Anlage

 

Begründung

des Einspruches gegen den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird

Mit diesem Gesetzesbeschluss des Nationalrates soll die sogenannte „Quotenregelung“ für das Medizin-Studium festgelegt werden, wonach 75 Prozent der Studienplätze für InhaberInnen von österreichischen Reifezeugnissen, 20 Prozent für Studierende aus der EU sowie 5 Prozent der StudentInnen außerhalb der EU, vorgesehen ist. Damit soll einer schwerwiegenden Störung der Homogenität des Bildungssystems begegnet werden, die dann vorliegt, wenn der erhöhte Zustrom das Recht auf Bildung und den Zugang zur Hochschulbildung der InhaberInnen in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse stark beschränkt. In den Studien Human- und Zahnmedizin ist dies besonders der Fall, wenn die öffentliche Gesundheit einschließlich der Wahrung einer ausgewogenen, allen zugänglichen und auf hohem Niveau stehenden ärztlichen Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigt ist. Die Regelung soll zunächst für zwei Jahre gelten und in diesem Zeitraum einer Evaluation unterzogen werden.

Prinzipiell kann diese Regelung als vorübergehende „Notwehr-Aktion“ gesehen werden, um die Studierenden mit österreichischen Reifezeugnissen nicht zu benachteiligen. Allerdings konnte bisher nicht von der Bundesregierung sichergestellt werden, dass die Europäische Kommission diese Maßnahme als EU-konform akzeptiert. Der zuständige EU-Bildungskommissär Jan Figel wolle erst nach Beschluss dieses Gesetzes endgültig dazu Stellung nehmen, allerdings hatte Jan Figel Ende Jänner 2006 noch betont, dass die EU „kein großer Freund von Quoten“ sei.

Vor allem bleiben die Zugangsbeschränkungen für die nicht-medizinischen Fächer, wie Biologie, Pharmazie, Psychologie, Betriebswirtschaft, Kommunikationswissenschaften und Publizistik, die die Regierungsparteien in einem überfallsartigen Gesetzesbeschluss im Vorjahr den einzelnen Universitäten ermöglicht haben, weiter aufrecht.

Diese Zugangsbeschränkungen wurden an den Universitätsstandorten in den einzelnen Bundesländern völlig unterschiedlich gehandhabt:

So haben an der Universität Wien 750 Psychologie-StudentInnen, die im Wintersemester zum Auswahlverfahren angetreten sind, 450 diese Hürde positiv absolviert, in der Pharmazie 122 von 217. In Betriebswirtschaftslehre und Publizistik wurde an der Universität Wien der Zugang aufgrund der geringen Anmeldezahlen nicht beschränkt.

An der Universität Graz wurden im Rahmen eines Auswahlverfahrens von den inskribierten 178 Pharmazie-StudentInnen 117 ausgewählt, rund 60 abgewiesen.

An der Universität Salzburg wurde niemand abgewiesen sowohl in der Kommunikationswissenschaft als auch in der Psychologie erschienen weniger InteressentInnen zum Aufnahmetest als freie Studienplätze verfügbar waren. In der Biologie verzichtete man auf Studienplatzbeschränkungen.

An der Universität Innsbruck gab es nur in Psychologie ein Auswahlverfahren: 435 Erstsemestrige nahmen das Studienjahr in Angriff, 278 davon absolvierten das Verfahren vollständig, 240 werden aufgenommen. Für Biologie, Betriebswirtschaftslehre und Pharmazie wurde das ursprünglich geplante Auswahlverfahren später ausgesetzt.

An der Universität Linz wurde in Betriebswirtschaftslehre auf Zugangsbeschränkungen verzichtet.

An der Wirtschaftsuniversität Wien erfolgt die Auswahl erst nach zwei Semestern.

An der Universität Klagenfurt wurde sowohl in Betriebswirtschaftslehre als auch in Psychologie und Publizistik aufgrund des geringen Andrangs auf Beschränkungen verzichtet (Angaben laut APA vom 14.2.2006).

Es kann also davon ausgegangen werden, dass lediglich für insgesamt 350 bis 400 Studierende entsprechende Plätze fehlen. Angesichts der Tatsache, dass in diesen nicht-medizinischen Fächern die Kosten für den einzelnen Studienplatz weit unter den Kosten für ein Medizin-Studium liegen, müssten die fehlenden Mittel seitens der Bundesregierung rasch bereitgestellt werden, um dieser relativ kleinen Anzahl von jungen Menschen das Studium zu ermöglichen. Die Bundesregierung ist aber erst ab dem Jahr 2007 bereit, die notwendigen Geldmittel für die Universitäten zur Verfügung zu stellen. Unklar ist auch nach wie vor, ob die abgewiesenen StudentInnen aufgrund mangelnder Studienplätze unschuldig Familien- und Studienförderung verloren haben.

Die Zugangsbeschränkungen in den nicht-medizinischen Fächern sollten daher sofort fallen, um die Chancengleichheit für alle Studierwilligen unabhängig vom Universitätsstandort in den Bundesländern sicherzustellen.

Die Zugangsbeschränkungen sind auch vor dem Hintergrund der Position Österreichs im internationalen Vergleich zu sehen: Österreichs Hochschulzugangsquote liegt bei 35 Prozent, während im OECD-Ländermittel 53 Prozent eines Maturajahrganges studieren. In der OECD studiert also jede/r Zweite, in Österreich nur jede/r Dritte eines Maturajahrgangs. Daraus resultiert eine im internationalen Vergleich niedrige AkademikerInnenquote: Mit 15 Prozent liegt Österreich weit unter dem OECD-Schnitt von 24 Prozent. In den USA, in Japan, Finnland, Schweden und Australien liegt die AkademikerInnenquote über 30 Prozent.

Niedrige MaturantInnenquoten und unterdurchschnittliche Hochschulzugangsquoten verschlechtern Österreichs Bildungsposition und legitimieren die Forderung nach höheren Studierendenzahlen. Allein um den OECD-Schnitt der Übertrittsquoten an die Universitäten zu erreichen, bräuchten wir 100.000 Studierende mehr.

Aus all den genannten Gründen wird daher der Antrag gestellt, gegen den genannten Gesetzesbeschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben.