1523 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Justizausschusses
über die
Regierungsvorlage (1427 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem im Rahmen der
Umsetzung der Richtlinie 2003/58/EG das Firmenbuchgesetz, das
Unternehmensgesetzbuch, die Jurisdiktionsnorm, das Gesetz über Gesellschaften
mit beschränkter Haftung, das Aktiengesetz 1965, das Gerichtsgebührengesetz und
das Handelsvertretergesetz geändert werden (Publizitätsrichtlinie-Gesetz – PuG)
Auf der Grundlage
der horizontalen Regelungen zum elektronischen Rechtsverkehr soll die
Möglichkeit des elektronischen Rechtsverkehrs in Firmenbuchsachen ausdrücklich
im Firmenbuchgesetz verankert und in § 277 HGB (bzw. UGB) für die Einreichung
der Jahresabschlüsse ab dem Geschäftsjahr 2007 zwingend vorgesehen werden;
kleine Gesellschaften mit einem Jahresumsatz bis zu 70 000 Euro sollen
allerdings von dieser Verpflichtung ausgenommen sein. Die elektronische
Urkundensammlung soll als gesetzlicher Normalfall ausgestaltet und die
Ausnahmen, die für die weiter in Papier aufzubewahrenden Teile der
Urkundensammlung noch erforderlich sind, im Übergangsrecht berücksichtigt
werden. Ferner soll die Beglaubigung elektronischer Auszüge aus der
Firmenbuchdatenbank und ein Anspruch auf kurze unentgeltliche mündliche
Mitteilungen über die Inhalte der Urkundensammlung eingeführt werden. Einige
Anregungen aus der Praxis der Firmenbuchgerichte sollen zum Anlass für
Klarstellungen bzw. Erleichterungen in Zusammenhang mit der Umstellung der
Urkundensammlung genommen werden. In der Judikatur entstandene Zweifel über die
korrekte Umsetzung des Art. 6 der Richtlinie (in ihrer Stammfassung) sollen
durch die Überarbeitung der Bestimmungen über die Zwangsstrafen (§ 24 FBG,
§ 283 HGB) bereinigt werden. Darüber hinaus wird den Unternehmen die
Möglichkeit eingeräumt, fremdsprachige Urkunden freiwillig offen zu legen. Die
Novelle des Handelsvertretergesetzes 1993 (HVertrG) soll eine seit 1921
bestehende Lücke im Sinn der Rechtsprechung schließen. Die
Geltungsbereichsausnahme für Versicherungsvertreter in § 28 Abs. 1 HVertrG wird
aufgehoben. Damit ist das HVertrG ausdrücklich auch auf die Vermittlung und den
Abschluss von Versicherungsverträgen durch Versicherungsvertreter anwendbar.
Daneben werden noch einige ergänzende Regelungen vorgeschlagen, die den
Besonderheiten des Agenturverhältnisses Rechnung tragen sollen.
Der
Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am
19. Mai 2006 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligte sich außer
dem Berichterstatter der Abgeordnete Mag. Johann Maier.
Im Zuge der
Debatte haben die Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter,
Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen
einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:
„Zum Titel
und zu Artikel 6 (Änderung des Gerichtsgebührengesetzes)
Um eine zweimalige
Novellierung des Gerichtsgebührengesetzes an ein und demselben Tag zu vermeiden,
sollen die in der Regierungsvorlage für ein Publizitätsrichtlinie-Gesetz
vorgeschlagenen Änderungen des Gerichtsgebührengesetzes in das vom
Justizausschuss am selben Tag behandelte Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz
2006 übernommen werden.
Zu Artikel 1
(Änderung des Firmenbuchgesetzes)
Zu Z 1
(§ 4 Z
6 FBG)
Mit dem
Handelsrechts-Änderungsgesetz, BGBl. I Nr. 120/2005, wurde in den §§ 161 und
171 UGB der Begriff der „Vermögenseinlage“ durch den Begriff „Haftsumme“
ersetzt. Dies soll nunmehr auch bei dem entsprechenden Eintragungstatbestand
nachvollzogen werden.
(§ 5a
und § 6 Z 4 FBG)
Auch hinsichtlich
des Firmenbuchgesetzes sehen die Regierungsvorlagen für ein
Publizitätsrichtlinie-Gesetz und ein Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz 2006
parallele, jeweils mit der behandelten Materie zusammenhängende Änderungen vor.
Dabei sollen die eher technischen Änderungen aus der Regierungsvorlage für ein
GenRÄG 2006 in das Publizitätsrichtlinie-Gesetz übernommen werden.
Zu Artikel 2
(Änderung des Unternehmensgesetzbuches)
Zu Z 1
(§ 32 Abs. 1 UGB):
Mit der Änderung
dieser Bestimmung soll ein im Handelsrechts-Änderungsgesetz unterlaufenes
Redaktionsversehen bereinigt werden.
Zu Z 2
(§ 283 UGB):
In der Aufzählung
der Bestimmungen, zu deren Befolgung die Zwangsstrafen nach § 283 UGB
anhalten sollen, ist auch noch § 248 UGB erwähnt. Diese Bestimmung wurde
aber durch das Rechnungslegungsänderungsgesetz 2004, BGBl. I Nr. 161/2004,
aufgehoben.
Zu Z 3
(§ 906 UGB):
Neben der
Berücksichtigung der vom Ausschuss beschlossenen weiteren Änderungen soll die
Übergangsbestimmung zur elektronischen Vorlage der Jahresabschlüsse klarer
formuliert werden. Am Ergebnis des Wirksamwerdens für Jahresabschlüsse über das
Geschäftsjahr 2007, die sohin spätestens bis Ende September 2008 vorzulegen
sind, ändert sich damit nichts.
Zu Z 4
(§ 907 UGB):
Durch die neue
Formulierung des Abs. 16 wird klargestellt, dass für bisher nicht
rechnungslegungspflichtige Unternehmen auch die in § 189 Abs. 2 definierten
Beobachtungszeiträume erst mit Inkrafttreten des
Handelsrechts-Änderungsgesetzes zu laufen beginnen. Dies bedeutet, dass der
Umsatzschwellenwert des § 189 Abs. 1 Z 2
in den Geschäftsjahren 2007 und 2008 überschritten werden müsste, um
nach dem Pufferjahr 2009 für das Geschäftsjahr 2010 die Rechnungslegungspflicht
zu begründen. Nur bei einem qualifizierten Überschreiten des Schwellenwertes
von 400.000 Euro an Umsatzerlösen um mehr als die Hälfte, könnte die
Rechnungslegungspflicht frühestens für das Geschäftsjahr 2008 eintreten. Der
letzte Satz des Abs. 16 soll Zweifelsfragen bei der rückwirkenden Betrachtung
der Rechnungslegungspflicht vermeiden und die Anwendung dieser
Übergangsbestimmung erleichtern. In aller Regel hat die Praxis schon bisher bei
der Beurteilung der Vollkaufmannseigenschaft auf die Umsatzgrenzen des
§ 125 BAO zurückgegriffen.
Während Abs. 16
nun als Übergangsbestimmung für Unternehmer konzipiert ist, deren Rechnungslegungspflicht
umsatzabhängig und an Beobachtungszeiträume gebunden ist, behandelt Abs. 17 den Sonderfall der verdeckten
Kapitalgesellschaft im Sinn des § 189 Abs. 1 Z 1, die bisher - im Unterschied zur OHG und KG (vgl. § 221 Abs. 5
HGB ) - nicht rechnungslegungspflichtig war. Zur Erleichterung der Einrichtung
eines Rechnungswesens, das auch den Bestimmungen für Kapitalgesellschaften
entspricht (vgl. § 221 Abs. 5), soll die Rechnungslegungspflicht erst für das
Geschäftsjahr 2008 bestehen (so bisher nach § 907 Abs. 16 erster Halbsatz idF des HaRÄG). Für den Eintritt und
Entfall der größenabhängigen Rechtsfolgen sollen die Regelungen der §§ 221 Abs. 4 Z 1 und 246 Abs.
2 gelten. Auch für die "verdeckte
Kapitalgesellschaft" gilt wie für jede eingetragene Personengesellschaft,
dass sie angesichts der steuerrechtlichen Determinierung des Begriffs „einheitlicher
Betrieb“ in § 189 Abs. 1 Z 2 nicht mehrere einheitliche Betriebe führen kann
(vgl. die Erläuterungen zu § 189 Abs. 1 Z 2 idF des Publizitätsrichtlinie-Gesetzes und § 2 Abs. 4 Z 2
EStG). Dies korreliert auch mit dem
überwiegend vertretenen handelsrechtlichen Grundsatz der Firmeneinheit
bei Personengesellschaften(vgl. Schuhmacher in Straube, HGB I3, vor § 17 Rz
20).
Zu Artikel 5
(Änderung des Aktiengesetzes)
Zu Z 1
(§ 210 AktG)
Die Änderung
stellt eine Anpassung an den mit § 149 Abs. 1 UGB idF des
Handelsrechts-Änderungsgesetzes, BGBl. I Nr. 120/2005, vorgenommenen Entfall
der Beschränkung der Vertretungsmacht von Liquidatoren dar.
Zu Z 2
(§ 258 AktG)
Wie in der
vergleichbaren Bestimmung des § 125 GmbH soll der Verweis des § 258
Abs. 1 AktG auf § 283 UGB an die dort vorgesehenen Änderungen angepasst werden.
Darüber hinaus
soll in Abs. 2 die Verweisung auf den mit dem Firmenbuchgesetz 1991 (BGBl
1991/10) aufgehobenen § 38 AktG entfallen. In der Sache dürfte sich daraus
keine Änderung ergeben, da jede Sitzverlegung eine Satzungsänderung
voraussetzt, zu deren Wirksamkeit
gemäß § 148 Abs. 3 AktG ohnedies die Eintragung im Firmenbuch
erforderlich ist (vgl. die EB zu
FBG 1991, AB 23 BlgNR XVIII. GP, S 25). Dass die Eintragung der Satzungsänderung nicht erzwungen werden kann,
ergibt sich in § 258 Abs. 2 AktG bereits durch den Verweis auf § 148 Abs. 1.
Zu Artikel 7 (neu: 6) (Änderung des Handelsvertretergesetzes)
Zu Z 1
(§ 1 HVertrG)
Mit dem neuen Abs.
3 wird klargestellt, dass der Begriff des Handelsagenten ein Synonym für den
Begriff des selbständigen Handelsvertreters ist; gleichzeitig wird damit der
Gleichklang mit der Gewerbeordnung hergestellt, die sich des Begriffs des
Handelsagenten bereits bedient. Wettbewerbsrechtlich bedeutet dies, dass die
Verwendung des Begriffs "Handelsagent" durch einen unselbständigen
Handelsvertreter irreführend wäre.
Zu Z 2 (§§
26c, 26d HVertrG)
Die neu eingefügte
dispositive Regelung des § 26c sieht vor, dass dem Versicherungsvertreter gegen
einen Unternehmer im Sinn des § 1 – das wird in der Regel ein Versicherer sein,
könnte aber beispielsweise auch ein anderer Versicherungsvertreter sein –
primär ein Anspruch auf Folgeprovision zusteht. Soll ein Versicherungsvertreter
neben seiner Vermittlungstätigkeit auch zur Betreuung von Versicherungsnehmern
verpflichtet werden, ist dies schriftlich zu vereinbaren. Die Höhe des Entgelts
für diese Betreuungstätigkeit (Betreuungsprovision oder sonstiges Entgelt) muss
ebenfalls schriftlich vereinbart werden. Fehlt eine solche Vereinbarung, gilt
eine angemessene Provision oder ein angemessenes Entgelt als vereinbart. Der
Unternehmer ist berechtigt, den Anspruch auf Folgeprovision durch eine nach den
Umständen des Einzelfalls zu bemessende Abschlagszahlung abzugelten. Soweit
Ansprüche nach § 26c Abs. 1 nicht bestehen, greift der zwingende
Ausgleichsanspruch nach § 26d. Mit dieser Regelung soll sichergestellt
werden, dass Versicherungsvertreter, die in der Regel kleine oder mittlere
Unternehmen sind, bei Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht ihre
wirtschaftliche Basis verlieren. Die Erfahrung zeigt, dass viele Unternehmen
dieser Branche bei Beendigung des Agenturverhältnisses durch den
Vertragspartner in ihrem Bestand akut gefährdet sind. Es ist weiters darauf hinzuweisen,
dass dem Versicherungsmakler nach § 30 MaklerG ähnliche Provisionsansprüche
zustehen und dass angestellte Versicherungsvertreter gemäß § 6 des
Kollektivvertrags für Angestellte des Außendienstes vergleichbar abgesichert
sind. Die vorgesehene Regelung ist daher der Versicherungswirtschaft bekannt
und darüber hinaus dispositiv ausgestaltet ist, so dass ihr keine zusätzliche
Kostenbelastung entsteht.
Zu Z 3 (§ 27
HVertrG)
Mit der Änderung
des § 27 soll ein in der Regierungsvorlage unterlaufenes Redaktionsversehen
(irrtümlicher Entfall des Verweises auf § 24) bereinigt werden.
Zu Z 4 (§ 29
HVertrG)
Die in den
Erläuternden Bemerkungen zu § 29 Abs. 4 enthaltene Begründung, warum eine
Legisvakanz nicht erforderlich
erscheint, treffen auf den (neuen) § 26c nicht zu. Es soll daher diese
Bestimmung erst auf nach dem 31.12.2006 abgeschlossene Agenturverträge
anzuwenden sein.“
Bei der Abstimmung
wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter
Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag.
Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen einstimmig
angenommen.
Als
Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Johann Ledolter
gewählt.
Als Ergebnis
seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag,
der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf
die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien,
2006 05 19
Johann Ledolter Mag.
Dr. Maria Theresia
Fekter
Berichterstatter Obfrau