458 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Landesverteidigungsausschusses

über die Regierungsvorlage (133 der Beilagen): Übereinkunft über die Auslegung von Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit

Die Übereinkunft über die Auslegung von Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit im Sinne von Art. 31 Abs. 3 lit. a des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Artikel 50 Abs. 1 B-VG. Sie enthält keine verfassungsändernden oder verfassungsergänzenden Bestimmungen. Sie hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich zugänglich, so dass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da die Übereinkunft auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf sie überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 letzter Satz B-VG.

Das Übereinkommen über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit (BGBl. Nr. 471/1975) bleibt gemäß seinem Art. 12 Abs. 1 auf unbegrenzte Zeit in Kraft. Das Übereinkommen sieht in Art. 12 Abs. 2 vor, dass jede Vertragspartei dieses Übereinkommen durch eine an den Generalsekretär des Europarates gerichtete Notifikation kündigen kann, soweit es sie selbst betrifft. Die Möglichkeit einer teilweisen Kündigung des Übereinkommens ist nicht vorgesehen.

Einige der Vertragsparteien haben erklärt, dass sie nicht mehr an Kapitel I des Übereinkommens gebunden sein wollen, da ihre nationale Gesetzgebung nicht mehr den im Übereinkommen enthaltenen Bestimmungen entspricht. Von Österreich ist eine Kündigung des Kapitel I nicht beabsichtigt.

Der Generalsekretär des Europarates hat in einer Note vom 5. März 2003 nun vorgeschlagen, eine Übereinkunft über die Auslegung von Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens aus 1963 im Sinne von Art. 31 Abs. 3 lit. a des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge, BGBl. Nr. 40/1980, abzuschließen, mit der die Möglichkeit der Kündigung des Kapitels I des Übereinkommens geschaffen werden soll. Alle Vertragsparteien sollen dem Generalsekretär bestätigen, dass jede Vertragspartei, soweit sie betroffen ist, jederzeit das Kapitel I dieses Übereinkommens durch eine an den Generalsekretär des Europarates gerichtete Notifikation kündigen kann, diese Kündigung ein Jahr nach dem Datum des Erhalts einer solchen Notifikation durch den Generalsekretär wirksam wird und die Bestimmungen des Art. 7 Abs. 2 des Übereinkommens in der durch das Protokoll von 1977 zur Änderung des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit geänderten Form gelten. Österreich ist diesem Protokoll nicht beigetreten.

Die Schaffung der Möglichkeit der Kündigung eines Kapitels des Übereinkommens stellt eine Übereinkunft dar, mit der die Vertragsparteien des Übereinkommens eine einheitliche – authentische - Interpretation des Art. 12 Abs. 2 festlegen. Diese Übereinkunft bedarf gemäß Art. 50 B-VG der Genehmigung des Nationalrats. Österreich hat daher zunächst gegenüber dem Generalsekretär mitgeteilt, dass die Zustimmung zur Schaffung der Möglichkeit, das Kapitel I des Übereinkommens zu kündigen, nur nach Abschluss des innerstaatlichen Genehmigungsverfahrens möglich ist.

Auch mit Anwendung des Art. 7 Abs. 2 des Übereinkommens in Form der Änderung des Protokolls von 1977 kommt für eine Vertragspartei, die Kapitel I kündigt, gegenüber Österreich nur Kapitel II zur Anwendung. Dies entspricht dem Fall nach derzeitiger Rechtslage, wenn eine Vertragspartei bei Ratifikation des Übereinkommens die Erklärung abgibt, dass sie lediglich das Kapitel II anwenden wird.

Art. 7 Abs. 2 des Übereinkommens in Form der Änderung des Protokolls von 1977 wird als mittelbarer Vertragsbestandteil der vorliegenden Übereinkunft aus Gründen der Publizität auf Grund von § 2 Abs. 5 Z 5 BGBlG, BGBl. Nr. 660/1996, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 47/2001, im Teil III des Bundesgesetzblattes verlautbart.

Die Zustimmung Österreichs zur Schaffung der Möglichkeit der Kündigung des Kapitels I des Übereinkommens soll nach erfolgter parlamentarischer Genehmigung durch eine Note an den Generalsekretär des Europarates zum Ausdruck gebracht werden.

Der Landesverteidigungsausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 27. April 2004 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters die Abgeordneten Anton Gaál, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Walter Murauer und
Dr. Evelin Lichtenberger.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Der Landesverteidigungsausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Landesverteidigungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Übereinkunft über die Auslegung von Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit (133 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2004 04 27

Karl Freund Dr. Reinhard Eugen Bösch

       Berichterstatter                  Obmann