1479 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales
über den Antrag 820/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Heidrun Silhavy, Maximilian Walch, Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (12. Novelle zum NVG 1972)
Die Abgeordneten Mag.
Walter Tancsits, Heidrun Silhavy, Maximilian Walch, Karl Öllinger und
Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am
26. April 2006 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„A. Allgemeines
Der
Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat mit Erkenntnis vom 28. Juni 2004 die
Bestimmungen des Notarversicherungsgesetzes 1972 (NVG 1972) in der
Fassung der 9. Novelle (BGBl. I Nr. 139/2000) betreffend die
Bemessung der Zusatzpension (§ 48 Abs. 2), die Pensionsabschläge
(§ 52a) sowie die diesbezüglichen Übergangsbestimmungen (§ 107
Abs. 5 und 6) als verfassungswidrig aufgehoben.
Gleichzeitig wurde
§ 48 Abs. 2 NVG 1972 in der Fassung der 5. Novelle (BGBl.
Nr. 116/1986) wieder in Kraft gesetzt. Die Aufhebung trat mit
1. September 2004 in Kraft (vgl. die Kundmachung vom 4. August 2004,
BGBl. I Nr. 101).
Die wesentlichsten Feststellungen
des VfGH sind:
· Das NVG 1972 habe seit jeher vorrangig die Festsetzung eines entsprechend höheren
Beitragssatzes und die Auflösung von Rücklagen als Maßnahmen zur Sicherung
dieses Systems vorgesehen und die Notarversicherung habe von diesen
Möglichkeiten in den vergangenen Jahrzehnten stets Gebrauch gemacht.
· Das mit der 9. Novelle zum
NVG 1972 angestrebte Ziel hätte allenfalls auch durch eine ausgewogenere
Verteilung der Lasten innerhalb der Solidargemeinschaft, etwa durch mildere
Kürzungen im Leistungsrecht in Verbindung mit anderen – insbesondere auch beitragsseitigen – Maßnahmen, erreicht werden können.
· Bei der Festlegung des Verhältnisses
zwischen Beitragspflicht und Leistungsanspruch komme dem Gesetzgeber im
Sozialversicherungsrecht zwar ein gewisser rechtspolitischer Spielraum zu, der
allerdings bei Eingriffen zur Verminderung oder zur Erschwerung des Erwerbs von
Leistungen bzw. Anwartschaften führe, er wäre jedoch dort beschränkt, wo auf
Grund früherer Regelungen Pensionsanwartschaften entstanden oder
Pensionsleistungen angefallen seien.
· Daher seien abhängig von den jeweiligen
Geburtenjahrgängen mit zunehmender Intensität des Eingriffs entsprechend längere
Übergangszeiträume vorzusehen
und dürfen die knapp vor dem Pensionsalter stehenden Personen im Vergleich zu
den gerade in Ruhestand getretenen Personen nicht in unverhältnismäßiger Weise
benachteiligt werden.
· Soweit im Fall der hier in Rede stehenden
Altersversorgung der Notare/Notarinnen die Sicherung der Finanzierung des
Systems auch für künftige PensionsbezieherInnen in Frage steht, liegt auch nach
Ansicht des VfGH zweifellos ein gewichtiges öffentliches Interesse vor.
Die vorliegende Novelle baut grundsätzlich auf den bereits mit der
9. Novelle zum NVG 1972 verfolgten Zielen auf, setzt jedoch die zur
Erreichung dieser Ziele notwendigen Maßnahmen – auf Basis der Feststellungen
des VfGH in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2004 – mit sehr umfassenden
Übergangs- und Schutzbestimmungen („Verlustdeckelung“) und weiteren
flankierenden gesetzlichen Änderungen um. Die Maßnahmen sind insbesondere im
Einzelnen:
· Schrittweise Verlängerung
des Durchrechnungszeitraumes bei der Berechnung der Zusatzpension von 18 auf
30 Jahre;
· schrittweise Reduktion
des Prozentsatzes bei der Berechnung der Zusatzpension von 19 % auf
16 %;
· stufenweise Erhöhung des
Regelpensionsalters vom 65. auf das vollendete 70. Lebensjahr;
· Einführung einer
vorzeitigen Alterspension ab dem vollendeten 67. Lebensjahr;
· Verpflichtung zur
Durchführung langfristiger Prognoserechnungen;
· Einführung eines Junktims
zwischen Pensionserhöhung und Veränderung der Beitragseinnahmen;
· Wertsicherung von
Mindestpensionen;
· Verstärkung der
degressiven Pensionsanpassung insbesondere bei höheren Pensionen;
· Einführung von
Pensionsabschlägen bei Pensionsantritt vor Erreichen des Regelpensionsalters;
· Regelung der Bildung und
Auflösung von Rücklagen.
Darüber hinaus werden einige redaktionelle Änderungen und Anpassungen an
die geltende Rechtslage in anderen, auf die Notarversicherung einwirkenden
Bereichen vorgenommen.
B. Kompetenzgrundlage
In kompetenzrechtlicher Hinsicht
stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10
Abs. 1 Z 11 B‑VG („Sozialversicherungswesen“).
C. Zu den einzelnen Bestimmungen
Zu den
Z 1, 13 bis 15 und 18 bis 20 (§§ 2 Z 11, 40 Z 1,
46a, 47 Abs. 2, 51, 51a und 52):
Im Zusammenhang mit der stufenweisen Anhebung des Regelpensionsalters auf das 70. Lebensjahr (siehe Z 18, Änderung des § 51) – entsprechend der Altersgrenze gemäß der Notariatsordnung (§§ 19 und 118a NO) – wird nun eine „vorzeitige Alterspension“ eingeführt, die den Notaren und Notarinnen die Möglichkeit einräumt, bereits ab Vollendung des 67. Lebensjahres – das heißt zwei Jahre nach dem „alten“ Regelpensionsalter – eine Pension (mit Pensionsabschlägen) in Anspruch zu nehmen, ohne gleichzeitig berufsunfähig sein zu müssen.
Auf Grund der Übergangsbestimmungen zur Anhebung des Regelpensionsalters vom 65. auf das 70. Lebensjahr kann eine „vorzeitige Alterspension“ mit Vollendung des 67. Lebensjahres frühestens im Jahr 2016 anfallen.
Zu den
Z 2 und 16 (§§ 2 Z 17 bis 19 und 48 Abs. 2):
Die schrittweise Verlängerung des Durchrechnungszeitraumes von 18 auf 30 Jahre in Verbindung mit der Reduktion des Beitragssatzes für die Bemessung der Zusatzpension von 19 % auf 16 % entspricht im Wesentlichen den mittlerweile aufgehobenen Bestimmungen der 9. Novelle zum NVG 1972. Allerdings wurden jetzt, um – unter Berücksichtigung der Ausführungen des VfGH in dessen Erkenntnis vom 28. Juni 2004 – den Vertrauensschutz zu wahren, wesentlich längere Übergangsbestimmungen vorgesehen, sodass der Bemessungszeitraum von 30 Jahren erstmals bei Pensionen mit einem Stichtag im Jahr 2018 zum Tragen kommen wird; der Pensionsprozentsatz von 16 % für die Bemessung der Zusatzpension gelangt erst bei Pensionen ab einem Stichtag im Jahr 2016 zur Anwendung.
Auch die Veränderung der Faktoren zur Kürzung der Zusatzpension von derzeit 100 % - 60 % - 50 % - 40 % auf 100 % - 55 % - 45 % - 30 % entspricht den mittlerweile vom VfGH aufgehobenen Bestimmungen der 9. Novelle zum NVG 1972, sie wird jedoch nunmehr mit einer Übergangsfrist von fünf Jahren stufenweise vorgenommen. Dadurch wird Gewähr geleistet, dass der Vertrauensschutz eingehalten wird, zumal sämtliche Maßnahmen auch in Summe im Durchschnitt Pensionskürzungen abhängig vom Pensionsantrittsalter und vom Jahr des Pensionsantritts lediglich zwischen 1,4 % und 2,4 % pro Jahr zur Folge haben.
Insbesondere im Hinblick auf die vereinfachte Darstellung der Übergangsregelung im Zusammenhang mit der Bemessung der Zusatzpension in Tabellenform erscheint es zielführend, die Bedeutung der Begriffe „Pensionsprozentsatz“, „Durchrechnungszeitraum“ und „Anrechnungszeitraum“ im § 2 zu definieren.
Zu Z 3
(§ 9 Abs. 3):
Wesentlich in dieser Bestimmung ist zunächst, dass sie die Vornahme von langfristigen Prognoseberechnungen über die finanzielle Entwicklung der Versicherungsanstalt vorschreibt. Da die Versicherungsanstalt ohnedies seit einigen Jahren regelmäßig derartige Prognoserechnungen über einen Zeitraum von mittlerweile mehr als 30 Jahren durchführen lässt, sind im Hinblick auf den nunmehr vorgeschriebenen Prognosezeitraum von mindestens 20 Jahren derartige Berechnungen nicht jährlich vorzunehmen, sondern im Abstand von mehreren Jahren ausreichend.
Neu ist weiters die Bindung der Festsetzung des Beitragssatzes an die Höhe der liquiden Rücklage insofern, als diese ein Drittel der Ausgaben eines Geschäftsjahres nicht unterschreiten und die Summe sämtlicher Versicherungsleistungen eines Jahres nicht überschreiten soll (vgl. § 78a Abs. 3). Eine ähnliche Bestimmung findet sich im Übrigen im deutschen Sozialgesetzbuch (§ 158 SGB VI).
Der vorliegende Novellenentwurf sieht im Abs. 2 des § 20 eine Koppelung der Pensionsanpassung an die Entwicklung der Erträge aus Beitragseinnahmen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre vor; dadurch soll verhindert werden, dass kurzfristig Finanzierungsengpässe in der Notarversicherung eintreten.
Auf Grund dieses nunmehr mit § 20 Abs. 2 einzuführenden Mechanismus erübrigt sich die Einräumung der Möglichkeit, rückwirkend für das laufende Geschäftsjahr den Beitragssatz durch Beschluss der Hauptversammlung zu erhöhen, zumal gerade der § 20 Abs. 2 das Eintreten einer Situation, wie sie in der aufzuhebenden Bestimmung beschrieben ist, verhindern soll.
Zu Z 4
(§ 10 Abs. 1 Z 1):
Die Bezahlung der Beiträge zur Notarversicherung von unselbständigen Notariatskandidaten/Notariatskandidatinnen erfolgt nach § 12 NVG 1972 im Wege der Einbehaltung und Abfuhr durch den Dienstgeber.
Beim einzelnen Notariatskandidaten wird regelmäßig durch Geltendmachung von Werbungskosten (§ 16 EStG 1988) das lohnsteuerpflichtige Einkommen durch Vornahme der Arbeitnehmerveranlagung nach § 41 EStG 1988 verringert.
Seit der letzten Änderung dieser Bestimmung durch die 5. Novelle zum NVG 1972 (BGBl. Nr. 116/1986) mit Wirkung ab dem 1. Jänner 1986 hat sich das Berufsbild des Notariatskandidaten wesentlich geändert und es fallen damit auch mehr mit der notariellen Tätigkeit verbundene Werbungskosten an.
Da die bisherige Ungleichbehandlung zwischen dem unselbständig tätigen Notariatskandidaten und dem selbständigen Notar im Hinblick auf diese mittlerweile eingetretenen Veränderungen im Tätigkeitsbild des Notariatskandidaten nicht mehr sachlich zu rechtfertigen ist, soll künftig der Abzug der Werbungskosten dem Abzug der Betriebausgaben beim selbständigen Einkommen nach § 4 Abs. 4 EStG 1988 gleichgehalten werden. Im Zuge dessen soll der Notariatskandidat auch die Möglichkeit erhalten, wie der selbständige Notar (vgl. § 4 Abs. 4 Z 1 lit. b EStG 1988) die Beiträge zur Krankenversicherung, die bereits lohnsteuermindernd als Werbungskosten anerkannt wurden, auch beitragsmindernd geltend zu machen. Zu beachten ist dabei allerdings, dass Beiträge zur Krankenversicherung, die der Notar für den Notariatskandidaten eingezahlt hat, nur einmal – entweder vom Notariatskandidaten oder von dem die Krankenversicherungsbeiträge für diesen einzahlenden Ausbildungsnotar – beitragsmindernd berücksichtigt werden können.
Zu Z 5
(§ 10a Abs. 1):
Diese Änderung dient lediglich der Klarstellung, dass von den Pensionssonderzahlungen keine Solidaritätsbeiträge eingehoben werden.
Zu den
Z 6 und 7 (§ 15 Abs. 2 und 5):
Die Bagatellgrenze im § 15 Abs. 2 wurde mit der vierten Novelle zum NVG 1972 (BGBl. Nr. 593/1981) eingeführt und blieb seit deren In‑Kraft Treten am 1. Jänner 1982 unverändert. Unter Berücksichtigung der Veränderungen der jeweiligen Verbraucherpreisindizes seit 1982 erscheint eine Erhöhung der Bagatellgrenze um rund 100 % angemessen.
Der Begriff „Eskomptierungen der Oesterreichischen Nationalbank“ wurde bereits ab 1. Jänner 1999 durch das Euro-Justiz-Begleitgesetz (BGBl. I Nr. 125/1998) beseitigt. Die Änderung des § 15 Abs. 5 stellt daher lediglich eine Anpassung an die geltende Rechtslage dar.
Zu den
Z 8 und 12 (§§ 16 Abs. 1 und 38 Abs. 4):
Diese Änderungen stellen durch die Novellierung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (BGBl. Nr. 53/1991) bedingte redaktionelle Anpassungen dar.
Zu Z 9
(§ 20 Abs. 2):
Mit der 8. Novelle zum NVG 1972 (BGBl. Nr. 416/1996) wurde der zweite Absatz des § 20, der eine unterschiedliche Anpassung der Zusatzpension gegenüber dem Grund- und dem Steigerungsbetrag festlegte, aufgehoben.
In dem nunmehr vorgesehenen Abs. 2 soll im Sinne einer Zielvorgabe ein Junktim zwischen den Beitragseinnahmen und der Anpassung der Pensionen eingeführt werden, zumal unter Berücksichtigung der jeweiligen finanziellen Lage der Versicherungsanstalt höchstens so viel an die Pensionisten – in Form von Pensionen und deren Erhöhungen – weitergegeben werden kann, als die Versicherungsanstalt an Einnahmen – und hier vor allem durch die Beiträge der Pflichtversicherten – gleichsam erwirtschaftet. Dabei ist bei der Berechnung der Veränderung der Beitragserträge der einzelnen Jahre darauf Bedacht zu nehmen, dass jeweils der gleiche Beitragssatz zur Anwendung kommt, auch wenn in diesen Jahren unterschiedliche Beitragssätze gegolten haben; in diesem Fall ist der höchste Beitragssatz maßgeblich.
Zu Z 10
(§ 20 Abs. 6 bis 8):
Auch hier handelt es sich um Maßnahmen zur Sicherung der langfristigen Finanzierung der Notarversicherung. Um ein Gleichgewicht zwischen der Einnahmen- und der Ausgabenseite sowie zwischen den Beiträgen der Aktiven (Notare und Notariatskandidaten) und der Pensionisten herzustellen, ist es erforderlich, die degressive Gestaltung der Anpassungsfaktoren zu verstärken; dadurch werden vor allem überdurchschnittlich hohe Pensionen eingedämmt und es wird der Pensionsaufwand reduziert.
Wie die Prognoserechnungen der Versicherungsmathematiker Pagler & Pagler zeigen, bewirken weder diese Maßnahme für sich noch sämtliche mit der vorliegenden Novelle gesetzten Maßnahmen kumulativ eine derartige Pensionskürzung, dass der Vertrauensschutz nicht mehr gewährleistet wäre.
Zu Z 11
(§ 20a):
Durch die Wertanpassung der Mindestpensionen zumindest entsprechend der Teuerungsrate in Form von Einmalzahlungen zur Pension soll insbesondere eine Aufrechterhaltung des gewohnten Lebensstandards gerade bei den Beziehern und Bezieherinnen niedriger Pensionen gewährleistet und damit die Gefahr sozialer Ausgrenzung weitgehend vermieden werden.
Zu Z 17 (§ 48 Abs. 10):
Durch die „Verlustdeckelung“ soll gewährleistet werden, dass die mit dem vorliegenden Gesetzentwurf geplanten Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bemessung der Zusatzpension nicht zu unbilligen Härten gegenüber den Versicherten und zu Verstößen gegen den verfassungsrechtlich gewährleisteten Vertrauensschutz führen. Vorläufige Vorausberechnungen haben ergeben, dass bei einer jährlichen Erhöhung der Beitragsgrundlagen um 1 % und einem Pensionsantritt – entsprechend dem derzeitigen durchschnittlichen faktischen Pensionsantrittsalter – mit 1. Februar des auf die Vollendung des 68. Lebensjahres folgenden Jahres die durchschnittliche Kürzung der Pension durch die mit dieser Novelle geplanten Maßnahmen gegenüber der derzeitigen Rechtslage
im Jahr 2007 1,64 %,
im Jahr 2008 2,92 %,
im Jahr 2009 3,92 %,
im Jahr 2010 4,37 %,
im Jahr 2011 6,24 %,
im Jahr 2012 7,95 %,
im Jahr 2013 10,18 %,
im Jahr 2014 12,94 %,
im Jahr 2015 10,66 %,
im Jahr 2016 16,02 %,
im Jahr 2017 13,99 %,
im Jahr 2018 14,02 %,
im Jahr 2019 14,84 %,
im Jahr 2020 14,23 %,
im Jahr 2021 15,08 %,
im Jahr 2022 14,38 %,
im Jahr 2023 11,36 %,
im Jahr 2024 17,87 %,
im Jahr 2025 18,50 %,
im Jahr 2026 19,12 %
und
im Jahr 2027 18,42 %
voraussichtlich betragen würde. Es wird allerdings darauf hingewiesen, dass diese langfristigen Vorausberechnungen auf fiktiven Annahmen beruhen; davon abweichende tatsächliche Berechnungsgrundlagen können daher auch zu anderen als den oben aufgelisteten Prozentsätzen führen.
Zu den Z 18 und 31 (§§ 51 und 112
Abs. 3):
Seit In–Kraft‑Treten der Stammfassung des NVG 1972 (mit 1. Jänner 1972) war nach Auffassung des VfGH das Regelpensionsalter für die Alterspension das 65. Lebensjahr. Nach den berufsrechtlichen Bestimmungen hat allerdings ein Notar erst mit Ablauf des 31. Jänner nach dem Kalenderjahr, in dem der Notar das 70. Lebensjahr vollendet hat, die Altersgrenze erreicht (§ 19 Abs. 1 lit. e der Notariatsordnung). Das durchschnittliche faktische Pensionsantrittsalter lag (bei den Alterspensionen) in den letzten zehn Jahren ca. sechs Monate über dem 68. Lebensjahr.
Im Hinblick auf das durchschnittliche faktische Pensionsantrittsalter und die Tatsache, dass die durchschnittliche Lebenserwartung in Österreich seit dem Jahr 1972 um mehr als fünf Jahre gestiegen ist, erscheint eine Anhebung des Regelpensionsalters – mit Übergangsbestimmungen bis in das Jahr 2022 – und damit auch eine weitgehende Anpassung an die Altersgrenze gemäß der Notariatsordnung auf das 70. Lebensjahr gerechtfertigt.
In diesem
Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass mit dem
Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000, BGBl. I Nr. 92, eine Anhebung
des Pensionsanfallsalters für die vorzeitige Alterspension nach § 253b
ASVG um zwei Monate pro Quartal in einem Zeitraum von insgesamt zwei Jahren,
somit um insgesamt achtzehn Monate erfolgte. In seinem Erkenntnis vom
27. Juni 2003 (G 300 – 314/02) stellte der VfGH klar, dass eine
solche schrittweise Erhöhung des Pensionsantrittsalters nicht derart intensiv
ist, dass daraus eine Verfassungswidrigkeit – auf Grund einer Verletzung des
Vertrauensschutzes – resultieren würde. Auch mit dem
Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I Nr. 71, erfolgte eine weitere
Anhebung des Anfallsalters für die vorzeitige Alterspension nach dem ASVG um
einen bzw. zwei Monate pro Quartal, wobei in den Erläuternden Bemerkungen zu
dieser Regelung ausdrücklich auf das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000
Bezug genommen wird.
Die nunmehr im
NVG 1972 vorgesehenen Übergangsbestimmungen im Zusammenhang mit der
Anhebung des Regelpensionsalters auf das 70. Lebensjahr bis 2022 sehen
eine Anhebung um einen Monat pro Quartal (und damit um vier Monate pro Jahr)
vor, womit diese Erhöhung als noch weniger intensiv zu qualifizieren ist als
die oben erläuterten Maßnahmen betreffend die vorzeitige Alterspension nach dem
ASVG.
Zu Z 21
(§ 52a):
Durch die Einführung einer „vorzeitigen Alterspension“ erhält der Versicherte die Möglichkeit, bereits vor Erreichen des Regelpensionsalters, das heißt ab Vollendung des 67. Lebensjahres, in Pension zu gehen. Um die Finanzierbarkeit der Notarversicherung auf längere Sicht gewährleisten zu können, liegt es aber im Interesse der Versichertengemeinschaft, dass die Notare die Pension möglichst erst ab Vollendung des Regelpensionsalters in Anspruch nehmen. Daher muss der Versicherte im Falle der Inanspruchnahme einer vorzeitigen Alterspension – wie in anderen Pensionsversicherungssystemen auch (vgl. etwa § 261 Abs. 4 ASVG) – eine linear gestaltete Kürzung der Pension entsprechend der Differenz zwischen dem Regelpensionsalter und dem tatsächlichen Pensionsantrittsalter in Kauf nehmen. Die Kürzung um 0,40 % pro Kalendermonat (4,80 % pro Jahr) liegt zwar geringfügig über dem im ASVG normierten Pensionsabschlag von 4,20 % pro Jahr (vgl. § 261 Abs. 4 ASVG), ist aber insbesondere durch die Deckelung mit höchstens 14,40 % als sozial verträglich anzusehen.
Zu Z 22
(§ 65):
Die Hinzufügung des zweiten Absatzes dient lediglich der Klarstellung und der Rechtssicherheit.
Zu Z 23
(§ 67 Abs. 3):
Das bei den ehemaligen Notaren in der Hauptversammlung derzeit bestehende Nachrückungssystem garantiert nicht die gewünschte Streuung der Pensionistenvertreter an Hand der Bundesländer bzw. der Länderkammern; da bislang die Wahlen zur Hauptversammlung bei den ehemaligen Notaren keine Schwierigkeiten bereitet haben, erscheint das Vorsehen von jeweils erforderlichen Neuwahlen zweckmäßiger.
Darüber hinaus soll auch die Zurücklegung des Amtes – ohne das Erfordernis der Zustimmung des Präsidenten – ermöglicht werden.
Zu Z 24
(§ 70):
Durch die Verkürzung der Amtsdauer der ehemaligen Notare von fünf auf drei Jahre wird auf die Altersstruktur dieser Gruppe von Versichertenvertretern Rücksicht genommen. Überdies wird damit eine wenigstens teilweise Harmonisierung mit den Bestimmungen der Notariatsordnung betreffend die Funktionsperioden in der Notariatskammer erreicht (§§ 129 und 141a NO).
Da die laufende Amtsperiode bis 31. Dezember 2008 dauert, ist die Verkürzung der Amtsdauer der ehemaligen Notare von fünf auf drei Jahre mit 1. Jänner 2009 in Kraft zu setzen.
Zu Z 25
(§ 72 Abs. 2):
Durch diese Änderung werden sowohl die Kandidaten- als auch die Pensionistenvertreter alleine zur Einberufung der Hauptversammlung berechtigt und es wird damit die Stellung dieser beiden Standesgruppen innerhalb der Selbstverwaltung der Versicherungsanstalt gestärkt.
Zu Z 26
(§ 72 Abs. 5):
Aus Gründen der Gesetzessystematik wurde im Zusammenhang mit der Neuformulierung des § 20 Abs. 2 die Untergrenze für die Festsetzung des Anpassungsfaktors der ersten Stufe in die genannte Bestimmung eingefügt und es war diese daher – um unnötige Wiederholungen zu vermeiden – aus dem § 72 Abs. 5 zu entfernen.
Zu Z 27
(§ 78a):
Die liquide Rücklage wird aus den der Versicherung kurzfristig zur Verfügung stehenden flüssigen Geldmitteln gebildet; sie spiegelt somit die Liquidität der Versicherung wider und ist damit ein wichtiger Gradmesser für die jeweilige finanzielle Lage der Versicherungsanstalt.
Es werden sowohl ein Mindest-Sollwert (1/3 der Ausgaben eines Geschäftsjahres; vgl. § 9 Abs. 3) als auch ein Höchst-Sollwert (die Ausgaben eines Geschäftsjahres) festgelegt; die Einhaltung dieser beiden Grenzwerte soll im Wesentlichen über den Beitragssatz gesteuert werden. Eine ähnliche Bestimmung findet sich im Übrigen in Deutschland im § 158 SGB VI (Mindest- und Höchstschwankungsreserve).
Zu Z 27
(§ 78b):
Die Sonderrücklage dient der Abdeckung vorhersehbarer Mehrbelastungen; die Bestimmung normiert sowohl die Voraussetzungen zur Bildung dieser Rücklage als auch die Verpflichtung zu deren Verwendung sowie deren allfällige (eventuell auch nur teilweise) Auflösung.
Zu Z 28
(§ 80):
Die Bestimmung
betreffend Maßnahmen zur Herstellung des Gleichgewichtes zwischen Einnahmen und
Ausgaben ist seit dem Jahr 1978 (In-Kraft-Treten der 3. Novelle zum
NVG 1972, BGBl. Nr. 343/1978) im Wesentlichen unverändert geblieben.
Durch die vorliegende Novelle soll diese Bestimmung einerseits den heute für
aktuelle Gesetzestexte geltenden Ansprüchen angepasst werden, andererseits soll
anstelle einer Pensionskürzung die Einhebung einer Art Sicherungsbeitrag
eingeführt werden. Dieser Sicherungsbeitrag soll jedoch nur dann zum Tragen
kommen, wenn sich die finanzielle
Situation der Notarversicherung in einem solchen Ausmaß verschlechtert hat, dass
ohne derartige Eingriffe in laufende Pensionen der Fortbestand der
Notarversicherung gefährdet wäre, zumal für diese, anders als bei den
Pensionsversicherungen nach dem ASVG, BSVG oder GSVG, kein Anspruch auf eine
Ausfallhaftung des Bundes in Form eines Bundesbeitrages besteht.
Gleichzeitig soll
gegenüber der bisherigen Regelung mehr Rechtssicherheit insbesondere dadurch
geschaffen werden, dass
- konkret festgelegt wird, wann und von welchen Leistungen Beiträge zur Herstellung des Gleichgewichtes zwischen Einnahmen und Ausgaben einzuheben sind;
- die Höhe der einzuhebenden Beiträge konkretisiert wird und
- diese Maßnahmen bei Vorliegen der nunmehr definierten Kriterien – anstelle der bisherigen „Kann-Bestimmung“ – zwingend vorzunehmen sind.
Die Reduktion des Beitragssatzes, ab dem diese Maßnahmen
zu setzen sind, von 20 % auf 18 % steht in unmittelbarem Zusammenhang
mit dem mit der vorliegenden Novelle angestrebten
Ziel einer möglichst ausgewogenen Verteilung der Lasten innerhalb der
Solidargemeinschaft unter Einbeziehung auch der Pensionisten.
Die Ausgewogenheit der Lastenverteilung soll vor allem durch einen
Stufenplan, nach dem die Maßnahmen zur Herstellung des Gleichgewichtes zwischen
Einnahmen und Ausgaben zu setzen sind, erreicht werden:
- Stufe 1: Erhöhung des Beitragssatzes auf
18 %;
- Stufe 2: Keine Pensionserhöhung
(Anpassungsfaktor = 1,000);
- Stufe 3: Einhebung eines Pensionsbeitrages
von bis zu 10 %;
- Stufe 4: Erhöhung des Beitragssatzes auf
maximal 20 % und des Pensionsbeitrages auf maximal 15 %.
Diese Maßnahmen,
die nur im Falle einer extremen finanziellen Notlage der Notarversicherung
getroffen werden sollen, setzen demgemäß ein Abschöpfen der liquiden Rücklage
und der Sonderrücklage voraus. Die Höhe der jeweiligen Mindestpension darf
durch diese Maßnahmen nicht unterschritten werden.
Zu Z 29
(§ 83 Abs. 1):
Hiebei handelt es sich um die Beseitigung eines redaktionellen Versehens, da sich der Beirat im gleichen Verhältnis wie die Hauptversammlung zusammensetzen sollte; daher müsste bei der Besetzung des Beirates auch die Gruppe der ehemaligen Notare berücksichtigt werden.
Zu Z 30
(§ 87 Abs. 3):
Der Kostenersatz für die Einhebung der einkommensabhängigen Kammerbeiträge wurde mit der 8. Novelle zum NVG 1972 (BGBl. Nr. 416/1996) rückwirkend ab 1. Jänner 1995 eingeführt. Die Höhe des Kostenersatzes hat sich demnach an der Regelung des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1951 über die Einhebung des Wohnbauförderungsbeitrages (BGBl. Nr. 13/1952) zu orientieren und beträgt derzeit 0,7 % (BGBl. Nr. 164/1956) der jeweils abgeführten Beiträge.
Abgesehen davon, dass zum Zeitpunkt des In‑Kraft‑Tretens der 8. Novelle zum NVG 1972 der tatsächliche Aufwand der Versicherungsanstalt im Zusammenhang mit der Einhebung und Abfuhr dieser Beiträge noch nicht korrekt abschätzbar war und sich im Nachhinein als größer als erwartet darstellte, hat sich dieser Aufwand seither weiter erhöht. So ist beispielsweise im Jahr 1998 die Einhebung der Bau- und Kongressumlage zu den bereits bestehenden Beiträgen zum Solidaritätsfonds und zur Strategie- und Marketingumlage hinzugetreten. Auch haben nachträgliche Änderungen von Einkommensteuerbescheiden häufige Neuberechnungen von Kammerbeiträgen zur Folge gehabt, was wiederum den Verwaltungsaufwand signifikant erhöhte.
Seit Einführung der Bestimmung des § 87 Abs. 3 war die Höhe des Kostenersatzes – in Abhängigkeit von der Höhe der jeweils eingehobenen Kammerbeiträge – starken Schwankungen unterworfen:
|
Jahr |
Kostenersatz |
Jahr |
Kostenersatz |
|
1996 |
EUR 8 776,27 |
2001 |
EUR
4 613,75 |
|
1997 |
EUR 9 381,27 |
2002 |
EUR 3 756,44 |
|
1998 |
EUR 12 053,73 |
2003 |
EUR 2 982,82 |
|
1999 |
EUR 9 676,40 |
2004 |
EUR 5 350,90 |
Unter Berücksichtung der im Zusammenhang mit der Einhebung der Kammerbeiträge anfallenden Sachkosten in der Höhe von derzeit ca. EUR 1 000 jährlich (insbesondere Portokosten) deckte der Kostenersatz seit dem Jahr 2001 den tatsächlichen Aufwand nicht ab, zumal im Durchschnitt regelmäßig drei Mitarbeiterinnen der Versicherungsanstalt für die Dauer von insgesamt ca. 80 Mann-Tagen jährlich mit derartigen Aufgaben betraut sind.
Eine Erhöhung der
Einhebungsvergütung von 0,7 % auf 1,0 % erscheint daher
gerechtfertigt.
Zu Z 31
(§ 112 Abs. 2):
Die Rechtslage,
die durch das Erkenntnis des VfGH vom 28. Juni 2004 geschaffen worden ist,
bringt für jene Notare, die während der Geltungsdauer der mittlerweile
weitestgehend aufgehobenen 9. Novelle zum NVG 1972 in den Ruhestand
getreten sind, gegenüber allen anderen Pensionisten, seien diese vor In-Kraft-Treten
der 9. Novelle in den Ruhestand getreten oder werden diese noch in den
Ruhestand treten, gravierende – insbesondere finanzielle – Nachteile mit sich.
Eine Gleichstellung dieser Pensionistengruppen ab 1. Jänner 2007 erscheint
daher gerechtfertigt. Die Pensionsberechnung erfolgt nach den am
31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften; der mit der 9. Novelle
erhöhte Steigerungsbetrag nach § 48 Abs. 1 Z 2 NVG 1972,
der vom VfGH auf Grund der die Pensionisten begünstigenden Wirkung nicht
aufgehoben wurde, wird bei der Neuberechnung nicht berücksichtigt.“
Der Ausschuss für
Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung
am 16. Mai 2006 in Verhandlung genommen. Berichterstatter im Ausschuss war
der Abgeordnete Mag. Walter Tancsits. An der Debatte beteiligten sich die
Abgeordneten Karl Öllinger, Mag. Walter Tancsits,
Karl Donabauer und die Ausschussobfrau Abgeordnete
Heidrun Silhavy.
Bei der Abstimmung
wurde der Gesetzentwurf einstimmig angenommen.
Als Ergebnis
seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen
Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2006 05 16
Mag. Walter Tancsits Heidrun
Silhavy
Berichterstatter Obfrau