Minderheitsbericht
der Abgeordneten Dr. Cap, Heidrun Silhavy
gemäß § 42 Abs. 4 GOG
zum Bericht des
Budgetausschusses über das Budgetbegleitgesetz 2005
Die
sozialdemokratische Parlamentsfraktion lehnt die Regierungsvorlage des
Budgetbegleitgesetzes 2005 (649 d.B.) in der Fassung des Abänderungsantrags der
Abgeordneten Auer, Hofmann und Kollegen insbesondere aus folgenden Gründen ab:
Das Budget 2005
ist ein Eingeständnis der Vorwürfe, die die Opposition schon seit geraumer
Zeit gegen die schwarzblaue Bundesregierung erhebt und die sich Tag für Tag
durch neue, nicht zu leugnende Fakten rechtfertigen.
Die schwarzblaue
Bundesregierung hat seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2000 viel versprochen und
nichts gehalten.
In Gegensatz dazu
würde es die SPÖ besser machen und hat auch die besseren Alternativen
zum verfehlten wirtschafts- und finanzpolitischen Kurs der schwarzblauen
Bundesregierung.
Schüssel und
Grasser haben eine rosige Zukunft und eine Zeit der Ernte versprochen und eine
gewaltige Missernte eingefahren:
Sie haben die
ÖsterreicherInnen belastet wie noch nie, mit der höchsten Steuer- und
Abgabenquote in der Geschichte Österreichs.
Sie haben dennoch
den höchsten Schuldenstand seit 1945 zu verantworten.
Sie haben das Familiensilber
verscherbelt und zu Billigstpreisen die ÖIAG-Anteile an wichtigen
österreichischen Leitbetrieben größtenteils ins Ausland verkauft und wollen mit
diesem Kurs auch noch weitermachen.
Sie haben immer
neue Höchststände bei der Arbeitslosigkeit zu verantworten, 2004 im
Jahresdurchschnitt um fast 50.000 Arbeitslose mehr als noch 2000.
Sie haben Pensionen
und Einkommen gekürzt wie noch nie zuvor in der 2. Republik.
Sie haben unsere
Zukunft an den Universitäten jetzt schon verspielt, noch nie waren die
Zustände an den Universitäten in Österreich so katastrophal wie jetzt.
Von 1996 bis 2000
ist das heimische Wachstum rund acht Prozent über dem EU-Durchschnitt
gelegen, von 2001 bis 2003 aber dreizehn Prozent unter dem EU-Durchschnitt.
Beim
Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf ist Österreich in den letzten Jahren um einige Plätze
zurückgefallen.
Bei den öffentlichen
Investitionen ist Österreich innerhalb der EU Schlusslicht.
Noch nie ist
ein Finanzminister in der 2. Republik so gescheitert, seine Budgetziele zu erreichen, noch nie
musste ein Finanzminister eingestehen, dass er sich einen Fehlbetrag von 1
Milliarde Euro selbst nicht erklären kann.
Noch nie wird ein
Finanzminster seine Nachfolge so schwierig gemacht haben wie Minister Grasser.
Schüssel und
Grasser versprachen eine „Zukunft ohne Schulden“ und ein stabiles
Budget. Heute ist festzustellen, dass in den Jahren 2000 bis 2003 laut Bericht
des Staatsschuldenausschusses die Bundesschulden um 13,7 Milliarden Euro
gestiegen sind. 2004 werden noch
mehr als 4 Milliarden und 2005 laut Bundesvoranschlag weitere 5,1 Milliarden
Euro neue Schulden dazukommen. Insgesamt haben Schüssel und Grasser damit in
den Jahren 2000 bis 2005 rund 23 Milliarden Euro neue Schulden des
Bundes zu verantworten. Das sind fast 3.000 Euro neue Schulden für jede
Österreicherin und jeden Österreicher, vom Kleinkind bis zum Greis.
Damit haben
Schüssel und Grasser den höchsten Schuldenstand in Österreich seit 1945
zu verantworten. Im Jahr 2005 wird dank Schüssel und Grasser jede
Österreicherin und jeder Österreicher, vom Kleinkind bis zum Greis, unglaubliche
rund 19.000 Euro Schulden haben.
Schüssel und
Grasser werden 2005 mit 5,1
Milliarden Euro mehr neue Schulden machen, als es Grassers
Vorgänger, der sozialdemokratische Finanzminister Edlinger, in den Jahren 1997 bis 1999 zu
verantworten hatte. Dabei war die Entwicklung bei Wachstum, Beschäftigung und
Einkommen wesentlich besser.
Schüssel und
Grasser haben daher das
höchste Defizit seit 1996 zustande gebracht. Darüber hinaus sind in den
Jahren 1997 bis 1999 die Defizite in Realtion zum BIP gesunken, seit 2001
steigen sie unter Schüssel und Grasser wieder.
Das hätte die SPÖ
besser gemacht. Dafür hätte Schüssel die SPÖ nicht aus der Regierung entfernen
und sich selbst und die ÖVP ins Kanzleramt hineintricksen müssen.
Schüssel und
Grasser versprachen im Jahr 2000, dass 75% aller ÖsterreicherInnen von der
angeblichen Sanierung des Staatshaushaltes nicht belastet werden.
Heute ist
festzustellen, dass mehr als 40 Belastungsmaßnahmen die österreichische
Bevölkerung hart getroffen haben. Die Maßnahmen reichen von der Verdopplung
der Energieabgabe, der Erhöhung der Versicherungs, Tabak- und anderer Steuern,
Verdopplung der Vignette, Erhöhung zahlreicher Gebühren, Erhöhung von
Krankenversicherungsbeiträgen und Pensionskürzungen, etc.
Schüssel und
Grasser haben im Jahr 2000 versprochen, dass Vollbeschäftigung unter der
schwarzblauen Regierung wieder Realität wird und Ziel der Wirtschaftspolitik
ist.
Heute ist
festzustellen, dass im Jahresdurchschnitt 2003 rund 50.000 Menschen mehr
ohne Job in Österreich dastehen als noch im Jahr 2000. Von Vollbeschäftigung
ist angeischts dieser Entwicklung ohnehin keine Rede mehr und die Zielsetzung
der schwarzblauen Bundesregierung so rasch begraben wie das Nulldefizit.
Auch im nächsten
Jahr wird daher die registrierte Arbeitslosigkeit weit über dem Niveau der
Jahre 2001 und 2002 liegen. Es muss weiter davon ausgegangen werden, dass auch
im Jahr 2005 die Betroffenheit von Arbeitslosigkeit zunehmen wird.
Die
österreichische Arbeitsmarktpolitik steht in den nächsten Jahren zudem vor
großen Herausforderungen, die hier nur stichwortartig festgehalten werden
sollen: Bewältigung der Arbeitsmarktwirkungen der EU-Erweiterung sowie
der Pensionsreformen, weitere Flexibilisierung und Dynamisierung
des österreichischen Arbeitsmarktes, demographisch bedingtes weiteres Ansteigen
der Erwerbsbevölkerung in Verbindung mit einem raschen Steigen des
Durchschnittsalters der Beschäftigten, Bewältigung der geschlechtsspezifischen
Segregation des österreichischen Arbeitsmarktes, Integration der
ausländischen Wohnbevölkerung in den Arbeitsmarkt.
Es gibt überdies
mehr als deutliche Hinweise – etwa über die Messung der Zufriedenheit der
Arbeit Suchenden mit den Dienstleistungen des AMS –, dass die Ausweitung der
Teilnahmemöglichkeiten in Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik mit ihrer
die Registerarbeitslosigkeit senkenden Wirkung mit einem deutlichen Rückgang
der Qualität (und damit wohl auch der Effektivität in Richtung nachhaltiger
Integration in den Arbeitsmarkt) aufgrund der anhaltenden budgetären
Mangelwirtschaft in der Arbeitsmarktpolitik abgetauscht werden musste.
Eine Ausweitung
des Finanzniveaus für aktive Arbeitsmarktpolitik ist daher dringend
erforderlich.
Schüssel und
Grasser haben im Jahr 2003 versprochen, dass die Steuerreform 2005 „Österreich
Flügel verleihen“ and daher „Investitionen und Wachstum“ beflügeln wird.
Festzustellen ist,
dass Österreich laut statistischem Jahrbuch der WKÖ und Eurostat in den
Jahren 1991 bis 1995 mit 2,0 % reales Wachstum über dem EU-Schnitt von
1,5% gelegen ist, in den Jahren 1996 bis 1999 mit 2,8% über dem EU-Schnitt von
2,6% gelegen ist, und seitdem schwarzblau Verantwortung hat in den
Jahren 2000 bis 2003 mit 0,9% erheblich unter dem EU-Schnitt von 1,3%
gelegen hat, und auch 2004 mit 1,8% unter dem EU-Schnitt von 2,0% liegen wird.
Festzustellen ist ferner,
dass die Realeinkommen in Österreich seit dem Jahr 2000 bei
durchschnittlich 25.200 im Jahr stagnieren und durch Angstsparen
die Sparquote seit 2001 von 7,5% auf 8,8% des verfügbaren Einkommens im Jahr
2005 steigen wird. Damit fehlt Kaufkraft für Wachstum und Beschäftigung.
Daran wird auch
die Steuerreform nichts ändern,
weil diese die unteren und mittleren Einkommensbezieher nicht ausreichend
entlastet und auch sonst eine erhebliche Schieflage aufweist.
Die Steuersenkung
kommt konjunkturpolitisch nicht nur für die hunderttausenden Arbeitslosen
in Österreich zu spät. Nur eine signifikante Steuersenkung für kleine
und mittlere Einkommen schon im Jahr 2003 oder wenigstens spätestens im Jahr
2004, wie die SPÖ das vorgeschlagen hat, hätte die Massenkaufkraft erhöhen und
damit für mehr Wachstum und Beschäftigung sorgen können.
Die von der
Regierung geplante Steuersenkung erreicht daher die falschen Gruppen.
Es profitieren nicht jene ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen, die eine
Entlastung nach den zahlreichen schwarzblauen Belastungspaketen der letzten
Jahre bräuchten. Auch die kleinen und mittleren UnternehmerInnen haben von
dieser Reform nichts.
Der
Bundesvoranschlag zeigt nun auch, dass die Lohnsteuer um rund 2% entlastet wird,
die Körperschaftssteuer aber um rund 20% und damit um das 10-fache. Während
es für LohnsteuerzahlerInnen 2005 eine durchschnittliche Entlastung von fünf
(!) Euro pro Monat gibt, zahlen die großen Kapitalgesellschaften in Zukunft
nirgends in Europa so wenig Steuern wie in Österreich. Zusätzlich können diese
Betriebe aufgrund der Steuerreform ausländische Verluste noch einfacher mit
inländischen Gewinnen gegenverrechnen und damit ihre Steuern reduzieren.
Die Kleinverdiener
und der Mittelstand schauen durch die Finger. Es profitieren gut und best
verdienende kinderreiche Familien mit einem Erhalter, dessen Frau zu Hause „am
Herd“ bleiben soll sowie große Kapitalgesellschaften mit hohen Gewinnen.
Nach Gegenrechnung
aller Belastungen und Entlastungen in den Jahren 2000 bis 2005 bleiben aufgrund der gewaltigen
Bealstungsmaßnahmen der schwarzblauen Regierung in den Jahren 2000 bis 2003
auch nach der Steuerreform im Jahr 2005 unter dem Strich immer noch 330
Millionen Euro an Belastungen über. Dadruch bleibt Kaufkraft der
Österreicherinnen und Österreichern nachhaltig geschwächt.
Schüssel und
Grasser haben im Jahr 2000 angekündigt, dass die Regierung bei sich selbst
anfangen wird zu sparen.
Heute ist
festzustellen, dass die Schüssel und Grasser nur bei den Menschen in
Österreich, nicht aber bei sich selbst gespart haben. Für Beratung und
Eigenwerbung hat die schwarzblaue Regierung seit dem Jahr 2000 rund 75
Millionen Euro ausgegeben, davon allein Grasser rund 25 Millionen Euro und
Schüssel rund 16 Millionen Euro. Mit Steuergeldern wurden auch
rauschende Feste und Parties bezahlt, zuletzt die Geburtstagsparty von
Staatssekretär Morak.
Manche Maßnahmen
im Budgetbegleitgesetz 2005 weisen allerdings auch in die richtige Richtung,
wie zum Beispiel im Bereich der Sportförderung oder der Behinderten. Sie
gleichen aber nicht die durch vorangegangene Budgets der schwarzblauen
Bundesregierung entstandenen Belastungen für diese Gruppen aus, sodass ein
entsprechend höheres Ausmaß an Förderung notwendig wäre. Angesichts der
großzügigen Steuersubventionierung von Auslandsverlusten der in Österreich
ansässigen internationalen Konzerne im Rahmen der durch die Steuerreform 2005
eingeführten Gruppenbsteuerung wären bei besserer Verteilung der Mittel
großzügigere und weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Situation jener
zahlreichen Gruppen finanzierbar gewesen, die von den Sparpaketen besonders
getroffen wurden und besondere Unterstützung benötigen.
Zu einzelnen Artikeln des Budgetbegleitgesetzes nimmt
die Sozialdemokratische Fraktion wie folgt Stellung:
Zum 1.
Abschnitt, Art. 1-4: Justiz
Im 1. Abschnitt
des Budgetbegleitgesetzes (Justiz) wird festgelegt, dass der Rahmen für die
Tagessätze bei den Geldstrafen angehoben wird und zwar soll die Obergrenze beim
Tagessatz künftig nicht mehr 327 Euro sondern 500 Euro betragen. Weiters sollen
die strafsatzbestimmenden Wertgrenzen angehoben werden. Vorgesehen ist auch,
dass in der Strafprozessordnung und im Geschworenen-und Schöffengesetz 1990 die
(Höchst-)Beträge von Ordnungsstrafen und Kostenersätzen „angepasst“ werden.
Die Erhöhung der
strafsatzbestimmenden Wertgrenzen entsprechend der Inflationsentwicklung wird
begrüßt. Die Erhöhung der Tagessatzobergrenze, die Hinaufsetzung von
Ordnungsstrafen (z.B. in § 108 Abs.1 StPO von 726 Euro auf 1000 Euro) etc.
verstärken den Eindruck, dass für diese Bundesregierung im Bereich der
Justizgesetze nicht kriminalpolitische und vorausschauende
strafrechtspolitische Aspekte im Vordergrund stehen, sondern das Ziel der
Geldbeschaffung bzw. einer oft unsachlichen Kostenminimierung.
Es ist dies eine
Tendenz, die bei den Justizgesetzen in jüngerer Zeit immer mehr zu beobachten
ist wie beispielsweise auch beim Entwurf der Strafprozessnovelle 2005 (z.B.
Reduktion der Berufsrichter im Schöffengericht u.a.), wo sogar die Vereinigung
Österreichischer Staatsanwälte in ihrer Stellungnahme bedauerte, dass
„neuerlich primär rein budgetäre Erwägungen und nicht etwa das Bemühen um
Qualitätssteigerung Anlass für Reformen im gerichtlichen Strafverfahren sind“.
Die recht
drastischen Erhöhungen von Gebühren und Ordnungsstrafen etc. im vorliegenden
Abschnitt, aber auch die Ausweitung der Kostenersatzpflichten bei der Diversion
und die deutlich über die Inflationsabgeltung hinausgehende Erhöhung des
Höchstbetrages des Pauschalkostenbeitrages beim außergerichtlichen Tatausgleich
bestätigen diese Entwicklung.
Zu Artikel
8: Veräußerung von Bundesanteilen an der Gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft mbH
Villach und der Entwicklungsgesellschaft Aichfeld-Murboden Gesellschaft m.b.H.
Erhebliche Zweifel
bestehen an der betriebswirtschaftlichen Sinnhaftigkeit des Verkaufs von
bewirtschafteten Immobilien und bundeseigenen Wohnbaugenossenschaften, da
unklar ist, ob die Einnahmen aus dem Verkauf den Ertrag (und damit den
geminderten Zinsendienst) übersteigen.
Außerdem ist nicht
sichergestellt, dass die betroffenen Wohnungen nicht dem gemeinnützigen
Wohnungskreislauf sowie entsprechenden Mietzinsbindungen entzogen werden.
Zu Artikel
10 und 11: Änderung des Bundesforstegesetzes und des Pensionsgesetzes
Die von den
Österreichische Bundesforste AG getragenen Pensionsverpflichtungen wie auch
–rechte werden wieder vom Bund übernommen, wofür als Gegenleistung die
Gesellschaft 100 Millionen Euro an den Bund zu erbringen hat.
Diese Maßnahme ist
Teil eines Gesamtmaßnahmenpakets von Einmalmaßnahmen im Gesamtausmaß von rund
1,2 Milliarden Euro (= 0,5% des BIP), mit dem das tatsächliche Budgetloch
verschleiert weden soll. Ohne diese Maßnahmen, zu denen etwa auch Erlöse aus
der ÖIAG im Ausmaß von 250 Millionen Euro, Erlöse durch Veräußerung von
Bundeswohnbaugesellschaften im Ausmaß von 377 Millionen Euro oder eine
Sonderdividende der Buwog im Ausmaß von 100 Millionen Euro zählen, wäre das
Budgetdefizit entsprechend höher ausgefallen.
Derartige
Maßnahmen zur Budgetkosmetik, die zu Lasten einer positiven Entwicklung der
jeweiligen Unternehmen gehen oder den blindwütigen Ausverkauf öffentlichen
österreichischen Kerneigentums fortsetzen, werden abgelehnt.
Zu Artikel
12: Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz
Die Abgangsdeckung
in der Gebarung Arbeitsmarktpolitik durch den Bund ist grundsätzlich zu
befürworten.
Diese Maßnahme rechtfertigt
aber in keiner Weise die in den Erläuterungen angeführte Absicht, einen
„Spielraum für weitere Lohnnebenkostensenkungen bei späteren
Überschüssen in der Gebarung Arbeitsmarktpolitik“ schaffen zu wollen.
Zunächst ist davon
auszugehen, dass angesichts der ungebrochen schwierigen Arbeitsmarktentwicklung
nennenswerte Überschüsse mittelfristig nicht erreicht werden können. Der
Einsatz der im Jahr 2000 erreichten Überschüsse für ein Sonderprogramm für
Jugendliche ab dem Herbst 2002 zeigt, wie wichtig ein Mindestmaß an schnell
verfügbaren Finanzreserven für eine rasche Reaktion auf überraschende
Arbeitsmarktentwicklungen ist.
Die aktuelle
finanzielle Unterdeckung und die Herausforderungen für die österreichische
Arbeitsmarktpolitik in den nächsten Jahren sind so hoch, dass die
ausschließliche Finanzierungsbasis für dieses Politikfeld – die
Beitragseinnahmen der Arbeitslosenversicherung – auch bei möglicherweise in
einzelnen Jahren auftretenden Überschüssen in der Gebarung Arbeitsmarktpolitik
nicht verringert werden kann.
Im Gegenteil: Die
Umsetzung einer Politik des Lebenslangen Lernens für Arbeitskräfte macht
eine Ausweitung der finanziellen Grundlagen für arbeitsmarktbezogene
Weiterbildung von Beschäftigten und Arbeit Suchenden im Rahmen der aktiven
Arbeitsmarktpolitik notwendig, die über eine Schwerpunktsetzung im gesamten
Bundeshaushalt auch den Einsatz von Mitteln aus dem Steueraufkommen
erforderlich macht. Außerdem muss davon ausgegangen werden, dass ab dem Jahr
2007 kaum mehr Mittel des Europäischen Sozialfonds für die
österreichische Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen werden – dieser
Einnahmenentfall in der Gebarung Arbeitsmarktpolitik muss ausgeglichen
werden, soll zumindest das aktuelle Aktivitätsniveau in der
Arbeitsmarktpolitik gehalten werden können.
Der Hinweis auf „spätere
Lohnnebenkostensenkungen“ in den Erläuterungen zum BBG 2005 geht daher in
die völlig falsche Richtung. Er erweckt bzw. bestärkt
Erwartungshaltungen, die nicht eingelöst werden können, soll in Österreich auch
nach 2007 eine einigermaßen ausreichend finanzierte Arbeitsmarktpolitik weiter
betrieben werden können.
Dass das AMS
aufgrund der vorgeschlagenen Neufassung des § 6 Abs. 3 auf Rücklagen aus der
betriebsbezogenen Arbeitsmarktpolitik bei der Finanzierung von
Arbeitsmarktförderungsmaßnahmen zurückgreifen kann, ist grundsätzlich zu
unterstützen.
Aus der
Regierungsvorlage zum BBG 2005 ist jedenfalls abzuleiten, dass in der
unternehmensbezogenen Arbeitsmarktförderung Rücklagen im Ausmaß von mindestens
drei Jahresdotierungen existieren müssen (Laut BM Grasser 120 Mio) Das AMS erhält für die Jahre 2005 und
2006 eine Zugriffsoption von insgesamt rund 28 Mio. Euro, gleichzeitig soll die
Dotierung in ähnlicher Höhe in diesen Jahren unterbleiben, ohne dass
gleichzeitig die mit diesen Mitteln finanzierten Förderungen nach den §§ 27 und
34 AMFG ausgesetzt würden.
Entgegen dem in
der Regierungsvorlage zum BBG 2005 vorgeschlagenen § 6 Abs. 4 AMPFG (der eine
Dotierung der unternehmensbezogenen Arbeitsmarktförderung erst ab dem Jahr 2007
vorsieht) sind im Budgetvoranschlag rund 28 Mio. Euro für diesen Bereich der
Arbeitsmarktpolitik vorgesehen.
Vor dem
Hintergrund dieser bestehenden Rücklagen ist die im Voranschlag 2005
vorgesehene Dotierung völlig unverständlich. Das gilt auch für die vorgesehene
Überführung von Mitteln aus der unternehmensbezogenen Arbeitsmarktförderung in
die Subjektförderung durch das AMS durch Einräumung einer Zugriffsoption und
nicht durch ordentlichen Budgetansatz. Gleichzeitig weist der Aufbau derartiger
Rücklagen in einer äußerst angespannten Arbeitsmarktlage auf massive
Vollzugsdefizite in der betrieblichen Arbeitsmarktpolitik hin.
Wir fordern daher
ausdrücklich Information über Finanzvolumen und -verwendung in der
betrieblichen Arbeitsmarktpolitik. Ziel dieser Information und Diskussion ist
die Herstellung von Transparenz über die Förderstrategie, Mittelausstattung und
-verwendung in der betrieblichen Arbeitsmarktpolitik im Hinblick auf die
notwendige Verzahnung mit den über das AMS umgesetzten arbeitsmarktpolitischen
Strategien.
Zu Artikel
14: Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes
Einer weiteren
Ausdehnung der grundsätzlich abgelehnten Regelung des § 18 Abs. 3 AuslBG wird
nicht zugestimmt.
Praktische
Erfahrungen zeigen, dass das Entsendeprivileg des § 18 Abs. 3 AuslBG zu einem
weiteren Unterlaufen der mit dem AuslBG eigentlich intendierten Regulierungen
des Zuganges zum Arbeitsmarkt in Österreich führt. Die Gefahr besteht, dass
unter dem Titel des § 18 Abs. 3 nach Österreich geholte ArbeitnehmerInnen nicht
ausgebildet sondern als Arbeitskräfte in ihren Betrieben eingesetzt werden.
Insbesonders der Begriff Einschulung schließt eine tatsächliche erbrachte
Arbeitsleistung nicht aus!
Gleichzeitig ist
die so genannte „Schlüsselkraft-Quote“ regelmäßig nur zur Hälfte
ausgeschöpft. Wirkliches Weiterbildungsinteresse von Konzernen und im
Rahmen von joint ventures kann daher problemlos im Rahmen dieser Quote abgedeckt
werden, es gibt keine reale Veranlassung für die angesprochenen
Entsendeprivilegien. Hier plant jedoch die Bundesregierung eine Absenkung der
unselbständigen Schlüsselkräfte von 2.030 auf 1475. Es hat daher den Anschein,
dass ein Teil der Absenkung, über die geplante Neuregelung im § 18 Abs.3, unter kaum kontrollierbaren Konditionen
wieder wettgemacht werden soll.
Wir verlangen
daher eine unabhängige und umfassende Evaluierung der Wirkungen dieses
Privilegs unter Einbeziehung der Sozialpartner sowie eine öffentliche
Diskussion über die Ergebnisse dieser Evaluierung, bevor eine
Aufrechterhaltung und Ausdehnung des Entsendeprivilegs des § 18 Abs. 3 AuslBG
erfolgt.
Zu Artikel
15: Änderung des Arbeitsmarktservicegesetzes
Laut den letzten
Personalbedarfsrechnungen (deren Verlässlichkeit von externen Gutachtern ja
bestätigt wurde) fehlen dem AMS rund 500 Planstellen. Das führt zur
Notwendigkeit einer Reduktion der Dienstleistungspalette des AMS, die
derzeit schon diskutiert wird. Dass ein solch eklatanter Personalfehlbestand
mittlerweile auch dokumentierte negative Auswirkungen auf die
Dienstleistungsqualität im AMS hat, ist immanent. Auf diese Mängel wird –
wie schon in den letzten Jahren – keine Rücksicht genommen.
Anstelle dessen
wird dem AMS eine Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten für die Finanzierung
von Aufwendungen gegeben, die „kurzfristig und vorübergehend“ zusätzliche
Geldmittel verlangen. Damit soll das AMS wohl eine Art „Betriebsführungskredit“
aufnehmen können, um kurzfristige Liquiditätsengpässe zu überbrücken.
Selbstverständlich kann das keine ernsthafte Alternative zu einer
deutlichen Aufstockung der budgetären Mittel für das AMS-Personal darstellen,
noch dazu, wenn, wie vorgesehen, die Gebarung Arbeitsmarktpolitik die vollen
Kreditkosten zu tragen hat.
Zu Artikel
16: Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes
Die vorgesehene
Ausweitung der Transfers von der Arbeitslosenversicherung in die
Krankenversicherung wird in den Erläuterungen einerseits mit einer
Gleichstellung der Beitragsbelastung bei Beschäftigung und Arbeitslosigkeit
sowie damit begründet, dass die Arbeitslosenversicherung sowie die Arbeitgeber
gleichsam zu einer „Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall“ verhalten werden
soll. Hintergrund für diese Regelungen sind natürlich die Finanzierungsprobleme
im Gesundheitssystem.
Die Anpassung des
Krankenversicherungsbeitrages ist selbstverständlich ein Gebot der Stunde.
Unter dem Aspekt der „Kostenwahrheit“ ist auch eine Übernahme der Kosten für
Krankengeld an Arbeit Suchende durch die Arbeitslosenversicherung im
vorgeschlagenen Rahmen vorstellbar.
Diese Maßnahmen
führen zu einem Mehraufwand in der Gebarung Arbeitsmarktpolitik von über 233
Mio. Euro. Hinzu kommt auch noch die Umstellung der Bemessung der
Pensionsversicherungsabgaben von der jeweiligen Leistung auf 70% der
Bemessungsgrundlage (laut Regierungsvorlage zum Pensionsharmonisierungsgesetz
eine Erhöhung der von der Arbeitslosenversicherung zu leistende
Pensionsversicherungsbeiträge um 300 bis 350 Mio. Euro). Der
im Bundesvoranschlag vorgesehene Bundesbeitrag von 311 Mio. Euro, der
offensichtlich der Abgangsdeckung dient, ist daher viel zu gering
dotiert.
Zu Artikel
19: Bundespflegegeldgesetz
Die Valorisierung
des Bundespflegegeldes ist natürlich positiv zu beurteilen. Allerdings hat das Pflegegeld
seit seiner Einführung 1993 16%
an Kaufkraft verloren; die Problematik, dass die Pflegegeldleistungen und
die zugrundeliegenden Stundensätze nicht annähernd in der Lage sind,
professionelle Pflegehilfe einzukaufen, ist durch die langjährige
Nichtanpassung dramatisch verschärft worden. Die vergleichsweise unbedeutende
Valorisierung ändert am Problem faktisch nichts.
Das durchschnittliche
Pflegegeld beträgt 386 Euro monatlich im Jahr 2004, eine Anhebung um 2%
sind also lediglich rund 7,7 Euro monatlich.
Zu Artikel
20: Bundessozialamtsgesetz
Die in Personalunion
erbrachte Wahrnehmung von Landes- und Bundesgeschäftsstellenleitung hat bis
dato keine offensichtlichen Probleme erbracht. Die neun LeiterInnen der
Landesstellen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen verfügen
aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit in diesem Bereich über hohe fachliche
Qualifikationen und einschlägige Erfahrungen, die sie zweifellos für die
Amtsleitung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen qualifizieren.
Die vorgesehene
Änderung, dass Bereichsfremde die Führung des Bundesamtes übernehmen könnten,
erscheint aufgrund der komplexen Materie nicht sinnvoll. Die in den
Erläuterungen enthaltene lapidare Begründung, dass auch Dritten die Wahrnehmung
dieser Funktion ermöglicht werden soll, verkennt, dass fachspezifische
Erfordernisse in diesem Bereich essenziell sind. Weiters sei angemerkt, dass
durch die vorgesehene Bestimmung eine zusätzliche Führungsposition
installiert wird, wodurch zusätzliche Kosten entstehen. Leider wird auf diesen
Punkt in den Erläuterungen nicht eingegangen.
Eine Evaluierung
des Bundessozialamtsgesetzes auf die in Rede stehende Leitungstätigkeit ist
nicht geschehen und es ist daher völlig unverständlich, dass eine Trennung der
bisher effizienten Personalunion von LeiterIn des Bundesamtes und LeiterIn
einer Landesstelle erfolgt. Diese Vorgangsweise lässt das Motiv einer
zusätzlichen politischen Postenbesetzung vermuten.
Zu Artikel
24: Änderung des Altlastensanierungsgesetzes
Ziel der Novelle
ist die Fortschreibung der Ermächtigung, Altlastenbeiträge für Ersatzvornahme
bei Altlasten zu verwenden. Das eigentliche Problem liegt aber daran, dass die
Einnahmen aus dem ohnehin erhöhten Altlastensanierungsbeiträgen viel niedriger
sind als ursprünglich geschätzt.
Offensichtlich
sind die Kontrollmöglichkeiten zu eingeschränkt für die Behörden und werden
Abfälle in zunehmende Maße illegal entsorgt bzw. exportiert. Ein verstärktes
Kontrollwesen, das letztlich auf einen SP-Antrag zurückgeht, wird es erst ab
2005 geben.
Da bereits durch
Vorgriffe die Mittel für die Altlastensanierung 2005 und 2006 ausgegeben
wurden, steht die umweltpolitisch wichtige Altlastensanierung vor dem
finanziellen Zusammenbruch. Inwieweit Sanierungszusagen 2005 möglich sind,
bleibt vor diesem Hintergrund abzuwarten.
Zu Artikel
25: Änderung des Umweltförderungsgesetzes
Durch das
Budgetbegleitgesetz 2005 sollen auch nach den umfangreichen Forderungsverkäufen
in den Vorjahren 2005 und 2006 jeweils 100 Mio. € aus dem Vermögen des Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds zur
Bedeckung des gesamten Liquiditätsbedarfs der Siedlungswasserwirtschaft
herangezogen werden. Der Zusagerahmen wird für die Jahre 2005 bis 2008 mit 218
Mio. € festgelegt. Damit wird der zugesagt Förderbarwert auf dem Niveau der
Jahre 2002 bis 2004 verbleiben.
Ziel wäre die
Erfüllung der kommunalen Siedlungswasserwirtschaftsrichtlinie und die
notwendigen Investitionen ausreichend zu fördern, was von der Bundesregierung
mit dieser Strategie des Aufzehrens von Reserven mittelfristig nicht
sichergestellt wird.
Entsprechend einer
im Jahr 2003 durchgeführten Erbebung ergibt sich ein geschätzter
Investitionsbedarf im Zeitraum 2005 bis 2008 in der Höhe von ca. 4 Mrd. € und
ein Förderbedarf in der Höhe von knapp 900 Mio. €.
Ab 2007 ist daher
die Finanzierung der Siedlungswasserwirtschaft durch den Bund ungewiss, weil
keine Forderungsverkäufe mehr möglich sein werden. Offen ist auch die Dotierung
durch die Finanzausgleichspartner in den Jahren 2007 und 2008, die im Rahmen
des nächsten FAG zu klären ist.
Darüber hinaus
möchte die Bundesregierung in immer größerem Ausmaß (offiziell 40 %) die
Kyoto-Vereinbarungen durch Umweltschutzmaßnahmen im Ausland erbringen. Dazu
wird das Umweltförderungsgesetz erneut geändert. In Zukunft soll die
Möglichkeit geschaffen werden, auch Emissionsreduktionen aus Projekten in
Industrieländern bzw. neuen EU-Mitgliedsstaaten aufzukaufen, die formal nicht
als Joint Implementations-Projekte durchgeführt werden. Mit dieser Strategie wird
die Chance vertan, in Österreich die Umweltqualität weiter zu steigern,
gleichzeitig konjunkturelle Impulse zu setzen und damit Arbeitsplätze im Inland
zu schaffen, weil die Fördergelder ins Ausland fließen.