ist wohl als Kontrollmöglichkeit mindestens so gut wie ein Vernehmungsprotokoll, das auf den Ermittlungen einer anderen Person basiert!

Frau Dr. Partik-Pablé spricht davon, dass sie einen Ausbau der Beschuldigtenrechte nicht wünscht. – Ich möchte mich – in einer sicherlich unzulässigen Vereinfachung – in diesem Zusammenhang einer kurzen historischen Reminiszenz hingeben: Es geht nicht um eine Verbesserung der Beschuldigtenrechte, sondern es geht um die Wiederherstellung der Beschuldigtenrechte, die sich der Gesetzgeber von 1873 vorgestellt hat. Der Gesetzgeber von 1873 wollte keine polizeilichen Vernehmungen und jedenfalls keine beweisverwertungsfähigen Niederschriften. Der Gesetzgeber von 1873 wollte, dass die Erstvernehmung durch den Richter durchgeführt wird, und der Gesetzgeber von 1873 hat auch vorgesehen, dass bei dieser Vernehmung Kontrollpersonen, nämlich so genannte Gerichtszeugen, anwesend sind.

Wir haben das vergessen, diese Regelung ist aber bis heute gemäß § 198 Abs. 1 letzter Satz in Kraft, wo es heißt:

„Gerichtszeugen sind der Vernehmung des Beschuldigten nur dann beizuziehen, wenn es der Untersuchungsrichter für nötig erachtet oder der Beschuldigte verlangt.“

Das war der damalige Rechtsschutz. Mittlerweile ist natürlich viel Zeit ins Land gezogen. Wir wissen, dass sich dieses Konzept des Gesetzgebers aus faktischen Gründen nicht realisiert hat und dass der Rechtsschutz sozusagen ausgewandert beziehungsweise ins kriminalpolizeiliche Vorverfahren gar nicht eingewandert ist. Mittlerweile hat es von der Menschenrechtskonvention und von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte her eine entsprechende Entwicklung gegeben. Es haben sich gewisse europäische Standards herausgebildet, und wir müssen uns in der Bandbreite dieser Standards bewegen.

Eine weitere historische Reminiszenz: Ich weiß nicht, wie vielen hier im Saal bewusst ist, dass es schon einmal eine Regierungsvorlage betreffend das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren und die Abschaffung der Voruntersuchung gegeben hat. – 1931 wollte die Bundesregierung aus Ersparnisgründen vom Richter zum Staatsanwalt wechseln und legistisch gesehen mit sehr einfachen Worten das tun, was wir jetzt mit sehr viel mehr Worten tun. Dieses Vorhaben ist gescheitert, und zwar deshalb, weil die Rechtsanwälte energischen Protest dagegen erhoben haben, weil damals nämlich kein Rechtsschutz vorgesehen war. Der Rechtsschutz hätte nicht angepasst werden sollen, und ich glaube, der Protest der Rechtsanwälte war sehr verständlich. Diese Regierungsvorlage wurde dann nicht Gesetz.

Zu den 27 Weisungen im AKH-Verfahren: Ich bin versucht, anekdotisch zu sagen, dass diese Weisungen gewaltige Auswirkungen gehabt haben. Ich meine damit jetzt nicht, dass damals ein jüngerer Beamter des Justizministeriums, der mit diesen 27 Weisungen garantiert nichts zu tun gehabt hatte, in den „Club 2“ geschickt wurde, um mit der Untersuchungsrichterin Frau Dr. Partik-Pablé und dem auch noch jüngeren Präsidenten der Richtervereinigung Dr. Jesionek über den Strafprozess und die Untersuchungshaft zu diskutieren. Diese 27 Weisungen haben aber – der Herr Bundesminister hat das schon erwähnt – ganz entscheidende politische Konsequenzen gehabt: Erstens wurde in der Folge ein Staatsanwaltschaftsgesetz gemacht, das sich durchaus sehen lassen kann und das aus meiner Sicht auch durchaus entwicklungsfähig ist. Ich habe mich jüngst dazu in der Festschrift anlässlich Professor Steiningers 70. Geburtstag auch literarisch geäußert. Weiters hat es die nicht unerhebliche politische Konsequenz gegeben, dass der Justizminister im Zusammenhang mit diesen Weisungen in der Öffentlichkeit kein gutes Bild hinterlassen hat. Mit allem Respekt gesagt hat es auch noch eine dritte Konsequenz gegeben, nämlich dass Frau Dr. Partik-Pablé kurze Zeit später als Abgeordnete in den Nationalrat gekommen ist – und es bis heute ist.

Wenn man diese Konsequenzen dieses einen Strafverfahrens insgesamt betrachtet, dann muss man sagen, dass die entsprechenden Auswirkungen ganz gewaltig waren!

Nun noch eine allgemeine Bemerkung: Es ist klar, dass uns jetzt in der Kurve zur Zielgeraden zahlreiche Detailvorschläge vorliegen, die untereinander teilweise im Widerspruch stehen beziehungsweise in unterschiedliche Richtungen ziehen. Dazu möchte wiederholen, was schon gesagt wurde: „Allen Menschen Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann!“ – Wir müssen auch berücksichtigen, dass dieses Gesetz vom systematischen, dogmatischen und legistischen Gesichtspunkt ein Werk werden soll, das in sich möglichst widerspruchsfrei ist. Es wurde – wie ich meine: mit Recht – die legistische Qualität des Entwurfs immer gelobt. Durch Kompromissformulierungen, wie wir sie jetzt vorschlagen, verbessert sich die legistische Qualität des Entwurfes gewiss nicht. Wir müssen aber jedenfalls darauf achten, dass der Entwurf in sich konsistent und lesbar bleibt.

Wenn man Eingriffe vornimmt, dann muss man natürlich immer das System des Gesamtentwurfs im Auge behalten. Deswegen sind wir im jetzigen Stadium sicherlich nur noch beschränkt in der Lage, Änderungen vorzunehmen und zugleich die Konsistenz des Gesamtentwurfs zu wahren.

Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Ich habe Ihre Ausführungen jetzt als Appell empfunden, dass möglichst wenig verändert werden soll. Dazu möchte ich sagen: Politik ist die Kunst des Machbaren – und der schönste legistische Entwurf nützt nichts, wenn er im Parlament keine Mehrheit findet!

RA Dr. Elisabeth Rech (Österreichischer Rechtsanwaltskammertag): Ich möchte mich zunächst beim Ministerium für die heute vorliegenden Papiere bedanken, insbesondere für die Auflistung des Vergleichs zwischen den einzelnen Staaten betreffend die Verteidigungsrechte.

Wie auch einer meiner Vorredner habe ich allerdings ein Papier vermisst, das jenem zu den Opferrechten und zu den Gerichten und Staatsanwaltschaften hinsichtlich Verteidigungsrechte vergleichbar ist. Solche Unterlagen haben wir nicht bekommen, und daher ist auch eine Detaildiskussion zu diesem Bereich nicht möglich.

Herr Dr. Pilnacek hat am Anfang gesagt, dass der Vergleich der verschiedenen europäischen Regelungen als Diskussionsgrundlage dienen soll. – Ich möchte mich daher diesem Papier zuwenden und mich damit beschäftigen, was man aus dieser Kurzübersicht herauslesen kann.

Zunächst möchte ich sagen, dass daraus meiner Meinung nach hervorgeht, dass es sich bei der Forderung, dass der Verteidiger bei den Vernehmungen dabei sein soll, nicht um eine wahnwitzige Idee der österreichischen Rechtsanwaltschaft, sondern offensichtlich um in der überwiegenden Zahl der Staaten bereits herrschende allgemeine Rechtsstandards handelt. In immerhin acht Staaten ist vollkommen klar, dass der Anwalt an der Vernehmung teilnimmt, wobei das in drei Staaten verpflichtend ist. – Auch wenn das unser Ziel ist: Wir haben das jetzt nicht gefordert, sondern wir haben gesagt, dass dieses Recht nur dann eingeräumt werden muss, wenn der Beschuldigte es wünscht.

In vier Staaten besteht immerhin die Möglichkeit, mit dem Anwalt zu reden. Dazu hat Dr. Pilnacek heute gesagt, dass die Bedeutung der Polizeiprotokolle in anderen Staaten ganz anders ist als bei uns. In sechs Staaten ist es selbstverständlich, dass es einen anwaltlichen Notdienst gibt und dass dieser auch bezahlt wird. – Sicherlich handelt es sich überwiegend um eine soziale Frage, ob jemand einen Anwalt in Anspruch nehmen kann oder nicht, und zwar nicht deswegen, weil die Anwälte so teuer sind, sondern weil man es hier großteils mit Menschen zu tun hat, die in der Regel kein Geld bei sich haben, weil ihnen dieses entweder von der Polizei abgenommen wurde oder sie überhaupt keines haben. In Anbetracht dessen erhebt sich die Frage, ob man möchte, dass tatsächlich nur reiche Menschen anwaltlichen Beistand bei der Vernehmung in Anspruch nehmen können.

Man kann natürlich jetzt den Standpunkt vertreten, dass für uns nicht relevant ist, welche diesbezüglichen Regelungen in den anderen Staaten bestehen. Ich meine aber, dass uns die Meinung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu diesem Thema nicht gleichgültig sein kann! Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vertritt nämlich vollkommen klar und deutlich die Auffassung, dass es sich hiebei um ein Menschenrecht handelt und nur dann ein faires Verfahren bewerkstelligt werden kann, wenn der Betroffene einen Anwalt zur Vernehmung beiziehen kann.

Wenn wir all das jetzt nicht ins Gesetz einbringen, dann müssen wir dessen gewärtig sein, dass uns über kurz oder lang – wahrscheinlich eher über kurz – zur Kenntnis gebracht werden wird, dass wir gegen Menschenrechte verstoßen, und Österreich verurteilt wird. Ich weiß nicht, ob man sich das wirklich antun soll!

Ich meine, dass es sich hiebei wirklich um ein Menschenrecht handelt. Der Verteidiger ist dazu da, den Betroffenen zu stärken, auch vor der Polizei, und zwar juristisch, aber auch psychologisch. – Die Videokamera kann das nicht!

Auf die anderen Fragen der Beschuldigtenrechte wurde bereits eingegangen. Es finden sich zahlreiche ungenaue bis schwammige Ausdrücke. Es wird Raschheit gefordert. – Ich darf daran erinnern, dass die Stärkung sowohl des Staatsanwalts als auch der Verteidigung ein ganz klares Postulat dieser Reform war. Ganz wichtig dabei ist: Wenn wir den Untersuchungsrichter ganz weglassen beziehungsweise zur Seite tun, brauchen wir als Gegenüber des Staatsanwalts einen starken Verteidiger, damit wiederum ein Gleichgewicht geschaffen wird. Wenn ich mir die jetzt vorgelegten Papiere ansehe, und zwar insbesondere betreffend Einspruchsrecht, Beschwerderecht, Beweisantragsrecht und die Ermessensfrage, dann muss ich feststellen, dass wir einen wesentlichen Schritt zurück gegangen sind und dieses Gleichgewicht nicht mehr gegeben ist.

Wenn ich das vom Blickwinkel der Praxis reflektiere, dann komme ich zu dem Schluss, dass die Beschuldigtenrechte sich von den gegenwärtigen nicht wesentlich unterscheiden: Man kann heute, wenn man auf eine wohlgesonnene Person stößt, etwas erreichen – durchsetzen kann man aber im Endeffekt nichts, und das wird auch in Zukunft so bleiben. Wenn man darauf angewiesen ist, dass die Menschen Verständnis zeigen, kann nicht von der Möglichkeit zur Durchsetzung eines Rechts gesprochen werden. Und an diesem Punkt sind wir mit den diversen Beschwerdemöglichkeiten et cetera gelandet.

Herr Dr. Pleischl hat argumentiert, dass, wenn die Staatsanwälte das Verfahren und die nötigen Ressourcen bekommen, das Verfahren insgesamt besser sein wird. – Ich meine, dass er einen ganz wesentlichen Punkt vergessen hat. Er hat nämlich nicht gesagt: Gebt uns eine starke Verteidigung, dann werden wir ein besseres Vorverfahren haben!

Abschließend zu den Opfer-Rechten: Was ich diesbezüglich gelesen habe, ist sehr erfreulich. Wir sind ja nicht nur Verteidiger – das möchte ich hier betonen –, sondern wir sind auch Rechtsanwälte und stehen somit auch auf der Seite der Opfer. Die Stärkung der Position der Opfer ist für uns natürlich sehr erfreulich. Wenn es aber um die Frage geht, ob auch die Opfer Anspruch auf einen Anwalt haben, und argumentiert wird, dass die Anwälte im Zuge des Verfahrens nichts tun, dann muss ich sagen: Es war geplant, dass wir mit dieser neuen Regelung auch die Rechte der Opfer stärken, und dazu gehört natürlich auch eine anwaltliche Vertretung. Und wenn gesagt wird, dass die Anwälte dann dort sitzen und nichts reden, dann muss ich sagen: Ich kenne auch Staatsanwälte, die dort sitzen und außer einem Satz am Anfang und am Ende nichts sagen. Das ist also meiner Ansicht nach kein Argument!

Obfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Im Hinblick auf die Opfersituation darf ich sagen: Das Opfer soll nicht auf die Zeugen-Eigenschaft reduziert sein. Das ist mit ein großes Ziel dieses Reformwerks.

In Anbetracht der vorgeschrittenen Zeit verweise ich Professor Höpfel, der noch etwas zum Beweisantrag sagen wollte, Dr. Nemec, Generalprokurator Hauptmann, die Richterin Dr. Brachtel und Dr. Pilgermair auf die Möglichkeit, eventuell noch schriftliche Stellungnahmen vorzulegen, wenn ihnen das ein Anliegen sein sollte.

Zum Schluss möchte ich nur noch dem Herrn Minister das Wort geben. Wir werden um 16 Uhr diese große Runde beenden. Damit sind aber die Beratungen noch nicht beendet. Der Unterausschuss wird noch mehrere Wochen weitergehen, und wir werden, sofern es notwendig ist, noch die eine oder andere Expertise auf kurzem Weg einholen.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich möchte zu den Staatsanwälten, die argumentiert haben, dass im Personalbereich etwas geschehen müssen wird, sagen: ja! Wir sind schon seit Monaten drauf und dran, mit Hilfe von Betriebsberatern den entsprechenden Personalbedarf zu ermitteln. Was bisher geschehen ist, war zu diffus und zu unwissenschaftlich. Ich habe das schon in Linz gesagt, und es wundert mich, dass das nicht angekommen ist, daher sage ich es noch einmal: Es wird derzeit von zwei Betriebsberatern ermittelt. Die StPO wird im Zusammenhang damit durchgegangen, und die Organisationsabläufe werden unter diesem Aspekt besprochen. Die Betriebsberater sind sehr beeindruckt von der Zusammenarbeit.

Ich hoffe, dass man nach Vorliegen des endgültigen Textes des Entwurfes und nach Vorliegen des Gutachtens der Betriebsberater voraussichtlich im Jänner wissen wird, welchen Personalbedarf wir wirklich haben.

Nicht zuletzt möchte ich mich bei Ihnen allen herzlich bedanken, sowohl bei den Damen und Herren Abgeordneten, die sich die Zeit für diese Arbeit genommen haben, vor allem aber auch bei den Experten. Man hat bei jedem Experten gemerkt, dass er ganz konkrete Überlegungen angestellt hat und mit voller Überzeugung hinter seiner Meinung steht. Das hatte zur Folge, dass die Aversion gegen das Gesetz, die früher bestand, weggebrochen ist und dass es jetzt darum geht, das Gesetz in eine bestmögliche Fassung zu bringen. Die Situation ist also ganz anders als vor einem halben Jahr.

Ich richte insgesamt an alle nochmals meinen herzlichen Dank!

*****

Obfrau Mag. Dr. Maria Fekter dankt allen Expertinnen und Experten, gibt bekannt, dass die Parlamentsdirektion das Protokoll im Internet zur Verfügung stellen wird und schließt die Sitzung.

Schluss der Sitzung: 16.01 Uhr