Vorblatt

Problem:

Am 30.4.2004 wurden im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften die Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG publiziert. Mit diesen in das jeweilige nationale Recht bis spätestens 1.2.2006 umzusetzenden Richtlinien wurde das materielle Recht auf Gemeinschaftsebene neu gefasst. Seit In-Kraft-Treten des BVergG 2002 erließen der Europäische Gerichtshof und der Verfassungsgerichtshof mehrere Erkenntnisse, die eine Neuregelung einiger Bestimmungen des BVergG 2002 erfordern. Im Jahre 2003 erfolgte eine Evaluierung des BVergG 2002: aufgrund dieses Prozesses ergeben sich ebenfalls diverse Anpassungserfordernisse.

Ziel:

Neuerlassung des Bundesvergabegesetzes zur Anpassung der nationalen Rechtslage an das Gemeinschaftsrecht unter Berücksichtigung der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes, des Verwaltungsgerichtshofes und der Ergebnisse des Evaluierungsprozesses.

Inhalt:

Umsetzung der Richtlinienbestimmungen, Einführen von vereinfachten Regelungen für Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich.

Alternativen:

Keine hinsichtlich der zwingend gemeinschaftsrechtlich umzusetzenden Regelungen. Eine Beibehaltung der bisherigen rechtlichen Situation würde nach Ablauf der Umsetzungsfrist zur unmittelbaren Anwendbarkeit diverser Richtlinienbestimmungen und damit zu erheblicher Rechtsunsicherheit bzw. zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Republik Österreich führen. Hinsichtlich der nicht zwingend umzusetzenden Regelungen wäre eine Beibehaltung der bisherigen Rechtslage denkbar. Dies hätte jedoch zur Folge, dass gemeinschaftsrechtlich zulässige, flexiblere Verfahren nicht oder nur sehr eingeschränkt genutzt werden könnten. Die Folgen wären unter anderem, dass eine verstärkte Beteiligung von Klein- und Mittelbetrieben an (wertmäßig) größeren Aufträgen nicht im selben Ausmaß möglich wäre, sowie – generell – vermeidbare höhere Transaktionskosten bei der Beschaffung von Leistungen bestehen blieben.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Das Bundesvergabegesetz dient insbesondere der Liberalisierung des öffentlichen Auftragswesens und somit der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Statistische Daten hinsichtlich der tatsächlichen Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich liegen bislang nicht vor. Durch die angepeilte Senkung der Transaktionskosten für Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich, durch die Möglichkeit der Nutzung neuer Verfahrenstypen (Rahmenvereinbarungen, dynamische Beschaffungssysteme uam.) in Verbindung mit der Nutzung elektronischer Medien – vor allem durch den Einsatz von standardisierten Prozessen und Applikationen - können positive Impulse für den Wirtschaftsstandort bewirkt werden. Die Auswirkungen der Novelle werden positiv bewertet, da einerseits positive Impulse für Klein- und Mittelbetriebe sowie eine Senkung von Transaktionskosten bei Auftraggebern und Unternehmen (insbesondere bei Beschaffungen über zentrale Beschaffungsstellen) zu erwarten sind. Eine Quantifizierung dieser positiven Impulse ist aber mangels statistischer Unterlagen und Prognosen nicht möglich.

Finanzielle Auswirkungen:

Durch die Möglichkeit des Einsatzes von neuen Vergabeverfahren (zB Rahmenvereinbarungen) auch im Oberschwellenbereich können im Vergleich zu den bisher zur Verfügung stehenden Beschaffungsverfahren Einsparpotentiale realisiert werden, die jedoch mangels entsprechender Erfahrungswerte nicht beziffert werden können. Nicht quantifizierbaren Mehrkosten für die Implementierung neuer Verfahren stehen ebenso nicht quantifizierbare Einsparungspotentiale durch den Einsatz neuer Beschaffungstechniken und den Einsatz elektronischer Vergabeverfahren gegenüber. Es wird jedoch (ebenso wie die Kommission, der Rat und das Europäische Parlament, vgl. insbesondere Erwägungsgrund 15 der Richtlinie 2004/18/EG) davon ausgegangen, dass die Einsparungseffekte in ihrer Gesamtheit überwiegen (insbesondere durch Senkung der Transaktionskosten auf Auftraggeberseite). Durch die Auflösung der Bundes-Vergabekontrollkommission ergeben sich geringfügige Einsparungen, denen erhöhte Aufwendungen in Form von Sitzungsgeldern durch die nunmehr vorgesehene Befassung von Senaten auch im Unterschwellenbereich gegenüberstehen.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Novelle setzt die einschlägigen Regelungen der gemeinschaftlichen Vergaberichtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG um.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Im Hinblick auf die im vorliegenden Entwurf enthaltenen Verfassungsbestimmungen kann dieser gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden. Da durch den Entwurf die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung eingeschränkt werden soll, bedarf er überdies gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates. Gemäß Art. 14b Abs. 4 B‑VG bedarf die Kundmachung des Gesetzes der Zustimmung der Länder.


Erläuterungen

A. Allgemeiner Teil

1. Ausgangslage und Zielsetzung

1.1    Mit dem am 30.4.2004 publizierten Legislativpaket der Europäischen Gemeinschaft wird das gemeinschaftliche Vergaberecht auf eine neue rechtliche Basis gestellt. Dieses Legislativpaket besteht aus zwei Richtlinien (Richtlinie 2004/17/EG und 2004/18/EG), die das bisherige Regelungswerk ablösen. Die Umsetzungsfrist für die genannten Richtlinien läuft am 31. Jänner 2006 ab. Inhaltliche Schwerpunkte des Legislativpaketes sind die Modernisierung und Adaptierung des rechtlichen Rahmens für die Vergabe von Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber. Dazu zählen unter anderem die Einführung neuer Vergabeverfahren und die Berücksichtigung neuer Formen der Beschaffung in den Mitgliedstaaten, insbesondere in Form der sog. zentralen Beschaffungsstellen.

1.2.   Im Rahmen des BVergG 2002 wurden bestimmte zukünftige Entwicklungen des Vergaberechts auf Gemeinschaftsebene bereits vorweggenommen. Dazu zählen etwa die Einführung von Bestimmungen über elektronische Vergabeverfahren, elektronische Auktionen und Rahmenvereinbarungen. Die zuletzt genannten Verfahren konnten im Rahmen des BVergG 2002 jedoch nur für den Unterschwellenbereich implementiert werden, da im Oberschwellenbereich die (damals noch geltenden) Richtlinien dies nicht zuließen. Mit In-Kraft-Treten des Legislativpaketes änderte sich diese Situation.

1.3.   In Österreich wurde mit der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) eine Organisation zur zentralen Beschaffung von vornehmlich für den Bund bestimmten Leistungen geschaffen. Durch die Bündelung der Nachfrage und durch die Konzentration des Beschaffungswesens sollen Einsparungspotentiale bei der Beschaffung aktiviert werden. Ein zentrales Instrument der BBG zur Verfolgung ihrer Ziele sind ressortübergreifende Rahmenverträge und Rahmenvereinbarungen. Bisher konnte die Rahmenvereinbarung nur im Unterschwellenbereich eingesetzt werden. Die Rahmenvereinbarung eignet sich jedoch ganz besonders für die BBG, da mit ihr ein Pool von qualifizierten Unternehmen gebildet werden kann, innerhalb dessen während der Laufzeit der Rahmenvereinbarung ein intensiver Wettbewerb unter gleichzeitiger Anpassung des Leistungsgegenstandes an aktuelle Entwicklungen (Technologiesprünge) durchgeführt werden kann. Die Rahmenvereinbarung kann aber auch dazu eingesetzt werden, Aufträge örtlich und zeitlich gestaffelt in kleinen Volumina dergestalt abzurufen, dass etwa bei dezentral organisierten Dienststellen oder unterschiedlichen Leistungsorten kein Lagerbedarf an einer zentralen Stelle für Lieferleistungen besteht („Beschaffung nach Bedarf“). Diese Art der Einkaufsgestaltung ermöglicht insbesondere die Teilnahme von mehreren Klein- und Mittelbetrieben (KMU) an Beschaffungsverfahren.

1.4.   Aufgrund der reichhaltigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Bereich des Vergaberechts sind zahlreiche Adaptionen des BVergG 2002 erforderlich geworden. Beispielhaft können hier die Erkenntnisse in den Rs C-214/00, Kommission gegen Spanien, C-26/03, Stadt Halle, und Rs C-15/04, Koppensteiner, angeführt werden. Auch diverse innerstaatliche Erkenntnisse (z.B. VfGH 21.6.2004, B 531/02-8) erfordern Anpassungen des Gesetzes.

1.5.   Gemäß dem Regierungsprogramm für die XXII.GP (Pkt. 7) wurde im Jahr 2003 eine Evaluierung des BVergG 2002 durchgeführt. Als Hauptprobleme des BVergG 2002 wurden folgende Punkte identifiziert: keine geschlossene Systematik des Gesetzes, Regelungen aus unterschiedlichen Quellen (ÖNORM A 2050 bzw. Richtlinien) führen zu Widersprüchen und terminologischen Problemen, zum Teil sehr ausdifferenzierten Regelungsbereichen des Gesetzes stehen Regelungsbereiche gegenüber, die als zu rudimentär bewertet wurden (z.B. Regelungen über den Ablauf des Verhandlungsverfahrens) und damit Probleme in der Praxis bereiteten, Unklarheiten über den exakten Rechtsbestand insbesondere aufgrund einer ausgeprägten Verweistechnik (bis zur siebenten Ebene) betreffend den Sektorenbereich.

1.6.   Aufgrund der Vielzahl der erforderlichen Adaptionen wurde einer Totalrevision der Vorzug vor einer Einzelnovellierung gegeben. Ziel der Revision des Gesetzes ist die Anpassung an das neu gestaltetet Sekundärrecht auf Gemeinschaftsebene und die Modernisierung des Vergabewesens in Österreich, unter gleichzeitiger Ausnutzung des größtmöglichen Regelungsfreiraumes zur Reduktion der Transaktionskosten bei Wahrung des Niveaus an Rechtssicherheit.

2. Abstimmung mit den Ländern

2.1.   Im Hinblick darauf, dass aufgrund der verfassungsrechtlichen Lage (vgl. Art. 14b B-VG und die Erläuterungen in AB 1118 BlgNR XXI.GP) eine verfassungsrechtliche Mitwirkung der Länder an der Erstellung von Entwürfen zum BVergG in Form der bereits im Jahre 2002 eingerichteten Bund-Länder-Arbeitsgruppe festgeschrieben ist, fanden auch bei der Erstellung des vorliegenden Entwurfes über Einladung des Bundeskanzleramtes mehrfach Gespräche zwischen Vertretern des Bundes und der Länder statt.

2.2.   Das Ergebnis dieser Bemühungen stellt der vorliegende Entwurf dar.

3. Regelungstechnik und Inhalt

3.1.   Der vorliegende Entwurf setzt die Regelungen der EG-Vergaberichtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG unter Wahrung eigenständiger Wesenszüge des österreichischen Rechtssystems in das innerstaatliche Recht um. Entsprechend dem geltenden Bundesvergabegesetz 2002 ist weiterhin im Oberschwellenbereich eine grundsätzliche Beschränkung der bundesgesetzlichen Regelung auf die Umsetzung von EG-Recht vorgesehen (vgl. dazu auch das Rundschreiben des BKA-VD, GZ 600.824/011-V/2/01, in dem auf das Verbot des „Golden-Plating“ gemäß Abschnitt 6.2 des Regierungsprogrammes sowie auf den Beschluss der Landeshauptmännerkonferenz vom 14. April 1999 betreffend die Ablehnung sachlich nicht gerechtfertigter Umsetzungsmaßnahmen durch die Länder hingewiesen wird).

3.2.   Eine derartige Vorgangsweise bringt es mit sich, dass Begriffe, die aus dem EG-Recht übernommen wurden, nicht mehr nach dem österreichischen Rechtsverständnis, sondern vielmehr „autonom“, d.h. unter Berücksichtigung der Ziele des Gemeinsamen Marktes und unter Heranziehung der authentischen Sprachfassungen des jeweiligen Rechtsaktes, ausgelegt werden müssen (etwa EuGH Rs C-287/98, Linster, Slg 2000, I-6917, Rz 43).

Obwohl dies zu Rechtsunsicherheiten führen kann, lehnte sich das BVergG (bereits seit dem Stammgesetz, BGBl Nr. 462/1993) stets eng an den Text der umzusetzenden EG-Richtlinien vor allem aus folgenden Gründen an: Österreich war schon aufgrund des Art. 6 EWRA verpflichtet, EG-Rechtsakte „im Einklang mit den einschlägigen Entscheidungen“ auszulegen, „die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens erlassen hat“. Seit dem Beitritt zur Europäischen Union ist für Österreich die gesamte einschlägige Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) unmittelbar von Bedeutung. Die Verwendung einer vom Wortlaut der EG-Richtlinien abweichenden Terminologie würde jedoch gerade in wichtigen Abgrenzungsfragen dazu führen, dass Aussagen des EuGH zur Interpretation von Richtlinienbegriffen für Österreich entweder häufige Novellierungen des Umsetzungsaktes erforderlich machen würden oder den Gesetzeswortlaut europarechtlich problematisch erscheinen ließen (vgl. dazu § 6 Abs. 1 Z 6 BVergG 2002 und die Judikatur des EuGH zur sog. „in-house“ – Ausnahme, insbesondere Rs C-26/03, Stadt Halle, C-231/03, CONAME, und C-458/03, Parking Brixen). Eine abweichende Terminologie könnte sogar dazu führen, dass der Umsetzungsakt nachträglich als lückenhaft anzusehen wäre, mit der Konsequenz, dass die Richtlinienbestimmungen unmittelbar anzuwenden wären (vgl. dazu VfSlg 15.311/1998).

Darüber hinaus belegt die bisherige Erfahrung, dass die EG-Kommission bei der Konformitätsprüfung aus nahe liegenden Gründen am Wortlaut des Umsetzungsaktes anknüpft. Für eine an der EG-Terminologie orientierte Umsetzung sprachen und sprechen daher auch Praktikabilitätserwägungen.

3.3.   Der Verfassungsgerichtshof hält in ständiger Rechtsprechung (vgl. bereits VfSlg 16.027/2000) fest, dass es dem Gleichheitssatz widerspricht, das bei der Vergabe öffentlicher Aufträge einzuhaltende Verfahren nur im Oberschwellenbereich in umfassender Weise zu regeln. Das Fehlen von außenwirksamen gesetzlichen Regelungen, durch die unmittelbare subjektive Rechtspositionen auf Einhaltung vergabegesetzlicher Vorschriften eingeräumt würden, könne nicht dadurch substituiert werden, dass die zivilgerichtliche Judikatur ohnehin auch bei Fehlen gesetzlicher Regelungen unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche von Bewerbern und Bietern anerkannt habe. Es liegt daher nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes nicht im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, festzusetzen, in welchen Bereichen er die Garantien eines durchnormierten Vergabeverfahrens gewähren möchte. Das schließt jedoch nach Auffassung des VfGH nicht aus, dass der Gesetzgeber im Unterschwellenbereich vereinfachte Vorschriften vorsehen und so auf ein aufwendiges Vergabeverfahren verzichten kann. Bietern im Unterschwellenbereich aber nicht einmal ein Minimum an gesetzlichen Verfahrensgarantien zu gewährleisten, ist nach Ansicht des VfGH sachlich nicht zu rechtfertigen. Darüber hinaus ist aber auch verfassungswidrig, einen vergabespezifischen Rechtsschutz nur oberhalb gewisser Schwellenwerte zur Verfügung zu stellen und sich bei wertmäßig kleineren Vergaben mit einem gerichtsförmigen, jedoch vergaberechtlich nicht so effektiven Rechtsschutz zu begnügen.

Aus dieser Judikatur des VfGH folgt, dass – falls der Gesetzgeber spezifische vergaberechtliche Regelungen sowohl im materiellrechtlichen Bereich wie auch beim Rechtsschutz einführt (im Oberschwellenbereich ist dies gemeinschaftsrechtlich geboten) – es verfassungsrechtlich geboten ist, ein, wenn auch zulässiger Weise vereinfachtes, vergabespezifisches Regime für den Unterschwellenbereich zur Verfügung zu stellen.

Im Unterschwellenbereich gelten nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (vgl. dazu Rs C-59/00, Bent Mousten Vestergaard, Rz 19 und 21; Rs C-324/98, Telaustria, Slg 2000, I-10745, Rz 57 und 60 bis 62 mit Hinweis auf die Rs C-275/98, Rs C-92/00, HI Hospital, Slg 2002, I-5533, Rz 45 bis 47) die gemeinschaftlichen Grundsätze des EGV. Der EuGH hält dazu fest, dass die Grundsätze des EG-Vertrages und insbesondere das Diskriminierungsverbot eine Verpflichtung zur Transparenz einschließen. Kraft dieser Verpflichtung zur Transparenz muss der Auftraggeber zugunsten potenzieller Bieter einen angemessenen Grad von Öffentlichkeit sicherstellen, der den betreffenden Markt (Lieferungen, Bau- oder Dienstleistungen) dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt wurden. Aus diesen gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen resultiert daher bereits ein gewisser Mindeststandard für Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich in Bezug auf Veröffentlichungen, Wahl von transparenten Vergabeverfahren, Setzen angemessener Fristen u.a.m. Darüber hinaus sind aber auch grundsätzliche Transparenzregelungen für Leistungsvergaben iwS erforderlich, um den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen Genüge zu tun.

3.4.   Im Sinne der Transparenz und Übersichtlichkeit der Vorschriften, die für die Vergabe öffentlicher Aufträge einschlägig sind und aufgrund der unter Punkt 3.3. erwähnten Rechtsprechung des VfGH und des EuGH, beinhaltet das BVergG selbst nunmehr sämtliche in diesem Zusammenhang relevanten Regelungen sowohl für den Oberschwellen- wie auch für den Unterschwellenbereich.

3.5.   In Vorbereitung der Umsetzung der Richtlinien wurde vom Bundeskanzleramt im Herbst 2004 zu einer Besprechung hinsichtlich der Schlussfolgerung der im Jahre 2003 erfolgten Evaluierung (vgl. dazu die Aussendung des Bundeskanzleramtes vom 25.4.2003, GZ 600.883/029-V/A/8/2003) eingeladen. Die Ergebnisse der Evaluierung lassen sich in zwei Thesen zusammenfassen: Wunsch nach einer besseren Lesbarkeit des Gesetzes und Wunsch nach einer besseren Strukturierung des Gesetzes (insbesondere im Hinblick auf den Sektorenbereich, der durch die im BVergG 2002 verfolgte Verweistechnik nur schwer verständlich ist). Seitens der WKÖ und des BMWA wurde eine Studie in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse (Vorschlag für eine Neustrukturierung des BVergG) allgemeine Zustimmung fanden.

3.6.   Die Überlegungen für die Neustrukturierung des Bundesvergabegesetzes „neu“ sind von der Annahme ausgegangen, dass eine systematische Neuregelung jedenfalls zwei Ziele verfolgen sollte: Das Vergabeverfahren für den klassischen Bereich soll – ebenso wie für den Sektorenbereich ‑ „geschlossen“ in jeweils eigenen Teilen des BVergG geregelt werden, sodass klar abgegrenzt ist, welche Vorschriften bei Auftragsvergaben im klassischen bzw. im Sektorenbereich zur Anwendung gelangen. Damit im Zusammenhang sollen im Sektorenbereich die „Verweisketten“, die derzeit die Regelungen im Sektorenbereich maßgeblich kennzeichnen, vermieden werden.

3.7.   Folgende „Regelungszugänge“ wurden geprüft und aus den unten dargestellten Gründen wieder verworfen:

Hinsichtlich der materiellen Regelungen des so genannten „klassischen Bereichs“ geht der Entwurf – wie bereits das BVergG 2002 – davon aus, die Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich (OSW) wie im Unterschwellenbereich (USW) grundsätzlich gleich zu behandeln. Das bedeutet, dass grundsätzlich die Regelungen für den OSW auch im USW gelten und nur einzelne Abweichungen (insbesondere bei der Wahl des Vergabeverfahrens, bei den statistischen Verpflichtungen, bei den Bekanntmachungen und bei den Fristen) als Sonderregelungen für den USW zu normieren sind.

Dieser Regelungsstruktur stehen zwei anderen Regelungsvarianten gegenüber:

Variante 1: Die materiellen Regelungen für den „klassischen Bereich“ werden überhaupt in zwei Teile getrennt, in denen jeweils für sich die materiellen Regelungen für den OSW und für den USW enthalten sind. Dieser Regelungszugang bedeutet, dass eine ganze Reihe von Bestimmungen entweder „doppelt geregelt“ oder über umfangreiche Verweisungen vom einen in den anderen Regelungsbereich integriert werden müssen. Die Konsequenzen wären entweder ein äußerst umfangreiches Gesetz (mit dem Problem der Wahrung der Kohärenz insbesondere bei künftigen Änderungen einzelner Bestimmungen in den jeweiligen Regelungsblöcken; dies wäre nur schwierig zu bewältigen und äußerst „fehleranfällig“) oder ein Gesetz, das auf Grund der Vielzahl von Verweisungen dem Vorwurf der schweren Lesbarkeit ausgesetzt wäre (vgl. dazu die zum BVergG 2002 vorgebrachte Kritik betreffend den Sektorenbereich).

Variante 2: Der Unterschwellenbereich wird – in Anlehnung an die derzeit geltende Rechtslage für Dienstleistungskonzessionen – überhaupt nur sehr rudimentär geregelt, indem die Anwendung der allgemeinen Grundsätze der Leistungsvergabe (§ 21 BVergG 2002) sowie die Pflicht zur Bekanntmachung in einem angemessenen Publikationsmedium vorgesehen wird. Damit würde sich die gesetzliche Regelung des Unterschwellenbereiches auf die Anordnung grundlegender Gleichheitsgebote und des Transparenzgebots beschränken. Dies würde jedoch zu großer Rechtsunsicherheit bei Auftraggebern hinsichtlich der konkreten Anforderungen an die Vergabeverfahren führen (zB bei der Wahl des Vergabeverfahrens, Länge der Fristen, Mindestinhalt von Ausschreibungsunterlagen). Da insbesondere die primärrechtlichen Rahmenbedingungen (insbesondere Verpflichtung zur Transparenz) derzeit nicht genau festzumachen sind, wäre eine Vielzahl an Vergabekontrollverfahren sehr wahrscheinlich. Eine weitere Konsequenz wäre voraussichtlich, dass als Kontrollmaßstab der Vergabekontrollbehörden die Regelungen für Vergaben im Oberschwellenbereich herangezogen werden würden; dies könnte zum nicht erwünschten Effekt führen, dass letztendlich das Regime des Oberschwellenbereiches de facto auch im Unterschwellenbereich angewendet werden würde.

Hinsichtlich der Regelungen des „Sektorenbereiches“ verfolgt der Entwurf den Ansatz, in einem eigenen „Sektorenteil“ des BVergG das Vergabeverfahren für Sektorenauftraggeber (mit Ausnahme des Rechtsschutzes) eigenständig zu regeln.

Der Ansatz, die Regelungen des Sektorenbereiches in ein eigenes Gesetz zu gießen, wurde nicht weiter verfolgt, da aus legistischer Sicht eine solche „Doppelregelung“ des Vergaberechts (klassischer Bereich/Sektorenbereich) insbesondere bei künftigen Änderungen einzelner Bestimmungen schwierig zu bewältigen und äußerst „fehleranfällig“ wäre. Dazu kommt, dass eine derartige Regelungstechnik einen hohen Wahrscheinlichkeitsgrad für in einzelnen Details leicht abweichende Regelungen im Sektorenbereich aufweist, was wiederum schwierige Interpretationsfragen und letztlich Rechtsunsicherheit im Hinblick auf das Gesamtrechtssystem im Bereich des Auftragswesens mit sich bringen würde. Schließlich wäre bei einem eigenen „Sektorenvergabegesetz“ die notwendige Verzahnung mit dem Rechtsschutzteil erheblich schwieriger, als dies bei einer bloßen Untergliederung in eigene Teile der Fall ist.

Es wäre auch möglich, die Regelungen des Sektorenbereiches umfassend und abschließend im BVergG zu gestalten. Dieser Ansatz nimmt jedoch in Kauf, dass Regelungen, die auch schon im klassischen Bereich existieren, im Sektorenbereich „doppelt“ und unter Umständen völlig inhaltsgleich geregelt werden. Der Vorteil dieses Ansatzes läge darin, völlig ohne Verweise auf andere Teile des BVergG auszukommen. Der Nachteil wäre ein rein textmäßig durchaus umfangreicher Regelungsteil für den Sektorenbereich und ein gegenüber dem bisherigen Zustand umfangmäßig sehr erweitertes Gesetz.

Ein weiterer möglicher Ansatz, der die oben beschriebenen Nachteile weitgehender „Doppelregelungen“ zu vermeiden sucht, wäre, alle Bestimmungen, die für den „klassischen“ wie den „Sektorenbereich“ gleichermaßen gelten sollen, in einem zu regeln und gleichsam „vor die Klammer“ zu ziehen. Erst im Anschluss sollten dann die Spezialregelungen für den „klassischen Bereich“ und den „Sektorenbereich“ angeschlossen werden.

Der Nachteil dieses Ansatzes liegt darin, dass der „Überschneidungsbereich“ zwischen „klassischem“ Bereich und „Sektorenbereich“ Regelungen an unterschiedlicher systematischer Stelle umfasst. Ein „vor die Klammer ziehen“ dieser Regelungen hätte damit die Konsequenz, dass eine geschlossene Systematik sowohl im „klassischen Bereich“ als auch im „Sektorenbereich“ nicht mehr verwirklicht werden könnte.

Die Arbeitsgruppe entschloss sich daher einen Ansatz zu verfolgen, der versucht, möglichst viele Vorteile zu kombinieren und möglichst wenig Nachteile in Kauf zu nehmen. Der im Folgenden vorgeschlagene Ansatz für eine Systematisierung der Regelungen für den „Sektorenbereich“ basiert auf folgenden Grundgedanken:

- Der „Sektorenteil“ soll in sich geschlossen lesbar und verständlich sein. Verweise erfolgen daher immer nur vom Sektorenteil in den klassischen Teil (und nicht, wie bisher, auch umgekehrt) und enthalten immer nur Verweise „erster Ordnung“, also insbesondere keine Weiterverweise in den verwiesenen Bestimmungen.

- Auf Regelungen des „klassischen Teils“ wird nur dort verwiesen, wo ein gesamter „Regelungsblock“ des klassischen Teils gleichsam in den Sektorenteil „inkorporiert“ werden soll. Dies erscheint sinnvoller, als diesen „Regelungsblock“ im Sektorenteil inhaltlich unverändert „abzuschreiben“.

- Wo nur einzelne Regelungen oder überhaupt nur Teilregelungen sowohl im klassischen wie im Sektorenteil gelten sollen, werden zur besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit diese Regelungen bzw. Regelungsteile im Sektorenteil nochmals ausdrücklich wiedergegeben.

- Der systematische Aufbau des klassischen Teils und des Sektorenteils ist gleich. Daraus folgt, dass die grundsätzlichen Prämissen, von denen das System im klassischen Teil ausgeht, auch für den Sektorenteil gelten: Das bedeutet zum einen, dass grundsätzlich die Regelungen für den Oberschwellenbereich auch im Unterschwellenbereich gelten und für den Unterschwellenbereich nur Abweichungen/Vereinfachungen im Einzelfall normiert sind.

3.8.   Die Anhänge wurden den Richtlinien entsprechend gestaltet und zT sprachlich neu gefasst. Darüber hinaus wurde in Anhang V die Liste der zentralen öffentlichen Auftraggeber (nicht mehr: zentrale Beschaffungsstellen um eine Verwechslung mit den neu definierten zentralen Beschaffungsstellen im Sinne der Richtlinien zu vermeiden) in ihrer derzeit aktuellen Version in das BVergG aufgenommen.

3.9.   Auf Grund der Vielzahl der neu zu fassenden Bestimmungen, der neuen Strukturierung und zur Wahrung der Übersichtlichkeit sieht der vorliegende Entwurf eine Neuerlassung des BVergG anstatt einer Einzelnovellierung vor.

4. Kompetenzgrundlage

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Verfassungsbestimmungen ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 1 B-VG. Die Zuständigkeit zur Erlassung der übrigen Regelungen dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 14b Abs. 1 B-VG.

5. Verfassungsbestimmungen

Dieses Bundesgesetz enthält folgende Verfassungsbestimmungen:, § 291 Abs. 3 (sinngemäße Geltung des Art. 89 B-VG auch für das Bundesvergabeamt), § 294 Abs. 2 Z 3 (Amtsenthebung des Vorsitzenden, des stellvertretenden Vorsitzenden und eines Senatsvorsitzenden durch Beschluss der Bedienstetenversammlung), § 295 (Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Mitglieder des Bundesvergabeamtes), § 309 Abs. 2 (Bindung der im gemeinsamen Geschäftsapparat der Bundes-Vergabekontrollkommission und des Bundesvergabeamtes tätigen Bediensteten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit an die fachlichen Weisungen des jeweiligen Vorsitzenden), § 345 Abs. 1 Z 2 (In-Kraft-Treten der Verfassungsbestimmungen des BVergG) und § 345 Abs. 1 Z 4 (Außer-Kraft-Treten der Verfassungsbestimmungen des BVergG 2002).

6. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Im Hinblick auf die im vorliegenden Entwurf enthaltenen Verfassungsbestimmungen kann dieser gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden. Da durch den Entwurf die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung eingeschränkt werden soll, bedarf er überdies gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates. Gemäß Art. 14b Abs. 4 B‑VG bedarf die Kundmachung des Gesetzes der Zustimmung der Länder.

7. Finanzielle Auswirkungen

7.1.   Eine genaue Abschätzung der volkswirtschaftlichen Einsparungseffekte durch ein optimal strukturiertes Vergabewesen ist nicht möglich (vgl. dazu bereits die im Jahre 1990 im Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen durchgeführte Studie über die ökonomischen Auswirkungen einer Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens, erschienen unter dem Titel ,,Ende des Protektionismus ökonomische Effekte der Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens in Österreich“, herausgegeben von J. M. BAUER und M. MARTERBAUER im Servicefachverlag Wien 1991, insbesondere S 144).

7.2.   Andererseits sind mit der Transparenz, der Liberalisierung und der Internationalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens im Rahmen der Gemeinschaft bzw. des Europäischen Wirtschaftsraumes gesamtwirtschaftliche Kostenvorteile verbunden, welche ebenfalls aus folgenden Faktoren resultieren: Ein Effekt ergibt sich aus dem intensivierten Wettbewerb, der zusätzlichen Preisdruck auf die heimischen Produzenten ausübt. Der zweite Effekt resultiert aus langfristigen Strukturänderungen der Industrie, vor allem in Form von Unternehmenskonzentrationen (vgl. schon Paolo CECCHINI, Europa 92: Der Vorteil des Binnenmarktes, Baden-Baden 1988; Europäische Kommission, A report on the functioning of public procurement markets in the EU: benefits from the application of EU directives and challenges for the future, Bericht vom 3.2.2004).

7.3.   Betreffend die Einsparungen auf Grund des mit einer Liberalisierung des öffentlichen Vergabewesens verbundenen stärkeren Wettbewerbs ist auf Folgendes zu verweisen. 1988 wurden vom öffentlichen Sektor in Österreich Aufträge im Wert von 207 Milliarden Schilling vergeben, 1999 wurden bereits öffentliche Aufträge im Wert von 35,23 Milliarden Euro, dies entspricht 17,9% des BIP, vergeben, 2002 betrug der Anteil des öffentlichen Auftragswesens 16,46% des BIP. Bei einer konsequenten Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens in Österreich wird nach Schätzungen kurzfristig mit jährlichen Einsparungen in der Höhe von 1% des Gesamtauftragswertes gerechnet, das langfristige Sparpotenzial wird auf 2% des Gesamtauftragswertes geschätzt. Jeweils etwa 80% dieser Preissenkungen würden sich im Bereich des Bundes und der Bundesunternehmen ergeben. Einsparungen ergeben sich weiters durch die effiziente Organisation des Vergabewesens des Bundes in Form der Bundesbeschaffung GesmbH. Durch Volumensbündelung und Prozessoptimierung im Bereich der Bundesbeschaffung wird eine jährliche Einsparung von zirka 41,5 Millionen Euro allein bei den Beschaffungsgruppen Strom, Erdgas/Wärme, Telekomleistungen, Post und Datenleitungen, Reinigungsdienstleistungen, Fuhrpark, Treibstoffe, Transporte und IT-Beschaffungen (vgl. dazu näher die Verordnung BGBl. II Nr. 208/2001) erwartet. Durch die allfällige Einbeziehung weiterer Beschaffungsgruppen wird eine weitere Erhöhung des Einsparpotenzials erwartet (vgl. dazu näher die Erläuterungen zum BB-GmbH-Gesetz, 486 BlgNR XXI. GP, S 7/8). Darüber hinaus ist auf zu erwartende Einsparungseffekte durch die gezielte Nutzung bestimmter Formen der elektronischen Auftragsvergabe sowie auf die Nutzung der elektronischen Medien (Einsatz von E-Mail, Verwendung von Ausschreibungsdatenbanken und Einsatz von standardisierten Prozessen und Applikationen usw.) zu verweisen. Nach einer Studie der KPMG Consulting AG für das BMWi in Berlin (Juli 2001) beträgt das Einsparpotenzial von inversen elektronischen Auktionen gegenüber traditionellen Beschaffungsmethoden zwischen 5 und 7% bezogen auf die jeweiligen Einkaufspreise. Durch die Übermittlung von Ausschreibungsunterlagen, Benachrichtigungen und anderen Texten im Zuge des Vergabeverfahrens via E-Mail wird einerseits eine rasche aber auch zugleich eine sehr kostengünstige Übermittlung ermöglicht. Auch die Möglichkeit des Abrufes von Ausschreibungsbekanntmachungen und Ausschreibungsunterlagen über das Internet (insbesondere durch Einrichtung eines sog. „Beschafferprofils“) trägt zu einer kostengünstigen Abwicklung des Vergabeverfahrens bei. Der Einsatz von elektronischen Medien kann aber darüber hinaus zu weiteren signifikanten Einsparungen führen: Erfahrungen zeigen, dass durch die gezielte Verständigung von Unternehmen durch Betreiber von Ausschreibungsdatenbanken der (traditionelle) Anbieterkreis wesentlich erweitert werden konnte und der Auftraggeber bei Einzelvergaben Einsparungen in der Höhe von bis zu 40% (im Vergleich zu bisherigen Vergabesummen) erzielen konnte. Im Zusammenhang mit den elektronischen Beschaffungsverfahren ist jedoch darauf hinzuweisen, dass (sowohl volkswirtschaftliche wie betriebswirtschaftliche) Einsparungseffekte nur dann zu erwarten sind, wenn standardisierte Lösungen auf breitester Basis (idealer Weise auf Gemeinschaftsebene) eingesetzt werden. Da die Anschaffung von Softwarelösungen und von Hardware hohe Kosten (beim Auftraggeber) verursacht, sollte die Lösung für möglichst viele Anwender zur Nutzung offen stehen. Darüber hinaus zeigt die Erfahrung in Deutschland, dass zu viele von Auftraggebern implementierte elektronische Beschaffungsverfahren hohe Kosten bei den Unternehmern verursachen. Diese müssten ihre internen Strukturen, Abläufe und Schnittstellen an eine große Anzahl von Beschaffungsverfahren anpassen, um sich an elektronisch abgewickelten Vergabeverfahren beteiligen zu können. Dadurch steigen die Kosten auf Unternehmerseite und die Anreize für eine Beteiligung an elektronisch abgewickelten Vergabeverfahren sinken.

7.4.   Im Vergleich zum BVergG 2002 ergeben sich durch den vorliegenden Entwurf folgende Änderungen hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen:

Durch die Möglichkeit des Einsatzes von neuen Vergabeverfahren (zB Rahmenvereinbarungen) auch im Oberschwellenbereich können im Vergleich zu den bisher zur Verfügung stehenden Beschaffungsverfahren Einsparpotentiale realisiert werden, die jedoch mangels entsprechender Erfahrungswerte nicht beziffert werden können. Nicht quantifizierbaren Mehrkosten für die Implementierung neuer Verfahren stehen ebenso nicht quantifizierbare Einsparungspotentiale durch den Einsatz neuer Beschaffungstechniken und den Einsatz elektronischer Vergabeverfahren gegenüber. Die Höhe der Einsparungen ist nicht zuletzt deswegen nicht allgemein quantifizierbar, da sie von individuellen Faktoren der Auftraggeber (zB Häufigkeit der Anwendung von Rahmenvereinbarungen, konkrete Ausgestaltung der Ausschreibungsbedingungen seitens der zentralen Beschaffungsstelle, tagesaktuelle Preise bei zweiter „Wettbewerbsrunde“ im Rahmen eines dynamischen Beschaffungssystems oder bei einer Rahmenvereinbarung) aber auch von den konkret nachgefragten Leistungen abhängt. Es wird jedoch (ebenso wie die Kommission, der Rat und das Europäische Parlament, vgl. insbesondere Erwägungsgrund 15 der Richtlinie 2004/18/EG) davon ausgegangen, dass die Einsparungseffekte in ihrer Gesamtheit überwiegen (insbesondere durch Senkung der Transaktionskosten auf Auftraggeberseite).

Seit dem In-Kraft-Treten des BVergG 2002 entwickelte sich die Zahl der Vergabekontrollverfahren wie folgt: 2002:  79 Verfahren (Zeitraum 1.9.2002 bis 31.12.2002); 2003:  147 Nachprüfungsverfahren (100 Verfahren Oberschwellenbereich [OSW], 47 Verfahren Unterschwellenbereich [USW]), 122 Anträge auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung (89 im OSW, 33 im USW), 16 Feststellungsverfahren (12 im OSW, 4 im USW); 2004:  134 Nachprüfungsverfahren (83 im OSW, 51 im USW), 118 Anträge auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung (71 im OSW, 47 im USW), 14 Feststellungsverfahren (8 im OSW, 6 im USW); 2005 (Stand 7.10.2005):  107 Nachprüfungsverfahren, 95 Anträge auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung und 7 Feststellungsverfahren. Laut Bundesvergabeamt (BVA) ist eine verstärkte Inanspruchnahme des BVA in jüngster Zeit zu beobachten, sodass von einer geringfügig höheren Zahl an Vergabekontrollverfahren am Jahresende auszugehen ist.

Der Aufwand für die Bundes-Vergabekontrollkommission betrug 2004  4.719.- Euro, 2005 (Stand 7.10.2005)  1.544.- Euro. Der Aufwand für die Beisitzer im Bundesvergabeamt (Sitzungsgelder) betrug 2004  36.804.- Euro, 2005 (Stand 7.10.2005)  14.310.- Euro. Aus Pauschalgebühren wurden 2005 (Stand 7.10.2005) 466.750.- Euro lukriert (davon 49.200.- Euro aus Teilnahmeanträgen). Aufgrund der Gebührenpflicht nach dem Gebührengesetz wurden 2005 (Stand 7.10.2005) 16.518.- Euro eingenommen.

Durch die Abschaffung der Teilnahmeanträge ergibt sich ebenfalls eine Mindereinnahme. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass diesen Mindereinnahmen jene Mehreinnahmen gegenüberstehen, die sich aus der Tatsache ergeben, dass der Antragsteller nunmehr einen (voll zu vergebührenden) Hauptantrag stellen muss. Dies hat zur Folge, dass unter diesem Titel mit Mehreinnahmen zu rechnen ist (bei Beibehaltung der bisherigen Tendenz ca. 55 000 Euro).

Durch die Auflösung der Bundes-Vergabekontrollkommission ergeben sich geringfügige Einsparungen (2004  4.719.- Euro), denen erhöhte Aufwendungen beim BVA in Form von Sitzungsgeldern durch die nunmehr vorgesehene Befassung von Senaten auch im Unterschwellenbereich gegenüberstehen (bei Beibehaltung der bisherigen Anzahl von Kontrollverfahren und basierend auf den Zahlen von 2004 ca. 23.000.- Euro).

8. Umzusetzende bzw. zu berücksichtigende EG-Rechtsvorschriften:

8.1.   Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (Rechtsmittelrichtlinie), ABl. Nr. L 395 vom 30. Dezember 1989, S. 33, in der Fassung von Art. 41 der Richtlinie 92/50/EWG.

8.2.   Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (Sektorenrechtsmittelrichtlinie), ABl. Nr. L 76 vom 23. März 1992, S. 14.

8.3.   Richtlinie 94/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über die Erteilung und Nutzung von Genehmigungen zur Prospektion, Exploration und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen, ABl. Nr. L 164 vom 30. Juni 1994, S. 3.

8.4.   Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, ABl. Nr. L 134 vom 30.4.2004, S. 1.

8.5.   Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, ABl. Nr. L 134 vom 30.4.2004, S. 114, idF der Berichtigung ABl. Nr. L 351 vom 26.11.2004, 44.

8.6.   Entscheidung der Kommission vom 7. Januar 2005 über die Durchführungsmodalitäten für das Verfahren nach Artikel 30 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, ABl. Nr. L 7 vom 11.1.2005, S. 7.

8.7.   Verordnung (EG) Nr. 1564/2005 der Kommission vom 7. September 2005 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Vergabebekanntmachungen im Rahmen von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge gemäß der Richtlinie 2004/17/EG und der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. Nr. L 257 vom 01.10.2005, S. 1.

8.8.   Richtlinie 2005/51/EG der Kommission vom 7. September 2005 zur Änderung von Anhang XX der Richtlinie 2004/17/EG und von Anhang VIII der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über öffentliche Aufträge, ABl. Nr. L 257 vom 01.10.2005, S. 127.

Besonderer Teil

Zu den Bestimmungen

Zu § 1 (Regelungsgegenstand):

Die Bestimmung enthält eine allgemeine und programmatische Umschreibung des Geltungsbereiches des BVergG. Der Begriff „Vergabeverfahren“ im Sinne des § 1 Abs. 1 umfasst alle Vorgänge (Verfahren) zur Beschaffung von Leistungen. Er stellt somit einen Überbegriff für die in der Aufzählung enthaltenen Beschaffungsvorgänge dar und wird in weiterer Folge im Gesetz auch mit dieser Bedeutung verwendet.

Durch das Wort „insbesondere“ wird zum Ausdruck gebracht, dass die Umschreibung nicht abschließend ist (vgl. etwa die Regelung des § 3 Abs. 5). Auch ergibt sich aus der Aufzählung nicht, dass alle darin genannten Verfahren in gleicher Weise bzw. gleichermaßen dem BVergG unterliegen. Durch die Unterteilung in vier Ziffern sollen die vier wesentlichen Teile (so genannter klassischer Teil, Sektorenteil, Rechtsschutzteil, Außerstaatliche Kontrolle und zivilrechtliche Bestimmungen) klar erkennbar sein.

§ 1 Abs. 2 setzt die Regelung des Art. 9 Abs. 2 der Sektorenkoordinierungsrichtlinie (SKRL) 2004/17/EG um. Ist somit objektiv nicht feststellbar, ob eine Auftragsvergabe den Bestimmungen des 2. oder des 3. Teils unterliegt, so sollen die – strengeren – Vorschriften des 2. Teils für öffentliche Auftraggeber zur Anwendung kommen. Aus dieser Bestimmung folgt, dass es für die Zuordnung eines Vergabeverfahrens zum 2. oder zum 3. Teil auf den Hauptgegenstand des Auftrages ankommt. Wird daher ein Gebäude errichtet, das einerseits das Gemeindeamt beherbergt (sog. „klassischer“ Bereich) andererseits als Busstation dient, so richtet sich die Zuordnung des Bauauftrages nach dem Hauptgegenstand des Auftrages, der in concreto etwa nach der Größenordnung der Flächen für das Gemeindeamt bzw. die Busstation beurteilt werden kann. Beim Kauf eines Kopiergerätes das sowohl einer Sektorentätigkeit dient als auch für den klassischen Bereich eingesetzt wird, könnte der Hauptgegenstand an Hand der kopierten Seiten für die jeweiligen Bereiche eruiert werden.

Erwägungsgrund 29 der RL 2004/17/EG hält dazu fest: „Um die Erfordernisse in mehreren Tätigkeitsbereichen zu erfüllen, können Aufträge vergeben werden, die unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterworfen sein können. Es sollte klargestellt werden, dass für die rechtliche Regelung, die auf einen mehrere Tätigkeiten umfassenden Einzelauftrag anzuwenden ist, die Vorschriften gelten sollten, die auf die Tätigkeit anzuwenden sind, auf die der Auftrag in erster Linie abzielt. Die Ermittlung der Tätigkeit, auf die der Auftrag in erster Linie abzielt, könnte auf einer Analyse der Erfordernisse, zu deren Erfüllung der betreffende Auftrag vergeben werden soll, beruhen, welche vom Auftraggeber erstellt wird, um den Auftragswert zu veranschlagen und die Verdingungsunterlagen zu erstellen. In bestimmten Fällen, beispielsweise beim Ankauf eines einzelnen Geräts für die Fortsetzung von Tätigkeiten, für die keine Informationen verfügbar sind, die eine Veranschlagung des jeweiligen Auslastungsgrades ermöglichen, könnte es objektiv unmöglich sein, die Tätigkeit zu ermitteln, auf die der Auftrag in erster Linie abzielt. Es sollte festgelegt werden, welche Vorschriften in diesen Fällen anzuwenden sind.“

§ 1 Abs. 3 setzt die Regelung des Art. 9 Abs. 1 zweiter UAbs. der RL 2004/17/EG um. Dieses Umgehungsverbot bezieht sich sowohl auf das willkürliche Trennen von zusammengehörigen Aufträgen (zur Unterschreitung der gemeinschaftsrechtlichen Schwellenwerte), wie auch auf das willkürliche „Koppeln“ von nicht zusammengehörigen Aufträgen (z.B. Zusammenziehen von „ausgenommenen“ Aufträgen mit „nicht ausgenommenen“ Aufträgen) mit dem Ziel, dem Anwendungsbereich des gemeinschaftsrechtlichen Vergaberechts (oder zumindest bestimmter Teile davon) zu entgehen.

Da die Regelungen der Abs. 2 und 3 für den klassischen Bereich (2. Teil) wie auch den Sektorenbereich gleichermaßen von Bedeutung sind, ist es angebracht, diese Bestimmungen in den allgemeinen 1. Teil aufzunehmen. Betreffend Abs. 2 und 3 ist auch auf die Erläuterungen zu §173 zu verweisen.

Zu § 2 (Begriffsbestimmungen):

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen § 20 BVergG 2002. Da die Begriffsbestimmungen für den 2. und 3. Teil gleichermaßen maßgeblich sind, werden die Definitionen in den allgemeinen 1. Teil aufgenommen. Wie bereits bisher sind die Definitionen alphabetisch gereiht. Durch den umfassenden Definitionenkatalog werden eine möglichst exakte Begriffsbestimmung und damit ein möglichst genaues (und einheitliches) Begriffsverständnis und mittelbar dadurch ein einheitlicherer Vollzug durch die Auftraggeber (aber auch die Unternehmer) erzielt.

Der Definitionenkatalog des § 20 BVergG 2002 wird um einige Definitionen ergänzt. Zusätzliche Neuerungen ergeben sich durch die Übernahme der Inhalte der E-Procurement-Verordnung, BGBl. II Nr. 183/2004, in das Bundesvergabegesetz. Umgekehrt wurden aber die Definitionen für die Verfahrensarten selbst aus dem Katalog der Begriffsbestimmungen herausgenommen und stattdessen in die jeweiligen Regelungen in den §§ 25 und 26 (Arten der Auftragsverfahren sowie Arten des Wettbewerbes) aufgenommen; durch diese Neuerung soll die Zahl der Regelungen, die für eine bestimmte Verfahrensart maßgeblich sind, reduziert werden.

Die Definitionen für die besonderen und ausschließlichen Rechte bzw. die öffentlichen Unternehmen finden sich nunmehr bei der Umschreibung des persönlichen Geltungsbereiches im Sektorenteil (§§ 166 Abs. 2 bzw. 165 Abs. 2).

Zu Z 1: Da die Kategorie der Abänderungsangebote neu in das BVergG aufgenommen wird, ist es erforderlich, den Begriff zu definieren. Hintergrund der Neuregelung ist das in der Praxis bestehende Problem, wie bei der Vergabe nach dem Billigstangebotsprinzip mit Angeboten umgegangen werden soll, die von der ausgeschriebenen Leistung in technischer Hinsicht in einem sehr geringen Ausmaß abweichen. Derartige Angebote stellten nach dem bisherigen System Alternativangebote dar, die bei einer Auftragserteilung auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis nicht zulässig sind und daher als nicht ausschreibungskonform auszuscheiden wären. Ein solches Ausscheiden wäre aber unzweckmäßig, da einerseits dem Auftraggeber weniger Angebote im Vergabeverfahren zur Verfügung stünden, andererseits erlaubt das Abänderungsangebot dem Unternehmer auch eine gewisse Flexibilität und die Chance auf Anbotslegung (etwa mit dem bereits beim Unternehmer vorhandenen Material). Voraussetzung ist, dass die angebotene Leistung mit der vom Auftraggeber verlangten technisch gleichwertig ist. Gleichwertig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Abänderungsangebot in technischer Hinsicht zumindest die gleichen (Leistungs-)Anforderungen erfüllt wie die ausgeschriebene Leistung. Es ist daher auch möglich, dass Abänderungsangebote die Leistungsanforderungen übererfüllen (z.B. höhere Korrosionsbeständigkeit aufgrund eines anderen Materials bei gleicher Verformungsfestigkeit). Da Abänderungsangebote Abweichungen nicht in einem Ausmaß beinhalten dürfen, wie sie bei Alternativangeboten zulässig sind, ist für die Prüfung, ob es sich bei einem konkreten Angebot noch um ein Abänderungsangebot oder bereits um ein Alternativangebot handelt, ein strenger Maßstab anzulegen. Es ist eine Einzelfallbetrachtung anzustellen, wobei in die Bewertung qualitative und quantitative Kriterien einzufließen haben (wie viele Positionen sind betroffen, beinhaltet das Abänderungsangebot ein anderes technisches Lösungskonzept als die Amtsvariante usw.). Die Annahme von Abänderungsangeboten darf daher nicht dazu führen, dass der Auftraggeber zu Änderungen in seiner Planung (zB bei Anschlüssen) gezwungen wird. Abänderungsangebote betreffen typischerweise nur einzelne Positionen (zB runde statt eckige Schächte für die Kabelführung, andere Rohrformen, andere Materialwahl z.B. bei Aufhängungen). Da Abänderungsangebote aufgrund der Definition nur Abweichung in technischer Hinsicht erfassen, sind Angebote mit Abweichungen wirtschaftlicher oder rechtlicher Art wie bisher als Alternativangebote zu qualifizieren.

Zu Z 2: Ein „Alternativangebot“ ist ein Vorschlag über eine alternative Leistungserbringung (zB Ausführung) oder Lieferung eines Bieters. Ein Alternativangebot ist ein vom ausgeschriebenen Vertragsinhalt abweichendes Angebot. Dies kann alternative Leistungen, Zahlungsmodalitäten (zB Ratenzahlung) oder sonstige Konditionen (zB Leistungs- oder Gewährleistungsfristen) betreffen. Die Abgrenzung zum nicht genehmigungsfähigen aliud bzw. zum Abänderungsangebot (Z 1) kann nur im Einzelfall an Hand der konkreten Festlegungen des Auftraggebers bzw. dem Abänderungsangebot getroffen werden.

Zu Z 3: Dem vergaberechtlichen Angebot entspricht in der Terminologie des Zivilrechtes der „Antrag“ gemäß § 862 ABGB. Ein „Antrag“ ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die dem Auftraggeber gegenüber abzugeben ist. Kein Angebot – mangels Bindungswillen des Erklärenden – ist ein „freibleibend“ gestelltes Angebot oder eine unverbindliche Preisauskunft.

Zu den Z 4 bis 6: Diese Bestimmungen entsprechen § 2 Z 1 bis 3 der E-Procurement-Verordnung. § 108 Abs. 1 nennt die zwingenden Mindestinhalte eines Angebotes. Das Angebot als Antrag im Sinne des § 862 ABGB umfasst daher auch alle für die Beurteilung des Angebotes geforderten oder vom Bieter für notwendig erachtete Erläuterungen, besondere Erklärungen, sonstige Dokumente, Unterlagen und Nachweise, die als gesonderte elektronische Beilagen (d.h. als eigenständige elektronische Dokumente) oder als (gesonderte) Papierbeilagen eingereicht werden können.

Z 4 definiert den Begriff des Angebotsbestandteiles, das sind alle gesonderten Teile eines (aus mehreren Teilen bestehenden) Angebotes (das Angebot ist daher die Summe aller Angebotsbestandteile). „Gesondert“ bedeutet in diesem Fall „eigenständig errichtet“. Angebotsbestandteile sind daher gesonderte Beilagen (in Papierform oder in elektronischer Form), die Teil des Angebotes bilden und insbesondere nähere Angaben über technische Spezifikationen enthalten, Pläne usw. Als Angebotsbestandteil ist auch ein Alternativ- oder ein Abänderungsangebot anzusehen, das in einem eigenständigen Dokument gleichzeitig mit dem ausschreibungsgemäßen Angebot erstellt und gleichzeitig mit oder zeitlich getrennt von diesem eingereicht wird.

Das Dokumentenformat der Angebotsbestandteile kann unterschiedlicher Natur (Pläne usw.) und als solches unter Umständen nicht sicher signierfähig sein. Im Zusammenhang mit der Gewährleistung der Echtheit, Unverfälschtheit und Vollständigkeit elektronisch eingereichter Angebote erweist es sich als notwendig, jenen Teil des Angebotes, d.h. jenen Angebotsbestandteil, der zwingend gewisse Mindestangaben (Name des Bieters, Preisangaben sowie das Angebotsinhaltsverzeichnis) enthält, in der Z 5 neu als Angebotshauptteil zu definieren. Jeder Angebotshauptteil ist daher ein Angebotsbestandteil jedoch nicht umgekehrt. Durch den Begriff „zumindest“ wird klargestellt, dass der Angebotshauptteil auch weitere Angaben gemäß § 108 Abs. 1 enthalten kann. Durch den Begriff „allfällig“ in Z 5 lit. e wird zum Ausdruck gebracht, dass Alternativ- oder Abänderungsangebotspreise nur dann zwingender Bestandteil des Angebotshauptteiles sind, wenn der Bieter ein Alternativ- oder Abänderungsangebot legt. Ein Angebotsbestandteil, der nicht alle zwingenden Angaben gemäß Z 5 enthält, ist daher kein Angebotshauptteil. Wird daher ein Angebot ohne einen formgerechten Angebotshauptteil elektronisch eingereicht, so handelt es sich hierbei um ein fehlerhaftes bzw. unvollständiges Angebot gemäß § 129 Abs. 1 Z 7 (das Angebot besteht allein aus Angebotsbestandteilen, es fehlt der Angebotshauptteil). Da dieser Fehler nicht behebbar ist (eine sichere Verkettung ist aufgrund der Definition der Z 31 allein zwischen Angebotshauptteil und Angebotsbestandteilen möglich), ist ein solcherart mangelhaftes Angebot auszuscheiden. Der neu definierte Begriff des Angebotshauptteiles entspricht in etwa dem ebenfalls geläufigen Begriff des „Angebotsschreibens“ bei einer standardisierten Leistungsbeschreibung. Der Angebotshauptteil muss jedenfalls in einem einzigen, sicher signierfähigen und vom Auftraggeber festgelegten Dokumentenformat erstellt werden und bildet – auch im Hinblick auf den Fall der sicheren Verkettung der Angebotsbestandteile gemäß § 115 – den „Kern“ eines Angebotes.

Das ebenfalls neu definierte Angebotsinhaltsverzeichnis (Z 6) bezeichnet die vollständige Aufzählung der dem Angebotshauptteil beigeschlossenen oder gesondert eingereichten Angebotsbestandteile (vgl. § 108 Abs. 1 Z 7 zweiter Halbsatz). In dieser Aufzählung sind nicht nur die elektronisch eingereichten Dokumente und Unterlagen sondern auch die (allenfalls nur in Papier verfügbaren) sonstigen Dokumente und Unterlagen anzuführen. Das Angebotsinhaltsverzeichnis ist zwingender Bestandteil des Angebotshauptteiles (vgl. § 108 Abs. 1 Z 7 iVm der Definition in § 2 Z 5). Angebotsbestandteile in Papier (vgl. § 113) müssen im Angebotsinhaltsverzeichnis ebenfalls angeführt werden. Dabei muss für den Auftraggeber in eindeutiger Weise erkennbar sein, worauf sich der konkrete Angebotsbestandteil bezieht bzw. welchen Inhalt er hat (zB „Bankgarantie der XY Bank zum Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gemäß § 74 BVergG“, „Auskunft aus der zentralen Verwaltungsstrafevidenz gemäß § 28b AuslBG zum Nachweis der besonderen beruflichen Zuverlässigkeit“).

Zu Z 7: Arbeitsgemeinschaften sind Gelegenheitsgesellschaften, die nicht auf den Betrieb eines bestimmten Geschäftszweiges, sondern auf ein bestimmtes Geschäft gerichtet sind. In der gesetzlichen Typologie ist eine ARGE als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesBR) im Sinne des § 1175 ABGB zu qualifizieren. Sind die Gesellschafter Handelsleute (Kaufmänner) – dies ist im Bereich des Vergaberechts regelmäßig der Fall – so haften sie kraft gesetzlicher Anordnung solidarisch, falls nicht anderes mit dem Vertragspartner vereinbart wird (vgl. § 1203 ABGB, Art. 8 N. 1 EVHGB; OGH 7. Februar 1989, 4 Ob 513/89, 13. Mai 1993, 2 Ob 608/92). Hinzuweisen ist im Zusammenhang mit dieser Definition auf die Neuregelung in § 20 Abs. 2, wonach Arbeitsgemeinschaften – ebenso wie Bietergemeinschaften – in gewissem Umfang Parteifähigkeit und somit Rechtsfähigkeit (ausschließlich nach BVergG) zukommt (vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 20 Abs. 2).

Zu Z 8: Gegenüber der bisherigen Regelung (vgl. § 20 Z 4 BVergG 2002) wird der Begriff „natürliche oder juristische Person“ durch den Begriff „Rechtsträger“ ersetzt. Die Auftraggebereigenschaft richtet sich allein danach, wer zivilrechtlicher Vertragspartner werden soll. Tritt daher eine vergebende Stelle (zB die X-AG) „namens und auftrags“ bzw. „in Vertretung“ eines anderen Rechtsträgers (zB eines Landes) und nicht in eigenem Namen und auf eigene Rechnung auf, so wird der (vertretene) Rechtsträger gemäß § 1017 ABGB durch den von der vergebenden Stelle geschlossenen Vertrag berechtigt und verpflichtet. Die Tätigkeit der vergebenden Stelle für den „dahinter stehenden“ Rechtsträger ist als rechtsgeschäftliche Stellvertretung zu qualifizieren und eben dieser Rechtsträger ist daher als Auftraggeber anzusehen. Deshalb wurde in das Gesetz zur Klarstellung und Unterscheidung auch eine Definition der „vergebenden Stelle“ aufgenommen (vgl. Z 41). Obwohl bereits im BVergG 2002 der Auftraggeber und die vergebende Stelle getrennt definiert und die Unterschiede in den Erläuterungen – vgl. AB 1118 BlgNR XXI. GP – hinreichend erläutert worden sind, gab es in der Praxis immer wieder Probleme auf Grund unklarer Ausschreibungen. Zur Verdeutlichung ist daher in § 80 Abs. 1 nunmehr vorgesehen, dass der Auftraggeber und – sofern vorhanden – die vergebende Stelle in den Ausschreibungsunterlagen oder in der Bekanntmachung genau zu bezeichnen sind.

Zu Z 9: Als Unternehmer und daher auch Auftragnehmer im Sinne der Z 9 gelten auch eine EWIV (Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung) oder eine SE (Societas Europea). Die rechtliche Basis für EWIV bilden die Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 des Rates vom 25. Juli 1985 und das dazu in Österreich ergänzend erlassene EWIV-Ausführungsgesetz, BGBl. Nr. 521/1985. Vgl. dazu auch die Mitteilung der Kommission „Beteiligung von Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigungen (EWIV) an öffentlichen Aufträgen und öffentlich finanzierten Programmen“, ABl. Nr. C 285 vom 20. September 1997, 17. Die EWIV ist voll rechtsfähig. Zum Begriff des Unternehmers ist auf die Definition der Z 36 und auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. Rs C-389/92) hinzuweisen.

Zu Z 10: Der Begriff „Ausschreibung“ basiert auf der einschlägigen Definition der ÖNORM A 2050 und umfasst neben der Bekanntmachung u.a. auch die Ausschreibungsunterlagen. Die beispielhafte Aufzählung wurde um einen Verweis auf die Beschreibung der Bedürfnisse und Anforderungen beim wettbewerblichen Dialog ergänzt. Die Ausschreibung stellt einen Überbegriff über verschiedene Unterlagen dar, die ihrerseits einen unterschiedlichen Konkretisierungsgrad und einen unterschiedlichen Umfang aufweisen können; die Genauigkeit, mit der ein Auftraggebers festlegt, welche Leistung er zu welchen Bedingungen erhalten möchte, sind bei einer Ausschreibung mit konstruktiver Leistungsbeschreibung und bei einer Beschreibung beim wettbewerblichen Dialog höchst unterschiedlich.

Zu Z 11: Die Definition gibt die Definition des Art. 1 Abs. 2 lit. b RL 2004/18/EG wieder.

Zu Z 12: Die Definition entspricht – in sprachlich klarerer Form – Art. 1 Abs. 8 3.UA RL 2004/18/EG. Im Zusammenhang mit der Beteiligung mehrerer Unternehmer soll einheitlich von einem Zusammenschluss mehrerer Unternehmer die Rede sein (siehe die Z 7, 12, 14 und 36). Der Begriff „Vergabeverfahren“ ist als Oberbegriff im Sinne des § 1 zu verstehen und umfasst demgemäß auch Wettbewerbe und Konzessionsvergaben. Zum Begriff des Unternehmers ist auf die Definition der Z 36 und auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. Rs C‑389/92) hinzuweisen.

Zu Z 13: Die Definition entspricht inhaltlich Art. 1 Abs. 8 3.UA RL 2004/18/EG; der Begriff „Gemeinschaft von Unternehmern“ wird durch den Begriff „Zusammenschluss von Unternehmern“ ersetzt (vgl. die Definition der Bietergemeinschaft in Z 14), eine inhaltliche Änderung tritt dadurch nicht ein.

Zu Z 14: Hinzuweisen ist auf die Neuregelung in § 20 Abs. 2, wonach Bietergemeinschaften – ebenso wie Arbeitsgemeinschaften – in gewissem Umfang Parteifähigkeit und somit Rechtsfähigkeit zukommt.

Zu Z 15: Angesichts der gleichlautenden Definitionen des Begriffes „elektronisch“ in Art. 1 Abs. 13 der RL 2004/18/EG bzw. Art. 1 Abs. 12 der RL 2004/17/EG ist es zweckmäßig, diese Begriffsbestimmung in das BVergG zu übernehmen.

Zu Z 16: Die Regelung basiert auf dem bisherigen § 20 Z 13 BVergG 2002, wobei allerdings einige Änderungen vorgenommen wurden. Generell ist anzumerken, dass sich das System der gesondert anfechtbaren und nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen in der Praxis bewährt hat, vom EuGH implizit für zulässig erachtet worden ist (siehe EuGH Rs C‑214/00, Kommission gegen Spanien) und daher beibehalten werden soll. Da die Festlegung der gesondert und nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen auch für die Ausgestaltung des Rechtsschutzsystems von erheblicher Bedeutung ist, soll die Definition der gesondert und der nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen weiterhin für die jeweiligen Verfahrenstypen gesondert aufgelistet werden.

Durch die Unterscheidung zwischen gesondert und nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen (des Auftraggebers) soll eine Strukturierung des Vergabeverfahrens und eine effiziente Abwicklung von Rechtsschutzverfahren erreicht werden. Letzterem Ziel dienen auch die flankierenden Bestimmungen betreffend die Fristen und die Präklusionsregelung (zur Zulässigkeit derartiger Regelungen vgl. u.a. EuGH Rs C-470/99, Universale Bau, Rs C‑327/00, Santex). Durch die gesondert anfechtbaren Entscheidungen wird ein Vergabeverfahren in verschiedene Abschnitte unterteilt. Jeder Abschnitt endet mit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung, die – wie nunmehr Z 16 lit. a klarstellt – nach außen in Erscheinung tritt. Durch diese Ergänzung des Textes wird auch der Judikatur des VfGH Rechnung getragen, wonach bloße Beschlüsse im Rahmen der internen Willensbildung des Auftraggebers keinesfalls Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens sein können (vgl. VfSlg. 16.462/2002: „… kann die den Gegenstand eines Rechtsschutzantrages bildende Nichtigerklärung keinesfalls bloße Beschlüsse im Rahmen der internen Willensbildung des Auftraggebers betreffen. Vielmehr geht es um die nach außen in Erscheinung tretenden Teilakte des vergebenden Organs im Vergabeverfahren und damit stets um die Nichtigerklärung privatrechtlicher Willenserklärungen“). Danach ist das Unterlassen einer Entscheidung zumindest grundsätzlich kein bekämpfbarer Akt. Der EuGH (Rs C-26/03, Stadt Halle, Rz 34) hat die dem vergabespezifischen Rechtsschutzsystem unterliegenden „Entscheidungen“ in ähnlicher Weise definiert: „Angesichts … der Ziele, der Systematik und des Wortlauts der Richtlinie 89/665 und um die praktische Wirksamkeit dieser Richtlinie zu wahren, stellt also jede Maßnahme eines öffentlichen Auftraggebers, die im Zusammenhang mit einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag getroffen wird, der in den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 92/50 fällt, und die Rechtswirkungen entfalten kann, eine nachprüfbare Entscheidung im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 89/665 dar, unabhängig davon, ob diese Maßnahme außerhalb eines förmlichen Vergabeverfahrens oder im Rahmen eines solchen Verfahrens getroffen wurde.“ Alle der gesondert anfechtbaren Entscheidung vorangegangenen (nicht gesondert anfechtbaren) Entscheidungen sind zusammen mit dieser anzufechten. Die Wahl des Vergabeverfahrenstypus kann gemäß diesem System daher, je nach Verfahrensart, entweder mit der Ausschreibung oder bei der Aufforderung zur Angebotsabgabe bekämpft werden.

Dieses System entspricht dem derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechtes und den Vorgaben der Rechtsmittelrichtlinien nach einem effektiven Rechtsschutz. Auf Grund einiger zwischenzeitlich ergangener EUGH-Judikate sowie auf Grund von Anforderungen der Praxis ist es aber erforderlich, den Katalog der gesondert anfechtbaren Entscheidungen zu erweitern. Dies betrifft insbesondere das Ausscheiden eines Angebotes sowie den Widerruf des Verfahrens.

Die nicht gesonderte Anfechtbarkeit des Ausscheidens des Angebotes stellte angesichts der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Fabricom (verb Rs C‑21/03 und C‑34/03) gemeinschaftsrechtlich ein Problem dar. Darüber hinaus führte die nicht gesonderte Anfechtbarkeit des Ausscheidens eines Angebotes in der Praxis vor allem dann zu Problemen, wenn zwischen dem Ausscheiden des Angebotes und der nächsten anfechtbaren Entscheidung, der Zuschlagsentscheidung, ein längerer Zeitraum verging. Aus diesem Grund soll die Entscheidung über das Ausscheiden eines Angebotes nunmehr gesondert anfechtbar sein. In Einzelfällen können dadurch für den Auftraggeber zwar Nachteile entstehen, etwa wenn einem Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung nicht stattgegeben wird, aber bereits eine Verfahrensverzögerung eingetreten ist; diesen potentiellen Nachteilen stehen aber die Vorteile der frühzeitigen Rechtssicherheit gegenüber, die der Auftraggeber dadurch erhält, dass die Nachprüfungsbehörde über die Rechtmäßigkeit einer Ausscheidensentscheidung gesondert absprechen kann. In diesem Zusammenhang ist in § 129 explizit vorgesehen, dass die Ausscheidensentscheidung dem betroffenen Bieter bekannt zu geben ist. Hinzuweisen ist auf die Erläuterungen zu § 129, wonach die gesonderte Anfechtbarkeit der Ausscheidensentscheidung dem Auftraggeber keine Verpflichtung hinsichtlich des Zeitpunktes auferlegt, zu dem diese Entscheidung zu treffen ist.

Die gesonderte Anfechtbarkeit des Widerrufs ergibt sich aus zwei Entscheidungen des EuGH (Rs C‑92/00 Hospital Ingenieure, Rs C‑15/04 Koppensteiner), in denen der EuGH festgestellt hat, dass die Entscheidung, ein Verfahren zu widerrufen, zu den Entscheidungen zählt, die anfechtbar und – für den Fall ihrer Rechtswidrigkeit – aufhebbar sein müssen. Es erscheint am zweckmäßigsten, dieser Judikatur des EuGH dadurch nachzukommen, dass für den Widerruf – in Analogie zum Verfahren bei der Zuschlagsentscheidung/Zuschlagserteilung – vorgesehen wird, dass zuerst die Entscheidung über den beabsichtigten Widerruf bekannt zu geben ist und der Widerruf erst nach Ablauf einer Stillhaltefrist erklärt werden darf (siehe dazu die Z 44 und 45 sowie § 140 bzw. die Erläuterungen dazu.)

Hinzuweisen ist schließlich darauf, dass die für das Verhandlungsverfahren nunmehr ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit, die Anzahl der Bieter in der Verhandlungsphase zu reduzieren (vgl. § 105 Abs. 2) jedenfalls eine „sonstige Festlegung während der Verhandlungsphase“ darstellt und deshalb aus diesem Grund gesondert anfechtbar ist.

Ferner ist klarzustellen, dass das sog. „short-listing“, das ist die Reduktion der Bewerberanzahl anhand der Auswahlkriterien (bzw. beim Wettbewerb anhand der Beurteilungskriterien) keine Ausscheidensentscheidung ist, sondern gemäß der Terminologie des BVergG die Entscheidung über „die Nicht-Zulassung zur Teilnahme“.

Darüber hinaus ergeben sich bei den einzelnen Verfahren folgende Neuerungen:

In den sublit. bb bis ee wird jeweils auch auf den vorherigen Aufruf zum Wettbewerb Bezug genommen, wodurch die Sonderbestimmungen für den Sektorenbereich erfasst werden.

Im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung soll – wie dies für das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung bereits bisher vorgesehen ist – die Nicht-Zulassung zur Teilnahme (früher: Bewerberauswahl) nicht gesondert anfechtbar sein; da diese Entscheidung nicht bekannt zu geben ist, war eine Anfechtbarkeit in der Praxis kaum denkbar. Sollte ein Bewerber auf sonstigem Weg von der Bewerberauswahl Kenntnis erhalten und diese bekämpfen wollen, kann er dies mit der Anfechtung der nächsten gesondert anfechtbaren Entscheidung, der Aufforderung zur Angebotsabgabe, machen. Da die Namen der eingeladenen Unternehmer im nicht offenen Verfahren und im Verhandlungsverfahren geheim zu halten sind, soll nicht mehr von der Bewerberauswahl, sondern nur mehr von der Nicht-Zulassung zur Teilnahme die Rede sein.

Bei den Wettbewerben ist darauf hinzuweisen, dass in der Praxis von den beiden zuletzt genannten Entscheidungen (Zuweisung der Preisgelder, Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren) in der Regel nur eine maßgeblich sein wird. Gemäß § 155 Abs. 9 ist bei Ideenwettbewerben die Entscheidung, an welche Teilnehmer Preisgelder vergeben werden, bekannt zu geben; gemäß § 155 Abs. 10 bei Realisierungswettbewerben hingegen die Entscheidung, welche Wettbewerbsteilnehmer nicht zur Teilnahme am Verhandlungsverfahren eingeladen werden. Die Tatsache, dass bei Ideenwettbewerben die erfolgreichen Teilnehmer, bei Realisierungswettbewerben hingegen die nicht erfolgreichen Teilnehmer bekannt gegeben werden, resultiert daraus, dass die Teilnehmer an einem – auf einen Ideenwettbewerb folgenden – Verhandlungsverfahren geheim zu halten sind. Wird im Anschluss an einen Wettbewerb ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 30 Abs. 2 Z 6 durchgeführt, sind für dieses ohnehin die Entscheidungen nach sublit. ee maßgeblich.

Bei der Rahmenvereinbarung gemäß § 25 Abs. 7 (für öffentliche Auftraggeber) wird der Verweis auf die zugrunde liegenden Verfahrensarten adaptiert (eine Rahmenvereinbarung kann nach Durchführung eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung oder eines Verhandlungsverfahrens gemäß den §§ 28 bis 30 geschlossen werden). Für die Auftragsvergabe auf Grund einer Rahmenvereinbarung ergibt sich Folgendes: Gesondert anfechtbare Entscheidungen gibt es nur, wenn die Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmern abgeschlossen wurde, wobei der Aufruf zum Wettbewerb naturgemäß nur dann anfechtbar ist, wenn nicht eine Auftragsvergabe ohne einen solchen gemäß § 152 Abs. 4 Z 1 erfolgt.

Die Neuregelung der sublit. jj beinhaltet die gesondert anfechtbaren Entscheidungen bei einer Rahmenvereinbarung im Sektorenbereich, wobei auch hier grundsätzlich auf die gesondert anfechtbaren Entscheidungen im zugrunde liegenden Vergabeverfahren verwiesen wird.

Die Neuregelungen der sublit. kk und ll beinhalten die gesondert anfechtbaren Entscheidungen für die neuen Verfahrensarten „dynamisches Beschaffungssystem“ sowie „wettbewerblicher Dialog“. Im Zusammenhang mit dem dynamischen Beschaffungssystem wird das Ausscheiden als eigene gesondert anfechtbare Entscheidung angeführt, da es in der 2. Stufe (nach Einrichtung des dynamischen Beschaffungssystems) zum Ausscheiden von Angeboten im Rahmen einer elektronischen Auktion kommen kann. Für den wettbewerblichen Dialog ist darauf hinzuweisen, dass die Nicht-Berücksichtigung einer Lösung eines Bewerbers im Zuge der Dialogphase – da es sich beim Dialog um einen weitgehend formfreien Vorgang handelt, bei dem der Auftraggeber über einen großen Gestaltungsspielraum verfügt – als gesondert anfechtbar festgelegt wird, da sich die Dialogphase über einen unter Umständen sehr langen Zeitraum erstrecken kann (zB bei der Ausarbeitung von PPP-Modellen) und es den nicht berücksichtigten Unternehmern nicht zugemutet werden kann mit der Bekämpfung zuwarten zu müssen, bis der Dialog abgeschlossen ist. Auch der Abschluss der Dialogphase ist bekämpfbar (vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 161).

Beim Prüfsystem (sublit. mm) wird die Aberkennung der Qualifikation durch die zeitlich vorgelagerte Mitteilung über die beabsichtigte Aberkennung der Qualifikation ersetzt.

Bei der Direktvergabe tritt keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage ein.

Zu Z 17: Die Regelung setzt Z 3 in Anhang VI der RL 2004/18/EG bzw. Anhang XXI der RL 2004/17/EG um.

Zu Z 18: Die Definition ist mit der bisherigen Definition des § 20 Z 17 BVergG 2002 inhaltlich identisch. Insbesondere ist daher festzuhalten, dass der Begriff „geistige Dienstleistungen“ enger auszulegen ist als der von der ÖNORM A 2050 verwendete Begriff der „immateriellen Leistung“ (vgl. dazu schon die Erläuterungen zu § 20 Z 17 in AB 1118 BlgNR XXI. GP). Im Hinblick auf die Missverständlichkeit des Begriffs „schöpferisch“ wird auf diesen Zusatz verzichtet und ausschließlich von „geistigen Dienstleistungen“ gesprochen (siehe auch die englische Sprachfassung des Art. 30 der RL 2004/18/EG, der diese Dienstleistungen ebenfalls als „intellectual services“ bezeichnet). Durch den Klammerausdruck „konstruktive Leistungsbeschreibung“ wird klargestellt, dass eine funktionale Leistungsbeschreibung im Sinne des § 95 Abs. 3 auch bei geistigen Dienstleistungen durchaus möglich sein kann, wobei sich daraus umgekehrt nicht ergibt, dass eine funktionale Leistungsbeschreibung jedenfalls möglich ist. Die Definition der „geistigen Dienstleistungen“ ist insbesondere für die Wahl des Vergabeverfahrens von Bedeutung (siehe etwa § 38 Abs. 3).

Es ist zu betonen, dass diese Definition keinesfalls auf Ingenieurleistungen beschränkt werden darf, sondern insbesondere auch Dienstleistungen anderer Kategorien des Anhanges II der RL 2004/18/EG bzw. des Anhanges III zum BVergG betreffen kann. Wesentliches Element der geistigen Dienstleistung ist ihr originäres und kreatives Element des Lösungsansatzes. Geistige Dienstleistungen können dahingehend umschrieben werden, dass wesentlicher Leistungsinhalt nicht die Herstellung oder Lieferung einer körperlichen Sache oder die Verrichtung von Arbeiten an einer solchen ist, ebenso wenig das Setzen eines standardisierten Verhaltens. Leistungsinhalt ist vielmehr eine gedanklich konzeptive Tätigkeit, ungeachtet ob sie der geistig Schaffende in Form eines körperlichen Werkes zugänglich macht (zB in einem Plan, einem Forschungsbericht oder einem schriftlichen Gutachten). Als geistige Dienstleistungen können daher gelten: Planungs- und Forschungsleistungen, Softwareentwicklung (IT-Lösungen), Werbekonzepte usw.

Zu Z 19: Die Regelung setzt Z 4 in Anhang VI der RL 2004/18/EG bzw. Z 4 Anhang XXI der RL 2004/17/EG um.

Zu Z 20: Die Regelung entspricht dem bisherigen § 20 Z 19 BVergG 2002. Abweichend von der bisherigen Formulierung wird bei den Auswahlkriterien sowie den Eignungskriterien die Wortfolge „auf den Leistungsinhalt abgestimmten“ eingefügt. Damit soll das so genannte „Übermaßverbot“ klar zum Ausdruck gebracht werden. Zwar handelt es sich bei beiden Kriterien weiterhin um rein unternehmerbezogene und nicht um auftragsbezogene Kriterien, allerdings stehen diese insofern in einem Konnex mit dem Leistungsgegenstand, als die Eignung von einem Unternehmer nur in einem Ausmaß verlangt werden darf, wie dies durch den Gegenstand des Auftrages gerechtfertigt ist (siehe § 70 Abs. 2).

Auswahlkriterien sind Kriterien für das sog. „short-listing“, die - anders als Eignungskriterien - einer qualitativ-quantitativen Wertung zugänglich sind; mit anderen Worten: ein Unternehmer kann die vom Auftraggeber festgelegten Auswahlkriterien besser erfüllen als ein Mitbewerber (und wäre daher in die zweite Stufe des Verfahrens einzubeziehen, vgl. etwa § 103 Abs. 7).

Durch den Wortlaut der Definitionen in lit. a und b wird auch eindeutig klargestellt, dass vom Gesetz keine Gewichtung der Auswahl- oder Beurteilungskriterien vorgeschrieben wird (ebenso auch Erwägungsgrund 40 der RL 2004/18/EG). Ein Vergleich mit der Diktion des § 80 Abs. 3 (Verhältnis ihrer Bedeutung) zeigt, dass eine bewusste sprachliche Differenzierung erfolgt. Die „Reihenfolge ihrer Bedeutung“ beinhaltet daher eine (bloße) Reihung der Kriterien und nicht deren Gewichtung.

Im Gegensatz zu den Auswahlkriterien sind Eignungskriterien per definitionem so genannte „K.O.“-Kriterien (vgl. dazu den Wortlaut „Mindestanforderungen“). Ein Bewerber oder Bieter kann sie nur erfüllen oder nicht erfüllen. Eignungskriterien sind darüber hinaus, anders als Zuschlagskriterien, unternehmer- und nicht auftragsbezogen.

Hinzuweisen ist darauf, dass nach der Judikatur des EuGH und des EuG Auswahl- bzw. Eignungskriterien weder mit Zuschlagskriterien vermischt werden noch Auswahl- bzw. Eignungskriterien für die Angebotsbewertung als Zuschlagskriterium herangezogen werden dürfen (vgl. EuGH Rs 31/87, Beentjes, C-315/01, GAT, Rs T-169/00, Esedra gegen Kommission, Rs T-148/04, TQ3 Travel Solutions).

Hinsichtlich der Zuschlagskriterien ist im Zusammenhang mit dem Zuschlagsprinzip auf das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot auf Folgendes hinzuweisen:

Der EuGH hat in den Rs 31/87, Beentjes, C-470/99, Universale Bau, C‑513/99, Concordia Bus Finland, C-19/00, SIAC, C-448/01, EVN Wienstrom, und C-234/03, Contse, nähere Aussagen über die Anforderungen an und die Schranken bei der Festlegung von Zuschlagskriterien im Zusammenhang mit dem Zuschlagsprinzip „technisch und wirtschaftlich günstigstes Angebot“ getroffen. Der Gerichtshof hat folgende Grundsätze ausformuliert:

Der Auftraggeber ist, sofern das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot gewählt werden soll, grundsätzlich frei, die Kriterien für die Zuschlagserteilung festzulegen. Die Kriterien müssen lediglich der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes dienen, müssen die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechtes respektieren und dürfen dem Auftraggeber keine uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit einräumen. Sie müssen eine Ausübung des dem Auftraggeber zustehenden Beurteilungsermessens nach objektiven Gesichtspunkten ermöglichen und dürfen kein willkürliches Auswahlelement enthalten. Ein Rückgriff auf ein Sachverständigengutachten bei der Angebotsbewertung kann zulässig sein, wenn dieses Gutachten auf objektive, für die Bewertung geeignete Faktoren gestützt ist. Die Auftraggeber sind aber nicht nur bei der Auswahl der Zuschlagskriterien grundsätzlich frei, sondern auch bei deren Gewichtung, sofern diese eine Gesamtwürdigung der Kriterien ermöglicht, die der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes dienen. Die Zuschlagskriterien müssen in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen genannt werden. Die gemeinschaftsrechtlichen Publizitätsvorschriften und die wesentlichen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts sollen verhindern, dass nationalen Anbietern oder Bewerbern nationale Präferenzen eingeräumt werden. Sie können nicht durch Verweisung festgelegt werden. Die Kriterien müssen geeignet sein, das gemäß den Festlegungen in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen vorteilhafteste Angebot festzustellen. Die Kriterien müssen einen sehr engen Bezug zum Auftragsgegenstand haben und so festgelegt sein, dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter sie bei Anwendung der üblichen Sorgfalt in gleicher Weise auslegen können. Zuschlagskriterien, die nicht mit Anforderungen verbunden sind, die eine effektive Kontrolle der Richtigkeit der Bieterangaben ermöglichen, verstoßen gegen die Grundsätze des Gemeinschaftsrechts. Die Zuschlagskriterien sind bei der Angebotsbewertung objektiv und einheitlich auf alle Angebote anzuwenden.

Im Zusammenhang mit Z 20 lit. d ist noch auf Folgendes hinzuweisen: Die Regelungen betreffend die Zuschlagskriterien waren im Rahmen des gemeinschaftlichen Gesetzgebungsprozesses sehr umstritten. Hintergrund des Konfliktes (insbesondere zwischen dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten/der Kommission) war die Frage der Zulässigkeit von ökologischen bzw. sozialen Zuschlagskriterien (zur Erläuterung: die Entscheidung in der Rs C-448/01 erging erst am 4. Dezember 2003). Im Rahmen des Vermittlungsausschusses einigten sich die Parteien schließlich auf die Textierung der Art. 53 RL 2004/18/EG und Art. 55 RL 2004/17/EG. Kernstück der Einigung waren folgende Elemente: exakte Übernahme des Wortlautes von Tenor 1 des Erkenntnisses des EuGH in der Rs C-513/99 („mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende Kriterien“) in die genannten Bestimmungen der RL; Aufnahme von Erwägungsgründen in die RL (vgl. jeweils Erwägungsgrund 1 der RL), die explizit auf die Judikatur des EuGH zu den Zuschlagskriterien verweisen; sowie ersetzen der Wortfolge „auf das für den (öffentlichen) Auftraggeber wirtschaftlich günstigste Angebot“ durch die Wortfolge „auf das aus Sicht des (öffentlichen) Auftraggebers wirtschaftlich günstigste Angebot“. Dieser Einigung wurde im Jänner 2004 (sohin in Kenntnis des Urteils C-448/01) formell zugestimmt. Für das Verständnis der Neuformulierung der RL-Bestimmungen folgt daraus: die RL-Bestimmungen wurden im Lichte der Judikatur des EuGH (die jedoch zu den bisher geltenden RL erging!) sprachlich neu gestaltet. Der wichtigste Punkt ist jedoch, dass sich inhaltlich gegenüber der bisherigen Rechtslage keine Änderungen ergeben und dass daher, wie bisher, der Zusammenhang zwischen den Zuschlagskriterien und dem Auftragsgegenstand ein denkbar enger ist (vgl. dazu insbesondere Rs C-448/01 und zuletzt C-234/03). Vor diesem Hintergrund wurde Z 20 lit. d im Vergleich zur bisherigen Rechtslage (vgl. § 20 Z 19 lit. d BVergG 2002) sprachlich neu gestaltet, wobei die neue Formulierung den Wortlaut der RL aufgreift. Inhaltlich tritt jedoch – wie bereits festgestellt - gegenüber der bisherigen Rechtslage keine Änderung ein. Dass Zuschlagskriterien beim Zuschlagsprinzip technisch und wirtschaftlich günstigstes Angebot ausnahmsweise auch gereiht werden können, war schon bisher vorgesehen (vgl. § 67 Abs. 3 BVergG 2002) und soll der Klarstellung halber nunmehr auch in der Definition zum Ausdruck kommen. Eine Auflockerung der strengen Anforderungen an die Gewichtung oder ein Abweichen vom Primat der Gewichtung der Zuschlagskriterien ist damit nicht verbunden (zu den gesetzlichen Voraussetzungen für eine Abweichung von der Verpflichtung zur Gewichtung vgl. § 80 Abs. 3).

Die Kriterien, die für die Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes herangezogen werden können, sind in den Vergaberichtlinien nicht abschließend aufgezählt. Demonstrativ genannt werden: Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebskosten, Rentabilität, Kundendienst und technische Hilfe, Lieferzeitpunkt und Lieferungs- bzw. Ausführungsfrist. Zuschlagskriterien müssen sich, wie bereits mehrfach betont, eng auf den zu vergebenden Auftrag beziehen und geeignet sein, das für den Auftraggeber wirtschaftlich günstigste Angebot zu ermitteln. Allerdings muss nicht jedes Zuschlagskriterium, das der Auftraggeber für die Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes heranzieht, rein wirtschaftlicher Art sein. Auch Faktoren, die nicht rein wirtschaftlicher Art sind, können sich auf den Wert des Angebotes auswirken (zB Ästhetik).

Für alle Zuschlagskriterien gilt, dass sie unmittelbar die zu erbringende Leistung oder die Modalitäten ihrer Ausführung betreffen müssen. Die angewandten Kriterien sollen den Auftraggeber in die Lage versetzen, die einzelnen Angebote objektiv miteinander vergleichen zu können um das für ihn günstigste Angebot auf der Grundlage objektiver Kriterien auswählen zu können. Anhand dieser Bewertung soll festgestellt werden, welches Angebot den Bedürfnissen des Auftraggebers am besten gerecht wird. Daher besteht die Aufgabe der Zuschlagskriterien darin, die Qualität der Angebote zu bewerten und folglich müssen sich die Zuschlagskriterien auf den Vertragsgegenstand beziehen. Hinsichtlich der Möglichkeiten, im Rahmen der Zuschlagskriterien ökologische oder soziale Zielsetzungen umzusetzen, wird auf die einschlägigen Mitteilungen der Europäischen Kommission (vgl. KOM(2001) 274 vom 4. Juli 2001 und KOM(2001) 256 vom 15. Oktober 2001) verwiesen. Wirtschaftliche Gesichtspunkte können daher insbesondere Umweltschutzaspekte umfassen wie beispielsweise der Energieverbrauch eines Produkts. In der Rs C‑513/99 hat der EuGH ausgesprochen, dass die Heranziehung von Umweltschutzkriterien bei der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes zulässig ist, wenn die allgemeinen Anforderungen beachtet werden. Kriterien, die sich auf die Höhe der Schadstoffemissionen oder den verursachten Lärmpegel beziehen, hat der EuGH unter den genannten Voraussetzungen als zulässig angesehen.

Erwägungsgrund 1 der RL 2004/18/EG lautet demzufolge: „ … Die vorliegende Richtlinie gründet sich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere auf die Urteile zu den Zuschlagskriterien, wodurch klargestellt wird, welche Möglichkeiten die öffentlichen Auftraggeber haben, auf Bedürfnisse der betroffenen Allgemeinheit, einschließlich im ökologischen und/oder sozialen Bereich, einzugehen, sofern derartige Kriterien im Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen, dem öffentlichen Auftraggeber keine unbeschränkte Wahlfreiheit einräumen, ausdrücklich erwähnt sind und den in Erwägungsgrund 2 genannten grundlegenden Prinzipien entsprechen.“

Zu beachten ist ferner Erwägungsgrund 46 der RL 2004/18/EG, insbesondere dessen 3. und 4. UAbs. (ähnlich Erwägungsgrund 55 der RL 2004/17/EG):

„Beschließen die öffentlichen Auftraggeber, dem wirtschaftlich günstigsten Angebot den Zuschlag zu erteilen, so bewerten sie die Angebote unter dem Gesichtspunkt des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses. Zu diesem Zweck legen sie die wirtschaftlichen und qualitativen Kriterien fest, anhand deren insgesamt das für den öffentlichen Auftraggeber wirtschaftlich günstigste Angebot bestimmt werden kann. Die Festlegung dieser Kriterien hängt insofern vom Auftragsgegenstand ab, als sie es ermöglichen müssen, das Leistungsniveau jedes einzelnen Angebots im Verhältnis zu dem in den technischen Spezifikationen beschriebenen Auftragsgegenstand zu bewerten sowie das Preis-Leistungsverhältnis jedes Angebots zu bestimmen.

Damit die Gleichbehandlung gewährleistet ist, sollten die Zuschlagskriterien einen Vergleich und eine objektive Bewertung der Angebote ermöglichen. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, versetzen die wirtschaftlichen und qualitativen Zuschlagskriterien wie auch die Kriterien über die Erfüllung der Umwelterfordernisse den öffentlichen Auftraggeber in die Lage, auf Bedürfnisse der betroffenen Allgemeinheit, so wie es in den Leistungsbeschreibungen festgelegt ist, einzugehen. Unter denselben Voraussetzungen kann ein öffentlicher Auftraggeber auch Kriterien zur Erfüllung sozialer Anforderungen anwenden, die insbesondere den - in den vertraglichen Spezifikationen festgelegten - Bedürfnissen besonders benachteiligter Bevölkerungsgruppen entsprechen, denen die Nutznießer/Nutzer der Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen angehören.“

Zu Z 21: Es ist angebracht, den Begriff der Lösung im Zuge des wettbewerblichen Dialogs näher zu definieren; darin soll zum Ausdruck gebracht werden, dass einer Lösung nicht die Bestimmtheit eines Angebotes zukommen muss bzw. auch nicht kann. „Nicht verbindlich“ bedeutet, dass der Unternehmer – anders als bei einem Angebot – nicht an seine Lösung gebunden ist. Hinzuweisen ist aber auf die Regelung des § 161 Abs. 3, wonach Gegenstand des Dialogs nur die vom Unternehmer jeweils vorgelegte Lösung ist; die Lösung entfaltet somit insofern eine gewisse Bindungswirkung, als der Gegenstand des Dialogs während der Dialogphase nicht mehr beliebig ausgetauscht werden kann.

Zu Z 22: Die Regelung setzt Art. 1 Abs. 15 lit. b der RL 2004/18/EG um.

Zu Z 23: Die Regelung setzt Z 2 in Anhang VI der RL 2004/18/EG bzw. Z 2 in Anhang XXI der RL 2004/17/EG um.

Zu Z 24: Die Regelung setzt Art. 1 Abs. 15 lit. c der RL 2004/18/EG um.

Zu Z 25: Die Regelung setzt Art. 1 Abs. 15 lit. a der RL 2004/18/EG um.

Zu den Z 26 bis 28: Die Regelungen entsprechen dem bisherigen § 20 Z 24 bis 26 BVergG 2002 und sind inhaltlich unverändert. Sie basieren auf den Definitionen der ÖNORM A 2050.

Zu Z 29: Der Wortlaut lehnt sich an Art. 1 Abs. 12 der RL 2004/18/EG (bzw. At. 1 Abs. 11 der RL 2004/17/EG) an. Diese Definition betrifft die Darstellungsformen und nicht die Übermittlungsformen (vgl. dazu § 43). Durch die Definition wird klargestellt, dass die schriftliche und die elektronische Darstellung im Geltungsbereich des BVergG gleichwertig sind.

Zu den Z 30 und 31: Die Regelungen entsprechen § 2 Z 4 und 5 der E-Procurement-Verordnung.

Eine sichere elektronische Signatur im Sinne des § 2 Z 3 Signaturgesetz (SigG), entspricht den Anforderungen der Z 30. Es versteht sich von selbst, dass die – auf harmonisierten Rechtsgrundlagen beruhenden (vgl. Signaturrichtlinie) – qualifizierten Zertifikate innerhalb der Europäischen Union ohne weitere Voraussetzungen anerkannt werden müssen.

Gemäß § 115 Abs. 1 erfüllt der Bieter das Erfordernis einer sicheren elektronischen Signatur des Angebotes (vgl. § 114) auch – sofern das Angebot aus mehreren Angebotsbestandteilen besteht – durch eine sichere Verkettung aller Angebotsbestandteile. Z 31 definiert den Begriff (eigentlich den Prozess) des „sicheren Verkettens“. Dabei wird ein Angebotsbestandteil in elektronischer Form mit dem Angebotshauptteil durch Eintragung des jeweiligen Dateinamens und des aus dieser Datei gebildeten Hashwertes im Angebotsinhaltsverzeichnis und nachfolgendes sicheres elektronisches Signieren des Angebotshauptteiles in eindeutig identifizierbarer Weise verbunden. Ein solches Verketten wird bei einigen Signaturverfahren bereits implizit unterstützt (etwa XMLDsig mit detached signatures), bei denen die Referenz und deren Hashwert gespeichert werden. Solche Formate erfüllen die Vorgaben für sicheres Verketten, wenn sie die geforderten Daten – Dateiname und Hashwert der verketteten Dateien – enthalten und ein Angebotsinhaltsverzeichnis aus dem Signaturformat extrahierbar ist (etwa aus XMLDsig über eine Transformation). Der Hashwert eines Dokumentes wird mit Hilfe von mathematischen Verfahren errechnet. Dabei wird eine komprimierte Version des Dokumentes erstellt und aus den Daten wird ein Hashwert festgelegter Größe berechnet, der einen eindeutigen nicht umkehrbaren Extrakt des Dokuments darstellt. Diese Prüfsumme gibt die originären Daten, aus denen sie berechnet wurde, ähnlich einem unverfälschbaren elektronischen Fingerabdruck, genau wieder. Aufgrund des Hashwertes kann daher festgestellt werden, ob ein Dokument unverfälscht ist oder nicht. Der aus dem Dokument gebildete Hashwert und das Dokument selbst bilden zusammen den „Datensatz“ im Sinne des BVergG. In weiterer Folge ist im Angebotshauptteil ein Inhaltsverzeichnis aller Angebotsbestandteile (in Papierform bzw. in elektronischer Form) zu erstellen. Alle weiteren Angebotsbestandteile sind namentlich zu bezeichnen und – sofern sie zusammen mit dem Angebotshauptteil elektronisch übermittelt werden sollen – es ist ein Hashwert für jeden Angebotsbestandteil zu bilden. Dieser Hashwert ist zusammen mit der Bezeichnung im Inhaltsverzeichnis des Angebotshauptteiles anzuführen und in der Folge ist der Angebotshauptteil sicher zu signieren. Mit dem solcherart definierten Prozess der sicheren Verkettung ist gewährleistet, dass sowohl die Anzahl der neben dem Angebotshauptteil abgegebenen weiteren, in elektronischer Form eingereichten Angebotsbestandteile als auch deren Inhalt gegen Verfälschungen durch die sichere Signatur über das Angebotshauptteildokument geschützt sind.

Zu Z 32: Die Regelung entspricht dem bisherigen § 20 Z 29 BVergG 2002, ist inhaltlich unverändert und basiert auf den einschlägigen Definitionen der ÖNORM A 2050. Die angeführten Sicherstellungsmittel dienen vornehmlich der Sicherung der Ansprüche des Auftraggebers, können aber auch – wie zB die Kaution – dem Auftragnehmer zur Verfügung stehen.

Das Vadium soll für zwei Fallkonstellationen eine Sicherstellung bilden: dass der Bieter während der Zuschlagsfrist von seinem Angebot zurücktritt und dass der Bieter bestimmte Mängel nicht behebt. Letztere Möglichkeit soll das Problem beseitigen, dass Bieter (ohne Verlust des Vadiums) aktiv nach Angebotsöffnung entscheiden können, ob ihr Angebot im Wettbewerb verbleiben soll oder nicht (die Möglichkeit des Vorgehens des Auftraggebers gemäß § 129 Abs. 2 bleibt dadurch unberührt). Durch Einbau behebbarer Mängel in ihr Angebot besaßen Bieter durch das bewusste Nichtbeheben des Mangels die Möglichkeit, je nach ihrer Interessenlage ihr Angebot ausscheiden zu lassen. Da Angebote, die mit unwesentlichen Mängeln behaftet sind, weiter im Verfahren verbleiben, erfolgte eine Einschränkung auf wesentliche Mängel.

Zu Z 33: Die Regelung setzt Z 5 in Anhang VI der RL 2004/18/EG bzw. Z 5 in Anhang XXI der RL 2004/17/EG um.

Zu Z 34: Die Regelung setzt Z 1 des Anhangs VI der RL 2004/18/EG bzw. Z 1 in Anhang XXI der RL 2004/17/EG um. In Anlehnung an die RL sollen die technischen Spezifikationen für Bauleistungen einerseits sowie für Lieferungen und Dienstleistungen anderseits getrennt definiert werden. Hinzuweisen ist darauf, dass sich der Wortlaut – auf Grund einiger Unstimmigkeiten zwischen der deutschen Sprachfassung der genannten Richtlinienbestimmung mit den anderen Sprachfassungen aber auch mit der entsprechenden Bestimmung der Sektorenrichtlinie 2004/17/EG (Anhang XXI) – an der englischen Sprachfassung bzw. an der Bestimmung der Sektorenrichtlinie orientiert.

Zu Z 35: Die Regelung setzt Art. 1 Abs. 15 lit. d der RL 2004/18/EG um.

Zu Z 36: Die Regelung setzt Art. 1 Abs. 8 der RL 2004/18/EG (bzw. Art. 1 Abs. 7 der RL 2004/17/EG) um und wurde sprachlich den genannten Regelungen angeglichen. Unternehmer müssen stets Rechtsträger sein. Die demonstrative (arg. „wie“) Liste der Rechtsträger dient der Verdeutlichung, wer als Unternehmer im Sinne des Gesetzes anzusehen ist. Daher fallen auch die Societas Europea (SE) oder EWIV unter den Unternehmerbegriff des BVergG.  In der Bestimmung wurde auch inhaltlich eine nähere Umschreibung des Unternehmerbegriffes vorgenommen, als das Tätigkeitsbild des Unternehmers (Anbieten von Leistungen auf dem Markt) in die Begriffsbestimmung aufgenommen wurde. Zum Begriff des Unternehmers ist auch auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. Rs C-389/92) hinzuweisen.

Zu Z 37: Diese Bestimmung resultiert aus dem neuen Vergabeverfahren des dynamischen Beschaffungssystems. Da die Unternehmer in der ersten Stufe dieses Verfahrens keine verbindlichen Angebote legen, „unverbindliche Angebote“ aber mit der Definition der Z 3 in Widerspruch stehen würden, ist es zweckmäßig, einen neuen Begriff einzuführen, um auch begrifflich eine klare Abgrenzung zum Angebot zu schaffen.

Zu Z 38: Die Regelung entspricht dem bisherigen § 20 Z 33 BVergG 2002 und ist inhaltlich unverändert.

Zu Z 39: Die Regelung setzt Art. 63 Abs. 2 der RL 2004/18/EG sowie Art. 23 Abs. 1 der RL 2004/17/EG um.  Inhaltlich wurde die Bestimmung (gegenüber dem bisherigen § 20 Z 34 BVergG 2002) lediglich um eine Bezugnahme auf Konzessionäre ergänzt.

Zu Z 40: Der Begriff der Vergabekontrollbehörde umfasst sowohl die Vergabekontrollbehörde des Bundes (BVA) wie auch alle Vergabekontrollbehörden der Länder (derzeit: Vergabekontrollsenate in Salzburg und Wien sowie Unabhängige Verwaltungssenate in den übrigen Ländern).

Zu Z 41: Eine „vergebende Stelle“ kann sowohl ein unselbständiges Organ des Auftraggebers als auch ein selbständiger Rechtsträger sein, der als Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers fungiert. Durch die Wortfolge „für den Auftraggeber“ soll noch klarer als bisher zum Ausdruck gebracht werden, dass die vergebende Stelle in einem konkreten Vergabeverfahren selbst nicht Auftraggeber ist, sondern von diesem zu unterscheiden ist. Hinzuweisen ist auch auf die Neuregelung in § 80 Abs. 1, wonach der Auftraggeber und die vergebende Stelle (sofern eine solche vorhanden ist) in der Ausschreibung klar zu bezeichnen sind. Im Gesetz soll (abgesehen von der Definition sowie der Verpflichtung zur Angabe in der Ausschreibung) nur mehr vom Auftraggeber die Rede sein, da (fast) alle vergaberechtlichen Verpflichtungen den Auftraggeber treffen bzw. Handlungen diesem zuzurechnen sind (eine Ausnahme davon besteht für Auskunftspflichten).

Zu den Z 42 und 43: Die Regelungen entsprechen dem bisherigen § 20 Z 37 und 39 BVergG 2002 und sind inhaltlich unverändert.

Zu den Z 44 und 45: Auf Grund der Notwendigkeit, die Entscheidung des Auftraggebers, ein Vergabeverfahren zu widerrufen, bekämpfbar und gegebenenfalls aufhebbar zu machen (siehe dazu die Neuregelung in der Z 16 und die §§ 138 ff sowie die Erläuterungen dazu), ist es erforderlich, auch die neu eingeführten Begriffe zu definieren. Dabei erfolgt nicht nur hinsichtlich des Regelungskonzepts, sondern auch hinsichtlich der Begrifflichkeiten eine Anlehnung an das für den Zuschlag bestehende Modell. Die Widerrufsentscheidung ist daher eine nicht verbindliche Absichtserklärung. Solange der Widerruf nicht erklärt ist, kann sich der Auftraggeber daher auch noch dafür entscheiden, ein Vergabeverfahren doch weiterzuführen und etwa – wenn die Angebotsfrist noch nicht abgelaufen ist – mit einer Berichtigung der Ausschreibung fortzufahren. Die Widerrufsentscheidung ist entsprechend bekannt zu geben, um eine Nachprüfbarkeit zu ermöglichen. Die Widerrufserklärung (Widerruf) ist gewissermaßen das „Pendant“ zur Zuschlagserteilung. Es ist die Erklärung, mit der das Vergabeverfahren beendet wird und die Bieter aus ihrer Bindung entlassen werden.

Zu Z 46: Die Regelung entspricht § 2 Z 6 der E-Procurement-Verordnung.

Zu Z 47: In den Mitgliedstaaten entwickelten sich seit Inkrafttreten der ersten RL im Bereich des öffentlichen Auftragswesens (1971 Baubereich, 1977 Lieferbereich, 1992 Dienstleistungsbereich) verschiedene zentrale Beschaffungsorganisationen mit speziellen Beschaffungsverfahren. Diese Institutionen haben die Aufgabe, für öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber Ankäufe zu tätigen oder (öffentliche) Aufträge zu vergeben bzw. Rahmenvereinbarungen zu schließen. In Anbetracht der großen Mengen, die beschafft werden, tragen diese Verfahren nach Auffassung der Kommission und der Mitgliedstaaten (vgl. dazu für Österreich RV 486 BlgNR XXI. GP, 7) zur Verbesserung des Wettbewerbs und zur Rationalisierung des Beschaffungswesens bei. Zur Gewährleistung eines einheitlichen Vorgehens wurde daher in die Richtlinien eine gemeinschaftliche Definition der zentralen Beschaffungsstellen aufgenommen. Der Erwägungsgrund 15 zur RL 2004/18/EG führt zur zentralen Beschaffungsstelle Folgendes aus: „In den Mitgliedstaaten haben sich verschiedene zentrale Beschaffungsverfahren entwickelt. Mehrere öffentliche Auftraggeber haben die Aufgabe, für andere öffentliche Auftraggeber Ankäufe zu tätigen oder öffentliche Aufträge zu vergeben/Rahmenvereinbarungen zu schließen. In Anbetracht der großen Mengen, die beschafft werden, tragen diese Verfahren zur Verbesserung des Wettbewerbs und zur Rationalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens bei. Daher sollte der Begriff der für öffentliche Auftraggeber tätigen zentralen Beschaffungsstelle im Gemeinschaftsrecht definiert werden. Außerdem sollte unter Einhaltung der Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung definiert werden, unter welchen Voraussetzungen davon ausgegangen werden kann, dass öffentliche Auftraggeber, die Bauleistungen, Waren und/oder Dienstleistungen über eine zentrale Beschaffungsstelle beziehen, diese Richtlinie eingehalten haben.“

Z 47 übernimmt diese Definition der Art. 1 Abs. 10 RL 2004/18/EG und Art. 1 Abs. 8 RL 2004/17/EG. Gemäß den diesbezüglich übereinstimmenden Definitionen der Richtlinien können ausschließlich öffentliche Auftraggeber im Sinne der Richtlinien (und des BVergG) als zentrale Beschaffungsstellen fungieren. Sonstige Auftraggeber (d.h. öffentliche Unternehmen oder Private mit besonderen oder ausschließlichen Rechten) und private Einrichtungen können daher per definitionem keine zentrale Beschaffungsstellen im Sinne des Gesetzes sein. Ein öffentlicher Auftraggeber ist (nur) dann eine „zentrale Beschaffungsstelle“, wenn er die Aufgabe hat, für andere (öffentliche oder Sektoren-)Auftraggeber Leistungen zu beschaffen. Eine unselbständige Organisationseinheit eines öffentlichen Auftraggebers, die diese Funktion lediglich für andere Dienststellen desselben Auftraggebers ausübt, ist daher keine „zentrale Beschaffungsstelle“ im Sinne der Z 47.

Hinzuweisen ist auf einen Fehler in der Richtlinie 2004/17/EG: soweit ersichtlich, definieren alle Sprachfassungen, dass eine zentrale Beschaffungsstelle im Sinne der Sektorenrichtlinie ein „öffentlicher Auftraggeber“ ist, der „öffentliche Aufträge vergibt …“ (vgl. Art. 1 Abs. 8 lit. b leg. cit.; Hervorhebung nicht im Original). Wie die Kommission auf Anfrage der Republik Österreich bestätigte, ist jedoch die Verwendung des Begriffes „öffentliche Aufträge“ im Zusammenhang mit der Sektorenrichtlinie verfehlt, denn dies würde implizieren, dass auch im Sektorenbereich die zentrale Beschaffungsstelle jedenfalls das Regime der „klassischen“ Richtlinie 2004/18/EG bei der Vergabe von Aufträgen anwenden müsste. Wie hingegen Art. 29 der Sektorenrichtlinie eindeutig belegt, sind Sektorenauftraggeber dann von der Anwendung der Richtlinien befreit, wenn sie Leistungen von einer zentralen Beschaffungsstelle erwerben oder eine zentrale Beschaffungsstelle mit der Beschaffung von Leistungen beauftragen, sofern die zentrale Beschaffungsstelle bei der Beschaffung dieser Leistungen entweder die Bestimmungen für öffentliche Auftragsvergaben oder für Vergaben im Sektorenbereich eingehalten hat. Aus diesem Grund wird davon abgesehen, in Z 47 lit. b den Ausdruck „öffentliche“ aufzunehmen.

Die in lit. a und b beschriebenen Fallkonstellationen der Tätigkeit einer zentralen Beschaffungsstelle überschneiden einander und wären allein durch den Wortlaut der lit. b erfasst. Hingewiesen wird darauf, dass eine zentrale Beschaffungsstelle eine oder auch beide der in lit. a und b beschriebenen Funktionen ausüben kann. Die Entscheidung darüber obliegt der die zentrale Beschaffungsstelle einrichtende Stelle. Im Interesse des Gleichklanges des BVergG mit den diesem zugrunde liegenden Richtlinien wird jedoch der (korrigierte) Richtlinienwortlaut auch in das BVergG aufgenommen.

Die Definition der zentralen Beschaffungsstelle stellt allein auf die Tatsache ab, dass öffentliche Auftraggeber eine „zentrale“ Beschaffungsfunktion für andere Auftraggeber (öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber) ausüben (aus dem Gemeinschaftsrecht und dem BvergG ist daher nicht ableitbar, dass zentrale Stellen ausschließlich auf gesetzlicher Grundlage eingerichtet werden können). Der Begriff „zentral“ impliziert nicht, dass derartige Einrichtungen allein auf der Ebene des Mitgliedstaates (für Österreich: auf Bundesebene) eingerichtet werden können. Es ist daher denkbar, dass derartige Beschaffungsstellen auch auf Landesebene oder auf regionaler Ebene eingerichtet werden können.

Zentrale Beschaffungsstellen können bei der Leistungsbeschaffung in zweifacher Weise vorgehen: sie können Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung beschaffen und danach zB Waren an andere Auftraggeber weiterverkaufen oder sie können Aufträge in fremdem Namen und auf fremde Rechnung vergeben bzw. Rahmenvereinbarungen im Namen anderer Auftraggeber abschließen (vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 10 Z 15).

Zu den Z 48 und 49: Die Zuschlagsentscheidung ist jene (meist organisationsintern gefällte) Entscheidung, mit welchem Bieter (Unternehmer) der Auftraggeber den Vertrag abzuschließen beabsichtigt. Diese Entscheidung ist von dem davon zeitlich getrennten „Zuschlag“ (der „Zuschlagserteilung“), der zivilrechtlich auch weiterhin als Vertragsschluss zu werten ist, zu unterscheiden. Die Zuschlagsentscheidung ist eine nicht verbindliche Wissenserklärung des Auftraggebers. Wer diese Zuschlagsentscheidung trifft, hängt grundsätzlich von den organisationsinternen Vorschriften ab; so könnte daher ein Auftraggeber diese Entscheidung einer vergebenden Stelle übertragen. Ob eine vergaberechtlich relevante Zuschlagsentscheidung vorliegt oder nicht, ist nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts zu beurteilen.

Durch die Wortfolge „nicht verbindliche“ soll verdeutlicht werden, dass die Zuschlagsentscheidung lediglich eine vorläufige Wissenserklärung, an welchen Bieter die Zuschlagserteilung vorgesehen ist, darstellt. Diese Wissenserklärung begründet zwar ein rechtliches Interesse (§ 8 AVG) und damit die Parteistellung des (vorläufig) erstgereihten Bieters im Nachprüfungsverfahren vor dem Bundesvergabeamt, da seine prozessuale Aussicht im Vergabeverfahren auf Erteilung des Zuschlages durch die Entscheidung des Bundesvergabeamtes unmittelbar berührt werden kann, jedoch sind aus ihr keine zivilrechtlichen Ansprüche ableitbar. Würde man dem in der Zuschlagsentscheidung vorläufig erstgereihten Bieter nämlich schon auf Grund der Zuschlagsentscheidung einen zivilrechtlichen Anspruch auf den Vertragsabschluss zugestehen, müsste der Auftraggeber – zB wenn die Zuschlagsentscheidung nicht oder nicht rechtzeitig bekämpft wurde – jedenfalls dem Erstgereihten den Zuschlag erteilen, und zwar selbst dann, wenn sich (etwa im Zuge eines Verfahrens beim BVA) herausstellt, dass der betreffende Bieter nicht (mehr) geeignet (befugt, leistungsfähig und zuverlässig) ist oder sein Angebot aus anderen Gründen auszuscheiden gewesen wäre. Eine Richtigstellung dieser zivilrechtlichen Wissenserklärung ist daher bis zur Zuschlagserteilung (Vertragsabschluss) zulässig.

Bei der Zuschlagserteilung handelt es sich um den Akt des Vertragsabschlusses selbst (= Auftragserteilung; vgl. dazu auch das Erkenntnis des EuGH in der Rs C-81/98, Alcatel). Der Zeitpunkt der Zuschlagserteilung muss, da er von großer Bedeutung für das Tätigwerden der Nachprüfungsbehörde ist, genau ermittelbar sein. Das Erfordernis der Schriftlichkeit verhindert, dass der Auftraggeber eine informelle telefonische Mitteilung an den in Aussicht genommenen Bieter als Zuschlagserteilung deklariert, um im Zweifelsfall ein Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung zu umgehen. Eine Verzögerung des Verfahrens trat dadurch in der Praxis bislang nicht ein. Der Gewinn an Rechtssicherheit vor allem für das Nachprüfungsverfahren rechtfertigt diese von den §§ 861 ff ABGB abweichende Regel.

Zu § 3 (Öffentliche Auftraggeber und sonstige Verpflichtete):

Zu Abs. 1:

§ 3 Abs. 1: Abs. 1 entspricht § 7 Abs. 1 BVergG 2002 und ist inhaltlich unverändert.

Die durch das BVergG 2002 vorgenommene Neuformulierung des persönlichen Geltungsbereiches verfolgte das Ziel, eine gemeinschaftsrechtskonforme Umschreibung des persönlichen Anwendungsbereiches zu erreichen. Die Formulierung des persönlichen Anwendungsbereiches des BVergG ist auch vor dem Hintergrund des Art. 14b B‑VG zu sehen. Durch die Vereinheitlichung des materiellen Vergaberechtes entfällt die Notwendigkeit, die Gesetzgebungskompetenz im materiellen Bereich betreffend der dem gemeinschaftlichen Vergaberecht unterliegenden Auftraggeber gemäß der (bisher in diesem Bereich geltenden) österreichischen Kompetenzordnung trennscharf den jeweils zuständigen Gesetzgebern Bund bzw. Land zuzuweisen. Das Konzept des BVergG iVm der Regelung des B‑VG folgt folgendem Ansatz: im B‑VG wird abstrakt festgelegt, welche Rechtsträger als Auftraggeber in den jeweiligen Vollzugsbereich der Gebietskörperschaften fallen können. Ob es sich hierbei jedoch um öffentliche Auftraggeber oder um Sektorenauftraggeber handelt, ergibt sich erst aus der Definition des BVergG. Deshalb differenziert § 3 Abs. 1 nicht zwischen den im Art. 14b B‑VG angeführten Kompetenzbereichen, da das BVergG – mit Ausnahme der Bestimmungen betreffend die Nachprüfung – für alle Auftraggeber gleichermaßen gilt (dies war ja das erklärte Ziel der Vereinheitlichung des Vergaberechts). Aus diesem Konzept folgt auch, dass der Umfang der durch das BVergG erfassten Auftraggeber gegenüber der offenen und auf Kompetenzebene gefassten Aufzählung der Auftraggeber in Art. 14b B‑VG eingeschränkter ist. § 3 enthält nur einen Teil der von Art. 14b Abs. 2 B‑VG erfassten Auftraggeber und zwar jene, deren Einbeziehung in das Regime des BVergG gemeinschaftsrechtlich geboten ist. Dies zeigt sich etwa daran, dass das Definitionsmerkmal „Gründung zur Erfüllung im Allgemeininteresse liegender Aufgaben nicht gewerblicher Art“ des Auftraggeberbegriffes der Richtlinien (vgl. etwa Art. 1 Abs. 9 lit. a der RL 2004/18/EG) im Wortlaut des Kompetenztatbestandes des Art. 14b B‑VG nicht aufscheint.

Abs. 1 beinhaltet den persönlichen Anwendungsbereich des BVergG. Es handelt sich dabei um die Definition der vom 2. Teil des Gesetzes erfassten Auftraggeber (erst auf Grund des Verweises auf § 3 Abs. 1 in § 164 erhält die Definition auch im Zusammenhang mit dem 3. Teil des Gesetzes Relevanz). Der Auftraggeberbegriff und die genaue Eingrenzung des persönlichen Anwendungsbereiches sind von zentraler Bedeutung. Die Definition entspricht – abgesehen von marginalen sprachlichen Abweichungen – völlig der Definition der Richtlinien. Wie bereits ausgeführt, dient die Übernahme der gemeinschaftsrechtlichen Terminologie unter anderem verwaltungsökonomischen Zielen (Vermeidung häufiger Gesetzesnovellierungen auf Grund von Judikaten des EuGH) und soll einer lückenhaften Umsetzung der Vergaberichtlinien vorbeugen. Durch die Übernahme der Terminologie des Gemeinschaftsrechtes wird die klare Intention des Gesetzgebers dokumentiert, den Anwendungsbereich des BVergG mit jenem der Richtlinien deckungsgleich zu gestalten. Daraus folgt ferner zwingend eine gemeinschaftsrechtskonforme Interpretation des § 3. Der EuGH hat insbesondere in seiner jüngeren Judikatur wesentliche Klarstellungen zum Begriff des öffentlichen Auftraggebers getroffen, die demzufolge von unmittelbarer Relevanz für das BVergG sind.

Der Gerichtshof betont in seiner ständigen Judikatur (vgl. u.a. Rs C-237/99), dass der persönliche Anwendungsbereich der Richtlinien und somit auch des BVergG vor dem Hintergrund des Zieles und des Zweckes der Richtlinien und des Gesetzes auszulegen ist. Die Richtlinien sollen Hemmnisse für den freien Dienstleistungs- und Warenverkehr beseitigen und somit die Interessen der in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmer schützen, die den in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen öffentlichen Auftraggebern Waren oder Dienstleistungen anbieten möchten (siehe auch Rs C‑380/98, Cambridge, Rz 16). Folglich besteht der Zweck der Richtlinien darin, die Gefahr einer Bevorzugung einheimischer Bieter oder Bewerber bei der Auftragsvergabe durch öffentliche Auftraggeber zu verhindern und zugleich die Möglichkeit auszuschließen, dass eine vom Staat, von Gebietskörperschaften oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanzierte oder kontrollierte Stelle sich von anderen als wirtschaftlichen Überlegungen leiten lässt (aaO, Rz 17). Im Licht dieser Ziele ist der Begriff des öffentlichen Auftraggebers einschließlich des Begriffes der Einrichtung des öffentlichen Rechts daher funktionell zu verstehen (siehe Rs C‑353/96, Slg. 1998, I‑8565, Rz 36).

Ein Auftraggeber ist stets nur einer der Ziffern des Abs. 1 zuzuordnen, es handelt sich dabei um einander ausschließende Auftraggeberkategorien. Zu betonen ist, dass Z 3 nur Auffangfunktion hat (vgl. Rs C‑360/96).

Die Richtlinien verwenden den Begriff „Staat“. Dieser umfasst alle Organe, die die gesetzgebende, die vollziehende und die rechtsprechende Gewalt ausüben (vgl. Rs C‑323/96). Im Gesetz soll klargestellt werden, dass darunter der Bund, die Länder, die Gemeinden und die Gemeindeverbände (sowie allen diesen zuordenbare Entitäten ohne eigene Rechtspersönlichkeit) zu verstehen sind. Die gesetzgebenden Einrichtungen des Bundes und der Länder fallen daher unter die Z 1. Hat eine (wenn auch Auftraggebern gemäß Z 1 zuzurechnende) Entität eigene Rechtspersönlichkeit, so fällt sie nicht unter die Z 1, sondern allenfalls unter die Auftraggeberkategorie der Z 2 (vgl. Rs C‑353/96 und Rs C‑306/97). Eine eigenständige Umsetzung des Begriffes „Gebietskörperschaften“ erübrigt sich auf Grund der Formulierung der Z 1.

Durch § 3 Abs. 1 Z 2 soll insbesondere der Begriff „Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ der Richtlinien (vgl. etwa Art. 1 Abs. 9 der RL 2004/18/EG) umgesetzt werden. Die Gesetzesbestimmung lehnt sich an die deutsche Version der Richtlinien an. In der Literatur wurde darauf hingewiesen (vgl. dazu bereits Hailbronner, Der Begriff des öffentlichen Auftraggebers nach den EG-Richtlinien zur Vergabe öffentlicher Aufträge, in: Forum ’95, Öffentliches Auftragswesen (1995) 127 ff mwN), dass die deutsche Sprachfassung der Richtlinien, bei der es sich nicht um die Originalfassung handelt, von der sprachlich unschärferen aber inhaltlich zutreffenderen französischen und englischen Fassung abweicht. Die Richtlinien – und somit auch das BVergG – gelten für alle Einrichtungen öffentlichen oder privaten Rechts, die zur Erfüllung von im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben gegründet wurden und die dem Einfluss öffentlicher Auftraggeber unterliegen bzw. unterliegen können, das heißt wenn zu diesen Verbindungen im Sinne mindestens eines Punktes des dritten Kriteriums bestehen.

Die Richtlinien enthalten keine Definition des Begriffes „Allgemeininteresse“. Die Richtlinie verweist aber auch nicht auf die nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten, sodass dieser Begriff autonom, d.h. gemeinschaftsrechtlich im Hinblick auf Kontext und Zweck der Regelung auszulegen ist (C-283/00, C- 470/99, C-373/00).Unter „im Allgemeininteresse liegende Aufgaben“ ist ein gewisser Kernbereich von Agenden (etwa im Bereich der Daseinsvorsorge) zu verstehen, die im Interesse des Gemeinwohles vom Staat als Träger des Interesses der Gesamtheit besorgt wird. Eine diesbezügliche Orientierung bietet etwa Art. 86 Abs. 2 EGV samt einschlägiger Judikatur des EuGH. Im Allgemeinen kann man davon ausgehen, dass ein Handeln in hoheitlicher Rechtsform einer öffentlichen Zwecksetzung und damit der Verwirklichung eines Allgemeininteresses dient. Dass dabei wirtschaftliche Grundsätze zu beachten sind (vgl. etwa Art. 126b Abs. 5 B-VG), steht der Verpflichtung auf das Allgemeininteresse nicht entgegen. Handelt der Staat (im weitesten, funktionellen Sinne zu verstehen; vgl. EuGH Rs 31/87, Beentjes, Slg. 1988, 4635) hingegen in privatrechtlichen Formen (Privatwirtschaftsverwaltung; Art. 17 B‑VG), so gilt diese Vermutung nicht. Dass der mit der Wirtschaftstätigkeit erzielte Gewinn letztendlich dem „Staat“ zugute kommt, reicht für die Annahme eines Allgemeininteresses alleine ebenfalls nicht aus. Hinzu treten muss eine spezifische, von der Zwecksetzung des Konkurrenten unterscheidbare, originär staatliche Aufgabensetzung, die sich etwa in einer gesetzlichen Aufgabenzuweisung manifestieren kann.

In der Rs C‑373/00 hat der Gerichtshof etwa festgehalten, dass die gesetzliche Normierung einer Subsidiarverpflichtung einer Gebietskörperschaft zur Erbringung einer bestimmten Leistung ein Indiz für das Vorliegen einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe darstellt.

Die Erfüllung einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe führt allerdings noch nicht per se zu einer Freistellung von den Verpflichtungen der Vergaberichtlinien und des BVergG. Eine weitere, kumulative Voraussetzung für die Qualifikation als „öffentlicher Auftraggeber“ ist nämlich die Besorgung von „Aufgaben nicht gewerblicher Art“.

Die gemeinschaftliche Wortfolge „gewerbliche Art“ ist durch das BVergG in die österreichische Rechtsordnung eingefügt worden, stammt aber aus den RL und muss daher „autonom“ ausgelegt werden. Eine Begriffsdefinition allein anhand des nationalen Rechts (vgl. etwa § 1 GewO 1994, BGBl. Nr. 194 idgF) ist daher unzulässig. Aus dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 9 der RL 2004/18/EG in ihren verschiedenen Sprachfassungen ergibt sich, dass das Kriterium der „nicht gewerblichen Art“ den Begriff der im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben im Sinne dieser Bestimmung präzisieren soll. Das Vorliegen von im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nicht gewerblicher Art ist objektiv zu beurteilen und die Rechtsform der Bestimmungen, in denen diese Aufgaben genannt sind, ist unerheblich. Der Begriff der im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben, die nicht gewerblicher Art sind, schließt nicht Aufgaben aus, die auch von Privatunternehmen erfüllt werden. Es kommt also nicht darauf an, ob diese Aufgaben auch von Privatunternehmen erfüllt werden können. Das gemeinschaftliche Vergaberecht kann daher auf eine bestimmte Stelle angewandt werden, selbst wenn Privatunternehmen die gleichen Aufgaben erfüllen oder erfüllen könnten (vgl. etwa EuGH Rs C-360/96 und C-223/99).

Das Vorliegen eines entwickelten Wettbewerbes und insbesondere der Umstand, dass die betreffende Einrichtung auf dem betreffenden Markt im Wettbewerb steht, stellt ein Indiz dafür dar, dass es sich um eine Aufgabe gewerblicher Art handelt. Es handelt sich aber „nur“ um ein Indiz. Auf der anderen Seite ist, wie der Gerichtshof ausgeführt hat, aber auch das Fehlen von Wettbewerb keine notwendige Voraussetzung des Begriffes „Einrichtung des öffentlichen Rechts“.

Hinsichtlich der Beurteilungskriterien der Erfüllung von „Aufgaben nicht gewerblicher oder gewerblicher Art“ wird auf eine Gesamtbetrachtung abzustellen sein, bei der u.a. folgende Aspekte zu berücksichtigen sind: Die Tatsache, dass keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt wird, ist ein Indiz für das Vorliegen einer „Aufgabe nicht gewerblicher Art“, da eine „gewerbliche Tätigkeit“ grundsätzlich auf die Erwirtschaftung eines unternehmerischen Gewinns ausgerichtet ist. Auch ist die Möglichkeit einer Liquidation aus Gründen des öffentlichen Interesses mit der Annahme einer Gründung zum Zweck der Wahrnehmung „gewerblicher Aufgaben“ schwer vereinbar. Bei einer Einrichtung, die Aufgaben mit gewerblichem Charakter wahrnimmt, erfolgt eine Liquidation entweder aus Gründen der Zahlungsunfähigkeit oder weil der Inhaber kein Interesse am Fortbestand des Unternehmens mehr hat. Der erste Fall ist rein wirtschaftlichen Erwägungen unterworfen, der zweite eine Folge der Dispositionsbefugnis des Privateigentümers. Auch kann aus der Tatsache, dass die fragliche Einrichtung auf einem privatrechtlichen Gründungsakt beruht, nicht auf den gewerblichen Charakter der von ihr wahrgenommenen Aufgabe geschlossen werden. Da der Begriff des „öffentlichen Auftraggebers“ im funktionellen Sinne zu verstehen ist, um dem Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs seine volle Wirksamkeit zu sichern, verbietet dies eine Differenzierung nach der Rechtsform jener Bestimmungen, durch die die Einrichtung geschaffen wird und in der die von ihr zu erfüllenden Aufgaben genannt sind. Der privatrechtliche Gründungsakt ist damit kein Grund, automatisch von einer Wahrnehmung von Aufgaben gewerblicher Art auszugehen (so auch EuGH Rs C‑214/00, Rs C‑84/03).

Der EuGH hat bei der Beurteilung des Vorliegens des Tatbestandsmerkmales „Aufgaben gewerblicher Art“ auf die Erbringung einer wirtschaftlichen Tätigkeit abgestellt, die auf dem Markt angeboten wird. Für den Gerichtshof offenbar besonders bedeutsam ist der Umstand, ob die Einrichtung, auch wenn sie keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, doch gemäß ihrer Satzung nach Leistungs-, Effizienz- und Wirtschaftlichkeitskriterien arbeitet. Sofern kein Mechanismus zum Ausgleich etwaiger finanzieller Verluste durch die öffentliche Hand vorgesehen ist und die Einrichtung daher selbst das wirtschaftliche Risiko ihrer Tätigkeit trägt, so spricht dies für die Wahrnehmung von Aufgaben gewerblicher Art.

Nach der Judikatur des EuGH (Rs C‑283/00, Rs C‑18/01) kommt es für die Risikotragung nicht allein darauf an, ob es einen offiziellen Mechanismus zum Ausgleich etwaiger finanzieller Verluste gibt. Ist es unter Berücksichtigung aller erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte wenig wahrscheinlich, dass die beherrschende Gebietskörperschaft die Zahlungsunfähigkeit der betreffenden Einrichtung hinnehmen würde, so spricht dies für eine Tätigkeit nichtgewerblicher Art. Bei einer Tätigkeit, die einen grundlegenden Bestandteil der Strafvollzugspolitik eines Staates darstellt, hat es der EuGH als wenig wahrscheinlich angesehen, dass der Staat als alleiniger Eigentümer der betreffenden Gesellschaft allfällige Verluste nicht übernimmt und die Gesellschaft somit vor dem Konkurs rettet.

Unter einer Einrichtung, die Aufgaben „gewerblicher Art“ besorgt, ist folglich eine Einrichtung zu verstehen, die in Konkurrenz mit privaten Wirtschaftstreibenden unter den gleichen Bedingungen (d.h. unter Beachtung der gleichen wirtschaftlichen Regeln) wie diese am allgemeinen Wirtschaftsleben teilnimmt und das wirtschaftliche Risiko (Insolvenzrisiko) ihres Handelns trägt. Eine Teilnahme am regulären Wirtschaftsleben ist wohl dann nicht anzunehmen, wenn eine staatliche Kontrolle oder die Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Unternehmensgebarung nach staatsspezifischen Kriterien erfolgen kann, gleichgültig in welcher Art diese verwirklicht werden. Die Einflussnahme kann auch darin liegen, dass Einrichtungen „vom Staat“ bevorzugt oder Schranken für potenzielle Mitbewerber errichtet werden, die bewirken, dass – wenn auch nur in Teilbereichen – der freie Wirtschaftswettbewerb verhindert oder eingeschränkt wird. Dies kann etwa durch eine Verhinderung oder Beschränkung des Anbieterwettbewerbes oder durch die besondere (zB gesetzliche) Ausgestaltung von Rahmenbedingungen betreffend die Abwicklung von Aufträgen geschehen, die einen bestimmten Anbieter oder eine Gruppe von Anbietern bevorzugt.

Daraus folgt für die Frage, ob eine Einrichtung ein „öffentlicher Auftraggeber“ ist oder nicht, dass auf ihre Nähe zum originär staatlichen Tätigkeitsbereich sowie auf die Möglichkeit der Einflussnahme und Kontrolle durch den Staat abzustellen ist, wobei entscheidend ist, ob in den richtlinienrelevanten Sachverhalten eine – gegenwärtige oder zukünftige – Entscheidungsbeeinflussung (ex ante) nach spezifisch staatsbezogenen Kriterien möglich ist. „Gewerbliche Aufgaben“ würden demnach von einer Einrichtung dann besorgt werden, wenn sie sich in ihrem Tätigkeitsbereich (ungeachtet ihrer Rechtsform) nicht von anderen privaten Wettbewerbern unterscheidet, sie bei der Beschaffung wie ein gewöhnliches Unternehmen im privaten Wirtschaftsverkehr agiert und bei der Vergabe von Aufträgen kein staatlicher Einfluss stattfindet.

Das Erfordernis der Erteilung einer Konzession für die Ausübung einer Tätigkeit, die wiederum vom Bedarf abhängig gemacht wird, sowie die behördliche Festlegung von Höchsttarifen stellen nach Ansicht des EuGH Indizien für das Vorliegen einer Tätigkeit nicht gewerblicher Art dar (EuGH Rs C‑373/00).

Wie der Gerichtshof in der Rs C-44/96, Mannesmann, festgestellt hat, kommt es nicht darauf an, ob eine Einrichtung neben den im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nicht gewerblicher Art noch andere Tätigkeiten ausüben darf. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Erfüllung der im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben tatsächlich nur einen relativ geringen Teil der Tätigkeiten der Einrichtung ausmacht, solange sie weiterhin die Aufgaben wahrnimmt, die sie als besondere Pflicht zu erfüllen hat (EuGH Rs C-360/96, Arnhem).

In der Rs C‑470/99, Universale Bau AG, hielt der EuGH fest, dass bei der Beurteilung ob eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe nicht gewerblicher Art ausgeübt wird, auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit abzustellen ist. Die Einstufung als Einrichtung des öffentlichen Rechts scheitert nicht daran, dass die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nicht gewerblicher Art nicht zum Zeitpunkt der Gründung der Einrichtung, sondern erst später übertragen worden sind. Unerheblich ist auch, ob die Satzung der Einrichtung an den geänderten Tätigkeitsbereich angepasst worden ist, solange die Übertragung derartiger Aufgaben objektiv feststellbar ist.

Z 2 lit. c enthält die gemeinschaftsrechtlich relevanten Beherrschungstatbestände, die weit auszulegen sind (so EuGH Rs C-306/97). Für das Vorliegen der Beherrschung im Sinne der lit. c reicht es aus, wenn ein Auftraggeber eine solche Kontrolle zumindest mittelbar ausüben kann. Die Kriterien der lit. c sind als alternative Tatbestände formuliert.

Nicht jede Zuwendung an eine Einrichtung ist als „Finanzierung“ im Sinne der Richtlinien bzw. des Gesetzes zu verstehen. Unter diesen Begriff fallen allein solche Zuwendungen, die nicht im wirtschaftlichen Wettbewerb durch die Einrichtung erwirtschaftet wurden („Finanzhilfe ohne spezifische Gegenleistung“; vgl. Rs C-380/98). Ob dieser Mitteltransfer auf direktem oder indirektem Weg stattfindet, ist irrelevant. Eine „überwiegende“ Finanzierung liegt dann vor, wenn mehr als 50% aller Mittel der Einrichtung das oben genannte Kriterium der „Finanzierung“ erfüllen. Ist das Ausmaß der staatlichen Finanzierung nicht gleich bleibend, so ist auf der Basis des Budgetjahres in dem der Vergabevorgang stattfindet zu eruieren, ob die Finanzzuwendungen 50% übersteigen oder nicht. Der Status als öffentlicher Auftraggeber besteht für das entsprechende Budgetjahr. Wird die Finanzierungsschwelle von 50% überschritten, so fallen alle Beschaffungen des betreffenden Budgetjahres in den Anwendungsbereich des gemeinschaftlichen Vergaberechtes. Bei Beschaffungsvorgängen, die sich über mehrere Budgetperioden (Jahre) erstrecken, hängt die Qualifikation als öffentlicher Auftrag davon ab, ob in der Zeitperiode (Budgetjahr) in dem das Vergabeverfahren eingeleitet wurde, der Auftrag unter das gemeinschaftliche Vergaberecht fiel oder nicht. Die Qualifikation als öffentlicher Auftrag bleibt bis zum Vertragsabschluss bestehen, selbst wenn sich der Status der Einrichtung ändern sollte (weil die Finanzzuwendungen nicht mehr als 50% ausmachen).

Das alternative Beherrschungskriterium „Aufsicht hinsichtlich der Leitung“ muss, da es eines der drei in der Definition jeweils genannten Merkmale darstellt, eine Verbindung mit der öffentlichen Hand schaffen, die der Verbindung gleichwertig ist, die besteht, wenn eines der beiden anderen alternativen Merk­male erfüllt ist, nämlich die überwiegende Finanzierung durch die öffentliche Hand oder Ernennung von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Leitungsorgans durch die öffentliche Hand. Es ist eine Gesamtbetrachtung aller einschlägigen Regelungen vorzunehmen und falls sich daraus ergibt, dass die Leitung des Rechtsträgers einer Aufsicht durch die öffentliche Hand untersteht, die es dieser ermöglicht, die Entscheidungen des Rechtsträgers in Bezug auf öffentliche Aufträge zu beeinflussen, dann ist dieser Beherrschungstatbestand erfüllt (Rs C-237/99). Im Rahmen der Gesamtbetrachtung sind folgende Faktoren zu beachten: eigenständiger Entscheidungsspielraum des beaufsichtigten Rechtsträgers; Aufsichtsrechte durch die öffentliche Verwaltung; Befugnis der öffentlichen Hand, die Auflösung des Rechtsträgers zu verfügen und einen Abwickler zu bestellen; die Befugnis der öffentlichen Hand, die Leitungsorgane vorläufig ihres Amtes zu entheben; Möglichkeit der öffentlichen Hand, dem Rechtsträger ein bestimmtes Geschäftsführungsprofil vorzugeben; Kontroll- bzw. Untersuchungsbefugnis der öffentlichen Hand (insbesondere im Hinblick auf die laufende Gebarung); Möglichkeit Vorschläge dazu zu machen, was auf Untersuchungs- oder Kontrollberichte hin geschehen soll, inklusive Sicherstellung der Umsetzungsmaßnahmen durch den kontrollierten Rechtsträger. Eine bloße Richtigkeits- oder Rechtmäßigkeitskontrolle ex post (das heißt eine Überprüfung nach Abschluss eines Vergabeverfahrens) erfüllt das Kriterium der Aufsicht nicht (vgl. EuGH Rs C-373/00). Allerdings geht eine unmittelbare Kontrolle auch der laufenden Gebarung in Verbindung mit laufenden Berichten an die Gesellschafter (vgl. dazu etwa die Kontrollkompetenzen des Rechnungshofes und § 2 RHG) über eine bloß nachprüfende Kontrolle hinaus und begründet somit eine richtlinienrelevante Aufsicht.

Wie bereits im BVergG 2002 wird darauf verzichtet, die „Einrichtungen des öffentlichen Rechts des Bundes und der Länder“ demonstrativ zu umschreiben. Es erübrigt sich somit, den Hauptverband der Sozialversicherungsträger und die Sozialversicherungsträger sowie die beruflichen Interessenvertretungen (Kammern) explizit zu nennen. Durch die Formulierung der Z 2 sollen alle Erscheinungsformen in der österreichischen Rechtsordnung, die die Kriterien der „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ erfüllen, erfasst werden. Die Z 2 umfasst daher insbesondere auch Verwaltungsfonds, Bundesversuchsanstalten sowie die Universitäten und Hochschulen im Rahmen ihrer Rechtsfähigkeit.

Das Gesetz findet auch auf Auftragsvergaben öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Abs. 1 für Standorte im Ausland Anwendung (zB Errichtung eines Botschaftsgebäudes seitens des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten).

Hinzuweisen ist ferner auf die Sonderregelung des Art. 14b Abs. 2 B-VG betreffend „gemeinsame“ Auftragsvergaben von verschiedenen Vollzugsbereichen zuzuordnenden Rechtsträgern.

Zu den Abs. 2 bis 5:

Wie schon bisher sind subventionierte Einrichtungen (Abs. 2) keine Auftraggeber im Sinne des § 3 Abs. 1. Anders als bisher sind diese Einrichtungen bei der Vergabe der subventionierten Aufträge allerdings ex lege zur Einhaltung des BVergG verpflichtet, einer Verpflichtungserklärung im jeweiligen Rechtsakt oder Vertrag (durch den die Subvention gewährt wird), bedarf es nicht mehr. Daher sind auf derartige Auftragsvergaben auch die Bestimmungen des 4. Teiles – somit der vergabespezifische Rechtsschutz – anwendbar.

In Abs. 2 wird aus Gründen der Klarheit die Wortfolge „finanzieren oder direkt fördern“ durch den Begriff „direkt subventionieren“ gemäß Art. 8 RL 2004/18/EG ersetzt; eine inhaltliche Änderung tritt dadurch nicht ein. Diese Vorschrift gilt jedoch nur für subventionierte Tiefbauaufträge (entsprechend der NACE-Nomenklatur vgl. Anhang I; darunter fallen insbesondere Aufträge in den Bereichen Allgemeiner Tiefbau, Erdbewegungsarbeiten, Brücken-, Tunnel- und Schachtbau, Grundbohrungen, Wasserbau [Fluss-, Kanal-, Hafen-, Strom-, Schleusen- und Talsperrenbau], Straßenbau [inklusive Bau von Flugplätzen und Landebahnen], Spezialbau für Bewässerung, Entwässerung, Ableitung von Abwässern, Kläranlagen, sonstiger Spezialbau für andere Tiefbauarbeiten) und für Bauaufträge, die sich auf den Bau von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- und Freizeiteinrichtungen, Schul- und Hochschulgebäuden sowie Verwaltungsgebäuden bezieht. Unter den Begriff Subvention fallen jedenfalls „Beihilfen“ im Sinne der einschlägigen Judikatur des Gerichtshofes (vgl. etwa Rs C-200/97), somit einseitige, unter Umständen auch bloß mittelbare Leistungsgewährungen oder Belastungsverminderungen durch einen öffentlichen Auftraggeber, aber auch andere Formen der Mittelzuwendung (vgl. dazu u.a. Rs C-380/98). Es sind alle Formen von Subventionen oder Finanzierungen, einschließlich der Gemeinschaftsmittel, zu berücksichtigen, die unmittelbar für den betreffenden Bauauftrag bestimmt sind.

Festzuhalten ist, dass durch die nunmehrige Formulierung des Abs. 2 („Wenn … Auftraggeber … direkt subventionieren“) auch alle jene Formen der Mittelzuwendung erfasst werden, die durch Auftraggeber in verschiedenen Vollzugsbereichen erfolgen (zB eine zu mehr als 50% erfolgende Finanzierung durch den Bund und ein oder mehrere Länder). Die Aufteilung der Vollzugszuständigkeit wird in Art. 14b B-VG vorgenommen.

Die Neuregelung des Abs. 3 beruht auf Art. 8 letzter UAbs. der RL 2004/18/EG und beinhaltet eine ausdrückliche Regelung für die Fälle, in denen ein öffentlicher Auftraggeber als Subventionsgeber auftritt und zugleich als vergebende Stelle tätig wird. Auch wenn der öffentliche Auftraggeber in diesen Fällen nicht in eigenem Namen und auf eigene Rechnung (sohin als vergebende Stelle) agiert, soll auf Grund der überwiegenden Subventionierung der 2. und 4. bis 6. Teil (und somit auch der vergabespezifische Rechtsschutz) anwendbar sein.

Abs. 4 enthält eine Sonderbestimmung für Baukonzessionäre, die keine öffentlichen Auftraggeber sind. Die Bestimmung wurde sprachlich an die anderen Absätze angepasst und erfüllt eine „Wegweiserfunktion“. Diese Baukonzessionäre sind ex lege zur Anwendung einzelner Bestimmungen des BVergG verpflichtet; aus § 142 Abs. 3 ergibt sich auch die Maßgeblichkeit des 4. Teiles und somit des vergabespezifischen Rechtsschutzes.

In Abs. 5 wurde (im Vergleich zur Regelung des BVergG 2002) in Anlehnung an Art. 3 der RL 2004/18/EG der Begriff „Sonder- oder Alleinrechte“ durch die Wortfolge „besondere oder ausschließliche Rechte“ ersetzt; inhaltliche Änderungen sind mit diesen Neuformulierungen nicht verbunden. Zur Auslegung des Begriffes der „besonderen oder ausschließlichen Rechte“ wird auf Art. 86 Abs. 1 EGV und die dazu ergangene reichhaltige Judikatur des EuGH sowie auf die Erläuterungen zu § 166 Abs. 2 verwiesen. Der Unterschied zwischen Abs. 5 und § 166 Abs. 2 liegt lediglich darin, dass derartige Rechte gemäß Abs. 5 von einem Auftraggeber (gleichgültig auf welche Weise) zuerkannt werden, hingegen § 166 Abs. 2 die Zuerkennung von „der zuständigen Behörde mittels Rechts- oder Verwaltungsvorschrift“ fordert.

Allgemein zu § 4 bis 6:

In den §§ 4 bis 6 werden die dem Vergaberecht unterlegenden Auftragstypen näher geregelt. Als Aufträge im Sinne der RL und des BVergG gelten entgeltliche schriftliche Verträge über bestimmte Leistungen. Unter diesen Auftragsbegriff fallen auch so genannte Rahmenverträge. Dabei handelt es sich um Aufträge, die typischer Weise bei der Beschaffung wiederkehrender Leistungen eingesetzt werden, wenn die Leistungen in einem zeitlich und quantitativ nicht genau vorhersehbaren Bedarf während der Laufzeit des Rahmenvertrages abgerufen werden sollen. Als Beispiele für derartige Rahmenverträge können angeführt werden: witterungsabhängige Schneeräumung, Behebung von Gebrechen (Stördienst), Durchführung von Nassbaggerarbeiten in Abhängigkeit vom Wasserstand, Abruf von PC’s und Möbeln in unterschiedlichen Tranchengrößen im Zuge einer laufend erforderlichen Ausstattung von Arbeitsplätzen, Versorgung mit Lebensmitteln. Der wesentliche Unterschied zur Rahmenvereinbarung besteht im beidseitig verbindlichen Charakter des Rahmenvertrages. Als beidseitig verbindlicher Leistungsvertrag mit einer Abnahmeverpflichtung des Auftraggebers zu festen Konditionen hat der Rahmenvertrag bereits alle für den Abschluss des Vertrages erforderlichen, für die kaufmännische Kalkulation wesentlichen Festlegungen zu enthalten. Der Rahmenvertrag ist im System des BVergG als Auftrag im Sinne der §§ 4 bis 6 zu qualifizieren und nach den allgemeinen vergaberechtlichen Regeln für Aufträge zu vergeben. Eine der Besonderheiten ist, dass der Umfang der Gesamtleistung und der Erfüllungszeitpunkt im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht fixiert sind. Kommt es jedoch zu einem Bedarf an den im Rahmenvertrag fixierten Leistungen, hat der Auftraggeber sämtliche vom Rahmenvertrag erfassten Leistungen ausschließlich vom Vertragspartner des Rahmenvertrages zu den im Rahmenvertrag vereinbarten Konditionen zu beziehen. Aufgrund der Ausgestaltung des Rahmenvertrages ergeben sich u.a. auch folgende Konsequenzen: im Rahmenvertrag müssen nicht die Abrufzeitpunkte festgelegt sein; auch müssen die Volumina der abgerufenen Leistung für die einzelnen Abrufzeitpunkte nicht im Vorhinein fixiert werden; bei Rahmenverträgen können in der Regel für die Positionen eines Leistungsverzeichnisses keine exakten Mengenangaben gemacht werden (vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 97 Abs. 3 Z 1.

Zu § 4 (Bauaufträge):

§ 4 umschreibt die dem Anwendungsbereich des vorliegenden Gesetzesentwurfes unterliegenden Bauaufträge entsprechend Art. 1 Abs. 2 lit. b der RL 2004/18/EG.

In Anlehnung an die Diktion der RL 2004/18/EG verwendet § 4 neben dem Begriff „Bauauftrag“ die Begriffe „Bauvorhaben“, „Bauwerk“ und „Bauleistung“. Das „Bauwerk“ ist nach seiner Definition (§ 2 Z 11) das Ergebnis einer Gesamtheit von Tief- und Hochbauarbeiten, das seinem Wesen nach eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllt und umfasst daher die Herstellung eines (funktionsfähigen) Ganzen (zB ein Gebäude, eine Straße, ein Bauabschnitt einer Straße, eine Brücke), das bis zur letzten Ausbau- und Installationsphase vollendet ist. Die zur Herstellung dieses Ganzen erforderlichen Leistungen sind die Bauleistungen. Demgegenüber ist der Begriff des „Bauvorhabens“ der umfassendere, der neben der Erstellung eines Bauwerkes auch andere Bauleistungen erfasst. So stellen etwa Revitalisierungen von Gebäuden, Umbauten, Instandsetzungen und Reparaturen Bauvorhaben, nicht aber Bauwerke dar. Somit ist jede Erstellung eines Bauwerkes ein Bauvorhaben, aber nicht jedes Bauvorhaben identisch mit der Erstellung eines Bauwerkes. Mit der „Erbringung einer Bauleistung durch Dritte“ sind die Bauträger-, Mietkauf- oder Leasingverträge angesprochen, bei denen der Auftraggeber nicht selbst baut, sondern für seine Zwecke (und nach seinen Vorgaben) bauen lässt.

Aus den bereits genannten Gründen wird bewusst die Wortwahl der Richtlinie wiedergegeben. Im Falle der Z 1 führt dies jedoch zu einer gewissen sprachlichen Ungenauigkeit. In der englischen Fassung der betreffenden Bestimmung (Art. 1 Abs. 2 lit. b der RL 2004/18/EG) lautet die Definition: „ ,public works contracts‘ are public contracts having as their object either the execution, or both the design and execution, of works related to one of the activities within the meaning of Annex I“. Die Begriffe „Ausführung“ bzw. „Ausführung und Planung“ beziehen sich daher nicht auf das „Bauvorhaben“ sondern auf Tätigkeiten (i.e. Bauleistungen). Z 1 ist daher wie folgt zu verstehen: Vertragsgegenstand des Bauauftrages ist die Ausführung oder die gleichzeitige Ausführung und Planung von Bauleistungen im Zusammenhang mit einer der in Anhang I genannten Tätigkeiten für ein Bauvorhaben.

Erwägungsgrund 10 der RL 2004/18/EG führt zum Begriff Bauauftrag Folgendes aus: „Ein öffentlicher Auftrag gilt nur dann als öffentlicher Bauauftrag, wenn er speziell die Ausführung der in Anhang I genannten Tätigkeiten zum Gegenstand hat; er kann sich jedoch auf andere Leistungen erstrecken, die für die Ausführung dieser Tätigkeiten erforderlich sind. Öffentliche Dienstleistungsaufträge, insbesondere im Bereich der Grundstücksverwaltung, können unter bestimmten Umständen Bauleistungen umfassen. Sofern diese Bauleistungen jedoch nur Nebenarbeiten im Verhältnis zum Hauptgegenstand des Vertrags darstellen und eine mögliche Folge oder eine Ergänzung des letzteren sind, rechtfertigt die Tatsache, dass der Vertrag diese Bauleistungen umfasst, nicht eine Einstufung des Vertrags als öffentlicher Bauauftrag.“

Zu § 5 (Lieferaufträge):

Die Definition knüpft an Art. 1 Abs. 2 lit. c der RL 2004/18/EG an. Zum Begriff der „Waren“ wird auf die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofes verwiesen (vgl. dazu etwa Rs C‑7/68, C‑215/87; zur Abgrenzung zum Begriff der Dienstleistung siehe u.a. Rs C‑155/73). Strom ist daher eine Ware im Sinne von § 5 (vgl. Rs C-393/92 und C-158/94).

Zu § 6 (Dienstleistungsaufträge):

Durch die Formulierung soll in Anlehnung an Art. 1 Abs. 2 lit. d der RL 2004/18/EG deutlich zum Ausdruck gebracht werden, dass der Dienstleistungsbegriff gegenüber dem Begriff der Bauleistungen bzw. Lieferungen subsidiär ist und ihm somit eine Auffangfunktion zukommt. Außerdem sollen aus Gründen der Klarheit die Begriffe „prioritäre Dienstleistungen“ und „nicht-prioritäre Dienstleistungen“ bereits in der Definition explizit genannt werden. Zum Begriff der Dienstleistung ist insbesondere auf die Judikatur des Gerichtshofes zu verweisen (vgl. u.a. Rs C‑155/73, C‑279/80, C‑352/85, C‑275/92, C‑109/92, C‑159/90).

Erwägungsgrund 18 der RL 2004/18/EG führt zum Dienstleistungsauftrag Folgendes aus: „Der Dienstleistungsbereich lässt sich für die Anwendung der Regeln dieser Richtlinie und zur Beobachtung am besten durch eine Unterteilung in Kategorien in Anlehnung an bestimmte Positionen einer gemeinsamen Nomenklatur beschreiben und in zwei Anhängen, II Teil A und II Teil B, nach der für sie geltenden Regelung zusammenfassen. Für die in Anhang II Teil B genannten Dienstleistungen sollten die Bestimmungen dieser Richtlinie unbeschadet der Anwendung besonderer gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen für die jeweiligen Dienstleistungen gelten.“

Zu § 7 (Baukonzessionsverträge):

Die Regelung setzt Art. 1 Abs. 3 der RL 2004/18/EG um.

Zu § 8 (Dienstleistungskonzessionsverträge):

Die Regelung setzt Art. 1 Abs. 4 der RL 2004/18/EG um. Im Sinne einer möglichst großen Offenheit gegenüber der Judikatur des EuGH wurde ebenso wie auch in der RL 2004/18/EG davon abgesehen, weitere mögliche Elemente in die Definition aufzunehmen. Soweit derartige Elemente durch die Judikatur bereits klargestellt worden sind (das Element des Risikoübergangs auf den Konzessionär stellt nach der Judikatur des EuGH - vgl. Rs C-231/03, Contse, Rs C‑458/03, Parking Brixen - ein wesentliches Element eines Dienstleistungskonzessionsverhältnisses dar), sind sie ohnehin für die Beurteilung über das Vorliegen einer Dienstleistungskonzession maßgeblich, soweit noch Spielraum für weitergehende Klarstellungen besteht, wird durch die offene Definition vermieden, dass zum Zweck der Anpassung an die Rechtsprechung des EuGH Gesetzesänderungen notwendig werden. (Zu den Merkmalen einer Dienstleistungskonzession vgl. ebenfalls die Schlussanträge von Generalanwalt Alber in der Rs C‑108/98, RI.SAN Srl gegen Comune di Ischia, Rz 50, sowie die Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABl. Nr. C 121 vom 29. April 2000, S 2). Siehe auch die Regelung in § 11 sowie die Erläuterungen dazu.

Zu § 9 (Abgrenzungsregelungen):

§ 9 setzt Art. 1 Abs. 2 lit. d 2. und 3. UAbs. sowie Art. 22 der RL 2004/18/EG um (vgl. auch Art. 1 Abs. 2 lit. d 2. und 3. UAbs. sowie Art. 33 der RL 2004/17/EG).

Zur Regelung des Abs. 3 ist auf die Entscheidung des EuGH, Rs C‑411/00, hinzuweisen, in der der Gerichtshof ausdrücklich festgehalten hat, dass es für die Zuordnung einer Dienstleistung, deren Gegenstand sowohl prioritäre wie auch nicht prioritäre Dienstleistungen sind, nicht darauf ankommt, was den Hauptgegenstand des Auftrages darstellt, sondern auf die Wertrelation der betreffenden Teile. Weiters hat der EuGH in dieser Entscheidung zum Ausdruck gebracht, dass ein einheitlicher Leistungsgegenstand, der sowohl prioritäre wie auch nicht prioritäre Dienstleistungen umfasst, nicht getrennt vergeben werden muss, nur um zu erreichen, dass die prioritären Dienstleistungen unter Anwendung aller Vorgaben der Richtlinien vergeben werden. Übersteigt daher bei einem gemischten Auftrag der Wert der nicht prioritären Dienstleistungen denjenigen der prioritären Dienstleistungen, so können auch letztere, sofern nicht Dienstleistungen unterschiedlicher Art willkürlich zusammengefasst wurden, unter Einhaltung der eingeschränkten Vorgaben gemäß § 141 vergeben werden.

Zu § 10 (ausgenommene Aufträge):

Auf Grund der in § 1 gewählten Terminologie wird in den Z 1, 3, 4, 5 und 16 die Wortfolge „Aufträge, Wettbewerbe oder die Vergabe von Baukonzessionsverträgen“ durch den Begriff „Vergabeverfahren“ ersetzt.

Allgemein ist festzuhalten, dass im Lichte der ständigen Judikatur des EuGH (vgl. etwa Rs C-318/94, Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland) die Ausnahmevorschriften jedenfalls eng auszulegen sind; die Beweislast dafür, dass die außergewöhnlichen Umstände, die die Inanspruchnahme der Ausnahmebestimmung rechtfertigen, tatsächlich vorliegen, obliegt demjenigen, der sich auf die Bestimmung berufen will. Ausnahmetatbestände, welche die Anwendung des Gemeinschaftsrechts ausschließen, sind insbesondere vor dem Hintergrund der dadurch bewirkten Einschränkung der Grundfreiheiten eng auszulegen. Der Ausschluss gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen muss daher durch zwingende Erfordernisse gerechtfertigt und geeignet sein, das gewünschte Ergebnis herbeizuführen, sowie die gelindeste Maßnahme im Hinblick auf die Zielerreichung darstellen. Die in § 10 angeführten Ausnahmetatbestände sind taxativ (und können daher auch – ausgenommen durch die Judikatur des EuGH - nicht ergänzt werden).

Zu Z 1: In Anlehnung an Art. 14 der RL 2004/18/EG wurde die Bestimmung um einen Verweis auf die ausdrückliche Erklärung der Geheimhaltung eines Vergabeverfahrens erweitert. Die Erklärung eines Vergabeverfahrens für geheim muss auf Grund von Bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften erfolgen. Die Grundlage für die Geheimerklärung muss daher stets ein Gesetz darstellen, das in abstrakter Weise jene Voraussetzungen festlegt, unter denen ein Vergabeverfahren für geheim erklärt werden kann. Die Erklärung eines konkreten Verfahrens als „geheim“ kann entweder durch das Gesetz selbst erfolgen oder durch einen Bescheid auf Grund dieses Gesetzes. Die Vollzugszuständigkeit (wer erklärt ein Vergabeverfahren für geheim) und das Verfahren (zur „Geheimerklärung“) ist ebenfalls im Gesetz festzulegen. Den Hintergrund für diese Ausnahmevorschrift bildet die Überlegung, dass bestimmte Vergabeverfahren so sensibel sein können, dass bereits allein aufgrund der Bekanntmachung des Auftrages geheimhaltungsbedürftige Informationen preisgegeben würden.

Hinsichtlich der Vergabeverfahren deren Ausführung besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordert, ist darauf zu achten, dass es sich um außergewöhnliche (arg. „besondere“) und spezifische für die konkrete Leistungserbringung notwendige Begleitmaßnahmen handeln muss. Beispiele für besondere Sicherheitsmaßnahmen sind etwa Sicherheitsüberprüfungen (vgl. dazu etwa die Regelungen des SPG bzw. des InfoSiG), Verlässlichkeitsüberprüfungen, besondere Sicherheitskontrollen u.a.m.

Erwägungsgrund 22 der RL 2004/18/EG führt dazu Folgendes aus: „Es sollte vorgesehen werden, dass in bestimmten Fällen von der Anwendung der Maßnahmen zur Koordinierung der Verfahren aus Gründen der Staatssicherheit oder der staatlichen Geheimhaltung abgesehen werden kann, oder wenn besondere Vergabeverfahren zur Anwendung kommen, die sich aus internationalen Übereinkünften ergeben, die die Stationierung von Truppen betreffen oder für internationale Organisationen gelten.“

Zu Z 2: Die Regelung setzt Art. 10 der RL 2004/18/EG um. Im Gegensatz zur Vorgängerbestimmung (vgl. § 6 Abs. 1 Z 2 BVergG 2002) sind nunmehr auch die Erbringung von Bauleistungen unter den genannten Voraussetzungen ausgenommen. Das Gesetz ist gemäß der Z 2 auch auf Bau-, Liefer- oder Dienstleistungsaufträge im Bereich der Verteidigung anzuwenden, es sei denn Art. 296 EGV findet Anwendung. Gemäß Art. 296 Abs. 1 lit. b EGV kann jeder Mitgliedstaat Maßnahmen ergreifen, die seines Erachtens für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind, soweit sie die Erzeugung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen. Am 15. April 1958 hat der Rat eine Liste von Waren festgelegt, die unter diese Regelung fallen, wenn sie für militärische Zwecke bestimmt sind (die Liste ist abgedruckt bei Fruhmann in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2002, § 6 Rz 47ff). Dementsprechend gilt die Ausnahmevorschrift auch für Dienstleistungsaufträge, wenn diese mit in der Liste aufgeführten Waren in Zusammenhang stehen, zB für Planung, Beförderung und Wartung usw. dieser Waren. Der Gerichtshof hat auf Grund des „begrenzten Charakters“ des Art. 296 EGV eine extensive Auslegung dieser Bestimmung abgelehnt (vgl. Rs C‑414/97).

Zu den Z 3 bis 5: Die zweifache Bezugnahme auf andere bzw. besondere Verfahrensregeln in Z 3 beruht auf dem Wortlaut der entsprechenden Ausnahmebestimmung in Art. 15 der RL 2004/18/EG. Erforderlich ist, dass das betreffende Vergabeverfahren in den Anwendungsbereich anderer Verfahrensregeln fallen muss und in Übereinstimmung mit diesen Regelungen durchgeführt wurde.

Drittstaat im Sinne der Z 4 kann nur ein Staat sein, mit dem die Gemeinschaft oder ihre Mitgliedstaaten kein Abkommen im Bereich des öffentlichen Auftragswesens abgeschlossen haben. Die Z 4 erfasst etwa auch bilateralen Entwicklungshilfe-Abkommen im Sinne des Entwicklungshilfegesetzes, BGBl. Nr. 474/1974, idgF.

Zur neu eingefügten Z 5 ist darauf hinzuweisen, dass in Anlehnung an das Truppenaufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 57/2001, nicht von der Stationierung (wie in Art. 15 lit. b der RL 2004/18/EG) gesprochen wird, sondern vom Aufenthalt von Truppen.

Zu Z 6: Z 6 setzt die Ausnahmebestimmung des Art. 18 der RL 2004/18/EG um. Voraussetzung ist, dass es sich um einen Dienstleistungsauftrag sowie um ein Leistungsverhältnis zwischen zwei Auftraggebern im Sinne des § 3 Abs. 1 handelt und die konkrete Dienstleistung auf Grund eines ausschließlichen Rechtes (d.h. eines Dienstleistungsmonopols) von einem öffentlichen Auftraggeber an einen bestimmten anderen öffentlichen Auftraggeber vergeben werden muss. Dieses Exklusivrecht muss einerseits auf Grund publizierter Rechts- oder Verwaltungsvorschriften (Gesetz oder Verordnung) bestehen und andererseits gemeinschaftsrechtskonform sein (vgl. dazu die Art. 81 ff EGV, insbesondere Art. 86 EGV). Art. 18 legt fest, dass die Rechts- oder Verwaltungsvorschriften „veröffentlicht“ sein müssen. Dementsprechend wird dieses Kriterium auch in den Text des Gesetzes aufgenommen.

Zu Z 7: Diese Regelung enthält die durch die Judikatur des EuGH entwickelte Ausnahme betreffend „In-house“-Vergaben. Vor dem Hintergrund der jüngeren Judikatur des EuGH zum Bereich der in-house-Vergabe ist Folgendes zu beachten:

Obwohl die Richtlinien eine derartige Ausnahme explizit nicht anführen, ergibt sich diese Ausnahme vom Geltungsbereich aus einer teleologischen Reduktion des Anwendungsbereiches. Der EuGH hat im Erkenntnis „Teckal“ (Rs C-107/98) diese Ansicht geteilt und folgendes in Rz 50 des Erkenntnisses festgehalten: „Die Richtlinie 93/36 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge ist anwendbar, wenn ein öffentlicher Auftraggeber wie etwa eine Gebietskörperschaft beabsichtigt, einen schriftlichen entgeltlichen Vertrag über die Lieferung von Waren mit einer Einrichtung zu schließen, die sich formal von ihm unterscheidet und die ihm gegenüber eigene Entscheidungsgewalt besitzt. Dies ist nicht der Fall, wenn die Gebietskörperschaft über die rechtlich von ihr verschiedene Person eine Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen und wenn diese Person ihre Tätigkeit im wesentlichen für die Gebietskörperschaft oder die Gebietskörperschaften verrichtet, die ihre Anteile innehaben.“

Das Gesetz übernimmt nunmehr exakt den Wortlaut des Erkenntnisses des EuGH in der Rs C‑107/98 Teckal. Alle Begriffe entstammen somit der Judikatur des EuGH und sind daher gemeinschaftsrechtlich auszulegen; deswegen ist der Begriff „Dienststelle“ keinesfalls im Sinne des §278 Abs. 1 BDG auszulegen.

Zu Frage, ob der öffentliche Auftraggeber über eine Einrichtung eine Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle ausübt, ist insbesondere auf die Entscheidung des EuGH Rs C‑26/03, Stadt Halle, zu verweisen. Nach diesem Erkenntnis „schließt die – auch nur minderheitliche – Beteiligung eines privaten Unternehmens am Kapital einer Gesellschaft, an der auch der betreffende öffentliche Auftraggeber beteiligt ist, es auf jeden Fall aus, dass der öffentliche Auftraggeber über diese Gesellschaft eine ähnliche Kontrolle ausübt wie über seine eigenen Dienststellen“ (zum Erkenntnis siehe auch das Rundschreiben des Bundeskanzleramt-Verfassungsdienstes, GZ BKA-VA-C-26/03/0002-V/A/8/2005).

Das Erkenntnis des EuGH in der Rs C‑26/03 bezieht sich ausschließlich auf gemischtwirtschaftliche Unternehmen (Beteiligung privater Unternehmen). Wie sich insbesondere den zur Begründung herangezogenen Argumenten – andersartige Ziele (Gewinnorientierung) sowie mögliche Wettbewerbsvorteile – entnehmen lässt, erstreckt sich die Aussage des EuGH nur auf die Beteiligung von solchen Rechtsträgern, die selbst nicht öffentliche Auftraggeber sind. Keine Aussage lässt sich der Entscheidung hingegen über die Zulässigkeit der Auftragsvergabe an gemischt-öffentliche Unternehmen entnehmen. Insofern ist durch die genannte Entscheidung für gemischt-öffentliche Gesellschaften keine Änderung eingetreten.

Für die Beurteilung, ob ein öffentlicher Auftraggeber eine Kontrolle wie über eine Dienststelle ausübt, müssen die Umstände des konkreten Falles untersucht werden. Die Beurteilung hat anhand einer funktionellen Gesamtbetrachtungsweise zu erfolgen. Entscheidend ist, dass der Auftraggeber sowohl auf strategische Ziele wie auch auf wichtige Entscheidungen des täglichen Geschäfts ausschlaggebenden Einfluss ausüben kann (EuGH Rs C-458/03, Parking Brixen, Rz 65). Ob die Voraussetzungen für eine in-house-Vergabe vorliegen, wird sich auch nach der Rechtsform der betreffenden Einrichtung richten. GA La Pergola begründete die „Beherrschung“ der ARA durch die Gemeinden in der Rs C‑360/96 u.a. damit, dass „das Kernelement der Beziehung zwischen den Gemeinden und ARA wirtschaftlich gesehen der Haushalt der Gemeinden selbst [ist]. … Das wirtschaftliche Überleben von ARA hängt im wesentlichen nicht so sehr vom Umfang der … Müllabfuhr und –beseitigung oder von der Effizienz ab, mit der sie diese Dienstleistungen erbringt, sondern ausschließlich von der Bereitschaft der Gemeinden, ARA durch Zuweisung von Haushaltsmitteln … angemessene Finanzmittel zukommen zu lassen. … [D]ie Gemeinden … [können] auf diese Weise wirklich über Leben oder Tod dieser Einrichtung entscheiden.“ (aaO Rz 35) Zu beachten ist ferner, dass hinsichtlich des „Kontrollkriteriums“ eine Kumulation von Beherrschungsrechten nicht möglich ist (vgl. EuGH Rs C-231/03, CONAME, Rz 24).

Das solcherart von der öffentlichen Hand kontrollierte Unternehmen muss seine Leistungen „im wesentlichen“ für den oder die Auftraggeber erbringen, in dessen bzw. deren Eigentum es steht. Der Begriff „wesentlich“ wurde in der bisherigen Judikatur des Gerichtshofes noch nicht näher präzisiert. Da es sich um eine restriktiv zu interpretierende Ausnahmebestimmung handelt, ist von einem hohen Anteil der Leistungserbringung zugunsten des bzw. der Auftraggeber(s) auszugehen. Ein gewisses Indiz für die Höhe des Prozentsatzes könnte aus der Bestimmung des Art. 23 Abs. 3 der Sektorenrichtlinie 2004/17/EG (Ausnahmebestimmung zugunsten bestimmter verbundener Unternehmen) abgeleitet werden (80% des Umsatzes; vgl. dazu aber auch die diesbezüglich ablehnende Haltung von GA Stix-Hackl in den SA zur Rs C-26/03, Stadt Halle). Der Anteil der Erbringung der Leistungen für den bzw. die beherrschenden Auftraggeber ergibt sich entweder aus einer de facto Betrachtung oder aus den für das Unternehmen geltenden Satzungen, Gesellschaftsverträgen oder sonstigen Rechtsakten, die die Unternehmenstätigkeit bestimmen.

Zu Z 8: Die Regelung setzt Art. 16 lit. a der RL 2004/18/EG um. Erwägungsgrund 24 der RL 2004/18/EG führt zu dieser Ausnahmebestimmung Folgendes aus: „Dienstleistungsaufträge, die den Erwerb oder die Miete von unbeweglichem Vermögen oder Rechten daran betreffen, weisen Merkmale auf, die die Anwendung von Vorschriften über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen unangemessen erscheinen lassen.“

Zu Z 9: Die Regelung setzt Art. 16 lit. b der RL 2004/18/EG um. Abweichend von der bisherigen Formulierung (vgl. § 6 Abs. 1 Z 8 BVergG 2002) wird nicht mehr darauf abgestellt, ob ein Programm etwa von einer Rundfunkanstalt gekauft wird, sondern ob das Programm, das gekauft wird, für die Ausstrahlung durch eine Rundfunkanstalt bestimmt ist.

Erwägungsgrund 25 der RL 2004/18/EG führt dazu Folgendes aus: „Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge über bestimmte audiovisuelle Dienstleistungen im Fernseh- und Rundfunkbereich sollten besondere kulturelle und gesellschaftspolitische Erwägungen berücksichtigt werden können, die die Anwendung von Vergabevorschriften unangemessen erscheinen lassen. Aus diesen Gründen muss eine Ausnahme für die öffentlichen Dienstleistungsaufträge vorgesehen werden, die den Ankauf, die Entwicklung, die Produktion oder die Koproduktion gebrauchsfertiger Programme sowie andere Vorbereitungsdienste zum Gegenstand haben, wie z. B. Dienste im Zusammenhang mit den für die Programmproduktion erforderlichen Drehbüchern oder künstlerischen Leistungen, sowie Aufträge betreffend die Ausstrahlungszeit von Sendungen. Diese Ausnahme sollte jedoch nicht für die Bereitstellung des für die Produktion, die Koproduktion und die Ausstrahlung dieser Programme erforderlichen technischen Materials gelten. Als Sendung sollte die Übertragung und Verbreitung durch jegliches elektronische Netzwerk gelten.“

Zu den Z 10 und 12: Die Regelungen setzen Art. 16 lit. c und e der RL 2004/18/EG um. Erwägungsgrund 26 der RL 2004/18/EG führt zu den Schiedsgerichts- und Schlichtungstätigkeiten Folgendes aus: „Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienste werden normalerweise von Organisationen oder Personen übernommen, deren Bestellung oder Auswahl in einer Art und Weise erfolgt, die sich nicht nach Vergabevorschriften für öffentliche Aufträge richten kann.“

Zu Z 11: Der einschlägige Ausnahmetatbestand wurde im Legislativpaket auf Drängen der Mitgliedstaaten insofern neu gefasst (vgl. Art. 16 lit. d RL 2004/18/EG und Art. 24 lit. c RL 2004/17/EG), als die gemeinschaftliche Ausnahmeregelungen dahingehend neu formuliert wurden, dass „Geschäfte, die der Geld- oder Kapitalbeschaffung der (öffentlichen) Auftraggeber dienen“ nicht den Bestimmungen der Richtlinien unterliegen. Dies stellt nach Ansicht der Mitgliedstaaten nunmehr eindeutig klar, dass insbesondere alle mit Finanzinstrumenten (zB Schuldscheinen, Kreditverträgen usw.) hinterlegte Kredit- oder Darlehensaufnahmen von öffentlichen Auftraggebern und von Sektorenauftraggebern nicht mehr dem Vergaberegime unterliegen und zwar unabhängig davon, ob es sich um öffentliches Schuldenmanagement handelt oder nicht.

Unabhängig davon wird zur Klarstellung – wie bisher – der (neue, inhaltlich im Vergleich zu den RL 92/50/EWG und 93/38/EWG weitgehend gleich lautende) Erwägungsgrund 27 der RL 2004/18/EG (vgl. auch Erwägungsgrund 35 der RL 2004/17/EG) teilweise in den Text der Z 11 aufgenommen. Erwägungsgrund 27 der RL 2004/18/EG lautet wie folgt: „Entsprechend dem Übereinkommen gehören Instrumente der Geld-, Wechselkurs-, öffentlichen Kredit- oder Geldreservepolitik sowie andere Politiken, die Geschäfte mit Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten mit sich bringen, insbesondere Geschäfte, die der Geld- oder Kapitalbeschaffung der öffentlichen Auftraggeber dienen, nicht zu den finanziellen Dienstleistungen im Sinne der vorliegenden Richtlinie. Verträge über Emission, Verkauf, Ankauf oder Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten sind daher nicht erfasst. Dienstleistungen der Zentralbanken sind gleichermaßen ausgeschlossen.“ Damit wird im Text des Gesetzes selbst eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass auch nicht mit Finanzinstrumenten hinterlegte Kredit- oder Darlehensaufnahmen von öffentlichen Auftraggebern – sofern sie Teil der öffentlichen Kreditpolitik („public debt management“) sind – vom Anwendungsbereich des BVergG ausgenommen sind (dies betrifft, da es sich um öffentliche Kreditpolitik handelt, insbesondere Gebietskörperschaften). Es wird lediglich davon Abstand genommen, wie bisher die Geld-, die Wechselkurs- und die Geldreservepolitik zu erwähnen, da diese Kompetenzen für alle Teilnehmer an der Europäischen Währungsunion an das ESZB übergegangen sind (vgl. insbesondere Art. 105 EGV).

Zu Z 13: Um Unklarheiten über die Reichweite der Ausnahmebestimmung zu vermeiden und insbesondere keine Regelung zu treffen, in der eine Ausnahme von der Ausnahme normiert wird, wurde der Wortlaut der Richtlinienbestimmung (Art. 16 lit. f der RL 2004/18/EG) in Anlehnung an den in dieser Hinsicht klareren Wortlaut des Erwägungsgrundes 23 abgeändert und eine positive Formulierung gewählt. Aufträge über Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen fallen somit nur dann in den Anwendungsbereich des BVergG, wenn ihre Ergebnisse einerseits ausschließlich Eigentum des Auftraggebers für seinen Gebrauch bei der Ausübung seiner eigenen Tätigkeit sind und andererseits die Dienstleistungen vollständig durch den öffentlichen Auftraggeber vergütet werden. Z 13 bezieht, ebenso wie die Richtlinie, vor dem Hintergrund des Art. 163 Abs. 2 EGV bestimmte Dienstleistungsaufträge im Bereich Forschung & Entwicklung in den Anwendungsbereich des Gesetzes ein. Es muss sich bei den zu vergebenden Aufträgen um Dienstleistungsaufträge der Kategorie 8 des Anhanges III handeln. Nicht erfasst werden demgegenüber Forschungs- und Entwicklungsaufträge, die etwa im Bereich der Grundlagenforschung, aus allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Zielsetzungen erfolgen und daher nicht konkret auftragsbezogen sind. Dies bedeutet, dass etwa Beiträge zur Finanzierung von Forschungs- und Entwicklungsprogrammen („allgemeine Forschungsförderung“) nicht von Kategorie 8 des Anhanges III erfasst werden. Dadurch wird der zweckgerichtete Ansatz bei der Vergabe im Forschungs- und Entwicklungsbereich unterstrichen. Erfasst wird hingegen vom Gesetz die so genannte „Auftragsforschung“, das ist die Vergabe eines Forschungs- und Entwicklungs-Dienstleistungsauftrages durch einen öffentlichen Auftraggeber, den dieser zur Erfüllung seiner ihm (zB gesetzlich) obliegenden Aufgaben benötigt oder benötigen kann.

Erwägungsgrund 23 der RL 2004/18 /EG führt dazu Folgendes aus: „Gemäß Artikel 163 des Vertrags trägt unter anderem die Unterstützung der Forschung und der technischen Entwicklung dazu bei, die wissenschaftlichen und technischen Grundlagen der gemeinschaftlichen Industrie zu stärken; die Öffnung der öffentlichen Dienstleistungsmärkte hat einen Anteil an der Erreichung dieses Zieles. Die Mitfinanzierung von Forschungsprogrammen sollte nicht Gegenstand dieser Richtlinie sein; nicht unter diese Richtlinie fallen deshalb Aufträge über Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, mit Ausnahme derer, deren Ergebnisse ausschließlich Eigentum des öffentlichen Auftraggebers für die Nutzung bei der Ausübung seiner eigenen Tätigkeit sind, sofern die Dienstleistung vollständig durch den öffentlichen Auftraggeber vergütet wird.“

Zu Z 14 und 15: Die Regelungen ergehen in Umsetzung des Art. 11 der RL 2004/18/EG. Z 14 und 15 nehmen die Beschaffungen von Leistungen (Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen) unter Rückgriff auf eine zentrale Beschaffungsstelle vom Anwendungsbereich des Gesetzes aus. Zur Definition der „zentralen Beschaffungsstelle“ vgl. § 2 Z 47. Der Wortlaut „Beschaffung von Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen“ stellt klar, dass jede Beschaffung mittels Auftragsvertrag oder Rahmenvereinbarung von einer oder durch eine zentrale Beschaffungsstelle vom BVergG ausgenommen ist (vgl. dazu auch die Überschrift der gemeinschaftlichen Regelung in Art. 11 RL 2004/18/EG und Art. 29 RL 2004/17/EG).

Anders als die deutsche Sprachfassung der Richtlinien (Ausnahme für Leistungen, die „durch“ eine zentrale Beschaffungsstelle erworben werden) verwendet das Gesetz diesen Begriff nicht. Der Grund für die abweichende Wortwahl und das Aufsplitten der gemeinschaftlichen Regelung in zwei Ziffern liegt darin, dass der Wortlaut der Richtlinien missverständlich ist. Die gemeinschaftliche Ausnahme soll sowohl solche Situationen erfassen, in denen ein Auftraggeber eine Leistung direkt von einer zentralen Beschaffungsstelle erwirbt (die vorher die Leistung selbst im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erworben hat; vgl. dazu die Organisation der französischen zentralen Beschaffungsstelle UGAP), als auch solche Situationen, in denen ein Auftraggeber eine zentrale Beschaffungsstelle allein mit der Abwicklung einer Beschaffung in seinem Namen und auf seine Rechnung ‑ und somit mit einer Dienstleistung – beauftragt (vgl. dazu das Vorgehen der BBG in Österreich). Angesichts des deutschen Wortlautes („durch“) könnten Bedenken entstehen, ob tatsächlich beide angeführten Fallkonstellationen von der Ausnahmeregelung erfasst werden. Ein Vergleich mit den anderen Sprachfassungen (vgl. die englische Sprachfassung, in der es heißt: „… from or through a central purchasing body“ und die französische Sprachfassung: „acquérir …. en recourant ..“) belegt das Verständnis, das auch der deutschen Sprachfassung zu Grunde zu legen ist. Ein eingeschränktes Verständnis der Ausnahmebestimmung würde im Übrigen auch nicht im Einklang mit dem im Rat erzielten Verhandlungsergebnis und der Zielsetzung der gemeinschaftlichen Bestimmungen stehen, wie sie etwa im Erwägungsgrund 15 der RL 2004/18/EG zum Ausdruck kommt. In diesem Erwägungsgrund ist davon die Rede, dass öffentliche Auftraggeber Leistungen „über eine zentrale Beschaffungsstelle beziehen“. Schließlich ist auf die weite Definition der zentralen Beschaffungsstelle in § 2 Z 47 (vgl. etwa auch Art. 1 Abs. 10 RL 2004/18/EG) zu verweisen, der zu Folge eine zentrale Beschaffungsstelle ein öffentlicher Auftraggeber ist, der „für Auftraggeber bestimmte Waren oder Dienstleistungen erwirbt“ bzw. „Rahmenvereinbarungen … für Auftraggeber schließt“. Auf eine diesbezügliche Anfrage der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland bestätigte die Europäische Kommission das oben dargelegte Verständnis, dass zentrale Beschaffungsstellen entweder als „Großhändler (‚purchase to resale’) oder als Vermittler“ fungieren können. Die Kommission teilte auch die Auffassung, dass gemäß den Richtlinien beide Fallkonstellationen (somit die Beschaffung einer Leistung von einer zentralen Beschaffungsstelle als auch die Beauftragung einer zentralen Beschaffungsstelle mit der Dienstleistung „Abwicklung eines Vergabeverfahrens“) vom Anwendungsbereich der Richtlinien ausgenommen sind (vgl. BKA-671.801/0010-V/A/8/2005). Da für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden soll, dass zentrale Beschaffungsstellen in Österreich auf beiderlei Weise eingerichtet werden können (Modell „UGAP“ und Modell „BBG“), wird ein entsprechend offener (nicht an der deutschen Fassung der Richtlinie orientierter) und den tatsächlichen Regelungsgehalt der Richtlinie klarer zum Ausdruck bringender Wortlaut in das BVergG aufgenommen und die Ausnahmeregelung in zwei Ziffern getrennt dargelegt.

Z 14 und 15 setzen die einschlägige gemeinschaftliche Ausnahmeregelung für den klassischen Bereich um. Öffentliche Auftraggeber sind daher von der Anwendung des BVergG befreit, wenn sie Leistungen von einer zentralen Beschaffungsstelle erwerben oder die zentrale Beschaffungsstelle mit der Beschaffung von Leistungen beauftragen, sofern die zentrale Beschaffungsstelle bei der Beschaffung dieser Leistungen die Bestimmungen des BVergG für öffentliche Auftragsvergaben eingehalten hat (Art. 11 RL 2004/18/EG).

Zu Z 16: Die Regelung setzt Art. 13 der RL 2004/18/EG um.

Den Hintergrund der Ausnahmeregelung stellt Erwägungsgrund 21 der RL 2004/18/EG dar: „Da infolge der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zur Liberalisierung des Telekommunikationssektors auf den Telekommunikationsmärkten inzwischen wirksamer Wettbewerb herrscht, müssen öffentliche Aufträge in diesem Bereich aus dem Anwendungsbereich der vorliegenden Richtlinie ausgeklammert werden, sofern sie allein mit dem Ziel vergeben werden, den Auftraggebern bestimmte Tätigkeiten auf dem Telekommunikationssektor zu ermöglichen. Zur Definition dieser Tätigkeiten wurden die Begriffsbestimmungen der Artikel 1, 2 und 8 der Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor übernommen, was bedeutet, dass die vorliegende Richtlinie nicht für Aufträge gilt, die nach Artikel 8 der Richtlinie 93/38/EWG von deren Anwendungsbereich ausgenommen worden sind.“

Zu Z 17: Die Regelung ergeht in Umsetzung des Art. 61 der RL 2004/18/EG und stellt eine besondere Ausnahmebestimmung für Auftragsvergabe an Baukonzessionäre dar.

Zu § 11 (Dienstleistungskonzessionsverträge):

Abweichend vom bisherigen Konzept (vgl. die §§ 16 Abs. 2, 17 Abs. 2, 18 Abs.2 und 19 Abs.2) sollen lediglich die §§ 3 Abs. 1 (Definition des öffentlichen Auftraggebers), 8 (Definition des Dienstleistungskonzessionsvertrages), 49 (Freiwillige Bekanntmachung auf Gemeinschaftsebene) sowie die Bestimmungen betreffend Vertragsverletzungsverfahren für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionsverträgen anwendbar sein. Darüber hinaus wird – ohne Verweis auf einzelne Bestimmungen des BVergG und in Entsprechung der Judikatur des EuGH (vgl. Rs C-231/03, CONAME, Rz 16/17) – vorgesehen, dass die primärrechtlichen Grundsätze (Diskriminierungsverbot, Transparenzgebot, Wettbewerbsgrundsatz) zu beachten sind. Anders als bei der Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen ist der vergabespezifische Rechtsschutz nicht anwendbar. Die Rechtsschutzfunktion soll hinsichtlich dieser Leistungen bei den ordentlichen Gerichten verbleiben. Diese gesamthafte Zuweisung der Nachprüfungszuständigkeit in Bezug auf Dienstleistungskonzessionsverträge begegnet im Hinblick auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in VfSlg. 15.106/1998 auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Auftraggeber ist auch nicht gehalten, sich bei der Konzessionsvergabe bestimmter im BVergG vorgesehener Verfahrensarten zu bedienen. Dienstleistungskonzessionsverträge betreffen typischerweise sensible und komplexe Sachverhaltskonstellationen (wobei die Leistungserbringung sehr oft in Form von PPP-Modellen erfolgen soll), die die gesetzlich geregelten Vergabeverfahren für Beschaffungsvorgänge nicht geeignet erscheinen lassen. Das nunmehr vereinfachte Regime für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen gilt im Ober- und im Unterschwellenbereich gleichermaßen.

Hinzuweisen ist darauf, dass die Konzessionsvergaben „grundsätzlich“ in einem Verfahren mit mehreren Unternehmern (d.h. mit mehr als einem Unternehmer) zu vergeben sind. Als Ausnahme von diesem Grundsatz könnte etwa eine besondere Dringlichkeit geltend gemacht werden, um das Verfahren nur mit einem Unternehmer zu führen. Hinsichtlich des angemessenen Grades an Transparenz ist eine Einzelfallbetrachtung anzustellen: je höher der wert der Konzession, je spezifischer der Markt desto eher werden erhöhte Anforderungen an die Transparenz zu stellen sein. Transparenz bedeutet nach Auffassung des EuGH (vgl. dazu Rs C-231/03, CONAME) wohl insbesondere: Bekanntmachung. Die Art der Bekanntmachung bleibt dem Auftraggeber überlassen. Zu beachten ist, dass das Medium in dem die Bekanntmachung erfolgt, dem Gegenstand der Konzession entsprechen muss, d.h. je höher der Wert der Konzession desto größer muss der Verbreitungsgrad des Mediums sein. Es empfiehlt sich grundsätzlich, dem Transparenzgebot des Primärrechtes (dessen genaue Grenzen und Anforderungen nach der Judikatur des EuGH noch nicht feststehen) durch eine Veröffentlichung im Internet nachzukommen. Ausfluss des Transparenzgrundsatzes kann aber auch sein, dass auch die Zuschlagsentscheidung bzw. die Widerrufsentscheidung bekannt zu geben wäre (vgl. dazu auch die Argumentation des EuGH in den Rs C-81/98, Alcatel, bzw. C-15/04, Koppensteiner). Auch hier ist eine Einzelfallbetrachtung geboten.

Konzessionsvergaben können direkt nur unterhalb des Schwellenwertes von 40.000.- Euro vergeben werden. Auf die mögliche Sanktion des § 132 Abs. 3 ist hinzuweisen.

Die Maßgeblichkeit des § 3 Abs. 5 (siehe § 11 letzter Satz) resultiert aus der Regelung des Art. 17 der RL 2004/18/EG. Wenn ein öffentlicher Auftraggeber eine Dienstleistungskonzession vergibt, dann muss im Konzessionsvertrag bestimmt sein, dass der Konzessionär bei der Vergabe von Lieferaufträgen an Dritte den Grundsatz der Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 und 2 zu beachten hat. Der Konzessionär wird dadurch aber nicht zu einem öffentlichen Auftraggeber.

Zu § 12 (Schwellenwerte):

Entsprechend der Richtlinienbestimmung (Art. 7 der RL 2004/18/EG) werden alle Schwellenwerte in Euro (und nicht mehr auch in Sonderziehungsrechten) angegeben. Durch die Bestimmung wird der für die weiteren Bestimmungen des BVergG jeweils gültige Oberschwellen- bzw. Unterschwellenbereich definiert. Die Relevanz dieser Unterscheidung liegt in einem differenzierten Regime (vgl. zB hinsichtlich der Bekanntmachungsbestimmungen).

Für den Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung ist zu beachten, dass gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 und 2, je nach Art des Lieferauftrages – sofern bestimmte Vergaben nicht ohnehin vom Geltungsbereich des BVergG ausgenommen sind (vgl. zB § 10 Z 2) –unterschiedliche Schwellenwerte zum Tragen kommen.

Erwägungsgrund 17 der RL 2004/18/EG hält zu den Schwellenwerten Folgendes fest: „Eine Vielzahl von Schwellenwerten für die Anwendung der gegenwärtig in Kraft befindlichen Koordinierungsbestimmungen erschwert die Arbeit der öffentlichen Auftraggeber. Im Hinblick auf die Währungsunion ist es darüber hinaus angebracht, in Euro ausgedrückte Schwellenwerte festzulegen. Folglich sollten Schwellenwerte in Euro festgesetzt werden, die die Anwendung dieser Bestimmungen vereinfachen und gleichzeitig die Einhaltung der im Übereinkommen genannten Schwellenwerte sicherstellen, die in Sonderziehungsrechten ausgedrückt sind. Vor diesem Hintergrund sind die in Euro ausgedrückten Schwellenwerte regelmäßig zu überprüfen, um sie gegebenenfalls an mögliche Kursschwankungen des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht anzupassen.“

Der Anpassungsmechanismus (Neuberechnung der Schwellenwerte) wird in Entsprechung der Vorgaben durch das GPA in Art. 78 der RL 2004/18/EG festgelegt.

Zu Abs. 2 ist festzuhalten, dass abweichend vom Wortlaut der RL 2004/18/EG (vgl. Art. 67 Abs. 2 zweiter UAbs.) anstatt des Begriffes „einschließlich“ die Wortfolge „unter Berücksichtigung“ im Gesetz verwendet wird. Der Grund liegt darin, dass bei Realisierungswettbewerben oft gemäß der Auslobung die Preisgelder vom Entgelt in Abzug zu bringen sind. Inhaltlich tritt dadurch keine Änderung gegenüber den RL-Regelungen ein, da die RL auf den tatsächlichen Wert der Gegenleistungen abstellt.

Zu § 13 (allgemeine Bestimmungen zur Auftragswertberechnung):

Durch die in dieser Form neue Bestimmung des § 13 werden einzelne Vorschriften des BVergG 2002 (es handelt sich im Wesentlichen um die Bestimmungen der §§ 12 Abs. 4 und 6, 13 Abs. 2, 14 Abs. 5 und 7 sowie 20 Z 38), die für die Berechnung des Auftragswertes allgemein maßgeblich waren, in einer einheitlichen Regelung zusammengefasst (vgl. dazu auch Art. 9 RL 2004/18/EG). Um die für das weitere Vergabeverfahren maßgeblichen Bestimmungen zu ermitteln, hat der Auftraggeber vor Durchführung eines Vergabeverfahrens den (geschätzten) Auftragswert zu ermitteln. Dies ist einerseits erforderlich für die Wahl des richtigen Verfahrenstypus (zB Direktvergabe), andererseits aber auch notwendig für die Einschätzung, ob die Bestimmungen des Ober- oder des Unterschwellenbereiches anwendbar sind. Für die Anwendung des BVergG ist es von großer Bedeutung, ob der geschätzte Auftragswert die gemeinschaftlichen Schwellenwerte überschreitet oder nicht. Der geschätzte Auftragswert ist jener Wert, den ein umsichtiger und sachkundiger öffentlicher Auftraggeber, unter Umständen nach sorgfältiger Prüfung des relevanten Marktsegmentes (zB durch Prüfung verschiedener Firmenkataloge) und im Einklang mit den Erfordernissen betriebswirtschaftlicher Finanzplanung, bei der Anschaffung der vergabegegenständlichen Leistung veranschlagen würde. Ist der Auftraggeber dazu nicht im Stande, so hat er entsprechend sachkundige Dritte beizuziehen.

In § 12 Abs. 5 BVergG 2002 war vorgesehen, dass die Berechnung des geschätzten Auftragswertes, der sowohl Lieferungen als auch Dienstleistungen umfasst, auf der Grundlage des Gesamtwertes der Lieferungen und Dienstleistungen ohne Berücksichtigung ihrer jeweiligen Anteile zu erfolgen hat. Diese Berechnung hat den Wert der Arbeiten für das Verlegen und die Installation zu umfassen (siehe auch § 14 Abs. 6 BVergG 2002, der auf § 12 Abs. 5 verwiesen hat). Eine derartige Regelung ist in der RL 2004/18/EG nicht mehr vorgesehen und kann im Hinblick auf die grundsätzliche Regelung des § 13 Abs. 1, die auch diesen Fall erfasst, entfallen.

Maßgeblicher Zeitpunkt der Ermittlung des geschätzten Auftragswertes ist gemäß Abs. 3 der Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens (zB Absenden der Bekanntmachung oder Aufforderung zur Teilnahme am Verhandlungsverfahren; aus systematischen Gründen wird vom Wortlaut des Art. 9 Abs. 2 der RL abgewichen, eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden). „Eingeleitet“ im Sinne des Abs. 3 ist ein Vergabeverfahren dann, wenn die Bekanntmachung abgesendet wird oder – bei Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung - wenn eine den Beginn des Vergabeverfahrens dokumentierende vergaberelevante Handlung des Auftraggebers dessen Sphäre verlässt. Letzteres ist etwa das Setzen der ersten außenwirksamen Handlung des Auftraggebers in Form der Kontaktaufnahme mit Unternehmern, die der Auftraggeber für die Teilnahme am Vergabeverfahren gewinnen will. Hingegen sind erste informelle Erkundigungen des Auftraggebers bei Unternehmern, organisationsinterne Handlungen (Einsetzen eines Projektteams, Planung des Ablaufes eines Verfahrens udglm.) noch keine Handlungen, die als verfahrenseinleitende Handlungen zu qualifizieren sind. Der Zeitpunkt der „Einleitung“ eines Verfahrens wird an den Eintritt von äußeren Ereignissen geknüpft, um die objektive Nachprüfbarkeit des Zeitpunktes sicherzustellen. Dieser Zeitpunkt ist auch deswegen von besonderer Relevanz, weil es sich auch um einen verfassungsrechtlich relevanten Zeitpunkt handelt (vgl. Art. 14b Abs. 2 B‑VG).

Abs. 4 beinhaltet ein Verbot der willkürlichen Aufteilung von zusammengehörigen Aufträgen (siehe dazu auch die grundsätzliche Bestimmung in § 1 Abs. 3). Das Umgehungsverbot hat zur Folge, dass die Aufteilung eines Auftrages nicht in der Absicht erfolgen darf, die gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen (zB Bekanntmachung im Amtsblatt) zu umgehen, darüber hinaus darf durch ein unzulässiges „Splitting“ auch im Unterschwellenbereich nicht eine Umgehung der Vorschriften bewirkt werden (Wahl von Sonderverfahren mit vereinfachten Regeln wie insbesondere die Direktvergabe). Das Verbot der Aufteilung gilt für jede Form von Aufteilung, die nicht durch objektive Gründe gerechtfertigt werden kann.

Abs.5 enthält eine zu Abs. 4 analoge Regelung betreffend das Verbot, durch Wahl einer bestimmten Berechnungsmethode die Anwendung dieses Gesetzes zu umgehen.

Zu § 14 (Auftragsberechnung bei Bauaufträgen und Baukonzessionsverträgen):

Die Abs. 1 und 2 setzen die baurelevanten Vorschriften des Art. 9 Abs. 4 und 5 der RL 2004/18/EG um.

Der in der RL 2004/18/EG verwendete Begriff „Los“ stammt aus der bundesdeutschen Terminologie (vgl. etwa § 4.1 VOB/A) und bezeichnet dort Teile oder Abschnitte eines Vergabeverfahrens aber auch Teile einer Gesamtleistung (Teil- oder Fachlose). Es ist daher geboten, klarzustellen, dass „Lose“ im Sinne dieses Bundesgesetzes auch gewerbliche Tätigkeiten im Sinne des Anhanges I, also „Gewerke“ im Sinne der österreichischen Terminologie, umfassen.

Bei der Berechnung des geschätzten Auftragswertes eines Bauauftrages sind gemäß Abs. 2 alle Leistungen, Materialien usw. zu berücksichtigen, die Gegenstand des Vertrages sind. Unter Waren sind hierbei nicht nur die beim Bau verwendeten Materialien, sondern auch die zur Arbeitsausführung erforderlichen Ausrüstungen zu verstehen. Stellt ein öffentlicher Auftraggeber dem Auftragnehmer etwa einen Kran oder Lastkraftwagen zur Verfügung, so ist entweder der Kaufpreis oder aber der marktübliche Mietpreis der Ausrüstung bei der Berechnung des Auftragswertes zu berücksichtigen. Welcher Wert anzusetzen ist, hängt von der Lebens- bzw. Nutzungsdauer des Gutes ab. Übersteigt die Nutzungsdauer die Dauer der Bereitstellung durch den Auftraggeber, so ist der Mietpreis anzusetzen. Übersteigt hingegen die Dauer der Bereitstellung die (mittlere) Nutzungs- oder Lebensdauer des Gutes, so ist bei der Schätzung des Auftragswertes der Kaufpreis zugrunde zu legen.

Zu Losvergaben ist folgendes festzuhalten: Der Auftraggeber kann festlegen, dass Bieter Angebote nur für ein Los, für alle Lose oder nur für eine bestimmte Loskombination abgeben können. Dies ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Text der RL aber aus den, einen integrierenden Bestandteil der RL bildenden Standardformularen vgl. etwa Punkt II.1.8. des Standardformulars 2 „Bekanntmachung“.

Im Erkenntnis F-26/98-14 vom 15.4.1999 hielt das BVA zur Frage der Auswahl der unter die Ausnahmebestimmung fallenden Lose Folgendes fest: „Zur Zuständigkeit ist des Weiteren anzumerken, dass sich für eine – wie im gegenständlichen Antrag angedeutet – allfällige Wahlmöglichkeit des Auftraggebers, welche Lose, deren geschätzter Auftragswert ohne Umsatzsteuer weniger als eine Million ECU beträgt, er von der Kontrolle durch das Bundesvergabeamt ausgenommen sehen will, keinerlei Grundlage im BVergG findet. Sofern der kumulierte Auftragswert dieser Lose 20% des kumulierten Wertes aller Lose übersteigt, unterliegen sämtliche Lose der Kontrolle durch das Bundesvergabeamt.“ Im Lichte der einschlägigen Regelungen der Vergaberichtlinie besteht allerdings – unter Wahrung der allgemeinen Vergabegrundsätze – ein Wahlrecht des Auftraggebers, welche Lose er der Ausnahmeregelung unterwerfen will und welche nicht. Sinnvollerweise sollte der Auftraggeber, sofern möglich, jene Lose im Vorhinein festlegen, für die das Regime des Oberschwellenbereiches Anwendung finden soll. Die Restgröße bilden jene Lose, die unter das Regime des Unterschwellenbereiches fallen. In der Regel handelt es sich hierbei um eine Vielzahl oft sehr kleiner Aufträge, die im Vorhinein nicht immer feststehen.

Abs. 4 ist neu und beinhaltet eine spezielle Losregelung für den Unterschwellenbereich. Zwar gelten für alle Unterschwellenlose die Regelungen des Unterschwellenbereiches; abweichend von der allgemeinen Regelung über die Berechnung des Auftragswertes in § 13 Abs. 1 wird aber für die Baulose im Unterschwellenbereich festgelegt, dass für die Wahl des Vergabeverfahrens der Wert des einzelnen Gewerkes als Auftragswert gilt. Ein Gewerk mit einem geschätzten Wert von unter 40 000 Euro kann daher auch dann im Wege der Direktvergabe vergeben werden, wenn dieses Gewerk Teil eines Bauauftrages ist, dessen geschätzter Auftragswert über 40 000 Euro (aber noch im Unterschwellenbereich) liegt. Dadurch wird einem Auftraggeber bei der Vergabe von Bauaufträgen im Unterschwellenbereich ein größerer Freiraum eingeräumt. Ferner wird als Vereinfachung für den Unterschwellenbereich der maximale Prozentsatz des kumulierten Loswertes für die Losregelung auf 40vH angehoben.

Zur Klarstellung wird bemerkt, dass falls der Gesamtwert eines Auftrages unter dem Schwellenwert für Direktvergaben liegt, die Losregel keine Anwendung findet.

Zu § 15 (Auftragsberechnung bei Lieferaufträgen):

Abs. 1 bis 3 setzen die einschlägigen Regelungen für Lieferungen des Art. 9 Abs. 5 bis 7 der RL 2004/18/EG um.

Bei Leasing, Miete, Pacht oder Ratenkauf hängt das Verfahren zur Berechnung des geschätzten Auftragswertes von der Laufzeit des betreffenden Vertrages ab.

Regelmäßig wiederkehrende Aufträge im Sinne des Abs. 2 liegen vor, wenn ein Auftraggeber über mehrere aufeinander folgende Beschaffungszeiträume hinweg in jedem Beschaffungszeitraum eine in etwa gleich bleibende Menge von Gütern beschafft. Hierbei ist es ausreichend, dass es sich bei den durch die einzelnen Aufträge beschafften Gütern um gleichartige Lieferungen handelt. Die Wahl einer der Berechnungsmethoden gemäß Abs. 2 ist optional, d.h. sie liegt im Ermessen des Auftraggebers, wobei freilich das Umgehungsverbot zu beachten ist.

Gleichartige Lieferungen im Sinne des Abs. 3 liegen vor, wenn von einem im Wesentlichen einheitlichen Bieterkreis nach den gleichen Fertigungsmethoden aus vergleichbaren Stoffen Erzeugnisse hergestellt werden, die einem im Wesentlichen einheitlichen bzw. gleichen oder ähnlichen Verwendungszweck dienen. Als gleichartige Lieferungen gelten daher zB die Lieferungen verschiedener Lebensmittel. Der geschätzte Gesamtwert einzelner Lieferungen ist zusammenzurechnen, falls die beabsichtigten Beschaffungen gleichartiger Lieferungen zu Aufträgen führen (können), die gleichzeitig in Losen vergeben werden. Die gleichzeitige Vergabe muss lediglich möglich und zumutbar sein, auf die tatsächliche gleichzeitige Vergabe kommt es hingegen nicht an.

Die Abs. 4 und 5 sind neu. Abs. 4 enthält  die Losregelungen für den Oberschwellenbereich (vgl. Art. 9 Abs. 5 lit. b der RL). Der Auftraggeber hat bei einer Auftragsvergabe im Oberschwellenbereich die Möglichkeit, einzelne Lose bei Vorliegen der angeführten Voraussetzungen nach den für den Unterschwellenbereich maßgeblichen Vorschriften zu vergeben (vgl. dazu auch die Ausführungen zu § 14 Abs. 3). Abs. 5 beinhaltet eine daran angelehnte Regelung für die Losvergabe im Unterschwellenbereich, wobei hier für einzelne Lose die Direktvergabe gewählt werden kann.

Zu Losvergaben ist folgendes festzuhalten: Der Auftraggeber kann festlegen, dass Bieter Angebote nur für ein Los, für alle Lose oder nur für eine bestimmte Loskombination abgeben können. Dies ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Text der RL aber aus den, einen integrierenden Bestandteil der RL bildenden Standardformularen vgl. etwa Punkt II.1.8. des Standardformulars 2 „Bekanntmachung“.

Zur Klarstellung wird bemerkt, dass falls der Gesamtwert eines Auftrages unter dem Schwellenwert für Direktvergaben liegt, die Losregel keine Anwendung findet.

Zu § 16 (Auftragsberechnung bei Dienstleistungsaufträgen):

Die Schwellenwertregelung für Dienstleistungsaufträge entspricht Art. 9 Abs. 7 und 8 der RL 2004/18/EG mit geringfügigen sprachlichen Modifikationen, die der Klarheit dienen sollen.

Die Wahl einer der Berechnungsmethoden gemäß Abs. 3 ist optional, d.h. sie liegt im Ermessen des Auftraggebers, wobei freilich das Umgehungsverbot zu beachten ist.

Zu Abs. 4 ist anzumerken, dass eine Zusammenrechnung des Auftragswertes mit den Auftragswerten allenfalls später ausgeschriebener Dienstleistungen dann nicht erforderlich ist, wenn im Zeitpunkt der Ausschreibung ungewiss ist, ob auf Grund des Ergebnisses der aktuell auszuschreibenden Dienstleistung weitere, gleichartige Dienstleistungen notwendig werden.

Abs. 5 enthält die Losregelung für Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich (vgl. dazu auch die Ausführungen zu § 14 Abs. 3).

Abs. 6 ist neu und beinhaltet eine an Abs. 5 angelehnte Regelung für die Losvergabe im Unterschwellenbereich, wobei hier für einzelne Lose die Direktvergabe gewählt werden kann. Zur Klarstellung wird bemerkt, dass falls der Gesamtwert eines Auftrages unter dem Schwellenwert für Direktvergaben liegt, die Losregel keine Anwendung findet.

Zu Losvergaben ist folgendes festzuhalten: Der Auftraggeber kann festlegen, dass Bieter Angebote nur für ein Los, für alle Lose oder nur für eine bestimmte Loskombination abgeben können. Dies ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Text der RL aber aus den, einen integrierenden Bestandteil der RL bildenden Standardformularen vgl. etwa Punkt II.1.8. des Standardformulars 2 „Bekanntmachung“.

Zu § 17 (Auftragsberechnung bei Rahmenvereinbarungen und dynamischen Beschaffungssystemen):

Die Bestimmung setzt Art. 9 Abs. 9 der RL 2004/18/EG um. Bei einer Rahmenvereinbarung oder einem dynamischen Beschaffungssystem ergibt sich der geschätzte Auftragswert aus dem geschätzten Gesamtwert aller in der Laufzeit der Rahmenvereinbarung bzw. dem dynamischen Beschaffungssystem voraussichtlich zu vergebender Aufträge. Die Berechnungsmethode ergibt sich aus der Art der Aufträge, die Gegenstand der Rahmenvereinbarung bzw. des dynamischen Beschaffungssystems sind.

Maßgeblicher Zeitpunkt der Ermittlung des geschätzten Auftragswertes ist gemäß § 13 Abs. 3 der Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens für den Abschluss der Rahmenvereinbarung bzw. des dynamischen Beschaffungssystems.

Zu § 18 (Änderung der Schwellen- und Loswerte):

Abweichend von der bisherigen Formulierung (§ 11 Abs. 2 BVergG 2002) wird nunmehr nicht mehr darauf abgestellt, ob eine Änderung durch gemeinschaftsrechtliche Regelungen erforderlich ist, sondern ob dies auf Grund von gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zulässig oder erforderlich ist. Dies ist deshalb geboten, weil die Schwellenwerte auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene herabgesetzt werden können (vgl. Art. 78 RL 2004/18/EG), es den Mitgliedstaaten aber unbenommen bleibt, die alten, höheren Schwellenwerte beizubehalten (so etwa auch Erwägungsgrund 4 der VO 1874/2004 der Kommission zur Anpassung der Schwellenwerte, ABl Nr. L 326 vom 29.10.2004, S. 17). In diesem Fall ist ein Nachvollziehen der Reduktion auf Gemeinschaftsebene bloß zulässig, nicht aber geboten.

Gemäß Art. 78 der RL 2004/18/EG hat die Kommission die Schwellenwerte nach Art. 7 zu überprüfen und erforderlichenfalls neu festzusetzen. Durch die Verordnungsermächtigung soll gewährleistet werden, dass eine möglichst rasche Anpassung der Schwellenwerte des BVergG an jene der Richtlinien erfolgen kann.

Im Übrigen erstreckt sich die Ermächtigung nicht bloß auf die in den RL festgelegten Schwellen- oder Loswerte sondern auch auf Schwellenwerte des Unterschwellenbereiches bzw. Schwellenwerte für Sonderregelungen im Unterschwellenbereich. Der Grund liegt darin, dass die Schwellenwerte für die Wahl der Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich unter Umständen kurzfristig angepasst werden können müssen, falls dies aufgrund eines JUdikates des EuGH erforderlich ist (hier ist auf die derzeit noch nicht absehbaren Konsequenzen der Rechtsprechung des EuGH in Verbindung mit dem Transparenzgrundsatz hinzuweisen).

Zu § 19 (Grundsätze):

Die Abs. 1, 2 sowie 4 bis 6 entsprechen grundsätzlich § 21 Abs. 1, 2, 4, 6 und 7 BVergG 2002; Abs. 3 entspricht § 30 Abs. 1 BVergG 2002. Abs. 1 wurde lediglich umformuliert, eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden.

Die allgemeinen Grundsätze finden auf sämtliche Verfahren, die im Anwendungsbereich des BvergG abgewickelt werden, Anwendung. Die Bestimmungen des § 19 Abs. 1 enthalten den Zweck des Vergabeverfahrens, damit das Schutzobjekt der Schutznorm „BVergG“: es ist dies der freie, faire und lautere Wettbewerb unter Wahrung der Gleichbehandlung aller Bieter und Bewerber. Alle Handlungen und Unterlassungen von Auftraggebern, Bietern oder Bewerbern im Vergabeverfahren sind an diesem Maßstab zu messen.

Das Bundesvergabeamt hat bereits bisher immer wieder Verletzungen von Bestimmungen des BVergG am Maßstab der Grundsätze des Abs. 1 geprüft und dabei vor allem darauf geachtet, ob durch ein bestimmtes Verhalten des Auftraggebers, das im Widerspruch zu Bestimmungen des BVergG steht, gegen das Wettbewerbsprinzip oder das Gleichbehandlungsgebot verstoßen wurde. Der Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbs hat neben der innerstaatlichen auch eine gemeinschaftsrechtliche Grundlage. So stellte der EuGH etwa in der Rs C-243/89 u.a auch fest, dass die Richtlinie 71/305/EWG „nach ihrer neunten Begründungserwägung namentlich die Entwicklung eines echten Wettbewerbs auf dem Gebiet der öffentlichen Bauaufträge bezweckt und in ihrem Abschnitt IV Selektions- und Zuschlagskriterien aufstellt, die einen solchen Wettbewerb gewährleisten sollen.“ Das Gleichbehandlungsgebot ist die logische Weiterentwicklung des Diskriminierungsverbotes. Der EuGH führte dazu im zitierten Erkenntnis aus: „Hierzu genügt die Feststellung, dass die Richtlinie den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter zwar nicht ausdrücklich erwähnt, dass aber die Pflicht zur Beachtung dieses Grundsatzes gleichwohl dem Wesen dieser Richtlinie selbst entspricht, …“ Diese Aussagen wurden vom Gerichtshof in der Zwischenzeit mehrfach bestätigt. Im innerstaatlichen Recht ist dieser Grundsatz u.a. auch aus dem Verbotsbereich des UWG abzuleiten. Nach der Rspr des OGH (4 Ob 10/96, Forstpflanzen) handelt der öffentliche Auftraggeber nicht nur im Rahmen des geschäftlichen Verkehrs, sondern bei bestimmten Verhaltensweisen, zB bei ungerechtfertigter Bevorzugung eines Unternehmens zu Lasten eines anderen, durchaus auch zu Wettbewerbszwecken. Nach der Rechtsprechung des OGH lässt sich ein Gleichbehandlungsgebot aber auch aus culpa in contrahendo ableiten (vgl. etwa 4 Ob 573/94).

Abs. 1 enthält eine Zusammenfassung allgemeiner Grundsätze für die Vergabe von Aufträgen. Diese Grundsätze sind zur Auslegung der übrigen Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes heranzuziehen.

Zu den Begriffen freier, lauterer bzw. fairer Wettbewerb: der freie Wettbewerb ist der nicht behinderte, d.h. zB keinen (Zugangs- oder Ausübungs-)Beschränkungen unterliegende Wettbewerb; der faire Wettbewerb betrifft das Verhältnis Auftraggeber – Bewerber/Bieter und der lautere Wettbewerb betrifft das Verhältnis zwischen den Bewerbern/Bietern. Ein unlauterer Wettbewerb ist dann gegeben, wenn ein Unternehmer zB durch Bestechung, Preisabsprachen mit bestimmten Mitkonkurrenten oder Ausnützen seiner marktbeherrschenden Position einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu erlangen sucht.

Bei Betrieben der öffentlichen Hand, aus öffentlichen Geldern subventionierten Unternehmen (vgl. dazu die Bestimmung des Art. 86 EGV) und bei öffentlichen Auftraggebern (falls diese als Bewerber oder Bieter an einem Vergabeverfahren teilnehmen) erfolgt eine Kalkulation der Kosten oft unter wettbewerbsverzerrenden Bedingungen. So werden wesentliche Kostenanteile nicht in Anschlag gebracht, da sie in deren allgemeinen Haushalt enthalten sind (vgl. Personalkosten) oder derartige Kosten nicht einmal entstehen (zB Steuerbefreiung). Unter diesen Bedingungen sind die genannten Unternehmen in der Lage, die (realistischen) Marktpreise ihrer Konkurrenten am freien Markt bei einer Auftragsvergabe jederzeit zu unterbieten. Grundsätzlich ist dies ein wettbewerbsrechtliches Problem, das etwa im Rahmen des Art. 86 EGV zu lösen wäre. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass öffentliche Unternehmen gemäß der Transparenzrichtlinie 80/723/EWG, ABl. 1980 Nr. L 195, S 35, verpflichtet sind, ihre finanziellen Beziehungen zum jeweiligen Mitgliedstaat offen zu legen (vgl. dazu auch die SKRL 2004/17/EG).

Der EuGH hat im Erkenntnis C-94/99, ARGE Gewässerschutz, festgehalten, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter nicht schon dadurch verletzt ist, dass ein öffentlicher Auftraggeber zu einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge Einrichtungen zulässt, die entweder von ihm selbst oder von anderen öffentlichen Auftraggebern Zuwendungen gleich welcher Art erhalten, die es ihnen ermöglichen, zu Preisen anzubieten, die erheblich unter denen ihrer Mitbewerber liegen, die keine solchen Zuwendungen erhalten. Der Gerichtshof hielt aber auch fest, dass – auch wenn der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter für sich genommen der Teilnahme öffentlicher Einrichtungen an einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge nicht entgegensteht – es nicht auszuschließen ist, dass die öffentlichen Auftraggeber unter bestimmten Umständen im Einzelfall dazu verpflichtet sind oder das Gemeinschaftsrecht ihnen zumindest gestattet, Zuwendungen – insbesondere nicht vertragskonforme Beihilfen – zu berücksichtigen, um gegebenenfalls die Bieter auszuschließen, denen sie zugute kommen (vgl. dazu insbesondere die Neuregelung in § 125 Abs. 6 sowie die Erläuterungen dazu).

Es ist ferner auf einen besonderen Aspekt im Zusammenhang mit der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen aufmerksam zu machen. Das Diskriminierungsverbot verbietet unter anderem auch, ohne sachliche Rechtfertigung die Durchführung von Wettbewerben auf einzelne Berufsstände zu beschränken, obwohl auch andere Unternehmen oder Personen die Berechtigung zur Erbringung der Leistung besitzen.

Entsprechend den völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreichs aus dem GPA (vormals GATT-Beschaffungskodex) sowie aus der allgemeinen Regelung des Art. 6 EGV ergibt sich ein Verbot der Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit von Bewerbern und Bietern oder des Ursprungs von Waren im Rahmen der Vergabe von Aufträgen. Eine darüber hinausgehende unterschiedliche Behandlung, die völkerrechtlich zulässig ist, bleibt gemäß Abs. 2 vom Grundsatz des Abs. 1 unberührt. Damit wird das Gleichbehandlungsgebot auf das völkerrechtlich erforderliche Ausmaß beschränkt.

Abs. 3 stellt eine spezifische Ausformung des Diskriminierungsverbotes dar.

Durch Abs. 4 erster Satz ist es dem Auftraggeber insbesondere untersagt, Vergabeverfahren nur zu dem Zweck durchzuführen, sich durch das Verfahren Lösungsvorschläge zu beschaffen oder Preisvergleiche anzustellen (unverbindliche Markterkundung). Darüber hinaus hat der Auftraggeber für die tatsächliche Durchführung vorzusorgen, dazu gehört auch die Vorsorge für die technische und finanzielle Abwicklung; das heißt, dass zB ausreichende budgetäre und personelle Ressourcen für die gesamte Projektdurchführung zur Verfügung stehen müssen. Führt ein Auftraggeber ein Vergabeverfahren durch, ohne die budgetäre Bedeckung ausreichend zu prüfen, so wird er schadenersatzpflichtig. Wie sich dem zweiten Satz – aber auch der Regelung über den Widerruf gemäß den §§ 138 ff – entnehmen lässt, ändert auch eine allfällige Schadenersatzpflicht aber nichts daran, dass der Auftraggeber zum Widerruf des Verfahrens berechtigt ist, wenn er einen sachlichen Grund geltend machen kann (siehe dazu insbesondere die Erläuterungen zu den §§ 138 ff sowie die Regelung in § 135 Abs. 1, wonach es nur zwei Arten der Beendigung eines Vergabeverfahrens gibt). Abs. 4 2. Satz kodifiziert eine ständige Judikaturlinie des EuGH (Rs C-27/98, C-92/00, C-244/02). Der EuGH in der Rs C‑244/02 ausgesprochen, dass aus den vergaberechtlichen Richtlinien „nicht hervorgehe, dass die in dieser Richtlinie implizit anerkannte Befugnis des öffentlichen Auftraggebers, auf die Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags, für den eine Ausschreibung stattgefunden habe, zu verzichten, auf Ausnahmefälle begrenzt sei oder in jedem Fall voraussetze, dass schwerwiegende Gründe angeführt würden.“ Weiters hat der EuGH ausgeführt, … „dass ein Auftraggeber, der beschließe, die Ausschreibung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags zu widerrufen, den Bewerbern und Bietern zwar die Gründe für seine Entscheidung mitteilen müsse, dass er danach aber nicht verpflichtet sei, das Vergabeverfahren zu Ende zu führen.“ Vor diesem Hintergrund stellt Abs. 4 2. Satz klar, dass der Auftraggeber nicht verpflichtet ist, ein Vergabeverfahren durch Zuschlag zu beenden (es existiert daher kein „Zwang zum Zuschlag“). Wie aber bereits oben ausgeführt, schließt dies nicht aus, dass Auftraggeber, die den Widerrufsgrund schuldhaft verursacht haben, nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts schadenersatzpflichtig werden.

§ 19 Abs. 5 enthält einen der wesentlichen Grundsätze des Gesetzes, jenen der ökologischen Beschaffung. In seiner Entschließung vom 24. November 2000, E 45-NR/XXI. GP, forderte der Nationalrat die Bundesregierung auf, bei der Ausarbeitung eines einheitlichen Vergabegesetzes für Bund, Länder und Gemeinden u.a. umweltpolitische Belange zu prüfen. In Entsprechung dieser Entschließung ist im Gesetzestext selbst der Grundsatz der verpflichtenden Berücksichtigung ökologischer Aspekte verankert. Abs. 5 zweiter Satz nennt jene Phasen des Vergabeverfahrens, in denen eine Verwirklichung der ökologischen Beschaffung am vielversprechendsten ist. Es ist jedoch hervorzuheben, dass eine umweltgerechte Beschaffung in erster Linie an der korrekten Festlegung des Auftragsgegenstandes anzuknüpfen hat. Werden bei der Festlegung des Auftragsgegenstandes ökologische Aspekte nur unzureichend berücksichtigt, so wird dieser Fehler im nachfolgenden Prozess auch durch noch so gute ökologische Zuschlagskriterien nicht oder kaum mehr korrigiert werden können.

In diesem Zusammenhang ist ferner auf die ebenfalls relevanten §§ 96 Abs. 4 und 98 Abs. 6 hinzuweisen. Gemäß § 96 Abs. 4 sind in der Beschreibung der Leistung gegebenenfalls auch die Kriterien für die Lieferung von umweltgerechten Produkten oder für die Erbringung von Leistungen im Rahmen umweltgerechter Verfahren, soweit dies nach dem jeweiligen Stand der Technik und dem jeweils aktuellen Marktangebot möglich ist, anzugeben. Wurden in einer Ausschreibung gemäß § 80 Abs. 3 dem Grundsatz des § 19 Abs. 5 entsprechend Kriterien für die Umweltgerechtheit angegeben, welche bei der Beurteilung der Angebote in Betracht gezogen werden, so ist der Grundsatz der Umweltgerechtheit auch im Rahmen der Zuschlagserteilung zur Anwendung zu bringen (siehe auch die Anmerkungen zu umweltgerechten Zuschlagskriterien bei § 2 Z 20 lit. d). Die Festlegung solcher Kriterien für die Umweltgerechtheit von Produkten oder Leistungen im Rahmen der Ausschreibung hat in gemeinschaftsrechtskonformer Weise gegebenenfalls durch technische Spezifikationen zu erfolgen. Hierbei kann auch auf Umweltzeichen verwiesen werden (vgl. § 98 Abs. 6). Festzuhalten ist ferner, dass die Bedachtnahme auf etwaige Entsorgungskosten sich auf die Ausschreibung auszuwirken hat (vgl. § 96 Abs. 5; damit diese relevant werden, müssen sie als Zuschlagskriterien formuliert werden).

In Abs. 6 soll in allgemeiner Weise darauf hingewiesen werden, dass auch weitere, insbesondere soziale Zielsetzungen in Vergabeverfahren Berücksichtigung finden können. Es versteht sich von selbst, dass die Bedachtnahme dieser sekundären Ziele nur unter Berücksichtigung der vorangegangenen Grundsätze (insbesondere daher jener des Abs. 1) erfolgen kann. In diesem Zusammenhang ist auf die Mitteilung der Kommission über die Auslegung des gemeinschaftsrechtlichen Vergaberechts und die Möglichkeiten zur Berücksichtigung sozialer Belange bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vom 15. Oktober 2001, KOM(2001) 566, hinzuweisen, in der die unterschiedlichen Möglichkeiten samt illustrativen Beispielen dargestellt werden.

Die Erwägungsgründe 2, 4 und 5 führen zu den Grundsätzen des Vergaberechts Folgendes aus: „Die Vergabe von Aufträgen in den Mitgliedstaaten auf Rechnung des Staates, der Gebietskörperschaften und anderer Einrichtungen des öffentlichen Rechts ist an die Einhaltung der im Vertrag niedergelegten Grundsätze gebunden, insbesondere des Grundsatzes des freien Warenverkehrs, des Grundsatzes der Niederlassungsfreiheit und des Grundsatzes der Dienstleistungsfreiheit sowie der davon abgeleiteten Grundsätze wie z.B. des Grundsatzes der Gleichbehandlung, des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung, des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung, des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Grundsatzes der Transparenz. Für öffentliche Aufträge, die einen bestimmten Wert überschreiten, empfiehlt sich indessen die Ausarbeitung von auf diesen Grundsätzen beruhenden Bestimmungen zur gemeinschaftlichen Koordinierung der nationalen Verfahren für die Vergabe solcher Aufträge, um die Wirksamkeit dieser Grundsätze und die Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens für den Wettbewerb zu garantieren. Folglich sollten diese Koordinierungsbestimmungen nach Maßgabe der genannten Regeln und Grundsätze sowie gemäß den anderen Bestimmungen des Vertrags ausgelegt werden. …

Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass die Teilnahme einer Einrichtung des öffentlichen Rechts als Bieter in einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge keine Wettbewerbsverzerrungen gegenüber privatrechtlichen Bietern verursacht.

Nach Artikel 6 des Vertrags müssen die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der in Artikel 3 des Vertrags genannten Gemeinschaftspolitiken und ‑maßnahmen insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden. Diese Richtlinie stellt daher klar, wie die öffentlichen Auftraggeber zum Umweltschutz und zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung beitragen können, und garantiert ihnen gleichzeitig, dass sie für ihre Aufträge ein optimales Preis-/Leistungsverhältnis erzielen können.“

Zu § 20 (Bewerber und Bieter):

Durch § 20 Abs. 1 soll das in den Anerkennungsrichtlinien der Gemeinschaft vorgesehene Verfahren und das Vergabeverfahren aufeinander abgestimmt werden; es wird somit der Versuch der Harmonisierung beider Verfahrensabläufe unternommen. Abweichend von der bisherigen Rechtslage ist nunmehr ausdrücklich vorgesehen, dass der Anerkennungs- bzw. Gleichhaltungsbescheid spätestens zum Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung vorliegen muss. Liegt der entsprechende Bescheid nicht vor, ist das Angebot auszuscheiden (siehe § 129 Abs. 1 Z 11). Die Regelung ist auch in Zusammenhang mit § 112 Abs. 3 zu sehen, wonach der Auftraggeber auf begründeten Antrag eines Unternehmers, der ein Anerkennungs- oder Gleichhaltungsverfahren eingeleitet, aber noch keinen entsprechenden Bescheid erhalten hat, die Zuschlagsfrist um einen Monat zu verlängern hat. Durch die Möglichkeit der Verlängerung der Zuschlagsfrist ist sichergestellt, dass, selbst wenn der Antrag erst am letzten Tag der Angebotsfrist oder vor Beginn der Verhandlungen gestellt wird, die Gewerbebehörde in der Lage ist, innerhalb der Zuschlagsfrist zu entscheiden. Vorgesehen ist weiters, dass der Auftraggeber auf das Erfordernis einer Anerkennung oder Gleichhaltung bereits in der Vorinformation (§ 53 Abs. 5) und in der Bekanntmachung (§ 46 Abs. 2) hinzuweisen hat. Durch die frühzeitige (verpflichtende) Information potenzieller Bieter wird sichergestellt, dass jeder Interessierte von der allfälligen Notwendigkeit eines Nachsichts- oder Gleichhaltungsverfahrens oder dem Erfordernis einer Bestätigung gemäß EWR-Arch-VO bzw. EWR-Ing-KonsVO erfährt. Der letzte Satz stellt für den Unternehmer eine Verpflichtung auf, die letztlich durch Ausscheiden des Angebotes sanktioniert ist.

Im Erwägungsgrund 42 der RL 2004/18/EG heißt es dazu: „Soweit für die Teilnahme an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags oder an einem Wettbewerb der Nachweis einer bestimmten Qualifikation gefordert wird, sind die einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften über die gegenseitige Anerkennung von Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen anzuwenden.“

Die Abs. 2 und 3 setzen Art. 4 Abs. 1 und 2 der RL 2004/18/EG um. Abs. 2 Satz 1 und 2 sehen die Möglichkeit vor, dass der Auftraggeber aus sachlichen Gründen die Teilnahme oder die Bildung von Arbeits- oder Bietergemeinschaften für unzulässig erklären kann. Die Zulässigkeit dieser Beschränkungsmöglichkeit folgt aus dem Erkenntnis des EuGH in der Rs C-57/01, Makedoniko Metro. Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, dass in bestimmten Situationen auch die Kommission eine derartige Beschränkung vorgesehen hat (vgl. dazu Bulletin Quotidien Europe 8945 vom 12.5.05 Pkt. 21; bei der Ausschreibung des Projektes „Galileo“ hatte die Kommission die Klausel vorgesehen, dass keine Arbeits- oder Bietergemeinschaften gebildet werden dürfen damit ein ausreichender Wettbewerb gewährleistet ist). Sachliche Gründe sind etwa, wenn in einem Marktsegment nur eine begrenzte Anzahl von Bietern existiert und zur Sicherung des Wettbewerbes eine Beschränkung der Teilnehmeranzahl am Vergabewettbewerb durch Bildung von Arbeits- oder Bietergemeinschaften nicht erfolgen soll. Der Auftraggeber hat ferner die Möglichkeit, die Mitgliederanzahl zu beschränken oder Beschränkungen hinsichtlich der Zusammensetzung von Arbeits- oder Bietergemeinschaften (etwa ein Verbot der Mehrfachbeteiligung) vorzusehen. Die Zulässigkeit dieser Regelung ergibt sich ebenfalls aus dem Erkenntnis in der Rs C-57/01, Makedoniko Metro. Darin hat der EuGH festgehalten (vgl. Rz 60), dass die RL „keine Bestimmung über die Zusammensetzung derartiger Bietergemeinschaften [enthält]. Die Regelung der Zusammensetzung fällt deshalb in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.“ Die Beschränkungsmöglichkeiten hinsichtlich der Arbeits- oder Bietergemeinschaften sollen dem Auftrageber die Möglichkeit geben, einen echten Wettbewerb bei der Vergabe der Leistung zu gewährleisten. Durch diese Regelungen darf jedoch nicht die Teilnahme von KMU’s an Vergabeverfahren behindert werden. Aus diesem Grund muss die Beschränkung stets sachlich gerechtfertigt werden können. Diese Festlegungen sind der Nachprüfung zugänglich.

Durch den vierten Satz in Abs. 2 wird nunmehr – um der Judikatur des EuGH (vgl. Rs C-129/04, Espace Trianon SA) nachzukommen und auch um bestehende Unklarheiten auszuräumen – ausdrücklich normiert, dass Arbeits- und Bietergemeinschaften als solche parteifähig sind. Diese Parteifähigkeit ist jedoch auf die gemäß dem BVergG gewährten Rechte eingeschränkt (arg. „parteifähig zur Geltendmachung der ihnen durch dieses Bundesgesetz eingeräumten Rechte“). Hat eine Arbeits- oder Bietergemeinschaft ein Angebot gelegt oder einen Teilnahmeantrag gestellt und ergibt sich in weiterer Folge die Notwendigkeit, einen Nachprüfungsantrag zu stellen, so ist nur die Arbeits- oder Bietergemeinschaft als solche zur Antragstellung berechtigt, nicht hingegen einzelne ihrer Mitglieder. Wem innerhalb einer Arbeits- oder Bietergemeinschaft die Handlungs- bzw. Vertretungsbefugnis zukommt, richtet sich nach den internen Regeln der Gemeinschaft (denkbar ist, dass alle Mitglieder nur gemeinsam auftreten können, denkbar ist aber auch, dass einzelne Mitglieder zur Setzung bestimmter Akte bevollmächtigt worden sind – auch in diesem Fall können die bevollmächtigten Mitglieder in einem allfälligen Nachprüfungsverfahren nicht in eigenem Namen auftreten, sondern nur im Namen der Arbeits- oder Bietergemeinschaft). Zur Parteifähigkeit von Bietergemeinschaften vgl. auch schon VwGH 30.6.2004, 2002/04/0011.

Zum Nachweis der Eignung einer Bietergemeinschaft siehe den neu eingefügten § 70 Abs. 5, der eine Sonderregelung für den Nachweis der Befugnis einer Bietergemeinschaft beinhaltet. Der Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit gemäß § 72 ist im Falle der Zulässigkeit einer Arbeits- oder Bietergemeinschaft für alle dergestalt am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmer zu erbringen. Für in Arbeits- bzw. Bietergemeinschaften zusammengeschlossene Unternehmer ist die Eignung hinsichtlich des Gesamtauftrages erforderlich. Die vorgesehene Mitteilungspflicht in Abs. 2 vorletzter Satz hat den Sinn, dass der Auftraggeber rechtzeitig von der Verkleinerung des Bieterkreises informiert wird und erforderlichenfalls weitere Unternehmen zur Angebotsabgabe einladen kann. Die Verletzung der Mitteilungspflicht stellt weder einen Ausscheidungsgrund dar noch zieht sie sonstige Konsequenzen nach sich.

Durch den neuen Abs. 4 wird Art. 4 Abs. 1 zweiter UAbs. der RL 2004/18/EG umgesetzt. Auf Grund des Systems des BVergG (Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge werden insgesamt als „Aufträge“ bezeichnet) wird der Begriff „zusätzliche“ nicht übernommen. Dieser kann sich logischer Weise und auf Grund seiner systematischen Stellung in der RL nur auf Lieferaufträge beziehen (bei Dienstleistungsaufträgen kann es keine „zusätzlichen“ Dienstleistungen geben). Der Entfall des Begriffes schadet jedoch nicht.

Abs. 5 entspricht § 21 Abs. 3 BVergG 2002 und regelt die „Vorarbeitenproblematik“. Wie bereits bisher sind Angebote von Bietern, die gemäß § 20 Abs. 5 von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen sind, nach § 129 Abs. 1 Z 1 auszuscheiden.

Wie bisher wird in der Regelung explizit darauf abgestellt, ob durch die Beteiligung von an Vorarbeiten beteiligten Unternehmern der faire und lautere Wettbewerb ausgeschlossen wäre. Es handelt sich daher um eine Prognoseentscheidung des Auftraggebers, die dieser auf Grund der ihm zur Verfügung stehenden Entscheidungsgrundlagen zu treffen hat. Es ist somit kein kategorischer Ausschluss von an Vorarbeiten beteiligten Unternehmern vorgesehen. Der EuGH hat in den Rs C‑21/03 und C‑34/03, Fabricom, ausgesprochen, dass einem Unternehmer, der mit Vorarbeiten betraut war, jedenfalls die Möglichkeit eingeräumt werden muss, darzulegen, dass nach den Umständen des Einzelfalles die von ihm erworbene Erfahrung den Wettbewerb nicht hat verfälschen können. Auch führt nicht jedwede Art der Beteiligung an Vorarbeiten zum Ausschluss gemäß dieser Bestimmung. Schutzobjekt ist der faire und lautere Wettbewerb. „Soweit“ dieser gefährdet sein könnte, ist der betreffende Unternehmer von der Teilnahme auszuschließen. Obwohl ein an Vorarbeiten beteiligter Unternehmer immer einen – wenn auch unter Umständen geringen – Vorteil genießt (zB längere Kenntnis bestimmter Informationen; Vertrautheit mit dem Auftragsgegenstand oder Teilen desselben; nähere Kenntnis der Organisationsstruktur und der Bedürfnisse des Auftraggebers), soll nicht absolut jeder Wissensvorsprung durch die Beteiligung an den Vorarbeiten die strenge Sanktion des § 20 Abs. 5 nach sich ziehen (arg. Wettbewerb muss „ausgeschlossen“ sein und nicht bloß „beeinträchtigt“). Marginale Wettbewerbsbeeinträchtigungen durch die Beteiligung an Vorarbeiten werden durch die Neuregelung toleriert. Es liegt am Auftraggeber, die durch die Vorarbeiten gewonnenen Erkenntnisse in nicht diskriminierender Weise den anderen Wirtschaftsteilnehmern zukommen zu lassen. Werden daher geeignete Maßnahmen getroffen, um die im Rahmen von Vorarbeiten gewonnenen Erkenntnisse publik zu machen und haben alle Teilnehmer den gleichen Informationsstand in Bezug auf das Vergabeverfahren, so kommt diese Bestimmung nicht zum Tragen. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis B 1560/00 vom 20. Juni 2001 völlig zutreffend ausgeführt hat, ist eine Einzelfallbeurteilung in jedem Fall absolut notwendig.

Es kann aus diesem Grundsatz gefolgert werden, dass dieser auch eine implizite Anweisung an den Auftraggeber enthält, alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um derartige Wettbewerbsvorteile auszuschließen. Jener Auftraggeber, der die Teilnahme des Unternehmers, der an Vorarbeiten beteiligt war, am weiteren Verfahren gewährleisten will, ist daher gehalten, von sich aus alle Maßnahmen zu setzen, damit der betroffene Unternehmer keine uneinholbaren Wettbewerbsvorteile genießt. Vermag der Auftraggeber jedoch auch durch alle erdenklichen Vorkehrungen Wettbewerbsvorteile, die den Schutzzweck der Norm verletzen, nicht zu beheben, so ist der beteiligte Unternehmer von der Teilnahme am Wettbewerb um die Leistung auszuschließen.

Zu § 21 (vorbehaltene Aufträge für geschützte Werkstätten oder integrative Betriebe):

Durch die neue Regelung des § 21 wird Art. 19 der RL 2004/18/EG umgesetzt. Zum Wortlaut der Bestimmung ist Folgendes festzuhalten: In der Richtliniebestimmung heißt es, dass Mitgliedstaaten „im Rahmen von Programmen für geschützte Beschäftigungsverhältnisse“ Regelungen über vorbehaltene Aufträge vorsehen können; gemeint sind damit gesetzliche Rahmenbedingungen und nicht spezielle Programme von öffentlichen Auftraggebern bzw. spezielle Programme für öffentliche Aufträge; diese Wortfolge wurde somit – da überflüssig – nicht in das BVergG aufgenommen. Zur Wortfolge „unter normalen Bedingungen“ wird etwa auf § 11 BEinstG, BGBl. Nr. 22/1970 idgF, verwiesen, wo von einer „Beschäftigung begünstigter Behinderter, die wegen Art und Schwere der Behinderung noch nicht oder nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, bei denen aber eine wirtschaftlich verwertbare Mindestleistungsfähigkeit vorliegt“ die Rede ist (vgl. ferner dazu etwa § 31 Abs. 2 NÖ Sozialhilfegesetz 2000, § 26 Burgenländisches Sozialhilfegesetz 2000).

Im Erwägungsgrund 28 der RL 2004/18/EG heißt es dazu: „Beruf und Beschäftigung sind Schlüsselelemente zur Gewährleistung gleicher Chancen für alle und tragen zur Eingliederung in die Gesellschaft bei. In diesem Zusammenhang tragen geschützte Werkstätten und geschützte Beschäftigungsprogramme wirksam zur Eingliederung oder Wiedereingliederung von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt bei. Derartige Werkstätten sind jedoch möglicherweise nicht in der Lage, unter normalen Wettbewerbsbedingungen Aufträge zu erhalten. Es ist daher angemessen, vorzusehen, dass Mitgliedstaaten das Recht, an Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge teilzunehmen, derartigen Werkstätten oder die Ausführung eines Auftrags geschützten Beschäftigungsprogrammen vorbehalten können.“

In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass die Einbeziehung der integrativen Betriebe gemäß § 11 BEinstG in § 21 (und § 189) des BVergG nichts daran ändert, dass integrative Betriebe an regulären Vergabeverfahren gleichberechtigt teilzunehmen berechtigt sind. Hinsichtlich der Beteiligung von geschützten Werkstätten oder integrativen Betrieben an nicht für diese reservierten Vergabeverfahren wird daher auf § 11 Abs. 7 BEinstG verwiesen.

Zu § 22 (Leistungen/Teilleistungen):

Die Bestimmung entspricht den §§ 58 und 59 BVergG 2002. Es wurden lediglich Änderungen in der Systematik vorgenommen, inhaltlich sind die Regelungen unverändert.

Es besteht daher wie schon bisher weder der Grundsatz der ungeteilten Vergabe noch ein unbedingter gesetzlicher Vorbehalt zugunsten einer gewerksweisen Vergabe (im zweiten Satz des Abs. 1 ist von „können“ die Rede).

Wie sich dem Erwägungsgrund 9 der RL 2004/18/EG entnehmen lässt, besteht auch auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene kein Vorrang für die Gesamtvergabe oder die Teilvergabe: „Angesichts der für die öffentlichen Bauaufträge kennzeichnenden Vielfalt der Aufgaben sollte der öffentliche Auftraggeber sowohl die getrennte als auch die gemeinsame Vergabe von öffentlichen Aufträgen für die Ausführung und Planung der Bauvorhaben vorsehen können. Diese Richtlinie bezweckt nicht, eine gemeinsame oder eine getrennte Vergabe vorzuschreiben. Die Entscheidung über eine getrennte oder die gemeinsame Vergabe des öffentlichen Auftrags muss sich an qualitativen und wirtschaftlichen Kriterien orientieren, die in den einzelstaatlichen Vorschriften festgelegt werden können.“

Das Gesetz nennt als Beurteilungsmaßstab für die Entscheidung für eine Gesamt- oder Teilvergabe wirtschaftliche oder technische Gesichtspunkte. Dem Auftraggeber kommt bei der Beurteilung der Frage, ob eine Gesamt- oder Teilvergabe stattfinden soll daher ein gewisses Ermessen zu. Diese Ermessensentscheidung darf jedenfalls nicht willkürlich getroffen werden. Eine Gesamtvergabe kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalls wirtschaftliche oder technische Gesichtspunkte ein besonderes Gewicht erhalten. Dabei kommt es etwa darauf an, ob und in welchem Umfang durch eine Gesamtvergabe Kosten für umfangreiche Verwaltungs- und Koordinierungsleistungen der Auftraggeberin tatsächlich vermieden werden können. Als wirtschaftlicher Grund ist zB anzusehen, wenn bei getrennter Vergabe höhere Kosten durch Bauzeitverzögerungen auftreten können, oder dass bei getrennter Vergabe die gesamte Koordination einschließlich der Risiken, die aus unterschiedlichen Schnittstellen der beteiligten Unternehmen entstehen, beim Auftraggeber verbleiben. In technischer und wirtschaftlicher Hinsicht können als Gründe für eine Gesamtvergabe die Erbringung einer einheitlichen, u.U. schwierigen Konstruktion aus (überwiegend oder ganz) einer Hand, verbunden mit einer einheitlichen Verantwortung und Haftung für Mängelansprüche, sprechen.

Hinsichtlich der Auftragsvergabe durch Bundesorgane wird zudem der Vorhabensbegriff des § 23 BHG zu berücksichtigen sein. Ein öffentlicher Auftrag kann daher zB dann gewerksweise vergeben werden, wenn er nach Art und Größe besonders umfangreich ist und trotz Teilung eine notwendige einheitliche Ausführung und eine eindeutige Gewährleistung sichergestellt sind. Bei Einhaltung des Ermessensspielraumes durch den Auftraggeber lässt sich daher weder ein Anspruch auf gewerksweise Vergabe noch auf Gesamtvergabe eines Auftrages ableiten. Dieser Ermessensspielraum des Auftraggebers könnte jedoch intern dahingehend determiniert werden, dass im Rahmen des dritten Satzes des Abs. 1 eine Präferenzierung der gewerksweisen Vergabe erfolgt.

Der Teilung der Ausschreibung werden nur dadurch Grenzen gesetzt, dass einerseits wirtschaftliche oder technische Gesichtspunkte wie die Notwendigkeit einer einheitlichen Ausführung der Leistung oder eine eindeutige Gewährleistung, die für eine Gesamtausschreibung sprechen, durch die Teilung nicht gefährdet werden dürfen und andererseits die Teilung nicht zu einer nicht mehr neutralen, bestimmten Bietern Wettbewerbsvorteile sichernden Leistungsbeschreibung führen darf (§ 96 Abs. 1 und 3).

Zu § 23 (Vertraulichkeit/Verwertungsrechte):

Aus systematischen Erwägungen sollen die – die Vertraulichkeit und Verwertung von Ausarbeitungen betreffenden – Bestimmungen zusammengefasst werden. Abs. 1 statuiert eine gegenseitige Schutzpflicht betreffend vertrauliche Unterlagen hinsichtlich aller an Vergabeverfahren beteiligten Parteien. Auch in Vergabeverfahren involvierte Bewerber oder Bieter haben daher schutzwürdige Angaben des Auftraggebers zu wahren. Der durch Abs. 1 gewährleistete Schutz von Unterlagen erstreckt sich auch auf die Zeit nach Abschluss eines Vergabeverfahrens. Eine Berufung auf den vertraulichen Charakter scheidet jedoch gegenüber Kontrollinstanzen dann aus, wenn die Kontrollinstanz den Schutz der vertraulichen Unterlagen gewährleisten kann (vgl. dazu etwa § 17 AVG; im Verfahren vor den ordentlichen Gerichten kann nach den Bestimmungen der ZPO die Akteneinsicht hingegen nicht beschränkt werden).

Durch den neuen Abs. 2 wird die Regelung des Art. 6 der RL 2004/18/EG umgesetzt. Anderes bestimmt ist etwa im Zusammenhang mit der Bekanntmachung vergebener Aufträge gemäß § 54 oder der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung nach § 131. Auch in diesen Bestimmungen ist allerdings vorgesehen, dass der Auftraggeber auf die Interessen beteiligter Dritter Rücksicht zu nehmen hat (siehe § 54 Abs. 5 sowie § 132 Abs. 1 vierter Satz).

Die Geheimhaltungspflicht gemäß Abs. 3 wird auch in einem allfälligen Nachprüfungsverfahren zu beachten sein. Der Begriff „Ausarbeitungen“ umfasst nicht Standardprodukte (zB Standardsoftware). Durch die Zustimmungsverpflichtung soll ein Know-how-Abfluss ohne Entgelt verhindert werden. Es empfiehlt sich, dass Bewerber oder Bieter den Auftraggeber auf von diesem zu schützende Inhalte bei von den Bewerbern oder Bietern zur Verfügung gestellten Unterlagen hinweisen.

Zu § 24 (Preis):

§ 24 entspricht den §§ 60 bis 62 BVergG 2002, die Bestimmungen sind inhaltlich unverändert.

Obwohl eine Präferenz für feste Preise besteht, wird insbesondere bei börsennotierten Rohstoffen oder Rohstoffen, deren Preis weltmarktbedingt stark schwankt (zB Erdöl, Stahl), aus Gründen des fairen Wettbewerbes die Kostenberechnung auf der Basis veränderlicher Preise vorzunehmen sein. Mit der vorgeschlagenen Regelung des letzten Satzes des Abs. 7 soll die Geltungsdauer einer Festpreisregelung grundsätzlich mit zwölf Monaten beschränkt werden. Durch die Textierung ist aber auch klargestellt, dass in Ausnahmefällen mit besonderer sachlicher Rechtfertigung der Zeitraum für die Geltung fester Preise durchaus auch zwölf Monate übersteigen kann (arg. „grundsätzlich“).

Zu § 25 (Arten der Verfahren zur Vergabe von Aufträgen):

Die Regelung entspricht im Wesentlichen § 23 BVergG 2002. Änderungen haben sich dadurch ergeben, dass die grundsätzlichen Regelungen über die Wettbewerbe nunmehr in einem eigenen Paragrafen (§ 26) getroffen werden. Weiters wurde die Auflistung der Vergabeverfahren um die neuen Verfahren „dynamisches Beschaffungssystem“ und „wettbewerblicher Dialog“ ergänzt und schließlich wurden die Regelungen betreffend die Verfahren zur Vergabe von Aufträgen bei den Begriffsbestimmungen eliminiert und in die Grundsatzbestimmung der §§ 25 und 26 übernommen, wodurch sich insbesondere bei der Rahmenvereinbarung und beim Wettbewerb Änderungen ergeben haben.

Im Zusammenhang mit den Vergabeverfahrensarten ist zu betonen, dass ein Auftraggeber, sofern er sich für die Durchführung eines bestimmten Verfahrenstypus entschieden hat, dieses Verfahren gemäß den für diese Verfahrensart geltenden Bestimmungen zu Ende zu führen hat. Ein Verfahrenstypuswechsel während des Verfahrens ist unzulässig (vgl. EuGH Rs C‑87/94).

Festzuhalten ist weiters, dass die Einführung der durch die RL 2004/18/EG neu eingeführten Verfahrensarten für die Mitgliedstaaten nicht zwingend ist. Erwägungsgrund 16 der RL 2004/18/EG führt dazu Folgendes aus: „Zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten in den Mitgliedstaaten sollte es in das Ermessen derselben gestellt werden, zu entscheiden, ob für die öffentlichen Auftraggeber die Möglichkeit vorgesehen werden soll, auf Rahmenvereinbarungen, zentrale Beschaffungsstellen, dynamische Beschaffungssysteme, elektronische Auktionen und Verhandlungsverfahren, wie sie in dieser Richtlinie vorgesehen und geregelt sind, zurückzugreifen.“ Um dem Auftraggeber einen möglichst großen Gestaltungsspielraum einzuräumen und ihm die Auswahl aus einem möglichst breiten Spektrum zu ermöglichen, sollen aber alle in den Richtlinien enthaltenen Verfahrensarten im BVergG vorgesehen werden. Die für eine bestimmte Verfahrensart jeweils besonders zu beachtenden Bestimmungen lassen sich in drei Kategorien unterteilen: § 25 beinhaltet die jeweilige grundsätzliche Definition, in den §§ 27 bis 41 finden sich die Voraussetzungen, unter denen auf einen bestimmten Verfahrenstypus zurückgegriffen werden kann, darüber hinaus gibt es in den §§ 101 bis 105 nähere Bestimmungen zum offenen und nicht offenen Verfahren sowie zum Verhandlungsverfahren bzw. in den §§ 146 ff Bestimmungen über die besonderen Verfahrensarten.

Nach dem System des BVergG 2006 – dies in Anlehnung an die entsprechenden Bestimmungen der RL 2004/18/EG – handelt es sich bei einer elektronischen Auktion nicht mehr um einen eigenen Verfahrenstyp, sondern nur um einen Teilabschnitt eines Vergabeverfahrens, nämlich um die Ermittlung des besten Angebotes, die im Anschluss an ein Vergabeverfahren vorgenommen wird. Aus diesem Grund wird abweichend von den Regelungen des BVergG 2002 die Definition der elektronischen Auktion nicht mehr in § 25 beibehalten.

Die Definition der Rahmenvereinbarung knüpft an die Definition des Art. 1 Abs. 5 der RL 2004/18/EG an. Die Rahmenvereinbarung ist der Option sehr ähnlich. Dies wird insbesondere durch die Definition deutlich, die klarstellt, dass der oder die Auftraggeber keine Abnahmeverpflichtung durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung eingehen. Der Grund liegt darin, dass Auftraggeber nicht durch eine Abnahmeverpflichtung an die Unternehmer gebunden sein sollen, wenn die Unternehmer unter Umständen ein (nicht nachweisbares aber doch vermutbares) Kartell schließen oder (ebenfalls nicht nachweisbare) Preisabsprachen treffen. Ferner kann keinem Unternehmer, der Partei einer Rahmenvereinbarung ist, ein Anspruch auf einen bestimmten Teil des Gesamtauftrages eingeräumt werden, da unklar ist, welcher Unternehmer nach Durchführung einer zweiten Wettbewerbsrunde den Zuschlag erhalten wird. Auf der anderen Seite ist ein Auftraggeber nicht daran interessiert, eine Rahmenvereinbarung, zu deren Abschluss er erhebliche Aufwendungen getätigt hat und die ihm große Vorteile (Zeitgewinn, geringe Verfahrenskosten während der Laufzeit) bietet, einfach aufzukündigen. Der Auftraggeber hat vielmehr ein vitales Interesse daran, dass eine ungestörte Wettbewerbssituation für die Laufzeit der Rahmenvereinbarung bestehen bleibt. Festzuhalten ist ferner, dass der Auftraggeber nicht eine einzige, sondern eine (im Sinne von inhaltlich idente) Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmen abschließt, da die Parteien der Rahmenvereinbarung untereinander unbekannt bleiben müssen. Da aufgrund der gemeinschaftlichen Rechtslage der Abschluss einer Rahmenvereinbarung – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – auch in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung zulässig ist, wurde die Bestimmung dahingehend angepasst, dass nicht mehr von einer zwingenden Bekanntmachung auszugehen ist.

Die Definition des dynamischen Beschaffungssystems orientiert sich an Art. 1 Abs. 6 der RL 2004/18/EG. Das dynamischen Beschaffungssystem weist in systematischer Hinsicht gewisse Ähnlichkeiten mit der Rahmenvereinbarung auf, wobei folgende wesentliche Unterschiede bestehen: Das dynamische Beschaffungssystem ist während der gesamten Laufzeit für alle Unternehmer offen; es steht einem Unternehmer jederzeit frei, um eine Teilnahme anzusuchen. Anders als bei der Rahmenvereinbarung geben die Unternehmer zuerst nur unverbindliche Erklärungen zur Leistungserbringung ab und keine Angebote. Eine Bindung für die Unternehmer kann daher erst nach einer konkreten Aufforderung zur Angebotsabgabe erfolgen. Ein dynamisches Beschaffungssystem ist nur bei bestimmten, so genannten marktüblichen Leistungen zulässig.

Die Definition des wettbewerblichen Dialogs orientiert sich an Art. 1 Abs. 11 lit. c der RL 2004/18/EG. Der wettbewerbliche Dialog ist dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber zu Beginn des Verfahrens nur Vorstellungen über seine Bedürfnisse hat, nicht aber konkrete Vorstellungen über die zur Erfüllung dieser Bedürfnisse zur Verfügung stehenden Mittel. Daher soll in einer ersten Dialogphase ermittelt werden, welche Lösung oder gegebenenfalls welche Lösungen zur Erreichung der Ziele des Auftraggebers am besten geeignet ist bzw. sind und erst in einer zweiten Phase soll der oder die verbleibende(n) Bieter zur Angebotsabgabe aufgefordert werden.

Auch wenn die die Direktvergabe betreffenden Bestimmungen in § 41 konzentriert werden, soll aus Transparenzgründen die Definition der Direktvergabe inhaltlich unverändert in § 25 Abs. 10 beibehalten werden.

Zu § 26 (Arten des Wettbewerbes):

Abs. 1 stellt klar, dass der Begriff Wettbewerb als Oberbegriff zu verstehen ist, der zwei Unterarten hat, nämlich Ideenwettbewerbe sowie Realisierungswettbewerbe. Bereits bisher war vorgesehen, dass an einen Wettbewerb ein Verhandlungsverfahren anschließen kann, aber nicht muss. Diese Unterscheidung soll nunmehr auch durch die Einführung entsprechender Begriffe verdeutlicht werden. Die Definition selbst basiert auf Art. 1 Abs. 11 lit. e der RL 2004/18/EG.

Zu § 27 (Wahl des offenen und des nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung):

Wie schon bisher wird die freie Wahlmöglichkeit zwischen offenem und nicht offenem Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung normiert. Die Aufgabe des vor dem BvergG 2002 geltenden Primats des offenen Verfahrens hat sich in der Praxis bewährt und soll beibehalten werden. Das nicht offene Verfahren mit Bekanntmachung ist ein transparentes Verfahren, das allerdings auf Grund seiner zweistufigen Struktur viel komplexer gestaltet ist als das offene Verfahren. So erfordert die Durchführung des Auswahlverfahrens vom Auftraggeber eine genaue Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen des Vergabeverfahrens sowie eine genaue Kenntnis des betreffenden Marktes der auszuschreibenden Leistung. Im Oberschwellenbereich sind darüber hinaus längere Fristen als beim offenen Verfahren einzuhalten und Unternehmer können die Nicht-Zulassung zur Teilnahme (Bewerberauswahl) gesondert anfechten. Daher wird ein fachkundiger Auftraggeber nur dann ein nicht offenes Verfahren mit Bekanntmachung durchführen, wenn die Umstände des Einzelfalles die Inanspruchnahme dieses Verfahrenstypus als vorteilhafter gegenüber dem offenen Verfahren erscheinen lassen.

Das nicht offene Verfahren ist etwa in folgenden Fallkonstellationen vorteilhafter: wenn die Beurteilung der Leistungsqualität über die Eignung hinausgehende Anforderungen an den zukünftigen Auftragnehmer stellt; wenn die Durchführung eines offenen Verfahrens im Hinblick auf die Eigenart oder den Wert der Leistung wirtschaftlich nicht vertretbar scheint (zB zu viele Angebote würden eingehen und der Prüfaufwand stünde in keiner Relation zum Wert des Auftragsgegenstandes oder durch zusätzliche Angebote ist ab einer gewisser Marge an Teilnehmern keine inhaltliche oder preisliche Verbesserung der Angebote zu erwarten); wenn das offene Verfahren Interessen der Allgemeinheit, insbesondere an der Geheimhaltung (die jedoch nicht die Erheblichkeitsgrenze des § 10 Z 1 erreichen) oder Vertraulichkeit gefährden würde (Sicherheitskriterien können als Auswahlkriterien eingesetzt werden) oder aus Gründen der Dringlichkeit die Einhaltung der Fristen für die Durchführung eines offenen Verfahrens nicht möglich ist (vgl. dazu die Möglichkeit der Fristverkürzung gemäß § 63 für nicht offene Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich).

Die Ausnahmen vom Grundsatz der Durchführung eines offenen oder nicht offenen Verfahrens mit Bekanntmachung, die sich zum Teil aus den EG-Richtlinien ergeben, sind in den §§ 28ff geregelt.

Zu den §§ 28 bis 30 (Verhandlungsverfahren):

Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wurden die bislang in einem Paragrafen (§ 25 BVergG 2002) zusammengefassten Bestimmungen auf drei Paragrafen aufgeteilt, wobei für Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge jeweils ein eigener Paragraf vorgesehen wird. Dadurch ergeben sich zwar einige Verdoppelungen, allerdings sind die Ausnahmetatbestände für die jeweilige Auftragsart zusammengefasst. In Abs. 1 finden sich – abgesehen vom jeweils letzten Satz – jeweils die Tatbestände für ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung, in Abs. 2 die Tatbestände für ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung. Wie bisher lehnen sich die Regelungen eng an die entsprechenden Richtlinienbestimmungen an (Art. 30 und 31 der RL 2004/18/EG).

Das Verhandlungsverfahren stellt ein Ausnahmeverfahren dar. Die Rechtfertigungsgründe sind daher restriktiv auszulegen und der Auftraggeber, der dieses Verfahren in Anspruch nehmen will, hat das Vorliegen der Umstände, die die Inanspruchnahme rechtfertigen, darzulegen (vgl. u.a. Rs C‑199/85, C-57/94, C‑24/91, C‑107/92, C-385/02, C-394/02, C-84/03). Die Verhandlungsverfahrenstatbestände ohne vorherige Bekanntmachung sind taxativ in der RL festgelegt, die Mitgliedstaaten können daher keine neuen Verhandlungsverfahrenstatbestände schaffen, noch die ausdrücklich vorgesehenen Tatbestände um neue Bestimmungen ergänzen (so EuGH Rs C-84/03, Kommission gegen Spanien, Rz 48).

Als „kein ordnungsgemäßes Angebot“ bzw. ein „unannehmbares Angebot“ gemäß den §§ 28 bis 30 (jeweils Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1) ist insbesondere ein Angebot zu qualifizieren, das nach den Vorschriften des BVergG (zB betreffend die Teilnahme, Eignungskriterien) auszuscheiden ist (den Ausschreibungsbestimmungen widersprechend) oder zwar alle Ausschreibungskriterien erfüllt aber verspätet eingereicht wurde oder unwirtschaftlich (zu teuer) ist.

Als grundlegende Änderungen im Sinne der §§ 28 bis 30 (jeweils Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1) gelten die Änderung von Bedingungen wie Finanzierungsmodalitäten, technische Bestimmungen usw. Eine Veränderung der Bedingung dahingehend, dass der Preis um nicht mehr als 10% gegenüber dem ersten Verfahren erhöht werden darf, ist nach Ansicht des EuGH bereits eine „grundlegende“ Änderung der Bedingungen (vgl. Rs C-84/03). Hinzuweisen ist darauf, dass die §§ 28 bis 30 auch in ihrem jeweiligen Abs. 1 letzter Satz eine Bestimmung enthalten, der zufolge die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zulässig sein kann, wenn der Auftraggeber alle Unternehmer einbezieht, deren Angebote nicht gemäß § 129 Abs. 1 Z 1 auszuscheiden waren und die Vorgaben der §§ 106 bis 110 und 113 bis 115 erfüllt haben.

Die §§ 28 Abs. 1 Z 2 und 29 Abs. 2 Z 4 treffen Vorkehrungen für den Fall, dass bei Forschungsarbeiten mit besonders vertraulichen Daten diesem Umstand durch die Wahl des Verhandlungsverfahrens Rechnung getragen können werden soll. Unter die Forschungs- und Entwicklungskosten sind auch die Kosten für Forschungs- und Versuchslaboratorien zu subsumieren.

Technische oder künstlerische Gründe im Sinne der §§ 28 Abs. 2 Z 2, 29 Abs. 2 Z 2 und 30 Abs. 2 Z 2 liegen etwa vor, wenn eine Einrichtung ein Kunstwerk in Auftrag gegeben hat, später jedoch ein zweites Kunstwerk in Auftrag geben will, um gewissermaßen ein „Paar“ zu erhalten. In diesem Fall wäre darzulegen, aus welchen Gründen das zweite Kunstwerk nicht bei einem anderen Künstler in Auftrag gegeben werden kann. Die bloße Behauptung, dass eine Gesamtheit von Arbeiten komplex und schwierig sei, genügt nicht für die Inanspruchnahme dieser Ausnahme (vgl. Rs C-385/02). Es müssen vielmehr zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sein: zum einen müssen die Leistungen, die Gegenstand des Auftrages sind, eine technische Besonderheit aufweisen, und zum anderen muss es auf Grund dieser technischen Besonderheit unbedingt erforderlich sein, den Auftrag an ein bestimmtes Unternehmen zu vergeben, d.h. nur dieses Unternehmen ist in der Lage diese Leistungen zu erbringen (vgl. Rs C‑57/94, C-385/02, C-394/02).

Unter den Tatbestand „Schutz eines Ausschließlichkeitsrechtes“ (§§ 28 Abs. 2 Z 2, 29 Abs. 2 Z 2 und 30 Abs. 2 Z 2) sind auch jene Fälle zu subsumieren, in denen ein bestimmter Unternehmer das ausschließliche Verfügungs- oder Nutzungsrecht besitzt. In der Rs C‑328/92 hat der EuGH betont, dass es nicht genügt, dass die in Rede stehenden Produkte (Arzneimittel und Arzneispezialitäten) durch Ausschließlichkeitsrechte geschützt sind. Es ist auch erforderlich, dass sie nur von einem bestimmten Unternehmer hergestellt oder geliefert werden können. Diese Voraussetzungen liegen nach dem EuGH nur bei denjenigen Arzneimitteln und Arzneispezialitäten vor, für die es auf dem Markt keinen Wettbewerb gibt. Diese Ausnahmebestimmung kann auch nicht in Anspruch genommen werden, wenn Dritte über Lizenzen zur Nutzung dieses ausschließlichen Rechts verfügen oder in angemessener Weise erlangen können.

Im Falle der §§ 28 Abs. 2 Z 3, 29 Abs. 2 Z 3 und 30 Abs. 2 Z 3 handelt es sich um drei kumulative Voraussetzungen (vgl. Rs C-107/02, C‑318/94, C-385/02, C-394/02, C-525/03): es muss ein unvorhersehbares Ereignis vorliegen, es müssen dringliche und zwingende Gründe gegeben sein, die die Einhaltung der Fristen für die Regelverfahren nicht zulassen, und es muss ein Kausalzusammenhang zwischen dem unvorhersehbaren Ereignis und den sich daraus ergebenden dringlichen zwingenden Gründen bestehen. Die Umstände zur Begründung der zwingenden Dringlichkeit dürfen auf keinen Fall dem öffentlichen Auftraggeber zuzuschreiben sein dürfen. Unvorhersehbare Ereignisse im Sinne dieser Bestimmungen sind solche Ereignisse, die den Rahmen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens sprengen (zB Naturkatastrophen, die dringende Lieferungen für Hilfsleistungen und zum Schutz der Opfer erfordern, außergewöhnliche Waldbrände). Dass eine Behörde, deren Genehmigung für ein Vorhaben erforderlich ist, Fristen u.a. vorschreiben kann, ist ein vorhersehbarer Umstand des Verfahrens zur Genehmigung dieses Vorhabens (vgl. C-318/94, C-394/02). Die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung ist nur dann zulässig, wenn zB die Arten und Mengen von Waren beschafft werden sollen, die angesichts der Notsituation unmittelbar erforderlich sind. Für Waren, Bauarbeiten und Dienstleistungen, die nach diesem Zeitpunkt benötigt werden, hat der Auftraggeber den Auftrag nach den entsprechenden Vorschriften auszuschreiben. Die Tatbestände sind daher nicht anwendbar, wenn die öffentlichen Auftraggeber über ausreichende Zeit verfügen, um ein beschleunigtes Verfahren durchzuführen (vgl. Rs C‑24/91, C‑107/92).

Eine globale Preisgestaltung im Sinne der §§ 28 Abs. 1 Z 3, 29 Abs. 1 Z 2 und 30 Abs. 1 Z 2 ist dann nicht möglich, wenn Bieter keinen festen Preis für ihre Leistung angeben können, sondern Eventualitäten berücksichtigen müssen, die einen direkten Vergleich der Preisgestaltung unmöglich machen (zB Reparaturleistungen, bei denen das erforderliche Ausmaß der notwendigen Reparaturen erst nach Beginn der Arbeiten eingeschätzt werden kann).

Das Verhandlungsverfahren gemäß § 30 Abs. 1 Z 3 ist nur dann vorgesehen, wenn es sich um Dienstleistungen handelt, deren vertragliche Spezifikationen zum Zeitpunkt der Ausschreibung nicht in allen Einzelheiten determiniert werden können. Die Verwendung des Verhandlungsverfahrens ist daher nur dann zulässig, wenn die vertraglichen Spezifikationen a priori nicht hinreichend genau festgelegt werden können. Dies ist das entscheidende Kriterium. Die entsprechende Richtlinienbestimmung (Art. 30 Abs. 1 lit. c der RL 2004/18/EG) verweist hier exemplarisch auf Finanzdienstleistungen gemäß der Kategorie 6 des Anhangs IIA sowie auf „geistig-schöpferische Dienstleistungen wie Bauplanungsdienstleistungen“. Der Gemeinschaftsgesetzgeber führt in diesem Zusammenhang jedoch keine bestimmten Kategorien von Dienstleistungen an (vgl. dazu Anhang III und IV), so dass die Beurteilung, ob eine Dienstleistung diese Voraussetzung erfüllt, dem Auftraggeber obliegt. Es ist davon auszugehen, dass geistige Dienstleistungen im Sinne der Definition des § 2 Z 17 ein häufiger Anwendungsfall dieser Bestimmung sind. Da die betreffenden Dienstleistungen in der Richtlinie nur beispielhaft angeführt sind (arg. „insbesondere“) ist eine Übernahme dieses Hinweises entbehrlich. Ist die geforderte Leistung zB ein Plan, eine Planung oder Beratung, so wird das Kriterium, dass die vertraglichen Spezifikationen a priori nicht hinreichend genau festgelegt werden können, in der Regel erfüllt sein bzw. könnte die Dienstleistung als geistig qualifiziert werden (vgl. § 2 Z 18). Bei Leistungen insbesondere auf den Gebieten der Raumplanung, Stadtplanung, der Architektur und des Bauwesens, die einem Wettbewerbsverfahren unterzogen werden können und im Anschluss an dieses im Verhandlungsverfahren zu vergeben sind, könnten die Voraussetzungen für die Vergabe im Verhandlungsverfahren gemäß § 30 Abs. 1 Z 3 daher auch dann zutreffen, wenn kein Wettbewerbsverfahren durchgeführt wird. Hinzuweisen ist aber darauf, dass die Anwendung dieses Ausnahmetatbestandes nicht auf geistige Dienstleistungen beschränkt ist. Das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß der zitierten Vorschrift ist jedoch bei jedem konkreten Vergabeverfahren im Einzelnen durch den Auftraggeber zu prüfen. Es empfiehlt sich, das Ergebnis dieser Prüfung durch den Auftraggeber schriftlich für ein etwaiges Nachprüfungsverfahren festzuhalten.

Zu § 28 Abs. 2 Z 5 und § 30 Abs. 2 Z 5 ist festzuhalten, dass diese Möglichkeit des Verhandlungsverfahrens nur während eines Zeitraumes von drei Jahren nach Abschluss des ersten Auftrages besteht. Unter „Abschluss des ersten Auftrages“ ist der Abschluss des ersten Vertrages und nicht die Beendigung der Arbeiten zu verstehen, auf die sich der Auftrag bezieht (vgl. Rs C-385/02).

Ferner ist klarzustellen, dass in einigen Fällen das Gebot des § 102 Abs. 3 – Minimalteilnehmeranzahl drei – nicht zum Tragen kommen kann. So ergibt sich bereits aus den Tatbeständen etwa der §§ 28 Abs. 2 Z 2, 4 und 5, 29 Abs. 2 Z 2 und 5, sowie 30 Abs. 2 Z 2, 4 und 5, dass nur ein bestimmter Leistungserbringer in Frage kommen kann.

Zu § 31 (elektronische Auktion):

Abs. 1 setzt Art. 1 Abs. 7 der RL 2004/18/EG um.

Die Bestimmung wird insofern gegenüber dem System des BVergG 2002 neu gefasst, als zum einen die elektronische Auktion nach dem nunmehrigen System der RL und des BVergG kein vollständiges Vergabeverfahren mehr darstellt, sondern lediglich ein Verfahren zur Ermittlung des Angebots, das den Zuschlag erhalten soll. Eine elektronische Auktion kann daher nur in Verbindung mit einem anderen in diesem Gesetz vorgesehenen Verfahren durchgeführt werden, konkret zulässig ist dies bei einem offenen Verfahren, einem nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung, bei bestimmten Verhandlungsverfahren (die Beschränkung auf nur einige wenige Verhandlungsverfahren ergibt sich aus der diesbezüglichen Vorgabe in Art. 54 Abs. 2 der RL 2004/18/EG) sowie bei Auftragsvergaben im Wege einer Rahmenvereinbarung oder im Wege eines dynamischen Beschaffungssystems. Anders als noch in § 28 BVergG 2002 ist die elektronische Auktion aber nicht mehr auf Aufträge unterhalb eines bestimmten Subschwellenwertes beschränkt, sondern nunmehr auch im Oberschwellenbereich zulässig.

Wie bereits bisher kann wahlweise eine einfache elektronische Auktion (bei einer Vergabe nach dem Billigstangebotsprinzip) oder eine sonstige elektronische Auktion (bei einer Vergabe nach dem Bestangebotsprinzip) zur Anwendung kommen. Bei einer „einfachen“ elektronischen Auktion ist somit der Preis das einzige Auktionselement, bei einer „sonstigen“ elektronischen Auktion können neben dem Preis auch andere Elemente der Auktion unterzogen werden, wobei diese anderen Elemente so quantifizierbar sein müssen, dass sie zahlenmäßig oder prozentuell darstellbar sind, da ansonsten eine automatische Klassifikation der Angebote nicht möglich ist.

Zu betonen ist, dass elektronische Auktionen grundsätzlich nicht mehr auf (hoch standardisierte) Lieferungen oder Dienstleistungen beschränkt sind, da auch den Richtlinien eine derartige Beschränkung fremd ist. Allerdings ist weiters zwingend vorgegeben, dass eine Auktion nur über „standardisierte Leistungen“ durchgeführt werden kann. „Standardisierte Leistungen“ sind einheitliche Leistungen, bei denen der Auftragsgegenstand so exakt festgelegt wird, dass die angebotenen Leistungen im Wesentlichen idente Charakteristika aufweisen. Als Beispiel für solcherart beschreibbare Produktgruppen können Büroartikel (Papier, Schreibgeräte) oder Computer angeführt werden. Gerade aus der Tatsache, dass bei Auktionen eine automatische Bewertung der Angebote während der Auktion stattfinden können muss (andernfalls die Leistung nicht auktionierbar ist), folgt, dass im Regelfall Dienstleistungen und Bauleistungen nicht Gegenstand einer Auktion sein können. Gerade bei diesen Leistungstypen ist es regelmäßig nicht so, dass die Voraussetzungen für eine Auktion vorliegen (vollständige und exakte Beschreibung der Leistung, die eine automatisierte Bewertung bei Veränderung einzelner Angebotselemente ermöglicht). In der Definition des Art. 1 Abs. 7 der RL 2004/18/EG werden daher auch als Beispiele für Aufträge, die nicht einer elektronischen Auktion unterzogen werden können, bestimmte Bau- und Dienstleistungsaufträge genannt, bei denen eine geistige Leistung zu erbringen ist – wie zB die Konzeption von Bauarbeiten.

Erwägungsgrund 14 der RL 2004/18/EG führt dazu aus: „Elektronische Auktionen stellen eine Technik dar, die sich noch stärker verbreiten wird; deshalb sollten diese Auktionen im Gemeinschaftsrecht definiert und speziellen Vorschriften unterworfen werden, um sicherzustellen, dass sie unter uneingeschränkter Wahrung der Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz ablaufen. Dazu ist vorzusehen, dass diese elektronischen Auktionen nur Aufträge für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betreffen, für die präzise Spezifikationen erstellt werden können. Dies kann insbesondere bei wiederkehrenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen der Fall sein. Zu demselben Zweck muss es auch möglich sein, die jeweilige Rangfolge der Bieter zu jedem Zeitpunkt der elektronischen Auktion festzustellen. Der Rückgriff auf elektronische Auktionen bietet den öffentlichen Auftraggebern die Möglichkeit, die Bieter zur Vorlage neuer, nach unten korrigierter Preise aufzufordern, und - sofern das wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag erhalten soll - auch andere als die preisbezogenen Angebotskomponenten zu verbessern. Zur Wahrung des Grundsatzes der Transparenz dürfen allein diejenigen Komponenten Gegenstand elektronischer Auktionen sein, die auf elektronischem Wege - ohne Eingreifen und/oder Beurteilung seitens des öffentlichen Auftraggebers - automatisch bewertet werden können, d.h. nur die Komponenten, die quantifizierbar sind, so dass sie in Ziffern oder in Prozentzahlen ausgedrückt werden können. Hingegen sollten diejenigen Aspekte der Angebote, bei denen nichtquantifizierbare Komponenten zu beurteilen sind, nicht Gegenstand von elektronischen Auktionen sein. Folglich sollten bestimmte Bau- und Dienstleistungsaufträge, bei denen eine geistige Leistung zu erbringen ist - wie z. B. die Konzeption von Bauarbeiten-, nicht Gegenstand von elektronischen Auktionen sein.“

Zu § 32 (Rahmenvereinbarung):

Entsprechend der Regelung in Art. 32 Abs. 2 der RL 2004/18/EG setzt der Abschluss einer Rahmenvereinbarung voraus, dass der Auftraggeber ein offenes Verfahren, nicht offenes Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung oder – bei Vorliegen der Voraussetzungen – ein Verhandlungsverfahren mit oder ohne vorherige(r) Bekanntmachung durchgeführt hat. Da der Abschluss einer Rahmenvereinbarung noch nicht zu einem Vertragsverhältnis führen soll, sind die jeweiligen Bestimmungen über den Zuschlag für den Abschluss der Rahmenvereinbarung nicht maßgeblich. Rahmenvereinbarungen können im Ober- und im Unterschwellenbereich verwendet werden. Das Verfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung ist in § 151 näher geregelt, die Vergabe eines Auftrages auf Grund einer Rahmenvereinbarung in § 152.

Zu § 33 (dynamisches Beschaffungssystem):

Die neue Verfahrensart des dynamischen Beschaffungssystems ist in den §§ 156 ff näher geregelt. Zulässig ist die Einrichtung eines dynamischen Beschaffungssystems nur nach Durchführung eines offenen Verfahrens (siehe Art. 33 Abs. 2 erster Satz der RL 2004/18/EG).

Zu § 34 (wettbewerblicher Dialog):

Das Verfahren des wettbewerblichen Dialogs ist durch die RL 2004/18/EG neu eingeführt worden. In Art. 29 Abs. 1 erster UAbs. der RL 2004/18/EG wird die Zulässigkeit der Wahl des wettbewerblichen Dialogs an zwei Voraussetzungen geknüpft: Es handelt sich um einen besonders komplexen Auftrag und es ist – nach Ansicht des Auftraggebers – nicht möglich, den Auftrag im Wege eines offenen oder nicht offenen Verfahrens zu vergeben. Was ein besonders komplexer Auftrag im Sinne der RL ist, ist wiederum in Art. 1 Abs. 11 lit. c zweiter UAbs. der RL 2004/18/EG normiert.

Bei einer Zusammenschau dieser Bestimmung erfordert die Anwendung des wettbewerblichen Dialogs demnach sowohl das Vorliegen objektiver („objektiv nicht in der Lage“) wie auch subjektiver („nach Ansicht des Auftraggebers“) Elemente. Es ist daher zum einen auf die konkreten Fähigkeiten und Kapazitäten des Auftraggebers abzustellen; dabei kann maßgeblich sein, über welche einschlägige Erfahrung bzw. über welche personelle Ausstattung der Auftraggeber verfügt. Der Auftraggeber darf die Aufgabe der Ausarbeitung der Ausschreibungsunterlagen nicht willkürlich dadurch auf die Unternehmer überwälzen, dass er – ohne das Vorliegen der Voraussetzungen zu prüfen – den wettbewerblichen Dialog wählt; anderseits muss der mit der Festlegung der rechtlichen, finanziellen oder technischen Konditionen verbundene Aufwand für den Auftraggeber (wirtschaftlich) vertretbar sein. Ist dies nicht der Fall, dann kann es sich um einen Fall des „objektiven“ Unvermögens im Sinne des Abs. 2 handeln. Zur Voraussetzung des Abs. 2 Z 1 ist anzumerken, dass es nicht darauf ankommt, ob der Auftraggeber Spezifikationen angeben kann, die zur Erfüllung seiner Bedürfnisse in irgendeiner Weise geeignet sind, sondern darauf, ob er die Spezifikationen angeben kann, die zur Ermittlung der für ihn bestgeeigneten Lösung führen (siehe auch § 161 Abs. 1). Die Entscheidung, einen Auftrag im Wege des wettbewerblichen Dialogs zu vergeben, muss aber jedenfalls objektiv nachprüfbar sein. Ein möglicher Anwendungsfall für den wettbewerblichen Dialog werden die in jüngster Vergangenheit auch von der öffentlichen Hand verstärkt ins Auge gefassten PPP-Projekte sein.

In Art. 1 Abs. 1 lit. c zweiter UAbs. der RL 2004/18/EG wird nur auf die technischen Mittel gemäß Art. 23 Abs. 3 lit. b bis d verwiesen – dies entspricht § 98 Abs. 2 Z 2 bis 4; aus Gründen der Klarheit kann aber pauschal auf die technischen Spezifikationen gemäß § 98 Abs. 2 verwiesen werden; wenn ein Auftrag mit technischen Spezifikationen gemäß § 98 Abs. 2 Z 1 – und somit durch eine konstruktive Leistungsbeschreibung – beschrieben werden kann, ist davon auszugehen, dass es sich keinesfalls um einen besonders komplexen Auftrag handelt.

Erwägungsgrund 31 der RL 2004/18/EG führt zum wettbewerblichen Dialog und zu den Anwendungsvoraussetzungen an: „Für öffentliche Auftraggeber, die besonders komplexe Vorhaben durchführen, kann es - ohne dass ihnen dies anzulasten wäre - objektiv unmöglich sein, die Mittel zu bestimmen, die ihren Bedürfnissen gerecht werden können, oder zu beurteilen, was der Markt an technischen bzw. finanziellen/rechtlichen Lösungen bieten kann. Eine derartige Situation kann sich insbesondere bei der Durchführung bedeutender integrierter Verkehrsinfrastrukturprojekte, großer Computernetzwerke oder Vorhaben mit einer komplexen und strukturierten Finanzierung ergeben, deren finanzielle und rechtliche Konstruktion nicht im Voraus vorgeschrieben werden kann. Daher sollte für Fälle, in denen es nicht möglich sein sollte, derartige Aufträge unter Anwendung offener oder nichtoffener Verfahren zu vergeben, ein flexibles Verfahren vorgesehen werden, das sowohl den Wettbewerb zwischen Wirtschaftsteilnehmern gewährleistet als auch dem Erfordernis gerecht wird, dass der öffentliche Auftraggeber alle Aspekte des Auftrags mit jedem Bewerber erörtern kann. Dieses Verfahren darf allerdings nicht in einer Weise angewandt werden, durch die der Wettbewerb eingeschränkt oder verzerrt wird, insbesondere indem grundlegende Elemente geändert oder dem ausgewählten Bieter neue wesentliche Elemente auferlegt werden oder indem andere Bieter als derjenige, der das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat, einbezogen werden.“

Zu § 35 (Wahl des Wettbewerbes):

Abweichend von der bisherigen Regelung des § 113 des BVergG 2002 soll der Auftraggeber zwischen dem offenen und dem nicht offenen Wettbewerb frei wählen können.

Zu § 36 (Festhalten der Gründe für die Wahl bestimmter Vergabeverfahren):

Die Regelung dient der Dokumentation, insbesondere im Hinblick auf allfällige Nachprüfungsverfahren.

Zu den §§ 37 und 38 (Wahl des nicht offenen Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung, Zusätzliche Möglichkeiten der Wahl des Verhandlungsverfahrens):

Die Regelungen enthalten jene Tatbestände, bei deren Vorliegen im Unterschwellenbereich zusätzlich zu den in den §§ 27 bis 30 genannten Situationen besondere Verfahrensarten für Auftragsvergaben zur Anwendung kommen können.

Zur Sachlichkeit der vorgesehenen Wertgrenzen für die Wahl bestimmter Verfahrensarten ist festzuhalten: Die genannten Wertgrenzen werden im Hinblick darauf gewählt, dass unterhalb dieser Betragsgrenzen die Durchführung von Vergabeverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Hinblick auf den Wert der Leistung ökonomisch nicht vertretbare Beschaffungskosten bewirken würden. Im Gesetz selbst wird lediglich eine Obergrenze festgelegt, bis zu der die Auftraggeber bestimmte Verfahrensarten in Anspruch nehmen können (aber nicht müssen). Es bleibt daher Auftraggebern unbenommen, intern niedrigere Werte als die in den §§ 37 und 38 genannten festzulegen, bis zu denen die Inanspruchnahme des nicht offenen Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw. des Verhandlungsverfahrens zulässig wäre.

Beim nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung handelt es sich zwar um ein nicht besonders transparentes Vergabeverfahren, bis zu den genannten Wertgrenzen ist es jedoch aus oben angeführten Gründen sachlich rechtfertigbar. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Auftraggeber einerseits genügend geeignete Unternehmer kennen muss (d.h. er muss über eine gewisse Marktübersicht verfügen), denn die Mindestanzahl der Unternehmer darf keinesfalls unterschritten werden. Außerdem ist (sofern dies auf Grund der Eigenart der Leistung bzw. des Anbieterkreises möglich ist) der einzuladende Unternehmerkreis zwingend „so häufig wie möglich zu wechseln“ (§ 102 Abs. 2). Die Einrichtung von nationalen Listensystemen für die Durchführung von nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung ist unzulässig (vgl. dazu C-264/03).

Zu § 38 Abs. 2 Z 3 ist darauf hinzuweisen, dass dieser Tatbestand für die Inanspruchnahme des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung aus dem Sektorenbereich stammt (vgl. auch § 195 Z 11). Dieser Tatbestand wird auch für Dienstleistungen anwendbar gemacht (die sachliche Rechtfertigung ergibt sich aus der Existenz des Tatbestandes für Lieferungen).

Darüber hinaus ist die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 38 Abs. 2 Z 4 auch zulässig ist, wenn die vorherige Durchführung eines nicht offenen Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung kein Ergebnis gebracht hat (die Regelung lehnt sich somit an die Regelungen der §§ 28 Abs. 2 Z 1, 29 Abs. 2 Z 1 und 30 Abs. 2 Z 1 an).

Abs. 3 lehnt sich an die Bestimmung des § 26 Abs. 4 BVergG 2002 an, begrenzt den Anwendungsbereich aber auf Vergaben bis zur Hälfte des für den jeweiligen Auftraggeber relevanten Schwellenwertes gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 oder 2. Der Grund liegt darin, dass die Kommission im Rahmen einer Paketsitzung die Republik Österreich aufgefordert hat, diese Bestimmung wegen der Verletzung des Transparenzgrundsatzes entfallen zu lassen. Im Lichte der Entscheidung des EuGH in der Rs C-458/03, Parking Brixen, wird daher der Anwendungsbereich der Bestimmung wertmäßig beschränkt. Der Anwendungsbereich des Abs. 3 ist auf geistige Dienstleistungen beschränkt. Relevant für die Beurteilung, ob Abs. 3 in Anspruch genommen kann, ist, ob die Kosten des Auftraggebers für die Durchführung des Verfahrens in einer wirtschaftlichen Relation stehen oder nicht. Während in den Fällen des § 38 Abs. 2 Z 1 und 2 der Auftraggeber jedenfalls Vergleichsangebote einzuholen hat, kommt im Anwendungsbereich des § 38 Abs. 2 Z 3 bzw. des Abs. 3 nur ein Unternehmer für die Leistungserbringung in Betracht.

Zu § 39 (Zusätzliche Möglichkeit der Wahl des Wettbewerbs):

Das BVergG sieht für den Oberschwellenbereich keinen „geladenen Wettbewerb“ vor, da nach den Bestimmungen der RL 2004/18/EG (vgl. dazu Art. 69) Wettbewerbe jedenfalls bekannt zu machen sind. Im Unterschwellenbereich soll jedoch – wie bisher - diese Art des Wettbewerbsverfahrens zur Verfügung stehen.

Zu § 40 (Rahmenvereinbarung im Unterschwellenbereich):

§ 40 ermöglicht den Abschluss einer Rahmenvereinbarung im Unterschwellenbereich auch nach Durchführung eines Verhandlungsverfahrens gemäß § 38 Abs. 1.

Zu § 41 (Direktvergabe):

Anders als im BVergG 2002 sollen sämtliche Bestimmungen zur Direktvergabe in einem Paragrafen zusammengefasst werden. Abs. 1 enthält eine taxative Aufzählung der Bestimmungen, die bei einer Direktvergabe anzuwenden sind. Abs. 2 normiert, wann eine Direktvergabe zulässig ist. Die Zulässigkeit der Direktvergabe wird nunmehr – abgesehen von den kofinanzierten Projekten – einheitlich mit einem Auftragswert von 40.000.- Euro begrenzt.

Die Direktvergabe ist ein formfreies Vergabeverfahren für wertmäßig relativ geringfügige Leistungsvergaben. Hinsichtlich der Sachlichkeit der in Abs. 2 vorgesehenen Wertgrenzen geht das Gesetz davon aus, dass unterhalb dieser Betragsgrenzen die Durchführung von Vergabeverfahren generell im Hinblick auf den Wert der Leistung ökonomisch nicht vertretbare Beschaffungskosten bewirken würden.

§ 41 Abs. 2 ist als Ermächtigung an Auftraggeber zu verstehen, bis zu den angegebenen Werten die Direktvergabe in Anspruch nehmen zu können (aber nicht zu müssen). Es bleibt daher Auftraggebern unbenommen, intern niedrigere Werte als jene in Abs. 2 genannten festzulegen, bis zu denen die Inanspruchnahme der Direktvergabe zulässig wäre. Ein Auftraggeber könnte darüber hinaus aber auch intern andere (niedrigere) Werte festlegen, ab denen eine bestimmte Anzahl von unverbindlichen Preisauskünften einzuholen ist. Dies wird im Übrigen auch durch Abs. 3 klargestellt.

Zu § 41 Abs. 2 Z 2 ist hinzuzufügen, dass es bei der Auswahl der Projekte regelmäßig nicht auf eine Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers im Sinne des § 3, sondern auf die Entscheidung der jeweils relevanten Gremien (Kommission, transnationale Lenkungsgremien) ankommt.

Aus der Grundsatzbestimmung in Abs. 4, die Leistung an einen geeigneten Unternehmer zu vergeben, resultiert nicht, dass der Kanon der Nachweismittel der §§ 71 ff anwendbar ist; auch ergibt sich daraus nicht, dass jedenfalls eine nähere Eignungsprüfung vorgenommen werden muss. Über die Art und Weise (vertieft oder oberflächlich) der Eignungsprüfung entscheidet allein der Auftraggeber (daher entscheidet er auch über die Frage, ob eine Abfrage wegen Verletzung des AuslBG erfolgt oder nicht). Wenn keine Anhaltspunkte bestehen, die auf das Nichtvorliegen der Eignung schließen lassen, kann etwa der äußere Anschein eines befugten Gewerbebetriebes für die Annahme des Vorliegens der Eignung hinreichend sein. Bei der Direktvergabe (zB Kauf von Produkten beim Händler) wird eine Leistung unmittelbar von einem Unternehmer bezogen und das Vergabeverhältnis erschöpft sich (in aller Regel) bereits in diesem Akt. Da es sich um ein sehr formfreies Verfahren handelt, werden für die Prüfung der Voraussetzungen keine näheren Regelungen getroffen. Obwohl dies aufgrund des oben dargestellten Systems der Eignungsprüfung bei der Direktvergabe nicht erforderlich ist, wird zur Klarstellung, dass Eignungsnachweise nicht erforderlich sind, § 78 (Möglichkeit des Absehens vom Nachweis) in Abs. 1 explizit angeführt. Hinzuweisen ist darauf, dass bei einer Direktvergabe die Leistung auch an einen Unternehmer vergeben werden kann, der in anderen Verfahren gemäß § 68 auszuschließen wäre (siehe § 41 Abs. 4).

Zum Zeitpunkt, zu dem die Eignung vorliegen muss, ist anzumerken, dass nunmehr auf den Vertragsabschluss abgestellt wird, da eine schriftliche Erklärung (wie dies für eine Zuschlagserteilung gemäß § 2 Z 49 vorgesehene ist) bei einer Direktvergabe (zB Handkauf) nicht immer vorliegen wird (§ 41 stellt diesbezüglich eine lex specialis zu § 2 Z 49 dar). Den Zeitpunkt, an dem die Eignungsprüfung vorgenommen wird, bestimmt der Auftraggeber selbst; unabdingbar ist jedenfalls, dass bei Direktvergaben im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses alle Elemente vorliegen müssen.

Hinzuweisen ist auf die Regelung in § 132 Abs. 3, wonach eine erfolgte Direktvergabe bei Vorliegen eines entsprechenden Feststellungsbescheides einer Vergabekontrollbehörde, nichtig werden kann (siehe näher die Erläuterungen zu § 132 Abs. 3).

Zu § 42 (Festlegung der Gründe für die Wahl bestimmter Vergabeverfahren):

Die Regelung dient der Dokumentation, insbesondere im Hinblick auf allfällige Nachprüfungsverfahren.

Zu § 43 (Übermittlung von Unterlagen oder Informationen):

§ 43 stellt eine der zentralen Bestimmungen für die Öffnung des Beschaffungswesens in Bezug auf elektronische Medien dar. Durch Abs. 1 wird die Übermittlung jeder Art von Information auf elektronischem Weg der postalischen (schriftlichen) Übermittlung gleichgestellt. Es obliegt dem Auftraggeber, den Einsatz von E-Mail für ein konkretes Vergabeverfahren auszuschließen. Ausnahmen von der allgemeinen Grundregel bedürfen einer sachlichen Rechtfertigung. Durch die Formulierung „minder bedeutsam“ ist klargestellt, dass zB Anträge oder sonstige fristenauslösende Akte nicht telefonisch gestellt bzw. gesetzt werden können.

Abs. 2 stellt eine spezifische Ausformulierung des Diskriminierungsverbotes bei der elektronischen Informationsübermittlung dar. So wäre etwa das Vorschreiben bestimmter „exotischer“ Dateiformate udglm. unzulässig, weil damit die Zugangsmöglichkeiten von Unternehmern in unzulässiger Weise eingeschränkt würden.

Im Erwägungsgrund 35 der RL 2004/18/EG wird zu diesen grundlegenden Bestimmungen über die Verwendung elektronischer Mittel Folgendes festgehalten: „Angesichts der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien und der Erleichterungen, die sie für die Bekanntmachung von Aufträgen und hinsichtlich der Effizienz und Transparenz der Vergabeverfahren mit sich bringen können, ist es angebracht, die elektronischen Mittel den klassischen Mitteln zur Kommunikation und zum Informationsaustausch gleichzusetzen. Soweit möglich, sollten das gewählte Mittel und die gewählte Technologie mit den in den anderen Mitgliedstaaten verwendeten Technologien kompatibel sein.“

Abs. 3 enthält eine Festlegung (frühzeitige Bekanntgabe der Zulässigkeit elektronischer Angebote), die der Transparenz und der Information der Unternehmer dient.

Abs. 4 legt fest, dass nur bei der Übermittlung bestimmter Unterlagen eine sichere elektronische Signatur zu verwenden ist. Für jeden anderen Informationsaustausch ist dieser hohe Sicherheitsstandard nicht erforderlich und kann daher über „einfache“ E-Mail abgewickelt werden. Nicht als „Übermittlung“ im Sinne des Gesetzes gilt die Zurverfügungstellung von Dokumenten im Internet (zB Ausschreibungsunterlagen, die auf der Homepage des Auftraggebers zum Abruf bereitgestellt sind). Eine derartige Bereithaltung bedarf daher keiner elektronischen Signatur. Gemäß § 4 Abs. 1 Signaturgesetz ersetzt die sichere Signatur die eigenhändige Unterschrift. Eine explizite Gleichstellung der „elektronischen“ mit der „schriftlichen“ Übermittlung im BVergG selbst ist empfehlenswert, obwohl dies schon das Signaturgesetz vorsieht und im Übrigen auch durch Art. 5 Abs. 1 lit. a der Signatur-Richtlinie vorgegeben ist.

Nach Abs. 5 muss jedenfalls bei Informationsübermittlungen gemäß Abs. 4 sichergestellt werden, dass bei der Übermittlung der Unterlagen den erwähnten Kriterien entsprochen wird.

Der Erwägungsgrund 37 der RL 2004/18/EG führt zur elektronischen Signatur im Zusammenhang mit der Durchführung eines Vergabeverfahrens Folgendes aus: „Die Richtlinie 1999/93/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1999 über gemeinschaftliche Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen (ABl. L 13 vom 19.1.2000, S. 12.) und die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1.) sollten für die elektronische Übermittlung von Informationen im Rahmen der vorliegenden Richtlinie gelten. Die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge und die für Wettbewerbe geltenden Vorschriften erfordern einen höheren Grad an Sicherheit und Vertraulichkeit als in den genannten Richtlinien vorgesehen ist. Daher sollten die Vorrichtungen für den elektronischen Eingang von Angeboten, Anträgen auf Teilnahme und von Plänen und Vorhaben besonderen zusätzlichen Anforderungen genügen. Zu diesem Zweck sollte die Verwendung elektronischer Signaturen, insbesondere fortgeschrittener elektronischer Signaturen, so weit wie möglich gefördert werden. Ferner könnten Systeme der freiwilligen Akkreditierung günstige Rahmenbedingungen dafür bieten, dass sich das Niveau der Zertifizierungsdienste für diese Vorrichtungen erhöht.“

Das in Abs. 6 normierte zwingende Erfordernis der Bekanntgabe einer, d.h. einer einzigen Faxnummer oder elektronischen Adresse soll die Abwicklung des Informationsaustausches erheblich vereinfachen und beschleunigen. Mit der Bekanntgabe einer elektronischen Adresse stimmt der Unternehmer zu, dass Dokumente an diese Adresse rechtsgültig übermittelt werden können. Bei Angabe einer personalisierten elektronischen Adresse wäre auf Seiten des Unternehmers, der der eigentliche Adressat ist, sicherzustellen, dass der Eingang von elektronischen Nachrichten unter dieser Adresse auch bei Abwesenheit der bekannt gegebenen Person kontrolliert werden kann, denn derartige Sendungen gelten als übermittelt, sobald sie in den Verfügungsbereich des Empfängers (= das Unternehmen) gelangt sind. Dies ist etwa mit dem Einlangen der elektronischen Nachricht beim Server des Unternehmers oder, bei Inanspruchnahme der Dienste eines Zustellservice, mit dem Einlangen der elektronischen Nachricht beim Server des für den Unternehmer arbeitenden Dienstleisters der Fall. Ein begründeter Ausnahmefall im Sinne des zweiten Satzes liegt etwa vor, wenn eine Übermittlung auf elektronischem Weg oder mittels Fax in absehbarer Zeit nicht vorgenommen werden kann (etwa wegen Ausfall eines Servers, oder ein Unternehmer hat kein Fax und auch kein E-Mail).

Da gemäß der Definition in § 2 Z 36 Bietergemeinschaften Unternehmer im Sinne des Gesetzes sind, haben auch Bietergemeinschaften zwingend eine Faxnummer bzw. elektronische Adresse bekannt zu geben.

Abs. 7 beinhaltet grundsätzliche Regelungen für die Dokumentation bei einem elektronischen Informationsaustausch. Der Zeitpunkt des Verfassens ist zB bei Niederschriften, Protokollen, Aktenvermerken und anderen Arten der internen Dokumentationen relevant. Wenn derartige Unterlagen übermittelt werden, ist die übermittelte oder eingelangte Fassung (in jener Form und mit jenem Inhalt, den sie zum Zeitpunkt des Absendens/Empfangens hat) in der beschriebenen Weise zu dokumentieren.

Zu § 44 (statistische Verpflichtungen):

Die Komplexität des Statistikregimes ergibt sich auf Grund der detaillierten Regelungen der Richtlinien (Art. 75 und 76 der RL 2004/18/EG), die ihrerseits auf den Vorgaben des GPA basieren. Auftraggeber haben (gegebenenfalls im Wege der Landesregierung) demnach einmal jährlich dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die entsprechenden Unterlagen zu übermitteln, der die Gesamtstatistik für Österreich zu erstellen hat. Die Nichtvorlage der Statistiken stellt eine Verwaltungsübertretung dar (vgl. § 344) und kann mit einer Geldstrafe bis zu 15 000 Euro bestraft werden.

Die in Abs. 2 Z 2 lit. b erwähnten Ausnahmeregelungen des GPA betreffen zB Art. V (Special and Differential Treatment for Developing Countries), XI (Time-limits for Tendering and Delivery), XIV (Negotiation), XV (Limited Tendering) und XXIII (Exceptions to the Agreement).

Gemäß der einschlägigen Richtlinienbestimmung in Art. 76 Abs. 1 vierter UAbs. ist die in § 44 Abs. 2 Z 1 lit. c vorgesehene „Aufschlüsselung“ nur vorzunehmen, soweit dies möglich ist.

Die in Abs. 2 Z 1 lit. d angesprochenen „Ausnahmetatbestände“ beziehen sich auf die in den §§ 28 bis 30 enthaltenen Verhandlungsverfahrenstatbestände.

Hinsichtlich der Verpflichtung Statistiken auch für den Unterschwellenbereich vorzulegen (Abs. 2 Z 3), ist auf Art. 76 Abs. 3 der RL in Verbindung mit Art. XIX Abs. 5 lit. a des GPA zu verweisen („für Beschaffungsstellen in Anlage 1 eine globale Statistik des geschätzten Wertes der vergebenen Aufträge über und unter dem Schwellenwert“). Z 3 legt nur eine generelle Verpflichtung fest, die unter dem Vorbehalt der Konkretisierung dieser Verpflichtung durch die Kommission steht. Solange die Kommission diese Festlegung noch nicht getroffen hat, findet Z 3 keine Anwendung. Bislang hat die Kommission diese Verpflichtungen noch nicht konkretisiert.

Zu § 45 (Übermittlung von sonstigen Unterlagen):

Durch § 45 wird festgehalten, dass der Verkehr sowohl mit Organen bzw. Instanzen der Gemeinschaft (vornehmlich mit der Kommission) als auch mit EWR-Organen im Wege über den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu erfolgen hat. Die angesprochenen Mitteilungen und Berichte betreffen hauptsächlich die statistischen Ergebnisse der Anwendung der Richtlinien. Nur im Fall eines Verfahrens nach Art. 226 EGV, Art. 3 der RL 89/665/EWG bzw. Art. 8 der RL 92/13/EWG (Korrekturmechanismus gemäß den Rechtsmittelrichtlinien) soll ein anderes Übermittlungsverfahren zur Anwendung gelangen.

Zu § 46 (Bekanntmachungen der Vergabe von Leistungen):

Der 3. Abschnitt des 3. Hauptstückes enthält Regelungen zur Umsetzung der EG-rechtlichen Bekanntmachungsvorschriften. In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass der Ausdruck „Bekanntmachung“ lediglich die Bekanntgabe von Informationen an das Publikationsorgan erfasst und vom Begriff „Veröffentlichung“ zu unterscheiden ist. Dieser Abschnitt wurde in folgender Weise systematisch gestaltet. In § 46 wird festgelegt, was bekannt zu machen ist; die §§ 47 bis 49 enthalten eine grundsätzliche Festlegungen für Bekanntmachungen, die §§ 50 ff beinhalten die Bekanntmachungsverpflichtungen im Oberschwellenbereich, § 55 beinhaltet die Bekanntmachungsverpflichtung im Unterschwellenbereich, die vor dem Hintergrund des primärrechtlichen Transparenzgebotes (vgl. dazu insbesondere Rs C‑324/98, C-231/03) zu sehen sind.

Die Angaben in der Bekanntmachung sollen es potenziellen Interessenten ermöglichen, zu prüfen, ob ein bestimmtes Vergabeverfahren für sie von Interesse sein kann. Das Unterbleiben jeglicher Bekanntmachung bewirkt, dass potenziell interessierten Unternehmern von vorne herein die Teilnahme am Vergabeverfahren verwehrt wird, wodurch der Wettbewerb unwiederbringlich und fundamental beeinträchtigt wird. Die durch das Unterbleiben jeglicher Form von Publizität bewirkte Beseitigung der Transparenz verursacht eine inhärente Ungleichbehandlung zwischen den potenziell interessierten Unternehmern. Erfolgt die Auftragsvergabe unter Außerachtlassung jeglicher Bekanntmachungsvorschriften ohne dass eine sachliche Rechtfertigung besteht bzw. ein entsprechender Ausnahmetatbestand erfüllt ist, stellt dies eine wesentliche Verletzung der Vergabevorschriften dar (vgl. etwa Rs C‑359/93, C-231/03).

Aus Gründen der Transparenz werden in § 46 Abs. 1 die Tatbestände, an die eine Bekanntmachungsverpflichtung anknüpft, ziffernmäßig aufgelistet.

Wie schon bisher durch § 39 letzter Satz BVergG 2002 vorgesehen, ist gemäß § 46 Abs. 2 in die Bekanntmachung ein Hinweis auf das allfällige Erfordernis einer Anerkennung oder Gleichhaltung nach den §§ 373c und 373d GewO aufzunehmen.

Die Regelung des Abs. 3 ist im Zusammenhang mit der Regelung des § 80 Abs. 2 zu lesen. Der Auftraggeber hat in der Bekanntmachung bereits die als erforderlich erachteten Nachweise anzuführen (vgl. dazu auch das Standardformular 2 „Bekanntmachung“). Falls die Angaben zu ergänzen sind, so hat dies jedenfalls in den Ausschreibungsunterlagen zu erfolgen.

Die Regelung des Abs. 4 resultiert aus Art. 54 Abs. 3 der RL 2004/18/EG, wonach Auftraggeber, die einen Auftrag im Wege einer elektronischen Auktion vergeben wollen, dies in der Bekanntmachung (des zugrunde liegenden Vergabeverfahrens) zum Ausdruck bringen müssen.

Zu § 47 (Berichtigung von Bekanntmachungen):

Die Regelung entspricht § 37 Abs. 5 BVergG 2002 und ist inhaltlich unverändert. Hinzuweisen ist jedoch auf eine gegebenenfalls bestehende Pflicht zur Verlängerung der Angebotsfrist im Falle einer Berichtigung (vgl. § 57 Abs. 2 und § 90).

Zu § 48 (Veröffentlichung eines Beschafferprofils):

In Art. 35 Abs. 1 der RL 2004/18/EG ist nunmehr vorgesehen, dass eine Vorinformation durch die Kommission bekannt gemacht oder vom Auftraggeber selbst in seinem Beschafferprofil veröffentlicht werden kann. Die Einrichtung eines Beschafferprofils ist somit nicht verpflichtend. Wird allerdings ein Beschafferprofil eingerichtet, dann ist die Veröffentlichung der Kommission bekannt zu geben (ein Standardformular für diese Bekanntgabe existiert nicht).

Über die Veröffentlichung von Vorinformationen hinaus kann ein derartiges Beschafferprofil noch andere Informationen und Angaben enthalten. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Veröffentlichung im Beschafferprofil nur in einem Fall – nämlich bei der Vorinformation – einen Ersatz für eine im Gesetz verpflichtend vorgesehene Bekanntmachung darstellt. Aus diesem Grunde wird im Zusammenhang mit dem Beschafferprofil von in diesem „enthaltenen“ Informationen wie etwa Bekanntmachungen gesprochen. Sofern daher Bekanntmachungsinhalte in das Beschafferprofil aufgenommen werden, handelt es sich (ausgenommen den Fall der Vorinformation gemäß § 53) um neben den verpflichtend vorgesehenen, zusätzliche (freiwillige) Bekanntmachungen, hinsichtlich der § 52 Abs. 4 zu beachten ist.

Dem Beschafferprofil kann aber große Bedeutung im Zusammenhang mit den Fristen zukommen. Falls der Auftraggeber alle für ein Vergabeverfahren relevanten Unterlagen im Beschafferprofil sofort verfügbar macht, besteht die Möglichkeit Angebots- und Teilnahmefristen signifikant zu verkürzen (vgl. § 62).

Zu § 49 (Freiwillige Bekanntmachung):

Die in dieser Form neuartige Bestimmung über die freiwillige Bekanntmachung auf Gemeinschaftsebene resultiert aus Art. 37 der RL 2004/18/EG. Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, hat die Kommission dem Auftraggeber gemäß Art. 36 Abs. 8 der RL 2004/18/2004 auch eine Bestätigung der Veröffentlichung auszustellen. Keine Bekanntmachungsverpflichtung besteht etwa bei Vergabeverfahren, die unter einen der Ausnahmetatbestände des § 10 fallen oder– zumindest was eine Bekanntmachungsverpflichtung auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene betrifft – bei Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich.

Hinsichtlich des Begriffes „Übermittlung“ wird auf § 50 2. Satz hingewiesen, wonach als Übermittlung auch die zur Verfügung Stellung von Daten im on-line-Verfahren gilt.

Zu § 50 (Bekanntmachungen auf Gemeinschaftsebene):

Die Regelung enthält die bereits gemeinschaftsrechtlich festgelegte Verpflichtung zur Bekanntmachung im Oberschwellenbereich (vgl. etwa Art. 35 RL 2004/18/EG). Dadurch wird das zwingend geforderte Mindestmaß an Transparenz gewährleistet. Der EuGH misst in seiner Judikatur dem Aspekt der Transparenz besondere Bedeutung zu. Es ist darauf hinzuweisen, dass nur der Wortlaut der Bekanntmachung in der Originalsprache verbindlich ist. Sämtliche Kosten der Veröffentlichung von Bekanntmachungen werden von der Gemeinschaft getragen. Abweichend von der bisherigen Regelung ist vorgesehen, dass die Übermittlung an die Kommission und nicht an das Amt für amtliche Veröffentlichungen zu erfolgen hat. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass die Übermittlung grundsätzlich auf elektronischem Weg zu erfolgen hat. Als (elektronische) Übermittlung gilt auch das Ausfüllen von on-line Dokumenten. Bei einer elektronischen Übermittlung kann der Auftraggeber die Fristverkürzungstatbestände gemäß § 62 Abs. 1 in Anspruch nehmen und es existiert gemäß Art. 36 Abs. 6 der RL keine Beschränkung auf 650 Worte.

Da die Standardformulare auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene nicht mehr durch eine Richtlinie, sondern durch Verordnung festgelegt werden, ist eine dahingehende Umsetzung nicht mehr zulässig. Neu vorgesehen ist allerdings die Verpflichtung des Bundeskanzlers, die durch die Kommission festgelegten Verfahren für die Übermittlung von Bekanntmachungen und Mitteilungen kundzumachen. Die Kommission hat gemäß Anhang VIII Z 3 der RL 2004/18/EG die Muster und Verfahren bei der elektronischen Übermittlung der Bekanntmachungen festzulegen. Die „Muster“ sind in der Verordnung (EG) Nr. 1564/2005 der Kommission vom 7. September 2005 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Vergabebekanntmachungen im Rahmen von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge gemäß der Richtlinie 2004/17/EG und der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. Nr. L 257 vom 01.10.2005, S. 1, festgelegt. Die Standardformulare können on-line auf der SIMAP-Homepage (http://simap.eu.int) ausgefüllt werden.

Die Verfahren (Modalitäten) werden auf der SIMAP-Homepage festgelegt. Sofern die Kommission die entsprechenden Festlegungen nicht treffen sollte, bleibt die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung der Bekanntmachungen und Mitteilungen trotzdem bestehen.

Schließlich ist noch auf die Regelung des Art. 36 Abs. 8 der RL 2004/18/EG hinzuweisen, wonach die Kommission dem Auftraggeber eine Bestätigung über die Veröffentlichung der übermittelten Informationen auszustellen hat, die auch das Datum der Veröffentlichung zu enthalten hat. Diese Bestätigung dient als Nachweis der Veröffentlichung.

Zu § 51 (CPV):

Zur Verwendung des CPV gemäß Abs. 1 ist auch auf die einschlägige gemeinschaftsrechtliche Verordnung 2195/2002 (ABl. L 340 vom 16.12.2002, S.1.) zu verweisen, auf die auch Erwägungsgrund 36 der RL 2004/18/EG Bezug nimmt: „Damit auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens ein wirksamer Wettbewerb entsteht, ist es erforderlich, dass die Bekanntmachungen der öffentlichen Auftraggeber der Mitgliedstaaten gemeinschaftsweit veröffentlicht werden. Die Angaben in diesen Bekanntmachungen müssen es den Wirtschaftsteilnehmern in der Gemeinschaft erlauben zu beurteilen, ob die vorgeschlagenen Aufträge für sie von Interesse sind. Zu diesem Zweck sollten sie hinreichend über den Auftragsgegenstand und die Auftragsbedingungen informiert werden. Es ist daher wichtig, für veröffentlichte Bekanntmachungen durch geeignete Mittel, wie die Verwendung von Standardformularen sowie die Verwendung des durch die Verordnung (EG) Nr. 2195/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates 1 als Referenzklassifikation für öffentliche Aufträge vorgesehenen Gemeinsamen Vokabulars für öffentliche Aufträge (Common Procurement Vocabulary, CPV), eine bessere Publizität zu gewährleisten. Bei den nichtoffenen Verfahren sollte die Bekanntmachung es den Wirtschaftsteilnehmern der Mitgliedstaaten insbesondere ermöglichen, ihr Interesse an den Aufträgen dadurch zu bekunden, dass sie sich bei den öffentlichen Auftraggebern um eine Aufforderung bewerben, unter den vorgeschriebenen Bedingungen ein Angebot einzureichen.“

Abs. 2 implementiert gemäß den gemeinschaftlichen Verpflichtungen im Rahmen des GPA den Vorrang der NACE- bzw. CPC-Nomenklatur gegenüber dem CPV hinsichtlich der genauen Abgrenzung des Anwendungsbereiches des BVergG (vgl. dazu auch Art. 1 Abs. 14 der RL 2004/18/EG und Rs C76/97, Tögel).

Zu § 52 (Bekanntmachungen in Österreich und in sonstigen Medien):

Abweichend von der Regelung im BVergG 2002 ist nunmehr vorgesehen, dass der Bundeskanzler bzw. die Landesregierungen zusätzliche Publikationsmedien festlegen „können“. Sollte daher die Ansicht bestehen, dass durch die Veröffentlichung auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene (zB durch Einrichtung einer gemeinschaftsweiten Ausschreibungsdatenbank) auch in Österreich ein hinreichender Grad an Transparenz erreicht wird und eine darüber hinaus gehende Veröffentlichung in einem auf nationaler oder Länderebene einheitlich festgelegten Publikationsmedium auch aus praktischen Erwägungen nicht mehr erforderlich ist, dann müssen keine zusätzlichen Publikationsmedien festgelegt werden.

Wird eine entsprechende Verordnung jedoch erlassen, so sind darin jene Publikationsmedien anzuführen, in denen aus Gründen der innerstaatlichen Transparenz jedenfalls eine Bekanntmachung zu erfolgen hat. Es können sowohl für den Bund wie auch die Länder ein oder mehrere Publikationsmedien festgelegt werden, wobei das Publikationsmedium nicht zwingend ein amtliches Medium sein muss, es könnten daher zB auch Tageszeitungen als Publikationsmedien vorgesehen werden. Da ein zusätzliches Publikationsmedium nicht zwingend vorgesehen werden muss, wäre es jedenfalls auch ausreichend, im innerstaatlichen Bereich eine bloße Internet-Publikation vorzusehen; eine Einschränkung auf in Papierform erscheinende Publikationsmedien besteht nicht.

In den Verordnungen können nähere Festlegungen hinsichtlich der Art der Übermittlung (elektronisch, mittels Fax, on-line usw.) sowie gegebenenfalls eine Verpflichtung zur Bestätigung des Einganges festgelegt werden.

Darüber hinaus steht es den Auftraggebern natürlich weiterhin frei, ihre Bekanntmachungen in zusätzlichen Publikationsorganen zu veröffentlichen. Gemäß Abs. 4 dürfen Bekanntmachungen auf innerstaatlicher Ebene keine anderen Informationen enthalten als die Bekanntmachungen im Amtsblatt der Europäischen Union.

Zu § 53 (Bekanntmachung einer Vorinformation):

Die Bestimmung setzt Art. 35 Abs. 1 der RL 2004/18/EG um.

Die wesentlichste Neuerung besteht darin, dass eine Vorinformation nicht mehr verpflichtend vorgesehen ist. Einzig wenn der Auftraggeber die Fristverkürzungsmöglichkeit des § 61 in Anspruch nehmen möchte, hat er zuvor eine Vorinformation gemäß § 53 zu veröffentlichen. Diese Veröffentlichung kann auf zwei unterschiedliche – gleichwertige – Arten erfolgen. Der Auftraggeber kann entweder die Vorinformation der Kommission unter Verwendung des einschlägigen Standardformulars zur Veröffentlichung übermitteln (diesfalls erfolgt die Bekanntmachung durch die Kommission) oder der Auftraggeber veröffentlicht die Vorinformation in seinem Beschafferprofil. Die Veröffentlichung im Beschafferprofil ist wiederum an zwei Voraussetzungen geknüpft: Gemäß § 48 ist die Veröffentlichung eines Beschafferprofils als solches der Kommission bekannt zu geben; soll eine konkrete Vorinformation im Beschafferprofil veröffentlicht werden, so ist dies der Kommission vorab bekannt zu geben.

Wenn eine Vorinformation zur Fristverkürzung herangezogen werden soll, dann hat sie jedenfalls den Vorgaben der Abs. 4 und 5 zu entsprechen.

Zu Abs. 1 ist weiters auf Folgendes hinzuweisen: In Art. 35 Abs. 1 letzter UA der RL 2004/18/EG ist festgehalten, dass die Regelungen über eine verpflichtende Vorinformation zur Inanspruchnahme der Verkürzung der Angebotsfrist bei Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung nicht besteht. Eine Umsetzung dieser Regelung erübrigt sich, da eine Mindestfrist auch in der RL nur iZm offenen, nicht offenen und Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung geregelt wird (vgl. Art. 38 Abs. 4 der RL). Die oben zitierte Regelung geht daher ins Leere und wurde nur zur Klarstellung in die RL aufgenommen.

Zu § 54 (Bekanntgabe von vergebenen Aufträgen, Wettbewerbsergebnissen und abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen):

Die Regelung setzt Art. 35 Abs. 4 der RL 2004/18/EG um und beinhaltet die Verpflichtung zur Bekanntgabe vergebener Aufträge. Vorgesehen ist, dass die Übermittlung der Bekanntgabe auf elektronischem Weg zu erfolgen hat.

Die Abs. 2 und 3 beinhalten Sonderregelungen für Aufträge, die auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung bzw. im Rahmen eines dynamischen Beschaffungssystems vergeben werden. Gemäß Abs. 2 (vgl. Art. 35 Abs. 4 zweiter UAbs. der RL 2004/18/EG) ist es nicht geboten, der Kommission für jeden Einzelauftrag, der aufgrund einer Rahmenvereinbarung vergeben wird, eine Bekanntmachung mit den Ergebnissen des jeweiligen Vergabeverfahrens zu übermitteln. Für Aufträge im Rahmen eines dynamischen Beschaffungssystems ist in Abs. 3 die Möglichkeit zur gebündelten Übermittlung (quartalsweise) vorgesehen.

Hinsichtlich der Baukonzessionsaufträge bleibt festzuhalten, dass eine Verpflichtung zur Publikation der vergebenen Aufträge nicht besteht, da die Regelung des Art. 35 Abs. 4 der RL 2004/18/EG nur von vergebenen Aufträgen spricht (und nicht von Baukonzessionsverträgen) und auch Art. 58 (Veröffentlichung der Bekanntmachung betreffend öffentliche Baukonzessionen) keine derartige Bestimmung enthält.

Die Sonderregelung des Abs. 4 für Aufträge über nicht prioritäre Dienstleistungen gestattet es den Auftraggebern, die Publikation von bestimmten Informationen zu untersagen. Aus dem Wortlaut der Richtlinie und des Gesetzes („anzugeben, ob sie mit der Veröffentlichung einverstanden sind“) folgt, dass die Bekanntmachung an die Kommission aber jedenfalls alle Informationen enthalten muss. Der Auftraggeber kann sowohl die Veröffentlichung der gesamten Bekanntmachung oder aber auch bloß einzelner Punkte derselben untersagen.

Zu § 55 (Bekanntmachungen in Österreich und in sonstigen Medien):

Wie auch im Oberschwellenbereich ist nunmehr vorgesehen, dass Publikationsmedien festgelegt werden können. Bei der Entscheidung über eine derartige Festlegung wird aber darauf Bedacht zu nehmen sein, dass eine Publikation auf Gemeinschaftsebene nicht zwingend vorgesehen ist und daher in der Regel auch nicht erfolgen wird. Festzuhalten ist, dass ein Auftraggeber bei einer Auftragsvergabe im Unterschwellenbereich auf Grund der Regelung des § 46 grundsätzlich eine Bekanntmachung vorzunehmen hat (eine derartige Verpflichtung resultiert auch aus dem primärrechtlichen Transparenzgebot), und zwar unabhängig davon, ob durch Verordnung ein bestimmtes Publikationsmedium festgelegt wurde oder nicht. Im Zusammenhang mit dem einzuhaltenden adäquaten Grad an Transparenz, der bereits primärrechtlich geboten ist, ist auch auf die Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABl. Nr. C 121 vom 29. April 2000, S 2 (insbesondere S 7 Punkt 3.1.2 „Transparenz“ Fußnote 50, sowie die Rechtsprechung des EuGH vgl. C-231/03) hinzuweisen. Die Festlegung eines Publikationsmediums im Unterschwellenbereich könnte dann sinnvoll sein, wenn für alle Auftraggeber eine einheitliche Publikationsplattform festgelegt werden soll. Im Übrigen wird auf die einschlägigen Erläuterungen zu § 52 Abs. 1 wird verwiesen.

Bei einer Bekanntmachung durch Aushang an der Amtstafel oder auf elektronischem Weg muss aus Gründen der Transparenz und zur Verhinderung von Missbrauch die Verfügbarkeit der Inhalte zumindest bis zum Ablauf der Bewerbungs- oder Angebotsfrist gewährleistet sein.

Zu den Angaben gemäß Abs. 4 ist auf § 46 Abs. 2 hinzuweisen, wonach die Bekanntmachung einen Hinweis auf das allfällige Erfordernis einer Gleichhaltung oder Anerkennung zu beinhalten hat.

Zu § 56 (Berechnung der Fristen):

Die Regelung entspricht § 46 BVergG 2002, wurde allerdings wie folgt umgestaltet: Die Abs. 3 bis 5 enthalten nunmehr jeweils getrennte Regelungen betreffend den Beginn, die Berechnung und das Ende von Fristen, die nach Tagen (Abs. 3), Wochen, Monaten oder Jahren (Abs. 4) bzw. Stunden (Abs. 5) bemessen werden. Abs. 6 enthält eine Sonderregelung für den Fall, dass der letzte Tag der Frist auf einen Karfreitag, einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt; Abs. 7 enthält wiederum eine Bestimmung über die Vornahme von Handlungen während der Amts- und Geschäftsstunden.

Hinzuweisen ist zur Neuregelung insbesondere auf Folgendes: Abweichend von dem im AB 1118 BlgNR XXI. GP zu § 46 BVergG 2002 zum Ausdruck gebrachten Konzept soll nunmehr klar zwischen dem Tag, an dem eine Frist zu laufen beginnt, und dem Tag, an den die Fristberechnung anknüpft, unterschieden werden. Eine Frist beginnt demnach um 00.00 Uhr des Tages zu laufen, an dem das fristauslösende Ereignis eintritt.

Für nach Tagen bemessene Fristen ist wie bisher ausdrücklich vorgesehen, dass dieser Tag bei der Berechnung der Frist nicht mitzurechnen ist. Eine siebentägige Frist, bei der das fristauslösende Ereignis am Mittwoch, den 1. März 2006 eintritt, endet somit am Mittwoch, den 8. März 2006, 24.00 Uhr.

Anders als bisher (und anders als dies etwa in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine der Fall ist) wird die Konsequenz der Nicht-Mitberechnung des Tages, an dem das fristauslösende Ereignis eintritt, für Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Tage bemessen werden, nicht mehr ausdrücklich normiert. Aus dieser Änderung im Text ergeben sich allerdings keine inhaltlichen Abweichungen. Die Konsequenz, dass der Tag des fristauslösenden Ereignisses auch bei Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren bemessen werden, im Ergebnis nicht mitzurechnen ist, ergibt sich nämlich ohnehin aus den Regelungen über das Ende der jeweiligen Frist. Anders ausgedrückt: Während es bei Fristen, die nach Tagen bemessen werden, erforderlich ist, eine Aussage darüber zu treffen, ob der Tag des fristauslösenden Ereignisses mitgezählt wird oder nicht, ist eine derartige Aussage bei Fristen, die etwa nach Wochen bemessen sind, nicht notwendig. Diese Fristen enden jeweils mit Ablauf des Tages, der dem jeweiligen Tag des Fristbeginns im Namen oder in der Zahl entspricht. Eine einwöchige Frist, bei der das fristauslösende Ereignis am Mittwoch, den 1. März 2006 eintritt, endet somit am Mittwoch, den 8. März 2006, 24.00 Uhr. Hinzuweisen ist darauf, dass Generalanwalt Mancini in seinem Schlussantrag zur Rs C‑152/85, Misset gegen Rat, dieses Verständnis auch der entsprechenden Bestimmung der Verordnung 1182/71 beigemessen hat (weiters dazu Lessiak, Einzelfragen, der Fristberechnung im BVergG, in ZVB 4/2001, 102; Thienel, Gesondert und verbunden anfechtbare Entscheidungen, in Griller/Holoubek [Hrsg.], Grundfragen des Bundesvergabegesetzes 2002, 335 [408 ff]).

Festzuhalten ist somit, dass in dieser Hinsicht zwischen der Berechnung von nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren bemessenen Fristen gemäß dem AVG sowie gemäß dem BVergG keine Abweichungen mehr bestehen. Über die Regelungen des AVG sowie des § 902 ABGB hinausgehend enthält § 56 aber – in Entsprechung des Art. 3 der genannten VO des Rates – auch Regelung betreffend Fristen, die nach Stunden bemessen werden. Im Zusammenhang mit der genannten Verordnung ist schließlich auch auf Erwägungsgrund 50 zur RL 2004/18/EG hinzuweisen, wo es heißt: „Die Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine (ABl. L 124 vom 8.6.1971, S. 1) sollte für die Berechnung der in der vorliegenden Richtlinie genannten Fristen gelten.“

Zu den verfahrensrechtlichen Fristen und deren Berechnung wird auf die §§ 32 und 33 AVG verwiesen.

Zu § 57 (Grundsätze für die Bemessung und Verlängerung von Fristen):

§ 57 Abs. 1 und 2 enthalten die Grundsatzbestimmung für die Bemessung und Verlängerung von Fristen.

Die Grundsatzbestimmung des Abs. 1 für die Bemessung der Fristen ist insbesondere im Zusammenhang mit komplexen Leistungsvergaben und somit auch für den wettbewerblichen Dialog von Bedeutung sein. Da es sich bei einem wettbewerblichen Dialog jedenfalls um einen besonders komplexen Auftrag handeln muss und die Ausarbeitung der Lösung auf der Grundlage der bekannten Bedürfnisse des Auftraggebers im Regelfall nicht einfach zu bewerkstelligen ist, ist dem Bewerber für die Ausarbeitung der Lösung eine hinreichend lange Zeit einzuräumen. Eine längere als die gesetzlich bestimmte Mindestfrist ist etwa bei komplexen Aufträgen, bei für die Angebotslegung erforderlichen schwierigen Vorerhebungen, bei Ortsbesichtigungen, bei dem Erfordernis der Herstellung von Proben und Mustern und bei einer Einsichtnahme in aufgelegte Ausschreibungsunterlagen vorzusehen.

Abs. 3 entstammt der E-Procurement-Verordnung (vgl. deren § 8). Dazu ist anzumerken, dass die Regelung nur die Konstellation des Serverausfalles vor Ablauf der Angebotsfrist regelt (arg. „bis zum Zeitpunkt...“ im ersten Satz). Tritt daher ein Serverausfall nach Ablauf der Angebotsfrist ein, so ist eine Fortsetzung der Angebotsöffnung nach Behebung der Störung möglich.

Grundsätzlich gelten für die Gefahrtragung bei der Übermittlung elektronischer Angebote die gleichen Grundsätze wie im traditionellen Weg („das Angebot reist auf Gefahr des Bieters“; vgl. BVA 18.6.1998, N-16/98-17). Insbesondere haben die Bieter dafür Sorge zu tragen, dass sie – wenn sie umfangreiche Unterlagen übermitteln – diese so rechtzeitig absenden, dass sie auf dem angegebenen Server des Auftraggebers fristgerecht geladen werden können. Das Angebot gilt als zugegangen, wenn der Auftraggeber davon Kenntnis erhält bzw. wenn das Angebot in den Machtbereich des Auftraggebers (zB bekannt gegebene Mailadresse) gelangt; bei letzterem unabhängig davon, an welchem Ort der Welt sich der E-Mail-Server befindet (vgl. dazu auch § 12 ECG idgF). Es müssen aber besondere Vorkehrungen für den Fall getroffen werden, dass ein vom Bieter rechtzeitig versendetes Angebot nicht oder nicht rechtzeitig beim Auftraggeber einlangt bzw. einlangen kann, weil der Server des Auftraggebers (z.B. aufgrund technischer Probleme) nicht empfangsbereit ist. Bei derartigen Problemen, die in der Sphäre des Auftraggebers liegen, hat dieser die Verfügbarkeit des Systems wieder herzustellen und erforderlichenfalls eine angemessene Verlängerung der Angebotsfrist in geeigneter Weise bekannt zu machen. Erforderlich ist eine Verlängerung der Angebotsfrist dann nicht, wenn der Server innerhalb der Angebotsfrist ausfällt (zB 1 Woche vor Ablauf der Angebotsfrist Serverausfall für 5 Stunden), die Empfangsbereitschaft jedoch mit ausreichendem Zeitabstand zum Zeitpunkt des Ablaufes der Angebotsfrist wieder hergestellt wird. Hingegen ist eine Verlängerung der Angebotsfrist erforderlich, wenn der Server kurz vor dem Zeitpunkt des Ablaufes der Angebotsfrist ausfällt. Als geeignete Form der Bekanntmachung gilt insbesondere die Bekanntmachung auf einer Internetseite des Auftraggebers, die dieser als Publikationsmedium im Zusammenhang mit einem Vergabeverfahren (in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen) bekannt gegeben hat. Da Serverausfälle regelmäßig sehr kurzfristig und unvorhersehbar eintreten, ist eine Verpflichtung zur Bekanntmachung in schriftlichen Publikationsmedien (z.B. Amtblättern) ungeeignet, weil in diesen Medien kurzfristige Bekanntmachungen nicht zeitgerecht erfolgen können.

Zu § 58 (Übermittlungs- und Auskunftsfristen):

Abs. 1 und 2 setzen Art. 39 und Art. 40 Abs. 3 und 4 der RL um.

Rechtzeitig angefordert im Sinne des Abs. 1 sind Ausschreibungsunterlagen dann, wenn (so der Auftraggeber davon Gebrauch gemacht hat) die Interessenbekundung vor Ablauf der Frist für die Stellung von Teilnahmeanträgen erfolgt. Die Frist zur Übermittlung der Ausschreibungsunterlagen läuft ab dem Tag des Einlangens des Antrages beim Auftraggeber unabhängig davon, ob dieser Antrag durch ein Schreiben zu bestätigen ist oder nicht. Der erste Halbsatz ist in Zusammenhang mit der Regelung des § 62 Abs. 2 (Fristverkürzung bei Verwendung elektronischer Medien) zu sehen (siehe auch die Anmerkungen dazu).

„Zeitgerecht“ im Sinne des Abs. 2 wurde das Ersuchen dann gestellt, wenn es so rechtzeitig gestellt wurde, dass die zusätzlichen Auskünfte sechs Tage vor Ablauf der Frist für den Eingang der Angebote erteilt werden können. Werden zusätzliche Auskünfte über Ausschreibungsunterlagen kürzer als sechs Tage vor Ablauf der Angebotsfrist angefordert, so sind die Auskünfte unverzüglich zu erteilen. Die Auskunftserteilung kann durch Zusenden oder elektronisch (oder via Website) erfolgen.

Zur Verlängerung der Angebotsfrist gemäß Abs. 3 ist auch auf § 57 Abs. 2 zu verweisen; eine Verlängerung ist daher den Bietern nachweislich bekannt zu geben oder ansonsten entsprechend bekannt zu machen. Hinzuweisen ist auch darauf, dass sich die Regelungen der Abs. 2 und 3 auf alle Verfahren – und nicht nur auf offene Verfahren – beziehen (somit auch auf den wettbewerblichen Dialog).

Zu den §§ 59 und 60 (Teilnahmefristen und Angebotsfristen):

Die in den §§ 59 und 60 normierten materiellrechtlichen Fristen ergeben sich aus Art. 38 der RL 2004/18/EG. Besondere Fristbestimmungen enthält überdies § 143 des vorliegenden Gesetzesentwurfes.

§ 60 beinhaltet bewusst keine Regelung über Mindestangebotsfristen bei Verhandlungsverfahren, da Verhandlungsverfahren möglichst wenig formalisiert werden sollen. Die allgemeine Vorschrift des § 57 Abs. 1 (Fristen müssen ausreichend Zeit für die Vornahme der geforderten Handlung einräumen) ist auch für Verhandlungsverfahren maßgeblich.

Zu § 61 (Angebotsfristen im beschleunigten Verfahren nach Vorinformation):

Die Regelung beruht auf Art. 38 Abs. 4 der RL 2004/18/EG. Bei Bekanntmachung einer Vorinformation besteht demnach die Möglichkeit, ein beschleunigtes Verfahren durchzuführen. Auf Grund des Wortlautes der Richtlinie („Frist … im Allgemeinen auf 36 Tage, jedoch auf keinen Fall weniger als 22 Tage“) besteht die Möglichkeit, die Frist jedenfalls mit der jeweils genannten kürzesten Frist (somit 22 Tage) festzusetzen.

Um die Fristverkürzung in Anspruch nehmen zu können, muss die Vorinformation jedenfalls die in § 53 genannten Vorgaben zeitlicher sowie inhaltlicher Art erfüllen.

Zu § 62 (Verkürzte Angebots- und Teilnahmefristen bei Verwendung elektronischer Medien):

Die Möglichkeit einer Fristverkürzung bei Verwendung elektronischer Medien ist neu und basiert auf Art. 38 Abs. 5 und 6 der RL 2004/18/EG. Erwägungsgrund 38 der genannten Richtlinie führt dazu Folgendes aus: „Der Einsatz elektronischer Mittel spart Zeit. Dementsprechend ist beim Einsatz dieser elektronischen Mittel eine Verkürzung der Mindestfristen vorzusehen, unter der Voraussetzung, dass sie mit den auf gemeinschaftlicher Ebene vorgesehenen spezifischen Übermittlungsmodalitäten vereinbar sind.“

In Abs. 2 ist auf die erste Verfügbarkeit abzustellen, da auf Gemeinschaftsebene die Kommission auch bei elektronischer Übermittlung der Bekanntmachung für die Veröffentlichung maximal fünf Tage Zeit hat (vgl. Art. 36 Abs. 3 RL 2004/18/EG), in der Zwischenzeit aber auf nationaler Ebene die Bekanntmachung schon erfolgen könnte; das Gesetz stellt daher auf die „zeitlich erste“ Veröffentlichung ab.

Zu § 63 (Verkürzte Teilnahme- und Angebotsfristen im beschleunigten Verfahren bei Dringlichkeit):

Die Regelung setzt Art. 38 Abs. 7 der RL 2004/18/EG um.

Der erste Satz stellt klar, dass eine Verkürzung der in den §§ 59 bis 62 vorgesehenen Fristen aus Gründen der Dringlichkeit ausschließlich im nicht offenen und im Verhandlungsverfahren (beide mit vorheriger Bekanntmachung) in Frage kommt. Es können nicht nur die regulären, sondern auch die verkürzten Fristen weiter verkürzt werden.

Hinzuweisen ist darauf, dass der in § 63 angesprochene Fall der „Dringlichkeit“ nicht mit der Dringlichkeit im Sinne der §§ 28 Abs. 2 Z 3, 29 Abs. 2 Z 3 und 30 Abs. 2 Z 3 verwechselt werden darf. Es handelt sich hier um zwei unterschiedliche Tatbestände.

Zu den § 64 und 65 (Teilnahmefristen und Angebotsfristen):

§ 64 stellt klar, dass es auf die erstmalige Verfügbarkeit der Bekanntmachung ankommt, weil gemäß § 55 Abs. 1 mehrere, zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgende Publikationen möglich sind.

Auch im Unterschwellenbereich wurden bewusst keine Mindestangebotsfristen für das Verhandlungsverfahren normiert (siehe auch die Anmerkung zu § 60).

Zu den §§ 66 und 67 (verkürzte Fristen im Unterschwellenbereich):

Die Regelung des § 66 ist neu und lehnt sich an die entsprechende Bestimmung für den Oberschwellenbereich in § 62 an.

§ 67 enthält die zu § 63 entsprechende Regelung für den Unterschwellenbereich. Zu beachten ist allerdings, dass die Möglichkeit der Fristverkürzung nicht auf Fälle der Dringlichkeit beschränkt ist. Eine Verkürung ist somit etwa auch möglich, wenn es sich um Aufträge mit kleinen Auftragswerten handelt und das Zuwarten mit der vollen Frist mit Nachteilen auf Grund der Verzögerung verbunden wäre.

Zu § 68 (Ausschlussgründe):

Zur Überschrift zum 5. Abschnitt des 3. Hauptstückes „Eignung“ ist anzumerken, dass Eignung in der Überschrift als Oberbegriff über das Nicht-Vorliegen eines Ausschlussgrundes sowie das Vorliegen der geforderten Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit zu verstehen ist.

Allgemein ist anzumerken, dass bei der Anwendung dieses Hauptstückes insbesondere auch die einschlägige Judikatur des Europäischen Gerichtshofes (vgl. etwa Rs 27 bis 29/86, 31/87, C‑103/88, C‑272/91, C‑76/81, C‑71/92, C‑389/92, C‑5/97, C‑176/98 und C‑94/99) zu beachten ist.

§ 68 Abs. 1 enthält abschließend all jene nach der RL 2004/18/EG zulässigen Ausschlusskriterien hinsichtlich der Eignung von am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmern. Insofern präzisiert § 68 den gemäß § 19 Abs. 1 bestehenden Vergabegrundsatz, wonach Aufträge über Leistungen nur an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu vergeben sind.

Z 1 war in der bisherigen Ausschlussbestimmung nicht enthalten und resultiert aus dem auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene bestehenden Bemühen, kriminelle Handlungen auch im Bereich des Vergaberechts zu sanktionieren (vgl. Art. 45 der RL 2004/18/EG). Erwägungsgrund 43 führt dazu aus: „Es sind Vorkehrungen zu treffen, um der Vergabe öffentlicher Aufträge an Wirtschaftsteilnehmer, die sich an einer kriminellen Vereinigung beteiligt oder der Bestechung oder des Betrugs zu Lasten der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften oder der Geldwäsche schuldig gemacht haben, vorzubeugen. Die öffentlichen Auftraggeber sollten gegebenenfalls von den Bewerbern/Bietern geeignete Unterlagen anfordern und, wenn sie Zweifel in Bezug auf die persönliche Lage dieser Bewerber/Bieter hegen, die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaates um Mitarbeit ersuchen können. Diese Wirtschaftsteilnehmer sollten ausgeschlossen werden, wenn dem öffentlichen Auftraggeber bekannt ist, dass es eine nach einzelstaatlichem Recht ergangene endgültige und rechtskräftige gerichtliche Entscheidung zu derartigen Straftaten gibt. Enthält das nationale Recht entsprechende Bestimmungen, so kann ein Verstoß gegen das Umweltrecht oder gegen Rechtsvorschriften über unrechtmäßige Absprachen bei öffentlichen Aufträgen, der mit einem rechtskräftigen Urteil oder einem Beschluss gleicher Wirkung geahndet wurde, als Delikt, das die berufliche Zuverlässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers in Frage stellt, oder als schwere Verfehlung betrachtet werden.“ Abzustellen ist bei der Beurteilung auf die Vorschriften jenes Landes, in dem der betreffende Unternehmer seinen Sitz hat, das sind im Regelfall die Vorschriften einer EWR/GPA-Vertragspartei oder die Vorschriften eines Drittlandes mit dem die Gemeinschaft ein Abkommen über die gegenseitige Öffnung der Beschaffungsmärkte abgeschlossen hat. Die Verurteilung hat bestimmte Straftatbestände zu „betreffen“. Durch diese Wortwahl wird nicht nur die Verurteilung des Haupttäters sondern auch die Verurteilung des Beitrags- oder Bestimmungstäters (vgl. § 12 StGB) erfasst.

Zu § 68 Abs. 1 Z 1 wird auch auf Art. VI ii) der OECD-Revised Recommendation of the Council on Combating Bribery in International Business Transactions vom 23.5.1997 hingewiesen (abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/32/0,2340,en_2649_34859_2048160_1_1_1_1,00.html). Österreich wird derzeit gerade von der OECD-Arbeitsgruppe gegen Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr einer Länderprüfung unterzogen, bei der unter anderem die Möglichkeiten des Ausschlusses vom Vergabeverfahren wegen Bestechung evaluiert werden.

Zu den Ausschlussgründen der Z 2 und 3 ist auf die Neuregelung des Abs. 2 hinzuweisen, wonach unter bestimmten Voraussetzungen von einem Ausschluss gemäß diesen Bestimmungen abgesehen werden kann. Zur Z 2 ist weiters anzumerken, dass die bewusst weite Aufzählung der entsprechenden Richtlinienregelung (Art. 45 Abs. 2 der RL 2004/18/EG) übernommen wurde, da auch in anderen Staaten vorgesehene Verfahren, durch die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in Frage gestellt wird, erfasst sein sollen.

Bei der Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit von juristischen Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts, eingetragenen Erwerbsgesellschaften oder Arbeitsgemeinschaften ist gemäß Abs. 1 Z 4 auf jene physischen Personen abzustellen, die in der Geschäftsführung tätig sind. Ein „rechtskräftiges Urteil“ im Sinne der Z 4 ist eine nicht mehr bekämpfbare strafgerichtliche Verurteilung (verwaltungsstrafbehördliche Akte werden nicht durch Z 4 sondern durch Z 5 erfasst). Als Verurteilung wegen eines Deliktes, das die berufliche Zuverlässigkeit in Frage stellt, kommt insbesondere eine Verurteilung nach § 168b StGB (Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren) in Betracht.

Zu Abs. 1 Z 5 ist festzuhalten, dass hinsichtlich schwerer Verfehlungen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit gemäß den EG-rechtlichen Vorgaben das Abfordern eines entsprechenden Nachweises vom Unternehmer unzulässig wäre (vgl. diesbezüglich auch das Verbot der Selbstbezichtigung gemäß Art. 90 Abs. 2 B-VG). Die schwere Verfehlung muss vielmehr vom öffentlichen Auftraggeber selbst nachweislich festgestellt werden. Bei der Beurteilung, ob ein Auftraggeber die Verfehlung „selbst“ festgestellt hat, ist zu beachten, dass dem Auftraggeber das Wissen und die Kenntnis aller seiner ihm zugeordneten Organe zugerechnet wird.  Eine gewisse Erleichterung für den Auftraggeber bieten dabei die Regelung der §§ 72 und 73. Wie der Nachweis der Verfehlung im Sinne der Z 5 zu erfolgen hat, regelt das Bundesvergabegesetz nicht explizit. Aus der systematischen Interpretation mit den weiteren Ausschlusstatbeständen sowie den Regelungen des § 70 ergibt sich, dass das Gesetz an diesen Nachweis strenge Kriterien bezüglich seiner Objektivierbarkeit legt. Der Nachweis muss daher objektiven Kriterien genügen und damit jenen Formen des Nachweises des Vorliegens eines Ausschließungsgrundes gleichzuhalten sein, die in den anderen Tatbeständen des § 68 geregelt sind. Die Tatsache, dass der Auftraggeber ein bestimmtes in einem früheren Auftragsverhältnis gesetztes Verhalten des Bewerbers, über dessen Bewertung er gerade mit dem Bewerber im Rechtsstreit liegt, als schwere Verfehlung wertet, stellt keinen, objektiven Kriterien genügenden Nachweis dar. Die Umstände, auf die sich der Nachweis der schweren beruflichen Verfehlung durch den Auftraggeber gründet, müssen wesentlich von objektiven, nicht erst künftiger gerichtlicher Klärung unterliegenden Umständen abhängen. Der Auftraggeber hat dem Bieter Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, falls er ihn auf Grund des Tatbestandes der Z 5 ausschließen will. Z 5 kann subsidiär vom Auftraggeber herangezogen werden, falls eine entsprechende Feststellung durch den Auftraggeber im Zusammenhang mit einer gerichtlich strafbaren Handlung erfolgte (bei der zB keine Verurteilung erfolgte oder noch keine Verurteilung erfolgte oder bei der eine Verurteilung nicht mehr möglich ist).

Z 5 enthält weiterhin eine zentrale Bestimmung für die Berücksichtigung arbeits- und sozialrechtlicher und nunmehr auch umweltrechtlicher Aspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Bieter, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung, insbesondere gegen Bestimmungen des Arbeits-, Sozial- und Umweltrechts, begangen haben, die vom Auftraggeber nachweislich – wie vorhin ausgeführt – festgestellt wurde, sind zwingend auszuschließen. Eine Verletzung zwingend einzuhaltender Bestimmungen kann daher mittelbar dazu führen, dass der betreffende Bieter nicht mehr berechtigt ist, am Vergabeverfahren teilzunehmen. So ist etwa gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 Gewerbeordnung (GewO) die Gewerbeberechtigung zwingend zu entziehen, wenn „der Gewerbeinhaber infolge schwer wiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen … die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.“ Als derartige Schutzinteressen sind gemäß § 87 Abs. 1 letzter UAbs. „insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung … sowie der Diskriminierung von Personen allein auf Grund ihrer Rasse, Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung“ anzusehen. In Österreich stellen Verletzungen arbeits- und sozialrechtlicher Bestimmungen zumeist zwingendes Recht dar und sind in der Regel mit Verwaltungssanktionen bewehrt (vgl. zB: § 28 ArbeitszeitG, § 130 ArbeitnehmerInnenschutzG, § 21 BehinderteneinstellungsG, § 22 ArbeitskräfteüberlassungsG, § 160 ArbVG und das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen, BGBl. Nr. 599/1987). Die Übertretung dieser Vorschriften, die verwaltungsstrafrechtlich geahndet wird, stellt jedenfalls gleichzeitig auch eine Verletzung von Berufspflichten und damit insbesondere eine Übertretung von zum Schutz der Arbeitnehmer erlassenen Regeln dar und kann somit auch zum Ausschluss von einem Vergabeverfahren führen. Als einschlägiges Beispiel der Judikatur zur Verpflichtung der Einhaltung arbeits- und sozialrechtlicher Bestimmungen kann jene Entscheidung des Bundesvergabeamtes (Bescheid Nr. 1/98 vom 19. Jänner 1998) genannt werden, worin ein Unternehmen auf Grund seines Angebotes, das zu schlechteren Bedingungen als den geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen erstellt und eingereicht worden war, von der Auftragsvergabe ausgeschlossen wurde.

In Erwägungsgrund 43 der RL 2004/18/EG heißt es dazu: „Die Nichteinhaltung nationaler Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinien 2000/78/EG (Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, ABl. L 303 vom 2.12.2000, S. 16) und 76/207/EWG (Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABl. L 39 vom 14.2.1976, S. 40, geändert durch die Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 269 vom 5.10.2002, S. 15) des Rates zur Gleichbehandlung von Arbeitnehmern, die mit einem rechtskräftigen Urteil oder einem Beschluss gleicher Wirkung sanktioniert wurde, kann als Verstoß, der die berufliche Zuverlässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers in Frage stellt, oder als schwere Verfehlung betrachtet werden.“

Zu Z 6 ist festzuhalten, dass der Ausschluss bei „Nicht-Erfüllung“ der Verpflichtung zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge vorgesehen ist. Wann dies der Fall ist, wird der Auftraggeber unter Beachtung der Umstände des Einzelfalles zu beurteilen haben (vgl. dazu auch die SA von GA Maduro in der Rs C-226/04 und C-228/04, La Cascina und Zilch). Wenn daher Sozialversicherungsbeiträge zB nicht sofort bezahlt wurden (etwa aus Versehen der Buchhaltung) und der Unternehmer deshalb bereits gemahnt wurde, so wird der Auftraggeber die Umstände des Falles näher prüfen müssen (ob dies ein Einzelfall war oder dies bereits häufig und systematisch passiert ist – vgl. dazu auch Prüfungsschema des § 73). Im Rahmen dieser Prüfung wird auch zu beachten sein, ob die Außenstände nur eine geringe Summe betreffen oder ob dies signifikante Beträge ausmacht (uU mit Gefahr für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmers, falls alle Außenstände zwangsweise eingetrieben werden). Hinzuweisen ist nunmehr auf die explizite Neuregelung in Abs. 3 Z 2, wonach von einem Ausschluss Abstand genommen werden kann, wenn nur geringe Rückstände bestehen.

Zu der in Abs. 3 Z 1 generell vorgesehenen Möglichkeit, von einem Ausschluss Abstand zu nehmen, wird auf die entsprechende Bestimmung in Art. 45 Abs. 1 dritter UAbs. der RL 2004/18/EG verwiesen. Als Ausnahmebestimmung ist Z 1 eng auszulegen. Als Beispiel kann folgende Situation genannt werden: der Auftraggeber muss dringend eine bestimmte Menge an Impfstoff beschaffen, der Impfstoff ist jedoch in ausreichender Menge nur bei einem Unternehmer lagernd, der wegen Bestechung verurteilt wurde.

Im Falle des Abs. 3 Z 2 ist eine Einzelfallbetrachtung geboten. Die Beurteilung, ob „geringfügige“ Rückstände bestehen, ist insbesondere anhand folgender Kriterien zu beurteilen: handelt es sich um einen Ausstand in einem laufenden oder soeben erst beendeten Berechnungszeitraum (zB Quartal); wann entstand der Rückstand, handelt es sich um eine signifikante Rückstandshöhe im Vergleich zum konkret betroffenen Unternehmen (Beurteilung etwa anhand eines Vergleiches des Rückstandes im Verhältnis zu Umsatz des Unternehmens) u.ä.m.

Zu § 69 (Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung):

§ 69 enthält differenzierte Regelungen, zu welchem Zeitpunkt die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit bei den verschiedenen Verfahren vorliegen muss. Durch die Formulierung „muss … spätestens … vorliegen“ wird verdeutlicht, dass ab dem in Z 1 bis 8 genannten Zeitpunkt die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit vorliegen muss und in der Folge nicht mehr verloren gehen darf. Darüber hinaus enthält der Einleitungssatz des § 69 keine Verpflichtung des Auftraggebers zu einer ständigen Überprüfung, ob nach den in den Z 1 bis 8 genannten Zeitpunkten die Eignung seitens des Unternehmers noch vorliegt oder nicht. Nur sofern konkrete Anhaltspunkte für den Verlust eines Eignungselementes bestehen, ist der Auftraggeber gehalten, das Bestehen der Eignung zu verifizieren.

In Z 3 bedeutet „grundsätzlich“, dass die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit bezogen auf jenen Leistungsgegenstand vorliegen muss, soweit er zum Zeitpunkt der Z 3 bekannt war; damit wird den im Verhandlungsverfahren typischen Änderungen des Leistungsgegenstandes bei der Verpflichtung zum Nachweis Rechnung getragen.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Regelung für den wettbewerblichen Dialog hinzuweisen (Z 8). Die Wahl des relativ späten Zeitpunkts (Aufforderung zur Angebotsabgabe) resultiert daraus, dass der Auftraggeber davor im Regelfall nur vage Vorstellungen über den Leistungsgegenstand hat und daher die Kriterien für die verlangte Eignung nur grob darlegen kann. Der Teilnehmerkreis in der Dialogphase soll aber nicht durch eine strenge Eignungsprüfung begrenzt werden (vgl. PPP, bei denen sich Konsortien erst während des Dialoges bilden usw.). Die Regelung hindert den Auftraggeber aber nicht daran, gewisse rudimentäre Eignungsanforderungen bereits bei der Einladung zur Teilnahme am Dialog zu verlangen.

Hinsichtlich der elektronischen Auktion ist darauf hinzuweisen, dass einschlägige Regelungen entbehrlich sind. Da die elektronische Auktion nunmehr lediglich einen Verfahrensabschnitt darstellt, bestimmt sich der Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung nach den Regelungen für das Verfahren, das vor Durchführung der Auktion abgewickelt wurde. Die Regelung betreffend die Direktvergabe findet sich nunmehr in § 41 Abs. 4.

Zu § 70 (Verlangen der Nachweise):

§ 70 enthält die Grundsatzbestimmung für das Verlangen der Nachweise durch den Auftraggeber. Die verlangten Eignungsnachweise sind in der Bekanntmachung (§ 46 Abs. 3) oder in den Ausschreibungsunterlagen (§ 80 Abs. 2) enthalten sein.

Grundsätzlich entscheidet der Auftraggeber, welche Nachweismittel vom Unternehmer für die Eignung vorzulegen sind. Es ist nicht Inhalt des Gesetzes, Auftraggeber in ihrer Befugnis zu beschneiden, darüber zu entscheiden, welcher Standard der wirtschaftlichen, finanziellen oder technischen Leistungsfähigkeit für die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen erforderlich ist, sondern zu bestimmen, mit welchen Nachweisen oder Beweismitteln die finanzielle, wirtschaftliche oder technische Leistungsfähigkeit dargetan werden kann. Abs. 2 stellt in diesem Zusammenhang eine Konkretisierung des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. Bei kleineren Auftragswerten ist es daher selbstverständlich nicht geboten, aufwendige Nachweismittel für die Eignung anführen zu müssen. Im Gegenteil: wie sich aus § 72 Abs. 2 erster Satz ergibt, müssen die geforderten Nachweise in einem ausgewogenen Verhältnis zum Auftragsgegenstand stehen. Abs. 2 impliziert, dass der Auftraggeber jedenfalls alle ihm erforderlich erscheinenden Nachweise, die im Zusammenhang mit dem konkreten Auftrag stehen, zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Unternehmers verlangen darf. Nachweise, die in keinem Zusammenhang mit dem Auftrag stehen, kann der Auftraggeber vom Unternehmer allerdings nicht verlangen.

Sämtliche vorgesehenen Nachweise können grundsätzlich kumulativ verlangt werden. Gemäß Abs. 2 muss der Auftraggeber die berechtigten Interessen des Unternehmers zum Schutz seiner technischen Betriebsgeheimnisse berücksichtigen (vgl. dazu im Übrigen auch den Grundsatz des § 23 Abs. 1). Eine entsprechende Berücksichtigung dieses Grundsatzes wird auch gemäß dem im Verfahren vor dem Bundesvergabeamt anzuwendenden § 17 Abs. 3 AVG zu erfolgen haben.

Hinsichtlich der Frage, wie aktuell die vom Unternehmer vorzulegenden Nachweise sein müssen, obliegt die Entscheidung (im Rahmen des Abs. 2) allein dem Auftraggeber.

Sofern die geforderten Nachweise beim Auftraggeber vorhanden sind, kann sie dieser von den Unternehmen nicht nochmals abverlangen. Im Zusammenhang mit großen Auftraggebern (zB Bundesministerien) ist daher festzuhalten, dass falls ein Unternehmer die geforderten Unterlagen bereits einer bestimmten Abteilung des Ministeriums vorgelegt hat, er in einem anderen Vergabeverfahren des selben Ministeriums nicht verpflichtet ist, die identen Unterlagen nochmals vorzulegen. In diesem Fall genügt ein Hinweis des Unternehmers, dass die geforderten Nachweise sich bereits beim Auftraggeber befinden (keine Verpflichtung zur Parallelvorlage von identen Nachweisen).

Die §§ 71, 72, 74 und 75 enthalten die zulässigen Nachweise, welche von einem Unternehmer hinsichtlich seiner Eignung verlangt werden können. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist dazu zu bemerken, dass damit eine eigenständige Datenermittlung durch den Auftraggeber weitgehend hinfällig erscheint. Die Zurverfügungstellung entsprechender Daten durch die Bewerber oder Bieter selbst ist hingegen aus datenschutzrechtlicher Sicht unbedenklich.

Die im Zuge des Vergabeverfahrens vorzulegenden Nachweise können entweder in Papierform oder aber auch in elektronischer Form (unter Beachtung der entsprechenden Erfordernisse wie zB in Bezug auf Echtheit und Richtigkeit) vorgelegt werden. Die Formulierung des § 70 wurde bewusst insofern neutral gewählt als nicht auf die Papierform der Nachweise Bezug genommen wurde. Wenn Nachweise in elektronischer Form vorgelegt werden, ist auf das Erfordernis der Signatur gemäß § 43 Abs. 4 hinzuweisen (vgl. dazu auch § 115).

Die Dauer der vom Auftraggeber gemäß Abs. 3 festzusetzenden Frist zur Vervollständigung oder Erläuterung der Unterlagen oder Bescheinigungen hat sich etwa daran zu orientieren, ob bestimmte zusätzliche Unterlagen leicht beigeschafft werden können oder ob die Erläuterungen komplexer oder simpler Natur sind. Die Frist darf jedenfalls nicht so kurz bemessen werden, dass eine Reaktion des Unternehmers nicht oder nur unter äußersten Anstrengungen möglich ist (vgl. dazu auch die allgemeine Bestimmung betreffend die Festlegung von Fristen in § 57 Abs. 1).

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Nachweise anlässlich der konkreten Bewerbungen und Angebote zu erbringen sind. Eine Vereinfachung des Nachweissystems kann zB die Inanspruchnahme der Dienste eines einschlägigen Verzeichnisses (zB Katasters) mit sich bringen. Abs. 4 regelt, auf welche Weise außer durch die Vorlage der vom Auftraggeber geforderten Unterlagen selbst der Nachweis der Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit geführt werden kann. Der erste Satz ermöglicht den Nachweis durch die Eintragung in einem einschlägigen, allgemein zugänglichen Verzeichnis eines Dritten, wie derzeit beispielsweise der Österreichische Auftragnehmerkataster eines bildet. Voraussetzung für diese Art des Nachweises ist jedoch, dass die vom Auftraggeber geforderten Nachweismittel beim Diensteanbieter verfügbar sind und dass der Auftraggeber auf diese Nachweise unmittelbar (zB etwa online) zugreifen kann (ein unmittelbarer Zugriff liegt dann vor, wenn die zugreifende Stelle Mitglied bzw. Kunde des Katasterdienstes ist und über ein Passwort für den Zugriff verfügt). Nur soweit diese Voraussetzungen vorliegen, muss der Auftraggeber diese Form der Erbringung des Eignungsnachweises akzeptieren. Der zweite und dritte Satz des Abs. 4 ermöglichen es einem Unternehmer, andere Urkunden mit gleicher Aussagekraft beizubringen, sofern die geforderten Unterlagen aus einem gerechtfertigten Grund nicht beigebracht werden können.

Die Neuregelung des Abs. 5 stellt eine Reaktion auf das Erkenntnis des VfGH 21.6.2004, B 531/02-8, dar.

Zu § 71 (Nachweis der Befugnis):

Die Regelung setzt Art. 46 der RL 2004/18/EG um.

Zur Klarstellung ist hervorzuheben, dass der Nachweis der Befugnis für in Österreich niedergelassene Unternehmer nach den in Österreich vorgesehenen Bescheinigungen zu erfolgen hat. Die Vorlage eines Firmenbuchauszuges reicht demnach nicht hin, die Gewerbeberechtigung nachzuweisen, weil bei der Eintragung ins Firmenbuch diese Angabe des Anmeldenden ungeprüft eingetragen wird.

§ 71 enthält keinerlei Vorgaben hinsichtlich der Aktualität der Nachweise. Es obliegt daher dem Auftraggeber bekannt zu geben, wie alt derartige Nachweise maximal sein dürfen. Aus der Verwendung des Wortes „ist“ folgt aber, dass Nachweise aktuell sein müssen. Die Frist darf aber auch nicht zu kurz bemessen sein, da dies zu einer Diskriminierung führen könnte.

Nachweise hinsichtlich der beruflichen Befugnis ausländischer Unternehmer können gemäß Z 1 bei den in Anhang VII genannten Berufsregistern angefordert werden.

Zu § 72 (Nachweis der allgemeinen beruflichen Zuverlässigkeit):

Die Regelung setzt Art. 45 Abs. 3 der RL 2004/18/EG um.

Klarzustellen ist im Zusammenhang mit § 76, dass eine Substitution der Zuverlässigkeit nicht möglich ist.

§ 72 enthält abschließend alle zulässigen Nachweise, welche von einem Unternehmer hinsichtlich seiner allgemeinen beruflichen Zuverlässigkeit verlangt werden können. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist dazu zu bemerken, dass damit eine eigenständige Datenermittlung durch den Auftraggeber weitgehend hinfällig erscheint. Die Zurverfügungstellung entsprechender Daten durch die Bewerber oder Bieter selbst ist hingegen aus datenschutzrechtlicher Sicht unbedenklich.

Das Gesetz enthält keinerlei Vorgaben hinsichtlich der Aktualität der Nachweise gemäß Abs. 2 Z 1. Es obliegt daher dem Auftraggeber bekannt zu geben, wie alt derartige Nachweise maximal sein dürfen. Diese Frist darf aber jedenfalls nicht zu kurz bemessen sein, da dies zu einer Diskriminierung führen könnte.

In Abs. 2 Z 2 wird verdeutlicht, dass auch äquivalente Dokumente eines Bewerbers oder Bieters einer anderen Vertragspartei des EWR-Abkommens anzuerkennen sind.

Wie bereits bisher sind besondere Nachweise für das Vorliegen einer schweren Verfehlung nicht normiert; auf Grund der Regelung in Abs. 3 kann diesbezüglich auch keine eidesstattliche Erklärung verlangt werden.

Die Notifikationsverpflichtung des Abs. 4 dient der Transparenz.

Zu § 73 (Beurteilung der besonderen beruflichen Zuverlässigkeit):

Die Regelung entspricht § 55 BVergG 2002. Der Verweis auf den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird durch einen Verweis auf den Bundesminister für Finanzen ersetzt.

Der Katalog der Ausschlussgründe der Richtlinien ist nach der Judikatur des EuGH (vgl. Rs C‑71/92, Kommission gegen Spanien) taxativ. Deshalb wird die nachweisliche Feststellung durch den Auftraggeber und nicht durch den Bewerber oder Bieter verlangt. Der Inhalt der Auskunft beschränkt sich auf die Angabe, ob dem in der Anfrage genannten Unternehmer eine wesentliche Verletzung des AuslBG zuzurechnen ist oder nicht. Da der Inhalt der Auskunft nur die absolut erforderliche Mindestinformation für den öffentlichen Auftraggeber enthält, bestehen auch keine Bedenken aus datenschutzrechtlicher Sicht, zumal es der Unternehmer selbst in der Hand hat, durch Unterlassung der Bewerbung die Übermittlung der betreffenden Information an den öffentlichen Auftraggeber zu verhindern. Die dem Auftraggeber erteilte Auskunft ist kein Bescheid, sondern ein Realakt. Im Fall der automationsunterstützten Verarbeitung stehen die Rechtsbehelfe nach dem Datenschutzgesetz (insbesondere §§ 11 und 12) zur Verfügung, im Fall der nicht automationsunterstützten Verarbeitung gilt das Auskunftspflichtgesetz.

Die Auskunft, ob ein Bewerber, Bieter oder deren Subunternehmer beruflich zuverlässig ist, bezieht sich auf den Zeitpunkt der Auskunftserteilung durch das BMF. Aus praktischen Überlegungen soll die Auskunft nicht nur für ein Vergabeverfahren Gültigkeit besitzen. Falls der Auftraggeber den Zuschlag an einen Unternehmer erteilen will, hat er vorher eine diesbezügliche Auskunft einzuholen. Die Einschränkung auf „in Betracht kommende Bewerber, Bieter und deren Subunternehmer“ soll überflüssige Auskunftsersuchen betreffend aussichtslose Bewerber, Bieter und deren Subunternehmer vermeiden helfen und der Arbeitsüberlastung der auskunftserteilenden Stelle vorbeugen.

Es bleibt im gegebenen Zusammenhang festzustellen, dass die Beschäftigung von Inländern unter Verstoß gegen die innerstaatlichen Rechtsvorschriften im Rahmen des § 68 (Ausschluss vom Vergabeverfahren) zu ahnden ist.

Mit Erkenntnis vom 24. Juni 1998, G 462/97, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Wortfolge „im Falle des § 9 Abs. 1 VStG ein zur Vertretung eines Unternehmens des Antragstellers nach außen berufenes Organ“ verfassungswidrig war. In der Begründung des Erkenntnisses führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass § 28b AuslBG in Verbindung mit § 10 Abs. 3 und § 39 des BVergG in dessen Stammfassung bei zweimaliger Bestrafung nach dem AuslBG, „quasi automatisch die vergaberechtliche Zuverlässigkeit“ ausschließe und die Versagung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 28b AuslBG zwingend zum Ausscheiden des Bieters im Verfahren der Zuschlagserteilung führe. Der Verfassungsgerichtshof hielt es für unsachlich, Bestrafungen nach dem AuslBG zwingend mit der vergaberechtlichen Konsequenz zu verknüpfen, ohne dass dem betroffenen Unternehmer die Möglichkeit eingeräumt ist, darzutun, weshalb er trotz vorliegender Bestrafung nicht als unzuverlässig anzusehen ist.

In Abs. 2 wird die Vermutung aufgestellt, dass – für den Fall, dass die Auskunft gemäß § 28b Abs. 1 AuslBG rechtskräftige Bestrafungen aufweist – die Zuverlässigkeit des Bieters nicht gegeben ist. Dieser hat jedoch – im Sinne des genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes – die Möglichkeit, dem Auftraggeber darzulegen, dass seine Zuverlässigkeit dennoch gegeben ist, da er Maßnahmen gesetzt hat, die eine nochmalige Bestrafung nach dem AuslBG verhindern sollen.

Abs. 4 enthält einen Katalog von Maßnahmen von konkreten organisatorischen oder personellen Maßnahmen (vgl. Abs. 3), deren Nachweis die Glaubhaftmachung der Zuverlässigkeit bewirkt; dafür kommen vor allem innerbetriebliche Organisationsmaßnahmen und personelle Konsequenzen in Frage. Es versteht sich von selbst, dass die vom Bieter zu ergreifenden Maßnahmen sich in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen bewegen müssen (dies spielt besonders bei KMU eine Rolle). So wäre es etwa unverhältnismäßig, von einem Kleinunternehmer die Einführung eines kostspieligen Revisionswesens zu verlangen.

Ob die vom Unternehmer ergriffenen Maßnahmen als ausreichend erachtet werden, ist vom Auftraggeber gemäß Abs. 5 abschließend zu beurteilen. Der Auftraggeber hat eine Abwägung zwischen der Schwere des Vergehens nach dem AuslBG, der Konsequenz des Ausschlusses vom Vergabeverfahren und der Eignung der getroffenen Maßnahmen vorzunehmen, wobei davon auszugehen ist, dass je schwerer das Vergehen war, ein strengerer Maßstab hinsichtlich der vom Unternehmer gesetzten Maßnahmen anzulegen ist. Um den Auftraggebern eine Hilfestellung bei der Beurteilung zu geben, werden beispielhaft zwei Kriterien, die bei der Beurteilung der Schwere der Bestrafung herangezogen werden können, genannt. Bei der Berücksichtigung der Zahl der illegal Beschäftigten kann man diese Zahl zur Anzahl der in dem betroffenen Unternehmen (legal) Beschäftigten in Relation setzen, um die Schwere des Vergehens beurteilen zu können. Zur Beurteilung der Schwere des Vergehens wird insbesondere auf die Zahl der rechtskräftigen Bestrafungen abzustellen sein.

Zu § 74 (Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit):

Die Regelung setzt Art. 47 der RL 204/18/EG um. Der in § 74 enthaltene Katalog der Nachweismittel ist nicht abschließend (arg. „insbesondere“).

Allgemein ist festzuhalten, dass der dem Auftraggeber nachgewiesene Haftungsfonds dem Grundsatz des § 70 Abs. 2 entsprechen muss. Wie eine allfällige solidarische Haftung im Innenverhältnis gegebenenfalls aufgeteilt ist, ist Sache der Unternehmer.

Unter Bankerklärung gemäß Abs. 1 Z 1 ist die üblicherweise als „Bankauskunft“ bezeichnete Bonitätserklärung zu verstehen. Auch Auskünfte von Kreditschutzverbänden oder Auskunfteien kämen hier in Frage. Wesentlich erscheint die Kenntnis über das haftende Eigenkapital, ob dieses in Relation zur Größe des Auftrages steht und ob allenfalls eine Überschuldung vorliegt.

In Z 3 wird im Vergleich zur RL der zutreffendere Begriff der „Offenlegung“ der Bilanzen oder Bilanzauszügen verwendet (in der RL: „Veröffentlichung“). Eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden.

In Abs. 1 Z 4 ist nunmehr ausdrücklich vorgesehen, dass die Umsatzerklärung auch für einen kürzeren als den vorgesehenen Zeitraum abgegeben werden kann, wenn das Unternehmen noch nicht so lange besteht.

Zur Angabe der verlangten Nachweise in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlage siehe die §§ 46 Abs. 3 bzw. 80 Abs. 2. Die Bekanntgabe hat sich auch auf die Nachweise zu erstrecken, die gegebenenfalls auf Aufforderung nachzureichen sind.

Durch Abs. 2 wird Art. 47 Abs. 5 der RL 2004/18/EG umgesetzt; die bisher in § 56 Abs. 2 Z 1 bis 3 BVergG 2002 angeführten Nachweise (Lastschriftanzeige des Finanzamtes, Kontoauszug von Sozialversicherungsanstalten und sonstigen Kassen für Sozialbeiträge, Nachweis der Begleichung der Kommunalsteuer und ähnlicher Abgaben) entfallen, da es sich um Zuverlässigkeitsnachweise handelt (vgl. § 72 Abs. 2 Z 2).

Zu § 75 (Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit):

Die Regelung setzt Art. 48 der RL 2004/18/EG um.

Hinsichtlich des Nachweises der technischen Leistungsfähigkeit eines Unternehmers hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung (vgl. § 46) oder in den Ausschreibungsunterlagen (§ 80 Abs. 2) anzugeben, für welchen Nachweis oder für welche Nachweise im Sinne der Abs. 5 bis 7 er sich unter Bedachtnahme auf § 70 Abs. 2 entschieden hat. Die Abs. 2 und 3 enthalten eine neue – horizontalisierte – Regelung über die Vorlage von Referenzen, die gleichermaßen für alle Auftragsarten maßgeblich ist.

Leistungserbringungen als Subunternehmer können als Referenz angeführt werden (vgl. Abs. 2 letzter Halbsatz). „Nicht erhältlich“ sind Bescheinigungen zB dann, wenn der Leistungsempfänger aus welchem Grund auch immer nicht zur Ausstellung der Bescheinigung oder Abgabe der Erklärung bereit ist.

§ 75 enthält eine für den Auftraggeber abschließende Aufzählung der zulässigen Nachweismittel in Bezug auf die technische Eignung. Welche Nachweise der Auftraggeber verlangt, liegt in seinem, lediglich durch das Sachlichkeits- und Verhältnismäßigkeitsgebot (vgl. § 70 Abs. 2) determinierten Ermessen. Dem Unternehmer kommt hingegen gemäß § 70 Abs. 4 zweiter und dritter Satz die Möglichkeit zu, die geforderten Nachweise unter bestimmten Voraussetzungen durch andere zu ersetzen.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und der leichteren Handhabbarkeit soll unter bewusster Inkaufnahme von Doppelregelungen das bisherige System des BVergG 2002 beibehalten und die Nachweise nach Auftragsarten getrennt angeführt werden (und nicht das eher ungeordnete System der RL 2004/18/EG, die Nachweise zum Teil für alle, zum Teil aber nur für bestimmte Auftragsarten normiert, übernommen werden).

Hinzuweisen ist auch auf die Zulässigkeit des Erfordernisses der „spezifischen Erfahrung“ als Eignungskriterium: Das Kriterium der für die Erbringung der entsprechenden Leistungen erforderlichen beruflichen Befähigung, Fachkunde und Erfahrung ist im Hinblick auf die Prüfung der fachlichen Eignung der Unternehmer ein zulässiges Kriterium für die Bewertung der technischen Leistungsfähigkeit. Ist ein solches Kriterium in einer Rechtsvorschrift vorgesehen, auf die die Bekanntmachung der Ausschreibung verweist, so ist es besonderen Anforderungen betreffend die Veröffentlichung in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen nicht unterworfen (vgl. dazu Rs 31/87, Beentjes).

Zu Abs. 5 Z 1, Abs. 6 Z 1 und Abs. 7 Z 1 ist festzuhalten, dass sich diese Liste von Referenzen auf Referenzen bezieht, die im Zeitraum der letzten 3 bzw. 5 Jahre erlangt wurden (d.h. Referenzen der maximal 3 bzw. 5 vorhergehenden Jahre) bzw. erlangt werden konnten, sofern das Unternehmen erst seit kürzerer Zeit bestehen sollte (vgl. dazu auch die Regelung des § 176 Abs. 3 für den Sektorenbereich).

Im Gesetz wird in Abs. 6 Z 3 und Abs. 7 Z 5 der allgemeinere Ausdruck „Ausbildungsnachweise“ anstelle der Diktion des Art. 48 Abs. 2 lit. e der RL 2004/18/EG („Studiennachweis“) verwendet.

Da eine Kontrolle nach Abs. 5 Z 6 bzw. Abs. 7 Z 4 natürlich nicht gegen den Willen der amtlichen Stelle durchgeführt werden kann, bzw. das BVergG eine derartige Stelle auch nicht zur Kontrolle verpflichten kann, erscheint ein Hinweis darauf, dass sich die betreffende Stelle dazu bereit erklären muss (vgl. den Wortlaut von Art. 48 Abs. 2 lit. d der RL 2004/18/EG), entbehrlich.

Zu Abs. 5 Z 9 wird auf § 20 Abs. 4 und die Erläuterungen dazu verwiesen.

Zu § 76 (Nachweis der Leistungsfähigkeit durch andere Unternehmer und in Bieter- und Arbeitsgemeinschaften):

Die Regelung ist neu und stellt eine Reaktion auf die Rechtsprechung des EuGH zu dieser Frage dar (Rs C-389/92, Ballast Nedam I, C-5/97, Ballast Nedam II, C‑176/98, Holst, C‑314/01, Siemens und ARGE Telekom). Sie setzt Art. 47 Abs. 2 und 3, 48 Abs. 3 und 4 der RL 2004/18/EG um.

Im Erwägungsgrund 45 wird zur Frage des Eignungsnachweises durch Kapazitäten Dritter Folgendes ausgeführt: „ … Hinsichtlich der offiziellen Verzeichnisse der zugelassenen Wirtschaftsteilnehmer muss die Rechtsprechung des Gerichtshofes in den Fällen berücksichtigt werden, in denen sich ein Wirtschaftsteilnehmer, der zu einer Gruppe gehört, der wirtschaftlichen, finanziellen oder technischen Kapazitäten anderer Unternehmen der Gruppe bedient, um seinen Antrag auf Eintragung in das Verzeichnis zu stützen. In diesem Fall hat der Wirtschaftsteilnehmer den Nachweis dafür zu erbringen, dass er während der gesamten Geltungsdauer der Eintragung effektiv über diese Kapazitäten verfügt. Für diese Eintragung kann ein Mitgliedstaat daher ein zu erreichendes Leistungsniveau und, wenn sich der betreffende Wirtschaftsteilnehmer beispielsweise auf die Finanzkraft eines anderen Unternehmens der Gruppe stützt, insbesondere die Übernahme einer erforderlichenfalls gesamtschuldnerischen Verpflichtung durch das zuletzt genannte Unternehmen vorschreiben.“

Ein Auftraggeber kann einen Unternehmer daher nicht mehr wegen fehlender Leistungsfähigkeit ausschließen, wenn dieser zwar nicht selbst über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, aber nachweist, dass ihm die Mittel eines Dritten für die Auftragsausführung tatsächlich zur Verfügung stehen. Da diese Regelung beim Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit nicht unproblematisch erscheint, empfiehlt es sich für den Auftraggeber, bei der Substitution der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einen strengen Maßstab hinsichtlich der zu erbringenden Sicherstellungen anzulegen. Der Nachweis kann zB wie in der RL ausgeführt dadurch geführt werden, dass der Unternehmer die Zusage des Unternehmers oder der Unternehmer vorlegt, dass sie dem Unternehmer die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen (vgl. Art. 47 Abs. 2 und 48 Abs. 3 der RL 2004/18/EG). Bei der Substitution der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit ist eine ausreichende Risikoabdeckung sicherzustellen – etwa in Form einer unbedingten Bankgarantie zugunsten des Auftraggebers.

Zu Abs. 2 ist klarstellend hinzuzufügen, dass die Wortfolge „unter den gleichen Voraussetzungen …“ zu verstehen ist, dass in gleicher Weise (wie in Abs. 1 beschrieben) sich auch Bieter- und Arbeitsgemeinschaften auf die Kapazitäten ihrer Mitglieder oder anderer Unternehmer stützen können.

Zu § 77 (Qualitätssicherungsnormen):

Abs. 1 setzt Art. 49 und Abs. 2 setzt Art. 50 der RL 2004/18/EG um.

Durch die in Abs. 1 erwähnten ÖNORMEN sind die in der Richtlinie angesprochenen Qualitätssicherungsnormen (derzeit Europäischen Normen aus der Serie EN 29 000 und EN 45 000) umgesetzt. Es versteht sich von selbst, dass der Nachweis von Qualitätssicherungsmaßnahmen in anderer Form (Abs. 1 letzter Satz) vom Auftraggeber nur dann anerkannt werden muss, wenn es sich um gleichwertige Maßnahmen handelt.

Zur Neuregelung des Abs. 2 lässt sich dem Erwägungsgrund 44 der RL 2004/18/EG Folgendes entnehmen: „In geeigneten Fällen, in denen die Art der Arbeiten und/oder Dienstleistungen es rechtfertigt, dass bei Ausführung des öffentlichen Auftrags Umweltmanagementmaßnahmen oder -systeme zur Anwendung kommen, kann die Anwendung solcher Maßnahmen bzw. Systeme vorgeschrieben werden. Umweltmanagementsysteme können unabhängig von ihrer Registrierung gemäß den Gemeinschaftsvorschriften wie die Verordnung (EG) Nr. 761/2001 (EMAS) (Verordnung (EG) Nr. 761/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS), ABl. L 114 vom 24.4.2001, S. 1) als Nachweis für die technische Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsteilnehmers zur Ausführung des Auftrags dienen. Darüber hinaus sollte eine Beschreibung der von dem Wirtschaftsteilnehmer angewandten Maßnahmen zur Gewährleistung desselben Umweltschutzniveaus alternativ zu den registrierten Umweltmanagementsystemen als Beweismittel akzeptiert werden.“

Zu § 78 (Möglichkeit des Absehens vom Nachweis der Eignung):

Um den Auftraggebern im Unterschwellenbereich unnotwendige Transaktionskosten zu ersparen, soll für die Eignungsprüfung – wie für andere Bereiche auch – eine Sonderbestimmung getroffen werden.

Zur Regelung ist auszuführen, dass dadurch dem Auftraggeber kein Freibrief ausgestellt wird, da gemäß der Grundsatzbestimmung des § 19 Abs. 1 der Bieter jedenfalls befugt, zuverlässig und leistungsfähig sein muss; es geht nur um Möglichkeit des Absehens von Nachweisen, insbesondere dann wenn ein Unternehmer als befugt usw. bekannt ist und die Leistung Zug um Zug abgewickelt werden soll. Neben der damit verbundenen Erleichterung für den Auftraggeber liegt die Regelung auch im Interesse von – insbesondere kleinen und mittleren – Unternehmern, die durch das aufwändige Nachweissystem gerade bei Aufträgen mit geringem Auftragswert mitunter von der Beteiligung an öffentlichen Auftragsvergaben abgehalten werden. Die Formulierung lehnt sich an den Text des Entwurfes Durchführungsverordnung HO neu der Gemeinschaft, SEC (2004) 1310 vom 20.10.2004, Art. 134 und 135 Abs. 6, an.

Zu § 79 (Grundsätze der Ausschreibung):

§ 79 enthält die allgemeinen Grundsätze der Ausschreibung (zum Begriff der Ausschreibung vgl § 2 Z 10 und die Erläuterungen dazu). § 79 enthält die Grundsätze für die Ausschreibung entsprechend der ÖNORM A 2050. Die Ausschreibung soll die Bieter über den Inhalt des späteren Leistungsvertrages möglichst eingehend informieren.

Wenn der Auftraggeber Angaben in den Ausschreibungsunterlagen unterlässt, so darf dies nicht zu Lasten des Bewerbers oder Bieters gehen.

Abs. 2 enthält eine spezielle Regelung im Zusammenhang mit dem Gebot der Berücksichtigung ökologischer Kriterien im Vergabeverfahren.

Das Erfordernis der vergleichbaren Angebote sowie das Verbot der Übertragung nicht kalkulierbarer Risken gemäß Abs. 3 gilt für jede Art der Leistungsbeschreibung (siehe dazu § 95), somit auch bei funktionalen Leistungsbeschreibungen. Bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung können vom Bieter aber (gegebenenfalls umfangreiche) Vorarbeiten für die Preisermittlung verlangt werden. Grundsätzlich müssen aber alle für die Ausarbeitung der Angebote und die Abwicklung des Vertrages maßgebenden Umstände bereits zum Zeitpunkt der Ausschreibung so weit klar sein, dass die Beschreibung der Leistung genau erfolgen kann und auch die sonstigen Bestimmungen des Leistungsvertrages festgelegt werden können. Die Konzeption für alle Benutzer ist auch bekannt unter dem Begriff „Design for all“.

Die Ausschreibung soll die Bieter über den Inhalt des späteren Leistungsvertrages möglichst eingehend informieren. Bei einer konstruktiven Leistungsbeschreibung hat sie gemäß Abs. 4 daher so präzise zu sein, dass sie unmittelbar Inhalt des Leistungsvertrages werden kann und nur mehr durch jene Vertragsbestandteile ergänzt werden muss, die im Angebot enthalten sind.

Abs. 5 und 6 sind Gestaltungs- bzw. Formvorschriften für die Ausschreibung. Aus der Form der Ausschreibung folgt bei entsprechender Gestaltung, dass der Bieter Teilangebotspreise und Variantenangebotspreise auch zu bilden hat, anderenfalls ein nicht formgemäßes Angebot vorliegt. Es versteht sich von selbst, dass Varianten-Ausschreibungen gemäß Abs. 6 dem Gebot des Abs. 3 entsprechen müssen.

Der Bestimmung des Abs. 8 kommt vor dem Hintergrund des § 20 Abs. 5 besondere Bedeutung zu.

Abs. 9 ermöglicht den Auftraggebern die Heranziehung von Sachverständigen und Gutachtern, soweit eine sachgerechte Vorbereitung der Ausschreibung auf Grund mangelnden Spezialwissens nicht möglich scheint und die vergebende Stelle nicht über das erforderliche Fachpersonal verfügt. Abs. 9 legt jedoch explizit nicht fest, dass die Mitarbeiter des Auftraggebers, die mit der Vorbereitung der Ausschreibung befasst sind, ebenfalls die Qualifikationen eines Sachverständigen haben müssen. Lediglich für den Fall, dass externe Personen für die Vorbereitung der Ausschreibung als erforderlich erachtet werden, wird ein bestimmtes Ausbildungsniveau festgelegt. In besonders gelagerten Fällen kann allerdings mangelndes Spezialwissen des Auftraggebers sogar eine Verpflichtung zum Beiziehen von Sachverständigen auslösen, falls nicht durch andere Vorkehrungen die Abwicklung eines korrekten Vergabeverfahrens gewährleistet werden kann. Selbstverständlich dürfen nur solche externe Personen herangezogen werden, deren Unbefangenheit außer Zweifel steht. Ein Recht auf Ablehnung wegen Befangenheit soll den Teilnehmern am Vergabeverfahren indes nicht zukommen.

In diesem Zusammenhang ist auch auf Erwägungsgrund 8 der RL 2004/18/EG hinzuweisen, der Folgendes ausführt: „Bevor ein Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags eingeleitet wird, können die öffentlichen Auftraggeber unter Rückgriff auf einen „technischen Dialog“ eine Stellungnahme einholen bzw. entgegennehmen, die bei der Erstellung der Verdingungsunterlagen (in Österreich: Ausschreibungsunterlagen) verwendet werden kann, vorausgesetzt, dass diese Stellungnahme den Wettbewerb nicht ausschaltet.“

Der im Erwägungsgrund angesprochene „technische Dialog“ wird im BVergG unter dem Begriff „Vorarbeiten“ geregelt.

Zu § 80 (Inhalt der Ausschreibungsunterlagen):

Die Regelung des Abs. 3 setzt Art. 53 der RL 2004/18/EG um.

Zu Abs. 1 ist festzuhalten, dass aus den Ausschreibungsunterlagen oder in der Bekanntmachung im Sinne der Transparenz klar und unmissverständlich hervorgehen muss, welchem Regelungsregime die konkrete Leistungsvergabe folgt, wer in concreto Auftraggeber und gegebenenfalls vergebende Stelle ist und welche Vergabekontrollbehörde für die Nachprüfung des konkreten Vergabeverfahrens zuständig wäre (hinsichtlich der Angabe der Vergabekontrollbehörde vgl. unter anderem auch Anhang VIII Teil A „Bekanntmachung“ Pkt. 24 des BVergG bzw. Anhang VII Teil A „Bekanntmachung“ Pkt. 24 der RL). Hintergrund der Neuregelung in Abs. 1 (ausdrückliche Angabe des Auftraggebers sowie allenfalls der vergebenden Stelle) sind verschiedentlich in der Praxis in diesem Zusammenhang aufgetretene Probleme. Für die potentiellen Interessenten muss klar sein, wer Auftraggeber ist und somit letztlich den Auftrag vergibt.

Zur Bekanntmachung der geforderten Eignungsnachweise wird auf Erwägungsgrund 39 der RL 2004/18/EG verweisen, wo es heißt: „Die Prüfung der Eignung der Bieter im Rahmen von offenen Verfahren und der Bewerber im Rahmen von nichtoffenen Verfahren und von Verhandlungsverfahren mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung sowie im Rahmen des wettbewerblichen Dialogs und deren Auswahl sollten unter transparenten Bedingungen erfolgen. Zu diesem Zweck sind nichtdiskriminierende Kriterien festzulegen, anhand deren die öffentlichen Auftraggeber die Bewerber auswählen können, sowie die Mittel, mit denen die Wirtschaftsteilnehmer nachweisen können, dass sie diesen Kriterien genügen. Im Hinblick auf die Transparenz sollte der öffentliche Auftraggeber gehalten sein, bei einer Aufforderung zum Wettbewerb für einen Auftrag die Eignungskriterien zu nennen, die er anzuwenden gedenkt, sowie gegebenenfalls die Fachkompetenz, die er von den Wirtschaftsteilnehmern fordert, um sie zum Vergabeverfahren zuzulassen.“

Das Gesetz geht, wie bisher, im Oberschwellenbereich von einer Präferenz zugunsten des Zuschlages auf das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot aus. Nur unter der Voraussetzung, dass der Qualitätsstandard einer Leistung klar und eindeutig beschreibbar ist, kann der Auftraggeber zwischen dem Vergabeprinzip des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes oder dem des Angebotes mit dem niedrigsten Preis wählen. In der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen ist eindeutig festzulegen, nach welchem Prinzip der Zuschlag erteilt werden soll. Die Wahl des Zuschlagsprinzips ist zusammen mit der Ausschreibung zu bekämpfen.

Die Festlegungen in der Ausschreibung müssen einen klaren und eindeutigen Qualitätsstandard (zB in technischer, wirtschaftlicher oder rechtlicher Hinsicht) auf definiertem Niveau gewährleisten, damit der Auftraggeber das Zuschlagsprinzip „niedrigster Preis“ zulässiger Weise wählen kann. Der somit festgelegte Qualitätsstandard ist jedoch ein Mindeststandard, dessen Überschreitung seitens des Unternehmers möglich und zulässig ist. Im Falle der Vergabe auf den niedrigsten Preis wirkt sich diese Überschreitung des festgelegten Qualitätsstandards jedoch bei der Bewertung des Angebotes nicht aus, da allein der Preis relevant ist. Als Beispiel für Leistungen, hinsichtlich denen der Zuschlag auf ein Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt werden könnte, können etwa bestimmte Arten von Rohbauarbeiten, standardisierte Leistungen im Straßenbau, Lieferungen von Waren mit einem hohen Standardisierungsgrad und hoch standardisierte Dienstleistungen angeführt werden. Sofern hingegen bei Leistungen Folgekosten (wie Betriebs- und Erhaltungskosten sowie kostenmäßige Auswirkungen auf andere, in inhaltlichem Zusammenhang stehende Leistungen) ein Zuschlagskriterium darstellen sollen, so kann ebenso wie etwa bei Leistungen mit komplexer Aufgabenstellung oder bei geistigen Dienstleistungen dieses Zuschlagsprinzip nicht zum Tragen kommen. Die zuletzt genannten geistigen Dienstleistungen sind vielmehr typischer Weise allein einer Zuschlagsermittlung auf das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot zugänglich. Bei diesen Leistungen ist unter Berücksichtigung der festgelegten Zuschlagskriterien jenes Angebot zu wählen, welches im Hinblick auf die gestellte Aufgabe am ehesten Gewähr für eine sachgerechte und qualitätsvolle Leistungserbringung bietet.

Erwägungsgrund 46 der RL 2004/18/EG führt im Zusammenhang mit den Zuschlagskriterien Folgendes aus: „Die Zuschlagserteilung sollte auf der Grundlage objektiver Kriterien erfolgen, die die Einhaltung der Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung gewährleisten und sicherstellen, dass die Angebote unter wirksamen Wettbewerbsbedingungen bewertet werden. Dementsprechend sind nur zwei Zuschlagskriterien zuzulassen: das des "niedrigsten Preises" und das des "wirtschaftlich günstigsten Angebots.“

Um bei der Zuschlagserteilung die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sicherzustellen, ist die – in der Rechtsprechung anerkannte – Verpflichtung zur Sicherstellung der erforderlichen Transparenz vorzusehen, damit sich jeder Bieter angemessen über die Kriterien und Modalitäten unterrichten kann, anhand deren das wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt wird. Die öffentlichen Auftraggeber haben daher die Zuschlagskriterien und deren jeweilige Gewichtung anzugeben, und zwar so rechtzeitig, dass diese Angaben den Bietern bei der Erstellung ihrer Angebote bekannt sind. Die öffentlichen Auftraggeber können in begründeten Ausnahmefällen, die zu rechtfertigen sie in der Lage sein sollten, auf die Angabe der Gewichtung der Zuschlagskriterien verzichten, wenn diese Gewichtung insbesondere aufgrund der Komplexität des Auftrags nicht im Vorhinein vorgenommen werden kann. In diesen Fällen sollten sie diese Kriterien in der absteigenden Reihenfolge ihrer Bedeutung angeben.

Grundsätzlich sind die Zuschlagskriterien gewichtet anzugeben, wobei die Gewichtung auch in Form einer Marge (Bandbreite der gewichteten Kriterien, innerhalb der sich der Wert eines Kriteriums befinden muss) möglich ist, um dem Auftraggeber unter bestimmten Voraussetzungen einen gewissen Spielraum zu ermöglichen. Die Größe der Marge wird abhängig von der Art der auszuschreibenden Leistung festzusetzen, in der Regel jedoch sehr klein sein. Wenn die Gewichtung auch im Wege einer Marge aus nachvollziehbaren Gründen nicht möglich ist, kann sich der Auftraggeber auf eine bloße Reihung beschränken; beweispflichtig für das Vorliegen solcher Gründe ist der Auftraggeber.

Beschließen die öffentlichen Auftraggeber, dem wirtschaftlich günstigsten Angebot den Zuschlag zu erteilen, so bewerten sie die Angebote unter dem Gesichtspunkt des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses. Zu diesem Zweck legen sie die wirtschaftlichen und qualitativen Kriterien fest, anhand deren insgesamt das für den öffentlichen Auftraggeber wirtschaftlich günstigste Angebot bestimmt werden kann. Die Festlegung dieser Kriterien hängt insofern vom Auftragsgegenstand ab, als sie es ermöglichen müssen, das Leistungsniveau jedes einzelnen Angebots im Verhältnis zu dem in den technischen Spezifikationen beschriebenen Auftragsgegenstand zu bewerten sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis jedes Angebots zu bestimmen.

Damit die Gleichbehandlung gewährleistet ist, müssen die Zuschlagskriterien einen Vergleich und eine objektive Bewertung der Angebote ermöglichen. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, versetzen die wirtschaftlichen und qualitativen Zuschlagskriterien wie auch die Kriterien über die Erfüllung der Umwelterfordernisse den öffentlichen Auftraggeber in die Lage, auf Bedürfnisse der betroffenen Allgemeinheit, so wie es in den Leistungsbeschreibungen festgelegt ist, einzugehen. Unter denselben Voraussetzungen kann ein öffentlicher Auftraggeber auch Kriterien zur Erfüllung sozialer Anforderungen anwenden, die insbesondere den – in den vertraglichen Spezifikationen festgelegten – Bedürfnissen besonders benachteiligter Bevölkerungsgruppen entsprechen, denen die Nutznießer/Nutzer der Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen angehören. Hinsichtlich der Definition der Zuschlagskriterien, deren Charakteristika (enge Verbindung mit dem Auftragsgegenstand) und deren Auswahl und Zulässigkeit wird auf § 2 Z 20 und die Erläuterungen dazu verwiesen.

Neu ist die im letzten Satz des Abs. 3 enthaltene Vorschrift, dass der Zuschlag auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis erfolgt, wenn der Auftraggeber keine Festlegungen betreffend das Zuschlagsprinzip trifft. Nach der bisherigen Rechtslage war unklar, was zu gelten hat, wenn der Auftraggeber derartige Festlegungen unterlässt. Der letzte Satz des Abs. 3 spielt insbesondere eine Rolle im Zusammenhang mit präkludierten Ausschreibungen. Durch den letzten Satz wird ein Zuschlag ermöglicht. Ob die Zuschlagsentscheidung im Lichte des § 80 Abs. 3 korrekt war, kann im Wege eines Nachprüfungsverfahrens geklärt werden, denn die Anwendung des Billigstangebotsprinzips setzt implizit voraus, dass die Angebote vergleichbar sind. Dies folgt insbesondere aus dem Grundsatz eines fairen Wettbewerbs. Der Preis als einziges Zuschlagskriterium ist daher nur dann sachlich gerechtfertigt, wenn ein Vergleichsstandard existiert (der durch die Festlegungen des Auftraggebers fixiert wird) und die Leistungsangebote dementsprechend vergleichbar sind. Eine Zuschlagserteilung auf der Basis des letzten Satzes des Abs. 3 ist somit nur dann korrekt, wenn nach den allgemeinen Vorgaben des ersten Satzes des Abs. 3 die entsprechenden Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen ohnehin erfolgten.

Sofern keine Festlegungen erfolgten besteht für den Auftraggeber unabhängig von der Möglichkeit, die Vorgangsweise gemäß Abs. 3 letzter Satz zu wählen, stets die Möglichkeit, das Vergabeverfahren zu widerrufen oder gegebenenfalls (sofern dies zeitlich noch möglich ist) die Ausschreibung zu berichtigen (in diesem Fall wäre eine Verlängerung der Angebotsfristen zwingend).

Aus Transparenzgründen ist es erforderlich, dass der Auftraggeber gemäß Abs. 6 in den Ausschreibungsunterlagen explizit angibt, wie mit rechnerisch fehlerhaften Angeboten umgegangen wird (vgl. dazu insbesondere § 126 Abs. 4). Bei einem Angebot mit Rechenfehler handelt es sich um eine mit einem evidenten Erklärungsirrtum behaftete Willenserklärung des Bieters (Fehler im Erklärungsakt). Hingegen ist darunter nicht jener Irrtum zu verstehen, wenn ein Bieter zB die Höhe der von ihm zu tragenden Kosten oder den von ihm zu tätigenden Aufwand falsch einschätzt.

Aus den §§ 80 Abs. 6 und 126 Abs. 4 ergeben sich vier Möglichkeiten, wie ein Auftraggeber mit rechnerisch fehlerhaften Angeboten verfahren kann:

1.      Angebote mit einem Rechenfehler von 2 vH oder mehr sind auszuscheiden; Angebote mit einem Rechenfehler von weniger als 2 vH dürfen nach Berichtigung des Rechenfehlers nicht vorgereiht werden.

2.      Angebote mit einem Rechenfehler von 2 vH oder mehr sind auszuscheiden; Angebote mit einem Rechenfehler von weniger als 2 vH werden nach Berichtigung des Rechenfehlers vorgereiht.

3.      Angebote mit einem Rechenfehler dürfen nicht ausgeschieden und nach Berichtigung des Rechenfehlers auch nicht vorgereiht werden.

4.      Angebote mit einem Rechenfehler dürfen nicht ausgeschieden werden; sie sind nach Berichtigung des Rechenfehlers vorzureihen.

Bei den Varianten 3 und 4 werden daher rechnerisch fehlerhafte Angebote unabhängig von der Höhe des Rechenfehlers nicht ausgeschieden. Der Auftraggeber muss bereits in der Ausschreibungsunterlage festlegen, für welche Variante er sich entscheidet. Er darf sich die Entscheidung weder vorbehalten noch darf er eine andere Variante festlegen (Angebote mit Rechenfehlern von weniger als 2 vH dürfen somit keinesfalls ausgeschieden werden). Trifft der Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen keinerlei Festlegung betreffend Rechenfehler, so führt einerseits ein Rechenfehler des Bieters nicht zum Ausscheiden des vom Rechenfehler betroffenen Angebotes, es kann aber auch keine Vorreihung infolge der vom Auftraggeber vorgenommenen Berichtigung erfolgen (somit Variante 3).

Zum Begriff der Vorreihung ist folgendes auszuführen: Ein rechnerisch fehlerhaftes Angebot „vorreihen“ bedeutet, dass dieses Angebot ohne Rechenfehler in der Angebotsreihung einen besseren Platz einnimmt als mit dem Rechenfehler. Um festzustellen, ob es zu einer Vorreihung kommt, müssen somit zu Vergleichszwecken zwei „Angebotsreihungen“ durchgeführt werden. Zu beachten ist, dass bei der Angebotsreihung alle Zuschlagskriterien zu berücksichtigen sind. Bei einer Vergabe nach dem Bestangebotsprinzip kann es daher auch dann zu einer Vorreihung kommen, wenn sich an der rein preislichen Reihung der Angebote durch die Berichtigung des Rechenfehlers nichts ändert; umgekehrt erstreckt sich aber auch ein Vorreihungsverbot auf das gesamte Angebot, und nicht nur auf die rein preisliche Bewertung.

Angebote, die weder ausgeschieden noch vorgereiht werden dürfen, verbleiben in der Angebotsreihung. Sie sind bei der Ermittlung des Zuschlagsempfängers wie gültige Angebote zu behandeln (das spielt insbesondere dann eine Rolle, wenn die Preise der einzelnen Angebote relativ zum Preis des Billigstbieters beurteilt werden und das korrigierte Angebote nach der Korrektur zum billigsten Angebot wird und sich damit die Bewertung der anderen Angebote ändert). Ein gegebenenfalls korrigierter Preis kann sich daher trotz Anwendung des Vorreihungsverbotes auf die anderen Angebote auswirken. Die berichtigten Angebote dürfen lediglich bei der Zuschlagsentscheidung nicht jenen Angeboten vorgezogen werden, die vor Korrektur des Rechenfehlers vor ihnen gereiht waren.

Wie sich insbesondere aus § 126 Abs. 4 (arg. „erhöhend oder vermindern“) ergibt, können sich Rechenfehler zu Gunsten oder zu Lasten des Bieters auswirken, der sie gemacht hat.

Zu § 81 (Alternativangebote):

Das bisherige alternativangebotsfreundliche System des BVergG wurde in Entsprechung des Art. 24 der RL 2004/18/EG wesentlich umgestaltet. Als Grundsatz gilt nunmehr, dass Alternativangebote nur dann zulässig sind, wenn sie vom Auftraggeber zugelassen werden. Enthalten die Ausschreibungsunterlagen keine dahingehende Aussage, so sind Alternativangebote nicht zulässig. Wie bereits bisher sind Alternativangebote bei Auftragsvergaben nach dem Billigstangebotsprinzip jedenfalls ausgeschlossen (besonders verdeutlicht durch die Einleitung des Abs. 1 „Nur …“). Die im BVergG 2002 enthaltene Unterscheidung zwischen wirtschaftlichen oder rechtlichen Alternativen einerseits und technischen Alternativen anderseits ist durch die Neugestaltung entbehrlich. Falls der Auftraggeber Alternativangebote zulässt, kann er weiters die Zulässigkeit einzelner Typen von Alternativangeboten (wirtschaftliche, rechtliche oder technische Alternativen) ohne weitere Voraussetzungen (d.h. auch ohne Begründung) ausschließen (vgl. dazu Abs. 1 Satz 2: „ob und welche Art von Alternativangeboten zugelassen sind“). Die Nichtzulassung von Alternativangeboten ist ebenfalls nicht begründungsbedürftig.

Sofern Alternativangebote zugelassen sind, gilt es folgendes zu beachten: Der Rechnungshof stellte fest, dass sich vielfach Alternativangebote einer seriösen Überprüfung auf ihre Vergleichbarkeit mit den übrigen Angeboten entziehen und dadurch die Bestbieterermittlung erschwert würde. Er empfahl deshalb, die Kriterien exakt festzulegen, nach denen Alternativangebote bei einer Angebotsprüfung zu bewerten sind.

Zu den Mindestanforderungen, die ein Alternativangebot erfüllen muss bzw. zur Vergleichbarkeit siehe auch die Aussagen des EuGH in der Rs C‑421/01,Traunfellner, wo der Gerichtshof ausgesprochen hat, dass der Auftraggeber, wenn er Alternativangebote zulässt, verpflichtet ist, die Mindestanforderungen, die ein Alternativangebot erfüllen muss, zu erläutern. Eine bloße Verweisung auf eine nationale Rechtsvorschrift, in der lediglich zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Alternativangebot die Erbringung einer qualitativ gleichwertigen Leistung sicherstellen muss, entspricht dieser Vorgabe nicht. Nur durch die Erfüllung dieser Transparenzverpflichtung kann überprüft werden, ob der Grundsatz der Gleichbehandlung gewahrt wurde.

Mindestanforderungen „betreffen Eigenschaften oder Ergebnisse, die die ausgeschriebene Leistung kennzeichnen und denen die angebotene Leistung zu genügen hat“, sie konkretisieren die Erwartungen des Auftraggebers an die von ihm ausgeschriebene Leistung. Hat der Auftraggeber keine Angaben zu Mindestanforderungen gemacht, können Alternativangebote nicht berücksichtigt werden. (so GA Alber in seinen SA in der Rs C-421/01, Traunfellner, Rz 62 und 65).

Zu § 82 (Abänderungsangebote):

Die Einführung einer neuen Kategorie von Angeboten – nämlich den Abänderungsangeboten – soll das in der Praxis bestehende Problem beheben, wie bei der Vergabe nach dem Billigstangebotsprinzip mit Angeboten umzugehen ist, die von der ausgeschriebenen Leistung in sehr geringem Ausmaß abweichen. Da bei einer Auftragserteilung auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis Alternativangebote nicht zulässig sind, wären derartige Angebote nach der bisherigen Rechtslage als nicht ausschreibungskonform auszuscheiden gewesen. Ein solches Ausscheiden ist aber in den Fällen als unzweckmäßig anzusehen, in denen die angebotene Leistung mit der vom Auftraggeber verlangten völlig gleichwertig ist. Da Abänderungsangebote technische Abweichungen nicht in einem Ausmaß beinhalten dürfen, wie sie bei Alternativangeboten zulässig sind, ist für die Prüfung, ob es sich bei einem konkreten Angebot noch um ein Abänderungsangebot handelt, ein strenger Maßstab anzulegen. Der durch die Regelung des Abs. 1 zweiter Satz eingeräumte Gestaltungsspielraum ermöglicht es dem Auftraggeber auch, Abänderungsangebote nur hinsichtlich einzelner – von ihm in den Ausschreibungsunterlagen zu bezeichnender – Positionen zuzulassen und gegebenenfalls bestimmte Mindestanforderungen vorzuschreiben.

Abweichend vom System des § 81 bei Alternativangeboten sind Abänderungsangebote, sofern der Auftraggeber nicht anderes festgelegt hat zulässig. Der Auftraggeber kann jedoch ohne Angabe von Gründen die Zulässigkeit von Abänderungsangebote ausschließen. Ein Erfordernis einer sachlichen Rechtfertigung für den Ausschluss von Abänderungsangeboten existiert nicht.

Zu § 83 (Subunternehmer):

Die Regelung setzt Art. 25 der RL 2004/18/EG um, trifft aber zusätzliche Regelungen im Zusammenhang mit Subunternehmerleistungen. Regelungen betreffend Subunternehmer finden sich darüber hinaus noch in § 103 Abs. 3 (Nachweis der Leistungsfähigkeit durch Subunternehmer im zweistufigen Verfahren) sowie in § 108 Abs. 1 Z 2 (Bekanntgabe der Subunternehmer im Angebot).

Die Möglichkeit, die Weitergabe des gesamten Auftrages als unzulässig vorzusehen, ergibt sich aus dem Erkenntnis des EuGH in der Rs C-314/01; Siemens und ARGE Telekom, in der der Gerichtshof sich ausschließlich auf die Situation bezog, dass „Teile“ der Leistung nicht weitergegeben werden durften. In diesem Sinne bezieht sich auch Art. 25 der RL 2004/18/EG nur auf den „Teil des Auftrags“, den der Bieter gegebenenfalls im Wege von Unteraufträgen an Dritte zu vergeben gedenkt.

Da ein Unternehmer den Nachweis seiner Leistungsfähigkeit jedenfalls dadurch erbringen kann, dass er die tatsächliche Verfügbarkeit von Kapazitäten eines leistungsfähigen Dritten nachweist (siehe dazu § 76 sowie die Erläuterungen dazu), kann die bisherige Regelung (Erbringung des wesentlichen Leistungsteils durch den Auftragnehmer) nicht mehr aufrechterhalten werden. Der Auftraggeber hat in der Ausschreibung festzulegen, ob der Bieter alle Subunternehmer bekannt zu geben hat oder nicht (hinsichtlich der „erforderlichen“ Subunternehmer ist dies für den Bieter auf Grund von § 108 Abs. 1 Z 2 jedenfalls geboten). Der Subunternehmer muss jedenfalls über die für die Ausführung seines Teiles erforderliche Eignung verfügen.

Zu § 83 dritter Satz ist anzumerken, dass die Zulässigkeitsregel betreffend die Weitergabe von Teilen der Leistung hinsichtlich der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nur dann gilt, wenn der Unternehmer die Subunternehmer zur Darlegung seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit benötigt.

Zu § 84 (Einhaltung rechtlicher Bestimmungen):

Im Einklang mit den einschlägigen EG-Vorschriften (vgl. Art. 27 der RL 2004/1^8/EG) ist von allen Auftragnehmern die Einhaltung sämtlicher arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften zu verlangen, die für innerhalb Österreichs durchzuführende Arbeiten maßgeblich sind. Andernfalls wären bei Außerachtlassung der maßgeblichen arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften grobe Wettbewerbsverzerrungen möglich. Insbesondere ist im gegebenen Zusammenhang die Beachtung der einschlägigen arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften sowie der kollektivvertragsrechtlichen Regelungen als feste Bestandteile des Vergabevertrages vorzusehen. Im Wege der Ausschreibung sind die künftigen Auftragnehmer zu verhalten, sich den Verpflichtungen, die sich aus den einschlägigen Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation ergeben, zu unterwerfen. Diese Verpflichtungen beziehen sich im Wesentlichen auf arbeitsrechtliche, insbesondere lohnrechtliche, Bestimmungen und dienen dem Schutz der Arbeitnehmer in den Betrieben der Auftragnehmer. Die bis zur Beschlussfassung des Gesetzes bereits ratifizierten und in Kraft getretenen ILO-Abkommen sollen ebenfalls in das Gesetz aufgenommen werden (vgl. dazu auch Anhang XXIII der RL 2004/17/EG). Diese Abkommen betreffen die Vereinigungsfreiheit, die Abschaffung der Zwangsarbeit, die Abschaffung der Kinderarbeit, den Mutterschutz und die Diskriminierung am Arbeitsplatz. Es ergeben sich daraus keine neuen Verpflichtungen, da alle Verpflichtungen bereits in die einschlägigen österreichischen Gesetze aufgenommen wurden.

Nach Zuschlagserteilung kann der Auftraggeber gegen den Auftragnehmer daher erforderlichenfalls die Einhaltung der genannten Regelungen auf Grund des Leistungsvertrages im Klageswege durchsetzen.

Zur Gewährleistung der dabei erforderlichen Transparenz ist in Abs. 2 vorgesehen, dass in der Ausschreibung jeweils anzugeben ist, bei welchen Stellen Auskünfte über die für die Durchführung des Auftrages maßgeblichen arbeits- und sozialrechtlichen Verpflichtungen erhältlich sind.

Die Kommission hat in ihrer Mitteilung über die Berücksichtigung von sozialen Aspekten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge betont, dass die Ausführungsphase in den Richtlinien derzeit nicht geregelt ist. Auftraggeber können daher Vertragsklauseln über die Auftragsausführung festlegen. Abs. 2 sieht demzufolge vor, dass bei der Durchführung eines Auftrages in Österreich die in Österreich geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften einzuhalten sind. Zu betonen ist, dass die solcher Art verbindlichen Vorschriften zu keiner unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung von ausländischen Bietern führen dürfen.

Die Kommission wies unter Berufung auf das Erkenntnis „Beentjes“ darauf hin, dass derartige Klauseln oder Bedingungen nur unter Beachtung aller Verfahrensvorschriften der Richtlinien, insbesondere der Publizitätsvorschriften, zur Anwendung gelangen dürfen. Außerdem muss die Transparenz durch Erwähnung dieser Bedingungen in der Auftragsbekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen sichergestellt werden, damit alle Bewerber oder Bieter sie zur Kenntnis nehmen können. Diesem Erfordernis tragen insbesondere die letzten beiden Sätze des Abs. 2 Rechnung. Vertragsklauseln über die Auftragsausführung dürfen keine offene oder versteckte technische Spezifikation enthalten. Sie dürfen auch weder die Prüfung der fachlichen Eignung der Bieter auf der Grundlage ihrer wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Leistungsfähigkeit noch die Zuschlagskriterien betreffen. Angebote von Bietern, die solche Auftragsbedingungen nicht akzeptieren, entsprechen nicht den Ausschreibungsbestimmungen und sind gemäß § 129 Abs. 1 Z 7 auszuscheiden. Dagegen kann nicht verlangt werden, dass diese Auftragsausführungsbedingungen schon bei der Angebotsabgabe eingehalten werden.

Auf die einschlägige Judikatur des EuGH in diesem Bereich (vgl. C-164/99 sowie C-165/98) wird verwiesen.

Im Erwägungsgrund 34 der RL 2004/18/EG wird dazu Folgendes festgehalten: „Die im Bereich der Arbeitsbedingungen und der Sicherheit am Arbeitsplatz geltenden nationalen und gemeinschaftlichen Gesetze, Regelungen und Tarifverträge sind während der Ausführung eines öffentlichen Auftrags anwendbar, sofern derartige Vorschriften sowie ihre Anwendung mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind. Für grenzüberschreitende Situationen, in denen Arbeitnehmer eines Mitgliedstaats Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat zur Ausführung eines öffentlichen Auftrags erbringen, enthält die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. L 18 vom 21.1.1997 S. 1) die Mindestbedingungen, die im Aufnahmeland in Bezug auf die entsandten Arbeitnehmer einzuhalten sind. Enthält das nationale Recht entsprechende Bestimmungen, so kann die Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen als eine schwere Verfehlung oder als ein Delikt betrachtet werden, das die berufliche Zuverlässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers in Frage stellt und dessen Ausschluss vom Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags zur Folge haben kann.“

Zu § 85 (Sicherstellung):

Auf die Definitionen in § 2 Z 32 sowie die Erläuterungen dazu wird hingewiesen.

Da Auftraggeber in der Praxis zumeist Bankgarantien als Sicherungsmittel vorschreiben, macht Abs. 2 die Vorschreibung von Bankgarantien durch den Auftraggeber zur Regel. Allerdings wird es dem Bieter freigestellt, die Bankgarantie durch andere Sicherstellungsmittel zu ersetzen.

Zu § 86 (Vadium):

Falls ein Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen keinen Nachweis über den Erlag des Vadiums vorschreibt, dann wäre ein Ausscheiden des Angebotes gemäß § 129 Abs. 1 Z 5 wegen des mangelnden Nachweises des Erlages des Vadiums unzulässig. Weitergehende Schadenersatzansprüche des Auftraggebers werden vom Verfall des Vadiums nicht berührt. Der Widerruf erfasst alle Arten des Widerrufes, somit auch den Widerruf durch „Aussitzen“ (siehe § 140 Abs. 8).

Zu § 87 (barrierefreies Bauen):

Die Regelung entspricht § 73 BVergG 2002.

§ 87 verfolgt das Ziel, die behindertengerechte Ausgestaltung von Bauwerken zu gewährleisten (vgl. dazu auch die Entschließung des Nationalrates E 172-NR/XX. GP vom 21. April 1999; StenProtNR XX. GP 165. Sitzung, S 151 ff). Viele Bauordnungen der Länder enthalten weitgehende Vorschriften betreffend das barrierefreie Bauen (vgl. u.a. § 106a Wr. BauO). Durch § 87 wird festgelegt, dass die Ausschreibungsunterlagen zwingend auf diese Vorschriften Bezug zu nehmen haben und nur – falls solche Regelungen fehlen – die im Abs. 1 Z 1 bis 4 vorgesehenen Mindesterfordernisse barrierefreien Bauens vorzusehen sind. Von der Verpflichtung des Abs. 1 kann nur unter den engen Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 abgesehen werden.

Falls ein Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen von den Grundsätzen des barrierefreien Bauens abzuweichen beabsichtigt, so ist dies gemäß Abs. 2 nur dann zulässig, wenn er – nach vorherigem Einholen einer Stellungnahme einer Vertretungsorganisation für Menschen mit Behinderungen – davon ausgehen kann, dass aus der Sicht dieser Gruppe für dieses spezifische Bauobjekt oder Teile davon keine Notwendigkeit des Zutrittes besteht. Ob Menschen mit Behinderung als Benutzer oder Besucher Zutritt suchen, ist dabei unerheblich.

Bei Zu- und Umbauten kommt eine Anwendung der Grundregeln des barrierefreien Bauens gemäß Abs. 3 nur soweit in Betracht, als dies einerseits dem bestehenden Bedarf entspricht und andererseits kostenmäßig vertretbar erscheint.

Zu § 88 (Übermittlung der Ausschreibungsunterlagen):

Zur Regelung des Abs. 1 ist auf die Möglichkeit der Fristverkürzung nach § 62 Abs. 2 hinzuweisen. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit soll an dieser Stelle ein ausdrücklicher Hinweis auf die für das offene Verfahren maßgebliche Regelung des § 58 Abs. 1 aufgenommen werden. Die in Abs. 4 enthaltenen Geheimhaltungspflichten werden auch in allfälligen Nachprüfungsverfahren zu beachten sein.

Zu § 89 (Kosten der Unterlagen):

Durch den Klammerausdruck in Abs. 3 soll klargestellt werden, dass unter die Herstellungskosten auch die Vervielfältigungskosten zu subsumieren sind.

Zu § 90 (Berichtigung der Ausschreibung):

Die Regelung dient vor allem dem Schutz der Bieter. Jede Veränderung der Ausschreibungsbedingungen ohne Benachrichtigung der Bieter ist geeignet, einerseits beim Bieter „vergebliche“ Aufwendungen zu erzeugen, andererseits zu einer Mangelhaftigkeit der Angebote mit den sich daran knüpfenden Folgen zu führen. Auch die Benachrichtigung der Bieter von Berichtigungen soll dazu beitragen, allfällige Kosten und damit verbunden allfällige Schadenersatzansprüche zu vermeiden.

Dieser Verpflichtung des Auftraggebers entspricht die Obliegenheit des Unternehmers gemäß § 106 Abs. 6, allfällige aus der Sicht des Unternehmers erforderliche Berichtigungen dem Auftraggeber umgehend mitzuteilen. Auf die Verpflichtung zur Verlängerung der Angebotsfrist gemäß § 57 Abs. 2 ist ebenfalls hinzuweisen.

Zu § 91 (Festlegungen für die Abgabe elektronischer Angebote):

wie im BVergG 2002 ist vorgesehen, dass wenn in der Ausschreibung keine Angaben über die Zulässigkeit elektronischer Angebote enthalten sind, derartige Angebote unzulässig sind.

Zu Abs. 2 ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 113 Abs. 1 ein Bieter neben seinem elektronischen Angebot kein Angebot in Papierform abgeben darf.

Zu den §§ 92 bis 94 (Kommunikationswege, Dokumentenformate und Verschlüsselung):

Die Regelungen entstammen der E-Procurement-Verordnung (§§ 3 bis 5).

Gemäß § 92 hat der Auftraggeber nicht diskriminierend festzulegen, auf welchem Weg bzw. auf welchen Wegen elektronische Angebote bei ihm eingereicht werden können. Nicht erlaubt ist die Vorschreibung „exotischer“ (d.h. nicht allgemein gebräuchlicher) Kommunikationswege, da dadurch der Marktzugang von Unternehmen unzulässig eingeschränkt werden würde. Die gebräuchlichsten Formen der elektronischen Kommunikation stellen derzeit E-Mail und Internet (z.B. Elektronische Marktplätze, Vergabeplattformen) dar. Der überwiegende Teil der Unternehmer verfügt bereits standardmäßig über E-Mail und Internetzugang sodass die Vorschreibung dieser Kommunikationswege nicht zu Diskriminierungen führt.

Um sicher zu stellen, dass während der Übermittlung der elektronischen Angebote keine unerlaubten Zugriffe und Manipulationen erfolgen, hat der Auftraggeber die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, dass die Übertragung der elektronischen Angebote auf gesicherte Weise erfolgt.

Eine Übertragung ist als gesichert anzusehen, wenn die kryptographischen Sicherungsmethoden vom Sender bis zum tatsächlichen Empfänger wirksam werden (Ende-zu-Ende). Bei einer derartigen von Ende-zu-Ende gesicherten Verbindung ist sichergestellt, dass unberechtigte Dritte diesen Kommunikationsweg nicht kompromittieren können. Es gibt unterschiedliche Verfahren (z.B. SSL, TLS, PGP, etc.), eine derartige Ende-zu-Ende Verbindung umzusetzen. In jedem Fall müssen dabei die Daten nicht nur verschlüsselt sein, sondern es muss der Empfänger (und bei einer Kommunikation, die in beide Richtungen Daten übermittelt, z.B. HTTP/Internet der Sender und der Empfänger) identifiziert sein. In der Regel wird dies durch ein Zertifikat zur Verschlüsselung auf der Server- und auf der Clientseite umgesetzt. Die dazu notwendigen Verfahren sind in allen Standard-Internetbrowsern umgesetzt. Es dürfen bei derartigen gesicherten Verbindungen nur hinreichend starke Schlüssel für die Identifikation und für die Verschlüsselung an sich eingesetzt werden (vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 94). Die Verschlüsselung auf den Kommunikationswegen wird sich im Allgemeinen von der verschlüsselten Ablage der Angebote unterscheiden. Sofern die restlichen Bedingungen und insbesondere auch die Sicherstellung, dass ein Zugriff auf die Dokumente erst ab Angebotsöffnung möglich ist, eingehalten werden können, wäre auch die Verwendung der gleichen Schlüssel und Methoden möglich.

Gemäß § 93 steht es dem Auftraggeber frei, entweder nur die Dokumentenformate anzugeben, die er entgegen nehmen kann (abhängig von seiner jeweiligen technischen Ausstattung), oder den Bietern beispielsweise durch Download von einem zu bezeichnenden Website die zu verwendende Software zur Verfügung zu stellen. Die Festlegung der zu verwendenden Dokumentenformate hat „nicht diskriminierend“ zu erfolgen, d.h. insbesondere, dass proprietäre Lösungen (zB für einen spezifischen Anwender entwickelte Dokumentenformate), die nur mit einem erheblichen (finanziellen) Aufwand beschafft werden können, ausgeschlossen sind. Für in einem einzigen Dokument erstellte Angebote und für Angebotshauptteile dürfen nur Dokumentenformate vorgeschrieben werden, die mit einer sicheren elektronischen Signatur versehen werden können (zB PDF, XML, Datenträger gemäß der ÖNORM B 2063). Für sonstige Angebotsbestandteile (Unterlagen, Nachweise, Pläne usw.) können auch Dokumentenformate festgelegt werden, die nicht sicher signierfähig sind. Legt der Auftraggeber keine Dokumentenformate fest oder legt er nur sicher signierbare Dokumentenformate fest, so kann der Bieter die Dokumentenformate, die er für die Angebotserstellung benötigt (sicher signierfähig oder sonstige), unter Beachtung der Regelung des § 114 Abs. 1 (allgemeine Verfügbarkeit, nicht diskriminierende Formate) selbst festlegen.

Dass Angebote bzw. Angebotshauptteile mit einer sicheren elektronischen Signatur versehen und auch verschlüsselt werden müssen, entspricht den derzeit europaweit gepflogenen Standards (vgl. zB das Pilotprojekt des Beschaffungsamtes des Bundesministeriums des Inneren in Deutschland, http://www.bescha.bund.de). Die Verschlüsselung unterstützt insbesondere die Gewährleistung der Vertraulichkeit des Inhalts von Dokumenten, welche durch die alleinige Verwendung einer sicheren Signatur nicht gewährleistet ist, da der Dokumenteninhalt lesbar bleibt.

Dem technologieneutralen Ansatz des Gesetzes folgend, schreibt § 94 Abs. 1 selbst kein bestimmtes Ver- bzw. Entschlüsselungsverfahren vor. Das derzeit am häufigsten verwendete Ver- und Entschlüsselungsverfahren ist das so genannte „Public-Key-Verfahren“ (zB RSA). Dabei gibt der Auftraggeber den Bietern seinen öffentlichen Schlüssel bekannt bzw. das Trustcenter, bei dem dieser bezogen werden kann. Mit diesem sind die Angebote zu verschlüsseln. Die Entschlüsselung erfolgt mit dem geheimen privaten Schlüssel des Auftraggebers. Um sicher zu stellen, dass kein Zugriff auf diesen privaten Schlüssel vor Ablauf der Angebotsfrist erfolgt, kann dieser beispielsweise bei einem „elektronischen Notar“ hinterlegt werden. Auch die Verwahrung der entsprechenden Smartcards in einem Safe bis zum Ablauf der Angebotsfrist wäre denkbar. Daneben kann aber auch – sofern der Auftraggeber dies zulässt – ein symmetrisches Verschlüsselungsverfahren eingesetzt werden (Ver- bzw. Entschlüsselung mit einem identen geheimen Schlüssel). Jedenfalls muss durch die Organisation der Schlüssel die Geheimhaltung der Angebotsinhalte bis zur Angebotsöffnung sichergestellt sein. Zudem muss durch Prozeduren und Verfahren verhindert werden, dass zwei Parteien (Bieter) den gleichen Schlüssel verwenden können.

§ 94 Abs. 2 verlangt einen Verschlüsselungsstandard einer „starken Verschlüsselung“ gemäß dem jeweiligen Stand der Technik. Derzeit wird diesem Erfordernis bei einem asymmetrischen Verschlüsselungsverfahren mit einer Schlüssellänge von mindestens 1.024 Bits, bei einem symmetrischen Verfahren durch eine Schlüssellänge von mindestens 128 Bits entsprochen. Neben der Bitlänge der Schlüssel ist bei einem starken Verfahren zur Verschlüsselung aber auch noch die Zufälligkeit der erzeugten Schlüssel sicherzustellen. Ein Zufall ist dann für Verschlüsselung verwendbar, wenn sich das Ergebnis, in diesem Fall der Schlüssel, weder aus dem Zustand des Rechners noch aus vorhergehend oder nachfolgend erzeugten Zufallswerten ermitteln lässt. Die gemäß der Bestimmung zulässigen kryptographischen Zufallsfolgen haben daher folgende Eigenschaften: statistisch zufällige Verteilung, Unvorhersehbarkeit und Nicht-Reproduzierbarkeit.

Es existieren eine Vielzahl von Diensteanbietern, die derartige Verschlüsselungstechniken anbieten (vgl. etwa „Pretty Good Privacy (PGP)“, http://www.pgp.com).

Zu § 95 (Arten der Leistungsbeschreibung):

Die in dieser Form neue Bestimmung soll die beiden Arten der Leistungsbeschreibung, die konstruktive und die funktionale Leistungsbeschreibung generell definieren.

Zu § 96 (Grundsätze der Leistungsbeschreibung):

Durch die Formulierung der Abs. 1 und 2 sollen die Unterschiede zwischen der konstruktiven und der funktionalen Leistungsbeschreibung – insbesondere hinsichtlich des unterschiedlichen Vergleichsmaßstabes – deutlich zum Ausdruck gebracht werden.

Zweck einer detaillierten Leistungsbeschreibung ist es, die auf Grund der Ausschreibung einlangenden Angebote vergleichen und daraus das beste Angebot auswählen zu können. Dies setzt voraus, dass die Leistung für die Bieter kalkulierbar ist. Die Planung muss daher vor der Ausschreibung so weit abgeschlossen sein, dass Inhalt und Umfang der Leistung genau beurteilt werden können.

Die Präzisierung der Beschreibung der Leistung darf aber nicht so weit gehen, dass in der Ausschreibung, sofern nicht besondere Umstände dies rechtfertigen (vgl. § 98 Abs. 7 und 8), von vornherein Erzeugnisse eines bestimmten Unternehmers namentlich angeführt werden. Soweit nicht besondere Umstände wie die Wahrung der technischen Einheit bei der Erweiterung oder Instandhaltung von Systemen dies notwendig macht, würde die Ausrichtung der Leistungsbeschreibung nach bestimmten Firmenerzeugnissen den Grundsatz des freien Wettbewerbes verletzen.

Abs. 5 bezieht sich auf die Beschreibung der Leistung. Zur Klarstellung soll  nicht auf „Folgekosten“ oder „Tätigkeiten“ Bezug genommen werden, sondern auf die „kostenwirksamen Faktoren“, die beim Auftraggeber durch die nachgefragte Leistung anfallen bzw. wirksam werden. Bilden daher zukünftige Folgekosten ein Zuschlagskriterium, so sind die damit in Verbindung stehenden Leistungen in der Leistungsbeschreibung anzuführen.

Zu § 97 (Erstellung eines Leistungsverzeichnisses):

§ 97 übernimmt die in der ÖNORM festgelegten Grundsätze für die Erstellung eines Leistungsverzeichnisses.

Gemäß Abs. 2 sind für die Beschreibung oder Aufgliederung der Leistung geeignete Leitlinien (wie ÖNORMen oder standardisierte Leistungsbeschreibungen) heranzuziehen. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung des BVergG 2002 kann jedoch der Auftraggeber in einzelnen Punkten von diesen Leitlinien abweichende Festlegungen treffen, ohne dass dies sachlich zu rechtfertigen wäre. Weicht der Auftraggeber von Leitlinien ab (den Unternehmern ist mitzuteilen welche Leitlinien relevant sind), so hat er diese Abweichungen in den Ausschreibungsunterlagen offen zu legen. Die inhaltliche Grenze hinsichtlich der Möglichkeit von diesen Leitlinien abzuweichen, bildet das Missbrauchsverbot.

Zu Abs. 3 Z 1 ist im Zusammenhang mit Rahmenverträgen (vgl. dazu die Ausführungen vor den §§ 4 bis 6) festzuhalten, dass aufgrund der Eigenart dieser Auftragsart die Positionsangaben nicht exakt festgelegt werden können. In diesem Sinne ist daher auch die Wortfolge „so genau wie möglich mengenmäßig zu bestimmen“ im Zusammenhang mit Rahmenverträgen dahingehend zu verstehen, dass Mengenangaben auf Positionsebene nicht zwingend sind. Es reicht, wenn Mengengerüste in Form der zu erwartenden Leistungsgruppen festgelegt werden.

Zu § 98 (Technische Spezifikationen):

Die Regelung setzt Art. 23 der RL 2004/18/EG um.

Allgemein wird einleitend zu dieser Bestimmung auf die Judikatur des EuGH (vgl. Rs C‑45/87, C‑359/93) und die bereits zitierten Mitteilungen der Kommission betreffend die Möglichkeiten der Berücksichtigung von ökologischen und sozialen Aspekten im Vergabeverfahren (vgl. KOM(2001) 274 vom 4. Juli 2001 und KOM(2001) 256 vom 15. Oktober 2001) verwiesen.

In Erwägungsgrund 29 der RL 2004/18/EG heißt es dazu: „Die von öffentlichen Beschaffern erarbeiteten technischen Spezifikationen sollten es erlauben, die öffentlichen Beschaffungsmärkte für den Wettbewerb zu öffnen. Hierfür muss es möglich sein, Angebote einzureichen, die die Vielfalt technischer Lösungsmöglichkeiten widerspiegeln. Damit dies gewährleistet ist, müssen einerseits Leistungs- und Funktionsanforderungen in technischen Spezifikationen erlaubt sein, und andererseits müssen im Falle der Bezugnahme auf eine europäische Norm – oder wenn eine solche nicht vorliegt, auf eine nationale Norm – Angebote auf der Grundlage gleichwertiger Lösungen vom öffentlichen Auftraggeber geprüft werden. Die Bieter sollten die Möglichkeit haben, die Gleichwertigkeit ihrer Lösungen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Nachweisen zu belegen. Die öffentlichen Auftraggeber müssen jede Entscheidung, dass die Gleichwertigkeit in einem bestimmten Fall nicht gegeben ist, begründen können. Öffentliche Auftraggeber, die für die technischen Spezifikationen eines Auftrags Umweltanforderungen festlegen möchten, können die Umwelteigenschaften - wie eine bestimmte Produktionsmethode - und/oder Auswirkungen bestimmter Warengruppen oder Dienstleistungen auf die Umwelt festlegen. Sie können – müssen aber nicht – geeignete Spezifikationen verwenden, die in Umweltgütezeichen wie z.B. dem Europäischen Umweltgütezeichen, (pluri)nationalen Umweltgütezeichen oder anderen Umweltgütezeichen definiert sind, sofern die Anforderungen an das Gütezeichen auf der Grundlage von wissenschaftlich abgesicherten Informationen im Rahmen eines Verfahrens ausgearbeitet und erlassen werden, an dem interessierte Kreise – wie z.B. staatliche Stellen, Verbraucher, Hersteller, Händler und Umweltorganisationen – teilnehmen können, und sofern das Gütezeichen für alle interessierten Parteien zugänglich und verfügbar ist. Die öffentlichen Auftraggeber sollten, wo immer dies möglich ist, technische Spezifikationen festlegen, die das Kriterium der Zugänglichkeit für Personen mit einer Behinderung oder das Kriterium der Konzeption für alle Benutzer berücksichtigen. Die technischen Spezifikationen sind klar festzulegen, so dass alle Bieter wissen, was die Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers umfassen.“

Zu den Normen bzw. Spezifikationen wird auf die Definitionen in § 2 Z 17, Z 19, Z 23, Z 33 und Z 34 verwiesen.

Abs. 2 legt die Reihenfolge der Bezugnahme fest, falls technische Spezifikationen mit Hilfe von Normen festgelegt werden sollen.

Der im BVergG 2002 gewählte Ansatz – Beschreibung der Leistung durch technische Normen oder in Form von Leistungs- und Funktionsanforderungen sowie jedwede Kombinationsform – wird beibehalten. Die Leistungsbeschreibung mittels Leistungs- und Funktionsanforderungen bietet sich an, wenn der Auftraggeber lediglich das zu realisierende Ziel exakt definieren kann, die Wege zu dessen Realisierung jedoch nicht kennt oder von Unternehmern innovative Lösungsmöglichkeiten angeboten bekommen möchte. Hervorzuheben ist, dass jede Bezugnahme auf Normen, d.h. zB auch eine Bezugnahme auf Europäische Normen, mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ zu versehen ist.

Abs. 6 enthält eine Spezialvorschrift für die Verwendung von Umweltzeichen als Referenzgröße für technische Spezifikationen. Als „anerkannte Stellen“ sind die Prüf- und Eichlaboratorien sowie die Inspektions- und Zertifizierungsstellen anzusehen, die den einschlägigen anzuwendenden europäischen Normen entsprechen. Dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung entsprechend müssen daher auch Bescheinigungen von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen anerkannten Stellen akzeptiert werden.

Auf die Bestimmung in Abs. 7, wonach eine Angabe von Warenzeichen, Patenten oder Typen sowie eines bestimmten Ursprungs mit dem Zusatz „oder gleichwertiger Art“ nur dann zulässig ist, wenn der Auftragsgegenstand nicht auf andere Weise durch hinreichend genaue, allgemein verständliche Bezeichnungen beschrieben werden kann, wird besonders hingewiesen.

Die Vorschreibung einer bestimmten Produktionsmethode wird durch diese Bestimmung in bestimmten Grenzen für zulässig erklärt (vgl. dazu auch die Definition der Technischen Spezifikation in § 2 Z 34 „… Produktionsprozesse und –methoden“). So kann etwa auf Grund dieser Bestimmung beim Einkauf der Ware „Strom“ vorgeschrieben werden, dass der nachgefragte Strom auf bestimmte Weise produziert wird (wiedererneuerbare Energieträger).

Zu § 99 (Vertragsbestimmungen):

Abs. 1 enthält eine Aufzählung jener Punkte, für die erforderlichenfalls im Leistungsvertrag Festlegungen zu treffen sind, und erfüllt die Funktion einer „Checkliste“. Anders als in der ÖNORM werden im Gesetz selbst keine detaillierten Regelungen angeführt.

Zu Abs. 1 Z 13 ist auf die Ausführungen der Kommission in ihrer Mitteilung betreffend die Berücksichtigung sozialer Aspekte und ferner auf die Judikatur des EuGH (vgl. etwa Rs C‑164/99) hinzuweisen. Auf die allgemeinen Ausführungen zu § 84 Abs. 2 wird verwiesen. Der Auftraggeber verfügt über vielfältige Möglichkeiten, um Vertragsklauseln im sozialen Bereich festzulegen. Als Beispiel seien hier einige Zusatzbedingungen genannt, die ein Auftraggeber dem Auftragnehmer unter Einhaltung der oben genannten Bedingungen auferlegen könnte und die die Berücksichtigung sozialer Belange ermöglichen: die Verpflichtung, Arbeitsuchende, insbesondere Langzeitarbeitslose, einzustellen oder bei der Ausführung des Auftrags Schulungsmaßnahmen für Arbeitslose oder Jugendliche durchzuführen; die Verpflichtung, bei der Ausführung des Auftrags Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit zwischen Mann und Frau oder der ethnischen und rassischen Vielfalt durchzuführen; die Verpflichtung, die Bestimmungen der grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeits-Organisation (IAO) bei der Ausführung des Auftrags einzuhalten, falls diese nicht bereits im nationalen Recht verankert sind; die Verpflichtung, zur Auftragsausführung eine größere Zahl von Behinderten einzustellen, als von der nationalen Gesetzgebung des Mitgliedstaates, in dem der Auftrag ausgeführt wird oder der Auftragnehmer ansässig ist, verlangt wird.

Ähnliche Ausführungen finden sich nunmehr auch im Erwägungsgrund 33 der RL 2004/18/EG, wo es heißt: „Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags sind mit dieser Richtlinie vereinbar, sofern sie nicht unmittelbar oder mittelbar zu einer Diskriminierung führen und in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen angegeben sind. Sie können insbesondere dem Ziel dienen, die berufliche Ausbildung auf den Baustellen sowie die Beschäftigung von Personen zu fördern, deren Eingliederung besondere Schwierigkeiten bereitet, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen oder die Umwelt zu schützen. In diesem Zusammenhang sind z.B. unter anderem die – für die Ausführung des Auftrags geltenden – Verpflichtungen zu nennen, Langzeitarbeitslose einzustellen oder Ausbildungsmaßnahmen für Arbeitnehmer oder Jugendliche durchzuführen, oder die Bestimmungen der grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), für den Fall, dass diese nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt worden sind, im Wesentlichen einzuhalten, oder ein Kontingent von behinderten Personen einzustellen, das über dem nach nationalem Recht vorgeschriebenen Kontingent liegt.“

Abs. 1 Z 13 spielt ferner eine wesentliche Rolle im Zusammenhang mit dem Gebot der ökologischen Beschaffung (vgl. § 19 Abs. 5). Als Beispiele für ökologische Ausführungsbedingungen können angeführt werden: Lieferung/Verpackung von Waren in größeren Partien anstatt einzeln, Wiedergewinnung oder Wiederverwendung von Verpackungsmaterial und gebrauchten Produkten durch den Lieferanten, Lieferung von Waren in wiederverwendbaren Behältnissen, Einsammlung, Rücknahme, Recycling oder Wiederverwendung von Abfall, der während oder nach der Nutzung oder dem Verbrauch eines Produktes anfällt, durch den Lieferanten, Transport und Auslieferung von Chemikalien (zB Reinigungsprodukten) in Konzentratform und Verdünnung am Ort der Verwendung.

Hinsichtlich der Frage, ob eine bestimmte umweltfreundliche Transportart für die Auslieferung von Waren gefordert werden darf, ist festzuhalten, dass dies zulässig ist, sofern dies bei dem betreffenden Auftrag nicht zu einer Diskriminierung führt.

Da die Ausführungsbedingungen des Abs. 1 Z 13 jedenfalls schon auf Grund des § 19 Abs. 1 im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts wie dem Diskriminierungsverbot stehen müssen, wird in Z 13 nicht nochmals auf dieses Erfordernis verwiesen.

Vertragsklauseln, die mit der Ausführung von Lieferaufträgen zusammenhängen, sind nicht unproblematisch, denn Klauseln, die die Anpassung der Organisation, der Struktur oder der Politik eines Unternehmens erforderlich machen würden, das in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, könnten sich als diskriminierend erweisen oder ein ungerechtfertigtes Handelshemmnis darstellen. Es wird daher zu besonderer Vorsicht bei derartigen Vertragsbestimmungen angeraten.

Gemäß Abs. 2 sind, soweit der Auftraggeber diese für erforderlich erachtet, für weitere Festlegungen betreffend den Leistungsvertrag geeignete Leitlinien (wie ÖNORMen oder standardisierte Leistungsbeschreibungen) heranzuziehen. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung des BVergG 2002 kann jedoch der Auftraggeber in einzelnen Punkten von diesen Leitlinien abweichende Festlegungen treffen, ohne dass dies sachlich zu rechtfertigen wäre. Weicht der Auftraggeber von Leitlinien ab (den Unternehmern ist mitzuteilen welche Leitlinien relevant sind), so hat er diese Abweichungen in den Ausschreibungsunterlagen offen zu legen. Die inhaltliche Grenze hinsichtlich der Möglichkeit von diesen Leitlinien abzuweichen, bildet das Missbrauchsverbot.

Zu § 100 (Sonderbestimmungen Unterschwellenbereich):

Um den Auftraggebern im Unterschwellenbereich größere Gestaltungsspielräume einzuräumen (und um vermeidbare Transaktionskosten zu senken), haben Auftraggeber im Unterschwellenbereich die freie Wahl des Zuschlagsprinzips. Es ist darauf aufmerksam zu machen, dass die Anwendung des Billigstangebotsprinzips implizit voraussetzt, dass die Angebote vergleichbar sind. Dies folgt insbesondere aus dem Grundsatz eines fairen Wettbewerbs. Der Preis als einziges Zuschlagskriterium ist daher dann sachlich gerechtfertigt, wenn ein Vergleichsstandard existiert (der durch die Festlegungen des Auftraggebers fixiert wird) und die Leistungsangebote dementsprechend vergleichbar sind.

Zu den §§ 101 bis 105 (Ablauf einzelner Verfahrensarten):

Die §§ 101 bis 105 bilden einen eigenen Abschnitt, der die Regelungen betreffend den Ablauf des offenen, des nicht offenen und des Verhandlungsverfahrens enthält. Im Gegensatz zum BVergG 2002 (vgl. die bisherigen Regelungen der §§ 31 bis 35 und 96 BVergG 2002) werden die Verfahrensabläufe in konsistenter Form geregelt.

§ 101 regelt den Ablauf des offenen Verfahrens (vgl. dazu auch schon die Definition in § 25 Abs. 2). § 101 Abs. 2 beinhaltet implizit die Verpflichtung, dass die Namen der Bieter bis zur Angebotsöffnung geheim zu halten sind (arg. alle Bieter haben ihr Interesse am Verfahren bekundet). Klargestellt werden soll, dass eine im Rahmen eines offenen Verfahrens stattfindende Auktion nicht als Verhandeln iSd Abs. 4 gilt.

§ 102 regelt die Auswahl der Teilnehmer im nicht offenen und im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung. Das „Festhalten“ gemäß § 102 Abs. 1 kann zB in einer Niederschrift oder in Form eines Aktenvermerkes im Vergabeakt erfolgen. Es ist darauf hinzuweisen, dass die minimale Anzahl von drei Teilnehmern im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung (vgl. § 102 Abs. 3) in bestimmten Fällen nicht schlagend werden kann. So ergibt sich etwa bereits aus den Tatbeständen der §§ 28 Abs. 2 Z 2, 4 und 5, 29 Abs. 2 Z 2 und 5, sowie 30 Abs. 2 Z 2, 4 und 5 dass nur ein bestimmter Leistungserbringer in Frage kommen kann. In diesen Fällen kann das Verhandlungsverfahren naturgemäß nur mit dem allein in Frage kommenden Unternehmer abgewickelt werden. Der Verweis auf die „dringlichen, zwingenden Gründe“ in § 102 Abs. 3 ist im Sinne der §§ 28 Abs. 2 Z 3, 29 Abs. 2 Z 3 und 30 Abs. 2 Z 3 zu verstehen. Für die Übermittlung der Aufforderung zur Angebotsabgabe im Sinne des § 102 Abs. 4 gilt die allgemeine Regelung des § 43 Abs. 1.

§ 103 setzt teilweise Art. 40 der RL 2004/18/EG um. Gemäß § 103 Abs. 2 können Teilnahmeanträge „nur“ brieflich oder elektronisch gestellt werden. Der Widerspruch zwischen Art. 42 Abs. 3 der RL 2004/18/EG – keine Kenntnis vom Inhalt der Teilnahmeanträge vor Ablauf der Frist – und Art. 42 Abs. 6 der RL 2004/18/EG – telefonische und per Fax übermittelte Teilnahmeanträge – wird insofern „bereinigt“, als eine telefonische oder per Fax erfolgende Übermittlung eines Teilnahmeantrages nicht zugelassen wird, jedoch Interessenbekundungen auf diese Weise eingebracht werden können.

§ 103 Abs. 3 normiert die Nachweispflicht des Unternehmers für die Subunternehmer, die er für seine Leistungsfähigkeit benötigt („erforderliche Subunternehmer“), wenn er sich an einem zweistufigen Vergabeverfahren beteiligt.

Abweichend von den bisher geltenden Vergaberichtlinien ist in der RL 2004/18/EG (Art. 44 Abs. 3) nunmehr vorgesehen, dass die Auswahlkriterien (bei nicht offenen und Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung) bekannt zu machen sind. Erwägungsgrund 40 der RL führt dazu aus: „Ein öffentlicher Auftraggeber kann die Zahl der Bewerber im nichtoffenen Verfahren und im Verhandlungsverfahren mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung sowie beim wettbewerblichen Dialog begrenzen. Solch eine Begrenzung sollte auf der Grundlage objektiver Kriterien erfolgen, die in der Bekanntmachung anzugeben sind. Diese objektiven Kriterien setzen nicht unbedingt Gewichtungen voraus. Hinsichtlich der Kriterien betreffend die persönliche Lage des Wirtschaftsteilnehmers kann ein allgemeiner Verweis in der Bekanntmachung auf die in Artikel 45 genannten Fälle ausreichen.“

Da es weiterhin dem Auftraggeber überlassen bleiben soll, ob er die Anzahl der aufzufordernden Unternehmer nach oben hin begrenzen möchte oder nicht, wird nur die Mindestanzahl verbindlich festgelegt (§ 103 Abs. 6). Es wird davon abgesehen, eine Höchstzahl der aufzufordernden Unternehmer festzulegen. Dies ist Sache des Auftraggebers und es liegt allein in dessen Ermessen, ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch macht oder nicht. Die Zahl der Unternehmer, die zur Angebotslegung aufgefordert werden, hat aber jedenfalls so groß zu sein, dass ein echter Wettbewerb gewährleistet ist. Dass Auswahlkriterien nicht zu gewichten sind, ergibt sich bereits aus der Definition in § 2 Z 20 lit. a (vgl. dazu auch die Erläuterungen und oben Erwägungsgrund 40).

Während § 103 Abs. 7 zweiter Satz das Festhalten der Begründung für die Bewerberauswahl betrifft, sind in der Niederschrift gemäß Abs. 5 auch die Gründe für den Ausschluss von Teilnahmeanträgen zu dokumentieren. Abs. 7 soll allein die Nachvollziehbarkeit der Auswahl gewährleisten. Ob dies ebenfalls in einer Niederschrift erfolgt, lässt das Gesetz offen (d.h. dies ist einer Entscheidung des Auftraggebers vorbehalten).

Während im BVergG 2002 noch vorgesehen war, dass der Auftraggeber zusätzliche Unternehmer zur Teilnahme einladen konnte, wenn weniger Teilnahmeanträge als die von ihm festgelegte Anzahl einlangten, ist ein derartiges Vorgehen gemäß Art. 44 Abs. 3 zweiter UAbs. der RL 2004/18/EG nunmehr ausdrücklich ausgeschlossen. Dort heißt es vielmehr, dass der Auftraggeber „andere Wirtschaftsteilnehmer, die sich nicht um die Teilnahme beworben haben, … nicht zu demselben Verfahren zulassen“ darf (siehe § 103 Abs. 8). Diese Einschränkung wird auf den Oberschwellenbereich beschränkt (vgl. § 103 Abs. 8 letzter Satz).

§ 104 Abs. 2 enthält das Verhandlungsverbot für nicht offene Verfahren. Klarzustellen ist, dass eine im Rahmen eines nicht offenen Verfahrens stattfindende Auktion nicht als Verhandeln im Sinne des Abs. 2 gilt. § 104 Abs. 3 beinhaltet implizit die Verpflichtung, dass die Namen der Bieter bis zur Angebotsöffnung geheim zu halten sind (arg. alle Bieter wurden zur Angebotsabgabe aufgefordert).

Zu den §§ 102 Abs. 4, 103 Abs. 9 und 104 Abs. 1 ist darauf hinzuweisen, dass Unternehmer nur in jener Form (als Einzelunternehmer als Bietergemeinschaft) ein Angebot legen dürfen, in der sie vom Auftraggeber zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden (vgl. dazu auch die Regelung des § 20 Abs. 2 vorletzter Satz und insbesondere § 129 Abs. 1 Z 10).

Die Bestimmungen der §§ 101 Abs. 2, 104 Abs. 3 und 105 Abs. 6 gehen unter anderem auf die Empfehlung des Berichtes der Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von Korruption im Vergabewesen (1999) Punkt 2.7 zurück, wonach die „vergebende Stelle … alle denkbaren organisatorischen und sonstigen Sicherungsmaßnahmen zu treffen [hat], um die Bieter- bzw. Interessentenliste geheim zu halten“.

§ 105 Abs. 1 Satz 1 legt fest, dass bei Verhandlungsverfahren mit mehreren Bietern zu verhandeln ist („hat … zu verhandeln“). Die Pflicht zum Verhandeln bezieht sich auf alle Bieter (arg. „mit diesen“). Aus Satz 2 folgt, dass bei Verhandlungsverfahren mit nur einem Bieter keine Verhandlungspflicht besteht (arg. „darf“). Hinsichtlich Abs. 1 Satz 1 ergibt sich aus der im Verhältnis zu diesem als lex specialis zu qualifizierenden Bestimmung des Abs. 4, dass bei Verhandlungsverfahren (mit und ohne vorherige Bekanntmachung) im Unterschwellenbereich sowie bei Verhandlungsverfahren mit mehreren Bietern ohne vorherige Bekanntmachung im Oberschwellenbereich der Auftraggeber eine andere Vorgangsweise vorsehen kann (zur Zulässigkeit dieser differenzierenden Regelung siehe unten zu Abs. 4). Aus der Verhandlungspflicht des Abs. 1 Satz 1 folgt, dass zumindest eine Verhandlungsrunde durchzuführen ist (gemäß Abs. 3 wäre dies jedoch offen zu legen). Aus der Pflicht zum Verhandeln gemäß Abs. 1 Satz 1 folgt implizit, dass es dem Auftraggeber verwehrt ist, vor dem Verhandeln eine Auswahl zu treffen, mit welchem oder mit welchen Unternehmern er verhandeln wird. Eine derartige Vorgangsweise ist nur im Rahmen des Abs. 4 zulässig.

Das bisher explizit vorgesehene Verbot bloßer Preisverhandlungen entfällt. Aufgenommen wurde aber eine besondere Bestimmung über die Einhaltung des Diskriminierungsverbotes während der Verhandlungsphase (§ 105 Abs. 1 letzter Satz).

Da die Möglichkeit, ein Verhandlungsverfahren in mehreren Phasen abzuwickeln und die Zahl der teilnehmenden Bieter (exakter: der Angebote; so auch § 105 Abs. 2) zu reduzieren, nunmehr auch in der Richtlinie 2004/18/EG (Art. 30 Abs. 4) ausdrücklich vorgesehen ist, ist es zweckmäßig, auch im BVergG nähere Regelungen dazu zu treffen.

Im Erwägungsgrund 41 heißt es dazu: „Im Rahmen des wettbewerblichen Dialogs und der Verhandlungsverfahren mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung empfiehlt es sich, aufgrund der eventuell erforderlichen Flexibilität sowie der mit diesen Vergabemethoden verbundenen zu hohen Kosten den öffentlichen Auftraggebern die Möglichkeit zu bieten, eine Abwicklung des Verfahrens in sukzessiven Phasen vorzusehen, so dass die Anzahl der Angebote, die noch Gegenstand des Dialogs oder der Verhandlungen sind, auf der Grundlage von vorher angegebenen Zuschlagskriterien schrittweise reduziert wird. Diese Reduzierung sollte – sofern die Anzahl der geeigneten Lösungen oder Bewerber es erlaubt – einen wirksamen Wettbewerb gewährleisten.“

Bei der Umsetzung der RL wurde versucht, die Formalisierung des Verhandlungsverfahrens auf ein Minimum zu beschränken, da es sich beim Verhandlungsverfahren um einen Verfahrenstyp handelt, der dem Auftraggeber einen gewissen Spielraum geben soll. Die vom Auftraggeber vorgenommenen Festlegungen über den Ablauf des Verhandlungsverfahrens können daher auch in abstrakter Weise erfolgen und müssen nicht detailliert sein. Außerdem soll dem Auftraggeber ein möglichst großer Gestaltungsspielraum eingeräumt werden (so könnte der Auftraggeber zB auch festlegen, dass er an die Festlegung, die Zahl der Teilnehmer zu reduzieren, nicht gebunden ist und entweder auf eine Reduktion gänzlich verzichten oder eine größere Zahl als geplant in die weiteren Verhandlungen einbeziehen kann).

§ 105 Abs. 2 zweiter Satz legt fest, dass der Auftraggeber die Anzahl der Angebote verringern kann. Unbeschadet der Pflicht zur ersten Verhandlungsrunde (siehe oben die Ausführungen zu § 105 Abs. 1 Satz 1) legt Abs. 2 zweiter Satz nicht fest, wann diese Verringerung stattfinden soll. Dies bleibt dem Auftraggeber überlassen, der daher die Zahl der Angebote vor und während der Verhandlungen verringern kann.

Wann eine Verhandlungsphase gemäß § 105 Abs. 2 in die „Schlussphase“ geht, bestimmt ebenfalls der Auftraggeber. Denkbar ist, dass die Schlussphase bereits relativ bald nach der Angebotsöffnung beginnt, wenn das Verhandlungsverfahren nur dazu dient, einige wenige Punkte (und nicht das gesamte Angebot) mit den Bietern zu verhandeln, und diese Verhandlungen in kurzer Zeit abgeschlossen werden.

§ 105 Abs. 2 vorletzter Satz enthält die Grundregel, dass in der Schlussphase eine ausreichende Anzahl von Angeboten verbleibt, sodass ein echter Wettbewerb gewährleistet ist. Der letzte Satz des Abs. 2 dient der Klarstellung, dass wenn nur ein geeigneter Bieter verbleiben sollte (die Eignungsanforderungen können sich im Verlauf der Verhandlungen in einem gewissen Ausmaß ändern), Verhandlungen auch nur mit diesem zulässig sind. Hinzuweisen ist darauf, dass die Regelungen des § 105 Abs. 2 letzter Satz für ein Verhandlungsverfahren mit nur einem Bieter naturgemäß nicht maßgeblich sind.

Da die Bieter ein Interesse daran haben, zu erfahren, wie lange die Verhandlungen noch andauern werden, müssen sie gemäß § 105 Abs. 3 im Sinne der Transparenz vom Schluss der Verhandlungen (Bekanntgabe der letzten Verhandlungsrunde) jedenfalls vorab informiert werden.

§ 105 Abs. 4 enthält eine Sonderregelung im Verhältnis zu Abs. 1. Bei Verhandlungsverfahren (mit und ohne vorherige Bekanntmachung) mit mehreren Bietern im Unterschwellenbereich sowie bei Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung kann der Auftraggeber mit nur einem Bieter (der das bestgereihte Angebot gelegt hat) unter zwei Voraussetzungen verhandeln: er muss diese Vorgangsweise angekündigt haben und es müssen vollständig ausgearbeitete und vergleichbare Angebote abgegeben worden sein. In diesem Fall dienen die Verhandlungen nicht einem Systemvergleich zwischen verschiedenen Ansätzen, sondern nur der Anpassung des offensichtlich besten Angebotes. Falls diese Verhandlungen nicht erfolgreich sein sollten, kann der Auftraggeber Verhandlungen mit den übrigen Bietern führen. Für diesen Fall könnte er auch die Festlegung treffen, dass er nach Scheitern der Verhandlungen mit dem Bieter des bestgereihten Angebotes mit dem Bieter des zweitgereihten Angebotes verhandelt usw. Die Zulässigkeit der Sonderregel des Abs. 4 hinsichtlich der Verhandlungsverfahren im Oberschwellenbereich ergibt sich aus Art. 44 Abs. 4 der RL, der sich ausschließlich auf Art. 30 Abs. 4 (somit auf die Regelungen über Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung) bezieht und somit nur eine Regelung für diese Verfahren trifft. Daraus folgt e contrario, dass es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, abweichende Regelungen für Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung (und für den Unterschwellenbereich) zu treffen. In diesem Sinne wird ein möglichst flexibles System in § 105 Abs. 4 aufgenommen. Durch § 105 Abs. 5 wird in Entsprechung der Judikatur des EuGH festgelegt, dass die bekannt gegebenen Zuschlagskriterien während der Verhandlungsphase nicht geändert werden dürfen, sofern nicht in den Ausschreibungsunterlagen anderes festgelegt wurde. Diese Verpflichtung zur Transparenz (vgl. dazu auch die Aussagen von GA Colomer in seinen SA in der Rs C-331/04) und um jede Diskriminierung auszuschließen fordert, dass allfällige Änderungen in der Anwendung der Zuschlagskriterien vorab fixiert und allen Teilnehmern am Verhandlungsverfahren bekannt gegeben wurden. Zu den so vorgesehenen Zuschlagskriterien darf weder ein Zuschlagskriterium hinzugefügt noch eines weggelassen werden. Auch die einmal fixierte Gewichtung muss beibehalten werden.

§ 105 Abs. 6 beinhaltet implizit die Verpflichtung, dass die Namen der Bieter bis zur Angebotsöffnung geheim zu halten sind (arg. alle Bieter wurden zur Angebotsabgabe aufgefordert).

Zu den §§ 106 bis 111 (Allgemeine Regelungen für Angebote):

Der Grundsatz des § 106 Abs. 1, wonach der Bieter sich bei der Erstellung des Angebotes strikt an die Ausschreibungsunterlagen zu halten hat, gilt im Verhandlungsverfahren nicht, da bei dieser Verfahrensart über den gesamten Auftragsinhalt verhandelt werden darf und daher auch die Vorgaben der Ausschreibungsunterlagen verändert werden können. Hinsichtlich der Abs. 4 und 5 des § 106 wird auf die Ausführungen zu den §§ 81 und 82 verwiesen. § 106 Abs. 6 enthält eine lex imperfecta, da keine unmittelbare Konsequenz aus der Mitteilungspflicht folgt. Eine nicht umgehende diesbezügliche Mitteilung wird jedoch als Obliegenheitsverletzung anzusehen sein, die bei einer allfälligen Nachprüfung vor dem BVA von diesem zu bewerten sein wird.

§ 107 enthält die Regelung über die Form der Angebote, die Sonderregelungen betreffend elektronische Angebote finden sich in den §§ 113 f. Die vorgeschriebene Form gemäß § 107 Abs. 1 kann die Papierform oder die elektronische Form sein. Ein Datenträgeraustausch ist nur bei Abgabe eines Angebotes in Papierform möglich. Durch das Wort „anerkannt“ wird eine zivilrechtliche Bindung des Bieters zum Ausdruck gebracht.

§ 108 regelt den Inhalt der Angebote. Zu Abs. 1 Z 1wird hinsichtlich der Bietergemeinschaften auf § 20 Abs.2 verwiesen. Die Regelung betreffend die Bekanntgabe von Subunternehmerleistungen in § 108 Abs. 1 Z 2 wurde wie folgt umgestaltet: Die Subunternehmer, auf die sich der Bieter zum Nachweis seiner Eignung stützen muss (weil er selbst nicht über die erforderliche Eignung verfügt) sind jedenfalls bekannt zu geben („erforderliche Subunternehmer“). Wenn der Auftraggeber einen Subunternehmer nicht benötigt, aber beabsichtigt, Auftragsteile an Dritte weiterzugeben, dann hat er diese Teilleistungen anzugeben, wenn es sich um wesentliche Teilleistungen handelt. Abweichend davon kann sich der Auftraggeber vorbehalten, dass eine beabsichtigte Weitergabe von Auftragsteilen (auch unwesentlicher Teile) jedenfalls anzugeben ist. Gemäß § 108 Abs. 1 Z 4 sind erforderlichenfalls bei veränderlichen Preisen Regeln und Voraussetzungen festzulegen, die eine einwandfreie Preisumrechung ermöglichen. Diese Angaben sind im Angebot aber nur dann erforderlich, wenn – wie allerdings üblich – kein Index-gebundener Preis verwendet wird.

§ 109 ist neu und beinhaltet besondere Bestimmungen über den Inhalt eines Angebotes bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung. Die Bestimmung normiert die Anforderungen, welche die Angebote aus Gründen der geforderten Vergleichbarkeit erfüllen müssen. Darin kommt zum Ausdruck, dass die funktionale Leistungsbeschreibung von den Bietern unter Umständen Planungsleistungen (Entwurf und/oder Ausführungsunterlagen) und die Ausarbeitung wesentlicher Teile der Angebotsunterlagen verlangt, um ein Angebot legen zu können. Soweit in bestimmten Phasen eines Verhandlungsverfahrens noch keine vollständig ausgearbeiteten Angebote verlangt werden, sind die Bestimmungen des § 109 nicht maßgeblich.

Durch die Verwendung des Begriffes „tunlichst“ in § 110 zweiter Satz wird klargestellt, dass, falls beigestellte Umschläge nicht verwendet werden, dies keinen Ausscheidungsgrund gemäß § 129 Abs. 1 Z 7 darstellt. Die Spezialvorschrift für elektronisch übermittelte Angebote findet sich nunmehr in § 113.

Abweichend von der Regelung des BVergG 2002 wird in § 111 Abs. 3 die Vergütungspflicht für die Erstellung von Angeboten bei funktionaler Leistungsbeschreibung nicht mehr ausgeschlossen. Gerade die funktionale Leistungsbeschreibung verlangt von den Bietern (vgl. § 109) die Übernahme von aufwändigen Vorarbeiten, um ein Angebot erstellen zu können; Aufwendungen, die bei konstruktiver Leistungsbeschreibung dem Auftraggeber erwachsen. Ein genereller Ausschluss der Vergütung bei funktionaler Leistungsbeschreibung erscheint daher nicht sachgerecht; vielmehr wird es gerade bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung, wenn besondere Ausarbeitungen damit verbunden sind, zu einer Anwendung des Abs. 3 und damit einer Vergütung kommen.

Zu § 112 (Zuschlagsfrist):

Abs. 1 orientiert sich an der ÖNORM A 2050. In der Praxis hat sich erwiesen, dass bei komplizierten Auftragsvergaben die reguläre Frist von fünf Monaten zu kurz sein kann. Im Sinne des Grundsatzes, dass die Zuschlagsfrist kurz zu halten ist, wird die maximale Dauer derselben auf sieben Monate verlängert, wobei dies nur aus zwingenden Gründen erfolgen darf.

Abs. 2 enthält eine Klarstellung dahingehend, dass ein Bieter während der Zuschlagsfrist sein Angebot weder verändern noch zurückziehen darf. Der zweite Satz ermöglicht, dass Auftraggeber und Bieter übereinkommen, die Bindungswirkung des Angebotes zu verlängern. Dies wird insbesondere in den Fällen in Betracht kommen, in denen ein Auftraggeber aus gerechtfertigten Gründen die Prüfung der Angebote innerhalb der Zuschlagsfrist noch nicht abgeschlossen hat. Aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung folgt, dass der Auftraggeber alle im Vergabeverfahren verbliebenen Bieter zur Erstreckung der Bindungswirkung ihres jeweiligen Angebotes ersuchen muss und nicht bloß einzelne Bieter darum ersuchen kann. Umgekehrt kann aber auch ein Bieter von sich aus dem Auftraggeber gegenüber die Bindungswirkung seines Angebotes erstrecken.

§ 133 zweiter Satz wird dadurch nicht berührt; auch wenn der Auftraggeber den Bieter nicht um eine Erstreckung der Bindungswirkung ersucht hat, kann der Vertrag durch Zuschlagserteilung nach Ablauf der Zuschlagsfrist zustande kommen, wenn der Bieter erklärt, dass er den Auftrag annimmt.

Der Auftraggeber wird bei Bemessung der angemessenen Nachfrist gemäß Abs. 3 zur Beibringung der Anerkennung, Gleichhaltung oder Bestätigung die Stillhaltefrist gemäß § 132 Abs. 1 und ein allfälliges, bereits anhängiges Nachprüfungsverfahren zu berücksichtigen haben. Eine Verlängerung der Zuschlagsfrist unter gleichzeitiger Fristsetzung für die Beibringung der genannten Bescheinigungen kommt bei besonders dringlichen Verfahren nicht in Betracht und ist deshalb auszuschließen.

In Abs. 4 wird eine Fortlaufshemmung vorgesehen, damit dem Auftraggeber nach Abschluss des Nachprüfungsverfahrens die erforderliche Zeit für die Erteilung des Zuschlages verbleibt.

Zu § 113 (Bestimmungen für elektronisch übermittelte Angebote):

Die Bestimmungen betreffend elektronisch übermittelte Angebote ist vor dem Hintergrund diverser nationaler österreichischer aber auch europäischer Initiativen zu sehen, die die Abwicklung von mindestens 50% der Vergabeverfahren unter Rückgriff auf elektronische Medien (Internet) im Jahre 2010 anvisieren. Voraussetzung ist jedenfalls, dass der Auftraggeber über die erforderlichen Ressourcen verfügt (sowohl technisch betreffend Hard- und Software als auch personell in Form von ausreichend geschultem Personal), damit Angebote elektronisch übermittelt werden können. Verfügt der Auftraggeber über diese Ressourcen nicht, muss er elektronische Angebote ausschließen, da sie ansonsten zulässig sind. Bei der Übermittlung von Angeboten auf elektronischem Weg ist sicherzustellen, dass der Auftraggeber nicht vor dem vorgesehenen Zeitpunkt der Angebotsöffnung Kenntnis vom Inhalt des Angebotes nehmen kann. Dies kann zB dadurch erzielt werden, dass dem Auftraggeber der Zugriff auf das Angebot erst nach Ablauf der Angebotsfrist ermöglicht wird, oder durch Einschalten einer vertrauenswürdigen Stelle.

Abs. 1 enthält die Grundregel, dass ein Bieter neben seinem elektronisch eingereichten Angebot kein Angebot in Papierform abgeben darf. Bestimmte Angebotsbestandteile können jedoch in Papierform abgegeben werden, sofern sie nicht elektronisch verfügbar sind.

Die in Abs. 2 genannten Unterlagen, Urkunden, Bescheinigungen und Erklärungen können allenfalls auch in elektronischer Form übermittelt werden, sofern deren Beweiskraft jener der geforderten Unterlagen (Urkunden usw.) in Papierform gleichkommt.

Zu den §§ 114 bis 116 (Form, Verschlüsselung uns sichere Signatur des Angebotes, Sicheres Verketten von Angebotsbestandteilen):

Die Regelung des § 114 übernimmt Regelungen aus der E-Procurement-Verordnung.

Hat der Bieter das Angebot bzw. die Angebotsbestandteile nicht in einem der vom Auftraggeber festgelegten Dokumentenformate erstellt und/oder nach einem der bekannt gegebenen Verfahren verschlüsselt und/oder auf einem nicht zugelassenen Kommunikationsweg eingereicht, so handelt es sich um ein den Ausschreibungsbestimmungen widersprechendes und daher gemäß § 129 Abs. 1 Z 7 BVergG auszuscheidendes Angebot. Hat der Auftraggeber entgegen der Vorschrift des § 93 die zu verwendenden Dokumentenformate unzureichend festgelegt, so enthält Abs. 1 Regelungen für die vom Bieter zu verwendenden Dokumentenformate. Die im dritten Satz angesprochenen „sonstigen Angebotsbestandteile“ sind alle Angebotsbestandteile außer dem Angebotshauptteil. Für diesen trifft der zweite Satz die erforderliche Regelung. Aufgrund des letzten Satzes des Abs. 1 hat der Bieter dem Auftraggeber alle erforderlichen Mittel zur „Bearbeitung“ der Dokumentenformate zur Verfügung zu stellen. Eine auf die „Lesefunktion“ beschränkte Verpflichtung wäre nicht sachgerecht, da in diesem Fall der Auftraggeber zB Dokumentenformate nicht konvertieren (und nachfolgend in sein ERP-System integrieren) könnte.

Abs. 2 enthält die (technologieneutrale) allgemeine Regelung betreffend die vom Bieter bei der Angebotserstellung zu beachtenden Grundsätze. Wie die Überprüfbarkeit der Vollständigkeit, Echtheit und Unverfälschtheit des Angebotes (insbesondere im Falle eines Angebotes mit mehreren Angebotsbestandteilen) mit der Qualität der sicheren elektronischen Signatur garantiert wird, wird bewusst offen gelassen (§ 115 zeigt lediglich eine Möglichkeit auf).

§ 114 Abs. 3 und 4 enthalten nähere Bestimmungen betreffend die Vorgangsweise bei der Abgabe von Angeboten und der dabei erforderlichen elektronischen Signatur. § 43 Abs. 3 sieht vor, dass eine elektronische Übermittlung von Angeboten und Dokumenten, die im Zusammenhang mit der Angebotsbewertung stehen, „unter Verwendung einer sicheren elektronischen Signatur zu erfolgen hat“. Es sind allerdings verschiedene technische Lösungen denkbar, wie diesem Erfordernis entsprochen werden kann. Die sichere Verkettung gemäß § 115 ist dabei eine Möglichkeit und wird insbesondere in jenen Fällen eingesetzt werden, in denen Angebotsbestandteile in Dokumentenformaten errichtet sind, die als solche nicht sicher signierfähig sind. Um dennoch vergleichbare Garantien wie eine sichere elektronische Signatur zu bieten, muss der Bieter eine Lösung finden, wie den Grundsätzen des Abs. 2 entsprochen werden kann. Der Auftraggeber muss in der Lage sein festzustellen, ob das aus mehreren Angebotsbestandteilen bestehende Angebot tatsächlich vollständig und unverfälscht eingelangt ist und dass das Angebot wirklich vom jenem Bieter stammt, der das Angebot eingereicht hat.

Abs. 5 trifft Vorkehrungen insbesondere für den Fall, dass Signaturen verwendet werden, die von Zertifizierungsdiensteanbietern mit Sitz außerhalb Österreichs erstellt wurden. Da derzeit europaweit (noch) kein Datenaustausch zwischen allen Diensteanbietern institutionalisiert ist und auch keine europaweite Liste der verfügbaren sicheren elektronischen Signaturen existiert, ist es erforderlich, dass der Bieter nach Aufforderung durch den Auftraggeber alle erforderlichen Informationen und Methoden zur Überprüfung der Signatur kostenfrei zur Verfügung stellt, anderenfalls beim Auftraggeber hohe Kosten auflaufen könnten.

§ 115 normiert eine Möglichkeit, wie bei einem aus mehreren Angebotsteilen bestehenden Angebot das Erfordernis der sicheren elektronischen Signatur erfüllt werden kann. Im Hinblick auf die rasante (und unvorhersehbare) technologische Entwicklung wird davon Abstand genommen, diesen Weg der sicheren elektronischen Signatur des Angebotes (= Angebotshauptteil und weitere Datensätze) zwingend vorzuschreiben (arg. „auch“ in § 115 Abs. 1). Insofern steht das Gesetz anderen Vorgangsweisen, die die geforderten Standards aufweisen (sichere elektronische Signatur, Gewährleistung der Echtheit, Unverfälschtheit und Vollständigkeit) nicht entgegen.

Durch die in § 2 Z 31 definierte Sichere Verkettung ist es auch möglich, andere Formate, die als solche nicht sicher signiert werden können (zB Excel, Word, Pläne udglm.) mit der Qualität der sicheren Signatur zu versehen. Als Verfahren zur Bildung des Hashwertes ist jenes einzusetzen, welches bei der sicheren Signatur des Angebotshauptteils zur Anwendung kommt. Damit wird der an sich offene Begriff des Hashwertes klar festgelegt und es entsteht weder für den Bieter noch für den Auftraggeber ein Zusatzaufwand, da die so bestimmte Methode ohnehin bei der Signatur zur Anwendung kommt.

Eine andere Möglichkeit der sicheren Verkettung wäre – sofern nur sicher signierbare Formate verwendet werden –, im Angebotshauptteildokument ein Inhaltsverzeichnis in der oben beschriebenen Weise zu erstellen und alle weiteren Angebotsbestandteile selbst auch sicher zu signieren. Dabei ist der Hashwert im Angebotsinhaltsverzeichnis ebenfalls notwendig, da sonst die Eindeutigkeit der Referenz des Dokumentes nicht mehr erhalten bleibt.

Durch die Verordnungsermächtigung in § 116 soll ein rasches Reagieren auf die laufenden Entwicklungen und Möglichkeiten auf dem Gebiet der Informationstechnologie sowie auf die diesbezüglichen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben ermöglicht werden.

Zu den §§ 117 und 118 (Entgegennahme und Verwahrung der Angebote, Öffnung der Angebote):

entspricht § 87 BVergG 2002. In § 117 Abs. 4 wird ausdrücklich normiert, dass der Auftraggeber vom Inhalt der Angebote erst nach Ablauf der Angebotsfrist Kenntnis erhalten darf.

Anwesenheitsberechtigt gemäß § 118 Abs. 1 sind Bieter oder deren Bevollmächtigte. Durch die in Abs. 5 neu eingefügte Z 4 wird klargestellt, dass sich die Z 3 nicht mehr auf neben dem Preis festgelegte Zuschlagskriterien bezieht (siehe noch VwGH vom 21.12.2004, 2004/04/0100); diesbezügliche Angaben in den Angeboten stellen damit keine wesentlichen Erklärungen des Bieters im Sinne des § 118 Abs. 5 Z 3 dar, die jedenfalls zu verlesen sind; durch die ausdrückliche Regelung für derartige quantifizierbare Angaben zu den Zuschlagskriterien (wie Kraftstoffverbrauch, Bauartgeschwindigkeit, o.ä.) sind derartige Angaben nur dann zu verlesen, wenn dies der Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen angekündigt hat.

Zu den §§ 119 bis 121 (Entgegennahme, Speicherung und Öffnung elektronisch übermittelter Angebote):

§ 119 entstammt teilweise der E-Procurement-Verordnung (§ 6). Ein Zeitstempel ist eine automatisch erteilte, elektronisch signierte Bescheinigung eines Zertifizierungsdiensteanbieters, dass (ihm) bestimmte elektronische Daten zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegen sind. Aus der Verpflichtung zur Dokumentation des rechtzeitigen Einganges von Angeboten ist jedoch keine Verpflichtung des Auftraggebers ableitbar, dass dieser sicherzustellen hat, dass auch Angebote nach Ablauf der Angebotsfrist „eingereicht“ werden können (d.h. der Auftraggeber könnte zB durch elektronische Sperren oder sonstige technische Vorkehrungen Vorsorge dafür treffen, dass nach Ablauf der Angebotsfrist der Eingang von Angeboten nicht mehr möglich ist). Als „Eingang“ im Sinne des § 119 Abs. 1 ist der Eingang des Angebotes auf dem in der Bekanntmachung bzw. in den Ausschreibungsunterlagen genannten Server (elektronische Adresse) gemeint. Es ist darauf hinzuweisen, dass gemäß dem BVergG kein „sicherer Zeitstempeldienst“ im Sinne des § 14 der Signaturverordnung, BGBl II Nr. 30/2000 in der jeweils geltenden Fassung, vorgeschrieben wird. Der Zeitstempeldienst kann auch vom Auftraggeber selbst (auf seinem Server) betrieben werden. In diesem Fall ist der Auftraggeber für dessen Richtigkeit verantwortlich. Auftraggeber, die sich bei der Abwicklung von Vergabeverfahren interaktiver Lösungen (zB Web basierter Beschaffungsplattformen) bedienen, werden durch § 119 Abs. 1 zweiter Satz verpflichtet, die Zeit des Zeitstempeldienstes „interaktiv“ lesbar zu machen (zB online einzublenden). Hingegen sind Auftraggeber, die elektronische Angebote lediglich per E-Mail entgegen nehmen, dazu nicht verpflichtet. Entstehen beim Unternehmer (Bieter) Zweifel an der Richtigkeit der angezeigten Zeit, kann er den (vermeintlich nicht korrekten) Zeitstempel von anderen Dienstanbietern mit einem Zeitstempel versehen lassen und so den Beweis des zeitgerechten Einlangens seines Angebotes führen.

Im Zusammenhang mit dem Zeitstempel und der Entgegennahme der Angebote ist auch auf Folgendes hinzuweisen. Alle Angebote sind in der Reihenfolge ihres Einlangens in ein Verzeichnis einzutragen. Das Gesetz verlangt explizit nicht, dass eingelangte Angebote „gleich“ (im Sinne von „sofort“ oder „unverzüglich“) in ein Verzeichnis eingetragen werden müssen. Gleichwohl werden in der traditionellen Vergabepraxis (bei Angeboten in Papierform) die Angebote in aller Regel sofort in ein Verzeichnis eingetragen. Bei Angeboten, die auf elektronischem Weg eingereicht werden und deren Eingang durch einen Zeitstempel bestätigt wird, ist zu erwarten, dass dieser Verpflichtung oft nicht durch den Auftraggeber selbst, sondern durch einen von diesem beauftragten Dritten nachgekommen werden wird. Im Falle, dass neben traditionellen Angeboten in Papierform auch elektronische Angebote eingereicht werden können, wird der Auftraggeber unter Umständen daher von der tatsächlichen Reihenfolge des Einlangens der Angebote oft erst zu einem späten Zeitpunkt Kenntnis erhalten (vielleicht erst unmittelbar vor Angebotsöffnung). In diesem Fall wird das Verzeichnis erst zu dem Zeitpunkt zu erstellen sein, zu dem der Auftraggeber vollständige Kenntnis über die Anzahl und den Zeitpunkt des Einlangens aller Angebote hat.

Eine befugte Entschlüsselung der Angebote vor Ablauf der Angebotsfrist im Sinne des § 119 Abs. 3 kann etwa auf Anordnung des BVA oder eines Gerichtes erforderlich sein. Für diesen (Ausnahme)Fall gilt, dass diese Entschlüsselung ausschließlich durch befugte Personen erfolgen darf und dass gewährleistet ist, dass diese Zugriffe dokumentiert werden (vgl. auch § 120 Z 3).

§ 120 entspricht § 7 der E-Procurement-Verordnung; die Bestimmung enthält nähere Bestimmungen betreffend die Speicherung elektronisch eingereichter Angebote.

Den Vorgaben der Z 2 kann beispielsweise durch Verwendung eines sicheren Servers oder elektronischer Zeitsperren entsprochen werden. Zur Klarstellung ist festzuhalten, dass „befugte“ Zugriffe (zB im Auftrag der Nachprüfungsbehörde) bis zur Öffnung der Angebote zulässig sind. Bei Verhandlungsverfahren können, da dieses Verfahren gemäß dem BVergG nicht formalisiert ist, selbstverständlich befugte Zugriffe auf die von den Bietern übermittelten Dokumente bzw. die Angebote erfolgen.

Die Zugriffsdokumentation der Z 3 ist vor dem Hintergrund allfälliger Nachprüfungsverfahren zu sehen und ergänzt die Verpflichtung der Z 2. Die zeitliche Beschränkung der Zugriffsdokumentation folgt aus der Regelung des § 121 Abs. 4 letzter Satz, wonach alle bei der Öffnung des Angebotes vorliegenden Datensätze während der Angebotsöffnung so eindeutig zu kennzeichnen sind, dass ein nachträgliches Verändern feststellbar wäre.

Das Erfordernis der Öffnung der Angebote „unmittelbar“ nach Ablauf der Angebotsfrist gemäß § 121 Abs. 1wird auch erfüllt, wenn wegen eines technischen Gebrechens (Serverausfall) das sofortige Downloaden der Angebote vom Server nach Ablauf der Angebotsfrist nicht möglich ist, das Downloaden und die Öffnung der Angebote jedoch sofort nach Widerverfügbarkeit des Servers bzw. nach Behebung des technischen Gebrechens stattfindet.

Die Methode der Kennzeichnung bei der Öffnung von elektronisch eingereichten Angeboten wird im Gesetz (Abs. 4) offen geregelt. Es obliegt dem Auftraggeber festzulegen, wie das Hintanhalten von nachträglichen Veränderungen gewährleistet wird (zB durch digitale Kennzeichnung oder Ausdrucken im Beisein der Kommission mit Lochen). Zur Z 4 in Abs.  5 siehe die Erläuterungen zu § 118 Abs. 5 Z 3 und 4.

Zu den §§ 122 bis 124 (Prüfung der Angebote):

Neu aufgenommen wurde in § 122 die explizite Regelung, dass allenfalls beigezogene Sachverständige unbefangen und von den Bietern unabhängig sein müssen.

In § 123 Abs. 3 ist vorgesehen, dass bei der Prüfung von Angeboten, die für eine Zuschlagserteilung nicht in Betracht kommen, nicht nach allen in § 123 Abs. 2 angeführten Kriterien geprüft werden muss. Zweck des Abs. 3 ist es herauszufinden, ob ein Angebot für den Zuschlag in Betracht kommt. Sobald feststeht, dass dies nicht der Fall ist, ist eine weitere Prüfung nicht mehr erforderlich. Ist daher ein Angebot unvollständig (dies sollte im Zuge der Angebotsöffnung bereits festgestellt werden, vgl. § 118 Abs. 4, § 121 Abs. 4), so kann jede weitere Prüfung des Angebotes unterbleiben. Falls sich bei der Prüfung herausstellt, dass die Angemessenheit der Preise nicht vorliegen könnte, so gilt § 125 für die weitere Vorgangsweise. Hinsichtlich rechnerisch fehlerhafter Angebote gilt § 126 Abs. 4. Für die Rückstellung des Vadiums gilt § 86 letzter Satz.

Durch die (im Vergleich zum BVergG 2002) neue Überschrift des § 124 soll deutlicher zum Ausdruck gebracht werden, dass in § 124 festgelegt wird, was gilt, wenn ein Angebot zweifelhafte Preisangaben enthält. Die Regelung des Abs. 1 betreffend Einheitspreise ist auch vor dem Hintergrund der 2%-Klausel des § 126 Abs. 4 zu sehen. Es handelt sich nicht um eine lex specialis zur letztgenannten Bestimmung, d.h. auch hinsichtlich der Einheitspreise gilt – sofern dies ausdrücklich festgelegt wurde – die Rechenfehlerregelung.

Zu § 125 (Prüfung der Preisangemessenheit):

Zu § 125 Abs. 1 ist darauf hinzuweisen, dass die Wortfolge „alternativ angeboten“ sowohl Alternativ- wie auch Abänderungsangebote erfasst.

Abs. 2 regelt die Maßstäbe, die der Prüfung zugrunde zu legen sind. In Abs. 3 werden die drei Fälle genannt, bei denen eine vertiefte Angebotsprüfung zu erfolgen hat.

Die Formulierung des Abs. 4 Z 3 nimmt auf den Angebotsinhalt bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung Bezug.

Zu Abs. 5 wird auf die Erkenntnisse des EuGH in den Rs C‑164/99 sowie C‑165/98 hingewiesen. Gemäß dem letzten Satz besteht für Auftraggeber bei einem geschätzten Auftragswert unter 120 000 Euro insofern eine Erleichterung, als das in Abs. 5 vorgesehene kontradiktorische Verfahren nicht in jedem Fall durchgeführt werden muss. Dass für die Aufklärung gemäß Abs. 5 dem Bieter eine angemessene Frist einzuräumen ist, ergibt sich bereits aus der allgemeinen Regel des § 57 Abs. 1.

Hinzuweisen ist auch die auf den Oberschwellenbereich beschränkte Regelung des Abs. 6 betreffend Angebote, die auf Grund einer staatlichen Beihilfe einen ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis aufweisen; durch diese Regelung wird Art. 55 Abs. 3 der RL 2004/18/EG umgesetzt (siehe auch die Bezugnahme auf staatliche Beihilfen in Abs. 6).

Zu den §§ 126 bis 128 (Mangelhaftigkeit der Angebote, Aufklärungsgespräche, Niederschrift):

Im Unterschwellenbereich bestehen für den Auftraggeber gemäß § 126 Abs. 1 letzter Satz insofern Erleichterungen, als bei einem geschätzten Auftragswert von weniger als 120 000 Euro von der Vorgangsweise gemäß Abs. 1 abgesehen werden kann. Der Auftraggeber muss daher nicht in jedem Fall eine schriftliche Aufklärung verlangen, sondern könnte sich auch mit mündlichen Ausführungen begnügen. Dass für die Aufklärung gemäß § 126 Abs. 1 dem Bieter eine angemessene Frist einzuräumen ist, ergibt sich bereits aus der allgemeinen Regel des § 57 Abs. 1. Zur Rechenfehlerregelung gemäß § 126 Abs. 4 wird auf die Erläuterungen zu § 80 Abs. 6 verwiesen.

Die eingeschränkte Zulassung von Aufklärungsgesprächen („nur“) gemäß § 127 ist in Zusammenhang mit dem in den §§ 101 Abs. 4 und 104 Abs. 2 normierten Verhandlungsverbot zu sehen.

Zu § 129 (Ausscheiden von Angeboten):

Die Z 1 und 2 des § 129 Abs. 1 verweisen auf die Ausschlusstatbestände des § 20 Abs. 5 (Vorarbeiten) sowie des § 68 Abs. 1.

Z 2 betrifft den Fall der fehlenden Eignung.

Zu Abs. 1 Z 3 ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass durch die Wortfolge „nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises“ auch das Vorliegen nicht plausibler Teilpreise (siehe § 125 Abs. 3 Z 2) erfasst ist, da diese zu einer nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises führen.

Zum Ausscheiden auf Grund nicht erfolgter Mängelbehebung (Z 7) wird auf die Erläuterungen zum Vadium (zu § 2 Z 32) verwiesen. Als nicht ausschreibungskonform sind auch solche Angebote anzusehen, bei denen die technischen Spezifikationen gemäß § 98 nicht erfüllt sind. Diese Angebote sind daher gemäß Abs. 1 Z 7 auszuscheiden und es hat eine Verständigung nach Abs. 3 zu erfolgen; von einer ausdrücklichen Umsetzung des in Art. 41 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der RL 2004/18/EG vorgesehenen besonderen Verständigungsverfahrens konnte daher abgesehen werden. Maßgeblich für die Qualifikation als unbehebbarer Mangel ist, ob die nachträgliche Änderung des ursprünglichen Angebotes den Bieter gegenüber seinen Konkurrenten begünstigt. Dies würde den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter und den Transparenzgrundsatz verletzen (vgl. dazu VwGH 2003/04/0186 und EuGH Rs C-87/94, Rz 56). Durch die Formulierung des letzten Halbsatzes in der Z 7 wird klargestellt, dass sich der letzte Halbsatz nur auf fehlerhafte oder unvollständige Angebote bezieht.

Z 10 ermöglicht im nicht offenen Verfahren und im Verhandlungsverfahren das Ausscheiden von Angeboten von Unternehmern, die nicht zur Angebotslegung aufgefordert worden sind (vgl. dazu etwa auch die Erläuterungen zu § 104 Abs. 1 wonach neu gebildete Arbeitsgemeinschaften nicht als jene Unternehmer anzusehen sind, die zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden).

Hinzuweisen ist darauf, dass § 147 Abs. 4 einen Sonderausscheidenstatbestand für die elektronische Auktion enthält.

Gemäß Abs. 2 kann der Auftraggeber Angebote von Bietern ausscheiden, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärung einer nachvollziehbaren Begründung entbehrt. Dies stellt bloß eine Möglichkeit zum Ausscheiden dar, die es dem Auftraggeber ermöglichen soll, Angebote weiterhin zu prüfen, obwohl der Bieter (aus welchen Gründen immer) Aufklärungen unterlassen oder nicht nachvollziehbar begründet hat. Hinzuweisen ist darauf, dass § 68 Abs. 1 Z 7 eine lex specialis zu Abs. 2 enthält.

Die Regelung des Abs. 3 resultiert daraus, dass das Ausscheiden nunmehr eine gesondert anfechtbare Entscheidung darstellt (siehe § 2 Z 16 lit. a sowie die Erläuterungen dazu). Um eine Bekämpfbarkeit zu ermöglichen, ist eine Verständigungspflicht vorzusehen. Die Regelung des Abs. 3 enthält hingegen keine Vorgabe für den Auftraggeber, wann er diese Entscheidung zu treffen hat bzw. wie er den zeitlichen Ablauf der Angebotsprüfung zu gestalten hat. Wenn bei einem Verhandlungsverfahren mit mehreren Phasen nach Abschluss einer Phase ein Bieter nicht mehr zur Überarbeitung seines Angebotes aufgefordert bzw. zu weiteren Verhandlungen eingeladen wird, stellt dies jedenfalls eine nach außen wirksame Entscheidung dar. In diesem Fall muss der Auftraggeber den betreffenden Bieter vom Ausscheiden unverzüglich verständigen. Je nach Leistungsgegenstand bzw. Art und Ablauf der Angebotsprüfung kann die Entscheidung über das Ausscheiden aber auch erst in unmittelbarem zeitlichem Konnex mit der Zuschlagsentscheidung getroffen werden. Das Gesetz enthält auch ansonsten keine Aussage über den zeitlichen Ablauf der Angebotsprüfung und damit über den Zeitpunkt des Ausscheidens, es kann somit auch sein, dass die Bekanntgabe der Ausscheidensentscheidung gleichzeitig mit der Zuschlagsentscheidung erfolgt.

Für den Fall, dass die Zeitspanne zwischen der Verständigung vom Ausscheiden und der Bekanntgabe der Zuschlags- bzw. der Widerrufsentscheidung kürzer ist als die Anfechtungsfristen im Nachprüfungsverfahren, wird auf die Sonderregelung im Rechtsschutzteil verwiesen (siehe § 320 sowie die Erläuterungen dazu).

Zu § 130 (Wahl des Angebotes für den Zuschlag):

Zu den Voraussetzungen für die Wahl des Billigstangebotsprinzips siehe § 80 Abs. 3 und die Erläuterungen dazu; zur Sonderregelung für den Unterschwellenbereich siehe § 100.

Zu § 131 (Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung):

Da das Ausscheiden nunmehr gesondert anfechtbar ist, ist es nicht mehr notwendig, alle Bieter von der Zuschlagsentscheidung zu verständigen. Die Verständigungspflicht bezieht sich demgemäß nur mehr auf die noch im Vergabeverfahren „verbliebenen“ Bieter. „Verbliebene“ Bieter sind die Bieter, die nicht ausgeschlossen wurden, deren Angebote nicht ausgeschieden wurden bzw. deren Angebote zwar ausgeschieden wurden, jedoch die Ausscheidensentscheidung noch nicht rechtskräftig ist.

Das Erfordernis der gleichzeitigen Verständigung ist entfallen. Diese Anforderung war insofern nicht unproblematisch, als auch eine nicht gleichzeitige Bekanntgabe (etwa wenn sich die Bekanntgabe an einen Bieter auf Grund eines Serverausfalls um einen Tag verzögert hat) die Nichtigkeitsfolge gemäß § 100 Abs. 1 letzter Satz BVergG 2002 nach sich ziehen konnte. Die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung hat primär elektronisch oder mittels Telefax zu erfolgen. Nur soweit diese Übermittlungsarten nicht möglich sind (etwa weil der Auftraggeber kein Fax hat, keinen Zugang zum Internet hat oder weil Fax und Internet nicht bloß kurzfristig nicht zur Verfügung stehen), ist die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung brieflich zu übermitteln. Zu beachten ist, dass die Neuregelung zur Folge hat, dass die Stillhaltefrist und die Nachprüfungsfrist nunmehr für die einzelnen Bieter zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu laufen beginnen können. Aus Zweckmäßigkeitsgründen empfiehlt es sich für den Auftraggeber aber jedenfalls, die Zuschlagsentscheidungen den Bietern möglichst gleichzeitig bekannt zu geben, da sich für ihn andernfalls die Stillhaltefrist verlängert.

Die Vorgabe einer elektronischen Übermittlung bedeutet nicht, dass die Mitteilung mit einer sicheren elektronischen Signatur versehen sein muss.

Neu vorgesehen ist nunmehr, dass der Auftraggeber den betreffenden Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist (Fristberechnung ergibt sich aus § 132) und die Gründe für die Ablehnung ihrer Angebote bereits mit der Zuschlagsentscheidung mitteilen muss. Wie bisher sind daneben auch noch die Vergabesumme und die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben. Die Neuregelung erlaubt die Beibehaltung der bisherigen Praxis, wonach allen Bietern eine Musterverständigung übermittelt wurde. Sofern aus der Mitteilung die vom Gesetz geforderten Informationen (zumindest implizit) entnommen werden können, erfordert § 131 keine individualisierten Mitteilungen hinsichtlich der Gründe für die Ablehnung des jeweiligen Angebotes. Der Grund für die Umstellung im Vergleich zum BVergG 2002 liegt darin, dass das bisherige Modell (§ 100 BVergG 2002), wonach die Bekanntgabe der Gründe für die Nichtberücksichtigung von einem Antrag eines nicht zum Zuge gekommenen Bieters abhängig war, für die Bieter in der Praxis zu einer erheblichen Verkürzung der Nachprüfungsfristen geführt hat, da eine Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung ohne Kenntnis der Gründe, aus denen das eigene Angebot nicht für den Zuschlag berücksichtigt wird, in der Regel nur schwer zu bewerkstelligen war. Durch die Neuregelung ist gewährleistet, dass ein nicht zum Zuge gekommener Bieter schon am Beginn der Stillhaltefrist die Informationen besitzt, die er für einen allfälligen Nachprüfungsantrag benötigt. Durch den Entfall der Bekanntgabepflicht nach der Zuschlagsentscheidung entfällt auch das Problem, dass der Auftraggeber nach der Zuschlagsentscheidung eine Entscheidung trifft, die nicht bekämpft werden kann. Die Zuschlagsentscheidung ist somit die „letzte“ gesondert anfechtbare Entscheidung.

Die Regelung, die organisationsinterne Zuschlagsentscheidung einem Bekanntmachungsverfahren zu unterwerfen, ist im Lichte des Erkenntnisses des EuGH in der Rs C‑81/98, Alcatel u.a. („Ökopunkte“) zu sehen. Von der grundsätzlichen Verpflichtung zur Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung bestehen einige in den Z 1 bis 8 taxativ aufgezählte Ausnahmen. Da gemäß § 41 Abs. 1 die Regelung des § 131 für die Direktvergabe nicht anwendbar ist, besteht bei einer Direktvergabe ebenfalls keine Verpflichtung zur Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung. Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wurden die Fälle, in denen die Bekanntgabe einer Zuschlagsentscheidung unterbleiben kann, ziffernmäßig aufgelistet.

Die gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit dieser Ausnahmeregelung (Nicht-Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung) ergibt sich einerseits aus dem Text der Richtlinie, aber auch aus dem Erkenntnis des EuGH in der Rs C‑81/98. In den Rz 38 und 40 des zitierten Erkenntnisses hält der Gerichtshof fest, dass ein „systematischer“ Entzug der Zuschlagsentscheidung von den Maßnahmen der Rechtsmittelrichtlinie nicht im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht steht. In Ausnahmefällen ist es daher bei Vorliegen sachlicher Gründe durchaus zulässig, die Zuschlagsentscheidung nicht bekannt zu geben. In der Richtlinie selbst sind bestimmte Tatbestände vorgesehen, in denen ein Verhandlungsverfahren auch mit nur einem einzigen Unternehmer abgewickelt werden kann. In diesen Fällen wäre es logisch nicht nachvollziehbar, warum dem einzigen, am Vergabeverfahren teilnehmenden Unternehmer die Zuschlagsentscheidung bekannt zu geben wäre, da ohnehin nur dieser für die Zuschlagserteilung in Betracht kommt. Ebenfalls sachlich nicht nachvollziehbar wären die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung und das Zuwarten des Auftraggebers in Fällen von äußerster Dringlichkeit (zB Beschaffen von Medikamenten bei Ausbruch einer Seuche), in denen auch nach den RL die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung gerechtfertigt ist. Weitere Gründe für den Entfall der Verpflichtung zur Bekanntgabe einer Zuschlagsentscheidung sind das Einlangen bloß eines Angebotes in einem Verfahren nach vorheriger Bekanntmachung (hier gelten analoge Erwägungen wie bei einem Verfahren, das nur mit einem Unternehmer durchgeführt wurde) und die Vergabe einer Leistung (ohne neuerlichen Aufruf zum Wettbewerb) unmittelbar aufgrund einer Rahmenvereinbarung. In letzterem Fall besteht für alle Teilnehmer am Verfahren zum Abschluss der Rahmenvereinbarung die Möglichkeit, den Abschluss der Rahmenvereinbarung zu bekämpfen, sodass eine nochmalige Rechtschutzmöglichkeit nicht erforderlich ist.

Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht ist ferner zu bemerken, dass die Aussagen des Gerichtshofes, ebenso wie auch die Richtlinien, allein den Oberschwellenbereich betreffen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen (Sachlichkeitsgebot) wurde jedoch das gemeinschaftsrechtliche Regime grundsätzlich auch auf den Unterschwellenbereich erstreckt. Ebenso wie im Oberschwellenbereich existieren jedoch auch hier Ausnahmen von der Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung. Diese betreffen einerseits jene Tatbestände, für die auch im Oberschwellenbereich eine Ausnahme vorgesehen ist, andererseits aber auch Fälle, in denen eine Bekanntgabe aus gleichen Gründen (Verfahren allein mit einem Unternehmer) nicht sachgerecht und/oder auch unökonomisch wäre.

Sofern die Mitteilungspflicht gemäß § 131 nicht besteht, existiert auch keine Stillhaltefrist gemäß § 132 Abs. 1, die zwingend zu beachten wäre.

Zu § 132 (Stillhaltefrist, Nichtigkeit):

Für den Beginn der Stillhaltefrist führt Abs. 1 eine differenzierte Regelung ein: sofern die Übermittlung der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung elektronisch oder mittels Fax erfolgt, beginnt der Fristenlauf mit dem Zugang der Mitteilung an den jeweiligen Empfänger. Sofern ausnahmsweise (vgl. dazu § 43 Abs. 6) die Übermittlung brieflich erfolgt, beginnt der Fristenlauf mit der Absendung der Mitteilung. Grundsätzlich beträgt die Dauer der Stillhaltefrist 14 Tage; die Fälle, bei denen sich die Stillhaltefrist auf sieben Tage verkürzt, werden im zweiten Satz taxativ aufgezählt. Eine Stillhaltefrist kürzer als sieben Tage ist aus Rechtsschutzerwägungen nicht mehr vorgesehen. Zu einer Verkürzung auf sieben Tage kommt es im Wesentlichen in Fällen der Dringlichkeit, in elektronisch abgewickelten Verfahren sowie bei Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich. Ein innerhalb der Stillhaltefrist erteilter Zuschlag ist zivilrechtlich nichtig, d.h. der Leistungsvertrag zwischen Auftraggeber und Bieter entfaltet ex tunc keine Wirkung. Durch diese Sanktion wird sichergestellt, dass dem Erkenntnis des EuGH in ausreichender Weise Rechnung getragen wird.

§ 133 Abs. 2 stellt ausdrücklich klar, dass bei unterbliebener jedoch gesetzlich vorgeschriebener Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung ein nachfolgender Vertragsabschluss ebenfalls nichtig ist (er entfaltet ex tunc keine Wirkung). Die Nichtigkeitssanktion ist ausdrücklich auf den Verstoß gegen die gemäß § 131 1. Satz bestehende Verpflichtung beschränkt, das ist die Verpflichtung zur unverzüglichen und nachweislichen Mitteilung. Ein Verstoß gegen die Begründungspflicht, die gebotene Art der Übermittlung usw. wird nicht in dieser Weise sanktioniert.

Die Regelung des Abs. 3 ist vor folgendem Hintergrund zu sehen. Der wohl gravierendste Verstoß gegen die vergaberechtlichen Bestimmungen – die direkte, unmittelbare Vergabe eines Auftrages an einen Unternehmer im Oberschwellenbereich bzw. oberhalb der in § 41 normierten Schwellenwerte – blieb – zumindest vergaberechtlich betrachtet – nach dem Rechtsschutzsystem des BVergG 2002 zumeist sanktionslos. Ein Nachprüfungsverfahren kam nur selten in Betracht, da potentielle Interessenten von einer rechtswidrigen Direktvergabe in aller Regel erst nach dem Zuschlag Kenntnis erhielten. Aber auch eine Schadenersatzklage führte nur selten zum Erfolg, da ein potentieller Interessent keine Aufwendungen getätigt hatte und darüber hinaus kaum dartun konnte, dass er bei Durchführung eines korrekten Vergabeverfahrens den Zuschlag erhalten hätte. Seitens der Europäischen Kommission wurde im Gefolge des Erkenntnisses des EuGH in der Rs C‑26/03, Stadt Halle, wiederholt auf diesen Missstand hingewiesen und die Mitgliedstaaten wurden nachdrücklich aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Durch den vorgeschlagenen Abs. 3 soll der geschilderte Missstand beseitigt werden. Eine Zuschlagserteilung direkt an einen Unternehmer erfolgt zum einen bei einer Direktvergabe, erfasst ist aber auch ein Verhandlungsverfahren mit nur einem Unternehmer. Die gravierende Sanktion des Abs. 3 greift aber nur dann, wenn der Auftrag direkt (d.h. unmittelbar) an einen Unternehmer erteilt wurde. Sind daher an einem Verfahren mehrere Unternehmer (das sind mehr als ein Unternehmer) beteiligt, so greift die Regelung des Abs. 3 nicht (auch wenn es sich um ein Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung handelt). In diesem Fall können nämlich zumindest die beteiligten Unternehmer eine allfällige Rechtswidrigkeit der Vorgehensweise des Auftraggebers zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens machen.

Abs. 3 soll auf die Fälle des gravierendsten Verstoßes gegen das BVergG (und die RL) beschränkt werden. Der Begriff „offenkundig“ in Z 2 ist in Sinne der Judikatur des EuGH zur Staatshaftung (vgl. Rs C‑224/01: „Bei der Entscheidung darüber, ob der Verstoß hinreichend qualifiziert ist, muss das zuständige nationale Gericht … prüfen, ob dieser Verstoß offenkundig ist.“) und der Judikatur des VwGH auszulegen (vgl. VwGH 27.4.1993, 90/04/0265: „Offenkundig … ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder allgemein bekannt (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch „bei der Behörde notorisch“ („amtsbekannt“) geworden ist.“; mit Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 23.1.1986, 85/02/0210). Offenkundig bedeutet somit, dass der Rechtsverstoß evident (gleichsam „ins Auge springend“) ist und nicht erst auf Grund von Erhebungen, komplexen rechtlichen Abwägungen bzw. Beurteilungen, Sachverständigengutachten usw. feststeht. Als Beispiel für derartige offenkundige Rechtsverstöße ist die Direktvergabe hoch standardisierter Leistungen im Oberschwellenbereich zu nennen. Kein „offenkundiger“ Rechtsverstoß liegt daher etwa vor, wenn der Auftraggeber über das Vorliegen eines Tatbestandes, der die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit nur einem Bieter rechtfertigt, einem entschuldbaren Irrtum unterlegen ist (etwa hinsichtlich des Vorliegens von Ausschließlichkeitsrechten gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 oder im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage der technischen Kompatibilität/Inkompatibilität gemäß § 29 Abs. 2 Z 5).

Abs. 3 ordnet eine Sanktion bei schwerwiegendsten Verstößen gegen das BVergG (und somit auch gegen die RL) an. Dies soll durch die Anordnung der Nichtigkeit eines solcherart geschlossenen Vertrages erfolgen. Bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von nach Abs. 3 nichtigen Verträgen ist auf den Zweck der die Ungültigkeit bewirkenden Norm (Abs. 3) Bedacht zu nehmen. Je nach Lage des Einzelfalles kann Abs. 3 die Rückforderung (Rückabwicklung) gebieten oder ihr entgegenstehen. Ist etwa ein Bauauftrag bereits (teilweise) realisiert oder ist eine gelieferte Ware bereits konsumiert worden, so ist der bisher erfolgte Leistungsaustausch nicht mehr rückabzuwickeln. In diesem Fall erfordert der Zweck der Norm nur, dass die weitere Ausführung des Vertrages unterbleibt.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass in den Fällen, in denen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 3 gegeben sind, zumeist ein Fall der Kollusion vorliegen wird, weswegen der jeweilige Vertragspartner weniger schutzwürdig ist, als dies normalerweise der Fall wäre. Die ansonsten maßgeblichen Regelungen des ABGB bleiben von der Regelung des Abs. 3 unberührt.

Hinzuweisen ist schließlich auf die an die Regelung des § 132 Abs. 3 anknüpfenden Sonderregelungen im Rechtsschutzbereich (siehe etwa die §§ 312 Abs. 3 und 331 Abs. 1 Z 4).

Zu den §§ 133 und 134 (Wirksamkeit des Zuschlages, Form des Vertragsabschlusses):

Hinzuweisen ist auf die Neuregelung in § 112 Abs. 2, wonach ein Bieter die Bindungswirkung über den Ablauf der Zuschlagsfrist hinaus verlängern kann. Da § 133 gemäß § 41 Abs. 1 bei einer Direktvergabe nicht gilt, kann in diesem Fall das Vertragsverhältnis auch mündlich zustande kommen.

Für Direktvergaben sind keine expliziten Festlegungen hinsichtlich der Form des Vertragsabschlusses erforderlich, da § 134 für diese Vergabeverfahren nicht gilt (vgl. § 41 Abs. 1). Es gelten daher bei Direktvergaben die allgemeinen Regeln des Zivilrechts. Unabhängig davon kann der Auftraggeber zB intern bestimmte formale Vorgangsweisen auch bei Direktvergaben vorschreiben.

Zu den §§ 135 bis 137 (Beendigung des Vergabeverfahrens, Dokumentations- und Archivierungspflichten):

§ 135 legt fest, dass ein Vergabeverfahren ausschließlich auf zwei Weisen beendet werden kann: durch Zuschlagserteilung oder durch Widerruf. Hinzuweisen ist auf die neue Grundsatzbestimmung in § 19 Abs. 4 zweiter Satz, wonach ein Auftraggeber nicht verpflichtet ist, ein Vergabeverfahren durch Zuschlag zu beenden.

§ 136 setzt Art. 43 der RL 2004/18/EG um. Die in der genannten Richtlinienbestimmung enthaltene Sonderbestimmung über die Ablehnung von ungewöhnlich niedrigen Angeboten muss nicht gesondert umgesetzt werden, da dies durch die allgemeine Regelung des § 136 Abs. 1 Z 4 (Gründe für die Ablehnung bzw. das Ausscheiden) bereits erfasst ist.

Da die Bestimmung nunmehr auch Dokumentationspflichten für Verfahren beinhaltet, die nicht durch eine Zuschlagserteilung beendet werden, wurde die Überschrift entsprechend gestaltet. Abs. 3 beinhaltet eine Erleichterung für Auftraggeber im Unterschwellenbereich, sofern der Auftragswert 120 000 Euro nicht erreicht.

§ 137 entspricht § 9 der E-Procurement-Verordnung. Die Vorschrift betreffend die Archivierung aller sachdienlichen Unterlagen ist vor allem im Hinblick auf die Gewährleistung des Rechtschutzes der Bieter, aber auch im Interesse der Auftraggeber erforderlich. Auf die Vorschrift des § 43 Abs. 7 ist in diesem Zusammenhang aufmerksam zu machen.

Bei Vergabeverfahren, in denen Angebote sowohl in Papierform als auch in elektronischer Form eingereicht werden können, richtet sich die Dauer der Archivierungsverpflichtung für elektronisch eingereichte Angebote nach § 137. Falls jedoch weitergehende (d.h. längere) interne bzw. sonstige längere gesetzliche Archivierungsverpflichtungen bestehen (vgl. 10 Jahre für elektronische Akte der Bundesministerien gemäß § 25 der Büroordnung 2004; für Unternehmen die steuerlichen Aufbewahrungsfristen), so richtet sich die Archivierungsfrist nach diesen Vorschriften. Für Angebote in Papier ist § 137 nicht anwendbar, für diese Angebote gelten allenfalls die erwähnten sonstigen internen bzw. gesetzlichen Aufbewahrungsregelungen.

Der Begriff „Beendigung des Vergabeverfahrens“ erfasst sowohl den Widerruf wie auch die Zuschlagserteilung.

Die Aufbewahrungsfrist gemäß § 137 ersetzt nicht die Pflicht zur Aufbewahrung der Bücher und Aufzeichnungen gemäß § 132 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961 idgF.

Zu den §§ 138 und 139 (Widerruf):

§ 138 Abs. 1 regelt jenen Fall, in dem widerrufen werden muss. Abs. 2 enthält jene Fälle, in denen der Auftraggeber ein Vergabeverfahren widerrufen werden kann.

Abs. 1 umschreibt den Fall der Änderung der Ausschreibungsgrundlagen. Es handelt sich um Umstände, die bereits zum Zeitpunkt der Ausschreibung vorhanden waren, die der Auftraggeber aber nicht wusste (zB erst nachträglich zur Kenntnis gelangte mangelnde budgetäre Bedeckung; die Angebotspreise liegen trotz sorgfältiger Auftragswertschätzung über dem Ansatz; eine Vorfrage wurde rechtskräftig anders entschieden). Auch ein rechtswidriges Zuschlagskriterium kann unter den Tatbestand des Abs. 1 fallen, da durch ein entsprechendes Erkenntnis einer Vergabekontrollbehörde oder des EuGH nachträglich ein Umstand bekannt wird (nämlich der Umstand, dass ein bestimmtes Kriterium rechtswidrig ist), der die Ausschreibung zumindest in dieser Form ausgeschlossen hätte.

Ein Widerruf des Vergabeverfahrens ist nunmehr in jedem Fall zulässig, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen. Abs. 2 erstreckt sich auf jene Konstellationen, in denen nachträglich (d.h. nach der Ausschreibung) sonstige wesentliche Änderungen von für das Vergabeverfahren relevanten Umständen vorliegen. Im Hinblick auf die einschlägige ständige Judikatur des EuGH (Rs C-27/98, C-92/00 und C‑244/02) ist darauf hinzuweisen, dass an die Bestimmung kein strenger Maßstab anzulegen ist, denn nach dem EuGH ist der Widerruf eines Vergabeverfahrens nicht vom Vorliegen schwerwiegender oder gar außergewöhnlicher Umstände abhängig. (Der EuGH in der Rs C‑244/02 ausgesprochen, dass aus den vergaberechtlichen Richtlinien „nicht hervorgehe, dass die in dieser Richtlinie implizit anerkannte Befugnis des öffentlichen Auftraggebers, auf die Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags, für den eine Ausschreibung stattgefunden habe, zu verzichten, auf Ausnahmefälle begrenzt sei oder in jedem Fall voraussetze, dass schwerwiegende Gründe angeführt würden.“ Weiters hat der EuGH ausgeführt, … „dass ein Auftraggeber, der beschließe, die Ausschreibung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags zu widerrufen, den Bewerbern und Bietern zwar die Gründe für seine Entscheidung mitteilen müsse, dass er danach aber nicht verpflichtet sei, das Vergabeverfahren zu Ende zu führen.“) Ein Widerruf ist demnach zulässig, wenn der Auftraggeber die Leistung generell oder in der ausgeschriebenen Form nicht mehr benötigt, Änderungen in den Ausschreibungsunterlagen etwa auf Grund neuer Technologien notwendig werden, die budgetäre Bedeckung nachträglich wegfällt, die Bieteranzahl bzw. Bieterstruktur sich während der Angebotsfrist wesentlich verändert (Extremfall: alle Bieter schließen sich zu einer Arbeits- oder Bietergemeinschaft zusammen), kein oder nur ein Teilnahmeantrag einlangt usw.  Ein Widerruf ist etwa auch bei festgestellten generell überhöhten Preisen zulässig, wenn der Auftraggeber etwa Preisabsprachen vermutet oder wenn er Grund zur Annahme hat, dass die Preise aus anderen Gründen nicht die korrekten Marktpreise widerspiegeln (zB unvorhersehbare Verknappung von Ressourcen). Damit ist es dem Auftraggeber möglich, im Wege einer neuerlichen Ausschreibung vermuteten Preisabsprachen zu begegnen. In jenen Fällen in denen die Mitteilung über die Widerrufsentscheidung (uU kurz) vor Ablauf der Bewerbungs- oder Angebotsfrist erfolgte und im darauf folgenden Nachprüfungsverfahren die Widerrufsentscheidung für nichtig erklärt wurde, kann ein (nochmaliger) Widerruf sachlich gerechtfertigt sein, wenn aufgrund der Widerrufsentscheidung Unternehmer es unterlassen haben, Angebote zu legen bzw. auszuarbeiten oder Unternehmer keine Teilnahmeanträge eingereicht haben (zur Vermeidung von aus ihrer Sicht frustrierten Aufwendungen) und der Auftraggeber deshalb eine zu geringen bzw. eingeschränkten wirtschaftlichen Wettbewerb befürchtet.

Hinzuweisen ist aber auch darauf, dass die entsprechenden Bestimmungen auch dem Schutz der Bieter dienen. Jeder Widerruf eines Vergabeverfahrens ist geeignet, beim Bieter „vergebliche“ Aufwendungen zu erzeugen. Die Bindung des Widerrufes eines Vergabeverfahrens an bestimmte – wenn auch nicht allzu strenge – Voraussetzungen soll dazu beitragen, allfällige Kosten und damit verbunden allfällige Schadenersatzansprüche zu vermeiden. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Gründe gemäß Abs. 1 und 2 auch dann vorliegen können, wenn diese durch den Auftraggeber selbst schuldhaft (zB grob fahrlässig) verursacht wurden (vgl. dazu auch die Fallkonstellation im Verfahren C-244/02). In diesem Fall ist der Auftraggeber unter Umständen zum Widerruf verpflichtet, wird aber nach den einschlägigen Bestimmungen des Zivilrechts schadenersatzpflichtig.

Zu den Widerrufstatbeständen des § 139 Abs. 1 Z 1 und 2 sowie des Abs. 2 Z 3 siehe die Erläuterungen zu § 138.

Der ex-lege-Widerruf („gilt als widerrufen“) des bisherigen § 105 Abs. 3 BVergG 2002 wird nicht übernommen; wenn kein Angebot eingelangt ist oder nach dem Ausscheiden verbleibt, ist das Verfahren zu widerrufen (diese Neuerung ermöglicht es, dass bei der Nachprüfung des Widerrufs jedenfalls an eine Entscheidung des Auftraggebers angeknüpft werden kann.)

Zu § 140 (Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung):

Die Regelung des § 140  beinhaltet aber durch die Einführung eines zweistufigen Systems (Widerrufsentscheidung/Widerrufserklärung) eine wesentliche Neugestaltung der Bekämpfung des Widerrufs.

Der EuGH hat in der Rs C‑15/04, Koppensteiner (unter Verweis auf seine Entscheidung in der Rs C‑92/00, Hospital Ingenieure) klar zum Ausdruck gebracht, dass die Entscheidung über den Widerruf der Ausschreibung zu den Entscheidungen gehört, für die ein Nachprüfungsverfahren eingeführt werden muss und die – im Fall der Rechtswidrigkeit – aufhebbar sein müssen. Es ist daher davon auszugehen, dass die im System des BVergG 2002 vorgesehene Einschränkung der Bekämpfung des Widerrufs auf ein Feststellverfahren mit der anschließenden Möglichkeit, Schadenersatz geltend zu machen, den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen nicht mehr entspricht. Aus diesem Grund wird die Bekämpfbarkeit des Widerrufs in Anlehnung an das Regelungskonzept beim Zuschlag neu gestaltet.

Ähnlich wie beim Zuschlag gibt der Auftraggeber zuerst bekannt, dass er beabsichtigt, das Verfahren zu widerrufen, wobei er an diese Entscheidung nicht gebunden ist. Da die Widerrufsentscheidung eine gesondert anfechtbare Entscheidung darstellt, hat der Auftraggeber die Gründe, aus denen er beabsichtigt, das Verfahren zu widerrufen, mitzuteilen, damit die Bieter über die für ihre Entscheidung über einen allfälligen Nachprüfungsantrag notwendigen Informationen verfügen. Hinsichtlich der Mitteilung der Widerrufsentscheidung ist auf die entsprechenden Ausführungen zu § 132 zu verweisen.

Die Art der Bekanntgabe richtet sich danach, ob dem Auftraggeber die Bieter oder Bewerber bekannt sind. In Abs. 1 ist daher für die einzelnen Widerrufstatbestände jeweils festgelegt, wem die Widerrufsentscheidung bekannt zu geben ist. Bei einem Widerruf vor Ablauf der Angebotsfrist  ist die Widerrufsentscheidung wie die Ausschreibung bekannt zu machen. Die Wortfolge „soweit dies möglich ist“ in Abs. 2 erklärt sich aus der Praxis der anonymen Bewerber. Die Verständigungspflicht an die allenfalls bekannten Bieter oder Bewerber ist eine zusätzliche Verständigung. Der Beginn der Stillhaltefrist richtet sich nach dem Zeitpunkt der Publikation gemäß Abs. 2 erster Satz. Für den Widerruf ist eine generelle Stillhaltefrist von 14 Tagen vorgesehen; Abs. 4 sieht für bestimmte Verfahren (wie aus Gründen der Dringlichkeit) eine verkürzte Stillhaltefrist von sieben Tagen vor. Zu Z 3 ist anzumerken, dass dadurch sowohl Verhandlungsverfahren mit und ohne vorherige Bekanntmachung sowie Verhandlungsverfahren mit dem Gewinner eines Wettbewerbs erfasst werden.

Falls kein Angebot eingelangt ist und ein Verfahren gemäß § 139 Abs. 1 Z 3 zwingend zu widerrufen ist, ist eine Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung nicht angebracht. Abs. 5 sieht eine entsprechende Ausnahme von der Verpflichtung zur Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung vor. In diesem Fall existiert auch keine Stillhaltefrist.

Abs. 6 sieht eine „Durchbrechung“ der Stillhaltefrist vor, wenn eine Beschaffung aus dringlichen, zwingenden Gründen erforderlich ist (denkbar wäre etwa, dass bei Gefahr im Verzug eine Beschaffung in einem Ausmaß vorgenommen wird, das zur Überbrückung der Frist, bis über die Rechtmäßigkeit der Widerrufsentscheidung entschieden wurde, erforderlich ist – etwa die Beschaffung von Auftausalz bei drohender Straßenglätte).

Die Widerrufserklärung ist gewissermaßen das „Pendant“ zur Zuschlagserteilung; es ist die Erklärung, mit der das Vergabeverfahren beendet wird und die Bieter aus ihrer Bindung entlassen werden.

Durch Abs. 8 soll die Situation, dass der der Auftraggeber ein Verfahren zur Vergabe eines Auftrages weder durch Zuschlag noch durch Widerruf beendet, sondern einfach keine Akte mehr setzt, einer vergaberechtlichen Sanktion unterworfen werden. Da es bei einem derartigen „Aussitzen“ keine außenwirksame Entscheidung des Auftraggebers gibt, an die angeknüpft werden könnte, soll eine besondere Feststellungskompetenz der Vergabekontrollbehörden vorgesehen werden. Voraussetzung für eine derartige Feststellung ist zum einen, dass eine erhebliche Überschreitung der Zuschlagsfrist vorliegt. Bei der Beurteilung, ob eine „erhebliche“ Überschreitung der Zuschlagsfrist vorliegt, hat die Vergabekontrollbehörde auf die konkreten Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen, insbesondere daher auf die Anzahl der vom Auftraggeber zu prüfenden Angebote, die Komplexität der vom Auftraggeber vorzunehmenden Angebotsprüfungen u.a.m. Weiters ist Voraussetzung, dass der Bieter (der den Feststellungsantrag stellt) den Auftraggeber förmlich um Fortführung des Verfahrens ersucht hat und der Auftraggeber diesem Ersuchen nicht entsprochen hat. Schließlich ist zu prüfen, ob der Auftraggeber das Verfahren nach Ablauf der Zuschlagsfrist in angemessener Weise fortgeführt hat. Wenn der Auftraggeber bei einer großen Anzahl von Bietern bereits viele Bieter ausgeschieden hat, die verbliebenen Bieter wiederum um eine Erstreckung der Bindungswirkung gemäß § 112 Abs. 2 ersucht hat, so sind das Indizien dafür, dass der Auftraggeber das Verfahren auch nach Ablauf der Zuschlagsfrist in angemessener Weise fortführt.

Bei Vorliegen eines (rechtskräftigen) Feststellungsbescheides ist ex lege von einer Widerrufserklärung auszugehen; der Antragsteller kann daher Schadenersatzansprüche geltend machen. Eine Aufhebbarkeit erscheint nicht denkbar, da keine „Entscheidung“ des Auftraggebers vorliegt, die aufgehoben werden könnte. (Siehe dazu auch die entsprechende Sonderregelung im Rechtsschutzteil in § 331 Abs. 2.)

Zu § 141 (Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungsaufträgen):

§ 141 enthält einleitend die Festlegung, dass ausschließlich die im 1. Abschnitt des 4. Hauptstückes enthaltenen (bzw. verwiesenen) Regelungen auf die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungen Anwendung finden. Gegenüber der bisherigen Regelung des BVergG 2002 soll – in Entsprechung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben - dem Auftraggeber bei der Beschaffung von nicht prioritären Dienstleistungen nunmehr ein größerer Freiraum zukommen. So sieht auch die RL 2004/18/EG eine unterschiedliche Regelungsdichte für verschiedene Kategorien von Dienstleistungsaufträgen vor: Während auf die Vergabe von so genannten prioritären Dienstleistungen, die im Anhang IIA genannt sind, die Richtlinie grundsätzlich anzuwenden ist, sind bei der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen nach Anhang IIB bloß bestimmte Regelungen zu beachten. Die Begründung dafür liegt darin, dass – was schon die Unterscheidung zwischen prioritären und nicht prioritären Dienstleistungen auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene deutlich macht und sie in der Begründung auch trägt – sich nicht prioritäre Dienstleistungen in der Regel nicht in derselben Art und Weise für ein Vergabeverfahren eignen wie prioritäre Dienstleistungen (z.B. Dienstleistungen im sozialen oder kulturellen Bereich vgl. Kategorie 25 und 26 von Anhang IV). Für die Zuordnung von Dienstleistungsaufträgen, deren Gegenstand sowohl prioritäre wie auch nicht prioritäre Dienstleistungen sind, ist im Rahmen einer Gesamtbeurteilung auf das wertmäßige Überwiegen abzustellen (vgl. § 9 Abs. 3 und Rs C‑411/00, Swoboda).

Maßgeblich sind für die Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen daher – neben den Bestimmungen über öffentliche Auftraggeber, der Definition der Dienstleistungsaufträge, den Abgrenzungsregelungen und Ausnahmebestimmungen, den Regelungen über die Schwellenwerte sowie den Grundsatzbestimmungen – allein die Bestimmung über die statistischen Verpflichtungen bzw. über die technischen Spezifikationen. Gemäß dem zweiten Satz kommt dem Auftraggeber bei der Vergabe eines Auftrages über nicht prioritäre Dienstleistungen ein großer Gestaltungsspielraum zu: er hat nicht prioritäre Dienstleistungen in einem transparenten und den Grundsätzen des Gemeinschaftsrecht Rechnung tragenden Verfahren zu vergeben. Die Formulierung des zweiten Satzes, durch den dem primärrechtlich gebotenen Transparenzgebot entsprochen werden soll, lehnt sich an das Erkenntnis des EuGH in der Rs C‑324/98, Telaustria, Rz 62 an (vgl. dazu auch SA in Rs C‑231/03 CONAME). Anders als das BVergG 2002 findet nunmehr keine Einschränkung auf die im Gesetz vorgesehenen Verfahrenstypen mehr statt (arg. „in einem Verfahren …“). Daraus folgt, dass es dem Auftraggeber frei steht, ein Verfahren zu kreieren, das den Anforderungen des Gesetzes Rechnung trägt. Diese Freiheit des Auftraggebers wird jedoch in zweifacher Hinsicht eingeschränkt: erstens ist die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungsaufträgen in einem formlosen und nicht bekannt gemachten Verfahren unmittelbar an einen Unternehmer ausschließlich bis zum Schwellenwert für Direktvergaben zulässig und zweitens sind an den Verfahren zur Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungsaufträge „grundsätzlich mehrere Unternehmer“ (d.h. mehr als ein Unternehmer) zu beteiligen. „Grundsätzlich“ bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die in Satz 3 und 4 statuierten Ausnahmen von der Regel, dass mindestens zwei Unternehmer am Verfahren zu beteiligen sind. In Ausnahmesituationen (vgl. dazu etwa den Katalog der Tatbestände für Vergabeverfahren ohne Bekanntmachungen mit nur einem Unternehmer im Oberschwellenbereich bzw. den Ausnahmetatbestand für geistige Dienstleistungen in § 40) ist die Vergabe derartiger Dienstleistungen daher auch in einem nicht transparenten Verfahren mit nur einem Unternehmer zulässig. Als Ausnahme vom Grundsatz sind die Voraussetzungen eng auszulegen (vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 10). Transparent ist ein Verfahren nach Auffassung der Kommission ausschließlich dann, wenn eine Bekanntmachung (im Internet, in lokalen, regionalen, nationalen, internationalen Medien) erfolgte und diese Bekanntmachung jene grundsätzlichen Informationen enthielt, die es interessierten Unternehmen die Beurteilung ermöglichte, ob ein bestimmter Auftrag für sie von Interesse sein könnte. Bei der Beurteilung der „Angemessenheit“ der Transparenz (Veröffentlichung) ist auf den Einzelfall abzustellen (Auftragsgegenstand und Auftragswert): je höher der Auftragswert und je bedeutender der Auftragsgegenstand desto höher die Anforderungen an die Transparenz.

Das nunmehr vereinfachte Regime für die Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen gilt im Ober- und im Unterschwellenbereich gleichermaßen.

Auch für Aufträge über die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungen ist der vergabespezifische Rechtsschutz maßgeblich. Betreffend die Frage, welche Entscheidungen angefochten werden können, lehnt sich das Gesetz in seiner Terminologie an § 2 Z16 lit. a und VfSlg. 16.462/2002 an. Auf die Erläuterungen zu § 2 Z 16 wird verwiesen.

Als sachlich gerechtfertigte Ausnahmefälle um von der Bekanntgabe der Zuschlags- bzw. Widerrufsentscheidung gemäß Abs. 3 Abstand nehmen zu können, können jene Fälle herangezogen werden, in denen gemäß den einschlägigen Vorschriften eine Bekanntgabe unterbleiben kann. Hinsichtlich der angemessenen Stillhaltefrist kann sich der Auftraggeber ebenfalls an den einschlägigen Fristen orientieren.

Zu den § 142 bis 145 (Baukonzessionsverträge, Vergabe von Bauaufträgen durch Baukonzessionäre):

Die Regelungen setzen Art. 56 bis 65 der RL 2004/18/EG um. Wie bisher erstrecken sich die Sonderregelung auf zwei Bereiche; zum einen wird die Vergabe eines Baukonzessionsvertrages durch einen öffentlichen Auftraggeber bestimmten Regelungen unterworfen (siehe insbesondere § 142 Abs. 1), zum anderen sind einzelne Bestimmungen des BVergG auch dann maßgeblich, wenn Baukonzessionäre – die selbst nicht öffentliche Auftraggeber sind – Bauaufträge an Dritte vergeben (§ 142 Abs. 3).

In § 142 Abs. 2 ist nunmehr ausdrücklich vorgesehen, dass der öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe eines Baukonzessionsvertrages in der Wahl der Verfahrensart insofern beschränkt ist, als eine vorherige Bekanntmachung zu erfolgen hat; es steht dem Auftraggeber frei, bei der Vergabe eines Baukonzessionsvertrages das offene, das nicht offene oder das Verhandlungsverfahren zu wählen, er ist lediglich gehalten, die Vergabe öffentlich bekannt zu machen. Sofern die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des wettbewerblichen Dialogs vorliegen (komplexes Konzessionsverhältnisses) ist die Vergabe eines Baukonzessionsvertrages auch auf diese Weise möglich. Die Bestimmungen betreffend den wettbewerblichen Dialog gelten sinngemäß, da der Wortlaut der §§ 159ff auf die Vergabe von komplexen „Aufträgen“ und nicht auch auf „Konzessionsverträge“ abstellt.

§ 143 enthält die Fristenregelung (siehe dazu auch die Art. 59 und 65 der RL 2004/18/EG).

§ 144 enthält eine Sonderbestimmung über die Zulässigkeit der Weitergabe von Aufträgen an Subunternehmer. Für diesen Fall sind besondere Bestimmungen in den Baukonzessionsvertrag aufzunehmen.

Hinsichtlich der Vergabe von Unteraufträgen durch Baukonzessionäre an Dritte gilt gemäß § 145: Ist der Konzessionär selbst Auftraggeber im Sinne des § 3 Abs. 1, so sind bei der Vergabe von Bauarbeiten an Dritte die Regelungen dieses Gesetzes von ihm zu beachten. Ist der Konzessionär kein Auftraggeber im Sinne des § 3 Abs. 1, so hat er nur bestimmte Bekanntmachungsvorschriften zu beachten. Die Verpflichtung zur Bekanntgabe der mit einem Unternehmen verbundenen Unternehmen gemäß Abs. 3 dient der Transparenz, da Auftragsvergaben des Baukonzessionärs an derartige, nicht als „Dritte“ zu qualifizierende Unternehmen von den Bekanntmachungsvorschriften ausgenommen sind.

Zu den §§ 146 bis 149 (elektronische Auktion):

Diese Beschaffungsmethode eignet sich vor allem bei atomistisch strukturierten Märkten und hat den Vorteil, dass der Auftraggeber in kürzester Zeit ohne großen Aufwand eine Vielzahl von Unternehmer im wirtschaftlichen Wettbewerb gegeneinander antreten lassen kann. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die derzeit verfügbare Auktionssoftware bei sonstigen elektronischen Auktionen (d.h. Auktionen mit mehreren Zuschlagskriterien) Grenzen hinsichtlich der Komplexität der zu beschaffenden Leistung setzt. Mit anderen Worten: nicht hoch standardisierbare Dienstleistungen  können im Wege einer sonstigen Auktion nicht vergeben werden, da eine den Anforderungen des Gesetzes entsprechende Vorgangsweise technisch nicht gewährleistet werden kann.

Erwägungsgrund 14 der RL 2004/18/EG führt zu den elektronischen Auktionen Folgendes aus: „Elektronische Auktionen stellen eine Technik dar, die sich noch stärker verbreiten wird; deshalb sollten diese Auktionen im Gemeinschaftsrecht definiert und speziellen Vorschriften unterworfen werden, um sicherzustellen, dass sie unter uneingeschränkter Wahrung der Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz ablaufen. Dazu ist vorzusehen, dass diese elektronischen Auktionen nur Aufträge für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betreffen, für die präzise Spezifikationen erstellt werden können. Dies kann insbesondere bei wiederkehrenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen der Fall sein. Zu demselben Zweck muss es auch möglich sein, die jeweilige Rangfolge der Bieter zu jedem Zeitpunkt der elektronischen Auktion festzustellen. Der Rückgriff auf elektronische Auktionen bietet den öffentlichen Auftraggebern die Möglichkeit, die Bieter zur Vorlage neuer, nach unten korrigierter Preise aufzufordern, und - sofern das wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag erhalten soll - auch andere als die preisbezogenen Angebotskomponenten zu verbessern. Zur Wahrung des Grundsatzes der Transparenz dürfen allein diejenigen Komponenten Gegenstand elektronischer Auktionen sein, die auf elektronischem Wege - ohne Eingreifen und/oder Beurteilung seitens des öffentlichen Auftraggebers – automatisch bewertet werden können, d.h. nur die Komponenten, die quantifizierbar sind, so dass sie in Ziffern oder in Prozentzahlen ausgedrückt werden können. Hingegen sollten diejenigen Aspekte der Angebote, bei denen nichtquantifizierbare Komponenten zu beurteilen sind, nicht Gegenstand von elektronischen Auktionen sein. Folglich sollten bestimmte Bau- und Dienstleistungsaufträge, bei denen eine geistige Leistung zu erbringen ist – wie z. B. die Konzeption von Bauarbeiten –, nicht Gegenstand von elektronischen Auktionen sein.“

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit werden die allgemeinen Bestimmungen auf zwei Paragrafen aufgeteilt.

Die wesentlichsten inhaltlichen Neuerungen gegenüber dem BVergG 2002 bestehen darin, dass die elektronische Auktion nicht mehr auf den Unterschwellenbereich beschränkt ist, sondern auch im Oberschwellenbereich verwendet werden kann. Weiters wurde bereits darauf hingewiesen (siehe die Erläuterungen zu § 31), dass es sich bei der elektronischen Auktion nicht mehr um einen vollständigen Verfahrenstyp, sondern um einen Teil des Vergabeverfahrens handelt (Ermittlung des Bestangebotes). Daher ist auch nicht mehr zu regeln, welche Bestimmungen für eine elektronische Auktion anwendbar sind. Dies richtet sich nämlich danach, welches Verfahren vor einer elektronischen Auktion durchgeführt wurde. Die §§ 146 ff beinhalten daher nur mehr die für die elektronische Auktion maßgeblichen Sonderbestimmungen. Aus dem neuen Regelungsmodell für elektronische Auktionen ergibt sich auch, dass für eine elektronische Auktion keine eigene Bekanntmachung vorzunehmen ist, vielmehr ist in der Bekanntmachung über das der elektronischen Auktion zugrunde liegende Verfahren gemäß § 46 ein Hinweis darauf aufzunehmen, dass der Auftrag im Wege einer elektronischen Auktion vergeben werden soll.

Da während der Durchführung der Auktion die Identität der Teilnehmer nicht bekannt gegeben werden darf, trifft Abs. 2 Vorsorge dafür, dass in den der Auktion vorangehenden Verfahren die Identität der Bieter nicht im Rahmen der Angebotsöffnung geoffenbart wird.

Bei einer elektronischen Auktion sind die Ausschreibungsunterlagen jedenfalls im Internet bereit zu stellen. Der festgelegte Inhalt der Auktionsordnung (§ 146 Abs. 3) ist ein Mindestinhalt, d.h. der Auftraggeber könnte darüber hinausgehende Festlegungen treffen. Zu dem in § 146 Abs. 3 Z 4 verwendeten Begriff der „Obergrenzen“ ist auszuführen, dass auch die Angabe einer maximalen Marge, innerhalb der die der Auktion unterliegenden Angebotsteile während der Auktion in zulässiger Weise verändert werden dürfen, denkbar ist. Den vielfältigen Verständigungspflichten (zB gemäß § 147 Abs. 1, 4 und 7) könnte der Auftraggeber zB dadurch nachkommen, dass er direkt die von den Entscheidungen betroffenen Unternehmer elektronisch verständigt, oder die Entscheidungen auf einer bekannt gegeben Internetseite – anonymisiert (vgl. § 147 Abs. 9) – bekannt macht. Aus der neuen Stellung der elektronischen Auktion im Vergabeverfahren ergibt sich, dass die im vorangehenden Vergabeverfahren eingereichten Angebote vor der Durchführung der Auktion einer ersten Angebotsbewertung zu unterziehen sind (§ 146 Abs. 4).

§ 147 beinhaltet die konkreten Vorgaben für die Durchführung einer elektronischen Auktion. Unter einer Auktionsphase gemäß § 147 Abs. 3 Z 3 ist etwa eine Runde zur Abgabe von Angeboten zu verstehen. Zum Abbruch der Auktion aus sachlichen Gründen (§ 147 Abs. 4 Z 4 sowie Abs. 8) wird auf die Erläuterungen zu den §§ 138 ff verwiesen. Um den nicht erfolgreichen Bietern die Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob die Bekanntgabe des erfolgreichen Bieters – die als Zuschlagsentscheidung gilt – bekämpft werden soll, sind auch die Gründe für die Ablehnung ihres jeweiligen Angebotes mitzuteilen.

§ 148 und § 149 enthalten die Regelungen über die zwei Grundtypen der Auktion. Zu den §§ 148 Abs. 2 und § 149 Abs. 2 ist hinzuzufügen, dass durch diese Bestimmungen klargestellt wird, dass zB neben dem Preis auch die Preisentwicklung (etwa als Graphik) bekannt gegeben werden könnte.

Im Zusammenhang mit der sonstigen elektronischen Auktion (§ 149) ist auf folgenden Aspekt besonders hinzuweisen. Bei dieser Auktionsform werden neben dem Preis auch andere Elemente des Angebotes der Auktion unterworfen. Damit dies (im Wege der Auktionssoftware) möglich ist, ist es unabdingbare Voraussetzung, dass die nicht preislichen Elemente, die der Auktion unterzogen werden sollen, kategorisierbar sein müssen, d.h. sie müssen einer Messung und einer Zuordnung von (numerischen) Werten/Monetarisierung zugänglich sein. Daher ist im Gesetz vorgesehen, dass jene mathematische Formel, die für die Reihung der Angebote maßgeblich ist, anzugeben ist. Dadurch wird erreicht, dass die Angebotsbewertung automatisch (durch die Auktionssoftware) erfolgt. Ein Eingreifen des Auftraggebers in diesen Prozess darf somit nicht möglich sein.

Zu den §§ 150 bis 152 (Rahmenvereinbarung):

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde die bisherige Bestimmung (§ 119 BVergG 2002) in drei Paragrafen aufgeteilt und gemäß der endgültigen Fassung der RL adaptiert.

Die Rahmenvereinbarung wurde durch das BVergG 2002 als neues Instrument der Beschaffung im BVergG eingeführt. Dadurch sollte zB ermöglicht werden, dass der Auftraggeber in der Lage ist, Leistungen von sich schnell entwickelnden bzw. verändernden Märkten zu den besten jeweils aktuellen Bedingungen zu beziehen.

Aufgrund der nunmehrigen Textierung der Bestimmungen über den Abschluss von Rahmenvereinbarungen (Art. 32 RL 2004/18/EG) sind die Bestimmungen des Gesetzes nebst entsprechenden Klarstellungen anzupassen.

Das Instrument der Rahmenvereinbarung gemäß den §§ 150 ff ist ausschließlich im Bereich der „öffentlichen“ Auftragsvergabe anwendbar (vgl. dazu auch Art. 32 RL 2004/18/EG). Für den Sektorenbereich wird die Vergabe von Aufträgen aufgrund einer Rahmenvereinbarung in gesonderter Weise geregelt (vgl. Art. 14 RL 2004/17/EG). Zur Klarstellung ist daher in § 150 Abs. 1 ausdrücklich von „öffentlichen Aufträgen“ die Rede wird. Zur Definition der Rahmenvereinbarung siehe § 25 Abs. 7 sowie die Erläuterungen dazu, zur Beurteilung, wann zulässigerweise auf eine Rahmenvereinbarung zurückgegriffen werden kann siehe die §§ 32 und 40 und die Erläuterungen dazu. Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass die Bezeichnung des Verfahrens als Rahmenvereinbarung im „klassischen Bereich“ und im Sektorenbereich zwar ident ist, dass für dieses Instrument jedoch gänzlich unterschiedliche Regime für den jeweiligen Bereich bestehen (vgl. dazu auch die unterschiedlichen Definitionen in § 25 und § 192).

Gemäß Art. 32 Abs. 2 der RL 2004/18/EG hat der Abschluss von Rahmenvereinbarungen gemäß den „Verfahrensvorschriften dieser Richtlinie“ zu erfolgen. Sofern daher die einschlägigen Voraussetzungen erfüllt sind, ist nach der Richtlinie auch der Abschluss von Rahmenvereinbarungen in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung zulässig. Für das BVergG (Ober- wie Unterschwellenbereich) richtet sich daher die Zulässigkeit der Verfahren zum Abschluss von Rahmenvereinbarungen nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzes, d.h. somit nach den §§ 27 bis 30 (bzw. § 40). In der ersten Stufe wird eine Rahmenvereinbarung nach Durchführung eines „regulären“, allerdings fiktiven, weil ohne Zuschlag endenden Vergabeverfahrens mit einem oder mit mehreren Unternehmern abgeschlossen. Zu betonen ist, dass die Rahmenvereinbarung den Auftraggeber nicht bindet, die von der Rahmenvereinbarung erfassten Leistungen oder Leistungsgruppen jedenfalls von den Parteien der Rahmenvereinbarung für die Dauer derselben zu beziehen (arg. „ohne Abnahmeverpflichtung“ in § 25 Abs. 7).

Der Abschluss einer Rahmenvereinbarung folgt somit den allgemeinen Regelungen des BVergG, ergänzt durch die Sonderbestimmung des § 151; für die Vergabe von Aufträgen auf der Basis einer Rahmenvereinbarung gelten hingegen ausschließlich die §§ 150 Abs. 2, 151, 152 sowie die in diesen Bestimmungen verwiesenen Paragrafen.

Sofern nicht ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung in Anspruch genommen werden kann, ist der beabsichtigte Abschluss einer Rahmenvereinbarung bekannt zu machen (vgl. Art. 35 Abs. 2 RL 2004/18/EG). Die Bekanntmachung hat im Oberschwellenbereich gemäß dem durch Verordnung der Kommission festgelegten Standardformular zu erfolgen. Für den Unterschwellenbereich hat die Bekanntmachung gemäß dem Muster des Anhanges VIII zu erfolgen. Ist der Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmern beabsichtigt, so ist den Unternehmern die Anzahl der Unternehmer bekannt zu geben, die am Verfahren teilnehmen werden (§ 151 Abs. 1).

Sofern eine Bekanntmachung erfolgt ist, hat der Auftraggeber gemäß § 151 Abs. 2 jenen Unternehmern, die ihr Interesse an einer spezifischen („bestimmten“) Rahmenvereinbarung bekundet haben, auf deren Antrag die Ausschreibungsunterlagen ohne Verzug, längstens jedoch binnen sechs Tagen nach Eingang des diesbezüglichen Antrages zu übermitteln (zB elektronisch). Der Ausdruck „elektronisch zur Verfügung zu stellen“ ermöglicht den Auftraggebern auch, die Ausschreibungsunterlagen auf einer Website zum Herunterladen anzubieten. Die interessierten Unternehmer sind von dieser Möglichkeit zu verständigen. Sollte für den Abschluss einer Rahmenvereinbarung ein nicht offenes Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung oder ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung gewählt werden, werden in der Regel die Angebotsunterlagen zum Zeitpunkt der Bewerbung noch nicht (vollständig) zur Verfügung stehen. Da unter „Ausschreibung“ auch die Bekanntmachung in zweistufigen Verfahren zu verstehen ist (vgl. § 2 Z 10), sind im Fall der soeben genannten Verfahren, die gegebenenfalls noch nicht vollständigen Unterlagen von der Verpflichtung des Abs. 2 erfasst. Die erst nachträglich vervollständigten Teile der Ausschreibungsunterlagen sind den Antragstellern jedenfalls unverzüglich (und ohne weiteren gesonderten Antrag) zu übermitteln oder zur Verfügung zu stellen. § 151 Abs. 2 trifft eine ergänzende Sonderregelung zu § 58 Abs. 1.

Wie bereits erwähnt, erfolgt die Bestimmung der Partei(en) nach Durchführung eines „regulären“, allerdings fiktiven Vergabeverfahrens gemäß den allgemeinen Bestimmungen des Gesetzes für die Durchführung eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung oder eines Verhandlungsverfahrens. Der Abschluss der Rahmenvereinbarung erfolgt gemäß den Festlegungen des Auftraggebers mit jenem Unternehmer (bzw. jenen Unternehmern), der (die) das (bzw. die) am besten bewertete(n) Angebot(e) gelegt hat (bzw. haben). Durch die bewusst offen gehaltene Wortwahl („am besten bewertete(s)“) wird weder das Zuschlagsprinzip „technisch und wirtschaftlich günstigstes Angebot“ noch das Prinzip „Angebot mit dem niedrigsten Preis“ festgelegt. Die Wahl des Zuschlagsprinzips obliegt – im Rahmen der §§ 80 Abs. 3 und 100 – allein dem Auftraggeber. Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass das vor dem Abschluss einer Rahmenvereinbarung durchgeführte fiktive Vergabeverfahren (ohne Zuschlagserteilung) von einer – im Sektorenbereich gängigen – Präqualifikation an Hand von Eignungs- oder Auswahlkriterien zu unterscheiden ist. Bei einer Rahmenvereinbarung wird nur jener Bieter bzw. werden nur jene Bieter Partei der Rahmenvereinbarung, der bzw. die anhand des Zuschlagskriteriums/der Zuschlagskriterien das bzw. die vorläufig am besten bewertete(n) Angebot(e) gelegt hat (haben). Soll eine Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmern abgeschlossen werden, so müssen gemäß Art. 32 Abs. 4 der Richtlinie 2004/18/EG mindestens drei Parteien daran beteiligt sein, sofern eine ausreichend große Zahl von Unternehmern die Eignungskriterien erfüllt hat und eine ausreichend große Zahl von zulässigen Angeboten die Zuschlagskriterien erfüllt. Der letzte Halbsatz der zitierten Bestimmung („sofern … eine ausreichend große Zahl von zulässigen Angeboten die Zuschlagskriterien erfüllt“) ist dahingehend zu verstehen, dass es darauf ankommt, ob eine „ausreichend große Anzahl von zulässigen Angeboten abgegeben wurde“ (vgl. „insofar as there is a sufficient number … of admissible tenders which meet the award criteria“; “dans la mesure où il y a un nombre suffisant … d'offres recevables répondant aux critères d'attribution”). Denn sofern Angebote zulässig sind, ist es für die Frage der Mindestanzahl jener Unternehmer, mit denen eine Rahmenvereinbarung abzuschließen ist, unerheblich, ob sie die Zuschlagskriterien (besser oder schlechter) „erfüllen“ (was letztendlich in der Bewertung der Angebote zum Ausdruck kommt). Es gibt – auch nach Ansicht der Kommission – jedenfalls kein zulässiges Angebot, das die Zuschlagskriterien nicht „erfüllt“ (und deswegen mit dem betroffenen Unternehmer keine Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden könnte). Aus diesem Grund übernimmt Abs. 3 nicht den einschlägigen, aber missverständlichen Wortlaut der Richtlinie. Die Entscheidung, mit welchem Unternehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll ist eine gesondert anfechtbare Entscheidung.

Durch die spezielle Ausformulierung des Missbrauchsverbotes in § 151 Abs. 4 wird der Wettbewerbsgrundsatz (vgl. § 19 Abs. 1) für den Bereich der Rahmenvereinbarungen besonders hervorgehoben. Der Wettbewerbsgrundsatz wird beispielsweise dann beeinträchtigt bzw. verletzt, wenn ohne entsprechende sachliche Rechtfertigung die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung unverhältnismäßig lang festgesetzt wird.

Die standardmäßige Laufzeit von Rahmenvereinbarungen beträgt nach § 151 Abs. 5 drei Jahre, in sachlich gerechtfertigten Ausnahmefällen kann auch eine maximale Laufzeit von fünf Jahren vorgesehen werden. Eine drei Jahre übersteigende Laufzeit wäre etwa dann sachlich gerechtfertigt, wenn nur aufgrund der längeren Laufzeit ein effektiver Wettbewerb garantiert werden könnte (zB wenn die Ausführung der auf der Rahmenvereinbarung basierenden Aufträge Vorleistungen und Investitionen der Unternehmer erfordert, deren Amortisation länger als vier Jahre benötigt). Anders als in der Richtlinie, die keine absolut geltende maximale „längere“ Laufzeit vorsieht, wird aus Wettbewerbsüberlegungen eine Befristung der maximalen Laufzeit festgelegt. Zu beachten ist jedenfalls, dass der Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit einer drei Jahre übersteigenden Laufzeit einen Ausnahmefall darstellt, dessen Inanspruchnahme restriktiv zu handhaben ist.

In Erwägungsgrund 11 der RL 2004/18/EG wird zur Laufzeit im Zusammenhang mit einer Rahmenvereinbarung folgendes festgehalten: „Es sollten eine gemeinschaftliche Definition der Rahmenvereinbarungen sowie spezifische Vorschriften für die Rahmenvereinbarungen, die für in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallende Aufträge geschlossen werden, vorgesehen werden. Nach diesen Vorschriften kann ein öffentlicher Auftraggeber, wenn er eine Rahmenvereinbarung gemäß den Vorschriften dieser Richtlinie insbesondere über Veröffentlichung, Fristen und Bedingungen für die Abgabe von Angeboten abschließt, während der Laufzeit der Rahmenvereinbarung Aufträge auf der Grundlage dieser Rahmenvereinbarung entweder durch Anwendung der in der Rahmenvereinbarung enthaltenen Bedingungen oder, falls nicht alle Bedingungen im Voraus in dieser Vereinbarung festgelegt wurden, durch erneute Eröffnung des Wettbewerbs zwischen den Parteien der Rahmenvereinbarung in Bezug auf die nicht festgelegten Bedingungen vergeben. Bei der Wiedereröffnung des Wettbewerbs sollten bestimmte Vorschriften eingehalten werden, um die erforderliche Flexibilität und die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze, insbesondere des Grundsatzes der Gleichbehandlung, zu gewährleisten. Aus diesen Gründen sollte die Laufzeit der Rahmenvereinbarung begrenzt werden und sollte vier Jahre nicht überschreiten dürfen, außer in von den öffentlichen Auftraggebern ordnungsgemäß begründeten Fällen.“

Da eine Rahmenvereinbarung ein Instrument der Auftragsvergabe darstellt, in dem die Bedingungen für die konkrete Leistungserbringung erst nachträglich fixiert oder nachträglich modifiziert werden können, kommt § 152 Abs. 1 als spezieller Ausformulierung des Diskriminierungsverbotes für diesen Bereich besondere Bedeutung zu. „Substanzielle“ Änderungen der Bedingungen einer Rahmenvereinbarung wären etwa Änderungen des Leistungsgegenstandes, die wesentlich andere Angebote (für den Abschluss der Rahmenvereinbarung) oder einen stark veränderten Bewerber- oder Bieterkreis (für den Abschluss der Rahmenvereinbarung) zur Folge gehabt hätten. Keine substantiellen Änderungen sind etwa „Technologiesprünge“ (zB Abruf der neuesten Computergeneration).

Aus § 152 Abs. 2 zweiter Satz folgt, dass, sofern eine Rahmenvereinbarung für mehrere Auftraggeber abgeschlossen werden soll, alle aus der Rahmenvereinbarung abrufberechtigten Auftraggeber festzulegen sind. Dies kann entweder in der Bekanntmachung oder auf sonstige, geeignete Weise (entweder in den Ausschreibungsunterlagen oder in einer zugänglichen Liste) erfolgen. Nach Ansicht der Kommission bildet die Rahmenvereinbarung ein sowohl auf Auftraggeber- wie auch auf Auftragnehmerseite „geschlossenes System“. Ausschließlich jene(r) Auftraggeber und jene(r) Unternehmer, die von Beginn an Partei(en) der Rahmenvereinbarung waren, können aus dieser Leistungen abrufen.

Im Zusammenhang mit § 152 Abs. 3 bis 6 (Einsatz von Rahmenvereinbarungen mit einem oder mehreren Unternehmern) ist allgemein auf die Problematik der Berücksichtigung von Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) im Zusammenhang mit der Vergabe von Aufträgen hinzuweisen. In Österreich wurde mit der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) eine Organisation zur zentralen Beschaffung von vornehmlich für den Bund bestimmten Leistungen geschaffen. Durch die Bündelung der Nachfrage und durch die Konzentration des Beschaffungswesens sollen Einsparungspotentiale bei der Beschaffung aktiviert werden. Ein zentrales Instrument der BBG zur Verfolgung ihrer Ziele sind ressortübergreifende Rahmenverträge und Rahmenvereinbarungen. Auch letztere eignen sich ganz besonders für die BBG, da mit Rahmenvereinbarungen ein Pool von qualifizierten Unternehmern gebildet werden kann, innerhalb dessen während der Laufzeit der Rahmenvereinbarung ein intensiver Wettbewerb unter gleichzeitiger Anpassung des Leistungsgegenstandes an aktuelle Entwicklungen (Technologiesprünge) durchgeführt werden kann.

In ihrem „Aktionsplan zur Umsetzung und Anwendung der Rechtsvorschriften über die elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge“ vom 13.12.2004 (abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/internal_market/publicprocurement/docs/eprocurement/actionplan/actionplan_de.pdf) hält die Kommission fest: „Die Kommission fordert alle Mitgliedstaaten auf, das Gesetzgebungspaket in seiner Gesamtheit lückenlos umzusetzen. Die Regierungen sollten jedoch in der Lage sein, die Anwendung der neuen elektronischen Werkzeuge und Techniken im Laufe der Zeit anzupassen. Sie sollten insbesondere die Gefahr einer überzogenen oder missbräuchlichen Zentralisierung der Beschaffungen, einer falschen Anwendung elektronischer Auktionen und einer Präferenz für geschlossene Beschaffungssysteme (beispielsweise Rahmenvereinbarungen) gegenüber offenen Systemen im Auge behalten. Solche Praktiken können die Vorteile einer Effizienzsteigerung zunichte machen.“ Mit seiner Entschließung vom 26. Jänner 2005 (E 88-NR/XXII.GP) äußerte der Nationalrat nachdrücklich den Wunsch, im Zusammenhang mit Beschaffungen der BBG Leistungsvergaben so zu organisieren, dass sich auch Klein- und Mittelbetriebe an den Beschaffungen der BBG beteiligen können. Durch die Möglichkeit Rahmenvereinbarungen auch im Oberschwellenbereich nutzen zu können, ist ein zusätzliches Instrument geschaffen worden, Aufträge örtlich und zeitlich gestaffelt in kleinen Volumina abzurufen. Durch den Abruf eines Auftrages in Losen kann auch die Rahmenvereinbarung in besonderem Ausmaß dazu beitragen, die Teilnahme von KMU an Beschaffungsverfahren zu fördern. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die beschriebene (gestaffelte) Gestaltung der konkreten Ausschreibung oder der Abruf in Losen sinnvoller Weise nur dann zum Einsatz kommen darf, wenn dies nach dem Leistungsgegenstand und den Leistungsspezifikationen der konkret nachgefragten Leistung für den Auftraggeber objektiv nachvollziehbar sachlich gerechtfertigt werden kann (vgl. dazu auch § 22 Abs. 1). Hinsichtlich der BBG ist festzuhalten, dass gemäß dem Controllingbericht 2004 73% der Vertragspartner der BBG im Jahre 2004 KMU waren (im Vergleich zu 62% im Jahre 2003).

Gemäß der Definition der Rahmenvereinbarung können an dieser „einer oder mehrere Auftraggeber“ beteiligt sein. Soweit nachstehend (betreffend die Verfahren zur Vergabe von Aufträgen gemäß § 152 Abs. 3 bis 6) allein der Singular im Zusammenhang mit dem Begriff „Auftraggeber“ verwendet wird, gelten die Ausführungen ebenso für Rahmenvereinbarungen, bei denen auf Auftraggeberseite mehrere öffentliche Auftraggeber beteiligt sind.

§ 152 Abs. 3 Z 1 regelt die Vergabe von Aufträgen bei Rahmenvereinbarungen mit einem einzigen Unternehmer. Sofern in der Rahmenvereinbarung selbst alle erforderlichen Bedingungen für die Auftragsvergabe festgelegt wurden, kann der Auftraggeber unmittelbar aus der Rahmenvereinbarung die konkret benötigte Leistung abrufen und den Zuschlag erteilen. In diesem Fall erfolgt der Zuschlag auf jenes Angebot, das der Unternehmer für den Abschluss der Rahmenvereinbarung gelegt hat. Es besteht hierbei keine Möglichkeit, das Angebot durch den Unternehmer modifizieren zu lassen. Der unmittelbare Abruf seitens des Auftraggebers gemäß Abs. 3 Z 1 ist grundsätzlich jedoch nur in einem angemessenen, sachlich gerechtfertigten zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss der Rahmenvereinbarung zulässig. Dies folgt insbesondere aus dem Grundsatz des Missbrauchsverbotes gemäß § 151 Abs. 4, der – bei sich ändernden Rahmenbedingungen – es dem Auftraggeber verwehrt, während der (gesamten) Laufzeit der Rahmenvereinbarung die Leistungen stets auf der Basis der ursprünglichen, zum Abschluss der Rahmenvereinbarung führenden Angebote abzurufen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit, eine „missbräuchliche“ Verwendung der Rahmenvereinbarung dadurch zu vermeiden, dass in der Rahmenvereinbarung eine Preisanpassungsklausel (mit Bindung an objektive Indices) aufgenommen wird. Der „angemessene zeitliche Zusammenhang“ ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalles und hängt nicht zuletzt auch vom Auftragsgegenstand ab. Bei Leistungen mit einer ständigen Preisfluktuation (vgl. Rohölprodukte) wird dieser Zeitraum kürzer anzusetzen sein, als bei Leistungen mit stabileren Preisen.

Zu betonen ist, dass der Auftraggeber – obwohl die Bedingungen für einen unmittelbaren Abruf aus der Rahmenvereinbarung gemäß § 152 Abs. 3 Z 1 vorliegen würden – auch die Möglichkeit hat, den Unternehmer gemäß Abs. 3 Z 2 aufzufordern, sein ursprüngliches Angebot „zu verbessern“.

Sofern in der Rahmenvereinbarung selbst nicht alle erforderlichen Bedingungen für die Auftragsvergabe festgelegt wurden, hat der Auftraggeber (bei einer Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer) gemäß § 152 Abs. 3 Z 2 vorzugehen. Gemäß dem Wortlaut der Richtlinie „kann der öffentliche Auftraggeber den an der Rahmenvereinbarung beteiligten Wirtschaftsteilnehmer schriftlich konsultieren und ihn dabei auffordern, sein Angebot erforderlichenfalls zu vervollständigen“ (Art. 32 Abs. 3 zweiter UAbs. RL 2004/18/EG). Ein Vergleich mit der Regelung des Abs. 4 zweiter UAbs. der Richtlinie (iZm dem Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmern) zeigt, dass der Wortlaut des Abs. 3 zweiter UAbs. der Richtlinie unvollständig ist und große Unschärfen aufweist. Drei Situationen sollen erfasst werden: der Auftraggeber kann den Unternehmer zur Vorlage eines „verbesserten“ Angebotes auffordern 1. auf der Basis der ursprünglichen Bedingungen der Rahmenvereinbarung (wenn der Auftraggeber etwa – trotz Vorliegens der Voraussetzungen – nicht von der Möglichkeit des Abs. 3 erster UAbs. Gebrauch machen möchte), 2. sofern nicht alle Bedingungen für die Vergabe der Aufträge in der Rahmenvereinbarung selbst festgelegt sind, auf der Basis der vom Auftraggeber vervollständigten Bedingungen der Rahmenvereinbarung und 3. gegebenenfalls nach anderen, in den Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung genannten Bedingungen. In diesem Sinne wird daher § 152 Abs. 3 Z 2 strukturiert.

§ 152 Abs. 4 bis 6 regeln die Vergabe von Aufträgen im Zusammenhang mit Rahmenvereinbarungen mit mehreren Unternehmern. Sofern in der Rahmenvereinbarung selbst alle erforderlichen Bedingungen für die Auftragsvergabe festgelegt wurden, kann der Auftraggeber unmittelbar aus der Rahmenvereinbarung die konkret benötigte Leistung abrufen und den Zuschlag erteilen. Anders als im BVergG 2002 legt das Gesetz in Abs. 4 Z 1 (in Übereinstimmung mit Art. 32 Abs. 4 zweiter UAbs. erster Spiegelstrich der Richtlinie) nicht mehr ausdrücklich fest, dass der Zuschlag „auf das beim Abschluss der Rahmenvereinbarung am besten bewertete Angebot zu erteilen ist“. Die Richtlinie regelt bewusst nicht die Frage des Auswahlmodus hinsichtlich jener Partei der Rahmenvereinbarung, der in der 2. Phase der Zuschlag erteilt werden soll. Dem Auftraggeber steht es daher frei, in der Rahmenvereinbarung derartige Festlegungen zu treffen (zB: „im Falle der Vergabe eines Auftrages gemäß Abs. 4 Z 1 erfolgt der Zuschlag auf das beim Abschluss der Rahmenvereinbarung am besten bewertete Angebot“). Erfolgt keine Festlegung in der Rahmenvereinbarung, so hat der Auswahlmodus den allgemeinen Grundsätzen des Vergaberechts zu entsprechen, d.h. er muss insbesondere nicht diskriminierend, transparent und nach objektiv nachprüfbaren Kriterien gestaltet sein. Die Kommission wies darauf hin, dass etwa ein Vorgehen nach dem „Kaskadenprinzip“ diesen Anforderungen entsprechen würde. In diesem Fall würde zuerst jener Unternehmer kontaktiert werden, der das beim Abschluss der Rahmenvereinbarung am besten bewertete Angebot gelegt hat. Sofern dieser nicht in der Lage wäre (zB die entsprechenden Ressourcen stehen für den konkreten Zeitraum nicht zur Verfügung) könnte der zweitgereihte Unternehmer kontaktiert werden usw. Allerdings kann die Anwendung des „Kaskadenprinzips“ auch die Gefahr von wettbewerbswidrigen Absprachen der Parteien der Rahmenvereinbarung zu Lasten des Auftraggebers in sich bergen. Eine Vorgangsweise aufgrund des Loses erfüllt die oben genannten Anforderungen an das Auswahlverfahren nicht. Es empfiehlt sich, die Vorgangsweise (sofern sie nicht in der Rahmenvereinbarung festgelegt wurde) für den Fall eines Nachprüfungsverfahrens genauestens zu dokumentieren. Da der Auswahlmodus dem Transparenzgebot entsprechen muss, wäre er entsprechend bekannt zu geben.

Im Fall des § 152 Abs. 4 Z 1 besteht keine Möglichkeit, das Angebot durch den betreffenden Bieter modifizieren zu lassen. Der unmittelbare Abruf seitens des Auftraggebers gemäß Abs. 4 Z 1 ist ferner grundsätzlich nur in einem angemessenen, sachlich gerechtfertigten zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss der Rahmenvereinbarung zulässig. Dies folgt insbesondere aus dem Grundsatz des Missbrauchsverbotes gemäß § 151 Abs. 4, der es – bei sich ändernden Rahmenbedingungen – dem Auftraggeber verwehrt, während der (gesamten) Laufzeit der Rahmenvereinbarung die Leistungen stets auf der Basis der ursprünglichen zum Abschluss der Rahmenvereinbarung führenden Angebote abzurufen. Der „angemessene zeitliche Zusammenhang“ ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalles und hängt nicht zuletzt auch vom Auftragsgegenstand ab (zu den Beispielen und zur Möglichkeit der Verwendung von Preisanpassungsklauseln vgl. oben die Ausführungen zu § 152 Abs. 3 Z 1).

Sofern in der Rahmenvereinbarung selbst nicht alle erforderlichen Bedingungen für die Auftragsvergabe festgelegt wurden, hat der Auftraggeber (bei einer Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmern) gemäß § 152 Abs. 4 Z 2 in Verbindung mit Abs. 5 und 6 vorzugehen. Gemäß dem Wortlaut der Richtlinie erfolgt die Vergabe von Aufträgen „sofern nicht alle Bedingungen in der Rahmenvereinbarung festgelegt sind, nach erneutem Aufruf der Parteien zum Wettbewerb zu denselben Bedingungen, die erforderlichenfalls zu präzisieren sind, oder gegebenenfalls nach anderen in den Verdingungsunterlagen der Rahmenvereinbarung genannten Bedingungen“ nach dem Verfahren des Abs. 4 zweiter UAbs. zweiter Spiegelstrich lit. a bis d. Abs. 4 zweiter UAbs. der Richtlinie erfasst somit 2 Situationen: der Auftraggeber kann die Unternehmer zur Vorlage eines „verbesserten“ Angebotes auffordern 1. auf der Basis der vom Auftraggeber vervollständigten Bedingungen der Rahmenvereinbarung und 2. gegebenenfalls nach anderen, in den Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung genannten Bedingungen. Im zuletzt genannten Fall ist nunmehr – abweichend von der Rechtslage nach BVergG 2002 – ausschließlich das Sonderverfahren gemäß den lit. a bis d für die Zuschlagserteilung in der 2. Phase vorgesehen. Wie bisher wurden die Regelungen bewusst sehr offen gehalten und das Verfahren nicht strikt reglementiert. Abgabe neuer Angebote kann daher auch heißen: Übermittlung der elektronischen Kataloge der Unternehmer. In diesem Sinne handelt es sich um eine „offene“ Regelung, die diesbezüglich, anders als bei den regulären Verfahren (vgl. § 25), keine detaillierten Regelungen betreffend die Angebotsabgabe enthält. Es versteht sich allerdings von selbst, dass die Grundsätze gemäß § 19 Abs. 1 jedenfalls gelten. Das Zuschlagsverfahren in dieser 2. Phase könnte auch in Form einer elektronischen Auktion abgewickelt werden (Siehe § 146 Abs. 1).

Im Zusammenhang mit § 152 Abs. 3 bis 6 ist ferner darauf hinzuweisen, dass die Begriffe „vervollständigte Bedingungen“ oder „andere Bedingungen“ im Zusammenhang mit der 2. Phase des Wettbewerbes weit zu verstehen sind. Weder die Richtlinie noch das BVergG verlangen etwa, dass der Preis oder dessen Gewichtung bereits in der Rahmenvereinbarung fixiert werden muss (dies folgt im Übrigen auch aus Art. 54 Abs. 2 der Richtlinie). „Bedingungen“ im Sinne des Gesetzes können daher auch Zuschlagskriterien oder deren Gewichtung sein. Es ist daher auch möglich, dass die Zuschlagskriterien für den Abschluss der Rahmenvereinbarung und die Zuschlagskriterien für die Vergabe der auf der Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge nicht ident sind (zB Abschluss der Rahmenvereinbarung auf der Basis des Zuschlagsprinzips „technisch und wirtschaftlich günstigstes Angebot“, Vergabe der Aufträge auf das „Angebot mit dem niedrigsten Preis“). Voraussetzung ist jedoch, dass dies in den Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung bekannt gegeben wurde.

In einer Rahmenvereinbarung kann auch eine Gruppe von Leistungsgegenständen zusammengefasst werden (zB Laptops, Peripheriegeräte, Kopiergeräte). Falls der Auftraggeber aus dieser Gruppe nur bestimmte Leistungsgegenstände „abrufen“ möchte, so muss er für die 2. Phase nur jene Parteien schriftlich (elektronisch) kontaktieren, die tatsächlich in der Lage sind, die konkret nachgefragte Leistung zu erbringen (also zB tatsächlich Kopiergeräte angeboten haben). Gleiches gilt auch für jenen Fall, in dem ein oder mehrere Auftraggeber eine Rahmenvereinbarung über Servicedienstleistungen an bestimmten Geräten (zB Kopierer) abgeschlossen haben. In diesem Fall sind in der 2. Phase nur jene Parteien der Rahmenvereinbarung zu kontaktieren, die die nachgefragte Serviceleistung (Überprüfung des Kopierers der Marke X) auch tatsächlich erbringen können. Die beschriebene Vorgangsweise kann sowohl in einem Verfahren gemäß § 152 Abs. 4 Z 1 wie auch in einem Verfahren gemäß Abs. 4 Z 2 in Verbindung mit Abs. 5 und 6 erfolgen.

Zu den §§ 153 bis 155 (Wettbewerbe):

Neben dem 1. und 4. bis 6. Teil des BVergG sowie den Bestimmungen des 4. Abschnittes des 4. Hauptstückes des 2. Teiles sollen für die Durchführung eines Wettbewerbs lediglich einige grundsätzliche Regelungen des BVergG maßgeblich sein.

Wenn nach einem Ideenwettbewerb ein Verhandlungsverfahren gemäß § 30 Abs. 2 Z 6 durchgeführt wird, richtet sich die Durchführung dieses Verhandlungsverfahrens nach den dafür maßgeblichen Bestimmungen und nicht nach diesem Abschnitt.

Zu § 154 Abs. 6 ist darauf hinzuweisen, dass die RL 2004/18/EG – anders als dies in Art. 44 Abs. 3 zweiter UAbs. für nichtoffene Verfahren oder Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung vorgesehen ist – den Auslober nicht daran hindert, zusätzliche Unternehmer einzuladen, wenn weniger Teilnehmer als die vom Auslober festgelegte Anzahl einen Teilnehmerantrag stellen. Die Regelung des Abs. 8 bezieht sich auf Auslobungsverfahren, bei dem die Teilnahme der Allgemeinheit und somit auch einzelnen Bürgern offen steht (zB Ideen für ein Müllvermeidungskonzept).

Als Grundlage für die Ausarbeitung einer Wettbewerbsordnung gemäß § 155 Abs. 3 könnte zB für Architekturwettbewerbe die Wettbewerbsordnung Architektur, für Ingenieursleistungen die Wettbewerbsordnung für das Ingenieurswesen dienen. Die Regelung des Abs. 6 über die Auswahl des oder der Wettbewerbsgewinner wurde um Bestimmungen über die Erstellung einer Niederschrift des Preisgerichtes bzw. über den zwischen dem Preisgericht und den Wettbewerbsteilnehmern allenfalls stattfindenden Dialog ergänzt. Klarzustellen ist, dass Abs. 6 lediglich statuiert, dass die Wettbewerbsarbeiten anonym vorgelegt werden müssen. Erachtet das Preisgericht eine Aufklärung für notwendig, endet notwendiger Weise das Gebot der Anonymität (so auch die explizite Anordnung des vorletzten Satzes des Abs. 6).

Zu den §§ 156 bis 158 (Dynamisches Beschaffungssystem):

Die Regelungen ergehen in Umsetzung des Art. 33 der RL 2004/18/EG und beinhalten ein – im BVergG bislang noch nicht enthaltenes – neues Vergabeverfahren.

Den Erwägungsgründen 12 und 13 lassen sich zum dynamischen Beschaffungssystem folgende Aussagen entnehmen: „Es werden fortlaufend bestimmte neue Techniken der Online-Beschaffung entwickelt. Diese Techniken ermöglichen es, den Wettbewerb auszuweiten und die Effizienz des öffentlichen Beschaffungswesens – insbesondere durch eine Verringerung des Zeitaufwands und die durch die Verwendung derartiger neuer Techniken erzielten Einsparungseffekte – zu verbessern. Die öffentlichen Auftraggeber können Techniken der Online-Beschaffung einsetzen, solange bei ihrer Verwendung die Vorschriften dieser Richtlinie und die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz eingehalten werden. Insofern können Bieter insbesondere in den Fällen, in denen im Zuge der Durchführung einer Rahmenvereinbarung ein erneuter Aufruf zum Wettbewerb erfolgt oder ein dynamisches Beschaffungssystem zum Einsatz kommt, ihr Angebot in Form ihres elektronischen Katalogs einreichen, sofern sie die vom öffentlichen Auftraggeber gewählten Kommunikationsmittel gemäß Artikel 42 verwenden.

In Anbetracht des Umstands, dass sich Online-Beschaffungssysteme rasch verbreiten, sollten schon jetzt geeignete Vorschriften erlassen werden, die es den öffentlichen Auftraggebern ermöglichen, die durch diese Systeme gebotenen Möglichkeiten umfassend zu nutzen. Deshalb sollte ein vollelektronisch arbeitendes dynamisches Beschaffungssystem für Beschaffungen marktüblicher Leistungen definiert und präzise Vorschriften für die Einrichtung und die Arbeitsweise eines solchen Systems festgelegt werden, um sicherzustellen, dass jeder Wirtschaftsteilnehmer, der sich daran beteiligen möchte, gerecht behandelt wird. Jeder Wirtschaftsteilnehmer sollte sich an einem solchen System beteiligen können, sofern er ein vorläufiges Angebot im Einklang mit den Verdingungsunterlagen einreicht und die Eignungskriterien (In Österreich kann dieser Begriff auch Auswahlkriterien umfassen)erfüllt. Dieses Beschaffungsverfahren ermöglicht es den öffentlichen Auftraggebern, durch die Einrichtung eines Verzeichnisses von bereits ausgewählten Bietern und die neuen Bietern eingeräumte Möglichkeit, sich daran zu beteiligen, dank der eingesetzten elektronischen Mittel über ein besonders breites Spektrum von Angeboten zu verfügen, und somit durch Ausweitung des Wettbewerbs eine optimale Verwendung der öffentlichen Mittel zu gewährleisten.“

Wie sich bereits der Definition des § 25 Abs. 8 entnehmen lässt, handelt es sich beim dynamischen Beschaffungssystem um ein vollelektronisches Vergabeverfahren, es darf daher nur auf elektronischem Weg eingerichtet und betrieben werden, sämtliche Bekanntmachungen und Verständigungen haben auf elektronischem Weg zu erfolgen (siehe insbesondere § 157 Abs. 2). Zulässig ist die Einrichtung eines dynamischen Beschaffungssystems nur für die Beschaffung von Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des Auftraggebers genügen (sog. „off-the-shelf-Produkte“).

Der Abschluss eines dynamischen Beschaffungssystems folgt den allgemeinen Regelungen des BVergG über die Durchführung eines offenen Verfahrens sowie der Sonderbestimmung des § 157. Für die Vergabe von Aufträgen auf der Basis eines dynamischen Beschaffungssystems gelten hingegen ausschließlich die §§ 156 Abs. 2, 157, 158 sowie die verwiesenen Paragrafen.

§ 157 Abs. 4 sieht für die Unternehmer, die nach der Bekanntmachung über die Einrichtung eines dynamischen Beschaffungssystems eine den Ausschreibungsbestimmungen entsprechende, unverbindliche Erklärung zur Leistungserbringung abgegeben haben, eine ex lege-Zulassung vor. Zum Begriff der unverbindlichen Erklärung zur Leistungserbringung siehe die Definition in § 2 Z 37 sowie die Erläuterungen dazu. Anders als bei der Rahmenvereinbarung geben die Unternehmer zuerst nur unverbindliche Erklärungen zur Leistungserbringung ab und keine Angebote. Eine Bindung für die Unternehmer kann daher erst nach einer Aufforderung zur Angebotsabgabe (§ 158 Abs. 2) erfolgen. Die für die elektronischen Angebote maßgeblichen Bestimmungen (siehe etwa die §§ 113ff) sind sinngemäß anzuwenden.

Die Laufzeit eines dynamischen Beschaffungssystems stellt im Vergleich zur Rahmenvereinbarung ein geringeres wettbewerbspolitisches Problem dar, da das dynamische Beschaffungssystem im Gegensatz zur Rahmenvereinbarung während der gesamten Laufzeit für alle Unternehmer offen steht. Es steht einem Unternehmer jederzeit frei, um eine Teilnahme anzusuchen. Wenn ein geeigneter Unternehmer eine gemäß den Ausschreibungsunterlagen zulässige, unverbindliche Erklärung zur Leistungserbringung abgegeben hat, ist er vom Auftraggeber zuzulassen. Hinzuweisen ist auf die Regelung des § 157 Abs. 9, wonach der Auftraggeber den Unternehmern für die Teilnahme am dynamischen Beschaffungssystem keine Kosten verrechnen darf.

Die Vergabe eines Auftrages auf Grund eines eingerichteten dynamischen Beschaffungssystems ist in § 158 normiert. Die Vergabe eines Einzelauftrages erfolgt auf Grund einer gesonderten Aufforderung zur Angebotsabgabe, der wiederum eine vereinfachte Bekanntmachung voranzugehen hat. Vor der Vergabe eines Einzelauftrages sind potentielle Interessenten somit erneut einzuladen, sich um Teilnahme am Beschaffungssystem zu bewerben. Die Aufforderung zur Angebotsabgabe ergeht dann nur mehr an die zum Ende der Stillhaltefrist im System zugelassenen Teilnehmer am dynamischen Beschaffungssystem. Die Regelung entspricht in dieser Form den Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 und 6 der RL 2004/18/EG.

Zu § 158 Abs. 3 ist festzuhalten, dass die festgelegte Stillhaltefrist von 15 Tagen zur Einreichung der unverbindlichen Erklärungen zu Leistungserbringung (vgl. dazu auch § 157 Abs. 6) eine Mindestfrist ist (arg. „nicht weniger als“ in § 158 Abs. 3). Der Auftraggeber könnte sohin auch eine längere Frist festsetzen. Nach Einlangen der unverbindlichen Erklärungen zu Leistungserbringung hat der Auftraggeber binnen 15 Tagen festzustellen, ob diese Erklärungen gemäß den Ausschreibungsunterlagen „zulässig“ sind (d.h. insbesondere ob sie vollständig sind) und ob es sich um einen befugten, zuverlässigen und leistungsfähigen Bieter handelt. Falls unvollständige oder offenkundig unzulässige unverbindlichen Erklärungen zu Leistungserbringung eingereicht werden (unter Umständen kurz vor Ablauf der 15 Tages-Frist) kann der Auftraggeber diese Erklärungen ohne weiteres ausscheiden. Eine vertiefte Prüfung der Erklärungen oder eine Fristsetzung zur Nachreichung von Unterlagen ist nicht geboten. Damit wird verhindert, dass der Auftraggeber durch kurz vor Ende der Stillhaltefrist gemäß § 158 Abs. 3 eingereichte (schlampig ausgearbeitete) unverbindliche Erklärungen zur Leistungserbringung beliebig blockiert werden kann.

Zu den §§ 159 bis 162 (wettbewerblicher Dialog):

Die Regelungen ergehen in Umsetzung des Art. 29 der RL 2004/18/EG und beinhalten ein – im BVergG bislang noch nicht enthaltenes – neues Vergabeverfahren.

Im Erwägungsgrund 31 der RL 2004/18/EG lässt sich zum wettbewerblichen Dialog Folgendes entnehmen: „Für öffentliche Auftraggeber, die besonders komplexe Vorhaben durchführen, kann es – ohne dass ihnen dies anzulasten wäre – objektiv unmöglich sein, die Mittel zu bestimmen, die ihren Bedürfnissen gerecht werden können, oder zu beurteilen, was der Markt an technischen bzw. finanziellen/rechtlichen Lösungen bieten kann. Eine derartige Situation kann sich insbesondere bei der Durchführung bedeutender integrierter Verkehrsinfrastrukturprojekte, großer Computernetzwerke oder Vorhaben mit einer komplexen und strukturierten Finanzierung ergeben, deren finanzielle und rechtliche Konstruktion nicht im Voraus vorgeschrieben werden kann. Daher sollte für Fälle, in denen es nicht möglich sein sollte, derartige Aufträge unter Anwendung offener oder nichtoffener Verfahren zu vergeben, ein flexibles Verfahren vorgesehen werden, das sowohl den Wettbewerb zwischen Wirtschaftsteilnehmern gewährleistet als auch dem Erfordernis gerecht wird, dass der öffentliche Auftraggeber alle Aspekte des Auftrags mit jedem Bewerber erörtern kann. Dieses Verfahren darf allerdings nicht in einer Weise angewandt werden, durch die der Wettbewerb eingeschränkt oder verzerrt wird, insbesondere indem grundlegende Elemente geändert oder dem ausgewählten Bieter neue wesentliche Elemente auferlegt werden oder indem andere Bieter als derjenige, der das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat, einbezogen werden.“

Um ein für den Auftraggeber möglichst formfreies Verfahren zur Verfügung zu stellen, werden – neben dem 1. und 4. bis 6. Teil – nur einzelne Regelungen des 2. Teiles für anwendbar erklärt. Durch die Regelung des § 159 Abs. 2 wird festgelegt, dass im Verfahren des wettbewerblichen Dialoges eine Zuschlagserteilung auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis nicht in Frage kommt. Zur Definition des wettbewerblichen Dialogs siehe § 25 Abs. 9 sowie die Erläuterungen dazu, zur Wahl des wettbewerblichen Dialogs siehe § 34 sowie die Erläuterungen dazu.

Die Regelung des § 160 Abs. 1 dient der Umsetzung des Art. 29 Abs. 2 der RL/2004/18/EG. Da dem Auftraggeber während der Dialogphase ein maximaler Spielraum eingeräumt werden soll, sind an die Formulierung der Bedürfnisse keine übertriebenen Anforderungen zu stellen. Da es dem Auftraggeber offen stehen soll, auf Änderungen in der Problemstellung, die sich auf Grund der Dialogphase ergeben, zu reagieren, ohne dafür eine Berichtigung vorzunehmen, ist es ausreichend, wenn die Bedürfnisse lediglich in allgemeiner Art und Weise formuliert werden.

Zu § 160 Abs. 2 ist Folgendes anzumerken: Nach dem Konzept der RL 2004/18/EG (Art. 40 Abs. 1 und 2) ist die nähere Beschreibung (erst) mit der Aufforderung zur Teilnahme am Dialog bekannt zu geben (und muss somit nicht bereits der Bekanntmachung beigefügt werden; in der Bekanntmachung wären diesfalls jene Informationen anzuführen, die allfällig interessierten Unternehmern die Beurteilung ermöglichen würde, ob dieses Verfahren für sie von Interesse sein könnte). Das führt dazu, dass dem Auftraggeber ein gewisser Spielraum eingeräumt wird, ob er bestimmte Aspekte, nämlich die nähere Erläuterung seiner Bedürfnisse bzw. die Zuschlagskriterien früher (in der Bekanntmachung) und somit allen oder erst später (in der Beschreibung) und somit nur den ausgewählten Bewerbern bekannt gibt. Weiters führt dies auch dazu, dass im zuletzt genannten Fall die Bewerber erst nach der Aufforderung zur Teilnahme ihre Lösungen ausarbeiten können, da eine solche Ausarbeitung ohne nähere Erläuterung der Bedürfnisse des Auftraggebers nicht möglich ist – siehe dazu Abs. 9 Z 6.

Eine Bestimmung betreffend Prämien findet sich in Art. 29 Abs. 8 der RL 2004/18/EG. § 160 Abs. 2 Z 6 sieht vor, dass die Festlegungen des Auftraggebers über die Zahlung von Prämien den potentiellen Interessenten möglichst frühzeitig zur Kenntnis gebracht werden sollten. Im Interesse des Auftraggebers empfiehlt sich eine entsprechende Regelung vorzusehen. In der bisherigen Praxis hat sich als Problem erwiesen, die Bedingungen für die Abwicklung eines PPP-Projektes so attraktiv zu gestalten, dass eine ausreichende Anzahl an Interessenten sich auf das Verfahren eingelassen hat. Das Vorsehen entsprechender Zahlungen würde die Attraktivität des Verfahrens zweifelsfrei erhöhen.

Die Regelungen des § 160 Abs. 3 bis 8 orientieren sich in ihrem Aufbau an § 103, und sind auch inhaltlich den Regelungen über zweistufige Verfahren nachgebildet. Auf die entsprechenden Erläuterungen zu § 103 wird verwiesen.

Zu den Bestimmungen über die Aufforderung zur Teilnahme am wettbewerblichen Dialog in § 160 Abs. 9 ist auf die entsprechenden Richtlinienregelungen in Art. 40 der RL 2004/18/EG hinzuweisen. Zwar ist in Art. 29 Abs. 4 der RL 2004/18/EG festgelegt, dass die Zuschlagskriterien in der Bekanntmachung oder der Beschreibung anzugeben sind, Art. 40 Abs. 5 lit. e der RL 2004/18/EG bestimmt darüber hinaus, dass „die Gewichtung der Zuschlagskriterien oder gegebenenfalls die absteigende Reihenfolge der Bedeutung dieser Kriterien“ in der Aufforderung zur Teilnahme am Dialog enthalten sein müssen. Hinzuweisen ist aber darauf, dass die Zuschlagskriterien im Zuge der Aufforderung zur Angebotsabgabe allerdings noch präzisiert, angepasst oder ergänzt werden können (im Hinblick auf die Ergebnisse der Erörterungen, vgl. § 161 Abs. 1); die Reihung oder Gewichtung der Zuschlagskriterien kann daher noch Veränderungen durch die Ergebnisse des Dialogs unterworfen sein.

Aus § 160 Abs. 9 Z 6 ergibt sich, dass die Teilnehmer am Dialog vor Beginn der Dialogphase ihren Lösungsvorschlag vorzulegen haben. Da den Bewerbern die Beschreibung (und somit allenfalls die nähere Erläuterung der Bedürfnisse des Auftraggebers) erst mit der Aufforderung zur Teilnahme übermittelt wird, können sie in der Regel auch erst nach diesem Zeitpunkt ihre Lösung ausarbeiten und dem Auftraggeber vorlegen. Umgekehrt erscheint es aber auch notwendig, einen Endzeitpunkt für die Vorlage von (neuen) Lösungsvorschlägen zu normieren, da es ansonsten einem Bewerber, dessen Lösung nicht weiter berücksichtigt wird, möglich wäre, zu jedem Zeitpunkt mit einer neuen Lösung wieder an den Auftraggeber heranzutreten (die dieser wiederum prüfen müsste usw.) – es ist daher erforderlich, hier eine gewisse Schranke einzuziehen. Die Regelung steht auch in Zusammenhang mit der Bestimmung des § 161 Abs. 3, wonach der Auftraggeber mit jedem Teilnehmer grundsätzlich nur die von ihm vorgelegten Lösung (bzw. Lösungen) zu erörtern hat. Hinzuweisen ist allerdings auch darauf, dass eine Lösung auf Grund der Ergebnisse des Dialogs abgeändert werden kann; allerdings darf eine Abänderung nicht so weit gehen, dass eine gänzlich andere Lösung vorgelegt wird.

Die Regelung des § 161 dient der Umsetzung Art. 29 Abs. 3 bis 5 und des Art. 44 Abs. 4 der RL 2004/18/EG.

Ziel der nicht weiter reglementierten Dialogphase ist es, die Lösung oder die Lösungen, die für den Auftraggeber am besten geeignet sind, zu ermitteln. Die nähere Gestaltung der Dialogphase obliegt allein dem Auftraggeber, zu beachten sind in dieser Phase des wettbewerblichen Dialoges allein die Bestimmungen des § 161 und die allgemeinen Grundsätze. In der Dialogphase besteht für den Auftraggeber die Möglichkeit, aufgrund der Erkenntnisse der Dialogphase, die Beschreibung seiner Bedürfnisse und Anforderungen anzupassen. Angepasst werden können daher auch Zuschlagskriterien. Allfällige Änderungen der Beschreibung sind allen (in der jeweiligen Phase des Dialoges noch verbliebenen) Teilnehmern am Dialog bekannt gegeben (zur Bekanntgabeverpflichtung vgl. GA Colomer SA vom 8.9.2005 in der Rs C-331/04, EAC, Rz 26).

Die Vorschrift des Abs. 3 steht zum einen in Zusammenhang mit der Regelung des Abs. 4: Lösungsvorschläge von Teilnehmern dürfen nur mit deren Zustimmung weitergegeben und somit zum Gegenstand des Dialogs mit den jeweils anderen Teilnehmern gemacht werden. Zum anderen steht die Vorschrift aber auch in Zusammenhang mit § 160 Abs. 9 Z 6, wonach die Lösungsvorschläge bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegen müssen, um ein ständiges „Nachschieben“ völlig neuer Lösungsvorschläge zu unterbinden („vorgelegt“ im Sinne des § 161 Abs. 3 bedeutet somit: rechtzeitig vorgelegt). Schließlich ergibt sich aus dieser Bestimmung, dass ein Bewerber, dessen einzige Lösung nicht weiter berücksichtigt wird, nicht weiter am Dialog teilnehmen kann.

Die Nichtberücksichtigung von Lösungen gemäß § 161 Abs. 5 erfolgt gemäß Art. 44 Abs. 4 der RL 2004/128/EG auf Grund der Zuschlagskriterien. Da Zuschlagskriterien keine Ausschlusskriterien sind, kann eine derartige Entscheidung des Auftraggebers nur auf einer Einschätzung dahingehend basieren, welche Lösung(en) zur Erfüllung seiner Bedürfnisse seiner Ansicht nach nicht am besten geeignet sind. Zu Abs. 5 ist auch auf § 2 Z 16 lit. a sublit. ll zu verweisen, wonach die Verständigung von der Nichtberücksichtigung einer Lösung eine gesondert anfechtbare Entscheidung ist. Aus Abs. 5 folgt, dass falls der Auftraggeber eine Lösung in der Dialogphase ausscheidet (weil sie etwa im Vergleich zu anderen Lösungsansätzen zu teuer ist), alle Unternehmer, die derartige Lösungen angeboten haben (zB Tunnellösung im Vergleich zu einer Brückenlösung), mit diesen Lösungen nicht weiter am Dialog teilnehmen können.

Zu § 161 Abs. 6 ist auf Folgendes hinzuweisen: Art. 29 Abs. 5 der RL 2004/18/EG sieht vor, dass der Auftraggeber den Dialog so lange fortsetzt, bis er die Lösung bzw. die Lösungen ermitteln kann, mit denen seine Bedürfnisse erfüllt werden können. Demgegenüber sieht Art. 29 Abs. 3 vor, dass es Ziel des Dialogs ist, die Mittel (Lösungen) zu ermitteln, mit denen die Bedürfnisse des Auftraggebers am besten erfüllt werden können. Auch die in der Richtlinie explizit vorgesehene Möglichkeit, Lösungen anhand der Zuschlagskriterien zu eliminieren, kann – da es sich bei Zuschlagskriterien nicht um Ausschlusskriterien handelt, sondern um Kriterien, die schlechter oder besser erfüllt werden – nur dahingehend verstanden werden, dass der Auftraggeber während der Dialogphase auch Lösungen, die zwar prinzipiell geeignet sind, seine Bedürfnisse zu erfüllen (aber eben schlechter als andere Lösungen), ausscheiden kann. Daher soll im Zuge der Umsetzung klargestellt werden, dass der Dialog so lange fortgesetzt werden kann, bis die bestgeeigneten Lösungen oder die bestgeeignete Lösung ermittelt worden ist (sind).

Für die Zahl der letztlich zur Angebotsabgabe aufzufordernden Teilnehmer ergibt sich daraus Folgendes: Der Auftraggeber hat mindestens drei Bewerber zur Teilnahme aufzufordern. Er kann die Zahl der Lösungen während der Dialogphase reduzieren. Da auch in der Schlussphase ein echter Wettbewerb gewährleistet sein muss (so auch Art. 44 Abs. 4 l. Satz der RL 2004/18/EG), sind grundsätzlich jedenfalls zwei Teilnehmer zur Angebotsabgabe aufzufordern. Etwas anderes gilt gemäß Art. 44 Abs. 4 der RL 2004/18/EG zum einen dann, wenn keine ausreichende Anzahl von Lösungen vorliegt. Daher ist die Einholung nur eines Angebotes jedenfalls dann zulässig, wenn ein Dialog nur mit einem Teilnehmer geführt wurde (etwa weil alle anderen Teilnehmer ein anderes Lösungskonzept vorlegten und dieses in der Dialogphase nicht mehr weiter berücksichtigt wurde). Zum anderen ist es auf Grund des Wortlautes des Art. 29 Abs. 5 („die Lösung bzw. die Lösungen“) auch möglich, die Zahl der zu erörternden Lösungen auf eine zu verringern, wenn zwar mehrere Lösungen prinzipiell geeignet sind, aber bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Dialogphase klar ist, dass nur eine Lösung als bestgeeignete Lösung in Frage kommt.

Der Auftraggeber hat den Abschluss der Dialogphase und die Grundzüge der ausgewählten Lösung oder Lösungen allen Teilnehmern am Dialog unverzüglich bekannt zu geben. Der Grund für die Bekanntgabe der ausgewählten Lösung oder der Lösungen an alle (daher auch an die in früheren Phasen des Dialoges bereits nicht weiter berücksichtigten) Teilnehmer des Dialoges liegt darin, dass diesen bekannt gegeben werden soll, welche Lösung ausgewählt wurde. Falls nämlich der Auftraggeber nach Nichtberücksichtigung einer Lösung aufgrund des Dialoges sich in weiterer Folge doch der (zuvor noch) nicht berücksichtigten Lösung annähert, sollen die davon betroffenen Unternehmer die Möglichkeit haben, diese Entscheidung zu bekämpfen. Unternehmer deren Lösung in der Dialogphase nicht berücksichtigt wurde, haben daher theoretisch zwei Möglichkeiten gegen die Nichtberücksichtigung der von ihnen ausgearbeiteten Lösung vorzugehen. Der Abschluss der Dialogphase kann jedoch von den in der Dialogphase nicht weiter berücksichtigten Unternehmern denkmöglicher Weise nur mit der Begründung bekämpft werden, dass die nunmehr ausgewählte(n) Lösung(en) mit der vom Unternehmer ursprünglich vorgelegten, in der Dialogphase aber nicht weiter berücksichtigten Lösung übereinstimmen.

Da die Auswahl der Lösung bzw. der Lösungen bereits mit der Bekanntgabe über den Abschluss der Dialogphase bekämpfbar ist, ist es ausreichend, wenn der Auftraggeber gemäß § 162 Abs. 1 die verbliebenen Teilnehmer zur Angebotslegung auffordert. Jeder Teilnehmer kann nur auf Grund der von ihm selbst vorgelegten Lösung (Lösungen) ein Angebot legen.

Um das Instrument des wettbewerblichen Dialogs handhabbar zu machen, ist es jedenfalls erforderlich, dass der Auftraggeber im Zuge der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Möglichkeit hat, die Beschreibung entsprechend den Ergebnissen der Erörterungen während der Dialogphase anzupassen. Diese Möglichkeit soll aber nicht unbegrenzt eingeräumt werden, daher sollen die Schranken für die Angebotsänderung nach Angebotsabgabe (keine Änderung grundlegender Elemente gemäß Art. 29 Abs. 6 zweiter UAbs. der RL 2004/18/EG) auch für dieses Stadium vorgesehen werden. Eine zulässige Änderung wäre etwa die Präzisierung der Gewichtung der Zuschlagskriterien. Die Anpassung muss allerdings auf der Grundlage der Ergebnisse der Erörterungen erfolgen. Unzulässig wäre es demnach, im Zuge der Aufforderung zur Angebotsabgabe in die Beschreibung Aspekte aufzunehmen, die in der Dialogphase nicht erörtert worden sind, oder Abänderungen in Richtung einer Lösung vorzunehmen, die bereits ausgeschieden wurde. Eine Abänderung der Beschreibung ist wohl dann als unzulässig anzusehen, wenn die abgeänderte Beschreibung dazu führen würde, dass einzelne Lösungen, die im Zuge der Dialogphase nicht weiter berücksichtigt worden sind, nunmehr als bestgeeignet anzusehen wären.

Aus § 162 Abs. 1 letzter Satz ergibt sich, dass für die Beschreibung im Zuge der Aufforderung zur Angebotsabgabe hinsichtlich ihrer Detailliertheit höhere Anforderungen gelten als für die Beschreibung, die im Zuge der Aufforderung zur Teilnahme (§ 160 Abs. 9) zur Verfügung gestellt wird.

Zur Klarstellung ist im Zusammenhang mit § 162 Abs. 3 festzuhalten, dass der wettbewerbliche Dialog ein Verfahren sui generis darstellt (vgl. dazu auch Erwägungsgrund 31 der RL 2004/18/EG „ein flexibles Verfahren“). Daraus folgt, dass der wettbewerbliche Dialog – auch in der Phase der Angebotsabgabe und der Vergabe des Auftrages – nicht den Regeln über den Ablauf eines offenen, eines nicht offenen oder eines Verhandlungsverfahrens folgt. Die einzigen Grenzen hinsichtlich der allfälligen Änderung von Angeboten enthält Abs. 3 selbst, d.h. die Änderungen in dieser Phase des wettbewerblichen Dialoges dürfen nicht so weit gehen, dass dies zu einer Änderung der grundlegenden Elemente des Angebots oder der Beschreibung führen würde, sodass dadurch der Wettbewerb verfälscht oder eine Diskriminierung eintreten würde.

Zur Regelung des Abs. 4 ist auf § 131 Z 6 hinzuweisen, wonach keine Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung erforderlich ist, wenn der Zuschlag an den Unternehmer erteilt werden soll, der nach Durchführung der Dialogphase als einziger zur Angebotslegung aufgeordert worden ist.

Zu Abs. 3 und 5 ist überdies auf Erwägungsgrund 31 der RL 2004/18/EG zu verweisen, der folgendes festhält: „Dieses Verfahren darf allerdings nicht in einer Weise angewendet werden, durch die der Wettbewerb eingeschränkt oder verzerrt wird, insbesondere indem grundlegende Elemente geändert oder dem ausgewählten Bieter neue wesentliche Elemente auferlegt werden oder indem andere Bieter als derjenige, der das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat, einbezogen werden.“

Zum 3. Teil (Sektorenbereich):

Zu den §§ 163 bis 166 (Persönlicher Geltungsbereich):

§ 163 erklärt für Vergabeverfahren von Sektorenauftraggebern die – im Vergleich zum so genannten klassischen Regime des 2. Teils des Gesetzes – vereinfachten Regelungen des 3. Teiles des Gesetzes für anwendbar.

In den §§ 164 bis 166 wird der Begriff Sektorenauftraggeber definiert. Öffentliche Auftraggeber und öffentliche Unternehmen sind Sektorenauftraggeber (und unterliegen damit den Bestimmungen des 3. Teiles des Gesetzes), soweit sie eine der in den §§ 167 bis 172 festgelegten Sektorentätigkeiten ausüben. Private Auftraggeber sind Sektorenauftrageber, soweit sie eine der in den §§ 167 bis 172 festgelegten Sektorentätigkeiten ausüben und diese Tätigkeit auf der Grundlage von besonderen und ausschließlichen Rechten ausüben.

§ 165 Abs. 2 enthält die Definition des öffentlichen Unternehmens. In Anpassung an den Wortlaut der Richtlinie 2004/17/EG wird in der Definition nicht mehr auf eine Beherrschung durch „eine juristische Person des öffentlichen Rechts“, sondern auf eine Beherrschung durch einen öffentlichen Auftraggeber abgestellt (vgl. Art 2 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2004/17/EG, der von der Beherrschung durch „den Auftraggeber“ spricht und sich dabei auf den öffentlichen Auftraggeber gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. 1 bezieht; vgl. auch die englische und französische Sprachfassung).

§ 166 Abs. 2 enthält die Definition der besonderen und ausschließlichen Rechte. Erwägungsgrund 25 der Richtlinie 2004/17/EG hält dazu fest: „Eine angemessene Definition der besonderen und der ausschließlichen Rechte ist geboten. Diese Definition hat zur Folge, dass es für sich genommen noch kein besonderes und ausschließliches Recht im Sinne dieser Richtlinie darstellt, wenn ein Auftraggeber zum Bau eines Netzes oder der Einrichtung von Flughafen- bzw. Hafenanlagen Vorteil aus Enteignungsverfahren oder Nutzungsrechten ziehen kann oder Netzeinrichtungen auf, unter oder über dem öffentlichen Wegenetz anbringen darf. Auch die Tatsache, dass ein Auftraggeber ein Netz mit Trinkwasser, Elektrizität, Gas oder Wärme versorgt, das seinerseits von einem Auftraggeber betrieben wird, der von einer zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedstaats gewährte besondere oder ausschließliche Rechte genießt, stellt für sich betrachtet noch kein besonderes und ausschließliches Recht im Sinne der vorliegenden Richtlinie dar. Räumt ein Mitgliedstaat einer begrenzten Zahl von Unternehmen in beliebiger Form, auch über Konzessionen, Rechte auf der Grundlage objektiver, verhältnismäßiger und nicht diskriminierender Kriterien ein, die allen interessierten Kreisen, die sie erfüllen, die Möglichkeit zur Inanspruchnahme solcher Rechte bietet, so dürfen diese ebenso wenig als besondere oder ausschließliche Rechte betrachtet werden.“ Mit der nunmehrigen, engeren Definition wurde der Begriff der besonderen und ausschließlichen Rechte an die Rechtsprechung des EuGH angepasst (vgl. Rs C-302/94, British Telecommunications, Slg 1996 I-6417).

In diesem Zusammenhang wird ferner auf die Erläuterungen zu § 3 Abs. 5 verwiesen.

Allgemein zu den §§ 167 bis 172 (Sektorentätigkeiten):

Die §§ 167 bis 172 enthalten (entsprechend dem bisherigen § 120 Abs. 2 bis 5 BVergG 2002) die Umschreibung der Sektorentätigkeiten. Als neue Sektorentätigkeit wird in § 170 der Postsektor (basierend auf den Postdiensten) in das Gesetz aufgenommen. Die Regelungen des Sektorenbereiches sind leges speciales im Verhältnis zum so genannten klassischen Bereich; ein öffentlicher Auftraggeber der eine Sektorentätigkeit ausübt, unterliegt hinsichtlich der Beschaffungen für diese Sektorentätigkeiten grundsätzlich (zur Ausnahme vgl. § 1 Abs. 2) nur den Regelungen des 3. Teiles des Gesetzes.

Der EuGH hat zum Geltungsbereich der Sektorenrichtlinie wie folgt Stellung genommen: „[D]ie Anwendbarkeit der Richtlinie 93/38 [hängt] von der Tätigkeit, die der betreffende Auftraggeber ausübt, und von den Beziehungen zwischen dieser Tätigkeit und dem Auftrag, den er plant, [ab]. Wenn der Auftraggeber eine der Tätigkeiten … der Richtlinie 93/38 ausübt und … in Ausübung einer solchen Tätigkeit die Vergabe eines Dienstleistungs-, Bau- oder Lieferauftrags oder die Durchführung eines Wettbewerbs beabsichtigt, sind die Bestimmungen dieser Richtlinie auf diesen Auftrag oder Wettbewerb anwendbar.“ (EuGH 16.6.2005, verb Rs C-462/03 und C-463/03, Strabag AG und Kostmann GmbH gegen ÖBB, Rz 37). Diese Aussagen gelten gleichermaßen für die Richtlinie 2004/17/EG.

Zu § 167 (Gas, Wärme und Elektrizität):

§ 167 regelt die Sektorentätigkeiten im Bereich von Gas, Wärme und Elektrizität. Die Abs. 2 und 4 enthalten Ausnahmen für Nebentätigkeiten von Eigenerzeugern. Diese Ausnahmen gelten nicht für öffentliche Auftraggeber als Sektorenauftraggeber (§ 164); für öffentliche Auftraggeber, die Tätigkeiten im Sinne der Abs. 2 oder 4 ausüben, gelten daher weiter die vereinfachten Regelungen des 3. Teiles – und nicht die strengeren Bestimmungen des „klassischen“ 2. Teiles – des Gesetzes. Öffentliche Unternehmen (§ 165) und private Auftraggeber (§ 166), die die Voraussetzungen des Abs. 2 oder 4 erfüllen, unterliegen hingegen gar nicht dem Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes.

Zu § 168 (Wasser):

§ 168 regelt die Sektorentätigkeiten im Bereich Wasser. Zu Abs. 2 vgl. die Erläuterungen zu § 167 Abs. 2. Abs. 3 dehnt den Anwendungsbereich des Gesetzes über die eigentliche Sektorentätigkeit hinaus aus.

Zu § 169 (Verkehrleistungen):

§ 169 regelt die Sektorentätigkeiten im Bereich des Verkehrs. Zu den bereits bisher unter bestimmten Voraussetzungen ausgenommenen Busverkehrleistungen vgl. § 175 Z 19 und die dazugehörigen Erläuterungen.

In Ergänzung zum deutschen Text der einschlägigen Richtlinienbestimmung (Art. 5 Abs. 1) wird nach dem Begriff „Kabel“ der wohl treffendere Terminus „Seilbahnen“ als Kammerausdruck hinzugefügt. Der Grund liegt darin, dass die englische Fassung der RL 2004/17/EG das Wort „cable“ verwendet (Art 5 Z 1), die französische das Wort „câble“. In der deutschen Fassung wird dieser Begriff – im Kontext äußerst ungenau - mit „Kabel“ übersetzt. Das englische Wort „cable“ bedeutet „Kabel, Tau, (Draht)Seil“ (vgl. Schöffler/Weis, Wörterbuch der englischen und deutschen Sprache, Band I (1973); vgl. auch die Übersetzung für „cable car“ oder „cable railway“ mit „Seilbahn“) und sollte im Zusammenhang des § 169 Abs. 1 wohl besser mit „Seilbahn“ übersetzt werden.

Zu § 170 (Postdienste):

§ 170 regelt die bislang nicht erfassten Sektorentätigkeiten im Bereich der Post und setzt damit Art. 6 der Richtlinie 2004/17/EG um. Sektorentätigkeiten sind nach dieser Bestimmung die Bereitstellung von Postdiensten (Abs. 2) und von sonstigen Diensten (Abs. 4). Die Postdienste umfassen wiederum die reservierten Postdienste und die sonstigen Postdienste, je nachdem, ob sie für Anbieter von Universaldienstleistungen reserviert sind oder reserviert werden können (vgl. Art. 7 der Richtlinie 97/67/EG über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität, ABl. Nr. L 15 vom 21.01.1998 S. 14). Die sonstigen Dienste gemäß Abs. 4 sind jedoch nur als Sektorentätigkeit erfasst, wenn sie von einem Auftraggeber erbracht werden, der auch Postdienste im Sinne des Abs. 2 erbringt, und die Erbringung dieser Postdienste nicht auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist. In Österreich trifft dies derzeit (Stand 1/2006) allein auf die Österreichische Post AG zu (vgl. dazu auch Anhang VI der RL 2004/17/EG). Zur Frage, ob die Erbringung der Postdienste auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, siehe § 179 und die dazugehörigen Erläuterungen.

Zu § 171 (Aufsuchen und Förderung von Erdöl, Gas, Kohle und anderen festen Brennstoffen):

§ 171 definiert die Sektorentätigkeiten im Bereich des Aufsuchens und der Förderung von Erdöl, Gas, Kohle und anderen festen Brennstoffen. Zur Entscheidung der Kommission vom 4. März 2002 über den Antrag Österreichs, das spezielle Regime des Artikel 3 der Richtlinie 93/38/EWG anzuwenden, wonach die Nutzung geographisch abgegrenzter Gebiete in Österreich zum Zweck der Suche nach oder der Förderung von Erdöl oder Gas ab 4. März 2002 nicht (mehr) als Tätigkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. b Z i) der Richtlinie 93/38/EWG gilt (ABl. L 68 vom 12. März 2002, S 31) vgl. § 178 und die dazugehörigen Erläuterungen.

Zu § 172 (Häfen und Flughäfen):

§ 172 definiert die Sektorentätigkeiten im Bereich Häfen und Flughäfen.

Zu § 173 (Aufträge, die mehrere Tätigkeiten betreffen):

§ 173 enthält Abgrenzungsregelungen für Aufträge, die mehrere Sektorentätigkeiten bzw. Sektorentätigkeiten und nicht dem Vergaberecht (d.h. weder dem 2. noch dem 3. Teil des Gesetzes) unterliegende Tätigkeiten betreffen.

Erwägungsgrund 29 der RL 2004/17/EG führt dazu aus: „Um die Erfordernisse in mehreren Tätigkeitsbereichen zu erfüllen, können Aufträge vergeben werden, die unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterworfen sein können. Es sollte klargestellt werden, dass für die rechtliche Regelung, die auf einen mehrere Tätigkeiten umfassenden Einzelauftrag anzuwenden ist, die Vorschriften gelten sollten, die auf die Tätigkeit anzuwenden sind, auf die der Auftrag in erster Linie abzielt. Die Ermittlung der Tätigkeit, auf die der Auftrag in erster Linie abzielt, könnte auf einer Analyse der Erfordernisse, zu deren Erfüllung der betreffende Auftrag vergeben werden soll, beruhen, welche vom Auftraggeber erstellt wird, um den Auftragswert zu veranschlagen und die Verdingungsunterlagen zu erstellen. In bestimmten Fällen, beispielsweise beim Ankauf eines einzelnen Geräts für die Fortsetzung von Tätigkeiten, für die keine Informationen verfügbar sind, die eine Veranschlagung des jeweiligen Auslastungsgrades ermöglichen, könnte es objektiv unmöglich sein, die Tätigkeit zu ermitteln, auf die der Auftrag in erster Linie abzielt. Es sollte festgelegt werden, welche Vorschriften in diesen Fällen anzuwenden sind.“

Vgl. ferner auch die Abgrenzungsregelung zwischen dem 2. und dem 3. Teil des Gesetzes sowie das Umgehungsverbot in § 1 Abs. 2 und 3 und die Erläuterungen dazu.

Zu § 174 (Auftragsarten):

Es wird auf die Erläuterungen zu den §§ 4 bis 9 verwiesen.

Zu § 175 (Vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommene Vergabeverfahren):

In § 175 sind die Ausnahmen für den Sektorenbereich geregelt. Auch Vergabeverfahren von Sektorenauftraggebern gemäß § 164 (Öffentliche Auftraggeber), die unter die Ausnahmen des § 175 fallen, sind vollständig vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen. Sie müssen daher auch nicht die Bestimmungen des 2. Teiles dieses Gesetzes anwenden.

Allgemein ist festzuhalten, dass im Lichte der ständigen Judikatur des EuGH (vgl. etwa Rs C-318/94, Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland, C-394/02, Kommission gegen Griechenland) die Ausnahmevorschriften jedenfalls eng auszulegen sind; die Beweislast dafür, dass die außergewöhnlichen Umstände, die die Inanspruchnahme der Ausnahmebestimmung rechtfertigen, tatsächlich vorliegen, obliegt demjenigen, der sich auf die Bestimmung berufen will. Ausnahmetatbestände, welche die Anwendung des Gemeinschaftsrechts ausschließen, sind insbesondere vor dem Hintergrund der dadurch bewirkten Einschränkung der Grundfreiheiten eng auszulegen. Der Ausschluss gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen muss daher durch zwingende Erfordernisse gerechtfertigt und geeignet sein, das gewünschte Ergebnis herbeizuführen, sowie die gelindeste Maßnahme im Hinblick auf die Zielerreichung darstellen. Die in § 175 angeführten Ausnahmetatbestände sind taxativ.

Mehrere Bestimmungen entsprechen (ausgenommen die terminologische Anpassung betreffend Sektorenauftraggeber) den parallelen Regelungen für den klassischen Bereich (Z 1, 2, 4, 7, 8, 10, 11). Hinsichtlich dieser Regelungen wird auf die einschlägigen Erläuterungen zu § 10 verwiesen.

Zu Z 3 ist anzumerken, dass die Regelung § 10 Z 4 mit einer Ausnahme entspricht: anders als im klassischen Bereich fallen im Sektorenbereich auch Übereinkünfte über die Durchführung von Wettbewerben für ein von den Vertragsparteien gemeinsam zu verwirklichendes oder zu nutzendes Projekt unter die Ausnahmebestimmungen (vgl. dazu auch den Wortlaut der Art. 15 lit. a RL 2004/18/EG und Art. 22 lit. a RL 2004/17/EG). Im Übrigen wird daher auf die Erläuterungen zu § 10 Z 4 verwiesen.

Z 5 entspricht grundsätzlich § 10 Z 6 mit der Maßgabe, dass der das ausschließliche Recht innehabende Auftraggeber ein öffentlicher Auftraggeber gemäß dem 2. Teil des Gesetzes oder ein öffentlicher Auftraggeber als Sektorenauftraggeber gemäß dem 3. Teil des Gesetzes sein kann. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 10 Z 6 verwiesen. Gemäß Art. 25 der RL 2004/17/EG gilt diese Ausnahme für Dienstleistungsaufträge eines Sektorenauftraggebers an einen öffentlichen Auftraggeber oder an einen Zusammenschluss öffentlicher Auftraggeber. Da der Begriff „öffentlicher Auftraggeber“ gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 jedoch bereits Verbände, die aus mehreren öffentlichen Auftraggebern bestehen, umfasst, ist es ausreichend, in Z 5 nur von Dienstleistungsaufträgen an einen öffentlichen Auftraggeber zu sprechen.

Auch Z 6 entspricht grundsätzlich der Parallelregelung des § 10 Z 7. Jedoch wird zur Klarstellung hinsichtlich der Beurteilung, ob die Einrichtung ihre Leistungen „im Wesentlichen“ für ihre Anteilsinhaber erbringt, hervorgehoben, dass die Leistungserbringung für den oder die Sektorenauftraggeber (gemäß dem 3. Teil) und öffentlichen Auftraggeber (gemäß dem 2. Teil) erfolgen muss. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 10 Z 7 verwiesen. Die Ausnahme für Aufträge an verbundene Unternehmen (§ 176) bleibt von dieser Bestimmung unberührt.

Zu Z 9 ist hinzuweisen, dass diese Ausnahmebestimmung § 10 Z 11 entspricht. Im Wortlaut der Ausnahmeregelung fehlen – analog zur RL – die Bezugnahmen zu den Dienstleistungen der Zentralbanken und die Verträge über Instrumente der öffentlichen Kreditpolitik, da diese Passagen für den Sektorenbereich irrelevant sind. Es ist im Übrigen auf die Erläuterungen zu § 10 Z 11 zu verweisen.

Z 12 und 13 setzen Art. 29 der RL 2004/17/EG um. Zur Definition der „zentralen Beschaffungsstelle“ vgl. § 2 Z 47 und die Erläuterungen dazu. Sektorenauftraggeber sind dann von der Anwendung des BVergG befreit, wenn sie Leistungen von einer zentralen Beschaffungsstelle erwerben oder eine zentrale Beschaffungsstelle mit der Beschaffung von Leistungen beauftragen, sofern die zentrale Beschaffungsstelle bei der Beschaffung dieser Leistungen entweder die Bestimmungen des BVergG für öffentliche Auftragsvergaben oder für Vergaben im Sektorenbereich eingehalten hat (Art. 29 RL 2004/17/EG). Im Übrigen ist auf die Erläuterungen zu § 10 Z 14 und 15 zu verweisen.

Zu Z 14: Diese Regelung setzt Art. 19 der RL 2004/17/EG um und enthält den bereits bisher existierenden Ausnahmetatbestand hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen zum Zweck der Weiterveräußerung oder der Vermietung an Dritte.

Zu Z 15 und 16: Gemäß Z 15 gelten die Sektorenregelungen nicht für die Beschaffung von Leistungen, die nicht der Durchführung einer Sektorentätigkeit dienen. Da jedoch öffentliche Auftraggeber außerhalb der Sektorentätigkeiten die Bestimmungen des klassischen Teiles zu beachten haben, schränkt Z 15 die Ausnahme auf Sektorenauftraggeber gemäß den §§ 165 oder 166 ein. Im Übrigen enthält Z 15 bzw. Z 16 die bekannte Ausnahme hinsichtlich der Entfaltung von Sektorentätigkeiten in Ländern, die nicht Vertragspartei des EWR-Abkommens sind.

Zu Z 17 und 18: Durch diese Ziffern werden Art. 26 lit. a und b der RL 2004/17/EG umgesetzt. Die Ausnahme betrifft einerseits Lieferaufträge betreffend Wasser für Sektorenauftraggeber, die Trinkwassernetze bereitstellen bzw. betreiben oder Trinkwasser in diese Netze einspeisen. Die Ausnahme der Z 18 betrifft andererseits Energielieferungen oder Brennstofflieferungen für Sektorenauftraggeber im Bereich Gas, Wärme und Elektrizität oder Sektorenauftraggeber im Bereich von Flughäfen, Häfen und anderen Verkehrsendeinrichtungen im Luft-, See- oder Binnenschiffsverkehr.

Zu Z19: Diese Regelung ergeht in Umsetzung von Art 5 Abs. 2 der RL 2004/17/EG, wonach die Richtlinie „nicht für Stellen [gilt], die Busverkehrsleistungen für die Allgemeinheit erbringen, die vom Anwendungsbereich der Richtlinie 93/38/EWG nach deren Artikel 2 Absatz 4 ausgenommen worden sind“. Erwägungsgrund 27 führt dazu aus: „Bestimmte Auftraggeber, die öffentliche Busverkehrsdienste betreiben, waren bereits von der Richtlinie 93/38/EWG ausgenommen. Solche Auftraggeber sollten auch vom Anwendungsbereich der vorliegenden Richtlinie ausgenommen sein. Um eine Vielzahl von besonderen Regelungen, die sich nur auf bestimmte Sektoren beziehen, zu vermeiden, sollte das allgemeine Verfahren zur Berücksichtigung der Folgen der Öffnung für den Wettbewerb auch für alle Busverkehrsdienste betreibenden Auftraggeber gelten, die nicht nach Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie 93/38/EWG aus deren Anwendungsbereich ausgenommen sind.“

Z 19 übernimmt daher die Regelung des bisherigen § 120 Abs. 4 letzter Satz BVergG 2002 mit der Einschränkung, dass nur jene Sektorenauftrageber nach dieser Bestimmung vom Anwendungsbereich ausgenommen sind, die bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des BVergG ausgenommen waren. Für Sektorenauftrageber, die die in Z 19 genannten Voraussetzungen erst nach diesem Zeitpunkt erfüllen, gilt die horizontale Freistellungsbestimmung des § 179.

Zu § 176 (Aufträge an verbundene Unternehmen):

Durch die RL 2004/17/EG wurde die Ausnahme für Aufträge an verbundene Unternehmen (bisher in § 121 Abs. 2 und 3 BVergG 2002) wesentlich erweitert. Insbesondere sind nunmehr nicht nur Dienstleistungen, sondern auch Bauleistungen und Lieferungen erfasst. Hinzuweisen ist auf einen Fehler der deutschen Fassung des Art. 23 Abs. 3 lit. a bis c der RL 2004/17/EG: anders als die französische und englische Fassung (und auch anders als die Vorgängerbestimmung der RL 93/38/EWG) bezieht sich die deutsche Sprachfassung lediglich auf die „Erbringung von Dienstleistungen“, die „Erbringung von Lieferungen“ und die „Erbringung von Bauleistungen“. Wie sich aber aus den anderen Sprachfassungen ergibt, müsste es jeweils heißen: „Erbringung von diesen Dienstleistungen“ usw. Da es sich um einen offenkundigen Sprachfehler der deutschen Fassung der RL handelt, wird in § 176 Abs. 2 die korrekte Fassung umgesetzt.

Abs. 3 enthält eine neue Regelung betreffend sog. „Newcomer“, das sind Unternehmen, die noch nicht die von Abs. 2 vorgesehene Zeit von drei Jahren existieren.

Abs. 4 enthält darüber hinaus eine neue Ausnahme für Vergaben an ein gemeinsames Unternehmen, das mehrere Sektorenauftraggeber ausschließlich zur Durchführung von Sektorentätigkeiten gebildet haben (Vergabe von den Muttergesellschaften an die Tochtergesellschaft), sowie für Vergaben von einem solchen gemeinsamen Unternehmen an einen Sektorenauftrageber, der an diesem Unternehmen beteiligt ist (Vergabe von der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaften). Für die Ausnahme gemäß Abs. 4 ist die Erreichung bestimmter Umsatzziele nicht erforderlich. Durch diese Bestimmung sollen Vergaben innerhalb eines Joint Venture vom Vergaberegime ausgenommen werden.

Erwägungsgrund 32 führt dazu Folgendes aus: „Eine Ausnahme sollte für bestimmte Dienstleistungs-, Liefer- und Bauaufträge gemacht werden, die an ein verbundenes Unternehmen vergeben werden, dessen Haupttätigkeit darin besteht, diese Dienstleistungen, Lieferungen und Arbeiten der Unternehmensgruppe bereitzustellen, der es angehört, und nicht darin, sie auf dem Markt anzubieten. Für bestimmte Dienstleistungs-, Liefer- und Bauaufträge, die von einem Auftraggeber an ein Joint Venture vergeben werden, an dem er beteiligt ist und das aus mehreren Auftraggebern gebildet wurde, um die von dieser Richtlinie erfassten Tätigkeiten auszuüben, sollte ebenfalls eine Ausnahme gemacht werden. Jedoch sollte sichergestellt werden, dass durch diese Ausnahmeregelung keine Wettbewerbsverzerrungen zugunsten von Unternehmen oder Joint Ventures entstehen, die mit dem Auftraggeber verbunden sind; es sollten geeignete Vorschriften erlassen werden, die insbesondere auf Folgendes abzielen: die Höchstgrenzen, bis zu denen die Unternehmen einen Teil ihres Umsatzes auf dem Markt erzielen können und bei deren Überschreiten sie nicht mehr die Möglichkeit haben, Aufträge ohne Ausschreibung zu erhalten, die Zusammensetzung von Joint Ventures sowie die Stabilität der Beziehungen zwischen diesen gemeinsamen Unternehmen und den Auftraggebern, aus denen sie sich zusammensetzen.“

Zu § 177 (Bau- und Dienstleistungskonzessionsverträge):

Das Regelungsregime entspricht grundsätzlich dem Regime für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionsverträgen im klassischen Bereich mit der Abweichung, dass im Sektorenbereich auch Baukonzessionsverträge miterfasst sind. Es wird auf die Erläuterungen zu § 11 verwiesen.

Zu § 178 (Freigestellte Sektorenauftraggeber im Bereich des Aufsuchens und der Förderung von Erdöl und Gas):

§ 178 setzt die Entscheidung 2002/205/EG der Kommission vom 4. März 2002 über den Antrag Österreichs, das spezielle Regime des Art. 3 der Richtlinie 93/38/EWG anzuwenden, um, wonach die Nutzung geographisch abgegrenzter Gebiete zum Zweck der Suche nach oder der Förderung von Erdöl oder Gas in Österreich ab 4. März 2002 nicht (mehr) als Tätigkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. b Z i der Richtlinie 93/38/EWG gilt (ABl. Nr. L 68 vom 12. März 2002, S 31). Abweichend vom bisherigen System sind Sektorenauftraggeber, die eine solche Tätigkeit ausüben, vollständig aus dem Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes ausgenommen. Eine Antragstellung gemäß § 179 ist nicht erforderlich (so auch explizit Erwägungsgrund 38 der RL 2004/17/EG). Für diese Sektorenauftraggeber gilt insbesondere auch nicht der vergabespezifische Rechtsschutz.

Für diese Sektorenauftraggeber gelten lediglich die besonderen Bestimmungen der Abs. 2 bis 4, die Art. 27 der RL 2004/17/EG umsetzen (zu den Mitteilungspflichten vgl. die Entscheidung 93/327/EWG der Kommission vom 13. Mai 1993, ABl. Nr. L 129 vom 27.5.1993, S. 25). Die Wertgrenzen betreffend die Mitteilungen an die Kommission wurden durch die RL nicht geändert (Art. 27 der RL 2004/17/EG verweist explizit auf die Entscheidung der Kommission) Gemäß Abs. 4 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die Angaben, die er von den freigestellten Sektorenauftraggebern gemäß Abs. 2 und 3 erhalten hat, an die Kommission weiterzuleiten.

Zu § 179 (Freistellung vom Anwendungsbereich):

§ 179 setzt Art. 30 der RL 2004/17/EG um. Mit Art. 30 wurde erstmals eine horizontale, für alle Sektorentätigkeiten geltende Bestimmung geschaffen, wonach Aufträge zur Ausübung einer Sektorentätigkeit vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen werden können, wenn die betreffende Sektorentätigkeit in dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgeübt wird, auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist.

Die Erwägungsgründe 40 und 41 der RL 2004/17/EG führen dazu Folgendes aus: „(40) Die vorliegende Richtlinie sollte weder für Aufträge gelten, die die Ausübung einer der in Artikel 3 bis 7 genannten Tätigkeiten ermöglichen sollen, noch für Wettbewerbe zur Ausübung einer solchen Tätigkeit, wenn diese Tätigkeit in dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgeübt wird, auf Märkten ohne Zugangsbeschränkungen dem direkten Wettbewerb ausgesetzt ist. Es sollte daher ein Verfahren eingeführt werden, das auf alle unter diese Richtlinie fallenden Sektoren anwendbar ist und es ermöglicht, die Auswirkungen einer aktuellen oder künftigen Liberalisierung zu berücksichtigen. Ein solches Verfahren sollte den betroffenen Auftraggebern Rechtssicherheit bieten und eine angemessene Entscheidungsfindung ermöglichen, so dass innerhalb kurzer Fristen eine einheitliche Anwendung des einschlägigen Gemeinschaftsrechts gewährleistet ist. (41) Der unmittelbare Einfluss des Wettbewerbs sollte nach objektiven Kriterien festgestellt werden, wobei die besonderen Merkmale des betreffenden Sektors zu berücksichtigen sind. Die Umsetzung und Anwendung gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften zur Liberalisierung eines bestimmten Sektors oder Teilsektors gelten als hinreichende Vermutung für den freien Zugang zu dem betreffenden Markt. Entsprechende angemessene Rechtsvorschriften sollten in einem Anhang aufgeführt werden, der von der Kommission aktualisiert werden kann. Bei der Aktualisierung trägt die Kommission insbesondere dem Umstand Rechnung, dass eventuell Maßnahmen verabschiedet wurden, die eine echte Öffnung von Sektoren, für die in Anhang XI noch keine Rechtsvorschriften aufgeführt sind, für den Wettbewerb bewirken; dazu zählt z.B. die Öffnung des Schienenverkehrs für den Wettbewerb. Geht der freie Zugang zu einem Markt nicht auf die Anwendung einschlägigen Gemeinschaftsrechts zurück, sollte dieser freie Zugang de jure und de facto nachgewiesen werden. Im Hinblick darauf stellt die Anwendung einer Richtlinie, wie beispielsweise der Richtlinie 94/22/EG, durch einen Mitgliedstaat, durch die ein bestimmter Sektor liberalisiert wird, auf einen anderen Sektor wie beispielsweise den Kohlesektor einen Sachverhalt dar, der für die Zwecke des Artikels 30 zu berücksichtigen ist.“

Zu Abs. 1: Sektorenauftraggeber sind vom Anwendungsbereich des BVergG ausgenommen, wenn einer der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Fälle vorliegt. Z 1 betrifft den Fall, dass durch eine Entscheidung der Kommission – auf Grund eines Antrages oder auf Grund eines von der Kommission auf eigene Veranlassung eingeleiteten Verfahrens – festgestellt wird, dass die betreffende Tätigkeit in Österreich auf einem Markt mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Z 2 setzt Art. 30 Abs. 4 Unterabsatz 3 der RL 2004/17/EG um und betrifft den Fall, dass der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit einen entsprechenden Antrag gestellt hat, die für die betreffende Tätigkeit zuständige unabhängige Behörde festgestellt hat, dass die Tätigkeit auf einem freien Markt mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, die Kommission aber nicht innerhalb der von ihr einzuhaltenden Frist entschieden hat. Z 3 setzt Art. 30 Abs. 5 Unterabsatz 4 der RL 2004/17/EG um und betrifft den Fall, dass ein die betreffende Sektorentätigkeit ausübender Sektorenauftraggeber einen entsprechenden Antrag gestellt, die Kommission aber nicht innerhalb der von ihr einzuhaltenden Frist entschieden hat. Im Unterschied zu Z 2 ist es im Fall von Z 3 nicht erforderlich, dass die für die betreffende Tätigkeit zuständige unabhängige Behörde festgestellt hat, dass die Tätigkeit auf einem Markt mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist.

Die Frist, binnen der die Kommission über einen Antrag gemäß Abs. 4 oder 5 zu entscheiden hat, ist in Art. 30 Abs. 6 der RL 2004/17/EG geregelt. Art. 30 Abs. 6 lautet:

„Die Kommission entscheidet über eine Mitteilung oder einen Antrag gemäß diesem Artikel nach dem in Artikel 68 Absatz 2 genannten Verfahren binnen drei Monaten ab dem ersten Arbeitstag nach dem Tag, an dem ihr die Mitteilung oder der Antrag zugegangen ist. Diese Frist kann jedoch in hinreichend begründeten Fällen einmalig um höchstens drei Monate verlängert werden, und zwar insbesondere, wenn die Angaben in der Mitteilung oder im Antrag oder in den beigefügten Unterlagen unvollständig oder unzutreffend sind oder sich die dargestellten Sachverhalte wesentlich ändern. Diese Verlängerung ist auf einen Monat begrenzt, wenn eine für die betreffende Tätigkeit zuständige unabhängige nationale Behörde die Anwendbarkeit von Absatz 1 in den Fällen gemäß Absatz 4 Unterabsatz 3 festgestellt hat.

Läuft für eine Tätigkeit in einem Mitgliedstaat bereits ein Verfahren im Sinne dieses Artikels, so gelten Anträge betreffend dieselbe Tätigkeit in demselben Mitgliedstaat, die zu einem späteren Zeitpunkt, jedoch vor Ablauf der durch den ersten Antrag eröffneten Frist eingehen, nicht als Neuanträge und werden im Rahmen des ersten Antrags bearbeitet.

Die Kommission legt die Einzelheiten der Anwendung der Absätze 4, 5 und 6 gemäß dem in Artikel 68 Absatz 2 genannten Verfahren fest.

Dazu gehören mindestens:

a) die Bekanntgabe des Termins, zu dem die dreimonatige Frist nach Unterabsatz 1 zu laufen beginnt, sowie - bei Verlängerung der Frist - des Beginns und der Dauer dieser Verlängerung im Amtsblatt zu Informationszwecken;

b) die Bekanntgabe der etwaigen Anwendbarkeit von Absatz 1 gemäß Absatz 4 Unterabsatz 2 bzw. 3 oder Absatz 5 Unterabsatz 4, und

c) die Einzelheiten der Übermittlung etwaiger Stellungnahmen einer für die betreffende Tätigkeit zuständigen unabhängigen Behörde zu relevanten Fragen im Sinne der Absätze 1 und 2.“

Auf der Grundlage von Art. 30 Abs. 6 Unterabsatz 3 hat die Kommission die Entscheidung 2005/15/EG vom 7. Jänner 2005 über die Durchführungsmodalitäten für das Verfahren nach Artikel 30 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste erlassen (ABl. Nr. L 7 vom 11.01.2005 S. 7).

Gemäß Art. 2 Abs. 3 der Entscheidung der Kommission über die Durchführungsmodalitäten für das Verfahren nach Artikel 30 der Richtlinie 2004/17/EG veröffentlicht die Kommission eine Bekanntmachung über das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 179 Abs. 1 Z 2 oder 3. Diese Bekanntmachung ist jedoch nur deklarativ; die Freistellung gemäß Abs. 1 Z 2 und 3 ist lediglich vom Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen, nicht aber von der Bekanntmachung der Kommission abhängig.

Abs. 2 setzt Art. 30 Abs. 3 der RL 2004/17/EG um und regelt, wann der Zugang zu einem Markt als frei gilt.

Abs. 3 setzt Art. 30 Abs. 2 der RL 2004/17/EG um und regelt, wann eine Tätigkeit als unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt gilt.

Abs. 4 setzt Art. 30 Abs. 4 Unterabsatz 1 der RL 2004/17/EG um und regelt die Antragstellung durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit. Hat die für die betreffende Sektorentätigkeit zuständige unabhängige Behörde (das heißt, die jeweils zuständige Regulierungsbehörde) eine begründete Stellungnahme abgegeben, ob die Tätigkeit auf einem Markt mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, so ist diese Stellungnahme dem Antrag beizufügen (vgl. auch Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung der Kommission über die Durchführungsmodalitäten für das Verfahren nach Artikel 30 der Richtlinie 2004/17/EG).

Abs. 5 setzt Art. 30 Abs. 5 Unterabsatz 1 und 2 der RL 2004/17/EG um und regelt die Antragstellung durch einen die betreffende Sektorentätigkeit ausübenden Sektorenauftraggeber. Wenn ein Sektorenauftraggeber daher der Ansicht ist, dass eine (von ihm ausgeübte) Sektorentätigkeit auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, so kann er – unabhängig von einer Antragstellung durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit – eine entsprechende Feststellung bei der Kommission beantragen.

Gemäß Abs. 6 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit eine positive oder negative Entscheidung der Kommission gemäß Abs. 1 Z 1 oder eine Bekanntmachung der Kommission über das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 Z 2 oder 3 unverzüglich im Bundesgesetzblatt kundzumachen. Zur Bekanntmachung der Kommission über das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 Z 2 oder 3 vgl. auch die Erläuterungen zu Abs. 1.

Zu den §§ 180 bis 186 (Schwellenwerte, Berechnung des geschätzten Leistungswertes):

Die §§ 183 bis 189 entsprechen – mit Ausnahme der unterschiedlichen Schwellenwerte für Sektorenauftraggeber – den §§ 12 bis 18. Auf die Erläuterungen zu den §§ 12 bis 18 wird verwiesen.

Von § 181 Abs. 1 erfasst ist auch die Regelung des Art. 17 Abs. 8 der RL 2004/17/EG, wonach die Berechnung des geschätzten Wertes eines Auftrags, der sowohl Dienstleistungen als auch Lieferungen umfasst, auf der Grundlage des Gesamtwertes der Dienstleistungen und Lieferungen ohne Berücksichtigung ihrer jeweiligen Anteile zu erfolgen hat, und diese Berechnung den Wert der Arbeiten für das Verlegen und Anbringen zu umfassen hat.

Zu den §§ 187 bis 191 (Grundsätze des Vergabeverfahrens und allgemeine Bestimmungen):

Die §§ 187 bis 191 entsprechen den §§ 19 bis 23; auf die diesbezüglichen Erläuterungen wird verwiesen. § 191 Abs. 6 enthält besondere Bestimmungen über vertrauliche Informationen. So können insbesondere Vereinbarungen über die Vertraulichkeit von Informationen zwischen Auftraggeber und Unternehmern geschlossen werden.

Zu § 192 (Arten der Verfahren zur Vergabe von Aufträgen):

Die Regelung entspricht § 25 mit folgenden Abweichungen:

Im Sektorenbereich gibt es keinen wettbewerblichen Dialog. Dieser ist in der RL 2004/17/EG deshalb nicht vorgesehen, weil Sektorenauftraggeber ohnehin jederzeit das Verhandlungsverfahren nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb wählen können und eine Sonderregelung für besonders komplexe Aufträge von der Kommission daher als nicht erforderlich erachtet wurde.

Die Rahmenvereinbarung gemäß § 192 Abs. 7 ist nicht ident mit jener des 2. Teiles des Gesetzes. Während bei der Rahmenvereinbarung im klassischen Bereich die Vergabe von Aufträgen auf Grund einer Rahmenvereinbarung detailliert geregelt ist (vgl. §§ 150 ff), so handelt es sich bei der Rahmenvereinbarung nach der RL 2004/17/EG im Sektorenbereich um ein Instrument, welches die Vergabe von Aufträgen im Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb ermöglicht (vgl. auch § 195 Z 9). Dieser Unterschied schlägt sich bereits in der unterschiedlichen Definition der Rahmenvereinbarung in § 192 Abs. 7 nieder.

Wie im 2. Teil des Gesetzes lassen sich die für eine bestimmte Verfahrensart jeweils besonders zu beachtenden Bestimmungen in drei Kategorien unterteilen: § 192 beinhaltet die jeweilige grundsätzliche Definition, in den §§ 194 bis 203 finden sich die Voraussetzungen, unter denen auf einen bestimmten Verfahrenstypus zurückgegriffen werden kann, darüber hinaus gibt es in den §§ 249 bis 254 nähere Bestimmungen zum offenen und nicht offenen Verfahren sowie zum Verhandlungsverfahren bzw. in den §§ 281 ff Bestimmungen über die besonderen Verfahrensarten.

Im Übrigen wird auf die Ausführungen zu § 25 verwiesen.

Zu § 193 (Arten des Wettbewerbs):

Die Regelung entspricht § 26, es wird auf die Erläuterungen dazu verwiesen.

Zu § 194 (Wahl des offenen Verfahrens, des nicht offenen Verfahrens nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb und des Verhandlungsverfahrens nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb):

Im Oberschwellenbereich können die Sektorenauftraggeber wie bisher frei zwischen dem offenen Verfahren, dem nicht offenen Verfahren nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb und dem Verhandlungsverfahren nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb wählen. Zur noch größeren Wahlfreiheit im Unterschwellenbereich siehe § 200.

Zu § 195 (Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb):

In den in § 195 taxativ aufgezählten Fällen können die Sektorenauftraggeber auch ein Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchführen.

Hinsichtlich der gleichlautenden Tatbestände wird auf die Ausführungen zu den §§ 28 bis 30 verwiesen.

Es empfiehlt sich, die Gründe für die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb gemäß § 195 schriftlich festzuhalten.

Zu § 196 (Arten der der elektronischen Auktion und Wahl der Auftragsvergabe im Wege einer elektronischen Auktion):

Abs. 1 und 3 bis 5 entsprechen § 31 Abs. 1 und 3 bis 5, auf die diesbezüglichen Erläuterungen wird verwiesen.

Abs. 2 entspricht grundsätzlich § 31 Abs. 2. Hinzuweisen ist jedoch auf folgenden Unterschied zwischen klassischem und Sektorenbereich: Da das Regime der Rahmenvereinbarung im Sektorenbereich nicht mit jenem des klassischen Bereiches vergleichbar ist (vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 192 Abs. 7), wurde bereits in der RL davon Abstand genommen, bei der Rahmenvereinbarung im Sektorenbereich eine elektronische Auktion zuzulassen (vgl. demgegenüber die Regelung des Art. 54 Abs. 2 2. UAbs. der RL 2004/18/EG). Bei einer Rahmenvereinbarung im Sektorenbereich kommt daher schon auf Grund der gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen in der zweiten Stufe nur die Anwendung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb in Betracht (s. § 195 Z 9).

Zu § 197 (Abschluss von Rahmenvereinbarungen):

§ 197 regelt den Abschluss einer Rahmenvereinbarung. Art 14 der RL 2004/17/EG sieht zwar keine besonderen Bestimmungen für den Abschluss einer Rahmenvereinbarung vor; gemäß Art. 14 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 40 Abs. 3 lit. i der RL 2004/17/EG kann ein Auftrag auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung aber nur dann im Wege eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb vergeben werden, wenn die Rahmenvereinbarung „gemäß dieser Richtlinie“ geschlossen wurde. Daraus ergibt sich, dass ein Auftrag auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung im Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb vergeben werden kann, wenn die Rahmenvereinbarung nach Durchführung eines offen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb oder eines Verhandlungsverfahrens nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb bzw. in den Fällen des § 195 auch ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb abgeschlossen wurde. Die Richtlinie sieht in Art. 14 Abs. 3 auch „Rahmenvereinbarungen“ vor, die nicht nach Durchführung eines dieser Verfahren geschlossen wurde; für die Vergabe von Aufträgen auf der Grundlage solcher Verträge gibt es jedoch keine Sonderregelungen, das heißt, sie müssen – wie andere Aufträge auch – nach den Bestimmungen der Richtlinie ausgeschrieben werden. Da diese Verträge gemäß Art. 14 Abs. 3 daher keinen Mehrwert gegenüber der getrennten Vergabe einzelner Aufträge darstellen, wurde im Oberschwellenbereich von der Normierung von „Rahmenvereinbarungen“, die nicht nach einem der in der Richtlinie vorgesehenen Verfahren abgeschlossen wurde, abgesehen. Für den Unterschwellenbereich siehe § 202.

Durch die spezielle Ausformulierung des Missbrauchsverbotes in § 197 Abs. 2 wird der Wettbewerbsgrundsatz für den Bereich der Rahmenvereinbarungen besonders hervorgehoben.

Abs. 3 regelt die Verständigung der nicht berücksichtigten (und nicht ausgeschiedenen) Bieter in Umsetzung von Art. 49 Abs. 1 und 2 der RL 2004/17/EG. Die Verständigung der nicht berücksichtigten Bewerber ist hier nicht geregelt, weil deren Verständigung sich aus dem System des zum Abschluss der Rahmenvereinbarung führenden Verfahrens ergibt. Die in Art 49 Abs. 2 2. Gedankenstrich der RL 2004/17/EG normierte Bekanntgabe über die Gründe für die Entscheidung des Auftraggebers, dass keine Gleichwertigkeit bei den Technischen Spezifikationen vorliegt, muss nicht gesondert geregelt werden, weil dies bereits durch den Wortlaut „Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes“ erfasst ist. Die Auswahl der Partei(en) gemäß Abs. 3 ist eine gesondert anfechtbare Entscheidung.

Aufgrund des Textes der RL 2004/17/EG (Art. 49 Abs. 2 3. Gedankenstrich) könnte die Auffassung vertreten werden, dass der Sektorenauftraggeber nicht nur den nicht berücksichtigten Bietern, sondern auch allen Parteien der Rahmenvereinbarung (arg. „jeden Bieter“) die Namen der Parteien der Rahmenvereinbarung mitzuteilen hat. Dies erscheint nicht sachgerecht und überschießend und wäre den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes - Gefahr von Unternehmerabsprachen - abträglich; Abs. 3 regelt daher nur die Verständigung der nicht berücksichtigten Bieter.

Die Vergabe von Aufträgen aufgrund einer Rahmenvereinbarung kann gemäß § 195 Z 9 in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb erfolgen. Der Zuschlag mittels elektronischer Auktion ist bei einer Auftragsvergabe aufgrund einer Rahmenvereinbarung nicht zulässig, da einer elektronischen Auktion zwingend ein Verfahren mit vorherigem Aufruf zum Wettbewerb vorausgeht.

Zu § 198 (Einrichtung eines dynamischen Beschaffungssystems und Vergabe von Aufträgen auf Grund eines dynamischen Beschaffungssystems)

Die Regelung entspricht § 33. Die (neue) Verfahrensart des dynamischen Beschaffungssystems ist in den §§ 288 ff näher geregelt.

Zu § 199 (Wahl des Wettbewerbs):

Diese Regelung normiert die freie Wahl des Sektorenauftraggebers zwischen dem offenen und dem nicht offenen Wettbewerb.

Zu § 200 (Wahl der Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich):

§ 200 enthält die Grundregel für die Wahl der Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich. Er normiert die freie Wahl zwischen den im § 192 vorgesehenen Vergabeverfahrenstypen für Auftragsvergaben im Unterschwellenbereich (mit Ausnahme der Direktvergabe, die nur unter den in § 201 genannten Voraussetzungen gewählt werden darf). Freie Wahl des Verfahrens bedeutet, dass die Bestimmungen, die die Wahl eines Verfahrens an bestimmte Voraussetzungen knüpfen, nicht anwendbar sind. Freie Wahl zwischen den vorgesehenen Verfahrensarten bedeutet aber nicht, dass völlige Formfreiheit besteht; der Auftraggeber kann eine Auftragsvergabe daher nicht völlig losgelöst von formalen Vorgaben vergeben, er hat sich vielmehr für eines der in § 192 BVergG vorgesehenen Verfahren zu entscheiden und dieses Verfahren dann nach den dafür vorgesehenen Bestimmungen für den Sektorenbereich durchzuführen. Aus der Anordnung des 1. Satzes, wonach Aufträge in einem in § 192 genannten Verfahren zu vergeben sind, ergibt sich auch die Zulässigkeit des dynamischen Beschaffungssystems, da das dynamische Beschaffungssystem in § 192 Abs. 8 als Verfahren zur Vergabe von Aufträgen genannt ist.

Eine Einschränkung der freien Wahl ergibt sich aus der Grundsatzbestimmung des zweiten Satzes, wonach ein angemessener Grad von Öffentlichkeit sicherzustellen ist, soweit dies auf Grund des Wertes und des Gegenstandes des Auftrages erforderlich erscheint. Die Formulierung des zweiten Satzes, durch den dem primärrechtlich gebotenen Transparenzgebot entsprochen werden soll, lehnt sich an das Erkenntnis des EuGH in der Rs C‑324/98, Telaustria, Rz 62 an (vgl. dazu ferner das Erkenntnis des EuGH in der Rs C‑231/03, CONAME). Zur Klarstellung legt der dritte Satz fest, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb im Oberschwellenbereich (vgl. dazu die Tatbestände in § 195), von einer Bekanntmachung Abstand genommen werden kann. Durch den Ausdruck „insbesondere“ wird ferner verdeutlicht, dass von einer Bekanntmachung auch in anderen Fällen abgesehen werden kann.

Es empfiehlt sich, die Gründe für die Wahl eines Verfahrens ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb festzuhalten.

Besonders hinzuweisen ist auf die Neuregelung in § 273 Abs. 3, wonach die Durchführung eines intransparenten Verfahrens (zB Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb mit nur einem Unternehmer) in besonders gelagerten Fällen (zB Auftragswert knapp unterhalb der gemeinschaftlichen Schwellenwerte) bei Vorliegen eines entsprechenden Feststellungsbescheides einer Vergabekontrollbehörde nichtig werden kann (siehe näher die Erläuterungen zu § 273 Abs. 3).

Zu § 201 (Direktvergabe):

§ 201 ist eine lex specialis zu § 200 (arg. „unbeschadet“ in § 200), der den Grundsatz der freien Wahl der Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich enthält. Er entspricht im Wesentlichen § 41. Um der Besonderheit des Sektorenbereiches Rechnung zu tragen, wurden die Schwellenwerte im Vergleich zum klassischen Bereich allerdings höher angesetzt. Nicht enthalten ist eine § 41 Abs. 2 Z 2 entsprechende Regelung (aus Gemeinschaftsmitteln kofinanzierte Projekte), da für diese Bestimmung im Sektorenbereich kein Anwendungsbereich ersichtlich ist.

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 41 verwiesen.

Zu § 202 (Abschluss von Rahmenvereinbarungen im Unterschwellenbereich):

Gemäß Abs. 1 hat der Sektorenauftraggeber beim Abschluss einer Rahmenvereinbarung im Unterschwellenbereich die Wahl zwischen dem offenen, dem nicht offenen und dem Verhandlungsverfahren, und zwar jeweils mit oder ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb. Soweit dies auf Grund des Wertes und des Gegenstandes der Rahmenvereinbarung erforderlich erscheint, ist beim Abschluss der Rahmenvereinbarung eine Verfahrensart zu wählen, durch die ein angemessener Grad von Öffentlichkeit gewährleistet ist. Vgl. hiezu auch die Erläuterungen zu § 200.Es empfiehlt sich, die Gründe für die Durchführung eines Verfahrens ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb schriftlich festzuhalten.

Abs. 2 entspricht § 197 Abs. 2 und enthält ein spezifisches Missbrauchsverbot auch für den Unterschwellenbereich.

Abs. 3 enthält eine Regelung für die Verständigung der nicht berücksichtigten Bieter. Die Regelung entspricht § 197 Abs. 3.

Abs. 4 enthält die dem § 195 Z 9 für den Oberschwellenbereich entsprechende Bestimmung, dass Aufträge auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung im Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb vergeben werden können.

Zu § 203 (Wahl des Wettbewerbes):

§ 203 sieht zusätzlich zum offenen und nicht offenen Wettbewerb im Unterschwellenbereich auch den geladenen Wettbewerb vor. Es empfiehlt sich, die Gründe für die Durchführung eines geladenen Wettbewerbs festzuhalten.

Zu § 204 (Übermittlung von Unterlagen oder Informationen zwischen Sektorenauftraggeber und Unternehmern):

§ 204 entspricht § 43, auf die diesbezüglichen Erläuterungen wird verwiesen.

Zu § 205 (Statistische Verpflichtungen der Sektorenauftraggeber):

Im Gegensatz zu den Bestimmungen der „klassischen“ Vergaberichtlinien enthält Art. 67 der Richtlinie 2004/17/EG keinerlei nähere Determinanten für die Struktur der und allfällige Angaben in den Statistiken. Diese sind von der Kommission im Zusammenwirken mit dem Beratenden Ausschuss gemäß den Bestimmungen des Art. 68 Abs. 2 der Richtlinie 2004/17/EG festzulegen. Die Bundesregierung hat nach einem diesbezüglichen Beschluss nähere Anordnungen mittels Verordnung zu treffen. Die Nichtvorlage der Statistiken stellt eine Verwaltungsübertretung dar (vgl. § 344) und kann mit einer Geldstrafe bis zu 15 000 Euro bestraft werden.

Zu § 206 (Übermittlung von sonstigen Unterlagen):

§ 206 entspricht § 45, es wird auf die Erläuterungen dazu verwiesen.

Zu § 207 (Aufruf zum Wettbewerb):

Der 3. Abschnitt des 3. Hauptstückes enthält Regelungen zur Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Bekanntmachungsvorschriften. Die Systematik dieses Abschnittes entspricht im Wesentlichen jener der §§ 46 ff. Es wurde im Sektorenteil in Anlehnung an die RL 2004/17/EG der Terminus „Aufruf zum Wettbewerb“ als Überbegriff für die Bekanntmachung gemäß dem Standardformular für die Bekanntmachung von Aufträgen bzw. Wettbewerben im Sektorenbereich, die regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachung und die Bekanntmachung über das Bestehen eines Prüfsystems verwendet (vgl. auch § 213 Abs. 1), um klarzustellen, dass im Sektorenbereich – im Gegensatz zum klassischen Bereich – in der Regel (vgl. die Einschränkung in § 213 Abs. 3) zwischen verschiedenen Arten der Bekanntmachung gewählt werden kann.

§ 207 entspricht ansonsten im Wesentlichen § 46, mit Anpassungen an die Besonderheiten des Sektorenbereiches. Zu Abs. 1 Z 3 wird darauf hingewiesen, dass sich die Wortfolge „sofern nicht von der Möglichkeit der Anwendung eines Verfahrens ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung Gebrauch gemacht wird“ im Oberschwellenbereich auf das Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb gemäß § 195, im Unterschwellenbereich auf alle Verfahrensarten ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb bezieht.

Zu § 208 (Berichtigung von Bekanntmachungen):

Die Bestimmung entspricht § 47, es wird auf die dortigen Ausführungen verwiesen.

Zu § 209 (Veröffentlichung eines Beschafferprofils):

§ 209 enthält die Regelungen über die Veröffentlichung eines Beschafferprofils, die § 48 entsprechen.

In Art. 41 Abs. 1 der RL 2004/17/EG ist vorgesehen, dass eine regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachung durch die Kommission bekannt gemacht oder vom Auftraggeber selbst in seinem Beschafferprofil veröffentlicht werden kann. Die Einrichtung eines Beschafferprofils ist somit nicht verpflichtend. Wird allerdings ein Beschafferprofil eingerichtet, dann ist die Veröffentlichung der Kommission bekannt zu machen (ein diesbezügliches Standardformular existiert nicht).

Über die Veröffentlichung von regelmäßigen nichtverbindlichen Bekanntmachungen hinaus kann ein derartiges Beschafferprofil noch andere Informationen und Angaben enthalten. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Veröffentlichung im Beschafferprofil nur in einem Fall – nämlich bei der regelmäßigen nichtverbindlichen Bekanntmachung – einen Ersatz für eine im Gesetz verpflichtend vorgesehene Bekanntmachung darstellt. Aus diesem Grunde wird im Zusammenhang mit dem Beschafferprofil von in diesem „enthaltenen“ Informationen wie etwa Bekanntmachungen gesprochen. Sofern daher Bekanntmachungsinhalte in das Beschafferprofil aufgenommen werden, handelt es sich (ausgenommen den Fall der regelmäßigen nichtverbindlichen Bekanntmachung gemäß § 214) um – neben den verpflichtend vorgesehenen – zusätzliche (freiwillige) Bekanntmachungen, hinsichtlich der § 216 Abs. 4 zu beachten ist.

Dem Beschafferprofil kann aber große Bedeutung im Zusammenhang mit den Fristen zukommen. Falls der Auftraggeber alle für ein Vergabeverfahren relevanten Unterlagen im Beschafferprofil sofort verfügbar macht, besteht die Möglichkeit Angebots- und Teilnahmefristen signifikant zu verkürzen (vgl. § 225).

Zu § 210 (Freiwillige Bekanntmachungen auf Gemeinschaftsebene):

§ 210 entspricht § 49. Die in dieser Form neuartige Bestimmung über die freiwillige Bekanntmachung auf Gemeinschaftsebene resultiert aus Art. 44 Abs. 8 der RL 2004/17/EG. Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, hat die Kommission dem Auftraggeber gemäß Art. 44 Abs. 7 der RL 2004/17/EG auch eine Bestätigung der Veröffentlichung auszustellen. Keine Bekanntmachungsverpflichtung besteht etwa bei Vergabeverfahren, die unter einen der Ausnahmetatbestände des § 175 fallen oder aber – zumindest was eine Bekanntmachungsverpflichtung auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene betrifft – bei Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich.

Zu § 211 (Bekanntmachungen auf Gemeinschaftsebene):

Die Regelung entspricht § 50, es wird auf die Erläuterungen dazu verwiesen. Bei elektronischer Erstellung und Übermittlung der Bekanntmachung gemäß § 213 Abs. 1 Z 1 kann der Sektorenauftraggeber von der Fristverkürzung gemäß § 225 Abs. 1 Gebrauch machen. Weiters ist auf die Regelung des Art. 44 Abs. 7 der RL 2004/17/EG hinzuweisen, wonach die Kommission dem Auftraggeber eine Bestätigung über die Veröffentlichung der übermittelten Informationen auszustellen hat, die auch das Datum der Veröffentlichung zu enthalten hat. Diese Bestätigung dient als Nachweis der Veröffentlichung.

Zu § 212 (Verwendung des CPV bei Bekanntmachungen):

§ 212 entspricht § 51, es wird auf die dortigen Ausführungen verwiesen.

Zu § 213 (Arten des Aufrufs zum Wettbewerb):

Abs. 1 enthält die in Art. 42 Abs. 1 der RL 2004/17/EG genannten drei Arten des Aufrufs zum Wettbewerb (vgl. dazu auch die Ausführungen zu § 207).

Ein Aufruf zum Wettbewerb durch eine regelmäßige Bekanntmachung ist nur bei (kumulativem) Vorliegen der in Abs. 2 genannten Voraussetzungen zulässig. Die regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachung hat weiters die in § 214 Abs. 2 genannten Angaben zu enthalten.

Gemäß Abs. 3 darf bei der Durchführung eines offenen Verfahrens (zur Vergabe eines Auftrags, zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung oder zur Einrichtung eines dynamischen Beschaffungssystems) nur eine Bekanntmachung gemäß dem Standardformular für die Bekanntmachung von Aufträgen im Sektorenbereich erfolgen. Dies ist darin begründet, dass auf Grund einer regelmäßigen nichtverbindlichen Bekanntmachung oder einer Bekanntmachung über das Bestehen eines Prüfsystems nicht unmittelbar Angebote erstellt werden können und letztere Varianten des Aufrufs zum Wettbewerb daher nur für zweistufige Verfahren geeignet sind. Bezüglich des dynamischen Beschaffungssystems siehe auch ausdrücklich Art. 42 Abs. 2 der RL 2004/17/EG. Dies bedeutet umgekehrt – in Abweichung des bisherigen Systems, wonach der Aufruf zum Wettbewerb durch eine regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachung oder durch eine Bekanntmachung über das Bestehen eines Prüfsystems nur beim Verhandlungsverfahren zulässig war –, dass der Aufruf zum Wettbewerb gemäß § 213 Abs. 1 Z 2 (regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachung) oder 3 (Bekanntmachung über das Bestehen eines Prüfsystems) sowohl beim Verhandlungsverfahren als auch beim nicht offenen Verfahren zulässig ist. Beim nicht offenen Verfahren nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb und beim Verhandlungsverfahren nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb kann der Sektorenauftraggeber frei zwischen den Arten des Aufrufs zum Wettbewerb wählen. Gemäß Abs. 3 darf weiters die Bekanntmachung der Durchführung eines Wettbewerbes nur mittels Standardformular für die Bekanntmachung von Wettbewerben (Abs. 1 Z 1) erfolgen.

Zu § 214 (Regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachung):

Zu Abs. 1 ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Veröffentlichung einer regelmäßigen nichtverbindlichen Bekanntmachung grundsätzlich nicht verpflichtend ist. Insbesondere ist der Sektorenauftraggeber auch nicht verpflichtet, einen Aufruf zum Wettbewerb durch eine regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachung durchzuführen (zur freien Wahl zwischen den Arten des Aufrufs zum Wettbewerb vgl. auch die Ausführungen zu § 213). Entschließt sich der Sektorenauftraggeber jedoch für einen Aufruf zum Wettbewerb gemäß § 213 Abs. 1 Z 2 oder möchte er von der Verkürzung der Angebotsfrist gemäß § 224 Abs. 2 Gebrauch machen, so hat er eine regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachung zu veröffentlichen.

Abs. 2 regelt die Angaben, die eine regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachung, die als Aufruf zum Wettbewerb dient oder die zur Verkürzung der Angebotsfrist gemäß § 224 Abs. 2 herangezogen wird, mindestens zu enthalten hat. Eine regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachung, die als Aufruf zum Wettbewerb dient, hat darüber hinaus auch den Anforderungen des § 213 Abs. 2 zu entsprechen. Gemäß Abs. 3 sind die Warengruppen gemäß Abs. 2 Z 1 unter Bezugnahme auf die Positionen des CPV festzulegen.

Die Abs. 4 bis 6 enthalten nähere Regelungen für die Übermittlung bzw. die Veröffentlichung sowie den Inhalt einer regelmäßigen nichtverbindlichen Bekanntmachung. Abs. 4 normiert insbesondere, dass eine regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachung auch im Wege eines Beschafferprofils gemäß § 209 veröffentlich werden kann (vgl. dazu auch die Ausführungen zu § 209).

Zu § 215 (Bekanntmachung über das Bestehen eines Prüfsystems):

Abs. 1 regelt die Bekanntmachung eines Prüfsystems.

Aus Abs. 2 folgt, dass die Auswahl der Teilnehmer an einem nicht offenen Verfahren oder einem Verhandlungsverfahren (ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb) durch den Sektorenauftraggeber allein unter den sich im Rahmen des Prüfsystems qualifizierten Unternehmern vorgenommen werden kann (vgl. dazu auch § 232 Abs. 11).

Zu § 216 (Bekanntmachungen in Österreich und in sonstigen Medien):

§ 216 entspricht im Wesentlichen § 52, es wird auf die Erläuterungen dazu verwiesen.

Zu § 217 (Bekanntgabe von vergebenen Aufträgen, Wettbewerbsergebnissen und abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen):

Die Abs. 1 bis 3 entsprechen im Wesentlichen § 54 Abs. 1 bis 3. Es wird auf die (wie bisher: vgl. § 131 Abs. 6 BVergG 2002) im Vergleich zum klassischen Teil längere Frist von zwei Monaten für die Übermittlung des Standardformulars hingewiesen.

Abs. 4 entspricht im Wesentlichen § 131 Abs. 6 letzter Satz BVergG 2002. Gemäß Art. 43 Abs. 2 und Art. 63 Abs. 2 2. Satz der Richtlinie 2004/17/EG berücksichtigt die Kommission alle in geschäftlicher Hinsicht sensiblen Angaben, auf die die Sektorenauftraggeber bei der Übermittlung der Angaben über die Anzahl der eingegangenen Angebote bzw. (bei Wettbewerben) über die Anzahl der eingegangenen Pläne und Entwürfe, über die Identität der Wirtschaftsteilnehmer und über die Preise hinweisen.

Die Abs. 5 und 6 entsprechen dem bisherigen § 131 Abs. 7 BVergG 2002. Bei der Vergabe von F&E - Dienstleistungsaufträgen im Sektorenbereich gelten besondere Bestimmungen hinsichtlich der Bekanntmachung vergebener Aufträge in Bezug auf die Art und den Umfang der vergebenen Dienstleistungsaufträge. Hintergrund der Bestimmung der Abs. 5 und 6 ist, dass Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse nicht auf Grund der vorgeschriebenen Bekanntmachung Konkurrenten zugänglich gemacht werden sollen.

Zu § 218 (Arten des Aufrufs zum Wettbewerb im Unterschwellenbereich):

§ 218 Abs. 1 ist die Parallelbestimmung zu § 213 Abs. 1 für den Unterschwellenbereich. Ob ein Aufruf zum Wettbewerb zu erfolgen hat, ergibt sich aus der Wahl des Verfahrens gemäß den §§ 200 ff (siehe auch die Erläuterungen dazu).

Abs. 2 entspricht § 213 Abs. 3, es wird auf die Erläuterungen dazu verwiesen.

Zu § 219 (Bekanntmachungen in Österreich und in sonstigen Medien):

Die Regelung entspricht § 55, es wird auf die dortigen Ausführungen verwiesen. Ob eine Bekanntmachung erfolgt, ergibt sich aus der Wahl des Verfahrens durch den Sektorenauftraggeber. Die Wahl des Publikationsmediums (lokal, regional, national, international) hängt von Bedeutung und Wert des Auftragsgegenstandes ab (siehe auch Erläuterungen zu § 200).

Zu § 220 (Bekanntmachung über das Bestehen eines Prüfsystems im Unterschwellenbereich):

§ 220 ist die Parallelregelung zu § 215 für den Unterschwellenbereich. Vgl. die Erläuterungen zu § 215.

Zu § 221 (Berechnung der Fristen):

Die Regelung entspricht der Regelung über die Berechnung der Fristen im klassischen Bereich (vgl. § 56). Ebenso wie im klassischen Bereich werden aus Gründen der besseren Lesbarkeit in das Gesetz die Regelungen der VO (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971, ABl Nr. L 124 vom 8.6.1971, S. 1 implementiert (vgl. dazu auch Erwägungsgrund 57 der SektorenRL 2004/17/EG). Anders als bei der Berechnung verfahrensrechtlicher Fristen, für die Abs. 1 die entsprechenden Bestimmungen des AVG für anwendbar erklärt, enthalten die folgenden Absätze, die sich aus der Verordnung ergebenden, notwendigen Festlegungen bei der Berechnung der materiellrechtlichen Fristen im Vergabeverfahren.

Zu den verfahrensrechtlichen Fristen und deren Berechnung wird auf die §§ 32 und 33 AVG verwiesen.

Zu § 222 (Grundsätze für die Bemessung und Verlängerung der Fristen):

§ 222 formuliert die allgemeinen Grundsätze hinsichtlich der Fristen im Sektorenbereich. Nach Abs. 1 ist eine längere als die gesetzlich bestimmte Mindestfrist etwa bei komplexen Aufträgen, bei für die Angebotslegung erforderlichen schwierigen Vorerhebungen, bei Ortsbesichtigungen, bei dem Erfordernis der Herstellung von Proben und Mustern und bei einer Einsichtnahme in aufgelegte Ausschreibungsunterlagen vorzusehen. Die Grundsatzbestimmung des Abs. 1 für die Bemessung der Fristen kann insbesondere auch im Zusammenhang mit einer funktionalen Leistungsbeschreibung (vgl. die §§ 245 Abs. 1 und 3 und 246 Abs. 2) von Bedeutung sein. Da bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung den Unternehmern die Erarbeitung der Lösung obliegt, führt diese Art der Leistungsbeschreibung bei den am Vergabeverfahren teilnehmenden Unternehmern zu einem erhöhten Planungsaufwand und gegebenenfalls auch zum Erfordernis einer längeren Angebotsfrist als bei einer konstruktiven Leistungsbeschreibung.

§ 222 stellt eine spezifische Ausformulierung des (auch primärrechtlich geltenden) Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für Fristen dar und soll zur Klarstellung in einer Grundsatzbestimmung zusammengefasst werden (siehe auch die grundsätzliche Bestimmung in Art. 45 Abs. 1 der RL 2004/17/EG).

Abs. 3 entstammt der E-Procurement-Verordnung. Dazu ist anzumerken, dass Abs. 3 nur die Konstellation des Serverausfalles vor Ablauf der jeweiligen Frist regelt (arg. „bis zum Zeitpunkt...“ im ersten Satz). Tritt daher ein Serverausfall nach Ablauf der Angebotsfrist ein, so ist eine Fortsetzung der Angebotsöffnung nach Behebung der Störung möglich.

Grundsätzlich gelten für die Gefahrtragung bei der Übermittlung elektronischer Angebote die gleichen Grundsätze wie im traditionellen Weg („das Angebot reist auf Gefahr des Bieters“; vgl. BVA 18.6.1998, N-16/98-17). Insbesondere haben die Bieter dafür Sorge zu tragen, dass sie – wenn sie umfangreiche Unterlagen übermitteln – diese so rechtzeitig absenden, dass sie auf dem angegebenen Server des Auftraggebers fristgerecht geladen werden können. Das Angebot gilt als zugegangen, wenn der Auftraggeber davon Kenntnis erhält bzw. wenn das Angebot in den Machtbereich des Auftraggebers (z.B. bekannt gegebene Mailadresse) gelangt; bei letzterem unabhängig davon, an welchem Ort der Welt sich der E-Mail-Server befindet (vgl. dazu auch § 12 ECG idgF). Es müssen aber besondere Vorkehrungen für den Fall getroffen werden, dass ein vom Bieter rechtzeitig versendete Angebot nicht oder nicht rechtzeitig beim Auftraggeber einlangt bzw. einlangen kann, weil der Server des Auftraggebers (z.B. aufgrund technischer Probleme) nicht empfangsbereit ist. Bei derartigen Problemen, die in der Sphäre des Auftraggebers liegen, hat dieser die Verfügbarkeit des Systems wieder herzustellen und erforderlichenfalls eine angemessene Verlängerung der Angebotsfrist in geeigneter Weise bekannt zu machen. Erforderlich ist eine Verlängerung der Angebotsfrist dann nicht, wenn der Server innerhalb der Angebotsfrist ausfällt (z.B. 1 Woche vor Ablauf der Angebotsfrist Serverausfall für 5 Stunden), die Empfangsbereitschaft jedoch mit ausreichendem Zeitabstand zum Zeitpunkt des Ablaufes der Angebotsfrist wieder hergestellt wird. Hingegen ist eine Verlängerung der Angebotsfrist erforderlich, wenn der Server kurz vor dem Zeitpunkt des Ablaufes der Angebotsfrist ausfällt. Als geeignete Form der Bekanntmachung gilt insbesondere die Bekanntmachung auf einer Internetseite des Auftraggebers, die dieser als Publikationsmedium im Zusammenhang mit einem Vergabeverfahren (in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen) bekannt gegeben hat. Da Serverausfälle regelmäßig sehr kurzfristig und unvorhersehbar eintreten, ist eine Verpflichtung zur Bekanntmachung in schriftlichen Publikationsmedien (z.B. Amtblättern) ungeeignet, weil in diesen Medien kurzfristige Bekanntmachungen nicht zeitgerecht erfolgen können.

Zu § 223 (Übermittlungs- und Auskunftsfristen):

§ 223 enthält für den Sektorenbereich zum Teil neue Regelungen, die sich aus der Richtlinie ergeben (vgl. insbesondere Art. 46 und 47).

Rechtzeitig angefordert im Sinne des Abs. 1 sind Ausschreibungsunterlagen dann, wenn die Interessenbekundung vor Ablauf eines allenfalls vom Sektorenauftraggeber festgesetzten Termins, bis zu dem die Ausschreibungsunterlagen spätestens anzufordern sind, erfolgt. Die Frist zur Übermittlung der Ausschreibungsunterlagen läuft ab dem Tag des Einlangens des Antrages beim Sektorenauftraggeber unabhängig davon, ob dieser Antrag durch ein Schreiben zu bestätigen ist oder nicht. Der erste Halbsatz ist in Zusammenhang mit der Regelung des § 225 Abs. 2 (Fristverkürzung bei Verwendung elektronischer Medien) zu sehen (siehe auch die Anmerkungen dazu).

„Zeitgerecht“ im Sinne des Abs. 2 wurde das Ersuchen dann gestellt, wenn es so rechtzeitig gestellt wurde, dass die zusätzlichen Auskünfte sechs Tage vor Ablauf der Frist für den Eingang der Angebote erteilt werden können. Werden zusätzliche Auskünfte über Ausschreibungsunterlagen kürzer als sechs Tage vor Ablauf der Angebotsfrist angefordert, so sind die Auskünfte unverzüglich zu erteilen. Die Auskunftserteilung kann durch Zusenden oder elektronisch (oder durch zur Verfügung stellen via Website samt entsprechendem Hinweis) erfolgen.

Zur Verlängerung der Angebotsfrist ist auch auf § 222 Abs. 2 zu verweisen; eine Verlängerung ist daher den Bietern nachweislich bekannt zu geben oder ansonsten entsprechend bekannt zu machen.

Hinzuweisen ist auch darauf, dass sich die Regelungen der Abs. 2 und 3 auf alle Verfahren – und nicht nur auf offene Verfahren – beziehen.

Zu § 224 und 225 (Angebotsfrist im offenen Verfahren):

Einleitend ist festzuhalten, dass die – den Bestimmungen der §§ 224 bis 226 zugrunde liegenden – Richtlinienbestimmungen über die Fristen in Art. 45 äußerst komplex und zum Teil widersprüchlich gestaltet sind. Art. 45 Abs. 10 der RL 2004/17/EG bestimmt allerdings, dass Anhang XXII eine zusammenfassende Darstellung der in diesem Artikel festgelegten Fristen enthält; soweit die Richtlinienbestimmung selbst daher Unklarheiten beinhaltet, wurde bei der Umsetzung auf den Inhalt des Anhang XXII zur RL 2004/17/EG Bedacht genommen.

Die §§ 224 und 225 enthalten die Regelungen für die Angebotsfrist im offenen Verfahren; § 224 Abs. 1 enthält die reguläre Angebotsfrist (52 Tage), § 224 Abs. 2 die verkürzte Angebotsfrist für den Fall der Veröffentlichung einer regelmäßigen nichtverbindlichen Bekanntmachung (22 Tage), wobei an die regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachung Vorgaben zeitlicher (Z 1) sowie inhaltlicher (Z 2) Art gemacht werden.

Die Regelungen des Art. 45 Abs. 5 und 6 der RL 2004/17/EG sehen sowohl für Teilnahmefristen wie auch für Angebotsfristen die Möglichkeit einer Fristverkürzung für den Fall der Verwendung elektronischer Medien vor; diese Fristverkürzungsmöglichkeiten sind zwar prinzipiell kumulierbar, allerdings sehen die Abs. 7 und 8 des Art. 45 der RL 2004/17/EG wiederum Mindestfristen vor, die keinesfalls unterschritten werden dürfen.

Dieses Regelungsregime wird für Angebotsfristen im offenen Verfahren durch § 225 umgesetzt; grundsätzlich besteht die Möglichkeit einer Fristverkürzung um insgesamt bis zu zwölf Tage, allerdings muss die Angebotsfrist auch im Falle von zulässigen Fristverkürzungen zumindest 15 Tage betragen.

Zu § 226 (Fristen im nicht offen Verfahren und im Verhandlungsverfahren):

Für die Teilnahmefristen im nicht offenen Verfahren bzw. im Verhandlungsverfahren mit vorherigem Aufruf zum Wettbewerb ergibt sich aus dem Regelungsregime der RL 2004/17/EG Folgendes: Da Auftraggeber die Bekanntmachungen gemäß § 211 jedenfalls elektronisch oder per Fax zu übermitteln haben, kann eine Mindestteilnahmefrist von 15 Tagen vorgesehen werden (§ 226 Abs. 1 Z 1 – abweichendes gilt nach der Z 2 nur für Teilnahmeanträge auf Grund einer Aufforderung zur Interessensbestätigung gemäß § 251).

Die Angebotsfrist in den genannten Verfahren kann gemäß § 226 Abs. 2 einvernehmlich zwischen dem Auftraggeber und den ausgewählten Bewerbern festgelegt werden. Kommt eine einvernehmliche Festlegung nicht zustande, hat der Auftraggeber gemäß § 226 Abs. 3 zumindest eine zehntägige Angebotsfrist vorzusehen. Hinzuweisen ist darauf, dass eine einvernehmlich festgelegte Angebotsfrist auch kürzer als zehn Tage sein kann.

Nach dem Text der Richtlinie 2004/17/EG (vgl. Art. 45 Abs. 5 und 6) könnten die regulären Fristen für den Fall der Verwendung elektronischer Medien zwar weiter verkürzt werden, gemäß Art. 45 Abs. 8 sind bei dieser Fristverkürzung aber wieder absolute Schranken zu beachten, wonach die Angebotsfrist keinesfalls kürzer als zehn Tage, die Teilnahmefrist keinesfalls kürzer als 15 Tage sein darf. Diese absoluten Untergrenzen entsprechen aber den in § 226 ohnehin bereits vorgesehenen (regulären) Untergrenzen, eine Umsetzung dieser Fristverkürzungsmöglichkeiten würde daher ins Leere laufen, weshalb davon Abstand genommen wird (auf die Sonderregelung für Teilnahmeanträge auf Grund einer Aufforderung zur Interessensbestätigung in § 226 Abs. 1 Z 2 wird hingewiesen).

Zu § 227 (Fristen im Unterschwellenbereich):

Um dem Auftraggeber im Unterschwellenbereich einen größeren Gestaltungsspielraum zu gewähren, werden keine spezifischen Fristen festgelegt, sondern nur die allgemeine Grundsatzregelung des § 222 Abs. 1 für maßgeblich erklärt.

Zu den §§ 228 bis 231 (Eignung):

Die Bestimmungen des 3. Teiles über die Eignung bzw. die Eignungsprüfung sehen für Sektorenauftraggeber Vereinfachungen gegenüber den für öffentliche Auftraggeber im Sinne des 2. Teiles maßgeblichen Vorschriften vor.

Gemäß § 228 Abs. 1 gilt grundsätzlich, dass Sektorenauftraggeber (in Entsprechung der Art. 51 Abs. 1 und 54 Abs. 1 der RL 2004/17/EG) objektive Eignungskriterien festzulegen haben. Erwägungsgrund 50 der RL 2004/17/EG führt dazu aus: „Es sollte klargestellt werden, dass Auftraggeber, die die Eignungskriterien in einem offenen Verfahren festlegen, dies entsprechend objektiven Kriterien und Regeln tun müssen, wie auch die Eignungskriterien in den nicht offenen Verfahren und Verhandlungsverfahren objektiv sein sollten. Diese objektiven Regeln und Kriterien implizieren ebenso wie die Eignungskriterien nicht unbedingt Gewichtungen.“

§ 228 Abs.2 legt die Verpflichtung des Sektorenauftraggebers fest, nicht geeignete Unternehmer vom Vergabeverfahren auszuschließen.

Gemäß § 228 Abs. 3 richtet sich die Eignungsprüfung für den Fall des Vorliegens eines Prüfsystems ausschließlich nach den für Prüfsysteme maßgeblichen Sonderregelungen in § 232.

§ 229 enthält eine Bestimmung über die Gründe, aus denen Unternehmer von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden können. Die einzelnen Tatbestände entsprechen den gemäß § 68 Abs. 1 für öffentliche Auftraggeber maßgeblichen Ausschlussgründen. Gemäß Abs. 2 1. Satz haben öffentliche Auftraggeber als Sektorenauftraggeber (vgl. § 164) die in Abs. 1 Z 1 genannten Ausschlussgründe zwingend vorzusehen. Für andere Sektorenauftraggeber  ist ein Ausschluss bei Vorliegen eines entsprechenden Tatbestandes nicht zwingend, sondern nur fakultativ (arg. „können“). Zum Inhalt der einzelnen Ausschlussgründe wird auf die Erläuterungen zu § 68 Abs. 1 verwiesen.

Die Regelung des § 230 über den Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung entspricht im Wesentlichen § 69. Auf Grund der in dieser Hinsicht abweichenden Regelungen des Sektorenteils ist eine Regelung für den Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung bei einer Rahmenvereinbarung sowie bei einem wettbewerblichen Dialog nicht erforderlich.

Die Regelung des § 231 entspricht weitestgehend der des § 70. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass die im 2. Teil für öffentliche Auftraggeber unmittelbar daran anschließenden, detaillierten Regelungen über die zu verlangenden Nachweise für die Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit (§§ 71ff) im Sektorenbereich nicht maßgeblich sind. Dem Auftraggeber kommt daher bei der Festlegung der konkret verlangten Nachweise ein größerer Spielraum zu. Er kann sich jedoch jedenfalls am Katalog der jeweiligen Nachweismittel orientieren (wobei im Unterschied zum 2. Teil etwa die Nachweismittel für die technische Leistungsfähigkeit nicht taxativ aufgelistet sind). Hinsichtlich der beruflichen Zuverlässigkeit ist folgendes festzuhalten: Art. 54 Abs. 4 der RL 2004/17/EG verweist zwar auf Art. 45 der RL 2004/18/EG, der Verweis bezieht sich aber explizit nur auf die in Art. 45 angeführten Ausschlussgründe und daher nicht auf die in Art. 45 Abs. 1 der RL 2004/18/EG ebenfalls angeführten Nachweismittel.

Zu § 232 (Prüfsystem):

Die Regelung des § 232 ergeht in Umsetzung des Art. 53 der RL 2004/17/EG.

Im Erwägungsgrund 51 (2. UAbs.) der RL 2004/17/EG wird zum Prüfsystem Folgendes ausgeführt: „Die Prüfungssysteme sollten entsprechend objektiven Regeln und Kriterien verwaltet werden, die sich – nach Wahl des Auftraggebers – auf die Kapazitäten des Wirtschaftsteilnehmers und/oder die besonderen Merkmale der von dem System erfassten Arbeiten, Lieferungen oder Dienstleistungen beziehen können. Zum Zweck der Prüfung kann der Auftraggeber eigene Kontrollen durchführen, um die Merkmale der betreffenden Arbeiten, Lieferungen oder Dienstleistungen insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Kompatibilität und der Sicherheit zu beurteilen.“

Die Möglichkeit, ein Prüfsystem einzurichten und somit ein „Präqualifikationsverfahren“ vorzusehen, stellt eine weitere Erleichterung für Sektorenauftraggeber gegenüber den Regelungen des „klassischen“ Bereiches (2. Teil) dar. Auf Anregung im Begutachtungsverfahren wird die Möglichkeit der Einrichtung eines Prüfsystems nunmehr sowohl für den Ober- wie auch für den Unterschwellenbereich vorgesehen. Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, so ist das jeweilige Prüfsystem unter Verwendung des Standardformulars gemäß den §§ 215 bzw. 220 bekanntzumachen. Der Vorteil der Einrichtung eines Prüfsystems liegt darin, dass der Sektorenauftraggeber das Prüfsystem für einen Aufruf zum Wettbewerb nützen kann (siehe § 213 Abs. 1 Z 3 und § 218 Z 2). In diesem Fall ist bei nicht offenen und Verhandlungsverfahren die erste Phase, das sog. short-listing, insofern einfacher gestaltet, als der Sektorenauftraggeber die Auswahl der Teilnehmer an derartigen Verfahren (ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb) nur unter den sich im Rahmen des Prüfsystems qualifizierten Unternehmern vornehmen kann (vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 215 Abs. 2).

Die Regelungen über den Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit in Abs. 3 entsprechen denjenigen, die generell im Sektorenbereich maßgeblich sind (siehe § 229). Zur Regelung des Abs. 4, der zugrunde liegenden Rechtsprechung des EuGH sowie den damit verbundenen Problemen wird auf die Erläuterungen zu den §§ 76 sowie 233 verwiesen.

Die Fristen, innerhalb derer über die Qualifikation eines Antragstellers zu entscheiden ist, weichen insofern von der bisherigen Rechtslage ab, als jedenfalls innerhalb von sechs Monaten zu entscheiden ist (gemäß § 129 Abs. 4 BVergG 2002 war in begründeten Fällen auch eine längere Bearbeitungszeit vorgesehen).

Die Verständigungspflichten der Abs. 7, 8, und 10 entsprechen den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des Art. 49 Abs. 3 bis 5 der RL 2004/17/EG.

Wenn der Aufruf zum Wettbewerb durch eine Bekanntmachung über das Bestehen eines Prüfsystems erfolgt, kann der Auftraggeber gemäß Abs. 11 die Teilnehmer an einem nicht offenen Verfahren oder einem Verhandlungsverfahren unter den im Rahmen des Prüfsystems qualifizierten Unternehmern auswählen, wobei für die Auswahl § 252 Abs. 3 bis 5 maßgeblich ist.

Zu § 233 (Nachweiserbringung durch Dritte):

§ 233 entspricht der Regelung des § 76 für öffentliche Auftraggeber. Auf Grund der abweichenden Diktion der Sektorenrichtlinie 2004/17/EG (Art. 54 Abs. 6 spricht von beruflichen Fähigkeiten) wird die Regelung des Sektorenteils auch auf die Befugnis erstreckt. Eine Substitution der Zuverlässigkeit ist aber auch im Sektorenbereich jedenfalls unzulässig. Zum Regelungsinhalt, der zugrunde liegenden Rechtsprechung des EuGH sowie den damit verbundenen Problemen wird ansonsten auf die Erläuterungen zu § 76 verwiesen.

Zu § 234 (Qualitätssicherungsnormen und Normen für Umweltmanagement):

§ 234 entspricht der Regelung des § 77, in Abs. 2 ergibt sich auf Grund des Wortlautes des Art. 52 Abs. 3 der RL 2004/17/EG eine abweichende Formulierung; ansonsten wird auf die Erläuterungen zu § 77 verwiesen.

Zu § 235 (Eignung im Unterschwellenbereich):

Die Regelung entspricht der des § 78 für öffentliche Auftraggeber; um für Sektorenauftraggeber weitere Erleichterungen zu schaffen, werden die Schwellenwerte gegenüber den im „klassischen“ Bereich maßgeblichen Schwellenwerten angehoben.

Zu den §§ 236, 237 und 241 (Ausschreibung):

Die Regelungen des § 236 entsprechen im Wesentlichen § 79 Abs. 1, Abs. 2 zweiter Satz, Abs. 3 sowie Abs. 8 und 9; auf die Erläuterungen dazu wird verwiesen.

Zu Abs. 2 ist hinzuzufügen, dass der Ausdruck „Konzeption für alle Benutzer“ auch unter der Bezeichnung „Design for all“ bekannt ist.

Die Regelungen des § 237 Abs. 1, 2 und 4 entsprechen im Wesentlichen § 80 Abs. 1, 2 und 5; auf die Erläuterungen dazu wird verwiesen. § 237 Abs. 3 beinhaltet die Regelung betreffend die Zuschlagskriterien beim Zuschlagsprinzip „technisch und wirtschaftlich günstigstes Angebot“ (betreffend die Wahl des Zuschlagsprinzips siehe § 271 Abs. 1), die sich betreffend die Vorgaben hinsichtlich der Gewichtung und Reihung der Zuschlagskriterien an der für öffentliche Auftraggeber maßgeblichen Bestimmung des § 80 Abs. 3 orientiert. Auf die einschlägigen Erläuterungen dazu wird verwiesen.

Die Erwägungsgründe 55 und 56 der RL führen zu den Zuschlagskriterien Folgendes aus: „Der Zuschlag muss nach objektiven Kriterien erteilt werden, die die Beachtung der Grundsätze der Transparenz, Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung gewährleisten und sicherstellen, dass die Angebote unter wirksamen Wettbewerbsbedingungen bewertet werden. Dementsprechend sollten nur zwei Zuschlagskriterien zugelassen werden: das des „niedrigsten Preises“ und das des „wirtschaftlich günstigsten Angebots“.

Um bei der Zuschlagserteilung die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sicherzustellen, ist die – in der Rechtsprechung anerkannte – Verpflichtung zur Sicherstellung der erforderlichen Transparenz vorzusehen, damit sich jeder Bieter angemessen über die Kriterien und Modalitäten unterrichten kann, anhand deren das wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt wird. Die Auftraggeber haben daher die Zuschlagskriterien und deren jeweilige Gewichtung anzugeben, und zwar so rechtzeitig, dass diese Angaben den Bietern bei der Erstellung ihrer Angebote bekannt sind. Die Auftraggeber können in begründeten Ausnahmefällen, die zu rechtfertigen sie in der Lage sein müssen, auf die Angabe der Gewichtung der Zuschlagskriterien verzichten, wenn diese Gewichtung insbesondere aufgrund der Komplexität des Auftrags nicht im Vorhinein vorgenommen werden kann. In diesen Fällen müssen sie diese Kriterien in der absteigenden Reihenfolge ihrer Bedeutung angeben.

Beschließen die Auftraggeber, dem wirtschaftlich günstigsten Angebot den Zuschlag zu erteilen, so sollten sie die Angebote unter dem Gesichtspunkt des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses bewerten. Zu diesem Zweck sollten sie die wirtschaftlichen und qualitativen Kriterien festlegen, anhand deren insgesamt das für den Auftraggeber wirtschaftlich günstigste Angebot bestimmt werden kann. Die Festlegung dieser Kriterien hängt insofern vom Auftragsgegenstand ab, als sie es ermöglichen müssen, das Leistungsniveau jedes einzelnen Angebots im Verhältnis zu dem in den technischen Spezifikationen beschriebenen Auftragsgegenstand zu bewerten sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis jedes Angebots zu bestimmen. Damit die Gleichbehandlung gewährleistet ist, müssen die Zuschlagskriterien einen Vergleich und eine objektive Bewertung der Angebote ermöglichen. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, versetzen die wirtschaftlichen und qualitativen Zuschlagskriterien, wie z. B. Kriterien zur Erfüllung von Umweltanforderungen, den Auftraggeber in die Lage, auf Bedürfnisse der betroffenen Allgemeinheit, so wie es in den Leistungsbeschreibungen festgelegt ist, einzugehen. Unter denselben Voraussetzungen kann ein Auftraggeber auch Kriterien zur Erfüllung sozialer Anforderungen anwenden, die insbesondere den – in den vertraglichen Spezifikationen festgelegten – Bedürfnissen besonders benachteiligter Bevölkerungsgruppen entsprechen, denen die Nutznießer/Nutzer der Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen angehören.

Die Zuschlagskriterien sollten nicht die Anwendung nationaler Bestimmungen beeinflussen, die die Vergütung bestimmter Dienstleistungen, wie die Dienstleistung von Architekten, Ingenieuren oder Rechtsanwälten, regeln.“

§ 237 Abs. 5 enthält eine Regelung betreffend Ausführungsbedingungen sozialen oder ökologischen Inhalts (siehe dazu Art. 38 der RL 2004/17/EG sowie § 99 Abs. 1 Z 13 und die Erläuterungen dazu). Dass diese Bedingungen im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts sowie dem Diskriminierungsverbot stehen müssen, ergibt sich bereits aus § 187 Abs. 1.

Zu den §§ 237 Abs. 5 sowie 241 ist auch auf die Erwägungsgründe 44 und 45 der RL 2004/17/EG zu verweisen, die wie folgt lauten: „Die Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags sind mit der Richtlinie vereinbar, wenn sie nicht unmittelbar oder mittelbar zu einer Diskriminierung führen und in der als Aufruf zum Wettbewerb dienenden Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen angegeben sind. Sie können insbesondere dem Ziel dienen, die berufliche Ausbildung auf den Baustellen sowie die Beschäftigung von Personen zu fördern, deren Eingliederung besondere Schwierigkeiten bereitet, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen oder die Umwelt zu schützen. So können unter anderem z. B. die – während der Ausführung des Auftrags geltenden – Verpflichtungen genannt werden, Langzeitarbeitslose einzustellen oder Ausbildungsmaßnahmen für Arbeitnehmer oder Jugendliche durchzuführen, oder die Bestimmungen der grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), für den Fall, dass diese nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt worden sind, im Wesentlichen einzuhalten, oder ein Kontingent von behinderten Personen einzustellen, das über dem nach innerstaatlichem Recht vorgeschriebenen Kontingent liegt.

Die im Bereich der Arbeitsbedingungen und der Sicherheit am Arbeitsplatz geltenden nationalen und gemeinschaftlichen Gesetze, Regelungen und Tarifverträge sind während der Ausführung eines Auftrags anwendbar, sofern derartige Vorschriften sowie ihre Anwendung mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind. Für grenzüberschreitende Situationen, in denen Arbeitnehmer eines Mitgliedstaats zur Ausführung eines Auftrags Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat erbringen, legt die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen die Mindestbedingungen fest, die der Aufnahmestaat in Bezug auf die entsandten Arbeitnehmer einzuhalten hat. Enthält das nationale Recht entsprechende Bestimmungen, so kann die Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen als eine schwere Verfehlung oder als ein Verstoß betrachtet werden, der die berufliche Zuverlässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers in Frage stellt und dessen Ausschluss von dem Verfahren zur Vergabe eines Auftrags zur Folge haben kann.“

§ 241 Abs. 1 und 2 entsprechen § 84, auf die diesbezüglichen Erläuterungen wird verwiesen.

Zu den §§ 238 bis 240 (Alternativangebote, Abänderungsangebote, Subunternehmerleistungen):

Die Bestimmungen entsprechen den §§ 81 bis 83; auf die Erläuterungen dazu wird verwiesen. Die entsprechenden Richtlinienregelungen zu Alternativangeboten und Subunternehmerleistungen finden sich in den Art. 36 und 37 der RL 2004/17/EG.

Zu den Subunternehmerleistungen wird darüber hinaus auf Erwägungsgrund 43 der RL 2004/17/EG verwiesen, der – wie Erwägungsgrund 32 der RL 2004/18/EG – zum Ausdruck bringt, dass die subunternehmerfreundliche Regelung dazu dient, um den Zugang von kleinen und mittleren Unternehmen zu öffentlichen Aufträgen zu fördern.

Zu § 242 (Berichtigung der Ausschreibung):

§ 242 enthält eine an § 90 angelehnte Bestimmung über die Berichtigung von Ausschreibungen.

Zu den §§ 243 und 244 (Besondere Ausschreibungsbestimmungen betreffend elektronisch einzureichende Angebote im Oberschwellenbereich):

Auf die Erläuterungen zu § 91 sowie zu den verwiesenen §§ 92 bis 94 wird hingewiesen. Auf § 261 Abs. 1, wonach neben einem elektronischen Angebot kein Angebot bzw. keine Angebotsbestandteile in Papierform abgegeben werden dürfen, wird hingewiesen.

Zu den §§ 245 bis 247 (Leistungsbeschreibung):

Die §§ 245 und 246 entsprechen im Wesentlichen den §§ 95 und 96 für öffentliche Auftraggeber; auf die Erläuterungen dazu wird verwiesen.

§ 247 entspricht im Wesentlichen § 98 für öffentliche Auftraggeber, wobei sich aus Art. 35 der RL 2004/17/EG folgende Abweichungen ergeben: In der angeführten Richtlinienregelung, die in § 247 Abs. 1 und 2 umgesetzt wird, wird festgelegt, dass Sektorenauftraggeber interessierten Unternehmern auf Anfrage die technischen Spezifikationen mitzuteilen haben, die sie regelmäßig bei ihren Beschaffungen heranziehen.

Erwägungsgrund 42 der RL 2004/17/EG führt zu den technischen Spezifikationen Folgendes aus: „Die von den Auftraggebern erarbeiteten technischen Spezifikationen sollten es erlauben, die öffentlichen Beschaffungsmärkte für den Wettbewerb zu öffnen. Hierfür sollte es möglich sein, Angebote einzureichen, die die Vielfalt technischer Lösungsmöglichkeiten widerspiegeln. Damit dies gewährleistet ist, sollten einerseits Leistungs- und Funktionsanforderungen in technischen Spezifikationen erlaubt sein, und andererseits sollten im Falle der Bezugnahme auf eine europäische Norm, oder wenn eine solche nicht vorliegt, auf eine nationale Norm, Angebote auf der Grundlage anderer gleichwertiger Lösungen, die die Anforderungen des Auftraggebers erfüllen und auch hinsichtlich der Sicherheitsanforderungen gleichwertig sind, von den Auftraggebern berücksichtigt werden. Die Bieter sollten die Möglichkeit haben, die Gleichwertigkeit ihrer Lösung mit allen ihnen zu Gebote stehenden Nachweisen zu belegen. Die Auftraggeber sollten jede Entscheidung, dass die Gleichwertigkeit in einem bestimmten Fall nicht gegeben ist, begründen können. Auftraggeber, die für die technischen Spezifikationen eines Auftrags Umweltanforderungen festlegen möchten, können die Umwelteigenschaften – wie eine bestimmte Produktionsmethode – und/oder Auswirkungen bestimmter Warengruppen oder Dienstleistungen auf die Umwelt festlegen. Sie können – müssen aber nicht – geeignete Spezifikationen verwenden, die in Umweltgütezeichen definiert sind, wie z. B. im Europäischen Umweltgütezeichen, in (pluri-)nationalen Umweltgütezeichen oder anderen Umweltgütezeichen, sofern die Anforderungen an das Gütezeichen auf der Grundlage von wissenschaftlich abgesicherten Informationen im Rahmen eines Verfahrens ausgearbeitet und erlassen werden, an dem interessierte Kreise – wie z. B. staatliche Stellen, Verbraucher, Hersteller, Einzelhändler und Umweltorganisationen – teilnehmen können, und sofern das Gütezeichen für alle interessierten Parteien zugänglich und verfügbar ist. Die Auftraggeber sollten, wo immer dies möglich ist, technische Spezifikationen festlegen, die das Kriterium der Zugänglichkeit für Personen mit einer Behinderung oder das Kriterium der Konzeption für alle Benutzer berücksichtigen. Die technischen Spezifikationen sind klar festzulegen, so dass alle Bieter wissen, was die Anforderungen des Auftraggebers umfassen.“

Zu § 248 (Ausschreibungsbestimmungen für den Unterschwellenbereich):

§ 248 beinhaltet eine abschließende Regelung der Vorgaben, die bei einer Ausschreibung im Unterschwellenbereich zu beachten sind. Anders als im klassischen Bereich (siehe § 100) wird den Sektorenauftraggebern nicht nur punktuell eine Erleichterung eingeräumt, sondern es werden alle maßgeblichen Vorgaben in einer Bestimmung zusammengefasst.

Zu Abs. 3 ist darauf hinzuweisen, dass der Ausdruck „Konzeption für alle Benutzer“ auch unter der Bezeichnung „Design for all“ bekannt ist.

Zu den §§ 249 bis 254 (Ablauf einzelner Vergabeverfahren):

Die §§ 249 bis 254 bilden einen eigenen Abschnitt, der die Regelungen betreffend den Ablauf des offenen, des nicht offenen und des Verhandlungsverfahrens enthält. Im Gegensatz zum BVergG 2002 werden die Verfahrensabläufe in konsistenter Form geregelt.

§ 249 regelt den Ablauf des offenen Verfahrens (vgl. dazu auch schon die Definition in § 192 Abs. 2). § 249 Abs. 2 beinhaltet implizit die Verpflichtung, dass die Namen der Bieter bis zur Angebotsöffnung geheim zu halten sind (arg. alle Bieter haben ihr Interesse am Verfahren bekundet). Klargestellt werden soll, dass eine im Rahmen eines offenen Verfahrens stattfindende Auktion nicht als Verhandeln iSd Abs. 4 gilt.

§ 250 regelt die Auswahl der Teilnehmer im nicht offenen und im Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb. Das „Festhalten“ gemäß § 250 Abs. 1 kann zB in einer Niederschrift oder in Form eines Aktenvermerkes im Vergabeakt erfolgen. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Formulierung des Abs. 3 bewusst von der Formulierung für den klassischen Bereich (vgl. § 102 Abs. 3) abweicht („soll“, „grundsätzlich“). Der Grund dafür liegt darin, dass die RL diese Frage anders regeln (vgl. den Wortlaut von Art. 44 Abs. 3 RL 2004/18/EG im Vergleich zu Art. 54 Abs. 3 RL 2004/17/EG). Die Anzahl von drei Teilnehmern im Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb kann unterschritten werden, wenn sachliche Gründe für die Unterschreitung angeführt werden können. Als ein Beispiel für einen derartigen Ausnahmefall ist insbesondere die Vergabe von geistigen Dienstleistungen zu nennen. Die Vergabe von komplexen geistigen Dienstleistungen führt zu hohen Beschaffungskosten des Auftraggebers (vgl. dazu auch die vor diesem Hintergrund getroffenen Regelung des § 38 Abs. 3). Dies stellt eine sachliche Rechtfertigung im Sinne des Gesetzes dar, die den Auftraggeber berechtigt, die Regelteilnehmeranzahl zu unterschreiten und ein Verhandlungsverfahren mit nur einem Unternehmer durchzuführen. Darüber hinaus ergibt sich auch aus den Tatbeständen des § 195 Z 3, 5 und 6 dass in bestimmten Konstellationen nur ein bestimmter Leistungserbringer in Frage kommt. In diesen Fällen kann das Verhandlungsverfahren naturgemäß nur mit dem allein in Frage kommenden Unternehmer abgewickelt werden. Der Verweis auf die „dringlichen, zwingenden Gründe“ in § 250 Abs. 3 ist im Sinne des § 195 Z 4 zu verstehen. Für die Übermittlung der Aufforderung zur Angebotsabgabe im Sinne des § 250 Abs. 4 gilt die allgemeine Regelung des § 204 Abs. 1.

§ 251 dient der Umsetzung des Art. 47 Abs. 5 der RL 2004/17/EG. Die Aufforderung zur Interessensbestätigung ist ein der Auswahlentscheidung vorangehender Verfahrensschritt, der nur bei einem Aufruf zum Wettbewerb durch eine regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachung zum Tragen kommen kann. Die Regelung des § 251 knüpft an die Regelung des § 213 Abs. 1 Z 2 (Aufruf zum Wettbewerb durch eine regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachung) an. Auf die Vorgabe hinsichtlich des zeitlichen Naheverhältnisses zwischen Aufruf zum Wettbewerb und Aufforderung zur Interessensbestätigung gemäß § 213 Abs. 2 Z 3 wird hingewiesen.

§ 252 enthält die näheren Regelungen über die Auswahl der Teilnehmer an einem nicht offenen Verfahren oder einem Verhandlungsverfahren nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb. Die Abs. 1 und 2 entsprechen grundsätzlich der Regelung des § 103 Abs. 1 und 2 für öffentliche Auftraggeber (auf die diesbezüglichen Erläuterungen wird verwiesen). Die Abs. 3 und 4 dienen der Umsetzung der Art. 51 Abs. 1 lit. c sowie 54 Abs. 2 und 3 der RL 2004/17/EG. Abs. 5 beruht auf der Regelung des Art. 52 Abs. 1 der RL 2004/17/EG. Die Abs. 3 bis 5 sind auch für die Auswahl der Teilnehmer aus dem Kreis derer, die sich im Rahmen eines Prüfsystems qualifiziert haben, maßgeblich (vgl. § 232 Abs. 11 letzter Satz).

§ 252 Abs. 3 statuiert, dass bei einem nicht offenen Verfahren oder einem Verhandlungsverfahren die Auswahl der aufzufordernden Unternehmer anhand objektiver Auswahlkriterien zu erfolgen hat, wobei die Kriterien allen interessierten Unternehmern zugänglich sein müssen. Die Kriterien sind „zugänglich“ falls sie bekannt gegeben werden oder falls sie über das Internet (zB von einer Website) zur Verfügung stehen (etwa zum downloaden).

Obwohl in der Richtlinie 2004/17/EG – ebenso wie zuvor in der Richtlinie 93/38/EWG – keine Mindestanzahl von Teilnehmern im nicht offenen Verfahren bzw. im Verhandlungsverfahren vorgesehen ist, sprechen Wirtschaftlichkeits- und Transparenzerwägungen dafür, in § 252 Abs. 6 eine dem klassischen Bereich analoge, jedoch abgeschwächte Bestimmung aufzunehmen. Zum einen ist die Bestimmung daher als „soll“ - Bestimmung ausgestaltet, zum anderen ist für eine Ausnahme lediglich das Vorliegen eines sachlichen Grundes gefordert. Grundsätzlich sind im nicht offenen Verfahren mindestens fünf Unternehmen einzuladen und im Verhandlungsverfahren mindestens drei Angebote einzuholen. Eine Unterschreitung dieser Zahlen ist jedoch möglich. Die Begründung muss aber schriftlich festgehalten werden. Als Beispiele für eine gerechtfertigte Unterschreitung der Mindestzahlen können angeführt werden: die Zahl der am Vergabeverfahren interessierten Unternehmer unterschreitet die Mindestzahl oder die nachgefragte Leistung wird lediglich von zwei Unternehmern am Markt angeboten.

Ebenfalls aus Transparenzgründen sollen die nicht eingeladenen Bewerber gemäß § 252 Abs. 7 von dieser Entscheidung verständigt werden. Anders als im klassischen Bereich für den Oberschwellenbereich ist in Abs. 8 vorgesehen, dass bei weniger Teilnahmeanträgen als die festgelegte Anzahl der Sektorenauftraggeber zusätzliche Unternehmer einladen darf (siehe die davon abweichende Regelung für öffentliche Auftraggeber in § 103 Abs. 8). Die Bestimmung betreffend die Aufforderung zur Angebotsabgabe in § 252 Abs. 9 dient der Umsetzung des Art. 47 Abs. 1 bis 4 der RL 2004/17/EG.

§ 253 Abs. 2 enthält das Verhandlungsverbot für nicht offene Verfahren. Klarzustellen ist, dass eine im Rahmen eines nicht offenen Verfahrens stattfindende Auktion nicht als Verhandeln im Sinne des Abs. 2 gilt. § 253 Abs. 3 beinhaltet implizit die Verpflichtung, dass die Namen der Bieter bis zur Angebotsöffnung geheim zu halten sind (arg. alle Bieter wurden zur Angebotsabgabe aufgefordert).

Zu den §§ 250 Abs. 4, 252 Abs. 6 und 253 Abs. 1 ist darauf hinzuweisen, dass Unternehmer nur in jener Form (als Einzelunternehmer als Bietergemeinschaft) ein Angebot legen dürfen, in der sie vom Auftraggeber zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden (vgl. dazu auch die Regelung des § 188 Abs. 2 vorletzter Satz).

Die Bestimmungen der §§ 249 Abs. 2, 253 Abs. 3 und 254 Abs. 6 gehen unter anderem auf die Empfehlung des Berichtes der Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von Korruption im Vergabewesen (1999) Punkt 2.7 zurück, wonach die „vergebende Stelle … alle denkbaren organisatorischen und sonstigen Sicherungsmaßnahmen zu treffen [hat], um die Bieter- bzw. Interessentenliste geheim zu halten“.

§ 254 Abs. 1 Satz 1 legt fest, dass bei Verhandlungsverfahren keine Verhandlungspflicht besteht (arg. „darf“). Hinsichtlich Abs. 1 Satz 1 ergibt sich aus der im Verhältnis zu diesem als lex specialis zu qualifizierenden Bestimmung des Abs. 4, dass sich der Sektorenauftraggeber eine andere Vorgangsweise vorbehalten kann. Aus Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 4 folgt, dass es dem Sektorenauftraggeber nicht verwehrt ist, vor dem Verhandeln eine Auswahl zu treffen, mit welchem oder mit welchen Unternehmern er verhandeln wird.

Abs. 1 Satz 2 enthält eine besondere Bestimmung über die Einhaltung des Diskriminierungsverbotes während der Verhandlungsphase.

Die Möglichkeit, ein Verhandlungsverfahren in mehreren Phasen abzuwickeln und die Zahl der teilnehmenden Bieter (exakter: der Angebote; so auch § 254 Abs. 2) zu reduzieren, soll nunmehr zur Klarstellung ausdrücklich vorgesehen werden.

Es wurde versucht, die Formalisierung des Verhandlungsverfahrens auf ein Minimum zu beschränken, da es sich beim Verhandlungsverfahren um einen Verfahrenstyp handelt, der dem Sektorenauftraggeber einen gewissen Spielraum geben soll. Die vom Sektorenauftraggeber vorgenommenen Festlegungen über den Ablauf des Verhandlungsverfahrens können daher auch in abstrakter Weise erfolgen und müssen nicht detailliert sein. Außerdem soll dem Sektorenauftraggeber ein möglichst großer Gestaltungsspielraum eingeräumt werden (so könnte der Sektorenauftraggeber zB auch festlegen, dass er an die Festlegung, die Zahl der Teilnehmer zu reduzieren, nicht gebunden ist und entweder auf eine Reduktion gänzlich verzichten oder eine größere Zahl als geplant in die weiteren Verhandlungen einbeziehen kann).

§ 254 Abs. 2 zweiter Satz legt fest, dass der Auftraggeber die Anzahl der Angebote verringern kann. Abs. 2 zweiter Satz legt nicht fest, wann diese Verringerung stattfinden soll. Dies bleibt dem Auftraggeber überlassen, der daher die Zahl der Angebote vor und während der Verhandlungen verringern kann.

Wann eine Verhandlungsphase gemäß § 254 Abs. 2 in die „Schlussphase“ geht, bestimmt ebenfalls der Sektorenauftraggeber. Denkbar ist, dass die Schlussphase bereits relativ bald nach der Angebotsöffnung beginnt, wenn das Verhandlungsverfahren nur dazu dient, einige wenige Punkte (und nicht das gesamte Angebot) mit den Bietern zu verhandeln, und diese Verhandlungen in kurzer Zeit abgeschlossen werden.

Der letzte Satz des Abs. 2 dient der Klarstellung, dass nach Verringerung der Angebote Verhandlungen auch nur mit einem Bieter zulässig sind. Hinzuweisen ist darauf, dass die Regelungen des § 254 Abs. 2 letzter Satz für ein Verhandlungsverfahren mit nur einem Bieter naturgemäß nicht maßgeblich sind.

Da die Bieter ein Interesse daran haben, zu erfahren, wie lange die Verhandlungen noch andauern werden, müssen sie gemäß § 254 Abs. 3 im Sinne der Transparenz vom Schluss der Verhandlungen (Bekanntgabe der letzten Verhandlungsrunde) jedenfalls vorab informiert werden.

§ 254 Abs. 4 enthält für Verhandlungsverfahren (mit und ohne vorherige Bekanntmachung) mit mehreren Bietern die Möglichkeit, dass der Sektorenauftraggeber mit nur einem Bieter (jenem der das bestgereihte Angebot gelegt hat) unter zwei Voraussetzungen verhandeln kann: er muss diese Vorgangsweise angekündigt haben und es müssen vollständig ausgearbeitete und vergleichbare Angebote abgegeben worden sein. In diesem Fall dienen die Verhandlungen nicht einem Systemvergleich zwischen verschiedenen Ansätzen, sondern nur der Anpassung des offensichtlich besten Angebotes. Falls diese Verhandlungen nicht erfolgreich sein sollten, kann der Sektorenauftraggeber Verhandlungen mit den übrigen Bietern führen. Für diesen Fall könnte er auch die Festlegung treffen, dass er nach Scheitern der Verhandlungen mit dem Bieter des bestgereihten Angebotes mit dem Bieter des zweitgereihten Angebotes verhandelt usw. Durch § 254 Abs. 5 wird in Entsprechung der Judikatur des EuGH festgelegt, dass die bekannt gegebenen Zuschlagskriterien während der Verhandlungsphase nicht geändert werden dürfen, sofern nicht in den Ausschreibungsunterlagen anderes festgelegt wurde. Diese Verpflichtung zur Transparenz (vgl. dazu auch die Aussagen von GA Colomer in seinen SA in der Rs C-331/04) und um jede Diskriminierung auszuschließen fordert, dass allfällige Änderungen in der Anwendung der Zuschlagskriterien vorab fixiert und allen Teilnehmern am Verhandlungsverfahren bekannt gegeben wurden. Zu den so vorgesehenen Zuschlagskriterien darf weder ein Zuschlagskriterium hinzugefügt noch eines weggelassen werden. Auch die einmal fixierte Gewichtung muss beibehalten werden.

§ 254 Abs. 6 beinhaltet implizit die Verpflichtung, dass die Namen der Bieter bis zur Angebotsöffnung geheim zu halten sind (arg. alle Bieter wurden zur Angebotsabgabe aufgefordert).

Zu den §§ 255 bis 263 (Das Angebot):

Die §§ 255 und 256 entsprechen im Wesentlichen den §§ 106 und 107; auf die Erläuterungen dazu wird verwiesen.

§ 257 entspricht der Regelung des § 108, wobei sich etwa im Zusammenhang mit der Bekanntgabe der Subunternehmer (Abs. 1 Z 2) geringfügige Änderungen ergeben. ZU Arbeitsgemeinschaften ist in Verbindung mit Abs. 1 Z 1 auf § 188 Abs. 2 zu verweisen.

Die Vorgaben für den Inhalt eines Angebotes bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung sowie für die Einreichung der Angebote in Papierform in den §§ 258 und 259 sind gegenüber den analogen Bestimmungen im 2. Teil in den §§ 109 und 110 erheblich reduziert.

Die Regelungen über die Zuschlagsfrist in § 260 entsprechen im Wesentlichen denjenigen des klassischen Bereiches in § 112 mit Ausnahme der Länge der Zuschlagsfrist, falls keine Festlegung in der Ausschreibung erfolgt. In Anlehnung an Pkt. 5.8.2. der ÖNORM A 2051 (Ausgabe 01.05.2005) wird in diesem Fall die Länge der Zuschlagsfrist mit 2 Monaten festgesetzt. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 112 verwiesen.

§ 261 entspricht § 113 für den klassischen Bereich; auf die diesbezüglichen Erläuterungen wird verwiesen. Zu § 262 Abs. 1 wird auf Erläuterungen zu den verwiesenen §§ 114 und 115 hingewiesen. § 262 Abs. 2 entspricht § 116 für den klassischen Bereich; auf die Erläuterungen dazu wird verwiesen.

Ähnlich wie bei den Regelungen betreffend die Ausschreibung wird durch § 263 auch zum Bereich Angebote eine einheitliche Sonderbestimmung für den Unterschwellenbereich geschaffen, in der alle anwendbaren Bestimmungen zusammengefasst sind.

Zu den §§ 264 bis 268 (Angebotsöffnung, -speicherung und -prüfung):

Anders als bei einem Vergabeverfahren eines öffentlichen Auftraggebers – siehe die Vorgaben der §§ 118 und 121 – ist bei einem Vergabeverfahren durch einen Sektorenauftraggeber keine formalisierte Angebotsöffnung erforderlich.

Eine befugte Entschlüsselung der Angebote gemäß § 265 Abs. 3 vor Ablauf der Angebotsfrist kann etwa auf Anordnung des BVA oder eines Gerichtes erforderlich sein. Für diesen (Ausnahme)Fall gilt, das diese Entschlüsselung ausschließlich durch befugte Personen erfolgen darf und dass gewährleistet ist, dass diese Zugriffe dokumentiert werden (vgl. auch § 266 Z 3).

Die Regelung der Speicherung von elektronisch übermittelten Angeboten in § 266 entspricht der Regelung für öffentliche Auftraggeber in § 120; auf die Erläuterungen dazu wird verwiesen.

§ 267 entspricht der Regelung des § 123 für öffentliche Auftraggeber, auf die Erläuterungen dazu wird verwiesen.

Die Regelung über die vertiefte Angebotsprüfung in § 268 entspricht ihrem Regelungsinhalt nach der Bestimmung des § 125 für öffentliche Auftraggeber. Entsprechend der Richtlinienregelung des Art. 57 der RL 2004/17/EG werden die Vorgaben für die Sektorenauftraggeber allerdings etwas reduziert. Hinzuweisen ist weiters darauf, dass bei der Sonderregelung für den Unterschwellenbereich (siehe § 268 Abs. 3 letzter Satz) der Schwellenwert gegenüber dem für öffentliche Auftraggeber maßgeblichen Schwellenwert erheblich erhöht wurde. Aus der Grundregelung des § 222 Abs. 1 folgt, dass für die Aufklärung gemäß § 268 Abs. 3 dem Bieter eine angemessene Frist einzuräumen ist.

Vorschriften über Aufklärungsgespräche sowie über eine Niederschrift über die Angebotsprüfung (siehe die §§ 126 bis 128) gibt es im Sektorenbereich nicht.

Zu den §§ 269 und 270 (Ausscheiden von Angeboten):

§ 269 Abs. 1 entspricht im Wesentlichen der Bestimmung des § 129 Abs. 1 für öffentliche Auftraggeber, wobei die Regelung allerdings auf den Oberschwellenbereich beschränkt ist; nicht übernommen wurden aus dieser Bestimmung die Z 4, 5, 9 und 10, da der 3. Teil für Sektorenauftraggeber keine entsprechenden Regelungen enthält; zu den übernommenen Bestimmungen wird auf die Erläuterungen zu § 129 verwiesen. Hinzuweisen ist allerdings auf Abs. 3, wonach dem Sektorenauftraggeber die Möglichkeit eingeräumt wird („kann“), Unternehmer, die verlangte Aufklärungen nicht erbracht haben, auszuscheiden. Darüber hinaus steht es dem Sektorenauftraggeber frei, weitere Ausscheidungsgründe in den Ausschreibungsunterlagen zu normieren, bei Vorliegen eines solchen Ausscheidungsgrundes kann mit einer Ausscheidung gemäß § 269 Abs. 1 Z 5 (den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote) vorgegangen werden.

§ 269 Abs. 4 enthält eine dem § 129 Abs. 3 entsprechende Bestimmung über die Verständigung der ausgeschiedenen Bieter. § 269 Abs. 2 enthält wiederum eine Sonderregelung für den Unterschwellenbereich, nach der ein Sektorenauftraggeber Unternehmer bei Vorliegen eines der in Abs. 1 genannten Gründe ausscheiden kann, eine Verpflichtung zum Ausscheiden besteht im Unterschwellenbereich somit nicht.

§ 270 dient der Umsetzung des Art. 58 der RL 2004/17/EG und entspricht seinem Regelungsinhalt nach dem bisherigen § 133 BVergG 2002. Die Sektorenrichtlinie sieht vor, dass bei der Vergabe eines öffentlichen Lieferauftrages in den genannten Wirtschaftssektoren Angebote betreffend Waren, die überwiegend aus Drittländern stammen (das sind Staaten, die nicht dem EWR angehören), ausgeschieden werden können, wenn sie mit anderen Waren höchstens gleichwertig sind. Solche Angebote sind auch dann auszuscheiden, wenn ihr Preis um bis zu 3% unter jenem der übrigen Angebote liegt. Es ist darauf hinzuweisen, dass Abs. 4 im Gegensatz zu Abs. 3 eine Verpflichtung zum Ausscheiden enthält. Abs. 4 berührt nicht den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehenden Liberalisierungsgrad gegenüber Drittländern auf Grund des GPA.

Zu den § 271 bis 275 (Zuschlag):

§ 271 dient der Umsetzung des Art. 55 Abs. 1 der RL 2004/17/EG. Auf die freie Wahl zwischen dem Zuschlag auf das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot sowie das Angebot mit dem niedrigsten Preis gemäß § 237 Abs. 3 wird verwiesen.

Die Regelung des § 272 über die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung lehnt sich an die Regelung für öffentliche Auftraggeber in § 131 an, auch die Ausnahmen von der Pflicht zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung sind ähnlich gestaltet; auf die Erläuterungen zu § 131 wird verwiesen.

§ 273 entspricht der Regelung des § 132 für öffentliche Auftraggeber; auf die Erläuterungen dazu wird verwiesen. § 274 entspricht der Regelung des § 133 im klassischen Teil, von der Regelung für öffentliche Auftraggeber über die Form des Vertragsabschlusses (§ 134) wurde hingegen lediglich die Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung (betreffend nähere Bestimmungen über den Vertragsabschluss auf elektronischem Weg) in den Sektorenbereich (§ 275) übernommen.

Zu den §§ 276 bis 279 (Beendigung des Vergabeverfahrens):

§ 276 entspricht der Regelung des § 135 Abs. 1 für öffentliche Auftraggeber.

Die Dokumentationspflichten für Sektorenauftraggeber in § 277 sind gegenüber den Dokumentationspflichten für öffentliche Auftraggeber (siehe § 136) erheblich reduziert; insbesondere müssen Sektorenauftraggeber keinen besonderen Vergabevermerk anfertigen, es besteht lediglich eine Pflicht zur Aufbewahrung von sachdienlichen Unterlagen. § 277 dient der Umsetzung des Art. 50 der RL 2004/17/EG, auf die bisherige Regelung in § 134 Abs. 1 BVergG 2002 wird hingewiesen. Die Bestimmung enthält eine Aufzählung jener Unterlagen, die gemäß Art. 50 der Sektorenrichtlinie 2004/17/EG mindestens vier Jahre aufzubewahren sind. Darüber hinaus ist auf Folgendes hinzuweisen: Gemäß § 132 Abs. 1 BAO, BGBl. Nr. 194/1961 idgF, beträgt die steuerrechtliche Aufbewahrungsfrist für alle Bücher und Aufzeichnungen samt dazugehörigen Belegen und Unterlagen sieben Jahre. Für den Bereich der öffentlichen Stellen des Bundes existiert ferner eine Sonderregelung betreffend die Aufbewahrungspflicht von Akten. Auf der Grundlage des § 12 BMG 1986, BGBl. Nr. 76/1986 idgF, wurde die „Büroordnung 2004“ erlassen, die mit 1. Jänner 2004 für jene Bundesministerien, welche den elektronischen Akt bereits einsetzen, in Kraft getreten ist. Gemäß der Büroordnung endet die Aufbewahrungsfrist in der Regel mit Ablauf des zehnten Jahres nach dem letzten Bearbeitungsvorgang, ein längerer Aufbewahrungszeitraum kann vorgesehen werden. Durch die Bestimmung des Abs. 1 werden die vorgenannten Regelungen nicht berührt. Der in § 277 Abs. 1 Z 1 enthaltene Begriff „Prüfung“ erstreckt sich auch auf die Prüfung im Rahmen eines Prüfsystems.

Zu § 278: Anders als in den Regelungen der §§ 138 und 139 für öffentliche Auftraggeber wird für Sektorenauftraggeber lediglich bestimmt, dass diese eine Ausschreibung aus sachlichen Gründen widerrufen können. Zur Beurteilung, wann ein derartiger sachlicher Grund vorliegt, wird auf die Tatbestände der §§ 138f und die Erläuterungen dazu verwiesen.

Die Regelung des § 279 lehnt sich an die analoge Bestimmung für öffentliche Auftraggeber in § 140 an. Da für Sektorenauftraggeber keine detaillierte Auflistung der Tatbestände, die einen Widerruf ermöglichen, besteht, sind auch die Bekanntgabeverpflichtungen hinsichtlich der Widerrufsentscheidung einfacher geregelt. Die Abs. 3 bis 8 entsprechen im Wesentlichen den Abs. 3 bis 8 des § 140, Änderungen ergeben sich bei der Normierung der Fälle, in denen sich die Stillhaltefrist auf sieben Tage verkürzt, da im Sektorenbereich hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Verfahrensarten abweichende Regelungen bestehen; ansonsten wird auf die Erläuterungen zu § 140 verwiesen.

Zu § 280 (Nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge):

§ 280 entspricht im Wesentlichen § 141; auf die Erläuterungen dazu wird verwiesen. Im Vergleich zum „klassischen“ Bereich wurde der Schwellenwert für Direktvergaben erhöht.

Zu den §§ 281 bis 284 (elektronische Auktion):

Die §§ 281 bis 284 dienen der Umsetzung des Art. 56 der RL 2004/17/EG; ihrem Regelungsinhalt nach entsprechen sie weitgehend den für öffentliche Auftraggeber maßgeblichen §§ 146 bis 149. Abweichungen (insbesondere in § 281 Abs. 1) ergeben sich daraus, dass sich die im Sektorenbereich zur Verfügung stehenden Verfahrensarten von den für öffentliche Auftraggeber maßgeblichen Verfahrensarten unterscheiden. Darüber hinaus wird auf die Erläuterungen zu den §§ 146 bis 149 verwiesen.

Erwägungsgrund 22 der RL 2004/17/EG führt zu den elektronischen Auktionen Folgendes aus: „Da sich der Einsatz der Technik elektronischer Auktionen noch stärker verbreiten wird, sollten diese Auktionen im Gemeinschaftsrecht definiert und speziellen Vorschriften unterworfen werden, um sicherzustellen, dass sie unter uneingeschränkter Wahrung der Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz ablaufen. Dazu ist vorzusehen, dass diese elektronischen Auktionen nur Aufträge für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betreffen, für die präzise Spezifikationen erstellt werden können. Dies kann insbesondere bei wiederkehrenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen der Fall sein. Zu demselben Zweck sollte es auch möglich sein, dass die jeweilige Rangfolge der Bieter zu jedem Zeitpunkt der elektronischen Auktion festgestellt werden kann. Der Rückgriff auf elektronische Auktionen bietet den Auftraggebern die Möglichkeit, die Bieter zur Vorlage neuer, nach unten korrigierter Preise aufzufordern, und – sofern das wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag erhalten soll – auch andere als die preisbezogenen Angebotskomponenten zu verbessern. Zur Wahrung des Grundsatzes der Transparenz dürfen allein diejenigen Komponenten Gegenstand elektronischer Auktionen werden, die auf elektronischem Wege – ohne Eingreifen des und/oder Beurteilung durch den Auftraggeber – automatisch bewertet werden können, d. h. nur die Komponenten, die quantifizierbar sind, so dass sie in Ziffern oder in Prozentangaben ausgedrückt werden können. Hingegen sollten diejenigen Aspekte der Angebote, bei denen nichtquantifizierbare Komponenten zu beurteilen sind, nicht Gegenstand von elektronischen Auktionen sein. Folglich sollten bestimmte Bau- und Dienstleistungsaufträge, bei denen geistige Leistungen zu erbringen sind – wie z. B. die Konzeption von Bauarbeiten – nicht Gegenstand von elektronischen Auktionen sein.“

Obwohl im Sektorenbereich keine formalisierte Öffnung der Angebote vorgesehen ist, sieht § 282 Abs. 2 vor, dass das Ergebnis der Öffnung der Angebote geheim zu halten ist. Hintergrund dieser Anordnung ist das Gebot des Abs. 9 wonach die Identität der Bieter bei der elektronischen Auktion nicht bekannt gegeben werden darf. Es ist daher Sache des Sektorenauftraggebers wie in diesem Zusammenhang vorgeht.

Zu den §§ 285 bis 287 (Wettbewerbe):

Die Bestimmungen über Wettbewerbe gemäß den §§ 285 bis 287 sind denjenigen für öffentliche Auftraggeber in den §§ 153 bis 155 weitgehend nachgebildet; auf die Erläuterungen zu diesen Bestimmungen wird daher verwiesen.

Zu den §§ 288 bis 290 (dynamisches Beschaffungssystem):

Die §§ 288 bis 290 dienen der Umsetzung des Art. 15 der RL 2004/17/EG, ihrem Regelungsinhalt nach entsprechen sie weitgehend den Regelungen für öffentliche Auftraggeber in den §§ 156 bis 158. Bei einem Aufruf zum Wettbewerb gemäß § 289 Abs. 2 handelt es sich um eine Bekanntmachung gemäß § 213 Abs. 1 Z 1.

Die Erwägungsgründe 20 und 21 der RL 2004/17/EG führen zum dynamischen Beschaffungssystem Folgendes aus: „Es werden fortlaufend bestimmte neue Techniken der Online-Beschaffung entwickelt. Diese Techniken ermöglichen es, den Wettbewerb auszuweiten und die Effizienz des öffentlichen Beschaffungswesens – insbesondere durch eine Verringerung des Zeitaufwands und die durch die Verwendung derartiger neuer Techniken erzielten Einsparungseffekte – zu verbessern. Die Auftraggeber können Online-Beschaffungstechniken einsetzen, solange bei ihrer Verwendung die Vorschriften dieser Richtlinie und die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz eingehalten werden. Insofern kann ein Bieter insbesondere im Falle einer Rahmenvereinbarung oder der Anwendung eines dynamischen Beschaffungssystems sein Angebot in Form eines elektronischen Katalogs übermitteln, wenn er das von dem Auftraggeber gemäß Artikel 48 gewählte Kommunikationsmittel gemäß Artikel 48 verwendet.

In Anbetracht des Umstands, dass sich Online-Beschaffungssysteme rasch verbreiten, sollten schon jetzt geeignete Vorschriften erlassen werden, die es den Auftraggebern ermöglichen, die durch diese Systeme gebotenen Möglichkeiten umfassend zu nutzen. Deshalb sollte ein vollelektronisch arbeitendes dynamisches Beschaffungssystem für Beschaffungen marktüblicher Leistungen definiert und präzise Vorschriften für die Einrichtung und die Arbeitsweise eines solchen Systems festgelegt werden, um sicherzustellen, dass jeder Wirtschaftsteilnehmer, der sich daran beteiligen möchte, gerecht behandelt wird. Jeder Wirtschaftsteilnehmer sollte sich an einem solchen System beteiligen können, sofern er ein vorläufiges Angebot im Einklang mit den Verdingungsunterlagen einreicht und die Eignungskriterien erfüllt. Dieses Beschaffungsverfahren ermöglicht es den Auftraggebern, durch die Einrichtung eines Verzeichnisses von bereits ausgewählten Bietern und die neuen Bietern eingeräumte Möglichkeit, sich daran zu beteiligen, dank der eingesetzten elektronischen Mittel über ein besonders breites Spektrum von Angeboten zu verfügen, und somit durch Ausweitung des Wettbewerbs eine optimale Verwendung der Mittel zu gewährleisten.“

Zum 4. Teil:

Der vierte Teil enthält die insbesondere für die Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen zentralen gesetzlichen Regelungen eines Rechtsschutzverfahrens in Vergabeangelegenheiten. Zu diesem Zweck wird als Nachprüfungsorgan ein Bundesvergabeamt im Bereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (in der Folge: BMWA) eingerichtet. Die verfassungsrechtlich gebotene Erstreckung des vergabespezifischen Rechtsschutzes auf den Unterschwellenbereich (vgl. Erkenntnis des VfGH G 110, 111/99-8 vom 3. November 2000) hat zur Folge, dass auch im Unterschwellenbereich die Beschreitung des Zivilrechtswegs unzulässig ist. Daher kann vor Zuschlagserteilung eine rechtswidrige Vergabeentscheidung auch im Unterschwellenbereich nur durch Antrag auf Nichtigerklärung und auf einstweilige Verfügung an das BVA, nicht jedoch durch Klage vor dem Zivilgericht verhindert werden. Ebenso gilt im Unterschwellenbereich das vergaberechtliche Sonderschadenersatzrecht. Schadenersatzklagen bedürfen daher auch im Unterschwellenbereich der vorherigen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vergabeentscheidung durch eine Vergabekontrollbehörde.

Die Abfolge der Gliederungsebenen lehnt sich an die Systematik des BVergG 2002 an.

Die Neufassung des Rechtsschutzteiles übernimmt im Kern das mit dem BVergG 2002 eingeführte System, insbesondere wird die Unterscheidung in gesondert und bloß „verbunden“ anfechtbarer Entscheidungen (Regelung im materiellen Teil) aufrecht erhalten sowie Fristen für die Anfechtung festgelegt und die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen von der vorherigen Erlangung eines Feststellungsbescheides abhängig gemacht. Die Änderungen ergeben sich aus Erfahrungen der Praxis der letzten Jahre sowie aus der Notwendigkeit der Anpassung an verschiedene Entwicklungen in der Rechtsprechung des EuGH. Es wird sohin nicht eine Totalrevision des Rechtsschutzsystems im Vergaberecht vorgeschlagen, sondern eine Fortentwicklung der bestehenden Strukturen.

Eine wesentliche Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage ergibt sich durch den Entfall des Schlichtungsverfahrens. Aus den Tätigkeitsberichten der Bundes-Vergabekontrollkommission (B-VKK) für die Jahr 2002 bis 2004 war ersichtlich, dass die B-VKK seit dem In-Kraft-Treten des BVergG 2002 kontinuierlich abnehmend mit Schlichtungsersuchen befasst wurde (im Berichtszeitraum wurden lediglich 13 Schlichtungsersuchen eingebracht, zu den Gründen vgl. den Tätigkeitsbericht der B-VKK, abrufbar unter: http://www.bvkk.gv.at). Im Begutachtungsverfahren wurde die Beibehaltung des Schlichtungsverfahrens vor der B-VKK daher zur Diskussion gestellt und von der Mehrheit der befassten Stellen für nicht erforderlich erachtet. Die B-VKK wird somit aufgelöst.

Zu § 291:

Das Bundesvergabeamt ist als bundesverfassungsrechtlich abgesicherte Sonderkontrollbehörde (unmittelbare Bundesbehörde, vgl. Art. 102 Abs. 2 B-VG) mit hauptberuflich tätigen Vorsitzenden eingerichtet, die im Regelfall in Senaten mit Beteiligung fachkundiger Laien entscheidet. Die Kontrollbefugnis des BVA erstreckt sich auf Auftraggeber im Sinne dieses Bundesgesetzes (vgl. insbesondere § 3), insoweit diese nach der Kompetenzbestimmung des Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Bereich der Bundesvollziehung fallen. Die Verfassungsbestimmung des Abs. 3 orientiert sich an den Art. 129a Abs. 3 und 129c Abs. 6 B-VG. Es wird ferner ausdrücklich festgehalten, dass durch die vorgesehene verfassungsrechtliche Bestimmung des Art. 14b Abs. 6 B-VG eine diesbezüglich umfassende Absicherung der Kontrollkompetenzen des Bundesvergabeamtes hinsichtlich jener Vergaben gemäß dem BVergG, die durch Auftraggeber erfolgen, deren Vollziehung dem Bund obliegt, erzielt werden soll.

Im Hinblick auf die Ausgestaltung des Vergaberechts – einheitliche materielle Regelungen für Bund und Länder, aber Beibehaltung des dezentralen Rechtsschutzes – ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes vorgesehen. Da zehn verschiedene Kontrollinstanzen über die gleichen materiellen Regelungen absprechen, ist dies zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung sowie dem System des B‑VG entsprechend erforderlich. Eine explizite Verankerung der Beschwerdemöglichkeit an den VwGH im Gesetz ist auf Grund der Einrichtung des BVA als Verwaltungsbehörde nicht geboten. Parallel dazu ist in Art. 131 Abs. 3 B-VG vorgesehen, dass der Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit hat, Beschwerden gegen Bescheide des BVA – ebenso wie im Hinblick auf Bescheide eines UVS – unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen ablehnen zu können. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine Beschwerde an den VwGH im Allgemeinen keine Verzögerung des zugrunde liegenden Vergabeverfahrens bewirkt, da diesen Beschwerden grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zukommt. Darüber hinaus sieht die Bestimmung des § 30 Abs. 2 VwGG vor, dass einer Beschwerde aufschiebende Wirkung nur dann zuerkannt werden kann, wenn dem einerseits keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstehen und zum anderen eine Abwägung aller berührten Interessen stattgefunden hat. Nach den bisherigen Erfahrungen handhabt der VwGH dieses Instrumentarium im Bereich des Vergaberechtes sehr restriktiv.

Zu § 292:

Die Regelung entspricht inhaltlich weitgehend der bisherigen Rechtslage (§ 136 BVergG 2002). Die bisher vorgesehene Bestellung von Ersatzmitgliedern für sonstige Mitglieder wurde nicht übernommen. Angesichts der Zahl der sonstigen Mitglieder ist eine Vertretung eines solchen Mitgliedes durch ein anderes sonstiges Mitglied im Verhinderungsfall ohne weiteres möglich. Nähere Regelungen über die Vertretung sind in der Geschäftsverteilung zu treffen.

Das Erfordernis einer Zustimmung der Vollversammlung zu Anträgen von Senatsvorsitzenden auf unbefristete Ernennung entfällt.

Die in Abs. 3 genannten Zeiten gemäß § 136a BDG betreffen lediglich die tatsächliche Dienstzeit der Senatsvorsitzenden zur Ermöglichung der Evaluierung ihrer fachlichen Qualifikation in der Funktion, nicht aber deren dienstrechtliche Stellung.

Die Ernennungsvoraussetzungen für den Vorsitzenden, den stellvertretenden Vorsitzenden und die Senatsvorsitzenden werden geändert. Die nunmehr geforderte Berufserfahrung von fünf Jahren soll sicherstellen, dass die hauptberuflichen Mitglieder des Bundesvergabeamtes über ausreichende Erfahrung im Vollzug verfügen.

Auf die in Abs. 4 vorgesehene Ausschreibung zur erstmaligen Ernennung ist nach § 4 Abs. 1 Ausschreibungsgesetz das Ausschreibungs- und Bewertungsverfahren nach den Abschnitten III bis V des Ausschreibungsgesetzes anzuwenden; es wird davon abgesehen, dies hier zu wiederholen.

Zu § 293:

In Abs. 1 werden alle jene Funktionen aufgezählt, deren Ausübung mit der Mitgliedschaft im Bundesvergabeamt unvereinbar ist. Personen, die eine solche Funktion ausüben, dürfen nicht zum Mitglied des Bundesvergabeamtes bestellt werden (vgl. auch § 292 Abs. 9); soweit ein Mitglied des Bundesvergabeamtes nachträglich eine solche Funktion übernimmt, ist es für die Dauer der Funktion unter Entfall der Bezüge außer Dienst zu stellen.

Die Regelung überschneidet sich zum Teil mit dem Unvereinbarkeitsgesetz und dienstrechtlichen Vorschriften, geht zum Teil aber auch darüber hinaus, wie zB durch die Anordnung einer Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft im Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof. Aus gesetzestechnischen Gründen scheint es zweckmäßig, eine einheitliche und umfassende Regelung für alle Mitglieder des Bundesvergabeamtes zu treffen.

Nicht übernommen wurde die bisher vorgesehene Unvereinbarkeit mit der Mitgliedschaft in einem allgemeinen Vertretungskörper. Die Mitglieder der allgemeinen Vertretungskörper können und sollen ihre Funktion neben ihrem jeweiligen Beruf ausüben. Insbesondere betreffend Mitglieder von Gemeinderäten oder von Bezirksvertretungen kann mit den allgemeinen Regelungen über Unvereinbarkeiten das Auslangen gefunden werden. Soweit in konkreten Verfahren Bedenken wegen der vollen Unabhängigkeit auftreten, kommen die Regelungen über die Befangenheit zum Tragen.

Die in Abs. 4 vorgesehenen Mitteilungspflichten beziehen sich sowohl auf Nebentätigkeiten wie auch auf Nebenbeschäftigungen im Sinne des BDG 1979. Bei gleichartigen Tätigkeiten reicht es aus, vorab eine einmalige Meldung zu erstatten; wenn daher zB hauptberufliche Mitglieder des Bundesvergabeamtes regelmäßig Aufsätze in Fachzeitschriften oder Beiträge in sonstigen Fachpublikationen verfassen, genügt es, die Ausübung dieser schriftstellerischen Tätigkeit einmal bekannt zu geben, es braucht nicht jede einzelne Publikation gemeldet zu werden.

Zu § 294:

Die Regelung entspricht weitgehend der bisherigen Rechtslage (§ 138 BVergG 2002). Die Regelung über die Amtsenthebung wurde an jene über den Ausschluss von der Bestellung zum Mitglied des Bundesvergabeamtes angepasst.

Gegenüber der bisherigen Rechtslage wurden folgende Änderungen vorgenommen: Über die Amtsenthebung des Vorsitzenden, seines Stellvertreters und der Senatsvorsitzenden – die in einem Beamtendienstverhältnis zum Bund stehen – soll in Hinkunft nicht mehr die Vollversammlung, sondern eine „Bedienstetenversammlung“ entscheiden, der nur die in einem Beamtendienstverhältnis stehenden Mitglieder des Bundesvergabeamtes angehören. Im Hinblick auf die dienstrechtlichen Konsequenzen der Amtsenthebung scheint es nämlich verfassungsrechtlich problematisch, ein Gremium zur Entscheidung zu berufen, dem auch Personen angehören, die nicht in einem Beamtendienstverhältnis stehen. Nur bei den sonstigen Mitgliedern bleibt die Zuständigkeit der Vollversammlung erhalten.

Da die von der Bedienstetenversammlung zu treffende Entscheidung über die Enthebung auch die Ausübung der Diensthoheit im Sinne des Art. 21 Abs. 1 B‑VG betreffen können, ist die Regelung des Abs. 2 Z 3 wegen der damit bewirkten partiellen Abweichung von Art. 21 B‑VG als Verfassungsbestimmung zu erlassen.

Zu beachten ist, dass die Bedienstetenversammlung bzw. die Vollversammlung bei Vorliegen eines der in den in Abs. 3 geregelten Amtsenthebungsgrundes kein Ermessen hat, sondern zur Vornahme der Amtsenthebung verpflichtet ist. Die Amtsenthebung ist als Bescheid zu qualifizieren, gegen den der VwGH und der VfGH angerufen werden können, womit ausreichender Rechtsschutz gewährleistet ist.

Selbstverständlich darf das Mitglied, über dessen Amtsenthebung entschieden wird, wegen Befangenheit nicht an der Abstimmung mitwirken.

In Abs. 2 wird ausdrücklich klargestellt, dass auch bei den in einem Beamtendienstverhältnis stehenden Mitgliedern die Mitgliedschaft mit Zeitablauf endet, wenn nicht vorher eine unbefristete Ernennung erfolgt.

Die bisherige Rechtslage warf Unklarheiten darüber auf, ob der Vorsitzende, sein Stellvertreter oder ein Senatsvorsitzender einen anderweitigen Dienstposten beim Bund erlangen kann, ohne vorher aus dem Dienstverhältnis auszuscheiden; diesbezüglich stellt Abs. 2 Z 4 lit. d nunmehr klar, dass die Ernennung auf eine andere Planstelle des Bundes nicht zur Beendigung des Dienstverhältnisses führt, sondern nur die Funktion im Bundesvergabeamt beendet.

Die Folgen einer Karenzierung oder Dienstfreistellung richten sich nach dem BDG. Zwar werden damit die Dienstpflichten vorübergehend suspendiert, die Mitgliedschaft im BVA geht damit aber nicht verloren.

Für den Fall des Ausscheidens eines Mitgliedes wird eine Nachbestellung nur vorgesehen, wenn dies erforderlich ist. Nicht erforderlich kann eine Nachbesetzung z.B. dann sein, wenn mit den verbliebenen Mitgliedern das Auslangen gefunden werden kann. Bei befristet bestellten Mitgliedern ist – anders als bei der Bundes-Vergabekontrollkommission – auch in Fällen der Nachbestellung nicht bloß eine Besetzung für die verbleibende Funktionsperiode vorgesehen: Im Hinblick auf Art. 6 EMRK wäre es nämlich problematisch, wenn einzelne nachträglich bestellte Mitglieder nur für sehr kurze Zeiten bestellt würden.

Zu § 295:

Die Regelung entspricht dem bisherigen § 139 Abs. 1 BVergG 2002. Da das Bundesvergabeamt keine Bundesbehörde gemäß Art. 133 Z 4 B-VG ist, bedarf die Weisungsfreistellung der Mitglieder des Bundesvergabeamtes einer Verfassungsbestimmung. Die Mitglieder des Bundesvergabeamtes sind entsprechend Art. 20 Abs. 3 B‑VG zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Zu § 296:

Die Regelung über die Befangenheit und die Ablehnung von Mitgliedern des Bundesvergabeamtes wurde aus systematischen Gründen in einer Bestimmung zusammen gefasst und in den Abschnitt über die Organisation der Bundesvergabeamtes aufgenommen, weil die Befangenheitsgründe nicht nur für die Durchführung von Nachprüfungs- und Feststellungsverfahren gelten sollen, sondern auch für alle organisatorischen Beschlüsse des Bundesvergabeamtes, zB für Beschlüsse über die Enthebung eines Mitglieds.

Zur Vermeidung von Missverständnissen wurde in Abs. 1 ausdrücklich klargestellt, dass sonstige Mitglieder nur dann von der Entscheidung ausgeschlossen sind, wenn es um Vergabeverfahren jener Stellen geht, die den Bestellungsvorschlag an die Bundesregierung erstattet hat. Im Übrigen ist § 7 AVG anwendbar; ein Verweis auf diese Bestimmung scheint deshalb zweckmäßig, weil es dazu eine gefestigte Rechtsprechung gibt, auf die sich die Praxis stützen kann. Die Befangenheitsregelung gilt daher sowohl für die Tätigkeit in den Senaten wie auch in der Vollversammlung oder in der Bedienstetenversammlung; damit ist zB klargestellt, dass eine Mitwirkung an der Beschlussfassung über eine Amtsenthebung nach § 294 Abs. 3 unzulässig ist, wenn es um das betroffene Mitglied selbst, seinen Ehegatten oder einen Lebensgefährten geht (vgl. § 7 Abs. 1 Z 1 und Z 4 AVG).

Abs. 2 entspricht dem bisherigen § 148 BVergG 2002. Der letzte Satz über die Vertretung eines abgelehnten Mitgliedes durch das jeweilige Ersatzmitglied wurde nicht übernommen, weil Ersatzmitglieder nicht mehr vorgesehen sind.

Zu den §§ 297 bis 301:

Aus systematischen Gründen werden die dienst- und besoldungsrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen über den Aufwandersatz der sonstigen Mitglieder im unmittelbaren Anschluss an die Regelung über die Bestellung und die Rechtsstellung der Mitglieder des Bundesvergabeamtes aufgenommen.

Inhaltlich entsprechen diese Bestimmungen im Wesentlichen den bisherigen §§ 150 sowie 155 bis 158 BVergG 2002. In § 297 (entspricht dem früheren § 155 BVergG 2002) wird klargestellt, dass jene Senatsvorsitzenden, die schon vor ihrer Ernennung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund gestanden haben, wenn keine unbefristete Ernennung zum Senatsvorsitzenden erfolgt, lediglich aus der jeweiligen Funktion ausscheiden, aber nicht aus dem Dienstverhältnis. Das Ende der Mitgliedschaft im Bundesvergabeamt wegen Zeitablaufs gilt als Abberufung vom Arbeitsplatz im Sinne des § 141a BDG, die nicht vom Beamten zu vertreten ist. Das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis jener Senatsvorsitzenden, die vor ihrer Ernennung zum Senatsvorsitzenden nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund gestanden haben, endet hingegen mit Ablauf der Ernennungsdauer, wenn keine unbefristete Ernennung zum Senatsvorsitzenden erfolgt. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit solcher befristeten öffentlich-rechtlichen Ernennungen folgt aus Art. 21 Abs. 5 Z 1 B‑VG, eine Sonderregelung für Personen, die vor ihrer befristeten Ernennung in einem vertraglichen Dienstverhältnis zum Bund gestanden sind, ist daher nicht geboten. Im Übrigen gelten die Bestimmungen über das provisorische Dienstverhältnis. Das Absehen vom Erfordernis der Grundausbildung stellt aufgrund der Neuregelung der Grundausbildung (individuelle Gestaltung durch die Ressorts, Modulsystem) kein Mobilitätshindernis dar, da sie bei einem Wechsel eines Senatsvorsitzenden in eine andere Dienststelle neu vereinbart werden kann.

Ferner wird die bisherige Zuständigkeit der Vollversammlung als Disziplinarkommission beseitigt und der neu geschaffenen „Bedienstetenversammlung“ übertragen; dies scheint insbesondere im Hinblick auf die Verfassungsbestimmung in § 102 Abs. 2 BDG notwendig, die die Weisungsfreiheit der Disziplinarkommission vorsieht: Diese Verfassungsbestimmung baut offenkundig auf dem traditionellen Konzept des Beamtendienstrechts auf, wonach die Disziplinarkommissionen ausschließlich aus Beamten bestehen, und es sich bei diesen Behörden um eine Form der „Beamtenselbstverwaltung“ handelt. Im Hinblick auf dieses traditionelle Konzept erscheint die bisherige Regelung verfassungsrechtlich problematisch, weil der Vollversammlung auch die sonstigen Mitglieder angehören, die nicht (jedenfalls) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen.

§ 298 entspricht dem bisherigen § 156 BVergG 2002. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist zu beachten, dass dem Vorsitzenden des Bundesvergabeamtes nach § 302 auch die Dienstaufsicht gegenüber dem „Personal“ des Bundesvergabeamtes zukommt. Der Verweis auf die §§ 309 und 310 stellt klar, dass dem Vorsitzenden gegenüber den Bediensteten im gemeinsamen Geschäftsapparat nur ein fachliches Weisungsrecht zukommt und dass er nicht befugt ist, den Mitgliedern des Bundesvergabeamtes inhaltliche Weisungen hinsichtlich ihrer Entscheidungstätigkeit zu erteilen. Im Übrigen ist – wie bisher – der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dienstbehörde im Sinne des BDG und des DVG.

In § 299 wird gegenüber dem früheren § 157 BVergG 2002 ausdrücklich klargestellt, dass der Vorsitzende des Bundesvergabeamtes auch zur Leistungsfeststellung hinsichtlich der Beamten im gemeinsamen Geschäftsapparat zuständig ist. Außerdem wird die Bestimmung durch eine Regelung über die Leistungsfeststellung hinsichtlich des Vorsitzenden ergänzt.

In § 300 wird gegenüber dem früheren § 158 BVergG 2002 klargestellt, dass die Regelung über die Gehaltseinstufung nur für die in einem Beamtendienstverhältnis stehenden Mitglieder des Bundesvergabeamtes gilt (Abs. 3). Die in Frage kommenden Mitglieder sind nunmehr in Abs. 1 ausdrücklich genannt.

In § 301 werden die Regelungen über den Aufwandersatz der sonstigen Mitglieder des Bundesvergabeamtes von jenen über die Bundes-Vergabekontrollkommission getrennt. Die Neuregelung beschränkt sich darauf, dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die Ermächtigung zur Bestimmung eines angemessenen Aufwandersatzes und eines Ersatzes der angemessenen Reisekosten zu erteilen, wobei insbesondere auf Bedeutung und Umfang der wahrzunehmenden Aufgaben Bedacht zu nehmen ist; ob weiterhin Sitzungsgelder vorgesehen werden oder der Aufwand der Mitglieder in anderer Weise abgegolten wird, bleibt der Regelung durch Verordnung überlassen.

Zu § 302

Das in Abs. 1 genannte „Personal“ sind die im Geschäftsapparat tätigen Bediensteten, sowie die in einem Beamtendienstverhältnis stehenden Mitglieder des Bundesvergabeamtes, nicht aber die sonstigen Mitglieder. Die Befugnisse und Aufgaben des Vorsitzenden werden in anderen Bestimmungen noch weiter konkretisiert.

Zu § 303:

Die bisherige vorgesehene gesetzliche Fixierung auf die Bildung von Fachsenaten wird nicht beibehalten. Durch die bisherige gesetzliche Regelung wurde de facto die Verteilung der Geschäfte nach fachlichen Gesichtspunkten vorgeschrieben und andere Formen der Geschäftsverteilung – etwa nach der Reihenfolge des Einlangens der Geschäftsfälle – ausgeschlossen. Die Bildung von Fachsenaten hat gewisse Vorteile, wie z.B. die Stärkung einer einheitlichen Spruchpraxis und die Sicherstellung von spezifischen Fachkenntnissen; anderseits kann sie aber auch Nachteile haben, wie z.B. eine ungleichmäßige Arbeitsbelastung oder durch mehrjährige Zuständigkeit für denselben Kontrollbereich ein Verlust der Distanz zu den kontrollierten Stellen. Aus diesen Gründen soll die Bildung von Fachsenaten nicht mehr zwingend vorgeschrieben werden. Ob die anfallenden Geschäfte den Senaten nach fachlichen Aspekten oder nach anderen Kriterien zugewiesen werden, bleibt damit der Regelung in der Geschäftsordnung und der Geschäftsverteilung überlassen. Bei der Erlassung der Geschäftsverteilung ist natürlich das in § 308 Abs. 2 enthaltene Gebot einer Vorausverteilung der Geschäfte nach festen Grundsätzen zu beachten; außerdem muss im Hinblick auf Art. 6 EMRK die Verteilung auch so festgelegt werden, dass kein Anschein einer Befangenheit entsteht.

Die im früheren § 153 BVergG 2002 vorgesehene Möglichkeit der Verstärkung von Senaten wird nicht übernommen. Die Bescheide des Bundesvergabeamtes unterliegen der Kontrolle durch den VwGH und den VfGH, diese können auch durch Entscheidungen „verstärkter Senate“ nicht gebunden werden. Eine gewisse Bindungswirkung kann daher nur für das Bundesvergabeamt selbst bestehen. Die damit intendierte Vereinheitlichung der Spruchpraxis ist aber ohnedies durch die nachprüfende Kontrolle des VwGH sichergestellt, sodass diese Regelung überflüssig ist.

Festzuhalten ist, dass mit dem Entfall der verstärkten Senate die nach der früheren Rechtslage vorgesehene besondere Rechtswirkung der von verstärkten Senaten getroffenen Entscheidungen entfällt. Die Senate des Bundesvergabeamtes sind daher durch die Spruchpraxis der früheren verstärkten Senate nicht gebunden. Dies ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass deren Entscheidungen zu einem anderen (früheren) Gesetz ergingen und daher schon deshalb keine bindende Wirkung für die Auslegung des neuen Vergabegesetzes haben können.

Zu § 304:

Die Regelung entspricht dem bisherigen § 142 BVergG 2002. Der frühere Hinweis auf die „Behinderung“ bezog sich auf die Verhinderung des Vorsitzenden und wird nicht übernommen, da für diesen Fall eine Vertretungsregelung in § 302 besteht.

Zu § 305:

Die Regelung über den genauen Ablauf der Beschlussfassung und die Antragsrechte der Senatsmitglieder ist in der Geschäftsordnung zu treffen.

Zu § 306:

Abs. 2 und 3 der vorgeschlagenen Regelungen entsprechen im Wesentlichen dem früheren § 172 BVergG 2002. Bei diesen Bestimmungen geht es um Fragen der internen Aufgabenverteilung innerhalb der Senate, also um eine Frage der inneren Organisation, nicht des Verfahrens. Aus systematischen Gründen wird diese Bestimmung daher nicht – wie früher – in den Abschnitt über das Verfahren des Bundesvergabeamtes aufgenommen, sondern in den Abschnitt über seine Organisation. Zugleich werden die bisher in verschiedenen Bestimmungen geregelten Aufgaben des Senatsvorsitzenden in einer Bestimmung zusammengefasst. Zugleich wurde die Bestimmung systematisch umgestaltet und mit dem AVG abgestimmt.

Dass der Senatvorsitzende das Verfahren führt, bedeutet, dass er das Verfahren zu betreiben und alle Verfahrensanordnungen zu erlassen hat. Nur die Erlassung von – materiell- oder verfahrensrechtlichen – Bescheiden ist dem Senat vorbehalten. Die frühere Anordnung, wonach der Senatsvorsitzende das Verfahren „bis zur Verhandlung“ zu führen habe, wird nicht übernommen, weil sie Zweifelsfragen in jenen Fällen aufwirft, in denen keine Verhandlung stattfindet oder wenn nach einer Verhandlung nicht sogleich der Bescheid ergeht.

Dem Senatsvorsitzenden wird ausdrücklich die Befugnis übertragen, die Verhandlung anzuberaumen. Damit trifft dieser die Entscheidung, ob eine Verhandlung durchgeführt wird. Im Übrigen genügt es, dem Senatsvorsitzenden die Leitung der Verhandlung zuzuweisen. Die Befugnis, die Verhandlung zu eröffnen, zu vertagen und zu schließen kommt ihm als Verhandlungsleiter schon auf Grund des § 43 Abs. 1 und 2 sowie des § 44 Abs. 3 AVG zu und braucht daher nicht nochmals vorgesehen zu werden.

Abs. 2 und 3 regeln die Aufgabenverteilung innerhalb des Senates, indem sie dem jeweiligen Senatsvorsitzenden bestimmte Funktionen zuweisen. Die verfahrensrechtlichen Fragen richten sich nach dem AVG und den in diesem Gesetz vorgesehenen besonderen Verfahrensbestimmungen. So richten sich zB die Voraussetzungen und die Form der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nach diesen verfahrensrechtlichen Vorschriften. Auch die Frage, welche Beschlüsse des Senates förmlich zu verkünden sind, richtet sich nach den verfahrensrechtlichen Vorschriften (vgl. § 18 und § 62 AVG sowie § 316). Dass der Vorsitzende solche Beschlüsse zu verkünden hat, bedeutet nur, dass dann, wenn ein solcher Beschluss nach den verfahrensrechtlichen Bestimmungen zu verkünden ist, die Verkündung durch den Senatsvorsitzenden zu erfolgen hat und nicht durch ein anderes Mitglied des Senates.

Abs. 1 übernimmt die früher in § 154 BVergG 2002 vorgesehene Einzelzuständigkeit des Senatsvorsitzenden zur Entscheidung über einstweilige Verfügungen, um eine rasche Entscheidung sicherzustellen. Die Kompetenz wird dem jeweiligen Vorsitzenden des nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senates übertragen. Eine gesonderte Zuweisung an den Vorsitzenden ist nicht erforderlich, seine Zuständigkeit knüpft an jene des jeweiligen Senates an und wird durch die Zuweisung der Sache an den betreffenden Senat begründet.

Die im früheren § 154 Abs. 3 BVergG 2002 vorgesehene Möglichkeit, die Entscheidung über einstweilige Verfügungen dem Senat zu übertragen, wird nicht übernommen, da sie sich bei der Entscheidung über einstweilige Verfügungen wegen der kurzen Entscheidungsfrist als unzweckmäßig erwiesen hat.

Ferner wird die früher in § 154 BVergG 2002 vorgesehene Zuständigkeit von Einzelmitgliedern im Unterschwellenbereich nicht übernommen. Da sich im Unterschwellenbereich dieselben Rechtsfragen stellen wie im Oberschwellenbereich, scheint es im Hinblick auf eine einheitliche Spruchpraxis zweckmäßiger, auch für den Unterschwellenbereich die Entscheidung durch Senate vorzusehen. Dementsprechend wird auch die Entscheidungsfrist im Ober- und Unterschwellenbereich vereinheitlicht. Da nach den bisherigen Erfahrungen die Zahl der Beschwerden im Unterschwellenbereich nicht übermäßig hoch ist, ist nur ein geringer zusätzlicher Aufwand zu erwarten.

Zu § 307:

Um die Beschlussfassung der Vollversammlung zu erleichtern, wird in Abs. 2 das Präsenzquorum mit der Hälfte der Mitglieder festegelegt; damit ist sichergestellt, dass nicht durch die Abwesenheit zu vieler sonstiger Mitglieder ein Beschluss der Vollversammlung unmöglich gemacht wird.

In Abs. 5 wird als neues Organ eine „Bedienstetenversammlung“ eingeführt, der nur der Vorsitzende, sein Stellvertreter und die Senatsvorsitzenden angehören; diese Mitglieder stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Diese Bedienstetenversammlung ist zuständig zur Entscheidung über die Amtsenthebung der in einem solchen Dienstverhältnis stehenden Mitglieder des Bundesvergabeamtes und übt ferner die Funktion der Disziplinarkommission aus. Zur Notwendigkeit dieses Organs vgl. die Erläuterungen zu den §§ 294 und 297. Für dieses Organ gelten grundsätzlich dieselben Regeln über die Willensbildung wie für die Vollversammlung. Nur für Entscheidungen über Amtsenthebungen werden höhere Quoren festgelegt. Damit wird angesichts der geringen Zahl der hauptberuflichen Mitglieder des Bundesvergabeamtes sichergestellt, dass eine solche Amtsenthebung nur bei Vorliegen einer entsprechend breiten Zustimmung ausgesprochen wird.

Zu § 308:

Die Regelung entspricht dem bisherigen § 145 BVergG 2002. Inhaltliche Änderungen ergeben sich infolge des Entfalls der verstärkten Senate und der Einzelzuständigkeiten im Unterschwellenbereich. Abweichend von der bisherigen Rechtslage wird die Kundmachung der Geschäftsordnung und der Geschäftsverteilung nun ausdrücklich geregelt. Diese Verordnungen sollen im Internet veröffentlicht werden, z.B. auf der Homepage des Bundesvergabeamtes.

In der Geschäftsordnung können beispielsweise nähere Regelungen über den Ablauf der Beratungen der Senate getroffen werden (zB das Recht begründete Anträge oder Gegenanträge zu stellen) und nähere Bestimmungen über die Art der Kundmachung von mündlichen Verhandlungen unter Bedachtnahme auf Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie weitere Bekanntmachungspflichten vorgesehen werden (zB über die Einleitung eines Verfahrens zur Erlassung eines verfahrensrechtlichen Bescheides).

Zu § 309:

Wie bisher werden die Aufgaben der Geschäftsführung für das Bundesvergabeamt durch einen Geschäftsapparat wahrgenommen werden, der vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit einzurichten ist. Diese organisatorische Ausgestaltung soll insbesondere aus Gründen der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit beibehalten werden, da eine völlig eigenständige Organisation der Vergabekontrolle zu erheblichen Mehraufwendungen in finanzieller und personeller Hinsicht führen würde. Unbestrittener Maßen bedingt die Einrichtung des Bundesvergabeamtes als „verwaltungsgerichtsäquivalentes Organ“ jedenfalls die verfassungsrechtliche Absicherung der Weisungsfreistellung im Rahmen der rechtsprechenden Tätigkeit. Um aber auch eine ordnungsgemäße und unabhängige Besorgung der administrativen Tätigkeiten (Geschäftsführung) zu gewährleisten, ist auch klarzustellen, dass das vom BMWA bereitzustellende, administrative Personal des Geschäftsapparates nur an die Anordnungen des Vorsitzenden gebunden ist (vgl. dazu auch die Bestimmung des § 37 Abs. 2 DSG). Die betroffenen Bediensteten sind daher im Rahmen ihrer Tätigkeit im gemeinsamen Geschäftsapparat gegenüber dem BMWA weisungsfrei zu stellen. Diese Unterbrechung des Weisungszusammenhangs zum BMWA bedarf gemäß Art. 20 Abs. 1 B‑VG einer Verfassungsbestimmung.

Die mehrfach geäußerte Kritik hinsichtlich einer vermuteten organisatorischen Verflechtung der Nachprüfungsinstanz mit einer Dienststelle des BMWA verkennt das Wesen einer Geschäftsstelle, die für eine Behörde wie das Bundesvergabeamt zur Erledigung des Geschäftsanfalles absolut erforderlich ist. Aus den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes ergibt sich eindeutig, dass die Bediensteten der Geschäftsführung keineswegs an der Entscheidungsfindung mitwirken. § 303 bestimmt, dass das Bundesvergabeamt grundsätzlich in Senaten tätig wird. Im Übrigen werden Entscheidungen durch die Vollversammlung und die Bedienstetenversammlung (§ 307) oder durch Senatsvorsitzende (§ 306) getroffenen. Sämtlichen genannten Gremien gehören ausschließlich Mitglieder des Bundesvergabeamtes an, nicht jedoch Bedienstete des Geschäftsapparates. Die Mitglieder sind auf Grund der ausdrücklichen Verfassungsbestimmung des § 295 in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisung gebunden. Soweit Mitglieder dem Stand des BMWA angehören, sind sie daher in Ausübung ihres Amtes nicht an Weisungen des BMWA gebunden.

Zu § 310:

Die Bestimmung regelt die Organisation der Evidenzstelle des Bundesvergabeamtes sowie die Dokumentation der Entscheidungen des Bundesvergabeamtes.

Zu § 311:

Die Erstellung des Tätigkeitsberichts dient der Dokumentation der durch das BVA wahrgenommenen Aufgaben, insbesondere hinsichtlich der Auslastung der Mitglieder und der durchschnittlichen Erledigungsdauer und liegt im Interesse der Transparenz einer modernen Verwaltung (zu ähnlichen Regelungen betreffend den Tätigkeitsbericht vgl. zB § 12 OGHG, § 20 VwGG sowie § 12 UBASG).

Zum 2. Abschnitt:

In diesem Abschnitt werden verschiedene verfahrensrechtliche Regelungen für das Bundesvergabeamt getroffen, die das grundsätzlich anwendbare AVG zum Teil ergänzen, zum Teil aber auch davon abweichen. Die hier vorgesehenen Abweichungen sind im Hinblick auf Art. 11 Abs. 2 B‑VG und den Gleichheitsgrundsatz deshalb gerechtfertigt, weil die Verfahren des Bundesvergabeamtes zivile Rechte im Sinne des Art. 6 EMRK betreffen (sodass dessen Vorgaben einzuhalten sind) und weil die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften einen raschen effektiven Rechtsschutz gebieten, was ebenfalls verschiedene Sonderregelungen erfordert.

Die im früheren § 170 BVergG 2002 vorgesehene a-limine-Abweisung von Anträgen wurde nicht übernommen, weil nach § 56 AVG ohnehin die Möglichkeit besteht, von einem Ermittlungsverfahren abzusehen, wenn der maßgebliche Sachverhalt von vornherein klar gegeben ist. Daher kann zB schon auf Grund dieser Bestimmung ein Nachprüfungsantrag ohne weiteres Ermittlungsverfahren abgewiesen werden, wenn sich aus dem Antrag selbst ergibt, dass die behauptete Rechtsverletzung keine Auswirkung auf den Ausgang des Vergabeverfahrens hat. Damit von dieser Möglichkeit faktisch Gebrauch gemacht werden kann, wurden die Voraussetzungen für den Entfall einer öffentlichen Verhandlung entsprechend ausgeweitet.

Zu § 312:

Die Zuständigkeiten des Bundesvergabeamtes (bisher § 162 BVergG 2002) werden im Wesentlichen beibehalten, zum Teil aber erweitert und konkretisiert. Schon das BVergG 2002 hat terminologisch zwischen dem Nachprüfungsverfahren (vor der Zuschlagsentscheidung) und dem Feststellungsverfahren (nach Beendigung des Vergabeverfahrens) unterschieden. Diese Terminologie wird nun auch in Abs. 1 übernommen. Mit der Neufassung des Abs. 1 wird im Übrigen zum Ausdruck gebracht, dass § 312 eine abschließende Regelung der materiellen Kompetenzen des Bundesvergabeamtes enthält. Das Bundesvergabeamt ist daher insbesondere nicht zuständig, andere als die in den Abs. 3 bis 5 vorgesehenen Feststellungsbescheide zu erlassen. Unberührt bleibt selbstverständlich die aus dem AVG erfließende Kompetenz, im Zuge eines Nachprüfungs- oder Feststellungsverfahrens verfahrensrechtliche Bescheide zu erlassen, zB über eine Wiederaufnahme des Verfahrens oder über einen Kostenersatz. Die in Abs. 2 geregelte Befassung zur Nachprüfung ist nur bis zum Zeitpunkt des erfolgten Zuschlages zulässig und entspricht den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben auf Grund der Rechtsmittelrichtlinien.

Nach der neueren Rechtsprechung des EuGH muss die Möglichkeit der Erlassung einer einstweiligen Verfügung auch schon vor (und daher unabhängig von) der Stellung eines Antrages auf Nichtigerklärung einer Auftraggeberentscheidung bestehen (vgl. EuGH Rs. C‑236/95, Kommission/Griechenland, Slg. 1996, I‑4459 und Rs. C‑214/00, Kommission/Spanien, Slg. 2003, I‑4667). Die Regelung für die Erlassung einstweiliger Verfügungen wird daher von jener für das Nachprüfungsverfahren getrennt und in einen eigenen Unterabschnitt eingefügt.

Klargestellt wird, dass das Bundesvergabeamt nicht nur Verstöße gegen die innerstaatlichen Vergabevorschriften zu prüfen hat, sondern auch Verstöße gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht.

Das BVergG hält an der durch das BVergG 2002 eingeführten Unterscheidung zwischen gesondert und nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen fest. Nach diesem Konzept können nur die gesondert anfechtbaren Entscheidungen mit einem eigenständigen Nachprüfungsantrag angefochten und für nichtig erklärt werden; die Rechtswidrigkeit der jeweils vorangehenden nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen ist im Wege der Anfechtung der jeweils nächstfolgenden gesondert anfechtbaren Entscheidung geltend zu machen und hat allenfalls zur Nichtigerklärung der gesondert anfechtbaren Entscheidung zu führen. Eine zusätzliche ausdrückliche Anfechtung oder Nichtigerklärung der nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen ist in diesem System nicht möglich. Im Hinblick auf diesbezügliche Unsicherheiten in der bisherigen Spruchpraxis des Bundesvergabeamtes wird dieses System nun noch deutlicher geregelt. In diesem Sinne wird daher in Abs. 2 ausdrücklich klargestellt, dass das Bundesvergabeamt nur gesondert anfechtbare Entscheidungen für nichtig erklären kann; eine Nichtigerklärung nicht gesondert anfechtbarer Entscheidungen ist ausgeschlossen. Für den Auftraggeber kann sich in der Praxis dennoch die Konsequenz ergeben, eine nicht gesondert anfechtbare Entscheidung zu beseitigen, wenn deren Rechtswidrigkeit der Grund für die Nichtigerklärung der nachfolgenden gesondert anfechtbaren Entscheidung war. Eine Bindung an die vom Bundesvergabeamt in der Begründung des Bescheides vertretene Rechtsansicht kommt allerdings nicht in Frage, da lediglich der Spruch des Bescheides rechtliche Bindungswirkung entfaltet (vgl. VwGH 15.3. 1977, Zl. 883/76).

In Abs. 2 Z 2, Abs. 3 Z 1 und 3 und Abs. 4 Z. 1 wird außerdem klargestellt, dass sich die Prüfungsbefugnis des Bundesvergabeamtes – mit Ausnahme der „Gegenanträge“ des Auftraggebers bzw. des Zuschlagsempfängers – auf den jeweiligen Beschwerdepunkt beschränkt. Daraus ergibt sich, dass ein Nachprüfungs- oder Feststellungsantrag ein bestimmtes Begehren zu enthalten hat. Eine derartige Regelung wäre überflüssig, wenn die Behörde nicht an ein solches Begehren gebunden wäre (vgl. dazu zB VwGH, 2000/04/0051). Der Antragsteller hat die Verpflichtung zu präzisieren, in welchem subjektiven Recht er sich als verletzt erachtet. Andere als die geltend gemachten Rechtswidrigkeiten kann das BVA daher nicht aufgreifen (insbesondere kann daher das BVA auch nicht im Rahmen allfälliger „obiter dicta“ Aussagen zu nicht vorgebrachten Beschwerdepunkten treffen). Dies berührt jedoch nicht die Frage der amtswegigen Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes.

Vor Zuschlagserteilung erhält das BVA nunmehr auch eine Feststellungskompetenz für den Fall, dass ein Auftraggeber ein Vergabeverfahren faktisch nicht weiterführt, ohne eine förmliche Entscheidung über die Beendigung des Verfahrens zu treffen (vgl. auch die Erläuterungen zu § 140 Abs. 8). Ein entsprechender Bescheid darf nur erlassen werden, wenn die Zuschlagsfrist erheblich überschritten wurde und der Antragsteller den Auftraggeber um Fortführung des Vergabeverfahrens ersucht hat. Die Feststellung des BVA ersetzt die förmliche Widerrufserklärung des Auftraggebers.

Die Feststellungskompetenzen des Bundesvergabeamtes nach Zuschlagserteilung werden in Abs. 3 zusammengefasst und in Anlehnung an Abs. 2 neu formuliert. Die Kompetenz zur Feststellung, dass die Wahl der Direktvergabe rechtswidrig war, wird beibehalten und auf alle Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung ausgedehnt. Weiters ist nunmehr auch für den Fall der gravierendsten Verletzung des Gesetzes – direkter Vertragschluss mit einem Unternehmer, obwohl die Voraussetzungen dafür offenkundig nicht vorgelegen sind – vorgesehen, dass die offenkundige Unzulässigkeit dieser Vorgangsweise festgestellt werden kann und in Folge der Vertrag mit Wirkung ex nunc nichtig wird (vgl. auch die Erläuterungen zu den §§ 132 Abs. 3 und 273 Abs. 3). Die Bestimmungen werden zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken getroffen: Übergangene Unternehmer haben zwar auch das Recht, die fehlerhafte Wahl des Vergabeverfahrens im Nachprüfungsverfahren anzufechten, da sie aber in der Regel von derartigen Verfahren vor der Zuschlagsentscheidung – mangels Bekanntmachung – keine Kenntnis haben werden, wird die Anfechtung faktisch nicht in Betracht kommen. Durch eine explizite Feststellungskompetenz wird diese Rechtsschutzlücke geschlossen.

Auf Antrag des Auftraggebers oder des Zuschlagsempfängers kann das Bundesvergabeamt zudem feststellen, ob auch bei Einhaltung der Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes oder der hiezu ergangenen Verordnungen ein bestimmter Bewerber oder Bieter keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte. Einer derartigen Feststellung kommt besondere Bedeutung für einen allfälligen Schadenersatzprozess zu. Sie dient insbesondere auch der Entlastung der ordentlichen Gerichte in Vergabeangelegenheiten.

Art. 2 Abs. 7 der Sektorenrechtsmittelrichtlinie enthält eine Regelung über die Voraussetzungen einer Klage auf Schadenersatz, die in der klassischen Rechtsmittelrichtlinie nicht enthalten war. Dadurch wird die nähere Determinierung der Prüfungsbefugnis des Bundesvergabeamtes erforderlich. Auf Grund der einheitlichen Gestaltung des Rechtsschutzsystems gilt dies auch für den Bereich der „klassischen“ Vergaberichtlinie. Das Vorliegen einer „echten Chance“ wird vom Bundesvergabeamt danach zu beurteilen sein, ob Bewerber oder Bieter in den engeren Auswahlkreis hinsichtlich der Auftragsvergabe gekommen wären. Auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalles wird zu entscheiden sein, ob eine echte Chance, d.h. eine konkrete Möglichkeit der Zuschlagserteilung vorgelegen ist. In der Praxis hat es sich erwiesen, dass eine negative Feststellung (zB ob jemand den Zuschlag keinesfalls erhalten hätte) einfacher zu treffen ist als eine positive Feststellung, die oft aufwendige Sachverständigengutachten erfordert. Im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes soll daher das Bundesvergabeamt auf Antrag zur Feststellung zuständig sein, ob ein übergangener Bewerber oder Bieter keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages hatte. Der Terminus „echte Chance“ entstammt der Terminologie der Sektorenrechtsmittelrichtlinie und wird im Lichte einer allfälligen zukünftigen Judikatur des EuGH auszulegen sein.

Zu § 313:

Vgl. auch die Erläuterungen zu § 303.

Hinzuweisen ist darauf, dass eine Verletzung der Auskunftspflicht eine Verwaltungsübertretung gemäß § 344 begründet.

Zu § 314:

Nach § 19 AVG dürfen die Behörden nur solche Personen vorladen, die ihren Aufenthalt (Sitz) im Amtsbereich der betreffenden Behörde haben; eine Ausnahme besteht nur für das Verfahren der Unabhängigen Verwaltungssenate. Für das Bundesvergabeamt würde das bedeuten, dass Personen nicht geladen werden können, die sich außerhalb des Bundesgebietes aufhalten. Im Hinblick auf das aus Art. 6 EMRK erfließende verfassungsrechtliche Gebot unmittelbarer Beweisaufnahmen kann es aber notwendig sein, auch Personen als Zeugen vorzuladen, die sich nicht im Bundesgebiet aufhalten (insbesondere bei Beteiligung ausländischer Unternehmer an einem Vergabeverfahren). Daher wird dem Bundesvergabeamt – analog den Unabhängigen Verwaltungssenaten – auch die Befugnis zur Ladung von Personen zugestanden, die sich außerhalb seines Amtsbereiches (des Bundesgebietes) aufhalten. Die Übermittlungen solcher Ladungen richtet sich nach § 11 Zustellgesetz. Im Übrigen ist auch in diesen Fällen § 19 AVG anzuwenden.

Zu § 315:

Die vom Zustellgesetz teilweise abweichende Regelung der Zustellungen ist erforderlich, um die Kongruenz mit der Regelung im materiellen Teil (§ 43) zu gewährleisten. Vgl auch die Erläuterungen zu § 304.

Zu § 316:

Die Regelung über die Pflicht zur Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde z.T. neu gefasst, um sie an die Neugestaltung des Verfahrensablaufes anzupassen und den Anforderungen des Art. 6 EMRK verstärkt Rechnung zu tragen.

§ 316 gilt grundsätzlich sowohl für die Erlassung materiellrechtlicher wie auch verfahrensrechtlicher Bescheide. Festzuhalten ist, dass das Bundesvergabeamt auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 2 oder bei Fehlen eines Parteiantrages nicht gehindert ist, eine Verhandlung durchzuführen; bei Ausübung des dem Bundesvergabeamt damit eingeräumten Ermessens ist aber auf die Anforderungen des Art. 6 EMRK Bedacht zu nehmen; dies wurde durch eine Neugestaltung der Bestimmung deutlicher gemacht. Darüber hinaus sind bei der Ausübung dieses Ermessens selbstverständlich auch die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen zu berücksichtigen, insbesondere die Pflicht zur Durchführung eines kontradiktorischen Verfahrens (vgl. Art. 2 Abs. 8 der RechtsmittelRL).

Durch die Änderung der Formulierungen des Abs. 2 Z 1 bis 3 gegenüber dem früheren § 173 BVergG 2002 wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass eine Verhandlung nicht nur in Nachprüfungs-, sondern auch in Feststellungsverfahren durchzuführen ist. In Abs. 2 Z 3 wird der Entfall der Verhandlung nun auch dann vorgesehen, wenn auf Grund der Aktenlage ersichtlich ist, dass der Nachprüfungs- oder Feststellungsantrag abzuweisen ist. Der EGMR hat jüngst die Auffassung vertreten, dass Art. 6 EMRK eine öffentliche Verhandlung vor dem Tribunal erster und letzter Instanz dann nicht zwingend fordert, wenn keine Ermittlungen durchgeführt werden müssen und es sich nur um Rechtsfragen geringer Schwierigkeit handelt (EGMR Valova, Slezak und Slezak, 1. 6. 2004, 44.925/98). Angesichts dieser großzügigen Rechtsprechung soll von einer Verhandlung immer dann abgesehen werden dürfen, wenn schon aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass dem Antrag stattzugeben oder er abzuweisen ist. Der früher vorgesehene Entfall der Verhandlung bei a-limine-Abweisungen ist nicht mehr vorgesehen, weil die a-limine-Abweisung aus der früheren Rechtslage nicht übernommen wurde. Durch den Einleitungssatz des Abs. 2 ist klargestellt, dass auch im Falle der Zurückweisung eines Antrags die Verhandlung nur entfallen darf, wenn dem Art. 6 EMRK nicht entgegensteht. Gegenüber dem früheren § 173 Abs. 5 BVergG 2002 wurde die Bestimmung insofern neu gefasst, als die Prognose über das voraussichtliche Verhandlungsergebnis entfällt.

Die frühere Regelung des § 173 Abs. 5 BVergG 2002, wonach in bestimmten Fällen der Senatsvorsitzende über den Entfall der Verhandlung entscheidet, brauchte nicht übernommen zu werden, weil sich schon aus § 307 ergibt, dass die Entscheidung über die Anberaumung – und damit auch über das Unterbleiben – der Verhandlung dem Vorsitzenden obliegt. § 316 richtet sich daher an den jeweiligen Senatsvorsitzenden.

Das Recht, eine Verhandlung zu beantragen, kommt den jeweiligen Parteien des Verfahrens zu; „Antragsteller“ ist derjenige, der den verfahrenseinleitenden Nachprüfungs- oder Feststellungsantrag gestellt hat. „Antragsgegner“ sind – abgesehen vom ausdrücklich genannten Auftraggeber – jene Unternehmer(Bewerber oder Bieter), die durch die beantragte Entscheidung in ihren rechtlichen Interessen negativ betroffen wären. Im Übrigen entspricht die Formulierung dem § 67d Abs. 3 AVG. Den Parteien – einschließlich des Antragstellers – steht es frei, eine Verhandlung zu beantragen oder einen solchen Antrag zu unterlassen. Der erste Satz des Abs. 3 ist daher – wie auch im Zusammenhang mit § 67d Abs. 3 AVG unstrittig ist – nicht dahin zu verstehen, dass der Antragsteller jedenfalls eine Verhandlung beantragen muss, sondern bedeutet nur, dass – wenn ein solcher Antrag gestellt – er schon im Nachprüfungs- oder Feststellungsantrag enthalten sein muss und daher später nicht mehr gestellt werden kann.

Zu § 317:

Das BVergG 2002 enthielt bislang keine näheren Regelungen über die Durchführung der mündlichen Verhandlung, insbesondere keine Regelungen über den allfälligen Ausschluss der Öffentlichkeit. Es galten somit nur die allgemeinen Bestimmungen des AVG über die Durchführung von Verhandlungen. Es erscheint daher notwendig, ausdrücklich Regelungen über die Durchführung der öffentlichen Verhandlung zu treffen. Dazu werden die einschlägigen Bestimmungen der § 67e und 67f Abs. 1 AVG – die diese Fragen für das Verfahren der Unabhängigen Verwaltungssenate regeln – für anwendbar erklärt; ein Verweis auf § 67f Abs. 2 AVG ist nicht erforderlich, eine analoge Regelung enthält § 305. Ebenso wird § 22 Mediengesetz für anwendbar erklärt, der in Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Unabhängigen Verwaltungssenaten Fernseh- und Rundfunkaufnahmen bzw. ‑übertragungen ausschließt. Es erscheint zweckmäßig, das für die Unabhängigen Verwaltungssenate geltende Verfahrensregime im Wesentlichen auch für das Bundesvergabeamt für anwendbar zu erklären, um eine zu starke Zersplitterung des Verfahrensrechts zu vermeiden.

Das BVergG 2002 enthielt bislang auch keine Regelung über die Erlassung von Bescheiden des Bundesvergabeamtes; im Hinblick auf Art. 6 EMRK wird der einschlägige § 67g AVG – der die Erlassung von Bescheiden durch die Unabhängigen Verwaltungssenate regelt – für anwendbar erklärt.

Neben den damit für anwendbar erklärten Sonderregelungen gelten selbstverständlich die allgemeinen Bestimmungen des AVG über die Verfahrensdurchführung.

Zu § 318:

Die Regelung entspricht seinem Regelungsinhalt nach dem bisherigen § 177 Abs. 1 bis 4 BVergG 2002. Der bisherige Abs. 3 – der die Gebühr im Fall von Teilnahmeanträgen regelte – wurde nicht übernommen, weil Teilnahmeanträge nicht mehr vorgesehen sind.

Bei der Gebühr nach § 318 handelt es sich um eine besondere Eingabegebühr ähnlich den Eingabegebühren in Verfahren vor dem Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof; es ist eine ausschließliche Bundesabgabe nach § 7 Z 2 FAG 2005.

Im Hinblick auf Unsicherheiten in der Spruchpraxis ist festzuhalten, dass die Gebühr nach § 318 auch dann zu entrichten ist, wenn sich der – auf eine der genannten Bestimmungen gestützte – Antrag in weiterer Folge als unzulässig erweist oder wenn er in weiterer Folge zurückgezogen wird; es handelt sich um eine Pauschalgebühr, die den durchschnittlichen Aufwand der Geschäftsbehandlung abdecken soll, sodass es sachlich gerechtfertigt ist, auch in diesen Fällen – in denen der Aufwand vielleicht etwas geringer ist – eine Gebührenpflicht vorzusehen.

Für die Anfechtungen von Losvergaben wird folgende Regelung getroffen: Wenn der Loswert den Schwellenwert gemäß den §§ 12 und 180 nicht erreicht, dann richtet sich die Pauschalgebühr bei einer Bekämpfung lediglich der Vergabe eines Loses auch dann nach dem entsprechenden Gebührensatz für den Unterschwellenbereich, wenn die Losvergabe selbst nach den Bestimmungen des Oberschwellenbereiches erfolgt ist, weil der geschätzte Auftragswert des Gesamtauftrages oberhalb der in den §§ 12 und 180 genannten Schwellenwerten liegt und eine Vergabe im Unterschwellenbereich nicht zulässig war (etwa weil die Voraussetzungen des § 16 Abs. 5 nicht gegeben waren).

Zu § 319:

Die Regelung über den Gebührenersatz übernimmt § 177 Abs. 5 BVergG 2002 und überträgt nunmehr dem BVA die Kompetenz, über den Ersatz der Gebühren zu entscheiden. Es wird ausdrücklich geregelt, dass ein Gebührenersatz auch dann zu erfolgen hat, wenn der Antragsteller während eines anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Auftraggeber die bekämpfte Entscheidung beseitigt.

Zu § 312 Abs. 3 Z 2 in Verbindung mit § 319 Abs. 1 ist festzuhalten, dass im Falle der erfolgreichen Gegenantragstellung des Auftraggebers der Antragsteller nicht als obsiegend im Sinne des Abs. 1 angesehen werden kann. Schon bisher wurde in diesen Fällen der Feststellungsantrag durch das BVA abgewiesen (vgl. etwa schon BVA 29.4.1998, F-26/97-22). Ein Gebührenersatz des Antragstellers kommt daher in dieser Konstellation nicht in Betracht.

Unbeschadet der nunmehr bestehenden Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung eigenständig (unabhängig von der Stellung eines Nachprüfungsantrages) zu beantragen, ist in Abs. 2 geregelt, dass ein Ersatz der Gebühr nur dann zu erfolgen hat, wenn dem Hauptantrag stattgegeben wird und die einstweilige Verfügung entweder gewährt wurde oder bloß aufgrund einer Interessenabwägung abgewiesen wurde. Der Antragsgegner soll nicht gezwungen sein, die Kosten zu tragen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der behauptete Sicherungsanspruch des Antragstellers nicht berechtigt war. Dies erscheint insbesondere deswegen erforderlich, als das BVA in der bisherigen Praxis Anträgen auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle stattgegeben hat.

Zu § 320:

Die Antragsvoraussetzungen entsprechen der bisherigen Rechtslage. Das Nachprüfungsverfahren dient – wie bisher – der Durchsetzung subjektiver Rechte der Bewerber und Bieter im Vergabeverfahren, nicht der Kontrolle der objektiven Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens. Dies wird daraus deutlich, dass das Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag eines Unternehmers eingeleitet werden kann und die Prüfungsbefugnis sich darauf beschränkt, ob die im Beschwerdepunkt geltend gemachte Verletzung subjektiver Rechte des Unternehmers vorliegt.

Das – in Übereinstimmung mit den RechtsmittelRL – als Voraussetzung der Antragslegitimation geforderte Interesse am Vertragsabschluss setzt in der Regel die Beteiligung am Vergabeverfahren durch Abgabe eines Angebotes voraus. Dies gilt aber nicht ausnahmslos: so setzt nach Auffassung des EuGH die Anfechtung diskriminierender Bedingungen in einer Ausschreibung durch einen Unternehmer, der diese Bedingungen nicht erfüllt, nicht voraus, dass dieser Unternehmer vorher ein (aussichtsloses) Angebot gelegt hat (EuGH Rs. C‑230/02, Grossmann Air Service). Gleiches muss auch gelten, wenn ein Unternehmer, der dem Verfahren nicht beigezogen wurde, die Wahl eines nicht offenen Verfahrens oder eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung anfechten will. Die Antragslegitimation ist daher nicht auf „Bieter“ oder „Bewerber“ im technischen Sinn beschränkt. Wie sich außerdem aus § 20 Abs. 2 ergibt, sind Arbeitsgemeinschaften und Bietergemeinschaften als solche parteifähig zur Geltendmachung der ihnen durch dieses Bundesgesetz eingeräumten Rechte und daher auch antragslegitimiert im Nachprüfungsverfahren.

Der im Gesetz (und somit auch im 4. Teil) verwendete Begriff „Vergabeverfahren“ ist in einem weiten Sinn zu verstehen und umfasst auch alle nach dem vorliegenden Gesetz durchgeführten Verfahren, die vor einem auf eine konkrete Auftragsvergabe gerichteten Verfahren liegen; dazu gehören insb.: Wettbewerbe; Prüfsysteme; regelmäßige Bekanntmachungen, die als Aufforderung zum Wettbewerb dienen; Rahmenvereinbarungen. Im Falle der Anfechtung von Entscheidungen in diesen Verfahren kann naturgemäß noch kein Angebot vorliegen; für die Antragslegitimation reicht es in diesen Fällen aus, dass der betreffende Unternehmer sein Interesse durch Beteiligung am betreffenden Verfahren kundgetan hat oder – soweit das nicht möglich ist – in anderer Weise plausibel macht.

Die im BVergG 2002 vorgesehene Pflicht zur Stellung von Teilnahmeanträgen bei Anfechtung der Zuschlagsentscheidung wurde nicht übernommen, da sie in der Praxis den beabsichtigten Effekt – Vermeidung sukzessiver Anträge mehrerer Bieter gegen dieselbe Zuschlagsetschentscheidung – nicht völlig erreicht hat. Die nunmehrige Bestimmung schließt es nicht aus, dass mehrere Unternehmer dieselbe gesondert anfechtbare Entscheidung des Auftraggebers anfechten (auch wenn es sich um die Zuschlagsentscheidung handelt), allerdings ist das Bundesvergabeamt zumindest grundsätzlich verpflichtet, in diesem Fall die Verfahren zu verbinden (Abs. 4). Diese Regelung lehnt sich an § 39 Abs. 2a AVG an. Damit wird eine einfache verfahrensökonomische Lösung getroffen.

Wegen des Wegfalls der Teilnahmeanträge entfällt auch die bisher vorgesehene Pflicht des Auftraggebers zur Verständigung anderer Bieter von der Anfechtung der Zuschlagsentscheidung (§ 163 Abs. 3 BVergG 2002). Auch die Pflicht des Antragstellers, den Auftraggeber von der beabsichtigten Antragstellung zu verständigen (§ 163 Abs. 2 BVergG 2002) wurde daher nicht übernommen. Die Antragstellung wird damit für den Unternehmer erleichtert. Um jene Unternehmer, denen in einem auf Grund eines Antrags eines anderen Unternehmers eingeleiteten Verfahren möglicherweise Parteistellung zukommen könnte, vom Verfahren zu informieren, wurde stattdessen eine Kundmachung der Verfahrenseinleitung durch das Bundesvergabeamt vorgesehen (§ 323).

Zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken räumt Abs. 2 auch einem ausgeschiedenen Bieter die Möglichkeit ein, die Zuschlagsentscheidung bzw. die Widerrufsentscheidung anzufechten, wenn die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung bzw. der Widerrufsentscheidung vor Ablauf der für die Anfechtung des Ausscheidens vorgesehenen Frist erfolgt. Der ausgeschiedene Bieter kann diesfalls das Ausscheiden seines Angebotes unter einem (d.h. mit einem gesonderten, aber gleichzeitig eingebrachten Antrag) mit der Zuschlagsentscheidung bzw. der Widerrufsentscheidung anfechten.

Wie bisher hat ein Nachprüfungsantrag grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung; allerdings bewirkt die Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung eine Hemmung der Zuschlagsfrist, was den Mangel der aufschiebenden Wirkung in gewisser Weise ausgleicht. Außerdem hat der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in bestimmten Fällen aufschiebende Wirkung im Vergabeverfahren.

Hinsichtlich der allfälligen Konsequenzen eines stattgebenden Erkenntnisses auf nicht gesondert anfechtbare Entscheidungen wird auf die Ausführungen zu § 312 verwiesen.

Zu § 321:

Das BVergG behält das System der Präklusionsfristen bei, gestaltet dieses jedoch grundlegend neu. Die bisherige kasuistische Regelung wird aufgegeben und stattdessen weit gehend einheitliche Anfechtungsfristen eingeführt. Bei den Antragsfristen handelt es sich um verfahrensrechtliche Fristen, deren Berechnung nach den §§ 32 f AVG zu erfolgen hat.

Um den gemeinschaftsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen effektiven Rechtsschutz ausreichend Rechnung zu tragen, wird im Regelfall eine Frist von vierzehn Tagen vorgesehen. In Ausnahmefällen wie beispielsweise in beschleunigten Verfahren wegen Dringlichkeit oder bei Direktvergaben und generell bei Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich beträgt die Frist nur sieben Tage. Verkürzte Antragsfristen sind jedenfalls in den Fällen vorgesehen, in denen gemäß den §§ 140 Abs. 4 und 279 Abs. 4 im Zusammenhang mit der Widerrufserklärung verkürzte Stillhaltefristen vorgesehen sind. Kürzere Fristen scheinen aus verfassungsrechtlicher und gemeinschaftsrechtlicher Sicht nicht zulässig. Eine Sonderregelung enthält Abs. 2 für Nachprüfungsanträge betreffend Ausschreibungs- und Wettbewerbsunterlagen, da hier ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Bekanntmachung bzw. Absendung in der Praxis häufig dazu führen würde, dass bei der (üblicher Weise erst gegen Ende der Angebotsfrist stattfindenden) Angebotserstellung entdeckte Probleme im Zusammenhang mit den Ausschreibungs- und Wettbewerbsunterlagen von den Unternehmern wegen der zwischenzeitig eingetretenen Präklusion nicht mehr releviert werden könnten. Grundsätzlich können daher Nachprüfungsanträge betreffend Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen bis sieben Tage vor Ablauf der entsprechenden Einreichfrist gestellt werden, in Fällen, in denen diese Frist weniger als 15 Tage beträgt, bis drei Tage davor.

Die Versäumung der Frist führt zur endgültigen Präklusion, die betreffende gesondert anfechtbare Entscheidung (und die ihr vorangehenden nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen) können in weiterer Folge nicht mehr angefochten werden; sie werden gewissermaßen „bestandskräftig“(vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 312). Es ist dem Bundesvergabeamt auch verwehrt, die Rechtswidrigkeit derart bestandskräftiger Entscheidungen im Zuge der Anfechtung späterer Entscheidungen inzident in Prüfung zu ziehen.

Solche Präklusionsfristen sind auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht zulässig (vgl. insb. EuGH Rs. C-470/99, Universale Bau, Slg 2002, I‑11617). Im Falle einer allfälligen Versäumung einer Frist – z.B. wegen irreführenden Verhaltens eines Auftraggebers gegenüber dem potenziellen Antragsteller (vgl. den der Entscheidung des EuGH Rs. C‑327/00, Santex, Slg 2003, I‑1877, zu Grunde liegenden Sachverhalt) – besteht die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Die Antragsfrist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von der anzufechtenden gesondert anfechtbaren Entscheidung tatsächlich Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis erlangen hätte können; dabei ist davon auszugehen, dass in jenen Fällen, in denen die Entscheidung öffentlich bekannt zu machen ist, der Unternehmer jedenfalls die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat und die Antragsfrist daher mit der Bekanntmachung zu laufen beginnt. Solange die Möglichkeit einer Kenntnisnahme nicht besteht – insbesondere weil eine Entscheidung nicht bekannt gegeben wird – beginnt die Frist nicht zu laufen.

Zu § 322:

Die Regelung entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 166 BVergG 2002, sie wurde lediglich an die Neugestaltung des Rechtsschutzverfahrens angepasst (zB Entfall der Verständigungspflichten nach dem früheren § 163 Abs. 3 BVergG 2002). Die Pflicht, bei Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung den für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieter zu bezeichnen, resultiert daraus, dass dieser Bieter jedenfalls persönlich von der Verfahrenseinleitung zu verständigen ist (§ 323); damit soll vermieden werden, dass das Bundesvergabeamt schon zur Verständigung dieses Bieters Ermittlungen anstellen muss. Da dieser Bieter in der Zuschlagsentscheidung zu bezeichnen ist, ist es für den Antragsteller kein Aufwand, ihn im Nachprüfungsantrag zu benennen.

Durch die Einfügung des Wortes „jedenfalls“ im einleitenden Satz des Abs. 2 wird klargestellt, dass die folgende Aufzählung der Gründe für die Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages nicht abschließend ist. Unzulässig ist ein Nachprüfungsantrag insbesondere auch bei Fehlen der in § 320 Abs. 1 umschriebenen Antragsvoraussetzungen oder wenn einem Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG nicht nachgekommen wurde.

Festzuhalten ist ferner, dass sich ein Nachprüfungsantrag ausschließlich gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richten kann und nur deren Nichtigerklärung beantragt werden kann; die Nichtigerklärung nicht gesondert anfechtbarer Entscheidungen kann nicht beantragt werden, und zwar auch nicht gemeinsam mit einem Antrag auf Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung. Dies galt schon auf Grund der bisherigen Rechtslage; im Hinblick auf diesbezügliche Unsicherheiten in der Spruchpraxis wird dies nun zusätzlich dadurch verdeutlicht, dass Abs. 1 Z 1 und Z 7 nunmehr ausdrücklich so formuliert werden, dass im Nachprüfungsantrag (nur) die angefochtene gesondert anfechtbare Entscheidung zu bezeichnen ist. Soll im Wege der Anfechtung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung die Rechtswidrigkeit einer vorangehenden nicht gesondert anfechtbaren Entscheidung geltend gemacht werden, hat dies im Rahmen der Beschwerdepunkte und der Begründung zu erfolgen (vgl. auch die Erläuterungen zu § 312).

Zu § 323:

Es werden nicht die im BVergG 2002 bestehenden Verständigungspflichten des Antragstellers und des Auftraggebers sowie die Regelungen über die Teilnahmeanträge übernommen. Um allfälligen anderen Unternehmern, denen Parteistellung im Nachprüfungsverfahren zukommen könnte, die Erhebung von Einwendungen – und damit die Beibehaltung ihrer Parteistellung – zu ermöglichen, wird aber das Bundesvergabeamt zu bestimmten Verständigungen verpflichtet: Im Falle der Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung muss jedenfalls der für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter Parteistellung haben. Dieser ist dem Bundesvergabeamt auch schon aus den Angaben im Nachprüfungsantrag bekannt. Dieser Bieter ist daher jedenfalls persönlich von der Einleitung des Verfahrens zu verständigen. Ebenso ist auch der im Nachprüfungsantrag bezeichnete Auftraggeber vom Nachprüfungsantrag persönlich zu verständigen.

Daneben kommen – insbesondere wenn andere Entscheidungen als die Zuschlagsentscheidung angefochten werden – allerdings auch andere Unternehmer als Parteien in Betracht. Da diese dem Bundesvergabeamt nicht bekannt sein müssen und deren Ermittlung zeitlich nicht vertretbare Nachforschungen erfordern würden, wird das Bundesvergabeamt verpflichtet, die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens jedenfalls auch im Internet bekannt zu machen. Dies führt zwar zu einem Verfahrensaufwand, der allerdings – zB durch die Verwendung von Standardformularen – sehr gering gehalten werden kann. Zweckmäßigerweise sollte diese Bekanntmachung auf der Homepage des Bundesvergabeamtes erfolgen. Zur Vermeidung von Missverständnissen wird explizit klargestellt, dass diese Bekanntmachung durch den jeweiligen Senatsvorsitzenden zu erfolgen hat. Die Pflicht zur Bekanntmachung besteht nur im Falle eines Nachprüfungsantrages, der nicht offenkundig unzulässig ist; ist ein Nachprüfungsantrag offenkundig unzulässig, ist er zurückzuweisen. In diesem Fall hat ohnedies nur der Antragsteller Parteistellung. Die Bekanntmachung hat „unverzüglich“ zu erfolgen, d.h. der jeweilige Senatsvorsitzende hat nach Einlangen eines Antrages zunächst sofort dessen Zulässigkeit zu prüfen und – wenn er diese bejaht – die Einleitung sogleich bekannt zu machen. Bei der Prüfung der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages hat er ohne unnötige Verzögerung vorzugehen. Das Gebot einer unverzüglichen Bekanntmachung ist nicht verletzt, wenn die Erhebungen eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen und erst nach deren Abschluss die Bekanntmachung erfolgen kann.

Die Beurteilung der Zulässigkeit durch den Senatsvorsitzenden ist allerdings für den Senat nicht bindend. Auch wenn der Senatsvorsitzende die Zulässigkeit des Antrags zunächst bejaht hat, kann der Senat – nach weiterer Prüfung – diesen noch immer als unzulässig zurückweisen. Wenn im umgekehrten Fall der Senat allerdings nach näherer Prüfung zur Auffassung kommt, dass ein vom Senatsvorsitzenden zunächst als unzulässig beurteilter Antrag doch als zulässig zu qualifizieren wäre, muss der Senatsvorsitzende die in § 323 vorgesehen Bekanntmachung vornehmen, bevor das weitere Verfahren durchgeführt werden darf.

Um zeitaufwändige Erhebungen vor Einleitung weiterer Verfahrensschritte zu vermeiden, reicht es aus, in der Bekanntmachung die Bezeichnung des Vergabeverfahrens, des Auftraggebers und der angefochtenen Entscheidung aus dem Nachprüfungsantrag zu übernehmen; wenn infolge mangelhafter Bezeichnung ein anderer Unternehmer nicht in der Lage ist, rechtzeitig Einwendungen zu erheben, um seine Parteistellung zu wahren, kann er einen Antrag auf „Quasi-Wiedereinsetzung“ stellen.

Die Bekanntmachung löst die Frist für die Erhebung von Einwendungen durch andere Verfahrensparteien nach § 324 Abs. 3 aus. Aus rechtsstaatlicher Sicht ist festzuhalten, dass diese Regelungen nur für Unternehmer gelten, die sich an einem Vergabeverfahren in Österreich beteiligen (wollen). Solchen Unternehmern ist es wohl zumutbar, sich regelmäßig über solche Bekanntmachungen zu informieren. Für den in Aussicht genommenen Zuschlagsempfänger beginnt die Einwendungsfrist hingegen mit der Zustellung der persönlichen Verständigung von der Verfahrenseinleitung.

Die näheren Regelungen über die Bekanntmachung – zB über die maßgebliche Internetadresse oder weitere Inhalte der Bekanntmachung – sind in der Geschäftsordnung (vgl. § 308) zu treffen. Diese könnte auch weitere Bekanntmachungspflichten vorsehen. Derartige weitere Bekanntmachungen könnten zB für die Verfahren zur Erlassung verfahrensrechtlicher Bescheide vorgesehen werden, sofern bei diesen mehrere Parteien in Betracht kommen, um das Auftreten übergangener Parteien zu vermeiden, insbesondere wenn die Entscheidung in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fällt. Das wäre zB dann anzunehmen, wenn ein Nachprüfungsverfahren wieder aufgenommen werden soll und das Bundesvergabeamt in Aussicht nimmt, gleichzeitig mit der Wiederaufnahmsentscheidung die neue Sachentscheidung zu treffen (vgl. § 70 Abs. 1 AVG).

§ 323 Abs. 1 sieht außerdem – abweichend von § 41 Abs. 1 AVG – für Nachprüfungsverfahren auch die Bekanntmachung der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung im Internet vor. Diese Bekanntmachung sollte zweckmäßiger Weise auf der Homepage des Bundesvergabeamtes erfolgen. Die Kundmachung im Internet hat insbesondere den Sinn, ausländischen Unternehmern, die Parteistellung im Nachprüfungsverfahren haben, Kenntnis von der Verhandlung zu verschaffen, soweit sie nicht persönlich zu verständigen sind. Die in § 41 Abs. 1 AVG vorgesehenen Formen der Bekanntmachung sind ausländischen Unternehmern nur schwer zugänglich.

Im Falle der Bekämpfung einer Zuschlagsentscheidung ist der für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter jedenfalls auch von der Verhandlung persönlich zu verständigen. Dies ist unproblematisch, weil er durch die Bezeichnung im Nachprüfungsantrag dem Bundesvergabeamt bekannt ist. Abweichend von § 41 AVG ist eine persönliche Verständigung weiterer „bekannter Beteiligter“ von der Verhandlung nicht vorgesehen, um Verzögerungen des Nachprüfungsverfahrens infolge sonst erforderlicher Nachforschungen zu vermeiden.

Zu § 324:

Die Parteistellung in Nachprüfungsverfahren wird gänzlich neu geregelt. Die bisher vorgesehenen Teilnahmeanträge bei Anfechtung der Zuschlagsentscheidung (§ 165 Abs. 2 BVergG 2002) entfallen. Sukzessive Anträge mehrerer Unternehmer gegen dieselbe gesondert anfechtbare Entscheidung des Auftraggebers sind nunmehr bei allen Entscheidungen zulässig, auch bei der Zuschlagsentscheidung. Abs. 4 sieht vor, dass den Antragstellern in allen diesen Verfahren Parteistellung zukommt; dies korrespondiert mit der Verpflichtung, diese Verfahren gemeinsam durchzuführen (§ 320 Abs. 4), gilt aber auch dann, wenn diese Verfahren ausnahmsweise getrennt geführt werden. Damit werden allfällige Bindungsprobleme der in den Nachprüfungsverfahren ergehenden Bescheide vermieden. Ein Verlust dieser Parteistellung ist – anders als in Abs. 3 – nicht vorgesehen.

Ferner wird ausdrücklich die Parteistellung anderer durch die begehrte Entscheidung betroffener Unternehmer geregelt; zwar kam diesen Unternehmern schon bisher auf Grund des § 8 AVG Parteistellung zu, eine ausdrückliche Regelung soll hier für mehr Klarheit sorgen. Parteistellung wird nur solchen Unternehmern eingeräumt, die durch die begehrte Entscheidung in ihren rechtlichen Interessen nachteilig betroffen sein können. Bei der Beurteilung des Vorliegens rechtlich geschützter Interessen sind sinngemäß die in § 320 Abs. 1 umschriebenen Antragsvoraussetzungen heranzuziehen, d.h. es kommt darauf an, ob der betreffende Unternehmer ein Interesse am Vertragsabschluss haben kann und durch die beantragte Entscheidung einen Schaden erleiden könnte. Damit sind jene Fälle gemeint, in denen sich ein Nachprüfungsantrag gegen die (angeblich) unrichtige Behandlung eines anderen Unternehmers richtet. Ausdrücklich klargestellt wird insbesondere die Parteistellung des für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieters, wenn ein Konkurrent die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung begehrt. Beantragt ein Unternehmer das Ausscheiden eines Konkurrenten, hat natürlich auch dieser Parteistellung; umgekehrt haben in jenen Fällen, in denen ein Bieter sein Ausscheiden anficht, auch die Mitbieter Parteistellung, weil sie durch die Nichtigerklärung des Ausscheidens einen Nachteil erleiden können. Weitere Fälle sind zB jene Unternehmer, deren Chance auf Teilnahme an Vergabeverfahren oder deren reelle Chance auf Zuschlagserteilung unmittelbar beeinträchtigt wird.

Die Parteistellung nach Abs. 2 wird ferner nur dann zu bejahen sein, wenn der betreffende Unternehmer sein Interesse am Vertragsabschluss bereits durch entsprechende Handlungen (Beteiligung am Vergabeverfahren) manifestiert hat. Solange eine solche Manifestation nicht vorliegt, sind die Beziehungen zum betreffenden Vergabeverfahren zu vage und weitläufig, um eine Parteistellung zu begründen. Wird daher zB eine angeblich diskriminierende Ausschreibung angefochten, sind dadurch begünstigte Unternehmer, die sich noch nicht am Vergabeverfahren beteiligt haben, nicht Parteien dieses Verfahrens.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie und im Hinblick auf das gemeinschaftsrechtliche Gebot rascher Nachprüfungsverfahren (vgl. insb. Art. 1 Abs. 1 der Rechtsmittel RL) sieht Abs. 3 ferner eine besondere Präklusionsregelung vor: Die betroffenen Unternehmer müssen begründete Einwendungen erheben, ansonsten verlieren sie ihre Parteistellung. Die Regelung ist dem § 42 AVG nachgebildet und soll eine Straffung des Verfahrens ermöglichen.

Die Einwendungsfrist beträgt zwei Wochen; für den für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieter beginnt diese Frist mit der Zustellung der persönlichen Verständigung, für alle anderen „Gegenparteien“ mit der Bekanntmachung der Verfahrenseinleitung nach § 323. Wenn die mündliche Verhandlung schon vor Ablauf dieser Frist durchgeführt wird, müssen die Einwendungen allerdings schon in der Verhandlung erhoben werden. § 323 Abs. 4 und 5 sehen deshalb auch eine gesonderte Bekanntmachung der Verhandlung im Internet bzw. eine Verständigung des potenziellen Zuschlagsempfängers vor).

Werden begründete Einwendungen nicht rechtzeitig erhoben, geht die Parteistellung verloren. Dieser Verlust setzt eine ordnungsgemäße Bekanntmachung der Verfahrenseinleitung bzw. der Verhandlung voraus, im Falle des potenziellen Zuschlagsempfängers auch eine ordnungsgemäße persönliche Verständigung. Kommt das Bundesvergabeamt seinen Mitteilungspflichten nicht nach, kann die Parteistellung der Unternehmer im Sinne des § 324 Abs. 2 daher nicht untergehen.

Für den Fall des Verlustes der Parteistellung durch Unterlassung von Einwendungen trotz ordnungsgemäßer Verständigung wird § 42 Abs. 3 AVG über die „Quasi-Wiedereinsetzung“ für anwendbar erklärt.

Zu § 325:

Die Regelung entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 174 BVergG 2002. Durch die Neuformulierung wird ausdrücklich klargestellt, dass nur gesondert anfechtbare Entscheidungen für nichtig erklärt werden können, nicht aber nicht gesondert anfechtbare Entscheidungen (vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 312).

Die Neuformulierung des Abs. 1 Z 1 korrespondiert mit der in § 312 Abs. 2 Z 2 und § 322 Abs. 1 Z 5 getroffenen Regelung über den Beschwerdepunkt und stellt klar, dass die angefochtene Entscheidung nur dann für nichtig zu erklären ist, wenn sie die geltend gemachten subjektiven Rechte des Antragstellers verletzt. Beibehalten wird Abs. 1 Z 2, wonach eine gesondert anfechtbare Entscheidung nur dann für nicht zu erklären ist, wenn die festgestellte Rechtswidrigkeit Auswirkungen auf den Verfahrensausgang haben könnte.

Festzuhalten ist ferner, dass die in § 325 vorgesehene Entscheidungsbefugnis – ungeachtet vereinzelter Bedenken in der Literatur – auch dem Gemeinschaftsrecht ausreichend Rechnung trägt: Wird eine gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers für nichtig erklärt, und trifft dieser neue Entscheidungen, können diese weiteren gesondert anfechtbaren Entscheidungen neuerlich angefochten werden. Die Notwendigkeit weitergehender Rechtswirkungen (zB Vollstreckbarkeit) ist auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht nicht gegeben, weil auch die RechtsmittelRL nur die Nichtigerklärung von Auftraggeberentscheidungen fordert.

Zu § 326:

Gegenüber dem bisherigen § 176 Abs. 2 BVergG 2002 ergibt sich eine Änderung dadurch, dass die Entscheidungsfristen im Ober- und im Unterschwellenbereich vereinheitlicht werden. Da die zu lösenden Sach- und Rechtsfragen sich im Oberschwellen- und Unterschwellenbereich kaum unterscheiden, wird aus praktischen Gründen die Frist mit sechs Wochen festgesetzt. Festzuhalten ist, dass diese Entscheidungsfrist nur für die Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrags auf Nichtigerklärung einer Entscheidung des Auftraggebers gilt, sich daher nicht auf die Erledigung verfahrensrechtlicher Anträge bezieht; zu betonen ist ferner, dass der zuständige Senat verpflichtet ist, unverzüglich über einen Nachprüfungsantrag zu entscheiden (vgl. so auch § 73 Abs. 1 AVG). Der zuständige Senat darf daher nicht automatisch bis zum Ablauf der Entscheidungsfrist zuwarten, sondern hat so rasch wie möglich zu entscheiden.

Zu § 327:

Die Grenze für die Mutwillensstrafe wurde herabgesetzt, um allfällige verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde und die Anwendbarkeit des Art. 6 EMRK zu vermeiden. Zugleich werden die Regeln des VStG über die Strafbemessung für anwendbar erklärt; damit wird verschiedentlich in der Lehre geäußerten Bedenken Rechnung getragen, wonach es im Hinblick auf Art. 18 B‑VG problematisch sei, dass keine Regelungen über die Bemessung der Mutwillensstrafen bestünden.

Zu den §§ 328 bis 330:

Nach der neueren Rechtsprechung des EuGH muss die Möglichkeit der Erlassung einstweiliger Verfügungen unabhängig von der Erhebung eines Nachprüfungsantrages bestehen (vgl. insb. EuGH Rs. C‑236/95, Kommission/Griechenland, Slg. 1996, I‑4459 und Rs. C‑214/00, Kommission/Spanien, Slg. 2003, I‑4667). Die Regelungen über einstweilige Verfügungen müssen daher entsprechend umgestaltet werden. Wegen der Entkoppelung vom Nachprüfungsverfahren erschien zweckmäßig, die Bestimmungen über einstweilige Verfügungen in einem eigenen Unterabschnitt zusammenzufassen.

§ 328 Abs. 1 entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 171 Abs. 1 BVergG 2002. Es wird ausdrücklich klargestellt, wer eine einstweilige Verfügung beantragen kann. Diese Antragslegitimation kann nur einem Unternehmer zukommen, der auch einen Nachprüfungsantrag stellen kann: Auch wenn eine einstweilige Verfügung schon vor einem Nachprüfungsantrag gestellt werden kann, ist ihr Zweck, zu verhindern, dass der Zweck des Nachprüfungsverfahrens durch zwischenzeitige Handlungen des Auftraggebers unterlaufen wird. Aus systematischen Gründen können mit einer einstweiligen Verfügung nur solche Maßnahmen angeordnet werden, mit denen die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung verhindert oder beseitigt werden kann. Um im Hinblick auf die Dringlichkeit einstweiliger Verfügungen umfangreiche Erhebungen zu vermeiden, soll vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung allerdings nur eine Grobprüfung der Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 stattfinden. Stellt sich nach Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Hauptverfahren heraus, dass der betreffende Unternehmer zu einem Nachprüfungsantrag nicht legitimiert ist, tritt die einstweilige Verfügung mit der Zurückweisung des Nachprüfungsantrages nach § 329 Abs. 3 außer Kraft.

§ 328 Abs. 2 entspricht dem bisherigen § 171 Abs. 2 BVergG 2002, die inhaltlichen Anforderungen an einen Antrag auf einstweilige Verfügung wurden allerdings erweitert, weil ein solcher nun auch schon vor Einbringung eines Nachprüfungsantrages gestellt werden kann.

Auch die Abs. 3 und 4 tragen dem Umstand Rechnung, dass die einstweilige Verfügung schon vor Einbringung des Nachprüfungsantrages beantragt werden kann. Sobald ein Nachprüfungsantrag eingebracht wurde, kann eine einstweilige Verfügung jederzeit – bis zur Entscheidung über den Nachprüfungsantrag – gestellt werden. Allerdings kann eine einstweilige Verfügung nur den Sinn haben, Schäden zu verhindern, die während eines Nachprüfungsverfahrens eintreten könnten. Vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens kann ein Antrag auf einstweilige Verfügung daher nur gestellt werden, solange ein Nachprüfungsverfahren zur Bekämpfung der betreffenden Rechtswidrigkeit noch möglich ist. Aus diesem Grund sind daher die in § 321 normierten Präklusionsfristen auch für die Stellung eines Antrags auf einstweilige Verfügung maßgeblich: Ist bereits Präklusion bezüglich einer bestimmten Rechtswidrigkeit eingetreten, kann auch eine einstweilige Verfügung nicht mehr beantragt werden. Wenn eine einstweilige Verfügung zwar rechtzeitig beantragt, in weiterer Folge aber kein Nachprüfungsantrag gestellt wird oder ein solcher wieder zurückgezogen, ist das Verfahren zur Erlassung der einstweiligen Verfügung einzustellen, oder sie tritt – wenn sie schon erlassen wurde – wieder außer Kraft. Die Verständigung über das Außerkrafttreten der einstweiligen Verfügung ist eine bloße Mitteilung und kein Bescheid („formlos“).

§ 328 Abs. 2 Z 1 stellt nunmehr ausdrücklich klar, dass sich Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ausschließlich auf gesondert anfechtbare Entscheidungen beziehen können. Nach dem System des Gesetzes kann die geltend gemachte Rechtswidrigkeit auch aus der Rechtswidrigkeit einer nicht gesondert anfechtbaren Entscheidung resultieren und vom Antragsteller daher auch geltend gemacht werden. Gleichfalls können im Zusammenhang mit der Darlegung der Schäden auch Schäden genannt werden, die aus einer zeitlich vorgelagerten nicht gesondert anfechtbaren Entscheidung resultieren.

§ 328 Abs. 5 entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 171 Abs. 7 BVergG 2002; systematisch passt diese Regelung besser in die Bestimmung über die Antragstellung.

In Abs. 7 wird nunmehr – analog der Regelung bei Nachprüfungsanträgen – die Unzulässigkeit eines Antrags auf einstweilige Verfügung normiert, wenn er trotz Aufforderung nicht ordnungsgemäß vergebührt wird.

§ 329 entspricht den bisherigen Abs. 3 bis 6 des § 171 BVergG 2002; durch die Neuformulierung in Abs. 1 wird klargestellt, dass bei Fehlen der Voraussetzungen für die einstweilige Verfügung der diesbezügliche Antrag durch Bescheid abzuweisen ist.

Nicht übernommen wird die bisher vorgesehene absolute Befristung einstweiliger Verfügungen: Sie war mit der Entscheidungsfrist im „Hauptverfahren“ verknüpft. Diese Koppelung musste aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen beseitigt werden, sodass die Normierung einer fixen Geltungsdauer nunmehr zu Ungereimtheiten führen könnte. In der einstweiligen Verfügung ist ihre Dauer festzulegen. Unverhältnismäßige Nachteile für den Auftraggeber werden dadurch vermieden, dass die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung im „Hauptverfahren“ außer Kraft tritt und schon vorher von Amts wegen oder auf Antrag aufgehoben werden kann, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Wenn sich die Geltungsdauer als zu kurz erweist, kann sie natürlich wie bisher auf Antrag oder nunmehr auch von Amts wegen verlängert werden. In beiden Fällen bewirkt eine Antragstellung hier keine Gebührenpflicht, da nur Anträge nach den §§ 320 Abs. 1, 328 Abs. 1 und 331 Abs. 1 zu vergebühren sind.

In § 330 wurden die verfahrensrechtlichen Sonderbestimmungen für das Verfahren über einstweilige Verfügungen zusammengefasst, die bisher in verschiedenen Bestimmungen des BVergG 2002 verstreut geregelt waren. § 330 Abs. 1 bestimmt neu, dass keine mündliche Verhandlung durchgeführt werden muss (e contrario kann daraus geschlossen werden, dass – sofern dies ausnahmsweise doch für erforderlich erachtet werden sollte und sofern dies die unverzügliche Entscheidung über den Antrag gemäß Abs. 3 nicht verhindert – eine mündliche Verhandlung stattfinden könnte). Zu § 330 Abs. 4 vgl. die Erläuterungen zu § 327. Abgesehen von den in § 330 normierten Sonderregelungen gelten die allgemeinen Bestimmungen des AVG und die allgemeinen Regelungen für das Verfahren des Bundesvergabeamtes. So folgt zB aus § 13 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 328 Abs. 3, dass Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen schriftlich zu stellen sind.

Um dem gemeinschaftsrechtlichen Gebot eines möglichst raschen einstweiligen Rechtsschutzes Genüge zu tun, wurde grundsätzlich an der einwöchigen Entscheidungsfrist festgehalten. Allerdings musste dem Umstand Rechnung getragen werden, dass es im Falle einer Zurückstellung des Antrags zur Verbesserung (vgl. § 13 Abs. 3 und 4 AVG sowie § 328 Abs. 7) zu Verzögerungen kommen kann, die eine Einhaltung dieser sehr kurzen Frist unmöglich machen kann. Aus diesem Grund wurde für den Fall einer erforderlichen Zurückstellung zur Verbesserung die Entscheidungsfrist auf zehn Tagen verlängert. Der Senatsvorsitzende wird bei der Bemessung der Verbesserungsfrist darauf zu achten haben, dass er seine Entscheidung noch innerhalb dieser Frist treffen kann.

Abweichend von der allgemeinen Regelung des AVG wird zudem bestimmt, dass es zur Einhaltung der Entscheidungsfrist ausreicht, wenn die Entscheidung vor ihrem Ablauf nachweislich abgesendet wurde. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sich selbst bei zügigem Vorgehen des Senatsvorsitzenden die Zustellung der einstweiligen Verfügung aus Gründen verzögern kann, die nicht in seiner Sphäre liegen (zB bei traditioneller postalischer Zustellung an einen im Ausland ansässigen Antragsteller), sodass die Erledigung dem Adressaten erst nach Ablauf der – sehr kurz bemessenen – Entscheidungsfrist zugeht. Diese Problematik stellt sich bei den üblichen Entscheidungsfristen nicht in gleicher Weise wie der hier vorgesehenen einwöchigen (bzw. zehntägigen) Entscheidungsfrist, sodass es gerechtfertigt und notwendig erscheint, in diesem Punkt eine Sonderegelung zu treffen.

Angesichts verschiedener Unsicherheiten in der Spruchpraxis einzelner Nachprüfungsorgane ist festzuhalten, dass die einwöchige Entscheidungsfrist auch dann gilt, wenn der Antrag auf einstweilige Verfügung zurückzuweisen ist. Auch Zeiten, die für die Klärung der Zulässigkeit eines solchen Antrags erforderlich sind, sind in die Frist einzurechnen. Die kurze Entscheidungsfrist gilt nur für die Entscheidung über die einstweilige Verfügung, nicht für die Erledigung verfahrensrechtlicher Anträge.

Zu § 331:

§ 331 Abs. 1 entspricht zum Teil dem bisherigen § 164 Abs. 1 BVergG 2002. Die Feststellungskompetenz des Bundesvergabeamtes wurde gegenüber der alten Rechtslage erweitert: Ein Feststellungsantrag kann sich nunmehr auch darauf beziehen, ob die Wahl eines Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zu Recht erfolgte. Neu sind auch die Feststellungskompetenzen hinsichtlich der offenkundig unzulässigen direkten Zuschlagserteilung (vgl. die Erläuterungen zu den §§ 132 und 312) sowie der Beendigung des Vergabeverfahrens ohne förmliche Entscheidung des Auftraggebers (vgl. die Erläuterungen zu den §§ 140 und 312), wobei letztere im Gegensatz zu den anderen Feststellungskompetenzen schon vor der Zuschlagserteilung besteht. Klargestellt wird, dass das Bundesvergabeamt nicht nur Verstöße gegen die innerstaatlichen Vergabevorschriften feststellen kann, sondern auch Verstöße gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht.

Abs. 2 enthält die zu den §§ 140 Abs. 8 und 279 Abs. 8 erforderliche Regelung über die Einleitung eines Feststellungsverfahrens. Durch die Einleitung („Ein Bieter ….“) ist überdies klargestellt, dass nur ein am Vergabeverfahren als Bieter beteiligter Unternehmer einen derartigen Antrag stellen kann.

Das Gesetz geht vom bisherigen System der Teilnahmeanträge bei Feststellungsverfahren ab und lässt es zu, dass mehrere Unternehmer wegen desselben Vergabeverfahrens Feststellungsanträge stellen. Parteistellung kommt jeweils nur dem Antragsteller, dem Auftraggeber und dem allfälligen Zuschlagsempfänger zu. Auftraggeber und Zuschlagsempfänger sind soweit wie möglich vom Antragsteller im Feststellungsantrag zu bezeichnen bzw. können vom Bundesvergabeamt durch Einholung einer Auskunft beim Auftraggeber oder beim Antragsteller leicht ermittelt werden. Angesichts dieser grundlegenden Änderung können die bisherigen komplizierten Mitteilungspflichten (§ 164 Abs. 2 bis 4 BVergG 2002) entfallen. Aus verfahrensökonomischen Gründen wird aber vorgesehen, dass das Bundesvergabeamt bei Vorliegen mehrerer Feststellungsanträge wegen desselben Vergabeverfahrens diese Verfahren nach Möglichkeit gemeinsam durchzuführen hat (Abs. 3).

Gemäß Abs. 4 kann ein Antragsteller in einem Nachprüfungsverfahren, wenn der Zuschlag erteilt oder die Ausschreibung widerrufen wurde, den Antrag stellen, das Verfahren als Feststellungsverfahren weiterzuführen. Durch Abs. 4 ist jedenfalls klargestellt, dass ein Nachprüfungsverfahren nicht automatisch in ein Feststellungsverfahren „kippt“, wenn während des Nachprüfungsverfahrens das Vergabeverfahren durch Zuschlag oder Widerruf beendet wird. Auch in diesem Fall muss ein förmlicher Feststellungsantrag gestellt werden, für den dieselben Anforderungen wie für sonstige Feststellungsanträge gelten (dies gilt insbesondere für den Inhalt und die Fristen solcher Anträge sowie die Wirkungen einer diesbezüglichen Entscheidung, nicht jedoch für die Gebührenpflicht – siehe dazu schon die Regelung in § 318 Abs. 1). Solange ein solcher Feststellungsantrag nicht gestellt wurde, ruht das – noch immer anhängige – Nachprüfungsverfahren. Wird der Feststellungsantrag bis zum Ablauf der dafür maßgeblichen Frist nicht gestellt, ist das Nachprüfungsverfahren ohne Erlassung eines Bescheides einzustellen („formlos“). Damit werden die Regelungen über die Entscheidungspflicht modifiziert; während dieser Schwebezeit kann daher auch keine Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gestellt werden.

Durch diese Regelung wird außerdem – wie schon durch den bisherigen § 175 Abs. 2 BVergG 2002 – klargestellt, dass ein Unternehmer sein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Bekämpfung eines Nachprüfungsbescheides beim Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof nicht dadurch verliert, dass nachträglich das Vergabeverfahren beendet wird; die vom Verwaltungsgerichtshof zu einer landesrechtlichen Regelung vertretene anders lautende Auffassung (VwGH 24. 3. 2004, 2001/04/0088) kann auf die nunmehrige Regelung nicht übertragen werden: Wegen der Subsidiarität des Feststellungsverfahrens gegenüber dem Nachprüfungsverfahren (§ 332 Abs. 4) verliert der betroffene Unternehmer sein Rechtsschutzinteresse auf Überprüfung eines Nachprüfungsbescheides nicht dadurch, dass das Vergabeverfahren mittlerweile beendet worden ist.

Zu § 332:

Die vorgeschlagene Regelung entspricht teilweise dem bisherigen § 168 BVergG 2002. Die Anforderungen an den Inhalt des Feststellungsantrages in Abs. 1 wurden erweitert, insbesondere hat der Antrag soweit zumutbar auch den Zuschlagsempfänger zu bezeichnen. Nicht zumutbar ist diese Bezeichnung insbesondere dann, wenn der Antragsteller bei Direktvergaben oder Vergaben ohne Bekanntmachung keine Kenntnis von der Zuschlagsentscheidung erlangen kann.

Die Antragsfrist wird als materiellrechtliche Frist gestaltet, deren Versäumung zum Erlöschen des Feststellungsanspruches führt; ihre Berechnung richtet sich nach den entsprechenden Bestimmungen des materiellen Teiles. Eine Wiedereinsetzung wegen Versäumung dieser Frist ist damit nicht möglich. Die Frist läuft ab dem Zeitpunkt, in dem der Unternehmer vom Zuschlag bzw. vom Widerruf tatsächlich Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis hätte erlangen können; dabei ist davon auszugehen, dass er jedenfalls durch eine Bekanntmachung dieser Entscheidungen von ihnen Kenntnis erlangen kann.

Für die „Gegenanträge“ des Auftraggebers bzw. des Zuschlagsempfängers werden keine besonderen Regelungen über Inhalt und Antragsfrist getroffen; der Inhalt solcher Anträge ergibt sich aus § 312 Abs. 3 Z 2, sie können erst nach einem Feststellungsantrag eines Unternehmers während des betreffenden Feststellungsverfahrens gestellt werden.

Neu ist die Regelung des Abs. 3 für die direkten Zuschlagserteilungen etwa im Sinne des § 132 Abs. 3. Die Frist für entsprechende Feststellungsanträge wird im Sinne eines Ausgleichs zwischen der Geltendmachung von gravierenden Rechtsverstößen und der Rechtssicherheit kurz gehalten.

Durch Abs. 4 wird das bisherige System beibehalten, wonach Feststellungsanträge nur zulässig sind, soweit die betreffende Rechtswidrigkeit nicht in einem Nachprüfungsverfahren geltend gemacht werden konnte. Der sekundäre Rechtsschutz durch Feststellungs- und Schadenersatzverfahren bleibt daher weiter subsidiär gegenüber dem primären Rechtsschutz durch Nachprüfungsverfahren. Ob ein Verstoß gegen Vergabevorschriften im Nachprüfungsverfahren hätte geltend gemacht werden können, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Verfahrens.

In Abs. 5 wird ferner – wie im Nachprüfungsverfahren – ausdrücklich vorgesehen, dass Feststellungsanträge unzulässig sind, wenn sie trotz Aufforderung nicht ordnungsgemäß vergebührt werden; die bisherige Differenzierung zwischen Nachprüfungs- und Feststellungsanträgen erschien nicht sachgerecht.

Zu § 333:

Die Regelung über die Parteistellung in Feststellungsverfahren wird neu gefasst. Das bisherige System der Teilnahmeanträge wird aufgegeben; es können daher in Hinkunft auch mehrere Unternehmer nebeneinander selbständige Feststellungsanträge stellen, die Verfahren sind nur nach Möglichkeit gemeinsam durchzuführen. Angesichts der Möglichkeit selbstständiger Feststellungsanträge erübrigt sich die Einräumung der Parteistellung in Feststellungsverfahren an Unternehmer, die genauso wie der Antragstellung die Feststellung einer Rechtswidrigkeit des Auftraggebers erlangen wollen. Damit entfällt auch die Notwendigkeit eigener Teilnahmeanträge.

Parteistellung wird ausdrücklich nur dem Antragsteller, dem Auftraggeber und einem allfälligen Zuschlagsempfänger eingeräumt; anderen Personen kommt keine Parteistellung zu. Die Parteistellung dieser Personen (und die fehlende Parteistellung anderer Unternehmer, die gleich gelagerte Interessen wie der Antragsteller aufweisen) ergibt sich wohl schon aus § 8 AVG, wird aber aus Gründen der Rechtssicherheit ausdrücklich normiert.

Zu § 334:

Die Regelung stellt klar, dass – ebenso wie im Nachprüfungsverfahren – eine Entscheidung des Bundesvergabeamtes nur dann getroffen werden kann, wenn die geltend gemachte Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss war.

Zu § 335 (Korrekturmechanismus):

Die Regelung dient zur Umsetzung des in der Rechtsmittelrichtlinie vorgesehenen Korrekturmechanismus und stellt eine spezifische Ausformulierung des Grundsatzes des Art. 10 EGV („Pflicht zur Gemeinschaftstreue“) dar. Gemäß diesen Bestimmungen trifft die Mitgliedstaaten eine Verpflichtung zur Mitwirkungspflicht und die Pflicht, den Organen der Gemeinschaft die Erfüllung der diesen obliegenden Aufgaben zu erleichtern.

Abs. 2 enthält die bei Beschwerde- und Auskunftsersuchen sowie bei Vertragsverletzungsverfahren einzuhaltende Vorgangsweise. Abs. 3 beinhaltet die Verpflichtung der Auftraggeber und allfällig betroffener Unternehmer entsprechende Unterlagen für die Erstellung der Stellungnahme der Republik zur Verfügung zu stellen. Betroffene Unternehmer sind auch jene Unternehmer, deren Verhalten im Zusammenhang mit dem Beschwerde- und Auskunftsersuchen sowie dem Vertragsverletzungsverfahren stehen kann (wer dies sein kann, ergibt sich etwa aus dem Schreiben der Kommission). Die gemäß Z 1 vorzulegenden Unterlagen sind daher auch in einem sehr weiten Sinn zu verstehen.

Art. 8 der Sektorenrechtsmittelrichtlinie enthält Vorschriften über die Aufsicht durch die Kommission. Der einzige Unterschied zu dem in der Rechtsmittelrichtlinie geregelten Verfahren besteht in der längeren Frist zur Mitteilung (30 statt 21 Tage). Diese Fristverlängerung wird in Abs. 3 an die Sektorenauftraggeber „weitergegeben“.

Zu § 336 (Bescheinigungsverfahren):

Die Regelung dient der Umsetzung der Art. 3 bis 7 der Sektorenrechtsmittelrichtlinie, die Vorgaben für die Einrichtung eines Bescheinigungsverfahrens enthalten. Obwohl die Richtlinie von „Prüfern“ im Zusammenhang mit dem Bescheinigungsverfahren spricht, verwendet die ihrer Durchführung dienende Europäische Norm anstelle dieses Begriffes die Bezeichnungen „Bescheinigungsstelle“ bzw. „Attestor“ (siehe Punkt 2.5 und 2.6 der EN). Im Sinne einer einheitlichen Terminologie orientiert sich die Diktion des § 350 an der Europäischen Norm. Zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten und aus Kostengründen wird keine eigene Akkreditierungsstelle eingerichtet, sondern auf bereits bestehende Institutionen zurückgegriffen. Gemäß dem Akkreditierungsgesetz – AkkG, BGBl. Nr. 468/1992 idgF, fungiert als Akkreditierungsstelle der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit. Das genannte Gesetz trifft darüber hinaus detaillierte Bestimmungen u.a. über das Akkreditierungsverfahren, die Zertifizierungsstellen und die Akkreditierungsvoraussetzungen. Soweit sich aus § 350 nicht anderes ergibt (vgl. insbesondere Abs. 2), sind daher die Bestimmungen des Akkreditierungsgesetzes anzuwenden.

Zu § 337 (Außerstaatliche Schlichtung):

Die Regelung dient der Umsetzung der in den Art. 9 bis 11 der Sektorenrechtsmittelrichtlinie enthaltenen Regelungen über ein Schlichtungsverfahren vor der Kommission.

Zu § 338 (Schadenersatzansprüche):

Bei schuldhafter Verletzung des vorliegenden Gesetzes soll ein zu Unrecht übergangener Bieter einen gerichtlich geltend zu machenden Anspruch auf Ersatz der Kosten der Angebotsstellung und der Kosten der Teilnahme am Vergabeverfahren besitzen.

Abs. 1 übernimmt die bisherige Regelung des § 181 Abs. 1 BVergG 2002 unverändert. Im Lichte der Judikatur des EuGH (vgl. u.a. Rs C-46/93 und C-48/93) wird in Abs. 1 letzter Satz klargestellt, dass weitergehende (d.h. über die Ansprüche des ersten Satzes hinausgehende) Ansprüche des Bestbieters alternativ gemäß den allgemeinen Bestimmungen des Zivilrechts vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden können (vgl. dazu auch OGH 7 Ob 200/00p). Damit wird der Judikatur des EuGH vollinhaltlich Rechnung getragen. Lediglich der Klarstellung halber ist festzuhalten, dass, um derartige Ansprüche vor den ordentlichen Gerichten geltend machen zu können, zuerst ein Nachprüfungsverfahren gemäß dem BVergG (inklusive Feststellung) durchzuführen ist. Die Feststellung gemäß § 341 ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anrufung der ordentlichen Gerichte zur Erlangung von Schadenersatz (siehe allerdings auch die Neuregelung in § 341 Abs. 3).

Abs. 2 enthält gegenüber der bisherigen Regelung folgende Änderungen: Der Begriff „Geschädigter“ wird durch den Begriff „übergangener Bewerber oder Bieter“ ersetzt. Da ein Feststellungsbescheid, der Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch ist, nicht erlassen werden kann, wenn der behauptete Verstoß im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens hätte geltend gemacht werden können, kann ein „Rechtsmittel“ im Sinne des Abs. 2 letzter Halbsatz nur ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung sein; daher soll nunmehr ausdrücklich von einer Beantragung einer einstweiligen Verfügung die Rede sein. Die Regelung, wonach kein Schadenersatzanspruch bestehen soll, wenn der Schaden durch Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder den Verwaltungsgerichtshof hätte abgewendet werden können, entfällt.

In Abs. 3 wird durch den neu eingefügten letzten Halbsatz klargestellt, dass die darin angeordnete Solidarhaftung mit dem Organ des Auftraggebers nur insoweit besteht, als das Organ dem Auftraggeber nach dem Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (vgl. § 4 Abs. 2) haftet; die darin vorgesehene Haftungsmilderung für Dienstnehmer des Auftraggebers bleibt somit unberührt.

Zu § 339 (Rücktrittsrecht):

Die Regelung enthält ein besonderes Rücktrittsrecht des Auftraggebers und geht auf ein Gutachten der Kommission zur Erstattung von Vorschlägen für den verstärkten Schutz vor Missbräuchen bei der Vergabe und Durchführung öffentlicher Aufträge zurück.

Zu § 340 (sonstige Rechtsvorschriften):

Soweit die §§ 338 und 339 keine besonderen Vorschriften enthalten, gelten die allgemeinen Vorschriften des Zivilrechtes. Ergänzend zur bisherigen Regelung (§ 183 BVergG) werden auch Unterlassungsansprüche ausdrücklich genannt.

Zu § 341 (Zuständigkeit und Verfahren):

Wie bereits seit Erlassung des Stammgesetzes werden, einer Anregung des Bundesministeriums für Justiz folgend, Schadenersatzklagen in Vergabesachen bei den Gerichtshöfen erster Instanz konzentriert, wobei Abs. 1 besondere Regelungen über die örtliche Zuständigkeit enthält. Der Verweis auf den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Abs. 1 kann entfallen, da ein Auftraggeber jedenfalls einen Sitz hat.

In Abs. 2 wurden folgende Änderungen vorgenommen: Klargestellt wurde, dass eine Schadenersatzklage nur dann zulässig ist, wenn eine Feststellung der zuständigen Vergabekontrollbehörde erfolgt ist, dass ein Verstoß gegen das Vergaberecht erfolgt ist (Ersetzung des Wortes „ob“ durch das Wort „dass“). Die möglichen Feststellungen der Vergabekontrollbehörden wurden an die Änderungen im Rechtsschutzteil angepasst und somit um vier neue Fälle erweitert – aus Gründen der leichteren Lesbarkeit werden die Fälle ziffernmäßig aufgegliedert. Grundsätzlich wird die zwingende Durchführung eines Feststellungsverfahrens vor der Vergabekontrollbehörde als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Schadenersatzklage (diese soll – ebenfalls einer Anregung des Bundesministeriums für Justiz entsprechend – einer übermäßigen Arbeitsbelastung der Gerichte vorbeugen) beibehalten.

Bislang erwähnte das BVergG in Abs. 2 nur Schadenersatzansprüche, nicht auch wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche. Verletzungen des Vergaberechts verpflichten aber nicht nur zum Schadenersatz, sie können auch einen Verstoß gegen § 1 UWG 1984 begründen (Vorsprung durch Rechtsbruch; zuletzt etwa 4 Ob 260/04w; 4 Ob 86/05h). Die Zivilgerichte haben in diesen Fällen als Vorfrage zu prüfen, ob gegen Vergaberecht verstoßen wurde. Das begründet die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, da Unterlassungsansprüche nach § 1 UWG 1984 oft parallel zu den vor den Vergabekontrollbehörden ergriffenen Rechtsbehelfen geltend gemacht wurden. Im Interesse der Rechtssicherheit wird daher das System des BVergG auch auf Unterlassungsklagen wegen unlauteren Wettbewerbs erstreckt. Eine Klage auf Unterlassung vergaberechtswidrigen und zugleich auch wettbewerbswidrigen Verhaltens ist daher nur zulässig, wenn die jeweils zuständige Vergabekontrollbehörde einen Verstoß gegen das BVergG festgestellt hat. Aus diesem Grund wird der vorletzte Satz des Abs. 2 um die Wortfolge „sowie für Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb“ ergänzt.

Durch die Neuregelung des § 341 Abs. 3 wird für eine Konstellation eine Ausnahme von dem erwähnten Grundsatz normiert. Wenn der Auftraggeber die Ausschreibung widerrufen hat, der Widerruf gemäß den Vorgaben des BVergG rechtmäßig, aber durch den Auftraggeber zu vertreten ist (zB: der Auftraggeber hat ein rechtswidriges Zuschlagskriterium festgelegt, die Ausschreibung wurde erfolgreich bekämpft und der Auftraggeber muss daher widerrufen), dann soll es zulässig sein, eine Schadenersatzklage zu erheben, ohne zuvor eine entsprechende Feststellung durch die Vergabekontrollbehörde zu beantragen. Grund für diese Ausnahmebestimmung ist, dass die Vergabekontrollbehörden nur über Verstöße gegen das BVergG sowie die dazu ergangenen Verordnungen absprechen, nicht aber darüber, ob ein Verhalten des Auftraggebers – wenn auch vergaberechtlich gesehen rechtmäßig – so doch aus anderen Gründen schuldhaft war. Diese Entscheidung obliegt somit den ordentlichen Gerichten.

Abs. 4 ist der Regelung des § 11 des Amtshaftungsgesetzes nachgebildet.

Zu § 342 (Wirkung eines aufhebenden Erkenntnisses):

Die Regelung entspricht § 185 BVergG 2002 und ist inhaltlich unverändert.

Zu § 343 (Schiedsgerichtsbarkeit):

Die Regelung entspricht § 186 BVergG 2002; neu ist, dass nur mehr Abweichungen – nicht mehr jedoch Ergänzungen – zu den Vorschriften der ZPO untersagt sind. Die Bestimmungen über eine Schiedsgerichtsbarkeit entsprochen einem Bedürfnis der Praxis. Die Bestimmungen der ZPO (vgl. derzeit die §§ 577 bis 599; nach In-Kraft-Treten des Schiedsrechts-Änderungsgesetzes 2006 [RV 1158 BlgNR XXII.GP] am 1.7.2006 die §§ 577 bis 618) stellen zwingendes Recht für die Formulierung der Ausschreibung dar. Dies verhindert allerdings nicht, dass die Beteiligten später (beim Abschluss des Leistungsvertrages) anders lautende Vereinbarungen über das Schiedsgericht treffen können. Um ausufernde Honorarregelungen zu verhindern, wird eine Kompetenz der Bundesregierung zur Regelung einer Honorarordnung vorgesehen.

Zu § 344 (Strafbestimmungen):

Die Regelung entspricht § 187 BVergG 2002, die Höhe der maximal zu verhängenden Geldstrafe wird auf 15 000 Euro angehoben.

Wie die bisherige Praxis gezeigt hat, kommt der Einhaltung der Statistikverpflichtungen, der Mitteilungs- und Berichtspflichten sowie der Einhaltung der Auskunftspflichten im Vergabekontrollverfahren und in Vertragsverletzungsverfahren besonders große Bedeutung zu. So werden etwa im Rahmen eines nationalen Kontrollverfahrens Auskünfte und Vorlagen von Unterlagen benötigt. Von solchen Anordnungen sind oft „Private“ betroffen, deren Organe nicht gemäß Art. 20 B‑VG weisungsgebunden sind (zB private Bauträger, Architekten u.a.). Oft sind bestimmte Auskünfte, etwa über den aktuellen Stand des Vergabeverfahrens, nur von diesen direkt zu erfahren und nicht von dem dahinter stehenden „öffentlichen“ Bauherrn. Wegen der relativ kurzen Entscheidungsfristen der Vergabekontrollbehörden kann daher die Möglichkeit, Auskünfte erst nach Intervention beim letztverantwortlichen öffentlichen Auftraggeber zu erhalten, zu unzumutbaren Verzögerungen führen. Gleiches gilt für die Vorlage von Unterlagen oder die Erteilung von Auskünften im Rahmen eines Auskunftsersuchens oder eines Beschwerde- oder Vertragsverletzungsverfahrens, das die Kommission gegen die Republik Österreich eingeleitet hat. Aus diesem Grund soll eine Strafbestimmung sowohl für den Bereich des Korrekturmechanismus als auch für den nationalen Rechtsschutzbereich sowie zur Absicherung der Statistikverpflichtungen vorgesehen werden.

Zu den § 345 bis 347 (In-Kraft-Treten, Übergangsbestimmungen):

§ 345 beinhaltet die In-Kraft-Tretens-Bestimmungen, die Außer-Kraft-Tretens-Bestimmungen sowie die Übergangsbestimmungen. Zum Begriff der Einleitung des Vergabeverfahrens vgl. die Erläuterungen zu § 13. Aus den Regelungen der Abs. 1 und 4 ergibt sich Folgendes: Wenn ein Vergabeverfahren zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens bereits eingeleitet war, ist es nach den materiellrechtlichen Vorschriften des BVergG 2002 zu Ende zu führen, wenn im Zusammenhang mit einem solchen Vergabeverfahren nach dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes ein Rechtsschutzverfahren anhängig gemacht wird, dann sind für das Rechtsschutzverfahren die Regelungen des 4. Teiles dieses Bundesgesetzes anzuwenden. (Prüfungsmaßstab für die Beurteilung, ob eine Rechtswidrigkeit vorliegt oder nicht, bleiben allerdings die Bestimmungen des BVergG 2002.) Ist ein Rechtsschutzverfahren hingegen zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes bereits anhängig, ist dieses Rechtsschutzverfahren gemäß Abs. 4 nach den Bestimmungen des BVergG 2002 fortzuführen.

Die organisationsrechtlichen Bestimmungen des BVergG 2006 können weitgehend ohne Übergangsregelung in Kraft gesetzt werden; abweichend davon sollen – auf Grund der Erschwerung der Ernennungsvoraussetzungen für Mitglieder des Bundesvergabeamtes – die diesbezüglichen Vorgaben des § 292 Abs. 7 für die unbefristete Ernennung jener Senatsvorsitzenden, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes bereits diese Funktion innehatten, nicht gelten (§ 345 Abs. 5).

Die §§ 346 und 347 entsprechen den Regelungen der §§ 189 und 190 des BVergG 2002.

Zu § 348 (GPA):

Die Bestimmung entspricht § 6 Abs. 2 BVergG 2002. Betreffend § 348 ist im gegebenen Zusammenhang auf Folgendes hinzuweisen: Die deutsche Übersetzung des Abkommens über das öffentliche Beschaffungsabkommen im Rahmen der WTO (GPA) wurde bereits im ABl. publiziert (ABl. Nr. C 256 vom 3. September 1996, S 1). Es handelt sich bei dieser Publikation aber nur um eine gemeinschaftsinterne Übersetzung des Abkommens in alle Amtssprachen der Gemeinschaft. Verbindlich und authentisch sind lediglich die englische, französische und spanische Sprachversion des Abkommens, sodass im Gesetz selbst auf die englische Publikation im Amtsblatt, die anlässlich der Genehmigung des Abkommens durch den Rat publiziert wurde, zu verweisen ist.

Zur Verbesserung der Transparenz wird von der WTO für den Bereich des GPA eine Loseblatt-Sammlung herausgegeben. Diese enthält einerseits den Text des plurilateralen Abkommens, andererseits aber auch alle Anhänge, aus denen sich der Anwendungsbereich des Abkommens ergibt (Verpflichtungslisten der Vertragsparteien, General Notes and Derogations uam.). Der Text des Abkommens und die Anhänge sind in ihrer aktuellen Fassung auch im Internet unter der Adresse „http://www.wto.org/english/docs_e/legal_e/legal_e.htm#procurement“ zugänglich.

Erwägungsgrund 7 der RL 2004/18/EG führt zum Verhältnis der Richtlinie zum GPA Folgendes aus: „Mit dem Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986-1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche 1 wurde unter anderem das WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen, nachstehend "Übereinkommen" genannt, genehmigt, das zum Ziel hat, einen multilateralen Rahmen ausgewogener Rechte und Pflichten im öffentlichen Beschaffungswesen festzulegen, um den Welthandel zu liberalisieren und auszuweiten.

Aufgrund der internationalen Rechte und Pflichten, die sich für die Gemeinschaft aus der Annahme des Übereinkommens ergeben, sind auf Bieter und Erzeugnisse aus Drittländern, die dieses Übereinkommen unterzeichnet haben, die darin enthaltenen Regeln anzuwenden. Das Übereinkommen hat keine unmittelbare Wirkung. Es ist daher angebracht, dass die unter das Übereinkommen fallenden öffentlichen Auftraggeber, die der vorliegenden Richtlinie nachkommen und sie auf Wirtschaftsteilnehmer aus Drittländern anwenden, die das Übereinkommen unterzeichnet haben, sich damit im Einklang mit dem Übereinkommen befinden. Diese Koordinierungsbestimmungen sollten den Wirtschaftsteilnehmern in der Gemeinschaft die gleichen günstigen Teilnahmebedingungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge garantieren, wie sie auch den Wirtschaftsteilnehmern aus Drittländern, die das Übereinkommen unterzeichnet haben, gewährt werden.“

Zu § 349 bis 351 (Vollziehung, Verweisungen, Bezugnahme auf EU-Rechtsakte):

§ 349 enthält die Vollziehungsklausel und § 351 die Bezugnahme auf die durch das Bundesvergabegesetz umgesetzten bzw. berücksichtigten Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft.

Zu Anhang XVII:

In Anhang XVII lit. a wird vom Wortlaut der RL abgewichen, da die Geräte die Signatur prüfen können, nicht jedoch die Konformität.

In der lit. c wird  anstatt des Begriffes „niemand“ der Begriff „kein Unbefugter“ verwendet, da „niemand“ auch befugte Zugriffe (etwa im Auftrag des BVA) ausschließen würde.

Lit. d setzt implizit voraus, dass jeder Zugriff lückenlos dokumentiert wird.

Zu lit. f und g ist hinzuzufügen, dass gleichzeitig mehrere Personen nur dann tätig werden müssen, wenn dies gesetzlich ausdrücklich angeordnet ist (zB bei der Angebotsöffnung) bzw. vom AG so vorgesehen ist. Ist beides nicht der Fall kann es sich auch um eine Einzelperson handeln.