VORBLATT

Problem

Die Richtlinie 2002/91/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden ist bis 4. Jänner 2006 in das österreichische Recht umzusetzen. Art. 7 der Richtlinie ist zivilrechtlicher Natur; er verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass beim Verkauf und bei der Vermietung von Gebäuden dem potentiellen Käufer oder Mieter vom Eigentümer ein Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz vorgelegt wird.

Inhalt und Ziel

Das vorgeschlagene Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten soll Art. 7 der Richtlinie 2002/91/EG umsetzen.

Alternativen

Zur Umsetzung von Art. 7 der Richtlinie besteht keine Alternative. Auf Grund des einerseits spezifischen, andererseits aber auch rechtsformübergreifenden Charakters der zu erlassenden Vorschriften wird die Umsetzung in einem eigenen Bundesgesetz vorgeschlagen.

Kompetenz

Die Bestimmungen der Richtlinie sind größtenteils als bautechnische Vorschriften anzusehen und als solche von den Ländern umzusetzen. Die Regelung der Pflicht, beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten dem Käufer bzw. Bestandnehmer einen Energieausweis vorzulegen (Art. 7 der Richtlinie), ist allerdings eine Angelegenheit des Zivilrechts, die nach Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG in die Kompetenz des Bundes fällt.

Kosten

Während die – weitestgehend – von den Ländern zu regelnde Pflicht zur Erstellung eines Energieausweises für die Gebietskörperschaften als Gebäudeeigentümer durchaus mit erheblichen Kosten verbunden sein wird, sind mit der in diesem Bundesgesetz geregelten Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten nur vernachlässigbar geringfügige Kosten (nämlich die der Herstellung einer Kopie oder eines zusätzlichen Ausdrucks des Energieausweises) verbunden.

Bedeutung für die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort

Die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises wird dazu führen, dass Käufer und Bestandnehmer ihre Vertragsentscheidung verstärkt von den energietechnischen Eigenschaften eines Gebäudes abhängig machen. Dies dürfte bewirken, dass bestehende Gebäude häufiger, früher und umfangreicher energietechnisch saniert werden und bei der Neuerrichtung von Gebäuden in stärkerem Ausmaß auf eine gute Gesamtenergieeffizienz geachtet wird. Davon sind – abgesehen von der intendierten Reduktion der Umweltbelastung – positive Impulse für die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich zu erwarten.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.

Aspekte der Deregulierung

Da das vorgeschlagene Bundesgesetz nicht über das zur Umsetzung der Richtlinie 2002/91/EG erforderliche Ausmaß hinausgeht, stehen dem Vorhaben keine Aspekte der Deregulierung entgegen.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Das vorgeschlagene Bundesgesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2002/91/EG.


ERLÄUTERUNGEN

Allgemeiner Teil

1. Die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden

Am 16. Dezember 2002 haben das Europäische Parlament und der Rat die Richtlinie 2002/91/EG über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, ABl. Nr. L 1 vom 4. Jänner 2003, Seite 65 (im Folgenden nur mehr: „Gebäuderichtlinie“ oder „Richtlinie“) erlassen. Ziel der Richtlinie ist es, die Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden unter Berücksichtigung der jeweiligen äußeren klimatischen und lokalen Bedingungen zu unterstützen (Art. 1 der Richtlinie). Damit soll ein wesentlicher Beitrag zur Erfüllung der im Rahmen des Kyoto-Protokolls eingegangenen Verpflichtungen zum Klimaschutz erfüllt werden, zumal nach den Erwägungsgründen der Richtlinie der Wohn- und Tertiärsektor, der zum größten Teil aus Gebäuden besteht, für über 40 % des Endenergieverbrauchs in der Europäischen Gemeinschaft verantwortlich ist.

Daher wird in der Richtlinie zunächst eine Methode zur einheitlichen Berechnung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden festgelegt. Kern der Richtlinie ist die in den Art. 4 bis 6 normierte Pflicht der Mitgliedstaaten, Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden festzulegen, wobei zwischen neu zu errichtenden und bestehenden Gebäuden differenziert wird und bestimmte Gebäudekategorien von diesen Anforderungen ausgenommen werden können. Art. 7 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass beim Bau von Gebäuden dem Eigentümer und beim Verkauf oder der Vermietung von Gebäuden dem potentiellen Käufer oder Mieter vom Eigentümer ein höchstens zehn Jahre alter Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz vorgelegt wird. Schließlich wird in den Art. 8 und 9 der Richtlinie eine regelmäßige Inspektion von Heizkesseln und Klimaanlagen angeordnet.

2. Innerstaatliche Umsetzungskompetenz in Österreich

Die meisten Bestimmungen der Gebäuderichtlinie sind als bautechnische Vorschriften zu verstehen, die somit von den Ländern umzusetzen sein werden. Auch die Erstellung von Energieausweisen für Gebäude stellt eine Annexmaterie des Baurechts dar. Eine Kompetenz des Bundes zur Umsetzung der Richtlinie besteht nur in zwei Bereichen, nämlich zum einen insoweit, als dem Bund in eingeschränktem Ausmaß Baurechtskompetenz zukommt (s. dazu die Erläuterungen zur Regierungsvorlage für die Art. 15a B-VG-Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über die Einsparung von Energie, BGBl. Nr. 388/1995, 30 BlgNR XIX. GP, 12 ff.), und zum anderen insoweit, als die Richtlinie zivilrechtliche Regelungen verlangt, also soweit der Erwerb, Verlust oder Inhalt von Privatrechten und die Abgrenzung der Vermögens- und Interessensphären der Bürger untereinander betroffen sind. Da aber die meisten Bestimmungen der Richtlinie nicht derartige Privatrechte regeln, sondern der Durchsetzung des öffentlichen Interesses am Umwelt- und Klimaschutz zugunsten der Allgemeinheit dienen, ist bei der Umsetzung der Richtlinie aus kompetenzrechtlicher Sicht folgende Differenzierung geboten: Die Methode zur Berechnung der Gesamtenergieeffizienz sowie das Erfordernis der Erstellung, den Inhalt und das Verfahren zur Ausstellung von Energieausweisen festzulegen, ist Sache der Länder (bzw. allenfalls in Randbereichen des Bundes als Baurechtsgesetzgebers). Die Regelung der Vorlagepflicht bei Verkauf und In-Bestand-Gabe von Gebäude(teile)n obliegt hingegen dem Bund als Zivilrechtsgesetzgeber.

Der Bundesgesetzgeber muss daher in den von ihm zu erlassenden zivilrechtlichen Normen tatbestandsmäßig an die Verwaltungsvorschriften der Länder über die Erstellung und Ausgestaltung des Energieausweises anknüpfen. Ein derartiges tatbestandsmäßiges Anknüpfen, das – im Gegensatz zur verfassungswidrigen dynamischen Verweisung – nur die vorläufige inhaltliche Beurteilung der zum Tatbestandselement erhobenen fremden Norm der eigenen Norm zugrunde legt, ohne diese im verfassungsrechtlichen Sinn zu „vollziehen“, ist verfassungsrechtlich zulässig (vgl. VfGH B 289, 294/75, VfSlg. 8172/1977; VfGH B 1225 – 1228/89, VfSlg. 12.384/1990; VfGH G 49/03 ua., VfSlg. 16.999/2003).

3. Leitgedanken der Umsetzung der zivilrechtlichen Teile der Richtlinie

An der Senkung des Energieverbrauchs in Gebäuden besteht aus Gründen der Ressourcenschonung sowie des Umwelt- und Klimaschutzes ein erhebliches öffentliches Interesse. Gerade die Pflicht, den potentiellen Käufer oder Bestandnehmer eines Gebäude(teile)s über die Energieeffizienz des betreffenden Gebäudes bzw. der zu verkaufenden oder in Bestand zu gebenden Räumlichkeit zu informieren, kann und soll auf „marktwirtschaftlichem“ Wege zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden beitragen, weil die Käufer bzw. Bestandnehmer ein Gebäude mit guten energietechnischen Eigenschaften einem Gebäude mit schlechteren energietechnischen Eigenschaften vorziehen werden. Dadurch wird also von Seiten der Nachfrage auf dem Markt dazu beigetragen, dass in verstärktem Maße Gebäude sowie Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten mit guter Energieeffizienz angeboten, also bestehende Gebäude saniert und neu errichtete Gebäude entsprechend energieeffizient ausgestaltet werden.

Nicht zu übersehen ist allerdings auch, dass die Erstellung eines Energieausweises auf Grund der dafür erforderlichen umfangreichen und komplexen Berechnungen und Untersuchungen mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist. Sie belastet daher den wirtschaftlichen Verkehr mit nicht zu vernachlässigenden Kosten. Um unverhältnismäßige Kostenbelastungen – etwa bei der Vermietung einzelner Wohnungen – zu vermeiden, wird daher auch bei der Umsetzung der zivilrechtlichen Teile der Richtlinie von den Umsetzungsspielräumen, die die Richtlinie einräumt, weitestgehend in der Form Gebrauch gemacht, dass die Belastungen für den Wirtschaftsverkehr möglichst gering gehalten werden.

Dem Umstand, dass gerade in der Anfangsphase die Erstellung von Energieausweisen für die Vielzahl der in einem Mitgliedstaat vorhandenen Gebäude innerhalb kurzer Zeit nicht zu bewerkstelligen ist, trägt auch die Richtlinie selbst Rechnung: Während sie nach Art. 15 Abs. 1 zwar grundsätzlich bis 4. Jänner 2006 umgesetzt werden muss, wird in Art. 15 Abs. 2 für die „vollständige Anwendung der Art. 7, 8 und 9“ der Richtlinie den Mitgliedstaaten eine zusätzliche Frist von drei Jahren (also bis 4. Jänner 2009) eingeräumt, falls „qualifiziertes und/oder zugelassenes Fachpersonal“ nicht oder nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Dies ist in Österreich der Fall. Das Problem liegt vor allem darin, dass nicht schlagartig mit Beginn des Jahres 2006 für alle bestehenden Gebäude nahezu gleichzeitig ein Energieausweis von befugten Fachleuten erstellt werden kann. Daher soll das Umsetzungsgesetz nach seinem In-Kraft-Treten (siehe dazu im Besonderen Teil bei den Ausführungen zu § 7) zunächst nur bei neu errichteten Gebäuden Anwendung finden. Bei bestehenden Gebäuden, die auf Grund einer vor dem 1. Jänner 2006 erteilten Baubewilligung errichtet wurden, soll es erst ab 1. Jänner 2009 anzuwenden sein.

4. Entstehung des Entwurfs

Um die schwierige Frage der innerstaatlichen Kompetenzverteilung bei der Umsetzung der Richtlinie zu klären, ist das Bundesministerium für Justiz zunächst an den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts mit dem Ersuchen herangetreten, zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Der Verfassungsdienst hat im Juni 2004 ein ausführliches Gutachten zur Kompetenzverteilung erstattet, das zu den unter Punkt 2 dargelegten Schlussfolgerungen gelangt ist. In der Folge hat das Bundesministerium für Justiz einen ersten Diskussionsentwurf für ein „Energieausweis-Vorlage-Gesetz“ erstellt und diesen in zwei Sitzungen mit Vertretern der Sozialpartner, der Bundesländer und der rechtswissenschaftlichen Lehre erörtert. Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Gespräche wurde schließlich der Ministerialentwurf eines Energieausweis-Vorlage-Gesetzes erstellt und am 20. Juni 2005 zur allgemeinen Begutachtung versendet.

Der Ministerialentwurf traf im Begutachtungsverfahren auf erhebliche Resonanz. So manche grundsätzlich kritische Stellungnahme konnte auf Grund der zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht berücksichtigt werden. Im Übrigen wurden zur Umsetzung rechtspolitische Argumente, aber auch regelungstechnische Hinweise und Ergänzungsanregungen erstattet. Nach Auswertung der Ergebnisse der Begutachtung und auf Basis politischer Konsultationen (insbesondere justizpolitischer Verhandlungen, die Anfang November 2005 geführt wurden) überarbeitete und veränderte das Bundesministerium für Justiz den Gesetzentwurf in einigen Punkten und ergänzte die Erläuterungen an manchen Stellen. Leicht verändert wurde auch die Systematik des Gesetzes, also die Abfolge der einzelnen Paragraphen. Daraus entstand die nunmehrige Regierungsvorlage zur zivilrechtlichen (Teil-)Umsetzung der Gebäuderichtlinie.

5. Kernpunkte der rechtspolitischen Diskussion

Bei den vor Verfassung des Ministerialentwurfs geführten Gesprächen im Bundesministerium für Justiz kristallisierten sich zwei Hauptstreitpunkte heraus:

a) Objektbezogener oder gebäudebezogener Ansatz?

Nach der Begriffsbestimmung in Art. 2 Z 1 der Richtlinie können mit dem Begriff „Gebäude“ ein Gebäude als Ganzes oder Teile des Gebäudes, die als eigene Nutzungseinheiten konzipiert oder umgebaut wurden, bezeichnet werden. Umstritten war nun in den vom Bundesministerium für Justiz geleiteten Beratungen, ob damit eine Pflicht der Mitgliedstaaten normiert wird, beim Verkauf oder der In-Bestand-Gabe von einzelnen Nutzungseinheiten (die im vorliegenden Gesetzentwurf als „Nutzungsobjekte“ bezeichnet werden) grundsätzlich die Vorlage eines auf diese Nutzungseinheit bezogenen Energieausweises zu verlangen („objektbezogener Ansatz“), oder ob damit nur die Möglichkeit eröffnet werden soll, im Fall des Verkaufs oder der In-Bestand-Gabe von einzelnen Nutzungseinheiten fakultativ als Alternative zur Vorlage eines Ausweises für das gesamte Gebäude die Vorlage eines auf die Nutzungseinheit bezogenen Energieausweises zuzulassen, sodass also die Vorlage eines Energieausweises für das gesamte Gebäude in allen Fällen ausreichend wäre („gebäudebezogener Ansatz“).

Für den objektbezogenen Ansatz wurde vor allem Art. 7 Abs. 1 zweiter Unterabsatz der Richtlinie ins Treffen geführt. Danach kann der Energieausweis für Wohnungen oder andere eigene Nutzungseinheiten auf der Grundlage der Bewertung einer vergleichbaren Wohnung im selben Gebäudekomplex oder im Fall von Gebäudekomplexen mit einer gemeinsamen Heizungsanlage auf der Grundlage eines gemeinsamen Energieausweises für das gesamte Gebäude ausgestellt werden. Daraus wurde von den Vertretern des objektbezogenen Ansatzes abgeleitet, dass in Gebäudekomplexen ohne gemeinsame Heizungsanlage bei Verkauf oder In-Bestand-Gabe von Nutzungseinheiten die Vorlage eines Energieausweises für das gesamte Gebäude nicht ausreichend sei, sondern eben ein Energieausweis über die betreffende Nutzungseinheit oder eine vergleichbare Nutzungseinheit im selben Gebäude vorgelegt werden müsse.

Ganz überwiegend vertraten die Teilnehmer an den Gesprächen – darunter auch der gemeinsame Vertreter der österreichischen Bundesländer – jedoch die gegenteilige Auffassung: Aus der Verwendung des Wortes „können“ in Art. 2 Z 1 und des Wortes „kann“ in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie sei abzuleiten, dass die Ausstellung und Vorlage eines Energieausweises für einzelne Nutzungseinheiten lediglich als fakultative Alternative gedacht sei. Dies sei auch ganz klar die Absicht der Richtlinienverfasser und das Ergebnis der im Rahmen der Vorbereitung der Richtlinie stattgefundenen Verhandlungen auf europäischer Ebene (in die das Bundesministerium für Justiz nicht eingebunden war) gewesen. Zudem sei der zu erwartende Aufwand für die Ausstellung von Energieausweisen insbesondere für bestehende Gebäude bereits nur unter Inanspruchnahme der in der Richtlinie vorgesehenen Fristverlängerung von drei Jahren zu bewältigen, sodass das Ausstellen von eigenen Energieausweisen für einzelne Nutzungseinheiten – selbst unter Anwendung vereinfachter Verfahren – praktisch nicht durchführbar erscheine. Wenngleich aus energie- und umweltpolitischen Gründen, insbesondere hinsichtlich der Bewusstseinsbildung der Nutzer, eine genaue Zuordnung der energierelevanten Eigenschaften zu einer Nutzungseinheit durchaus wünschenswert wäre, wäre eine solche nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand in der Berechnung möglich und würde – auf Grund der für die praktische Umsetzung notwendigen radikalen Vereinfachung – auch zu irreführenden Ergebnissen führen, sodass das energie- und umweltpolitische Ziel damit letztlich verfehlt würde.

Aus diesen Gründen wird im vorliegenden Entwurf davon ausgegangen, dass die Richtlinie bei richtiger historischer Interpretation von den Mitgliedstaaten nicht verlangt, in bestimmten Fällen zwingend die Vorlage eines Energieausweises für eine einzelne Nutzungseinheit vorzuschreiben, und dass eine solche Regelung im österreichischen Umsetzungsgesetz auch zumindest derzeit praktisch nicht umsetzbar wäre. Daher wurde der gebäudebezogene Ansatz gewählt und die Vorlage eines objektbezogenen Energieausweises für einzelne Nutzungseinheiten (die im vorliegenden Gesetzentwurf aus noch darzulegenden Gründen als „Nutzungsobjekte“ bezeichnet werden) lediglich als fakultative Alternative zur Vorlage eines Energieausweises für das gesamte Gebäude vorgesehen.

b) Rechtsfolgen und Sanktionen

In Art. 7 Abs. 2 zweiter Unterabsatz der Richtlinie ist festgehalten, dass die Energieausweise lediglich der Information dienen; etwaige Rechtswirkungen oder sonstige Wirkungen dieser Ausweise bestimmen sich nach den einzelstaatlichen Vorschriften. Daraus kann nun allerdings nicht abgeleitet werden, dass eine bloße lex imperfecta, die zwar eine Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises normiert, aber keine Rechtsfolgen an den Verstoß gegen dieses Vorlagegebot knüpft, bereits zur Erfüllung der Umsetzungsverpflichtung ausreichen würde. Denn die Mitgliedstaaten sind ja durch die Richtlinie verbunden, in effektiver Weise sicherzustellen, dass beim Verkauf und der In-Bestand-Gabe tatsächlich ein Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz vorgelegt wird. Dies könnte durch eine sanktionslose Vorschrift nicht erreicht werden.

Hinzu kommt noch ein Weiteres: Ziel der Richtlinie ist es, im Wege der Information der Käufer und Bestandnehmer nachhaltig auf eine Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden hinzuwirken. Es wäre aber widersinnig, den Verkäufer bzw. Bestandgeber zwar zu verpflichten, einen aufwändigen Energieausweis erstellen zu lassen und vor Vertragsabschluss vorzulegen, aber für den Fall, dass die in diesem Energieausweis enthaltenen Angaben nicht richtig sind oder die Vorlagepflicht überhaupt verletzt wird, keine daraus ableitbaren Ansprüche des Käufers bzw. Bestandnehmers vorzusehen. Auch stellt sich die Frage, ob der bloße Eintritt solcher zivilrechtlicher Rechtsfolgen angesichts der öffentlichen Interessen an der Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden ausreichend ist, zumal sich die Vertragspartner ja – etwa aus Gründen der Kostenersparnis – unter bestimmten Umständen darauf einigen können, dass sie keinen Energieausweis erstellen wollen. Daher war zu überlegen, ob das Vorlagegebot nicht auch durch eine öffentlich-rechtliche Verwaltungsstrafbestimmung für Verstöße gegen die Vorlagepflicht untermauert werden solle.

Im Diskussionsentwurf des Bundesministeriums für Justiz waren auf Grund dieser Überlegung sowohl eine Bestimmung über die Gewährleistung – einerseits für den Fall der (rechtzeitigen) Vorlage und andererseits für den Fall der Nichtvorlage (oder der nicht rechtzeitigen Vorlage) des Energieausweises – als auch eine Verwaltungsstrafbestimmung für den Fall der Verletzung der Vorlagepflicht enthalten. Auch im Ministerialentwurf wurde diese „zweispurige“ Rechtsfolgenanordnung (nämlich einerseits zivilrechtlicher und andererseits verwaltungsstrafrechtlicher Art) noch beibehalten. Im Begutachtungsverfahren wurde dies jedoch von manchen Stellen für überschießend gehalten. Es wurde darauf hingewiesen, dass es nicht erforderlich sei, im Energieausweis-Vorlage-Gesetz sondergesetzliche Gewährleistungsbestimmungen zu schaffen, zumal bereits durch das Gewährleistungsrecht des ABGB ausreichende Effektivität der neuen Regelungen über die Ausweisvorlagepflicht sichergestellt sei. Im Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis sei ein Abbedingen der Gewährleistung zu Lasten des Verbrauchers schon kraft § 9 Abs. 1 KSchG ausgeschlossen; außerhalb dieses Verhältnisses solle hinsichtlich der zivilrechtlichen Rechtsfolgen Vertragsfreiheit herrschen. Und manche Stellungnahmen richteten sich auch gegen die vorgesehene Verwaltungsstrafbestimmung.

Diesen Überlegungen wurde bei der Ausarbeitung dieser Regierungsvorlage Rechnung getragen. Zum einen wurde die Gewährleistungsregelung für den Fall der Ausweisvorlage aus dem Gesetzentwurf entfernt. Für einen bestimmten Fall ist aber doch eine zivilrechtliche Rechtsfolgenregelung notwendig, nämlich für die Frage, was zu gelten hat, wenn entgegen den Anordnungen dieses Gesetzes kein Energieausweis vorgelegt wird. Dieser Frage ist der neu konzipierte § 5 gewidmet. Zum anderen wurde – auf Grundlage einer dahin gehenden Entscheidung bei den justizpolitischen Verhandlungen im November 2005 – die Verwaltungsstrafbestimmung aus dem Entwurf herausgenommen.

6. Tragung der Kosten für die Erstellung des Energieausweises

Der Entwurf enthält keine Regelungen darüber, wer die für die Erstellung des Energieausweises anfallenden Kosten zu tragen hat. Diese Frage wird in vielen Fällen auch unproblematisch zu lösen sein. Wenn etwa der Eigentümer eines Einfamilienhauses für dessen Verkauf einen Energieausweis benötigt, wird er einen einschlägig qualifizierten Sachverständigen mit der Erstellung des Energieausweises beauftragen und das dafür zu leistende Honorar zunächst einmal aus Eigenem bezahlen. Ob ihm diese Kosten zum Teil oder zur Gänze vom Käufer zu erstatten sind, hängt von der privatautonomen Gestaltung des Kaufvertrags ab; gesetzliche Sonderregelungen hiezu sind – vom allfälligen Hereinwirken verbraucherschutzrechtlicher Vorschriften einmal abgesehen – nicht vonnöten.

Unter dem Blickwinkel wohnrechtlicher Normen kann aber die rechtliche Qualifikation dieser Kosten durchaus Fragen aufwerfen, so etwa im Wohnungseigentumsrecht oder im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes. Geplant ist, diese Fragen im Gesetzesrecht zu beantworten, allerdings nicht in diesem Gesetz, sondern im Rahmen der nächsten – ohnedies heranstehenden – wohnrechtlichen Novellierung. Im Wohnungseigentumsrecht könnte vorgesehen werden, die Verwalterpflichten um eine Regelung zu ergänzen, wonach der Verwalter für die Existenz eines höchstens zehn Jahre alten Energieausweises für das gesamte Haus Sorge zu tragen und diesen Energieausweis auf Anfrage jedem Wohnungseigentümer zwecks Veräußerung oder Vermietung seines Wohnungseigentumsobjekts in Abschrift zur Verfügung zu stellen hat. Die Kosten für die Erstellung des Energieausweises wären demnach als Aufwendungen für die Liegenschaft im Sinn des § 32 WEG 2002 zu qualifizieren. Es wäre aber auch denkbar, die Beschaffung eines Energieausweises jenen Wohnungseigentümern zu überlassen, die einen solchen zum Verkauf oder zur Vermietung ihres Objekts benötigen. Diese Frage wird im Zuge der künftigen Novellierungsarbeiten noch grundlegend zu diskutieren und zu entscheiden sein. sein. Im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes sollen die Ausweiserstellungskosten in die Ausgabenpositionen des § 20 Abs. 1 Z 2 MRG aufgenommen werden.

7. Alternativen

Zur Umsetzung der zivilrechtlichen Teile der Richtlinie besteht keine Alternative. Auf Grund des rechtsformübergreifenden Charakters der erforderlichen Bestimmungen wäre es nicht ausreichend, etwa nur das Mietrechtsgesetz oder das Wohnungseigentumsgesetz zu novellieren, da beispielsweise auch der Verkauf und die Vermietung von Einfamilienhäusern in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Die Anwendung der Bestimmungen ist auch nicht auf Verbrauchergeschäfte im Sinne des § 1 KSchG beschränkt, weshalb eine Einfügung in das Konsumentenschutzgesetz ebenfalls ausscheidet. Die Bestimmungen in das ABGB einzufügen, wäre einerseits wegen ihrer Spezifität und andererseits wegen ihres notwendigerweise zwingenden Charakters nicht passend. Daher wird die Schaffung eines eigenen Bundesgesetzes vorgeschlagen.

8. Kosten

Während die von den Ländern zu regelnde Pflicht zur Erstellung eines Energieausweises für die Gebietskörperschaften als Gebäudeeigentümer durchaus mit erheblichen Kosten verbunden sein wird, sind mit der in diesem Bundesgesetz geregelten Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden nur vernachlässigbar geringfügige Kosten (nämlich die der Herstellung einer Kopie oder eines zusätzlichen Ausdrucks des Energieausweises) verbunden.

Ein ins Gewicht fallender Mehraufwand für die Gerichte ist durch die Umsetzung der Richtlinie nicht zu erwarten.

9. Bedeutung für die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort

Die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises wird dazu führen, dass Käufer und Bestandnehmer ihre Vertragsentscheidung verstärkt von den energietechnischen Eigenschaften eines Gebäudes abhängig machen. Dies dürfte bewirken, dass bestehende Gebäude häufiger, früher und umfangreicher energietechnisch saniert werden und bei der Neuerrichtung von Gebäuden in stärkerem Ausmaß auf eine gute Gesamtenergieeffizienz geachtet wird. Davon sind positive Impulse für die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich zu erwarten.

10. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Es bestehen keine besonderen Beschlusserfordernisse im Nationalrat und im Bundesrat.

Da es sich um die zwingend gebotene Umsetzung von europäischem Gemeinschaftsrecht handelt und die Gebietskörperschaften als Träger von Privatrechten nicht anders als andere Rechtspersonen belastet werden, ist die Einhaltung des Konsultationsmechanismus nicht erforderlich.

Das Vorhaben ist auch nicht nach der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft der Europäischen Kommission zu notifizieren.

Allerdings wird die Europäische Kommission gemäß Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie darüber zu informieren sein, dass Österreich von der zusätzlichen Frist von drei Jahren für die Umsetzung im Hinblick auf bestehende Gebäude Gebrauch macht.

11. Aspekte der Deregulierung

Da das vorgeschlagene Bundesgesetz nicht über das zur Umsetzung der Richtlinie 2002/91/EG erforderliche Ausmaß hinausgeht, stehen dem Vorhaben keine Aspekte der Deregulierung entgegen.

12. Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Das vorgeschlagene Bundesgesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2002/91/EG über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden.


Besonderer Teil

Zu § 1

Diese Bestimmung regelt den Inhalt und damit auch den Anwendungsbereich des Energieausweis-Vorlage-Gesetzes. Die darin verwendeten Begriffe sind im Sinne der Begriffsbestimmungen in § 2 auszulegen. Damit wäre an sich auch ohne ausdrückliche Erwähnung der Nutzungsobjekte im Gesetzestext des § 1 auf Grund der Definition in § 2 Z 1 klar, dass auch bei einem Verkauf oder einer In-Bestand-Gabe bloß eines Nutzungsobjekts ein Energieausweis vorzulegen ist. Dennoch werden hier – ebenso wie im Titel des Gesetzes – die Nutzungsobjekte eigens genannt, um dem Leser des Normtextes schon von Anfang an vor Augen zu führen, dass die Regelungen dieses Gesetzes eben auch für den Verkauf und die In-Bestand-Gabe (bloß) von Nutzungsobjekten gelten. Der Ministerialentwurf hatte die Nutzungsobjekte (beziehungsweise die einzelnen Nutzungseinheiten) hier noch nicht angeführt; im Begutachtungsverfahren war aber von mehreren Stellen kritisiert worden, dass sich dem Normadressaten so erst aus dem Studium der Begriffsbestimmungen erschließe, dass auch solche Rechtsgeschäfte über Nutzungsobjekte erfasst würden. Dieser Kritik wurde mit der veränderten Fassung des Gesetzestitels und des § 1 Rechnung getragen.

Zu § 2

Zu Z 1

Mit der Definition des „Gebäudes“ in § 2 Z 1 wird die Begriffsbestimmung in Art. 2 Z 1 der Gebäuderichtlinie umgesetzt. Richtlinienkonform wird als „Gebäude“ auch ein Gebäudeteil angesehen, der als eigene Nutzungseinheit (in diesem Umsetzungsgesetz als „Nutzungsobjekt“ bezeichnet; zu den Gründen hiefür siehe die Ausführungen zu Z 2) ausgestaltet ist. Das bedeutet, dass die Regelungen dieses Gesetzes nicht nur für den Verkauf und die In-Bestand-Gabe von ganzen Gebäuden (beziehungsweise von Liegenschaften, auf denen sich die Gebäude befinden, oder solchen Liegenschaftsanteilen) gelten, sondern auch für den Verkauf und die In-Bestand-Gabe von Nutzungsobjekten, ohne dass die Nutzungsobjekte in der jeweiligen Gesetzesbestimmung gesondert erwähnt werden müssten. Eine Sonderregelung spezifisch für die Transaktion von Nutzungsobjekten findet sich allerdings in § 3 Abs. 2, in der dem Verkäufer oder Bestandgeber mehrere Möglichkeiten zur Erfüllung seiner Vorlage- und Aushändigungspflicht eingeräumt werden.

Auf Grund eines Hinweises im Begutachtungsverfahren sei noch auf Folgendes aufmerksam gemacht: Der mit „und zwar“ beginnende Halbsatz am Ende dieser Ziffer bezieht sich nicht etwa darauf, welche Raumkomponenten nach der Begriffsbestimmung beheizt oder klimatisiert sein müssen, damit ein Objekt als „Gebäude“ im Sinn der Z 1 gilt, sondern vielmehr darauf, welche Raumelemente unter diese Begriffsbestimmung fallen können. Dies bedeutet, dass auch ein Haus, dessen allgemeine Teile (wie zum Beispiel das Stiegenhaus) nicht beheizt oder klimatisiert sind, ein „Gebäude“ im Sinn dieser Begriffsbestimmung ist, wenn nur die darin gelegenen Wohnungen oder Geschäftsräume beheizt oder klimatisiert werden. Ebenso wenig schadet es der Eigenschaft als „Gebäude“, wenn einzelne Nutzungsobjekte nicht beheizt oder klimatisiert sind.

Zu Z 2

Die eigenständigen Gebäudeteile, für die gemäß § 2 Z 1 Gleiches gilt wie für das Gebäude als Ganzes, waren im Ministerialentwurf noch als „Nutzungseinheiten“ bezeichnet worden. Dieser Begriff war unmittelbar aus der Richtlinie übernommen worden (Art. 2 Z 1 der Richtlinie). Im Begutachtungsverfahren wurde angeregt, stattdessen den Begriff „Nutzungsobjekt“ zu verwenden, weil dieser in der österreichischen Rechtsordnung schon bekannt sei. Dies trifft zu. Der Terminus „Nutzungsobjekt“ hat in der wohnrechtlichen Begriffswelt bereits einen festen Platz, auch wenn er bisher nur im Heizkostenabrechnungsgesetz und im Teilzeitnutzungsgesetz positiviert wurde (denkbar ist allerdings, auch bei einer künftigen Gesetzesregelung zur Harmonisierung der Bewirtschaftungskosten und ihrer Abrechnung mit dem Begriff des „Nutzungsobjekts“ zu operieren). Hingegen wird der Terminus „Nutzungseinheit“ in Österreich nicht einschlägig verwendet; „Nutzungseinheit“ könnte im Übrigen nicht nur als topographischer, sondern ebenso auch als zeitlicher oder messtechnischer Begriff verstanden werden. Deshalb wird nun dem Begriff „Nutzungsobjekt“ der Vorzug gegeben. Zu betonen ist freilich, dass der Terminus „Nutzungsobjekt“ in diesem Gesetz nicht völlig deckungsgleich ist mit jenem des „Nutzungsobjekts“ im Sinn des § 2 Z 5 HeizKG (der unter der Voraussetzung der Verbrauchsmessung auch Kfz-Abstellplätze umfasst) oder jenem des „Nutzungsobjekts“ im Sinn des § 2 Abs. 3 TNG (der zum Beispiel nicht zu Beherbergungszwecken dienende Geschäftsräumlichkeiten nicht umfasst).

Unter „Nutzungsobjekt“ ist gemäß § 2 Z 2 eine Wohnung, Geschäftsräumlichkeit oder sonstige selbständige Räumlichkeit zu verstehen. Diese Begriffe sind aus dem WEG 2002 übernommen; zu ihrer Auslegung kann auf die zu § 2 Abs. 2 WEG 2002 (sowie zur Vorläuferregelung im WEG 1975) ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Ein Kfz-Abstellplatz ist freilich kein „Nutzungsobjekt“ im Sinne dieses Bundesgesetzes, da er nicht nach allen Seiten räumlich abgegrenzt ist und daher auch kein „Innenraumklima“ im Sinne der Z 1 besitzt.

Zu Z 3

Wie unter Punkt 2 im Allgemeinen Teil der Erläuterungen dargelegt wurde, ist es grundsätzlich Sache der Länder, im Rahmen ihrer Kompetenz die Ausgestaltung des Energieausweises zu regeln. Das EAVG als zivilrechtliche Norm kann daher bei der Definition des „Energieausweises“ in § 2 Z 3 nur an die zur Umsetzung der Gebäuderichtlinie erlassenen landes- oder (soweit dem Bund Baurechtskompetenz zukommt und er von dieser Gebrauch macht) bundesrechtlichen Vorschriften anknüpfen.

Zu Z 4 und 5

Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie verlangt neben der – den Eigentümer des Gebäudes treffenden – Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises an potentielle Käufer und Mieter auch die Vorlage eines Energieausweises an den Eigentümer beim Bau eines Gebäudes, ohne allerdings festzulegen, wen in diesem Fall die Vorlagepflicht trifft. Insofern ist die Vorlagepflicht beim Bau nicht zivilrechtlichen Charakters, weil sie nicht die Rechte und Pflichten von Privatpersonen untereinander abgrenzt, sondern lediglich – im öffentlichen Interesse – verlangt, dass der Eigentümer beim Bau einen solchen Energieausweis erhält. Daher wird die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Bau auch von den Ländern im Rahmen ihrer baurechtlichen Vorschriften umzusetzen sein. Wenn allerdings schon im Errichtungsstadium (oder möglicherweise sogar noch davor) ein Vertrag über die Veräußerung oder In-Bestand-Gabe des erst zu errichtenden Gebäudes geschlossen wird, wie dies beim typischen Bauträgervertrag im Sinne des BTVG der Fall ist, dann ist die – aus dem Vertragsabschluss resultierende – Vorlagepflicht an den Käufer bzw. Bestandnehmer zivilrechtlicher Natur. Die Z 4 und 5 des § 2 ordnen daher an, dass als „Verkauf“ auch ein Vertrag über den Erwerb des Eigentums an einem zu errichtenden oder durchgreifend zu erneuernden Gebäude und als „In-Bestand-Gabe“ auch ein Vertrag über den Erwerb eines Bestandrechts an einem zu errichtenden oder durchgreifend zu erneuernden Gebäude anzusehen ist. Dies ist praktisch unproblematisch, weil es technisch durchaus möglich ist, einen Energieausweis für ein erst zu errichtendes Gebäude auf Grundlage der Planungsunterlagen zu erstellen.

Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie verwendet die Begriffe „Verkauf“ und „Vermietung“, ohne sie näher zu definieren. Sie sind aber jedenfalls gemeinschaftsrechtlich autonom auszulegen und können nicht einfach im Sinne ihrer Bedeutung im österreichischen Zivilrecht verstanden werden. Daher ist wohl davon auszugehen, dass als „Verkauf“ im Sinne der Richtlinie jeder entgeltliche Vertrag über den Erwerb des Eigentums, also etwa auch ein Tausch im Sinne des österreichischen Zivilrechts, zu verstehen ist. Gleichermaßen dürfte mit „Vermietung“ im Sinne der Richtlinie auch die Verpachtung gemeint sein. Dementsprechend weit wurde der Begriff „Verkauf“ in Z 4 als „Vertrag über den Erwerb des Eigentums“ bezeichnet. Eine Schenkung wäre davon allerdings – wegen des Fehlens des für jeden „Verkauf“ (auch im Verständnis der Richtlinie) charakteristischen Merkmals der Entgeltlichkeit – nicht erfasst. Für die Umsetzung des in der Richtlinie verwendeten Begriffs „Vermietung“ bietet sich im österreichischen Recht die „In-Bestand-Gabe“ an, welche die Verpachtung miteinschließt. Gleichermaßen sollen dadurch auch etwa alle Formen des Immobilienleasings erfasst werden. Nicht unter den Begriff der „In-Bestand-Gabe“ fallen allerdings kurzfristige Vermietungen zu Pauschalpreisen, wie sie im Tourismusgewerbe üblich sind, also etwa die Vergabe von Hotelzimmern oder Ferienwohnungen für wenige Tage oder Wochen. Auf derartige touristische Leistungen ist wohl auch die Richtlinie nicht anzuwenden, zumal bei ihnen die Vorlage eines Energieausweises wenig sinnvoll wäre. Schließlich sind auch Vorgänge wie die Abtretung der Hauptmietrechte nach § 12 MRG oder der Eintritt in den Mietvertrag gemäß § 14 MRG nicht unter den Begriff der „In-Bestand-Gabe“ zu subsumieren, weil dazu ja kein vertragliches Zutun des Vermieters erforderlich ist.

Zu § 3

Die in § 3 geregelte Vorlagepflicht ist das Kernstück des EAVG. § 3 Abs. 1 enthält die allgemeine Regelung, die sowohl für das Gebäude als Ganzes als auch – grundsätzlich (nämlich vorbehaltlich der Regelung des Abs. 2) – für das einzelne Nutzungsobjekt gilt. Der Verkäufer bzw. Bestandgeber hat dem potentiellen Käufer bzw. Bestandnehmer, bevor dieser eine bindende Vertragserklärung abgibt, einen – den jeweils anwendbaren bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften entsprechenden – Energieausweis vorzulegen. Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie darf der Energieausweis zu diesem Zeitpunkt höchstens zehn Jahre alt sein. Dabei ist es während der Vertragsverhandlungen ausreichend, wenn der Energieausweis dem Interessenten gezeigt wird. Kommt es allerdings zum Vertragsabschluss, so ist der Energieausweis (oder eine Kopie davon) dem Vertragspartner auszuhändigen. Nur so erlangt schließlich der Käufer oder Mieter bzw. Pächter die Möglichkeit, den Energieausweis seinerseits weiterzugeben, wenn er das Gebäude oder das Nutzungsobjekt weiterverkauft oder untervermietet bzw. unterverpachtet.

§ 3 Abs. 2 enthält eine Sonderregelung für den Verkauf oder die In-Bestand-Gabe bloß eines Nutzungsobjekts, nämlich eine erleichternde Anordnung darüber, auf welche Weise der Verkäufer oder Bestandgeber des Objekts seine Vorlage- und Aushändigungspflicht nach Abs. 1 erfüllen kann. Entsprechend dem unter Punkt 5a im Allgemeinen Teil näher dargelegten „gebäudebezogenen Ansatz“ wird es in § 3 Abs. 2 dem Verkäufer bzw. Bestandgeber im Falle des Verkaufs oder der In-Bestand-Gabe eines Nutzungsobjekts freigestellt, entweder einen Energieausweis über dieses Nutzungsobjekt oder einen Energieausweis über ein vergleichbares Nutzungsobjekt im selben Gebäude oder einen Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz des gesamten Gebäudes vorzulegen. Die letztgenannte Möglichkeit besteht völlig unabhängig davon, ob das Gebäude über eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage verfügt oder nicht. In der Regel wird in der Praxis daher wohl nur ein Energieausweis für das gesamte Gebäude erstellt und im Falle des Verkaufs oder der In-Bestand-Gabe einzelner Nutzungsobjekte vorgelegt und ausgehändigt werden.

Schon daraus ergibt sich im Übrigen, dass die Vorlage- und Aushändigungspflicht nicht nur mit dem Original des Energieausweises, sondern selbstverständlich auch mit einer vollständigen (und einwandfrei leserlichen) Kopie desselben erfüllt werden kann.

Für die „Vergleichbarkeit“ eines Nutzungsobjekts im Sinn des § 3 Abs. 2 sind Parameter heranzuziehen, die energietechnisch von Bedeutung sind, wie zum Beispiel die Lage innerhalb des Gebäudes, die Art der Isolierung oder die Art der Beheizung.

Zur Vermeidung von Missverständnissen sei schließlich erwähnt, dass die Regelung des § 3 Abs. 2 für die Transaktion bloß eines Nutzungsobjekts die Anordnungen des § 3 Abs. 1 nur hinsichtlich des Gegenstands des vorzulegenden oder auszuhändigenden Energieausweises erweitert. Im Übrigen sind aber selbstverständlich auch hier die Vorgaben des § 3 Abs. 1 einzuhalten: Auch hier darf der Energieausweis höchstens zehn Jahre alt sein; auch hier ist der Energieausweis bis spätestens zur Abgabe der Vertragserklärung des Käufers oder Bestandnehmers des Nutzungsobjekts diesem vorzulegen und ihm nach Vertragsabschluss auszuhändigen.

Zu § 4

Für bestimmte Gebäudekategorien räumt die Richtlinie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, Ausnahmen einerseits von der Verpflichtung zur Erstellung eines Energieausweises und andererseits von der Verpflichtung zur Vorlage desselben zu schaffen (Art. 4 Abs. 3 und Art. 7 Abs. 1 letzter Satz der Richtlinie). Dies betrifft nach Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie folgende Gebäudekategorien:

-       Gebäude und Baudenkmäler, die als Teil eines ausgewiesenen Umfelds oder Grund ihres besonderen architektonischen oder historischen Werts offiziell geschützt sind, wenn die Einhaltung der Anforderungen eine unannehmbare Veränderung ihrer Eigenart oder ihrer äußeren Erscheinung bedeuten würde;

-       Gebäude, die für Gottesdienst und religiöse Zwecke genutzt werden;

-        provisorische Gebäude mit einer geplanten Nutzungsdauer bis einschließlich zwei Jahren, Industrieanlagen, Werkstätten und landwirtschaftliche Nutzgebäude mit niedrigem Energiebedarf sowie landwirtschaftliche Nutzgebäude, die in einem Sektor genutzt werden, auf den ein nationales sektorspezifisches Abkommen über die Gesamtenergieeffizienz Anwendung findet;

-        Wohngebäude, die für eine Nutzungsdauer von weniger als vier Monaten jährlich bestimmt sind;

-       frei stehende Gebäude mit einer Gesamtnutzfläche von weniger als 50 m2.

Die Entscheidung darüber, inwieweit bei der innerstaatlichen Umsetzung der Richtlinie von dieser Ausnahmemöglichkeit Gebrauch gemacht wird, liegt primär – nämlich abgesehen von der eingeschränkten Baurechtskompetenz des Bundes – bei den Ländern. Es ist nämlich Sache der Länder, solche Ausnahmen schon im Rahmen ihrer bautechnischen Vorschriften zu normieren und dabei die teilweise eher unbestimmten Vorgaben der Richtlinie näher zu präzisieren. Da in all jenen Fällen, in denen nach den landesrechtlichen Vorschriften ein Energieausweis erstellt werden muss, dieser auch beim Verkauf oder der In-Bestand-Gabe vorgelegt werden sollte, während es umgekehrt nicht sinnvoll erscheint, eine solche zivilrechtliche Vorlagepflicht in Fällen zu normieren, in denen nach den jeweils anwendbaren baurechtlichen Vorschriften gar kein Energieausweis zu erstellen ist, wird in § 4 eine Ausnahme von der Vorlagepflicht gemäß § 3 für alle diejenigen Gebäude normiert, für die nach den jeweils anwendbaren landes- oder (im Falle der Wahrnehmung von Restkompetenzen des Bundes) bundesrechtlichen Vorschriften kein Energieausweis erstellt werden muss.

Bei der Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 4 ist stets darauf abzustellen, ob es für die Gebäudekategorie, der das Gebäude angehört, zum Zeitpunkt des Verkaufs bzw. der In-Bestand-Gabe Vorschriften gibt, die die Erstellung eines Energieausweises anordnen. Dass ein Gebäude vor Umsetzung der Richtlinie errichtet wurde und damals noch kein Energieausweis erstellt werden musste, beseitigt also die Vorlagepflicht bei Veräußerung oder In-Bestand-Gabe nach In-Kraft-Treten der Umsetzungsgesetze nicht, wenn zum Zeitpunkt der Veräußerung oder In-Bestand-Gabe im jeweiligen Bundesland (oder auf Bundesebene) auf die betreffende Gebäudekategorie anwendbare Vorschriften über die Erstellung eines Energieausweises gelten.

Zu § 5

Hiezu sei zunächst auf die Ausführungen in Punkt 5.b des Allgemeinen Teils verwiesen, insbesondere auf die Darlegungen am Ende dieses Punktes. Der überarbeitete Entwurf für ein EAVG enthält also keine eigene Gewährleistungsregelung mehr. Der neue § 5 beschränkt sich auf die Regelung der Frage, was gelten soll, wenn der Verkäufer oder Bestandgeber entgegen § 3 bis zur Abgabe der Vertragserklärung seines Vertragspartners keinen Energieausweis vorlegt. Diesem  Fall ist – argumento „entgegen § 3“ – auch jeder sonstige Verstoß gegen die in § 3 geregelte Vorlagepflicht gleichzuhalten, also beispielsweise die Vorlage eines mehr als zehn Jahre alten Energieausweises. Für all diese Fälle der pflichtwidrigen Unterlassung der Vorlage des Energieausweises wird in § 5 normiert, dass zumindest eine dem Alter und der Art des Gebäudes entsprechende Gesamtenergieeffizienz als vereinbart gilt. Damit soll einerseits die Rechtsposition der Käufer und Bestandnehmer abgesichert werden; schließlich wäre es unter Aspekten des Gleichheitsgrundsatzes bedenklich, wenn derjenige Käufer bzw. Bestandnehmer, dem entgegen § 3 kein Energieausweis vorgelegt wurde, keine Handhabe hätte, seinen Vertragspartner für eine bestimmte Energieeffizienz haftbar zu machen, während sich ein Käufer oder Bestandnehmer, dem ein solcher Energieausweis vorgelegt wurde, gewährleistungsrechtlich auf die darin angegebenen energietechnischen Eigenschaften des Gebäudes berufen kann. Außerdem soll damit aber auch präventiv verhindert werden, dass es überhaupt zu einer Verletzung der Vorlagepflicht kommt, weil diese Rechtsfolge der Unterlassung der Vorlage die Verkäufer und Bestandgeber dazu anhalten dürfte, den Energieausweis erstellen zu lassen und vorzulegen.

Zu § 6

Die Bestimmungen des EAVG über die Vorlagepflicht sowie über die Rechtsfolge der Verletzung dieser Pflicht sollen zwingend sein; von ihnen kann durch vertragliche Vereinbarungen nicht abgewichen werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die von der Richtlinie vorgegebenen Ziele effektiv erreicht werden.

Dies gilt aber nur für die Regelungen des EAVG selbst. Die nach dem ABGB zu beurteilenden gewährleistungsrechtlichen Folgen der Vorlage oder Nichtvorlage eines Energieausweises können außerhalb des Anwendungsbereichs des Konsumentenschutzgesetzes (vgl. § 9 KSchG) – im Rahmen des allgemein Zulässigen (§ 879 Abs. 1 und 3 ABGB) – sehr wohl vertraglich abbedungen werden.

Zu § 7

Wie schon in Punkt 2 des Allgemeinen Teils ausgeführt wurde, muss der Bundesgesetzgeber in den von ihm zu erlassenden zivilrechtlichen Normen tatbestandsmäßig an die Verwaltungsvorschriften der Länder über die Erstellung und Ausgestaltung des Energieausweises anknüpfen. Und auch auf faktischer Ebene besteht eine untrennbare Verbindung zwischen solchen öffentlich-rechtlichen Normen der Länder und diesem zivilrechtlichen Umsetzungsgesetz: Das EAVG erlegt den Teilnehmern am Privatrechtsverkehr mit Liegenschaften eine Verpflichtung zur Ausweisvorlage auf, die aber nur erfüllt werden kann, wenn auf Grund entsprechender Gesetzesbestimmungen (allenfalls auch entsprechender Verordnungsbestimmungen) der Länder geklärt ist, welche Inhalte ein Energieausweis aufzuweisen hat, nach welchen Methoden er zu erstellen ist und wer zu seiner Erstellung befugt ist. Die Existenz eines öffentlich-rechtlichen Regulativs über die Erstellung und die Inhalte eines Energieausweises ist also Voraussetzung dafür, dass die Bestimmungen des EAVG befolgt werden können.

Es steht aber zu befürchten, dass die Länder ihrer aus der Gebäuderichtlinie erfließenden Verpflichtung zur Schaffung von Normen über den Inhalt und die Ausstellung des Energieausweises nicht rechtzeitig zum Jahresbeginn 2006 nachkommen. Wenn nun – wie dies noch im Ministerialentwurf vorgesehen gewesen war – das EAVG mit 1. Jänner 2006 in Kraft gesetzt würde, hätte dies zu Lasten der Bevölkerung eine äußerst inkonsistente Rechtslage zur Folge, nämlich eine unerfüllbare Gesetzespflicht. Dies kann nur dadurch vermieden werden, dass das In-Kraft-Treten des EAVG zeitlich an das In-Kraft-Treten der öffentlich-rechtlichen Normen über den Energieausweis geknüpft wird. Möglich wäre es, dies länderweise unterschiedlich zu gestalten, also die zivilrechtliche Ausweisvorlagepflicht für die in einem bestimmten Bundesland gelegenen Gebäude ab jenem Zeitpunkt in Geltung zu setzen, zu dem die technischen Regelungen über den Energieausweis in diesem Bundesland in Kraft treten. Vorzuziehen ist aber eine bundesweit einheitliche Geltung des EAVG. Deshalb soll dieses Gesetz im gesamten Bundesgebiet erst dann gelten, wenn alle Bundesländer – die eingeschränkte Baurechtskompetenz des Bundes kann bei dieser In-Kraft-Tretens-Regelung vernachlässigt werden – solche öffentlich-rechtlichen Regelungen in Kraft gesetzt haben. Zur Information der Bevölkerung über diesen Zeitpunkt wird der Bundesminister für Justiz verpflichtet, den sich daraus ergebenden Termin des In-Kraft-Tretens des EAVG durch – bloß deklarative – Kundmachung im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben (§ 7 Abs. 1).

Mit seinem In-Kraft-Treten (§ 7 Abs. 1) soll das EAVG aber zunächst nur auf neu errichtete Gebäude Anwendung finden. Erst ab 1. Jänner 2009 soll es auch auf bestehende Gebäude, die auf Grund einer vor dem 1. Jänner 2006 erteilten Baubewilligung errichtet wurden, anzuwenden sein (§ 7 Abs. 2). Damit wird von der in Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie eingeräumten „Nachfrist“ Gebrauch gemacht. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im Allgemeinen Teil der Erläuterungen wird verwiesen.