Anlage

 

Begründung

des Einspruches gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden

1. Unvollständige EU-Umsetzung

Entgegen der eindeutigen Vorgaben in der Sicherheitsrichtlinie der EU, die ja mit der vom Nationalrat beschlossenen Gesetzesvorlage umgesetzt werden soll, fehlen behördliche Kontroll- und Überwachungsorgane, die für die Sicherheit des Eisenbahnbetriebes zuständig sind, völlig. Dieses grundlegende und gravierende Problem kann nur durch die Schaffung einer eigenen Eisenbahnsicherheitsbehörde mit ausreichendem Personal mit Kontroll- und Strafbefugnissen, die gemäß der Richtlinie (Artikel 16) auch ausdrücklich nicht an „Fahrwegbetreiber, Eisenbahnunternehmen oder Beschaffungsstellen übertragen oder als Auftrag vergeben“ werden darf, beseitigt werden. Die Umsetzung dieser EU-Vorgabe ist unerlässlich, um das Entstehen von Sicherheits-Missständen wie im Straßengüterverkehr auszuschließen. Eine dazu geeignete Regelung oder Gesetzesvorlage fehlt jedoch.

 

2. § 28 regelt die Einstellung von öffentlichen Eisenbahnen wegen „wirtschaftlicher Unzumutbarkeit“ neu.

Im Gesetzesbeschluss des Nationalrates wird die Entscheidung über die Streckeneinstellung dem Betreiber der Eisenbahn (Infrastrukturbetreiber) übergeben. Während bisher die Länder durch sehr weit reichende Auflagen Einstellungen letztlich zulasten des Eisenbahnunternehmens verhindert haben, bedeutet die vorgeschlagene Regelung in Zukunft eine weitestgehende Dominanz rein betriebswirtschaftlicher Kalküle, ohne die Möglichkeit des Eigentümers öffentliche Hand, vor einer Einstellung alle Möglichkeiten für eine Revitalisierung bzw. Erhöhung der Verkehrsleistungen zu verlangen oder mitzugestalten.

Dies ist verkehrspolitisch unzumutbar.

Daher wird ein anderer Weg vorgeschlagen, der einerseits den Betreiber zwingen soll, konkrete Maßnahmen zur Revitalisierung vorzulegen und andererseits auch die zuständigen Behörden (Bund, Länder) und die betroffenen Gemeinden verpflichtet, sich gemeinsam um eine Erhaltung der jeweiligen Strecke zu bemühen. Streckeneinstellungen sind langfristige Entscheidungen. In Österreich gibt es bereits mehrere Fälle, wo still gelegte Strecken später auf Interesse stoßen - vergeblich. Eine endgültige Einstellung soll erst nach dem Scheitern der Umsetzung eines mehrjährigen Revitalisierungsplanes möglich sein und zusätzlich nach einer erfolglosen Suche nach einem Alternativbetreiber.

Auch für eine vorübergehende befristete Einstellung des Betriebes soll es nicht ausreichen, dass einmalig keine Trassenbestellungen vorliegen, sondern dies muss über mindestens drei Jahre in Folge der Fall sein. Dadurch soll der Betreiber einen unmittelbaren wirtschaftlichen Anreiz erhalten, alles zu unternehmen, um die jeweilige Strecke wirtschaftlich weiterbetreiben zu können. Da die Bestimmung „geringfügiges Ausmaß“ zu vage gehalten ist, soll zumindest auf vergleichbare Streckenabschnitte abgestellt werden.

 

3. § 65c regelt die Priorisierung verschiedener Verkehre bei Trassenknappheit (dh welche Art von Verkehr Vorrang bei der Trassenzuweisung erhalten sollen).

Der Beschluss des Nationalrates schränkt den Vorrang gemeinwirtschaftlicher Personenverkehre, also des Nah- und Regionalverkehrs im Verhältnis zur bestehenden Regelung deutlich ein. Er sieht vor, dass bei Trassenüberlastung der gemeinwirtschaftliche (Personen-)Verkehr nur mehr zur Hauptverkehrszeit zu priorisieren ist. Im Beschluss des Nationalrats fehlen aber Angaben darüber, wann das ist und wer darüber zu befinden hat. Andererseits ignoriert er den Charakter eines Taktverkehrs, der nur dann regelmäßig und zahlreich in Anspruch genommen wird, wenn er immer zu festgesetzten Zeiten verkehrt. Eine Verdrängung des Regionalverkehrs außerhalb der Hauptverkehrszeit durch andere Verkehre schwächt auch die Attraktivität des Regionalverkehrs zur Hauptverkehrszeit. Daher soll die bestehende Regelung unbedingt beibehalten werden.

 

Aus all den genannten Gründen wird daher der Antrag gestellt, gegen den genannten Beschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben.