139 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (97 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Immobilienfonds (Immobilien-Investmentfondsgesetz - ImmoInvFG) erlassen und mit dem das Bankwesengesetz, das Investmentfondsgesetz 1993, das Kapitalmarktgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Pensionskassengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden

Der vorliegende Entwurf enthält zwei grundsätzliche Projekte, nämlich

1.      die Schaffung eines Immobilienfondsgesetzes und

2.      die Anpassung des Investmentfondsgesetzes an das weiterentwickelte einschlägige Gemeinschaftsrecht.

Ad. 1: Die Idee der Kapitalanlagefonds besteht darin, dass viele Sparer aus dem breiten Publikum ihre Ersparnisse gemeinsam in einer größeren Anzahl von Vermögenswerten anlegen und dieses gemeinsame Vermögen durch Experten der Kapitalanlagegesellschaft verwalten lassen können. Diese Idee hat sich weltweit durchgesetzt, auch in Österreich besteht seit 1963 eine gesetzliche Regelung für Kapitalanlagefonds, allerdings nur für Wertpapierfonds, die sich beim Publikum einer ständig steigenden Beliebtheit erfreuen.

Aufgrund der wachsenden Nachfrage österreichischer Anleger nach Anlageprodukten, die auch für Zwecke der Pensionsvorsorge geeignet sind, drängt sich der Bedarf nach langfristig sicheren und ertragreichen Anlagemöglichkeiten in Immobilien auf. Allerdings ist für viele Sparer die Direktanlage in geeigneten Immobilien unerschwinglich, die Risikostreuung in Immobilien bleibt nur wenigen Großanlegern vorbehalten.

Daraus sowie aus dem rapiden Vordringen ausländischer Immobilienfonds auf dem österreichischen Markt ergibt sich die Notwendigkeit, ein österreichisches Immobilien-Investmentfondsgesetz sowie eine Reihe von begleitenden Novellen zu schaffen. Die Novelle zum Bankwesengesetz erstreckt die Bankenaufsicht auch auf Belange der Immobilienfonds, wobei jedoch die laufende Kontrolle der Geschäftsgebarung einer verpflichtend zu bestellenden Depotbank obliegt. Die Novelle zum Investmentfondsgesetz 1993 und die Novelle zum Kapitalmarktgesetz bezweckt die Gleichstellung ausländischer Immobilienfonds mit den übrigen ausländischen Investmentfonds hinsichtlich des öffentlichen Vertriebs im Inland, durch die Novellen zum Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetz und zum Pensionskassengesetz werden die Anlagevorschriften auf die nunmehr gesetzlich geregelten inländischen Immobilienfonds ausgedehnt.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Durch den Entwurf werden Immobilienfonds nach dem Vorbild der Investmentfonds nach dem Investmentfondsgesetz ermöglicht. Eckpunkte der Neuregelung sind:

1.      dass die Ausgabe und Verwaltung von Immobilienfonds ein Bankgeschäft darstellt, sohin unter der staatlichen Finanzmarktaufsicht ausgeübt wird;

2.      dass für die Wertermittlung der Fondsanteile das Rechenwertprinzip (= der Wert des Anteils stellt sich als von der Depotbank ermittelter Bruchteil der Gesamtsumme der Liegenschaftsbewertungen der im Fonds befindlichen Liegenschaften - und der sonstigen Vermögenswerte, abzüglich der Verbindlichkeiten - durch die Anzahl der Anteile dar) gilt;

3.      dass die Bewertung der im Fonds befindlichen Liegenschaften mindestens einmal jährlich durch zwei unabhängige Sachverständige erfolgt; die Bewertung allenfalls im Fonds befindlicher Wertpapiere erfolgt zu Kurswerten;

4.      dass gesetzliche Mindeststreuungserfordernisse für die einzelnen Fonds vorgeschrieben sind;

5.      dass zu Anlegerschutzzwecken eine Depotbankeinbindung verlangt wird und eine Vollstreckungssperre und eine Konkurssicherheit zugunsten der Anteilinhaber verfügt wird.

Finanzielle Auswirkungen:

Durch das Tätigwerden inländischer Kapitalanlagegesellschaften für Immobilien kann erwartet werden, dass die heimische Bauwirtschaft als ein zentraler Wirtschaftsbereich und damit verbunden auch der Arbeitsmarkt eine bedeutende Unterstützung finden. Über Immobilienfonds könnten, wenn die Vergleichszahlen aus der Bundesrepublik Deutschland herangezogen werden, etwa 5 bis 7 Milliarden Euro für Immobilien-Investitionen aufgebracht werden.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z  5 B-VG („Geld-, Kredit-, Börse- und Bankwesen“).

Steuerliche Begleitbestimmungen:

Zielsetzung der steuerlichen Begleitbestimmungen ist eine Gleichstellung der steuerlichen Behandlung sowohl  mit anderen Wertpapieren als auch mit der direkten Investition in Immobilien. Jedenfalls soll verhindert werden, den Immobilienfonds als Hülle über Immobilienprojekte zu legen und dadurch den Immobilienfonds als Steuersparmodell zweckzuentfremden.

Die Gleichstellung mit anderen Wertpapierveranlagungen wird durch die Einbeziehung in die Endbesteuerung erreicht. Der dadurch gegenüber Direktinvestitionen entstehende niedrigere Steuersatz von 25% soll durch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage ausgeglichen werden. Diese Basisverbreiterung besteht in einem dem cash flow sehr nahen kommenden Gewinnermittlungsprinzip.

Weiters ist bei entgeltlicher Übertragung des Anteilscheines eine Spekulationsfrist  - wie bei anderen beweglichen Sachen – von einem Jahr vorgesehen. Bei Direktveranlagung in Immobilien wäre bei durch einen Immobilienfonds vorgenommener Bewirtschaftung eine gewerbliche Tätigkeit gegeben, in welcher Wertveränderungen ohne Abstellen auf eine Spekulationsfrist stets steuerhängig bleiben. Ein entsprechender Ausgleich besteht durch die teilweise Einbeziehung von Bewertungsdifferenzen von Immobilien auf Ebene des Fonds in die Besteuerungsgrundlage.

Ad. 2.: Durch diesen Entwurf werden sowohl die Richtlinie 2001/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Januar 2002 zur Änderung der Richtlinie 85/611/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) zwecks Festlegung von Bestimmungen für Verwaltungsgesellschaften und vereinfache Prospekte als auch die Richtlinie 2001/108/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Januar 2002 zur Änderung der Richtlinie 85/611/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) hinsichtlich der Anlagen der OGAW in die österreichische Rechtsordnung umgesetzt.

Mit der Novellierung des Investmentfondsgesetzes erfolgt die notwendige Anpassung an die vorgenannten Richtlinien 2001/107/EG (ABl. L 41/20 vom 13. Februar 2002) und 2001/108/EG (ABl. L 41/35 vom 13. Februar 2002) .

Die Richtlinie 2001/107/EG enthält Neuregelungen für die Kapitalanlagegesellschaften insbesondere auf folgenden Gebieten:

       Schaffung von gleichwertigen Marktzugangsvorschriften und Ausübungsbedingungen für die Tätigkeit von Kapitalanlagegesellschaften durch die Einführung des „Europäischen Passes“ (Erteilung einer einmaligen, europaweit gültigen Zulassung an die Kapitalanlagegesellschaft durch den Herkunftsmitgliedstaat; Anwendung des Prinzips der Herkunftslandkontrolle; Ermöglichung der Erbringung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen in allen Mitgliedstaaten mittels Zweigniederlassungen oder im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs).

       Vorschreibung eines bestimmten Anfangskapitals und zusätzlicher Eigenmittel, damit die Kapitalanlagegesellschaft in der Lage ist, die sich aus ihrer Tätigkeit ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen.

       Zulassung der Vermögensverwaltung auf Einzelkundenbasis („individuelle Portfolioverwaltung“). Die individuelle Portfolioverwaltung beinhaltet auch die Verwaltung von Pensionsfonds sowie die Erbringung von spezifischen Nebendienstleistungen (z.B. die Anlageberatung hinsichtlich der in Abschnitt B des Anhangs der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 93/22/EWG genannten Instrumente; vgl. auch Anlage D Schema D des InvFG).

       Übertragung von Verwaltungsaufgaben an Dritte (Delegation) zum Zwecke einer effizienteren Geschäftsführung.

       Ausbau der Informationspflichten der Kapitalanlagegesellschaften, insbesondere durch die Einführung eines vereinfachten Prospekts.

Die Richtlinie 2001/108/EG erweitert unter Berücksichtigung der neueren Marktentwicklungen die Veranlagungsmöglichkeiten eines Kapitalanlagefonds auch auf andere hinreichend liquide Finanzanlagen als Wertpapiere (z.B. Anlage der Gelder in Bankeinlagen, Geldmarktinstrumenten, Derivaten und in anderen Kapitalanlagefonds). Es wird auch die Auswahl von Anlagewerten für ein Portfolio mittels Nachbildung eines Indexes als Managementtechnik zugelassen.

Es wird auch an der in Österreich bewährten Methode festgehalten, die Sonderorganisationsvorschriften für das Investmentgeschäft im Investmentfondsgesetz zusammenzufassen. Lediglich die Eigenmittelvorschriften werden, wie bisher, im Bankwesengesetz geregelt.

Die Kompetenz zu Regelungen des Bundes auf diesem Gebiet ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 5 B‑VG.

Die EU‑Konformität ergibt sich aus der Umsetzung der vorgenannten Richtlinien 2001/107/EG und 2001/108/EG.

Soweit im Besonderen Teil der Erläuterungen von der Organisationsrichtlinie gesprochen wird, ist die Richtlinie 2001/107/EG gemeint, soweit von der Produktrichtlinie gesprochen wird, ist die Richtlinie 2001/108/EG gemeint.

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 1. Juli 2003 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligte sich außer dem Berichterstatter der Abgeordnete Mag. Dietmar Hoscher.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn einstimmig angenommen.

Diesem Antrag war folgende Begründung beigegeben:

Zu Art. 1 (Immobilien-Investmentfondsgesetz):

zu § 7 Abs. 1:

Über die in Abs. 1 vorgesehene Verordnungsmöglichkeit der FMA soll ergänzend eine Standardisierung der Hinweise in den Prospekten möglich sein, um zu gewährleisten, dass den Anlegern aussagekräftige und auch vergleichbare Hinweise über Chancen und Risken dieser Veranlagungsform gegeben werden.

zu § 40 Abs. 1:

Obwohl Einkünfte eines Immobilienfonds Kapitaleinkünfte sind, soll die steuerliche Erfassung der Besteuerungsgrundlage entsprechend den geltenden Doppelbesteuerungsabkommen hinsichtlich der Behandlung von Einkünften aus unbeweglichem Vermögen erfolgen. Jedenfalls soll aber ein Ausgleich mit Verlusten aus Auslandsimmobilien eingeschränkt werden.

Zu Art. III (§ 13 Investmentfondsgesetz 1993):

Die Regelung soll den Vertrieb von Investmentanteilen im Ausland erleichtern.

Zu Art. IX (Einkommensteuergesetz 1988):

zu § 37 Abs. 8, § 95 Abs. 1:

Die Behandlung von Auslandseinkünften soll entsprechend den geltenden Doppelbesteuerungsabkommen erfolgen.

zu § 42 Abs. 1 Z 3 und 4:

Die Regelung dient zur Klarstellung und entspricht der bisherigen Verwaltungspraxis in ähnlichen Fällen (siehe Einkommensteuerprotokoll 2001)

zu § 93 Abs. 3 Z 7:

Es soll klar gestellt werden, dass für Inländische Fonds, die Anteilscheine an ausländischen Investmentfonds halten, keine Sicherungsteuer anfällt. Die Regelung entspricht der bisherigen Verwaltungspraxis  (Rz 7720e EStR 2000)

zu § 94a Abs. 2 Z 1, vormals § 95 Abs. 3 Z 2:

Art. IX Z 4 lit b (Änderung des § 95 Abs. 3 Z 2 EStG 1988) erscheint entbehrlich, da sich die Haftung für Steuer von inländischen Immobilien ausländischer Immobilienfonds aus der bereits bestehenden Bestimmung des § 100 Abs. 2 EStG 1988 ergibt. Der nunmehrige Regelungsinhalt der lit. d (Änderung des § 94a Abs. 2 Z 1 EStG 1988) beseitigt ein Redaktionsversehen.

Zu Art. X (§ 22 Abs. 2 Z 4 Körperschaftsteuergesetz 1988):

Die Behandlung von Auslandseinkünften soll entsprechend den geltenden Doppelbesteuerungsabkommen erfolgen.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2003 07 01

Mag. Peter Michael Ikrath Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll

       Berichterstatter                  Obmann