Vorblatt

Problem:

Derzeit ist das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen auf die Ballei Guernsey nicht anwendbar. Das Vereinigte Königreich schlug dem Generalsekretär des Europarates vor, den Anwendungsbereich des Übereinkommens auf Guernsey auszudehnen. Nach einer Mitteilung der Generaldirektion für rechtliche Angelegenheiten des Europarates soll die Ausdehnung des Übereinkommens 90 Tage nach dieser Mitteilung in Kraft treten, soweit innerhalb dieser Frist kein Einspruch von Österreich erfolgt. Österreich hat dagegen Einspurch erhoben, weil für die Ausdehnung die parlamentarische Genehmigung erforderlich ist.

Problemlösung:

Abschluss einer Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Übereinkommens auf Guersey.

Alternativen:

Keine.

Kosten:

Keine.

Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf der Ballei Guernsey steht nicht im Widerspruch zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union. Das Übereinkommen – gemäß Art. 34 des Vertrags über die Europäische Union – über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 29. Mai 2000 (2000/C 197/01) wurde in Ergänzung zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen erstellt und regelt die Rechtshilfe in Strafsachen ausgehend von den im Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen enthaltenen Grundsätzen.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Die durch die britische und die österreichische Note zustande kommende Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland ist gesetzändernd bzw. gesetzergänzend und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Artikel 50 Abs. 1 B-VG. Sie enthält keine verfassungsändernden oder verfassungsergänzenden Bestimmungen. Sie hat nicht politischen Charkater und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich zugänglich, so dass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Eine Zustimmung des Bundesrats gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, weil keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsberich der Länder betreffen, geregelt werden.

Das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl. Nr. 41/1969) findet gemäß seinem Art. 25 Abs. 1 „auf das Mutterland der Vertragsparteien Anwendung“. Für eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches auf andere als die in den Abs. 1, 2, 3 und 4 erwähnten Gebiete verlangt das Übereinkommen in Art. 25 Abs. 5 eine unmittelbare Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Vertragsparteien.

Das Vereinigte Königreich hat in einer Note an den Generalsekretär des Europarates vom 26. September 2002 vorgeschlagen, den Anwendungsbereich des Übereinkommens auf die Balei Guernsey auszudehnen, und den Generalsekretär ersucht, die Vertragsstaaten des Übereinkommens von diesem Vorhaben zu informieren. Wenn ein Vertragsstaat innerhalb von 90 Tagen dagegen keinen Einspruch erhebt, bestünde eine Vereinbarung zwischen dem Vereinigten Königreich und diesem Vertragsstaat im Sinne von Art. 25 Abs. 5 des Übereinkommens über die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Übereinkommens auf Guernsey.

Das Generalsekretariat des Europarats hat diesem Ersuchen mit einer Note vom 21. Oktober 2002 entsprochen und dabei präzisiert, dass wenn Vertragsstaaten bis zum 20. Jänner 2003 keinen Einspruch erheben, zwischen dem Vereinigten Königreich und diesen Vertragsstaaten Vereinbarungen im Sinne von Art. 25 Abs. 5 des Übereinkommens über die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Überein­kommens auf Guernsey bestünden.

Die Ausdehnung der Anwendung des Übereinkommens auf andere als die in Art. 25 Abs. 1, 2, 3 und 4 erwähnten Gebiete – ein solches anderes Gebiet stellt die Ballei Guernsey dar – ist eine Vertragsänderung, die gemäß Art. 50 B-VG der Genehmigung des Nationalrats bedarf. Die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Übereinkommens auf die Isle of Man erfolgte ebenfalls mit Genehmigung des Nationalrats (vgl. BGBl. III Nr. 22/2002).

Österreich hat daher zunächst gegenüber dem Generalsekretariat des Europarates Einspruch erhoben, da die Durchführung eines parlamentarischen Genehmigungsverfahrens bis zum 20. Jänner 2003 nicht möglich war.

Die Zustimmung Österreichs zur Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Übereinkommens auf Guernsey soll nach erfolgter parlamentarischer Genehmigung durch eine Note der Österreichischen Vertretung Straßburg an das Generalsekretariat des Europarates zum Ausdruck gebracht werden.

Besonderer Teil

Durch die Eröffnungsnote des Vereinigten Königreiches Großbritannien und Nordirland und die österreichische Antwortnote kommt eine Vereinbarung im Sinne des Art. 25 Abs. 5 des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zustande. Mit der österreichischen Note wird der Einspruch gegen die Ausdehnung des genannten Übereinkommens zurückgezogen.

Für die Zwecke des Kapitels V des genannten Übereinkommens ist die Justizbehörde für die Ballei Guernsey der HM Generalstaatsanwalt, St. James’ Chambers, St. Peter Port, Guernsey.