647 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (546 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz und das Wertpapieraufsichtsgesetz geändert werden

Mit der Novelle zum Börsegesetz und zum Wertpapieraufsichtsgesetz wird die Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 28. 1. 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) umgesetzt. Ebenso werden damit die im Wege des Komitologieverfahrens zustandegekommenen Richtlinien der Kommission 2003/125/EG vom 22. 12. 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates in Bezug auf die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen und die Offenlegung von Interessenkonflikten, 2003/124/EG vom 22. 12. 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates betreffend die Begriffsbestimmung und die Veröffentlichung von Insiderinformationen und die Begriffsbestimmung der Marktmanipulation und 2004/72/EG vom 29. 4. 2004 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates – Zulässige Marktpraktiken, Definition von Insider-Informationen in Bezug auf Warenderivate, Erstellung von Insider-Verzeichnissen, Meldung von Eigengeschäften und Meldung verdächtiger Transaktionen umgesetzt. Für Maßnahmen im Rahmen der Verordnung der Kommission (EG) Nr. 2273/2003 vom 22. 12. 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates – Ausnahmeregelungen für Rückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen wurden entsprechende gesetzliche Ausnahmen von der Strafbarkeit der Marktmanipulation geschaffen.

Inhaltlich wird durch diese Novelle der gesetzliche Rahmen zur wirksamen Bekämpfung des Marktmissbrauches (Insider-Handel, Marktmanipulation) neu geregelt, um das reibungslose Funktionieren der Wertpapiermärkte und das Vertrauen der Öffentlichkeit in diese Märkte zu gewährleisten. Daneben soll auch der Handel von im Wege von Emissionsprogrammen zugelassenen Verkehrsgegenständen auf der Börse ermöglicht werden.

Die Kompetenz zu Regelungen des Bundes auf diesem Gebiet ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG.

Die EU-Konformität ergibt sich aus der Umsetzung der vorgenannten Richtlinien.

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 7. Oktober 2004 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin die Abgeordneten Mag. Dietmar Hoscher, Dr. Christoph Matznetter, Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Mag. Werner Kogler, Mag. Peter Michael Ikrath, Josef Bucher, Mag. Johann Moser, Kurt Eder, Dr. Werner Fasslabend, Michaela Sburny, Mag. Walter Tancsits sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Peter Michael Ikrath und Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zur Änderung des Artikel I (Änderung des Börsegesetzes)

Zu § 48a: Sprachliche Klarstellung.

Zu § 48b: § 48a Abs. 1 des Börsegesetzes („Missbrauch von Insiderinformationen“) sieht derzeit eine Höchststrafdrohung von zwei Jahren vor; nach Auffassung des Finanzausschusses erscheint eine Anhebung dieses Strafrahmens um mehr als das Doppelte als ausreichend, um das Unrecht der Tat stärker in das Bewusstsein der Marktteilnehmer zu rücken. Auch nach § 38 des deutschen Wertpapierhandelsgesetzes beträgt die Höchststrafdrohung fünf Jahre; daran wird auch im Entwurf eines Anlegerschutzverbesserungsgesetzes festgehalten. Die Anhebung der Wertgrenze von 40 000 auf 50 000 gründet sich auf die entsprechende Anhebung der Wertgrenzen im StGB laut Abschnitt 1 Artikel 1 des Budgetbegleitgesetzes 2005.

Zu § 48d Abs. 2 Z 1 lit. b: Da bei Aktiengesellschaften die Zustimmung des Aufsichtsrates zu Vorstandsbeschlüssen keine Wirksamkeitsvoraussetzung ist, wird die Passage „um wirksam zu werden“ gestrichen.

Zu § 48d Abs. 4: Ermöglicht die Wahrnehmung der Veröffentlichungspflichten über eine zentrale Stelle.

Zu § 48h: § 48h schlägt eine Konzentration der Verfahren wegen § 48b beim Landesgericht für Strafsachen Wien vor, um auch den besonderen Sachverstand und das Erfahrungswissen der mit Wirtschaftsstrafsachen befassten Gruppe der Staatsanwaltschaft Wien nützen zu können. Der Bedeutung einer Tat eines „Primärinsiders“, der einen besonders hohen Vermögensvorteil erlangt, soll durch eine Zuständigkeit des Schöffengerichts unterstrichen werden. Ein diversionelles Vorgehen wäre in diesem Fall wegen § 90a Abs. 2 Z 1 StPO ausgeschlossen.

Zu § 48i: Durch die vorgeschlagenen Änderungen soll Staatsanwaltschaft und Gericht ein flexibles Vorgehen ermöglicht werden, indem Sicherheitsbehörden und Sicherheitsorgane – bei grundsätzlicher „führender Zuständigkeit“ der FMA – immer dann mit Ermittlungen beauftragt werden können, wenn dies auf Grund von Art, Umfang oder besonderen Umständen des Sachverhalts zweckmäßig erscheint (Verbindungen zu anderen strafbaren Handlungen; Notwendigkeit von Grundrechtseingriffen, etc.). Das profunde kriminaltaktische Wissen der Sicherheitsbehörden und ihre Erfahrungen sollen auch bei der Bekämpfung des Missbrauchs von Insiderinformationen bestmöglich genützt werden. Der FMA soll in diesen Fällen jedoch – außer bei Gefahr im Verzug – jedenfalls die Gelegenheit zur Teilnahme geboten werden.

Zu § 48q: Neuregelung vereinfacht die Möglichkeit der Beauskunftung für die FMA.

Zu § 102 Abs. 20: Eine Verschiebung des Inkrafttretens ist im Hinblick auf die Strafbestimmungen erforderlich.

Zur Änderung des Artikel II (Änderung des Wertpapieraufsichtsgesetzes)

Zu § 10 Abs. 2, 2. Satz: Die Änderung reduziert die Meldepflicht bei nicht zum Handel an einem österreichischen Markt oder an einem geregelten Markt im Sinne des Art. 1 Z 13 der Richtlinie 93/22/EWG in einem Mitgliedstaat zugelassenen „meldepflichtigen Instrumenten“ auf jene Fälle, deren Basisinstrument (Underlying) Aktien oder aktienähnliche Wertpapiere sind, die an der Wiener Börse zugelassen sind bzw. für die bereits ein Zulassungsantrag gestellt wurde sowie auf jene Fälle, bei denen das Basisinstrument Derivate auf solche Wertpapiere sind.

Zu § 34 Abs. 15: Eine Verschiebung des Inkrafttretens ist im Hinblick auf die Strafbestimmungen und meldetechnischen Änderungen infolge Änderung des § 10 Abs. 2 WAG erforderlich.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Peter Michael Ikrath und Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn mit Stimmenmehrheit angenommen.

 


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2004 10 07

                Gabriele Tamandl      Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn

    Berichterstatterin                 Obmann-Stellvertreter