1618 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 803/A(E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Opferrechte bei Frauenhandel

Die Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 2. März 2006 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Trotz einiger gesetzlicher Verbesserungen bei Opferschutz und -rechten in den letzten Jahren ist die Situation von Opfern von Frauenhandel in Österreich nach wie vor nicht zufriedenstellend: häufig werden Opfer von Frauenhandel an Österreichs Grenzen gar nicht als solche erkannt, Informationen über Verfahrensrechte, Beratungsstellen, etc. seitens der Behörden erfolgen oft nicht rechtzeitig oder sind für die Opfer nicht verständlich, die Anonymität im Verfahren wird nicht gewahrt. Es fehlen ausreichende Aufenthaltsrechte für alle Opfer von Frauenhandel sowie Möglichkeiten zur eigenständigen Existenzsicherung. Auch die Situation der entsprechenden Beratungsstellen und Opferschutzeinrichtungen ist in Österreich prekär. Diese Gesetzeslage ermutigt Opfer von Frauenhandel nicht dazu, Täter anzuzeigen, da sie sich damit selbst verschiedenen Gefahren aussetzen: Der weiteren Verfolgung durch Täter oder deren Komplizen, wenn ihre Namen im Verfahren nicht anonymisiert werden, vor allem aber der Verfolgung durch österreichische Behörden im Zuge einer Abschiebung. So werden nicht nur Gewaltopfer in Österreich „im Regen stehen gelassen“, sondern auch der Anspruch des Staates auf Verfolgung von strafrechtlich relevanten Delikten konterkariert. Daher müssen in verschiedenen Bereichen dringend weitere Maßnahmen zum Ausbau der Opferrechte ergriffen werden.

1. Ein transparentes Vorgehen im Grenzbereich ist sicherzustellen, damit Opfer von Menschenhandel als solche erkannt und über ihre rechtlichen Möglichkeiten informiert werden und diese Rechte in Anspruch nehmen können.

2. Generell bedarf es umfassender Informationen seitens der Behörden über Opferschutzeinrichtungen und –rechte bereits beim Verdacht, dass es sich um Opfer von Menschenhandel handeln könnte, und zwar je nach Bedarf in Deutsch, Englisch oder der Muttersprache des Opfers.

3. Dringend verbessert werden muss auch die Zusammenarbeit von NGOs und Behörden in Fragen der Opferidentifizierung. Bereits hier – also schon im Vorfeld etwaiger Verfahren – muss es eine Zusammenarbeitspflicht der Behörden geben.

4. Es ist sicherzustellen, dass Opfer von Menschenhandel, die Anzeige gegen Täter erstatten, nicht selbst wegen Erfüllung diverser Verwaltungsstraftatbestände hohe Verwaltungsstrafen zahlen müssen.

5. Erforderlich ist eine klarere Regelung betreffend das Verlangen auf Prozessbegleitung und eine Garantie, dass alle Personen, bei denen die Opferschutzeinrichtungen eine Prozessbegleitung bejahen, diese auch tatsächlich im erforderlichen Umfang erhalten.

6. Eine Erweiterung der gesetzlichen Verankerung von Opferschutzeinrichtungen um die speziell im Bereich Frauenhandel tätigen ist vorzunehmen. Außerdem  sind gesicherte Finanzierung und ein Ausbau der Einrichtungen sicherzustellen.

7. Die Anonymität der Opfer von Menschenhandel im Strafverfahren ist zu wahren.

8. Ein Rechtsanspruch auf Aufenthalt für alle Opfer von Menschenhandel nicht nur während des Verfahrens, sondern auch danach, ist gesetzlich zu verankern.

9. Opfer von Menschenhandel müssen in Österreich ausreichenden Versicherungsschutz und Zugang zu Gesundheitseinrichtungen haben.

10. Es ist sicherzustellen, dass Opfer von Menschenhandel eine Möglichkeit zur eigenständigen Existenzsicherung erhalten, das heißt, dass sie während des Aufenthaltes in Österreich realen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten müssen.

11. Im Bereich Menschenhandel müssen begleitende Schulungen von Exekutive, Gerichten, etc. durch die jeweiligen Ressorts stattfinden.

12. Die Migrationsstatistiken des BMI sind dahingehend zu verbessern, dass in Zukunft die Zahlen betreffend humanitäre Aufenthaltserlaubnisse so weiter untergliedert werden müssen, dass die Zahl der Opfer von Menschenhandel, die eine solche Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, ersichtlich wird.

13. Es sind spezielle Resettlement-Programme für jene Opfer von Menschenhandel auszuarbeiten und umzusetzen, die in ihr Herkunftsland zurückkehren wollen.

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 7. Juli 2006 in Verhandlung genommen. Als Berichterstatterin im Ausschuss fungierte Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger. An der anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Gisela Wurm, Mag. Terezija Stoisits, Bettina Stadlbauer, Dr. Gertrude Brinek, Dr. Helene Partik-Pablé und Mag. Johann Maier sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter.

Bei der Abstimmung fand der Entschließungsantrag nicht die Zustimmung der Mehrheit.

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath gewählt.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2006 07 07

                       Mag. Peter Michael Ikrath                                         Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau