1217 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales
über den Antrag
607/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Maximilian Walch, Kolleginnen und
Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 und
das Arbeitsverfassungsgesetz geändert werden
Die Abgeordneten
Mag. Walter Tancsits, Maximilian Walch, Kolleginnen und Kollegen haben den
gegenständlichen Initiativantrag am 11. Mai 2005 im Nationalrat eingebracht
und wie folgt begründet:
„Der Europäische
Gerichtshof hat mit Urteil vom 8. Mai 2003, Rs C-171/01 ausgesprochen,
dass § 21 AKG, der türkische Arbeitnehmer vom passiven Wahlrecht
ausschließt, gemeinschaftsrechtswidrig ist. Auf Grund dieses Urteils erkannte
der VfGH in seinem Erkenntnis vom 3. Dezember 2003, W I-14/99 die Wahl zur
Vollversammlung der Arbeiterkammer Vorarlberg 1999 als rechtswidrig.
Im
Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich (Rs C-465/01) hat der EuGH am
16. September 2004 schließlich entschieden, dass
1.
der Ausschluss von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus Mitgliedstaaten der
EU oder des EWR vom passiven Wahlrecht zu den Arbeiterkammern dem
Gemeinschaftsrecht widerspricht und
2.
der Ausschluss von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus Drittstaaten, mit
den denen ein Abkommen in Bezug auf die Nicht-Diskriminierung bei den
Arbeitsbedingungen besteht, vom passiven Wahlrecht zu den Betriebsräten und zu
den Arbeiterkammern ebenfalls dem Gemeinschaftsrecht widerspricht.
Aus diesen
Gerichtsentscheidungen ergibt sich folgende Rechtslage:
Staatsangehörige
von Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. des Europäischen
Wirtschaftsraumes oder Staatsangehörige eines Staates, mit dem die Gemeinschaft
ein Abkommen geschlossen hat, das den Grundsatz der Nichtdiskriminierung der
rechtmäßig in einem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer aus diesem Staat regelt, sind sowohl zum Betriebsrat als auch zur
Vollversammlung der Arbeiterkammer - bei Erfüllung der sonstigen
Wählbarkeitsvoraussetzungen - passiv wahlberechtigt.
Die
gemeinschaftsrechtskonforme Anwendung des § 21 AKG wurde bei den letzten
Arbeiterkammerwahlen 2004 mittels eines Erlasses des Bundesministers für Wirtschaft
und Arbeit an die Hauptwahlkommissionen
sichergestellt.
Allerdings genügt
die gemeinschaftsrechtskonforme Anwendung nationaler Bestimmungen, die vom
Wortlaut her gemeinschaftsrechtswidrig sind, nicht. Notwendig ist vielmehr eine
ausdrückliche Änderung gemeinschaftsrechtswidriger nationaler Regelungen, wie
sie mit dem gegenständlichen Initiativantrag vorgesehen ist.
Die vorliegende
Änderung dehnt das passive Wahlrecht auf alle Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer, unabhängig von der Staatsangehörigkeit, aus und trägt damit auch
den entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen aus der Europäischen
Sozialcharta (Art. 5) sowie aus Übereinkommen der Internationalen
Arbeitsorganisation (Übereinkommen Nr. 87) Rechnung.
Die Änderung soll
mit 1. Juli 2005 wirksam werden. In Bezug auf Betriebsratswahlen ist dabei
auf das Datum der Wahlausschreibung (§ 55 Abs. 2 ArbVG) abzustellen.
Über die Öffnung
des passiven Wahlrechts auch auf nicht-österreichische Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer hinaus soll in § 21 Z 2 AKG die bisher enthaltene
Wählbarkeitsvoraussetzung, wonach eine mindestens 2-jährige Beschäftigung in
einem die Arbeiterkammerzugehörigkeit begründenden Arbeits- oder
Beschäftigungsverhältnis in einem Bezugszeitraum von 5 Jahren vorliegen muss,
geändert werden. Sachlicher Hintergrund der Anforderung des § 21 Z 2
ist es, bei einer Wahlwerberin bzw. einem Wahlwerber eine gewisse Kenntnis des
Arbeitslebens und dessen Rahmenbedingungen vorauszusetzen, wobei dies aber
nicht unbedingt daran geknüpft wird, dass jemand eine gewisse Zeitspanne in
seiner Tätigkeit arbeiterkammerzugehörig war.“
Der Ausschuss für
Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung
am 23. November 2005 in Verhandlung genommen. Berichterstatter im
Ausschuss war der Abgeordnete Mag. Walter Tancsits. An
der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Walter Tancsits,
Maximilian Walch, Dr. Richard Leutner, Karl Öllinger, Franz Riepl, sowie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
Dr. Martin Bartenstein. und die Ausschussobfrau
Heidrun Silhavy.
Im Zuge der
Debatte haben die Abgeordneten Mag. Walter Tancsits
und Maximilian Walch einen Abänderungsantrag
eingebracht. Dieser Abänderungsantrag betrifft § 18 Abs. 3 und § 21 Z 2
Arbeiterkammergesetz. Weiters soll durch diesen Antrag die bisherige Z 3 des
Artikel 1 (Novelle zum Arbeiterkammergesetz) des Initiativantrages entfallen.
Ferner enthält dieser Abänderungsantrag eine Änderung im Einleitungssatz zum
Artikel 2 (Novelle zum Arbeitsverfassungsgesetz) und den Entfall der Z 3 im
Artikel 2.
Vom Abgeordneten
Karl Öllinger wurde ein Abänderungsantrag betreffend
§ 21 Z 2 des Arbeiterkammergesetzes gestellt.
Bei der Abstimmung
wurde der Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages
der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits und Maximilian
Walch einstimmig angenommen. Der oberwähnte
Abänderungsantrag des Abgeordneten Karl Öllinger
fand keine Mehrheit.
Ferner beschloss
der Ausschuss für Arbeit und Soziales einstimmig folgende Feststellung:
„Der Ausschuss geht davon aus, dass bei der Umsetzung der Briefwahl in
Hinkunft die Gestaltung des Briefwahldokuments österreichweit einheitlich
erfolgt und dabei besonderes Augenmerk auf den amtlichen Charakter der
Briefwahlunterlagen zu legen ist.“
Als Ergebnis
seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen
Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2005 11 23
Mag. Walter Tancsits Heidrun
Silhavy
Berichterstatter Obfrau