Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

des Abgeordneten Mag. Walter Posch

zum Bericht des Innenausschusses 1226 der Beilagen über die Regierungsvorlage (1188 der Beilagen): Bundesgesetz, mit den das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (SPG-Novelle 2006)

Die vorliegende Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz weist eine Reihe von Unwägbarkeiten auf.

So hat der im Hearing zum Sicherheitspolizeigesetz am 21.11.05 geladene Experte Prof. Adamovich, der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofes, in äußerst zurückhaltender und besonnener Weise argumentiert, dass bei dieser Materie das Prinzip der Verhältnismäßigkeit eine große Rolle spiele und die Grenzziehung nie ganz einfach sei, sodass gegebenenfalls der Verfassungsgerichtshof entscheiden wird müssen.

Zwar wies Prof. Adamovich darauf hin, dass er evidente grundrechtliche Verstöße nicht finden könne, dass aber im Sicherheitspolizeigesetz die Determinierung besonders schwierig sei und in Grundrechte tendenziell eingegriffen werde. In diesem Zusammenhang meinte Prof. Adamovich zum Institut des Rechtsschutzbeauftragten, dass man nicht alles mit dem Rechtsschutzbeauftragten ausgleichen könne.

In ähnlicher Art und Weise argumentierte auch Univ. Prof. Funk, der davon sprach, dass die Gefahrenprognose diffus und spekulativ sei und viele Begriffsbestimmungen auf Beliebigkeit hinausliefen.

In ähnlicher Art und Weise hat auch der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes in seiner Stellungnahme zur Sicherheitspolizeigesetznovelle argumentiert, als er in den Vorbemerkungen zum Gesetzesentwurf darauf hinwies, dass im Rahmen der zitierten SPG-Novelle den damit verbundenen Grundrechtseingriffen insoweit begegnet werde, als mit dem Institut des Rechtsschutzbeauftragten ein gewisser verfahrensmäßiger Rechtsschutz eingerichtet wurde.

Auch der Verfassungsdienst verweist darauf, dass vor diesem Hintergrund insbesondere im Bereich der vorgelagerten Gefahrenerforschung weitere Ausdehnungen besonders sorgfältig im Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen seien und dass gleichzeitig der begleitende Rechtsschutz umfassender zu gestalten sei.

Ähnlich argumentiert auch der Datenschutzrat, der in seiner Stellungnahme zur Sicherheitspolizeigesetznovelle insbesonders die § 54 Abs. 3 und 4 neu SPG releviert und darauf hinweist, dass in Zukunft das Instrument des so genannten „verdeckten Ermittlers“ nicht nur zur Abwehr gefährlicher Angriffe oder krimineller Verbindungen eingesetzt werden dürfe, sondern auch für die erweiterte Gefahrenerforschung.

In diesem Zusammenhang bemerkt der Datenschutzrat zu Recht, dass bei der seinerzeitigen Implementierung der erweiterten Gefahrenerforschung im Sicherheitspolizeigesetz der Gesetzgeber eine bewusste Entscheidung getroffen habe, das Instrumentarium auf das der Observation zu beschränken, weil einerseits das bloße Bestehen einer Gruppierung noch nichts über deren kriminelle Energie aussage, andererseits aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mit einem Minimum an staatlichen Eingriffsinstrumenten das Auslangen gefunden werden müsse, vor allem aus der Erwägung, dass bereits das derzeit zur Verfügung stehende Instrument der Observation von Gruppierungen als schwerer Eingriff in die Privatsphäre zu qualifizieren sei.

Außerdem werden durch eine Neufassung des § 53 Abs. 4 Sicherheitspolizeigesetz die Sicherheitsbehörden ausdrücklich ermächtigt, von privaten oder anderen Behörden mittels Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten ermittelte Daten insbesondere für die erweiterte Gefahrenerforschung zu verwenden, obwohl es zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keinerlei Regelung für die Videoüberwachung durch Private gibt.

Daher argumentiert beispielsweise das Amt der Wiener Landesregierung in seiner Stellungnahme zum Entwurf des Sicherheitspolizeigesetzes, dass es unbedingt erforderlich sei, dass zuerst die Videoüberwachung durch Private gesetzlich geregelt werde, bevor eine Weiterverwendung der so ermittelten personenbezogenen Daten durch die Sicherheitsbehörden für zulässig erklärt werde.

Dem gegenüber steht sicherlich die positive Errungenschaft eines Rechtsschutzbeauftragten, dessen Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit verfassungsgesetzlich gewährleistet ist und der durch den Bundespräsidenten bestellt werden soll.

Damit ist dem Rechtsschutzbeauftragten nicht nur ein sehr hohes Maß an Verantwortung aufgebürdet, sondern er sieht sich auch vor die schwierige Aufgabe gestellt, a priori sehr komplexe und diffuse Sachverhalte beurteilen zu müssen.

Daher stellt sich nicht nur die Frage der Effizienz des Rechtsschutzbeauftragten. Zweckmäßiger Weise wäre der Rechtsschutzbeauftragte auch als Organ des Parlaments zu installieren.