1142 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Gesundheitsausschusses
über die Regierungsvorlage (1092 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Medizinproduktegesetz, das Tierarzneimittelkontrollgesetz, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz und das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002 geändert werden
Der vorliegende
Gesetzesentwurf dient im wesentlichen der Umsetzung der Revision der
Europäischen Pharmazeutischen Gesetzgebung. Durch die Richtlinie 2004/27/EG vom
31. 3. 2004 wurde der Europäische Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel
(Celex-Nr.: 32004L0027) und durch die Richtlinie 2004/28/EG vom 31.3.2004 der
Gemeinschaftskodex für Tierarzneimittel (Celex-Nr. , 32004L0028) geändert.
Weiters wurde die Richtlinie über traditionelle pflanzliche Arzneimittel,
2004/24/EG vom 31.3.2004 (Celex-Nr.: 32004L0024) erlassen.
Durch die
genannten Novellen der Richtlinien 2001/83/EG (Gemeinschaftskodex für
Humanarzneimittel) und 2001/82/EG (Gemeinschaftskodex für Tierarzneimittel)
wurden im wesentlichen Bestimmungen über den Unterlagenschutz neu erlassen, die
Verlängerung der Zulassung neu geregelt und Änderungen im Bereich der
Pharmakovigilanz vorgenommen. Die Richtlinie 2004/24/EG, die ebenfalls den
Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel ändert, erfordert die Einführung eines
besonderen vereinfachten Registrierungsverfahrens für traditionelle pflanzliche
Arzneispezialitäten. Die vorliegenden Änderungen erfolgen durch eine Novelle
des Arzneimittelgesetzes und des Rezeptpflichtgesetzes. Neben den durch
gemeinschaftsrechtliche Vorgaben erforderlichen Änderungen sind Anpassungen im
Einzelnen im Hinblick auf die Vollzugserfahrung notwendig.
Im Hinblick auf
Problematik der Abgrenzung verschiedener Produktgruppen von Arzneimitteln, zu
denken ist hier zB an Medizinprodukte, Biozide, Kosmetika und in erster Linie
an Nahrungsergänzungsmittel, wird in Umsetzung von Artikel 2 der genannten
Richtlinien eine Normenhierarchie eingeführt, die eindeutig festlegt, dass für
Produkte, die die Definition des Arzneimittels erfüllen, ausschließlich die
arzneimittelrechtlichen Regelungen gelten, auch wenn das Produkt noch die
Definition anderer Produkte erfüllen sollte. In diesem Zusammenhang wird explizit
die Möglichkeit eines Feststellungsbescheides vorgesehen, um Personen, die ein
Produkt in Verkehr bringen wollen, die Möglichkeit zu geben, im Sinne der
Rechtssicherheit einen behördlichen Abspruch über die Einstufung des Produktes
herbeizuführen. Begleitend soll eine Kommission (Abgrenzungsbeirat) geschaffen
werden, die sich mit der fachlichen Abgrenzung und Einstufung von Produkten,
bei denen die Einstufung zweifelhaft ist, beschäftigt. Dieser Beirat wird
Gutachten erstatten, die sodann als Grundlage für allfällige weitere
behördliche Maßnahmen dienen sollen.
Durch die genannte
Revision der Pharmazeutischen Gesetzgebung wurde eine Harmonisierung der Datenschutzfristen
für Generika hinsichtlich der Daten über vorklinische und klinische Versuche
vorgenommen. Dies erfolgte unter anderem zu dem Zweck, um Generika einen Zugang
zum Gemeinschaftsmarkt zu erleichtern. Eine weitere wesentliche Erleichterung
für die Pharmazeutische Industrie ist die Regelung, dass eine Genehmigung für
das In-Verkehr-Bringen nach einer einmaligen Verlängerung nach fünf Jahren
grundsätzlich unbefristet besteht. Gekoppelt wurde diese Regelung allerdings
mit der Vorschrift, dass Zulassungen, die drei aufeinander folgende Jahre nicht
genutzt werden, d.h. in diesem Zeitraum nicht zum In-Verkehr-Bringen der
betreffenden Arzneispezialität geführt haben, ihre Gültigkeit verlieren. Aus
Gründen der öffentlichen Gesundheit sind freilich Ausnahmen von diesen
Grundsatz zulässig. Begleitend zur unbefristeten Marktzulassung nach einem
einmaligen Renewal nach fünf Jahren wurden die Regelungen über die
Pharmakovigilanz und Marktüberwachung verstärkt, es wurden einerseits die
Zeiträume, innerhalb derer im Rahmen der Pharmakovigilanz Daten vorzulegen
sind, grundsätzlich verkürzt, weiters sollen im Bereich der Pharmakovigilanz
die Möglichkeiten der neuen Informationstechnologien für eine Verbesserung des
Austausches zwischen den Mitgliedstaaten genutzt werden.
Die Regelungen
über die Kennzeichnung und die Gebrauchsinformation wurden gleichfalls
harmonisiert, im Zusammenhang mit der Kennzeichnung wurde auch eine
Verpflichtung auferlegt, den Namen der Arzneispezialität und die Stärke mittels
Brailleschrift auf der Handelspackung anzubringen. Im Zusammenhang mit
sogenannten traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln wurde ein vereinfachtes
Registrierungsverfahren eingeführt. Hat ein Arzneimittel eine langjährige
Tradition und ist die Wirksamkeit des Arzneimittels aufgrund langjähriger
Anwendung und Erfahrung plausibel, so ist es gerechtfertigt, ein vereinfachtes
Registrierungsverfahren einzuführen. Die große Mehrzahl der Arzneimittel mit
ausreichend langer und kohärenter Tradition ist pflanzlicher Natur, daher wurde
zunächst das vereinfachte Registrierungsverfahren auf traditionelle pflanzliche
Arzneimittel beschränkt. Dieses Registrierungsverfahren wird das bisher
vereinfachte Zulassungsverfahren nach § 17a mit dem In-Kraft-Treten der
vorliegenden Novelle ersetzen. Aufgrund der Übergangsbestimmung der Richtlinie
2004/24/EG dürfen allerdings Produkte gemäß § 17a noch bis zum Ablauf des 30.
April 2011 in Verkehr gebracht werden.
Die Novelle wurde
weiters zum Anlass genommen, das Kapitel über die Werbebeschränkungen
richtlinienkonform zu überarbeiten. Schließlich wurde – insbesondere aufgrund
aktueller Entwicklungen – die Möglichkeit eingeführt, in besonderen
Krisensituationen durch Verordnung Abweichungen von bestimmten Regelungen des
Arzneimittelgesetzes zu treffen, sofern und solange dies zur Aufrechterhaltung
der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unbedingt erforderlich ist.
Im Bereich des
Medizinproduktegesetzes soll eine Regelung für die Durchführung klinischer
Prüfungen in Notfallsituationen nach dem Vorbild des Arzneimittelgesetzes
aufgenommen werden. Diese Regelung soll ausdrücklich nur therapeutische Forschung
in Notfallsituationen, bei denen der potentielle Nutzen für den Patienten das
Risiko der Teilnahme überwiegt, die Anwendung also medizinisch indiziert ist,
zur Anwendung kommen.
Die Richtlinie
2001/82/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex für Tierarzneimittel ist in
manchen Teilen des TAKG nur ungenügend umgesetzt. Die Änderung der Richtlinie
2001/82/EG durch die Richtlinie 2004/28/EG wurde zum Anlass genommen, den
vorliegenden Entwurf auszuarbeiten, um die Vorgaben des EU-Rechts im TAKG zu
verankern.
Die sogenannte
„Kaskadenregelung“ legt das Vorgehen bei der Umwidmung von Tierarzneimitteln
bei Vorliegen eines Therapienotstandes fest. Die bisherige Regelung entspricht
nicht völlig den Bestimmungen der Richtlinie. Weiters soll die in
Artikel 10 der Richtlinie 2001/82/EG, geändert durch die Richtlinie
2004/28/EG, enthaltene Kaskadenregelung für nicht zur Nahrungsmittelerzeugung
genutzte Tierarten im TAKG verankert werden, da es hierfür bisher keine
gesetzlichen Rahmenbedingungen in Österreich gibt.
Im Gesundheits-
und Ernährungssicherheitsgesetz sollen Lücken geschlossen werden, die sich im
Zusammenhang mit den Aufgaben des Bereiches PharmMed Austria der AGES gezeigt
haben.
Die Änderungen im
Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002 dienen der Zitatanpassung ans Arzneimittelgesetz.
Auch hier wird eine Verordnungsermächtigung für Krisensituationen vorgesehen.
Der
Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner
Sitzung am 12. Oktober 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte
beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Renate Csörgits, Theresia Haidlmayr,
Franz Riepl, Mag. Johann Maier, Beate
Schasching, Karl Donabauer
und Dr. Erwin Rasinger sowie die Bundesministerin für Gesundheit
und Frauen Maria Rauch-Kallat.
Im Zuge der
Debatte haben die Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger und
Mag. Herbert Haupt einen Abänderungsantrag eingebracht, der
wie folgt begründet war:
„Zu Z 1, 2 und 3:
Dienen der
Behebung von Redaktionsversehen.
Zu Z 4:
Die Änderung in §
57 Abs. 1 lit c dient der Harmonisierung mit der Diktion des § 94c. Nach Abs. 1
Z 5a soll in Ausnahmefällen eine Direktbelieferung von bestimmten
Schlüsselunternehmen und ‑organisationen durch Hersteller, Depositeure oder
Großhändler möglich sein, wenn dies insbesondere im Zusammenhang mit
Vorsorgemaßnahmen zur Vorbereitung auf Pandemien, im Rahmen von
Gesamtverträgen, die der Bund abschließt, im Rahmen einer konzertierten
Vorsorgeaktion erfolgt. Die Änderung der Z 8 vollzieht nach, dass das
Bundesinstitut für Arzneimittel mit 1. Jänner 2006 keine Untersuchungsanstalt
des Bundes mehr sondern Teil der Österreichischen Agentur für Gesundheit und
Ernährungssicherheit ist.
Zu Z 5:
Im Hinblick
darauf, dass das Bundesamt auch im Wege des schriftlichen Umlaufverfahrens tätig
werden wird, sind die Protokolle aller Abstimmungen (nicht nur der Abstimmungen
im Zuge von Sitzungen ) zu veröffentlichen.
Zu Z 6:
Dient der
expliziten Klarstellung, dass das Fordern, das sich Versprechen lassen oder das
Annehmen von Naturalrabatten entgegen § 55b unter Verwaltungsstrafsanktion
steht. In diesem Zusammenhang ist auch klarzustellen, dass - gleich § 55a -
auch § 55b nicht für die Träger von Krankenanstalten gilt und die ihnen
gewährten Naturalrabatte somit nicht unter das Verbot des § 55b fallen, da die
Anschaffung von Arzneimitteln durch die Träger von Krankenanstalten zum Zweck
der anstaltsinternen Anwendung erfolgt, wovon Verschreibung und Abgabe durch
die dazu berechtigten Personen zu unterscheiden sind.
Zu Z 7:
Durch die
Änderungen in den §§ 83 und 84 ist im § 85 eine Anpassung der Verweise
notwendig.
Zu Z 8:
Gebrauchsinformationen
von bereits zugelassenen Arzneispezialitäten müssen nicht nachträglich einem
Readability-Test im Zusammenarbeit mit Patientenzielgruppen unterzogen werden
(Ergänzung im Abs. 4). Stellt der Zulassungsinhaber einer gemäß § 17a
zugelassenen Arzneispezialität rechtzeitig, also unter Beachtung der zulässigen
Entscheidungsfrist für die Behörde, einen Antrag auf Zulassung oder
Registrierung, so kann die Arzneispezialität bis zur endgültigen Entscheidung
des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen unabhängig vom Ablauf des 30.
April 2011 in Verkehr bleiben, falls die Behörde innerhalb der gesetzlich
vorgesehenen Frist nicht entschieden hat (Abs. 8 neu). Entscheidet sich der
Zulassungsinhaber einer „alten“ Arzneispezialität, keine Verlängerung der
Zulassung unter Vorlage des entsprechenden Dossiers zu beantragen, so kann er
sein Produkt ohne Renewal bis 1. Jänner 2011 weiter in Verkehr bringen
(Ergänzung im Abs. 11). Bereits registrierte Homöopathika, die den Vorgaben des
§ 11 nicht entsprechen, behalten ihre Registrierung, solange dem § 3 nicht entgegensteht
(Abs. 15 neu).
Zu Z 9:
Die
In-Kraft-Tretens-Bestimmung ist entsprechend zu adaptieren.
Zu Z 10:
Dient der
Behebung eines Redaktionsversehens.
Zu Z 11:
Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung soll klargestellt werden, dass für die Ausstellung von Zertifikaten und die Beglaubigung von behördlichen Urkunden für Zwecke der Vorlage im Ausland kein Zusammenwirken des Kollegialorgans Bundesamt erforderlich ist. Die Delegationsmöglichkeiten für den Bereichsleiter der PharmMed Austria für die ihm allein obliegenden Bereiche werden in der Geschäftsordnung des Bundesamtes näher zu determinieren sein.
Zu Z 12:
Im Hinblick darauf, dass auch „Alt“verfahren ab 1. Jänner 2006 durch das Bundesamt fortzuführen sind, wird klargestellt, dass für diese bereits anhängigen Verfahren der Gebührentarif nach AMG weiter gelten soll.
Zu Z 13:
Im Hinblick auf die Eingliederung des Bundesinstituts für Arzneimittel in die AGES sollen – entsprechend der Stammfassung – auch für Arbeitsstätten dieses Bereiches die erforderlichen Übergangsbestimmungen im Hinblick auf das AschG getroffen werden.
Zu Z 14:
Anpassung der In-Kraft-Tretens-Bestimmung.
Zu Z 15:
Das Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten, Völkerrechtsbüro, hat darauf hingewiesen, dass seit 1. Juni
2002 das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren
Mitgliedstaaten einerseits und der Schweiz andererseits über die gegenseitige
Anerkennung von Konformitätsbewertungen (ABl. Nr. L 114 vom 30.4.2002, S 369)
in Kraft ist und die Richtlinien 2001/82/EG sowie 2001/83/EG in dessen Anhang I
explizit angeführt werden. Den Bestimmungen dieses Abkommens entsprechend soll
die Einfuhr von Prüfpräparaten, die in der Schweiz hergestellt wurden und somit
die einschlägigen europäischen Herstellungsstandards erfüllen, auch einem
vereinfachten Meldeverfahren unterliegen. Die vorgesehene Änderung des
Arzneiwareneinfuhrgesetzes trägt diesem Umstand Rechnung.“
Bei der Abstimmung
wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter
Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr.
Erwin Rasinger und Mag. Herbert Haupt mit Stimmenmehrheit angenommen.
Ferner beschloss
der Gesundheitsausschuss einstimmig folgende Feststellungen:
Der Gesundheitsausschuss geht im Zusammenhang mit dem Auslaufen der § 17a-Zulassungen mit 30. April 2011 davon aus, dass im Zuge der Beratungen in der Abgrenzungskommission über eine neue Abgrenzungsverordnung darauf Bedacht genommen wird, dass die Abgaberechte der Drogisten grundsätzlich im derzeitigen Umfang erhalten bleiben.
Als
Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Mag. Herbert Haupt gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2005-10-12
Mag. Herbert Haupt Barbara Rosenkranz
Berichterstatter Obfrau