463 der Beilagen zu den Stenographischen
Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Finanzausschusses
über die Regierungsvorlage (452 der
Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ergänzende Regelungen über das Vorgehen der
Zollbehörden im Verkehr mit Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum
verletzen, erlassen werden (Produktpirateriegesetz 2004 – PPG 2004)
Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:
Am 1. Juli 2004 wird die Verordnung (EG)
Nr. 1383/2003 über das Vorgehen der Zollbehörden gegen Waren, die im
Verdacht stehen, bestimmte Rechte geistigen Eigentums zu verletzen, und die
Maßnahmen gegenüber Waren, die erkanntermaßen derartige Rechte verletzen, ABl.
Nr. L 196 vom 2. August 2003 S 7, in Kraft treten (EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004).
Diese neue Verordnung wurde erlassen, um
das Funktionieren des Systems zu verbessern, das mit der (Vorgänger-)Verordnung
(EG) Nr. 3295/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 über Maßnahmen, welche
das Verbringen von Waren, die bestimmte Rechte am geistigen Eigentum verletzen,
in die Gemeinschaft sowie ihre Ausfuhr und Wiederausfuhr aus der Gemeinschaft
betreffen, eingeführt wurde.
Durch diese Verordnung werden bereits auf
Gemeinschaftsebene mit unmittelbarer Wirkung für alle Mitgliedstaaten die
Maßnahmen beim Grenzübergang des im Rahmen der WTO ausgehandelten Abkommens
über handelsrelevante Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums einschließlich
des Handels mit nachgeahmten Waren (Artikel 51 bis 60 des TRIPS-Abkommens)
umgesetzt. Durch die Anwendung dieser Verordnungen und des vorliegenden
Gesetzesentwurfes wird daher auch den aus dem TRIPS-Abkommen resultierenden
österreichischen Verpflichtungen entsprochen.
Die
EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 legt die durch die Zollverwaltung zu
ergreifenden Maßnahmen fest und schafft ein Instrumentarium, das es den
Zollbehörden erlaubt, schutzrechtsverletzende Waren möglichst frühzeitig aus
dem Verkehr zu ziehen. Dadurch soll verhindert werden, dass sog. „Waren, die
ein Recht am geistigen Eigentum verletzen“, aus Drittländern eingeführt und in
der Europäischen Union in Verkehr gebracht werden können. Als Waren, die ein
Recht am geistigen Eigentum verletzen, gelten dabei:
- „Nachgeahmte Waren“: das sind solche Waren, die einschließlich ihrer
Verpackung ohne Zustimmung des Markeninhabers Marken oder Zeichen tragen, die
mit rechtsgültig eingetragenen Marken identisch sind oder nicht von solchen
Marken zu unterscheiden sind und daher die Rechte des Inhabers verletzen.
- „Unerlaubt hergestellte Waren“: das sind Waren, die
Vervielfältigungsstücke oder Nachbildungen sind oder solche enthalten und ohne
Zustimmung des Rechtsinhabers angefertigt worden sind und die die betroffenen
Urheberrechte und verwandten Schutzrechte oder Geschmacksmusterrechte
verletzen.
- Waren, die ein Patent oder ein ergänzendes Schutzzertifikat für
Arzneimittel bzw. für Pflanzenschutzmittel verletzen.
- Waren, die ein Sortenschutzrecht, eine geschützte
Ursprungsbezeichnung oder eine geschützte geographische Angabe verletzen.
Die Rechtsinhaber können Anträge auf
Tätigwerden der Zollbehörde stellen. Durch dieses Verfahren werden vom
Rechtsinhaber zur Weitergabe an die Zollstellen geeignete und der
Identifikation von schutzrechtsverletzenden Waren dienende Hinweise und
Materialien übermittelt. Das Tätigwerden der Zollbehörden besteht dann darin,
in Verdachtsfällen die Überlassung von Waren für jene Zeit auszusetzen, die für
die Prüfung der Frage erforderlich ist, ob es sich tatsächlich um Waren
handelt, die bestimmte Rechte am geistigen Eigentum verletzen.
Hinsichtlich der in diesem Zusammenhang
relevanten Schutzrechtsbestimmungen in der Ein-, Aus- und Durchfuhr bzw. der
Zuständigkeiten der Justizbehörden und der gerichtlichen Verfahren verweist die
EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 auf das innerstaatliche Recht.
Diesbezüglich ergibt sich aus dieser Verordnung kein unmittelbarer
Anpassungsbedarf, weil diese Materie durch die im österreichischen Recht für
Verletzung von gewerblichen Schutzrechten bzw. Immaterialgüterrechten
vorgesehenen Anspruchsgrundlagen im Zivil- und/oder Strafgerichtsverfahren
ausreichend geregelt ist.
Finanzielle Auswirkungen:
Zur Vollziehung der
EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 werden im Bereich des Zollamtes
Villach, dem die bundesweite Zuständigkeit zur Bearbeitung der Antrage auf
Tätigwerden der Zollämter übertragen wird, zumindest drei Bedienstete der
Verwendungsgruppe A2 erforderlich sein, die durch den Personalstand der
Finanzlandesdirektion für Kärnten abgedeckt werden können. Bei starkem
Ansteigen der Zahl der Anträge auf Tätigwerden durch die Zollorgane und dem
damit verbundenen Verwaltungsaufwand kann sich in der Zukunft das Erfordernis
von zusätzlichen Bediensteten ergeben.
Die beim Zollamt Villach im Hinblick auf
die Vollziehung der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 und dieses
Bundesgesetzes anfallenden Personalkosten betragen daher € 160.017,- pro Jahr.
Für die Bearbeitung der Anträge auf
Tätigwerden der Zollämter dürfen gemäß Artikel 5 Abs. 7 zweiter
Unterabsatz der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 – im Gegensatz zur
derzeitigen Rechtslage – keine Gebühren vorgeschrieben werden. Dadurch wird
sich ein geringfügiger Einnahmenentfall ergeben (ca. € 5.000,- pro Jahr).
Für die Durchführung einer Maßnahme nach
Artikel 9 und 11 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 ist eine
Kostenersatzpflicht für jene Fälle vorgesehen, in denen dem Bund Kosten
erwachsen, sodass diesbezüglich eine Kostenneutralität gegeben ist.
Kompetenzgrundlage:
In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt
sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Artikel 10 Abs. 1
Z 2 BVG.
Der Finanzausschuss hat die gegenständliche
Regierungsvorlage erstmals in seiner Sitzung am 20. April 2004 in Verhandlung
genommen und nach Berichterstattung durch den Abgeordneten Mag. Walter Tancsits
die Verhandlungen einstimmig vertagt.
Am 28. April 2004 setzte der
Finanzausschuss seine Beratungen fort. An dieser Debatte beteiligten sich die
Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Heidemarie Rest-Hinterseer, Jakob Auer und
Mag. Dietmar Hoscher sowie der Staatssekretär im
Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz.
Bei der Abstimmung wurde der in der
Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit angenommen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt
der Finanzausschuss somit den Antrag, der
Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (452
der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2004 04 28
Mag.
Walter Tancsits Dipl.-Kfm.
Dr. Günter Stummvoll
Berichterstatter Obmann