1407 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über den Antrag 781/A(E) der Abgeordneten Barbara Riener, Mag. Gisela Wurm, Anton Wattaul, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „SOS-Kinderdorf“, Nominierung für den Friedensnobelpreis 2006

Die Abgeordneten Barbara Riener, Mag. Gisela Wurm, Anton Wattaul, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 25. Jänner 2006 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„1949 gründete Hermann Gmeiner SOS-Kinderdorf. Das erste SOS-Kinderdorf wurde in Imst / Tirol gebaut. Seitdem ging die SOS-Kinderdorf-Idee um die ganze Welt. Um 1960 gibt es bereits zehn SOS-Kinderdörfer mit rund hundert Familien und eine Million Freunde, die mit regelmäßigen Spenden die Organisation unterstützen. 1960 wird in Strassburg SOS-Kinderdorf International als Dachorganisation von SOS-Kinderdorf mit Hermann Gmeiner als erstem Präsident ins Leben gerufen. 1963 entsteht das erste nicht-europäische SOS-Kinderdorf in Daegu, Korea. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten folgen weitere in Afrika und Lateinamerika, nach Ende des Kalten Krieges werden die ersten SOS-Kinderdörfer in Osteuropa gebaut. Die Hermann-Gmeiner-Akademie in Innsbruck wird als Schulungseinrichtung für Mitarbeiter aus der ganzen Welt, als ein internationaler Begegnungsort und als Zentrum für die Entwicklung von SOS-Kinderdorf-Konzepten in der Kinderbetreuung und Pädagogik errichtet. Am 26. April 1986 stirbt Hermann Gmeiner.

Mittlerweile (2005) sind in 132 Ländern der Welt 1.715 SOS-Kinderdorf-Einrichtungen aktiv, darunter 784 SOS-Kinderdörfer und Jugendwohneinrichtungen, in denen 59.300 Kinder und Jugendliche leben, weiters 578 Kindergärten, Schulen und Berufsbildungszentren sowie 353 Sozialzentren, medizinische Einrichtungen und Nothilfeprogramme.

SOS-Kinderdorf ist ein privates, weltweites, konfessionell und politisch unabhängiges Sozialwerk für notleidende Kinder und Jugendliche. Im Zentrum der Arbeit stehen das Kind und sein Wohlergehen.

SOS-Kinderdorf hilft langfristig, indem es verlassenen Kindern eine Familie, eine liebevolle SOS-Kinderdorf-Mutter, eine Ausbildung und damit die Hoffnung auf eine positive Zukunft ermöglicht. Die Kinder und Jugendlichen wachsen in familienähnlichen Gemeinschaften auf bis sie selbstständig für sich sorgen können. SOS-Kinderdorf ist darauf bedacht, dass die Kinder und Jugendlichen in ihrer eigenen Kultur und Religion aufwachsen können und somit ihre "Wurzeln" kennen und leben.

Durch den Bau eines SOS-Kinderdorfes profitiert aber auch die Umgebung, vor allem in den weniger entwickelten Ländern. Wenn das Schulsystem eines Landes mangelhaft und die medizinische Versorgung nicht ausreichend ist oder aber auch zuwenig Ausbildungsplätze für Jugendliche zur Verfügung stehen, hilft SOS-Kinderdorf durch den Bau eines SOS-Kindergartens, einer SOS-Hermann-Gmeiner-Schule, eines SOS-Ausbildungszentrums, eines SOS-Sozialzentrums oder eines SOS-medizinischen Zentrums. SOS-Nothilfeprogramme helfen Menschen in akuten Notsituationen rasch und unbürokratisch, zum Beispiel nach Naturkatastrophen, Krieg oder Konflikten.

In jedem Land, wo SOS-Kinderdorf tätig ist, ist es ein Ziel, einen nationalen Verein als eine selbständige juristische Körperschaft mit eigenen Statuten und eigenem Vereinsvorstand zu bilden. Alle nationalen Vereine sind Mitglieder des internationalen Dachverbandes, die Vereinsvorstände arbeiten ehrenamtlich. Jede Mitgliedsorganisation muss die internationalen Statuten und pädagogischen Prinzipien der Kinderbetreuung von SOS-Kinderdorf International sowie die Richtlinien hinsichtlich der finanziellen und administrativen Gebarung einhalten.

Die umfassende und langfristige Betreuung im Rahmen des SOS-Kinderdorfes hat in vielen Ländern eine Modellfunktion für die Fremdunterbringung von Kindern, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in ihrer Ursprungsfamilie bleiben können oder ihre leiblichen Eltern verloren haben. In der engen und erfolgreichen Zusammenarbeit mit Behörden, wissenschaftlichen Fachkreisen, anderen pädagogischen Institutionen und Hilfsorganisationen kommt diese langjährige professionelle Erfahrung zum Ausdruck. Aber auch in der Tatsache, dass häufig an SOS-Kinderdorf International mit der Bitte herangetreten wird, in einem Land, einer Region oder an einem bestimmten Ort, wo die Zahl verwaister und verlassener Kinder hoch ist und die Möglichkeiten zu ihrer Betreuung unzureichend sind, ein SOS-Kinderdorf zu errichten.

SOS-Kinderdorf International unterhält seit vielen Jahren mit einer Reihe von UN-Unterorganisationen Kontakte, sei es bei der Durchführung und Unterstützung von Hilfsprogrammen oder im Rahmen langfristig angelegter humanitärer Projekte vorrangig für Kinder, Mütter und Familien in Not.

Eine der größten Auszeichnungen für geleistete Arbeit war die mehrmalige Nominierung der Organisation SOS-Kinderdorf und ihres Gründers Hermann Gmeiner für den Friedensnobelpreis. Während der vergangenen fünf Jahrzehnte erhielten Hermann Gmeiner sowie sein Nachfolger und derzeitige Präsident Helmut Kutin in Anerkennung der SOS-Kinderdorf-Arbeit eine Vielzahl an Auszeichnungen und Ehrungen. In fast allen Ländern, in denen SOS-Kinderdorf aktiv ist, wurden der Organisation bedeutende Preise verliehen.

Bereits im Jahr 2005 hat der Nationalrat SOS-Kinderdorf International mit breiter Mehrheit für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Insbesondere das Engagement der Organisation nach der Flutkatastrophe in Südasien und nach dem Erdbeben in Pakistan hat seither zusätzliche weltweite Beachtung gefunden. Am 26. April 2006 jährt sich der Todestag von Hermann Gmeiner zum 20. Mal. Seine Idee und der beispielgebende Einsatz von SOS-Kinderdorf für die Kinder dieser Welt leben weiter.“

 

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 06. April 2006 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag einstimmig angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2006 04 06

Barbara Riener Dr. h.c. Peter Schieder

    Berichterstatterin                  Obmann