Minderheitsbericht

gemäß § 42 Abs. 4 GOG

der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter

und GenossInnen

zum Bericht 1242 der Beilagen über den Bericht des Rechnungshofausschusses gemäß § 42 Abs. 1 GOG betreffend den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes, Reihe Bund 2005/7 (III-158 der Beilagen)

 

1. Formelle Kritik

 

Die Sitzungen des Rechnungshof-Ausschusses am 9.11.2005 und 22.11.2005 waren geprägt von einer Kontrollverweigerungshaltung der Regierungsfraktionen, die sich in der Verhinderung nachfolgender von SPÖ und Grünen beantragten Auskunftspersonen äußerte:

 

Dr. Karl-Werner Fellner

Univ. Prof. Dr. Werner Doralt

HR Dr. Günter Gams

HR Mag. Christian Stöger

Mag. Matthias Winkler

Lorenz Fritz

Staatsanwalt Klackl

 

Durch die Verhinderung dieser am geprüften Vorgang wesentlich beteiligten Personen, war es nicht möglich, vom Rechnungshof erkannte Defizite bei der Erhebung der gegenständlichen Sachverhalte einer ausführlicheren Prüfung zu unterziehen. Vor allem die Vorgangsweise der Regierungsfraktionen gegenüber Univ. Prof. Doralt, der obwohl anwesend, am 25.11.2005 nicht gehört wurde, erscheint äußert bedenklich.

 

Ergänzend ist festzuhalten, dass sich Finanzminister Karl-Heinz Grasser in den letzten Wochen mehrfach dazu verstiegen hat, dem Rechnungshof parteipolitisches Verhalten vorzuwerfen, eine Entschuldigung steht aus. Weiters hat er mündlich im Ausschuss und per OTS-Aussendung die möglichen Aussagen einer Auskunftsperson (Professor Doralt) gegenüber den frei gewählten Abgeordneten als „nicht relevant“ bezeichnet, eine aus Sicht der Gewaltentrennung völlig unakzeptable Vorgangsweise.

 


2. Inhaltliche Kritik zur Homepage – Besteuerung

 

2.1 Schenkungssteuerpflicht des Vereines

Das Finanzamt für Gebühren- und Verkehrssteuern verneinte eine Schenkungssteuernpflicht mit der Argumentation, dass satzungsgemäße Zuwendungen von Vereinen schenkungssteuerfrei wären. Diese Rechtsmeinung wurde begründet durch eine Presseaussendung des BMF von Oktober 2003 und findet sich auch in einer Anfragebeantwortung des BMF wieder.

Hinsichtlich der Rechtfertigung des BMF und des Finanzamtes, dass satzungsgemäße Zuwendungen nicht der Schenkungssteuer unterworfen sind, wobei Vereine und Kapitalgesellschaften gleich behandelt würden, geht sowohl Prof. Doralt als auch der Unabhängige Finanzsenat, Außenstelle Linz, in einer Entscheidung vom 22. September 2004 (GZ RV/0484-L/04) von der Unrichtigkeit dieser Rechtsmeinung aus. Der Unabhängige Finanzsenat, Außenstelle Linz, Senat 10 hält wörtlich fest: Der Unabhängige Finanzsenat schließt sich der Rechtsansicht Doralts, wonach es bei der Beurteilung der Schenkungssteuerpflicht tatsächlich auf die Satzung der zuwendenden Kapitalgesellschaft nicht ankommen kann, an, sodass der Hinweis der Berufungswerberin auf die parlamentarische Anfragebeantwortung des Bundesministers für Finanzen vom 10. Oktober 2003, XXII. GP-NR 774/AB ins Leere geht.

Damit widerspricht der UFS der Anfragebeantwortung des Finanzministers!

 

Die Rechtsmeinung von Prof. Doralt im Detail:

„Das BMF rechtfertigt seine Haltung in der „Homepage-Affäre“ ua. damit, dass satzungsgemäße Zuwendungen eines Vereins auch bisher nicht der Schenkungssteuer unterworfen worden seien. Es wäre daher nicht gerechtfertigt, nur deswegen von dieser Praxis abzugehen, weil ein politisch brisanter Fall davon betroffen ist.

Das BMF macht mit dieser Rechtfertigung seine Haltung insoweit unangreifbar, weil es danach nicht mehr darum geht, ob die Rechtsfrage richtig beurteilt worden ist; es geht vielmehr um eine – allenfalls rechtlich angreifbare – dennoch aber bestehende Verwaltungspraxis. Öffentlich belegbar sei diese Verwaltungspraxis freilich nicht, weil die einzelnen Fälle dem Steuergeheimnis unterliegen.

Mit dieser Rechtfertigung wird sich der Rechnungshof konfrontiert sehen; auch sie hält aber einer Überprüfung nicht stand.

 

Bestehende Verwaltungspraxis

Entgegen dem BMF werden nach der bestehenden Verwaltungspraxis satzungsgemäße Zuwendungen sehr wohl der Schenkungssteuer unterworfen. Überprüfbar ist die Verwaltungspraxis am Beispiel von Kapitalgesellschaften, denn – wie das BMF bestätigt – können eigennützige Vereine und eigennützige Kapitalgesellschaften nicht unterschiedlich behandelt werden.

Ausdrücklich erklärte nämlich das BMF in seiner parlamentarischen Anfragebeantwortung zum Anlassfall, dass – genauso wie bei Vereinen – auch Zuwendungen von Kapitalgesellschaften schenkungssteuerfrei bleiben, wenn sie satzungsgemäß erfolgen
(XX GP-NR, 774/AB vom 10.10.2003; dazu Doralt, RdW 2003, 669)

Die Behandlung des BMF, dass Zuwendungen von Kapitalgesellschaften steuerfrei bleiben, ist allerdings unrichtig. Entgegen dem BMF gibt es eine jahrzehntelange Rechtsprechung des VwGH mit Entscheidungen, aus denen sich das Gegenteil ergibt; in all diesen Fällen ging es um Preisausschreiben, in keinem dieser Fälle wurde Satzungswidrigkeit behauptet und dennoch wurde Schenkungssteuer vorgeschrieben.

Besonders auffallend ist das Beispiel der Österreichischen Lotto-Toto Gesellschaft
(E 27.9.1990, 89/16/0214, 215), nicht weniger aufschlussreich die Beschwerde der „mm GmbH“, die Handys verlost hatte und ebenfalls der Schenkungssteuer unterworfen wurde; von Satzungswidrigkeit findet sich in der ganzen Entscheidung kein Wort (4.3.1999, 89/16/0196). Die Verwaltungspraxis hat lange Tradition, wie etwa die Entscheidung des VwGH aus dem Jahr 1956 belegt, in der eine „N.W.P.-VerlagsgesmbH“ als Beschwerdeführer auftrat (E 31.10.1956m 3218/54, VwSlg 1517 F).

Die Verwaltungspraxis hat sich bis heute nicht geändert. So etwa hat unlängst ein Privatradio („K.“, ebenfalls eine Kapitalgesellschaft) Beschwerde beim VfGH erhoben, weil ihm aus Anlass eines Gewinnspiels Schenkungssteuer vorgeschrieben worden ist; die Beschwerde machte die Gleichheitswidrigkeit gegenüber dem ORF geltend, der als Körperschaft öffentlichen Rechts mit seinen Gewinnspielen nicht der Schenkungssteuer unterliegt. Die Beschwerde wurde aus formalen Gründen vom VfGH zurückgewiesen, sie belegt aber, dass der vom BMF vertretene Rechtssatz, dass satzungsgemäße Zuwendungen grundsätzlich nicht der Schenkungssteuer unterliegen, bei den Finanzämtern und den Berufungsbehörden unbekannt ist. – Auch in diesem Fall ging es um eine satzungsgemäße Zuwendung, trotzdem wurde Schenkungssteuer vorgeschrieben.

 

Ohne entsprechende Verwaltungspraxis gäbe es die Judikatur nicht.

Tatsächlich kann es auf die Satzung nicht ankommen; denn dann hätten es Vereine und Kapitalgesellschaften in der Hand, den Umfang ihrer Steuerpflicht beliebig zu bestimmen (dazu Doralt , RdW 2003, 538).

 

Schlussbemerkung

Die Rechtfertigung des BMF, satzungsgemäße Zuwendungen seien bisher nicht der Schenkungssteuer unterworfen worden, wobei Vereine und Kapitalgesellschaften gleich behandelt würden, ist nachweislich falsch.“

 

2.2 Ertragssteuerpflicht des Vereines

Der Rechnungshof stellt fest, dass keine entsprechende steuerliche Beurteilung der Zahlungen der IV an den Verein durchgeführt wurden. Das Finanzamt für den 4., 5. und 10. Bezirk hatte die Zahlung als steuerfreie Spende gewertet.

Der Rechnungshof bemängelt, dass das zuständige Finanzamt keine entsprechenden Erhebungen angestellt hat.

Dazu ist festzuhalten: Die Statuten des Vereines sahen bis Ende 2001 folgenden Vereinszweck vor: Errichtung und Betrieb einer Homepage für den Finanzminister. Ab 2002 wurde dieser Satzungszweck gestrichen. Die Überweisungen der Industriellenvereinigung erfolgten im April und im November 2001. Die Freischaltung der Homepage erfolgte im Jahre 2002. Zum Zeitpunkt der Freischaltung der Website sah die Vereinssatzung die Errichtung und den Betrieb einer Homepage für den Finanzminister nicht mehr als Vereinszweck vor. Sohin war nach Ansicht des Rechnungshofes die Errichtung einer Website ausschließlich für den Finanzminister nicht satzungsgemäß.

 

2.3 Schenkungssteuerpflicht des Finanzministers

Das Finanzamt für Gebühren- und Verkehrssteuern ging davon aus, dass dem Verein ein Bereicherungswille fehlte, weshalb eine Schenkung oder freigiebige Zuwendung nicht vorliege. Dem hält der Rechnungshof entgegen, dass ein Bereicherungswille des Zuwendenden bereits dann anzunehmen ist, wenn dieser eine Bereicherungen des Empfängers bejaht bzw. in Kauf nimmt.

2.4 Einkommenssteuerpflicht des Finanzministers

Nach Ansicht des Finanzamtes für den 4., 5. und 10. Bezirk löst die Errichtung der Website eine Einkommenssteuerpflicht beim Bundesminister aus. Auf Grund einer weiteren steuerlichen Bestimmung (Absetzung von Werbungskosten) ergeben sich jedoch keine Auswirkungen für den Minister.

Unklar blieb, ob der Finanzminister überhaupt diese Zuwendung (zur Verfügungstellung einer Homepage) gegenüber dem Finanzamt deklariert und entsprechende Werbungskosten (in gleicher Höhe) abgesetzt hat.

 

3. Resümee

Das Finanzamt für den 4., 5. und 10. Bezirk befand, dass die Website nahezu ausschließlich die Person des Bundesministers zum Inhalt hatte. Zum Zeitpunkt der Freischaltung der Homepage war jedoch die Errichtung und der Betrieb einer Homepage für den Bundesminister kein Vereinszweck mehr.

Aus dieser Argumentationskette heraus ist davon auszugehen, dass sowohl beim Verein eine Schenkungssteuerpflicht als auch beim Bundesminister eine Schenkungssteuerpflicht entstand.

Da bisher keine rechtskräftigen Bescheide ausgestellt wurden bzw. auch diese durch die Finanzbehörden gemäß der Bundesabgabenordnung aufgehoben werden können ist eine Wiederaufnahme sämtlicher Verfahren jederzeit möglich und geboten.

Dr. Günther Kräuter                       Mag. Ruth Becher               Mag. Christine Lapp