1478 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales
über die
Regierungsvorlage (1445 der Beilagen): Europäisches Übereinkommen über die
Entschädigung für Opfer von Gewalttaten samt Vorbehalt und Erklärung der
Republik Österreich
Das
gegenständliche im Rahmen des Europarates ausgearbeitete Übereinkommen sieht
Regelungen für Opfer vorsätzlicher Gewalttaten sowie für die
unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen, der infolge solcher Straftaten
verstorbenen Opfer vor. Das Übereinkommen enthält keine verfassungsändernden
bzw. keine verfassungsergänzenden Bestimmungen. Es ist der unmittelbaren
Anwendbarkeit im innerstaatliche Rechtsbereich nicht zulässig, sodass die
Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs.2 B-VG erforderlich ist. Das
Übereinkommen wurde bereits durch das Verbrechensopfergesetz (BGBl. Nr.
288/1972 idgF) umgesetzt.
Das Übereinkommen
normiert, dass diese Opfer durch den Staat zu entschädigen sind, in dessen
Hoheitsgebiet die Straftat begangen wurde, soweit eine Entschädigung nicht in
vollem Umfang aus anderen Quellen erhältlich ist. Die Entschädigung ist an
Staatsangehörige von Vertragsstaaten dieses Übereinkommens und an
Staatsangehörige aller Mitgliedstaaten des Europarates, die ihren ständigen
Aufenthalt in dem Staat haben, in dessen Hoheitsgebiet die Straftat begangen
worden ist, zu leisten. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, näher
bezeichnete Mindestentschädigungsleistungen zu erbringen.
Das Übereinkommen
ist am 1. Februar 1988 objektiv in Kraft getreten und wurde bereits von 20
Mitgliedstaaten des Europarates ratifiziert. (Nach dem Inkrafttreten des
Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarates gemäß Art. 16 des
Übereinkommens auch jeden Nichtmitgliedstaat des Europarates einladen, dem
Übereinkommen beizutreten.)
Das Bundesgesetz
vom 9. Juli 1972 über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen
(Verbrechensopfergesetz - VOG), BGBl. Nr. 288/1972 idgF, erfüllt
zahlreiche wesentliche Grundsätze des Übereinkommens bereits seit Jahrzehnten,
wobei die im Übereinkommen angeführten Entschädigungsleistungen schon in der
Stammfassung des VOG vorgesehen waren.
Einer Ratifikation
des Übereinkommens durch Österreich ist bislang ausschließlich entgegengestanden,
dass das VOG nur die Entschädigung von EU- bzw. EWR-Staatsangehörigen
ermöglichte und somit Art. 3 des Übereinkommens nicht vollständig erfüllt
war, da in Österreich geschädigte Drittstaatsangehörige bislang vom VOG nicht
umfasst waren.
Mit dem
Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2005 (VRÄG 2005), BGBl. I
Nr. 48/2005, wurde das Verbrechensopfergesetz novelliert und die
Richtlinie 2004/80/EG des Rates vom 29. April 2004 zur Entschädigung der Opfer
von Straftaten (ABl. Nr. L 261 vom 6.August 2004, S. 15),
welche zur Etablierung eines gerechten und angemessenen innerstaatlichen
Entschädigungssystems verpflichtet und den Zugang zur Entschädigung in
grenzüberschreitenden Fällen erleichtert, umgesetzt. Zudem normiert der mit 1.
Juli 2005 in Kraft getretene § 1 Abs. 7 VOG, dass allen
Drittstaatsangehörigen Hilfe zu leisten ist, wenn die strafbare Handlung nach
dem 30. Juni 2005 im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug,
unabhängig davon, wo sich dieses befindet, begangen wurde und sie sich zum Zeitpunkt
der Handlung dort rechtmäßig aufgehalten haben.
Auf Grund der
Aufnahme dieser Regelung in das VOG erfüllt Österreich nunmehr auch die
Vorgaben des Übereinkommens hinsichtlich des anspruchsberechtigten
Personenkreises, sodass einer Ratifikation des Übereinkommens durch Österreich
nichts mehr entgegensteht.
In Anlehnung an
die innerstaatliche Regelung muss Österreich allerdings anlässlich der
Ratifikation des Übereinkommens einen Vorbehalt zu Art. 3 abgeben, dass
das Übereinkommen für Personen, die nicht Unionsbürger oder Staatsangehörige
von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind,
nur dann Anwendung findet, wenn die Straftat gegen sie nach dem 30. Juni 2005
in Österreich oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug,
unabhängig davon, wo sich dieses befindet, begangen wurde und wenn sie sich
dort zum Tatzeitpunkt rechtmäßig aufgehalten haben.
Als zentrale
Behörde im Sinne des Art. 12 soll das Bundesamt für Soziales und
Behindertenwesen (Bundessozialamt) bestimmt werden, das bereits für die
Durchführung des VOG zuständig ist. Anlässlich der Ratifikation des
Übereinkommens wird Österreich eine diesbezügliche Erklärung abgeben.
In den
Erläuterungen der Regierungsvorlage wird darauf hingewiesen, dass durch die
Ratifikation des Übereinkommens durch Österreich keine finanziellen Mehrkosten
erwachsen werden.
Der
gegenständliche Staatsvertrag hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden
Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung
durch den Nationalrat. Er enthält keine verfassungsändernden oder
verfassungsergänzenden Bestimmungen. Der Staatsvertrag ist der unmittelbaren
Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich nicht zugänglich, sodass eine
Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG erforderlich ist.
Eine Zustimmung
des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht
erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich
der Länder betreffen, geregelt werden.
Der Staatsvertrag
ist in englischer und französischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut
gleichermaßen verbindlich ist. In der Regierungsvorlage liegt gleichzeitig auch
eine deutsche Übersetzung vor.
Der Ausschuss für
Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am
16. Mai 2006 in Verhandlung genommen. Berichterstatter im Ausschuss war
der Abgeordnete Maximilian Walch. An der Debatte beteiligten sich die
Abgeordneten Franz Riepl und Karl Öllinger.
Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:
1. Der Abschluss des Staatsvertrages (1445 der Beilagen): Europäisches Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten samt Vorbehalt und Erklärung der Republik Österreich wird genehmigt.
2. Dieser
Staatsvertrag ist im Sinne des
Art. 50 Abs. 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.
Wien, 2006 05 16
Maximilian
Walch Heidrun
Silhavy
Berichterstatter Obfrau