1486 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales
über die Regierungsvorlage (1365 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird (2. EU-Erweiterungs-Anpassungsgesetz)
Im
EU-Beitrittsvertrag mit der Republik Bulgarien und Rumänien vom 25. April
2005 (Amtsblatt Nr. L 157 vom 21. Juni 2005) ist – wie für die
acht der EU am 1. Mai 2004 beigetretenen mittel- und osteuropäischen
Staaten – ein Übergangsarrangement zur stufenweisen Herstellung der vollen
Arbeitnehmerfreizügigkeit sowie des grenzüberschreitenden Einsatzes von
Arbeitskräften im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit vorgesehen (Anhänge VI und
VII der Beitrittsakte).
Das
Übergangsarrangement soll jedem derzeitigen Mitgliedstaat die Möglichkeit
bieten, seine nationalen Regeln für die Zulassung drittstaatsangehöriger
Arbeitskräfte zum Arbeitsmarkt und zur grenzüberschreitenden Dienstleistung
während einer Übergangsfrist von maximal sieben Jahren auch für Bürger Bulgariens
und Rumäniens beizubehalten. Gleichzeitig ist jedoch – um den Willen zur
schrittweisen Öffnung des Arbeitsmarktes zu unterstreichen – während der
Weiteranwendung des nationalen Rechts danach zu trachten, den Arbeitskräften
aus beiden Beitrittsländern einen verbesserten Zugang zum Arbeitsmarkt zu
gewähren.
Dieses mit
Bulgarien und Rumänien ausbedungene Übergangsarrangement entspricht
vollinhaltlich jenem, das zwischen den EU-15 und den acht mittel- und
osteuropäischen Staaten im Beitrittsvertrag von Athen vom 16. April 2003
festgelegt und im Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) bereits umgesetzt
wurde. Die Übergangsfrist beträgt maximal sieben Jahre und besteht aus drei
Phasen („2+3+2-Modell“). Während der ersten zwei Jahre ab dem Beitritt haben
die Staatsangehörigen aus den neuen Mitgliedstaaten Bulgarien und Rumänien
keine gemeinschaftsrechtliche Arbeitnehmerfreizügigkeit, sondern es gelten die
nationalen und bilateralen Regelungen des Arbeitsmarktzugangs weiter. Vor
Ablauf der ersten Phase hat die Europäische Kommission dem EU-Rat einen Bericht
über die Funktionsweise der Übergangsregelungen vorzulegen. Die
EU-25-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Europäische Kommission vor dem
Ablauf der ersten Phase darüber zu unterrichten, ob sie die vereinbarten Übergangsregelungen
für weitere drei Jahre beibehalten wollen oder Freizügigkeit nach
Gemeinschaftsrecht gewähren. Mitgliedstaaten, die auch nach fünf Jahren ab dem
Beitritt ihre nationalen Zugangsregelungen weitere zwei Jahre aufrechterhalten
wollen, müssen der Europäischen Kommission förmlich und begründet mitteilen,
dass dies wegen der schwierigen nationalen Arbeitsmarktlage oder der drohenden
Gefahr einer schwerwiegenden Störung des Arbeitsmarktes notwendig ist.
Das Datum des
Beitritts Bulgariens und Rumäniens wird erst im Mai 2006 nach einem Bericht der
Europäischen Kommission über die Beitrittsreife feststehen, wobei jeder der
beiden Staaten nach seinen eigenen Leistungen beurteilt und möglicher Weise
unterschiedliche Beitrittsdaten – 1. Jänner 2007 oder 1. Jänner 2008
– festgelegt werden.
Die
österreichische Bundesregierung hat in ihrem Regierungsprogramm im Kapitel
„Europäische Union“ die Umsetzung der vereinbarten Übergangsregelungen im
Bereich der Freizügigkeit von Personen und Dienstleistungen unter Beachtung der
siebenjährigen Übergangsfrist vorgesehen.
Dementsprechend
soll durch die gegenständliche Regierungsvorlage nun von der Möglichkeit
Gebrauch gemacht werden, das im Beitrittsvertrag mit Bulgarien und Rumänien
ausbedungene Übergangsarrangement durch eine entsprechende Übergangsregelung im
AuslBG umzusetzen, um für den Arbeitsmarktzugang von Staatsangehörigen dieser
neuen Mitgliedstaaten weiterhin die nationalen und die sich allenfalls aus
bilateralen Abkommen ergebenden Regeln anwenden zu können. Dasselbe gilt für
die vorübergehende Beschäftigung von Arbeitskräften, die von Unternehmen mit
Sitz in Bulgarien oder Rumänien zur Erbringung grenzüberschreitender
Dienstleistungen in bestimmten Sektoren in das Bundesgebiet entsandt werden.
Wie im Übergangsarrangement
ebenfalls vorgegeben, ist jedoch Bürgern Bulgariens und Rumäniens freier Zugang
zum Arbeitsmarkt zu gewähren, wenn sie zum Zeitpunkt des Beitritts oder danach
rechtmäßig im Bundesgebiet beschäftigt sind und ununterbrochen mindestens zwölf
Monate in Österreich legal zum Arbeitsmarkt zugelassen waren. Dasselbe Recht
ist auch ihren Ehegatten und Kindern, mit denen sie zum Zeitpunkt des Beitritts
einen gemeinsamen Wohnsitz in Österreich haben, zuzuerkennen. Erst nach dem
Beitritt nachziehende Familienangehörige müssen für den Erwerb der
Freizügigkeit einen gemeinsamen Wohnsitz für einen ununterbrochenen Zeitraum
von mindestens 18 Monaten nachweisen.
Darüber hinaus ist
Österreich auf Grund des Beitrittsvertrages verpflichtet, bulgarische und
rumänische Arbeitskräfte – unbeschadet der Weiteranwendung der nationalen
Zulassungsregeln – gegenüber Arbeitskräften aus Drittstaaten beim Zugang zum
Arbeitsmarkt zu bevorzugen (sog. Gemeinschaftspräferenz).
Die
Übergangsregelungen sind so gestaltet, dass sie erforderlichenfalls ohne
weiteren gesetzgeberischen Akt für die volle Übergangsfrist beibehalten werden
können.
In der
gegenständlichen Regierungsvorlage ist vorgesehen, dass die folgenden, im
geltenden § 32a festgelegten Übergangsregelungen ab dem EU-Beitritt
Bulgariens und Rumäniens auch auf bulgarische und rumänische Arbeitskräfte und
– soweit sie die Erbringung von Dienstleitungen betreffen – auf Unternehmen mit
Sitz in diesen Ländern angewendet werden:
– § 32a
Abs. 1: Klarstellung, dass neue EU-Bürger für die Dauer der Anwendung des
Übergangsarrangements nicht vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen sind und
weiterhin nach den Regeln des AuslBG zugelassen werden;
– § 32a
Abs. 2 bis 4: Neue EU-Bürger, deren Ehegatten und Kinder erhalten unter
bestimmten Voraussetzungen eine Bestätigung, mit der das Recht auf freien
Arbeitsmarktzugang nach den Vorgaben des Übergangsarrangements dokumentiert
wird; Verpflichtung des Arbeitgebers, diese Bestätigung für Kontrollzwecke im
Betrieb zur Einsichtnahme bereitzuhalten;
– § 32a
Abs. 5: Rechtmäßig beschäftigte und arbeitslose neue EU-Bürger werden
weiterhin auf die Ausländerhöchstzahlen angerechnet;
– § 32a
Abs. 6 und 7: In den Dienstleistungssektoren, wo nach dem
Übergangsarrangement Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit zulässig sind,
gelten die Regeln für die Betriebsentsendung uneingeschränkt weiter; in den
liberalisierten Dienstleistungssektoren kommen die für EU-15-Unternehmen
geltenden Sonderregeln (EU-Entsendebestätigung) zur Anwendung;
– § 32a
Abs. 8: Schlüsselkräfte erhalten eine Beschäftigungsbewilligung, weil
aufgrund der Niederlassungsfreiheit die Erteilung einer
„Niederlassungsbewilligung – Schlüsselkraft“ nicht mehr möglich ist.
– § 32a
Abs. 9: Bestehende Arbeitsberechtigungen von neuen EU-Bürgern sowie deren
Ehegatten und Kindern bleiben – unbeschadet der Abs. 2 und 4 – bis zum
Ablauf ihrer jeweiligen Geltungsdauer gültig.
Zu bemerken ist,
dass Bürger Bulgariens und Rumäniens ab dem Beitritt Sichtvermerks- und
Niederlassungsfreiheit haben und daher keinen Aufenthaltstitel mehr brauchen.
Sie unterliegen damit auch nicht mehr der Quotenpflicht nach dem
Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz.
In den Erläuterungen der Regierungsvorlage wird zum Ausdruck gebracht, dass mit den gegenständlichen Übergangsregelungen keine zusätzlichen Kosten verbunden sind, da die Beibehaltung der Bewilligungspflicht bzw. Verpflichtung zur Einholung einer neuen Bestätigung für die neuen EU-Bürger aufkommensneutral ist.
Der Ausschuss für
Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung
am 16. Mai 2006 in Verhandlung genommen. Berichterstatter im Ausschuss war der
Abgeordnete Maximilian Walch. An der Debatte beteiligten sich die
Abgeordneten Dr. Richard Leutner, Karl Öllinger, Dr. Werner Fasslabend,
Maximilian Walch, Dr. Reinhold Mitterlehner und der
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein.
Bei der Abstimmung
wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit
angenommen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1365 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2006 05 16
Maximilian Walch Heidrun Silhavy
Berichterstatter Obfrau