1382 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (1334 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz, das Handelsgesetzbuch, das Börsegesetz, das Umwandlungsgesetz und das Spaltungsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern erlassen wird (Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006 – ÜbRÄG 2006)

 

Das österreichische Übernahmerecht soll an die internationale Entwicklung – insbesondere die Übernahme-Richtlinie – und praktische Erfahrungen angepasst werden. Unbestimmte Gesetzesbegriffe sollen näher determiniert werden. Für das auch von der Übernahme-Richtlinie vorgegebene Ausschlussrecht des Mehrheitsgesellschafters soll eine neue, allgemeine Rechtsgrundlage im Gesellschafter-Ausschlussgesetz geschaffen werden.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 23. März 2006 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dr. Christian Puswald, Mag. Walter Tancsits, Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Terezija Stoisits und Mag. Peter Michael Ikrath sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Dr. Helene Partik-Pablé einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Zu Artikel 1 (Änderung des Übernahmegesetzes):

Zu Z 1 (§ 2 ÜbG):

Hier wird ein Redaktionsversehen korrigiert.

Zu Z 2 (§ 16 Abs. 7 ÜbG):

Ein sprachliches Versehen wird berichtigt.

Zu Z 3 (§ 22 Abs. 3 Z 1 ÜbG):

Mit dem Verweis auf § 2 wird klargestellt, dass es auf die Notierung an einer österreichischen Börse ankommt, weil es nur in diesem Fall sachgerecht erscheint, auf die Kontrollschwelle nach Abs. 2 abzustellen.

Zu Z 4 (§ 23 Abs. 2, § 24 Abs. 3 Z 2 und § 25 Abs. 1 Z 5 ÜbG):

Hier werden Interpunktions- und Grammatikfehler bereinigt.

Zu Z 5 (§ 26b ÜbG):

Durch das Verfahren nach § 26b wird demjenigen, der eine Beteiligung erlangt, die Möglichkeit gegeben, in einem Verfahren vor der Übernahmekommission eine Entscheidung über die Angebotspflicht zu erreichen. Dadurch kann in Zweifelsfällen für Rechtssicherheit gesorgt werden. Für die bescheidmäßige Erledigung ist es erforderlich, dass ein Sachverhalt verwirklicht wurde, über den abgesprochen werden kann. Das kann einerseits das Erlangen der Kontrolle sein, andererseits aber auch der Abschluss des bloßen Verpflichtungsgeschäfts. Die Entscheidung hat gemäß § 30 Abs. 1 innerhalb eines Monats zu ergehen. Stellt die Übernahmekommission die Angebotspflicht fest, so kann der Beteiligte diese abwenden, indem er die kontrollierende Beteiligung abgibt. Der vorsichtige Käufer nimmt dafür eine auflösende Bedingung in den Vertrag über den Erwerb der Aktien auf. Sonst wäre zB die Veräußerung der Anteile über den Markt oder die Auflösung bzw. Änderung einer Stimmbindungsvereinbarung denkbar. In der Sache dient dieses Verfahren der Entscheidung über die in § 25 Abs. 1 Z 3 enthaltenen Ausnahmen von der Angebotspflicht; gerade bei überraschender Kontrollerlangung bietet die Verkaufsmöglichkeit einen Ausweg. Jedenfalls ist die Veräußerung nur dann rechtzeitig, wenn die Kontrolle noch nicht in einer Hauptversammlung ausgeübt wurde.

Zu Z 6 (§ 27b ÜbG):

Die Bestimmung ist um einen Verweis auf das neue Feststellungsverfahren gemäß § 26b (vgl. Z 21a) zu ergänzen.

Zu Z 7 (§ 34 ÜbG):

In § 34 werden die Bedenken des VfGH in seinem Prüfungsbeschluss (G 151 – 153/05) berücksichtigt. Alle Stimmrechte des Bieters sollen bei besonders groben Verletzungen des Gesetzes weiterhin ex lege ruhen (Abs. 1). Das gilt einerseits, wenn ein erforderliches Pflichtangebot nicht gestellt wird; dem steht eine Veröffentlichung gleich, die nur dem Namen nach ein öffentliches Angebot sein kann, zB weil keine Annahmefrist festgelegt wird. Auch eine Verletzung der Bestimmungen über die Preisbildung soll zum automatischen Ruhen führen. Bei anderen Verletzungen ist die Entscheidung der Übernahme­kommission konstitutiv für das Ruhen des Stimmrechts; diese Entscheidung ist zu erlassen, wenn das Ruhen des Stimmrechts zum Schutz der Interessen der Beteiligungspapierinhaber erforderlich ist (Abs. 3). Daneben besteht als Sanktions­möglichkeit für Rechtsverletzungen auch das Verwaltungsstrafrecht, insbesondere auch für Fälle der Verletzung von Anzeige- oder Mitteilungspflichten nach §§ 24 oder 25; hier kommt ein Ruhen des Stimmrechts nur in Betracht, wenn eine Mitteilung oder Anzeige trotz Aufforderung unterlassen wird und die Kooperation für die Erfüllung der Aufgaben der Kommission, nämlich insbesondere die Beur­teilung der Angebotspflicht, erforderlich ist (Abs. 4).

Tritt das Ruhen der Stimmrechte automatisch ein, so ist es von der Über­nahme­kommission aufzuheben, wenn die Folgen der Rechtsverletzung beseitigt wurden (Abs. 2). Auch wenn die Vermögensinteressen trotz Verletzung nicht gefährdet sind, kann das Ruhen aufgehoben werden; in diesem Fall können Auflagen erforderlich sein, um die Gefährdung zu beseitigen. In einem konstitutiven Bescheid über das Ruhen des Stimmrechts sind Bedingungen oder Auflagen festzulegen, unter denen das Ruhen beseitigt wird (Abs. 3). Bedingungen und Auflagen werden generell in Abs. 5 geregelt. War zB die Information im Angebot zu positiv, so kommt ein Rücktrittsrecht in Betracht, wobei die Übernahmekommission auch festzulegen hat, ob der Angebotspreis oder nur der Geldwert der Aktien im Zeitpunkt der Rückabwicklung zurückzugeben ist. War die Information im Angebot hingegen zu negativ, so muss das Angebot mit der richtigen Information zur Annahme offen stehen. Daneben kommen als Bedingungen oder Auflagen auch die in § 25 Abs. 2 genannten Maßnahmen in Betracht.

Zu Z 8 (§ 35 ÜbG):

Zusätzlich zu den neuen Straftatbeständen in Abs. 1 Z 5 und 6, die vor allem Verstöße gegen die neuen Anzeigepflichten nach dem 3. Teil sanktionieren, ist es – insbesondere im Hinblick auf nunmehr durch die Übernahme-RL determinierte Regelungen, für die jedenfalls wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen vorzusehen sind (vgl. Art. 17) – auch erforderlich, die Liste der unter Verwaltungsstrafdrohung stehenden Bestimmungen in Z 1 und 2 zu ergänzen. Um dem erwähnten Richtlinienauftrag voll zu entsprechen, scheint es außerdem not­wendig, die Geldstrafen in Abs. 2 um ca. 40% anzuheben.

Zu Z 9 (§ 37 ÜbG):

In der Übergangsbestimmung sind Zitate anzupassen.

 

Zu Artikel 2 (Änderung des Handelsgesetzbuchs):

Zu § 243a Z 1 HGB:

Hier werden fehlende Artikel ergänzt.

 

Zu Artikel 4 (Änderung des Umwandlungsgesetzes):

Zu Z 1 (§ 2 Abs. 3 Z 7 UmwG):

So wie im GesAusG soll auch im UmwG ein Verzicht sämtlicher Gesellschafter auf die Bestellung eines Treuhänders möglich sein; dies wird durch einen Verweis auf § 3 Abs. 10 GesAusG klargestellt.

Zu Z 2 (§ 5 Abs. 1 und 2 UmwG):

Der Systematik von § 1 GesAusG folgend soll ein Ausschluss einer maximal 10%igen Minderheit auch im Zusammenhang mit einer errichtenden Umwandlung nur dann möglich sein, wenn zumindest 90% der Anteile entweder einem Gesellschafter oder verbundenen Unternehmen gehören. Nach § 5 Abs. 2 genügt für eine errichtende Umwandlung eine Beschlussmehrheit von 90% daher nur dann, wenn die entsprechenden Anteile von einem oder – aufgrund des Verweises auf § 1 Abs. 3 GesAusG – mehreren konzernmäßig verbundenen Gesellschaftern gehalten werden; sonst ist für den Beschluss Einstimmigkeit erforderlich.

Abs. 1 wird gegenüber dem geltenden Recht insofern liberaler gestaltet, als das Erfordernis der Beteiligung der bisherigen Gesellschafter an der zu errichtenden Personengesellschaft „im gleichen Ausmaß“ entfällt. In Summe müssen bisherige Gesellschafter allerdings in Zukunft zumindest mit 90% an der Personengesellschaft beteiligt sein, weil ein Hinzutreten neuer Gesellschafter weiterhin höchstens im Ausmaß von 10% zulässig sein soll. Mit dem Wegfall der Beschränkung soll erreicht werden, dass die bisherigen Gesellschafter die Minderheitsanteile des oder der ausscheidenden Gesellschafter in beliebiger Weise ganz oder teilweise selbst übernehmen oder neue Gesellschafter zulassen können. Dadurch wird die Übertragung der Anteile der ausgeschlossenen Minderheit auf den Hauptgesellschafter beziehungsweise die gemeinsam beschlussfassenden Gesellschafter – allenfalls auch nicht proportional – ermöglicht. Im Einklang mit der bisherigen Rechtslage ist eine weitergehende Anteilsverschiebung im Zuge einer errichtenden Umwandlung unzulässig.

Ist das Nennkapital der bisherigen Kapitalgesellschaft nach der errichtenden Um­wandlung nicht mehr als Kommanditeinlage quasi gebunden, so können Gläubiger, die noch nicht Befriedigung verlangen können, unter Umständen einen Anspruch auf Sicherheitsleistung gemäß § 226 AktG geltend machen (vgl. § 5 Abs. 5 UmwG in Verbindung mit dem Verweis auf § 226 AktG in § 2 Abs. 3 UmwG).

 

Zu Art 6 (Gesellschafter-Ausschlussgesetz):

Zu Z 1 (§ 3 Abs. 5 Z 4 GesAusG):

Hier wird die Textierung gestrafft.

Zu Z 2 (§ 7 Abs. 1 GesAusG):

Das Wort „beschlussfassende“ entfällt aus sprachlichen Erwägungen.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Dr. Helene Partik-Pablé mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Ferner beschloss der Justizausschuss mit Stimmenmehrheit folgende Feststellung:

„In § 24 Übernahmegesetz in der Fassung der Regierungsvorlage werden als „Ausnahmen von der Angebotspflicht“ Fälle erfasst, in denen eine kontrollierende Beteiligung im Sinn des § 22 (also insbesondere eine unmittelbare kontrollierende Beteiligung an einer börsenotierten Gesellschaft, die mehr als 30 % der auf die ständig stimmberechtigten Aktien entfallenden Stimmrechte vermittelt), trotz Überschreiten der formalen Kontrollschwelle zu keinem beherrschenden Einfluss führt.

Die Tatbestände der Z 1 bis 4 des Abs. 3 erfassen in bloß demonstrativer Aufzählung typische Fälle, in denen es letztlich zu keinem Wechsel des Rechtsträgers kommt, der bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise den beherrschenden Einfluss ausüben kann. Diese Tatbestände können daher unter diesem Gesichtspunkt jedenfalls erweiternd interpretiert und auf ähnlich gelagerte Sachverhalte ausgedehnt werden; so können die für Stimmbindungsverträge getroffenen Wertungen auch für die Beurteilung von Holdingkonstruktionen herangezogen werden und umgekehrt. Insgesamt ist für die Frage des Wechsels des beherrschenden Rechtsträgers oder der beherrschenden Gruppe entscheidend, ob die Willensbildung durch das Hinzutreten eines oder mehrerer Rechtsträger in entscheidender Weise geändert wird und sich daraus eine mögliche Gefährdung der Interessen der Beteiligungspapierinhaber ergibt.

§ 24 Abs. 3 Z 4 erfasst nur den Abschluss oder die Auflösung eines Stimm­bindungsvertrags, nicht aber den Fall einer Änderung. Dies erklärt sich aus § 22a Z 3, wonach die Änderung der Zusammensetzung einer Gruppe gemeinsam vorgehender Rechtsträger oder ihrer Absprache nur dann zur Angebotspflicht führt, wenn die Willensbildung in der Gruppe von einem anderen Rechtsträger beherrscht werden kann. Es wäre nämlich eine sachlich nicht gerechtfertigte Fiktion, in jeder noch so kleinen Änderung des Vertrags oder der Gruppenmitglieder einen Wechsel der kontrollierenden Beteiligung zu sehen, während dies für den Abschluss und die Auflösung eines Syndikatsvertrags durchaus typisch ist. In § 24 Abs. 3 Z 4 war daher mangels Angebotspflicht der Fall der Änderung eines Stimmbindungsvertrags als Ausnahmetatbestand nicht aufzunehmen.“

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2006 03 23

Anton Doppler Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

       Berichterstatter                     Obfrau