68 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (27 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Kartellgesetz 1988, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Versicherungsvertragsgesetz 1958, das Atomhaftungsgesetz 1999, das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz der Verkehrsopfer, das Finanzmarktaufsichts-behördengesetz, das Börsegesetz und das Bankwesengesetz geändert werden (VAG-Novelle 2003)

 

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Mit dem vorliegenden Entwurf sollen die Vorschriften der Richtlinien 2002/13/EG und 2002/83/EG in österreichisches Recht umgesetzt werden. Gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2002/13/EG und Art. 72 der Richtlinie 2002/83/EG hat die Umsetzung dieser Richtlinien spätestens mit 20. September 2003 zu erfolgen. Versicherungsunternehmen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinien 2002/83/EG und 2002/13/EG eine Konzession zum Betrieb der Vertragsversicherung im Inland besitzen, kann eine Frist von fünf Jahren gewährt werden, um den in den Richtlinien enthaltenen Anforderungen nachzukommen.

In den Erwägungsgründen zu den Richtlinien wird betont, dass die Verpflichtung der Versicherungs­unternehmen, über die versicherungstechnischen Rückstellungen hinaus eine Solvabilitätsspanne zu bilden, die bei ungünstigen Geschäftsschwankungen als Kapitalreserve dienen soll, ein wichtiger Bestandteil des Aufsichtssystems im Hinblick auf den Schutz der Versicherungsnehmer und anderen Versicherten ist (Erwägungsgrund 3 zur Richtlinie 2002/13/EG und Erwägungsgrund 39 der Richtlinie 2002/83/EG). Es wird zwar anerkannt, dass das bestehende System grundsätzlich zufriedenstellend funktioniert; dies schließt aber nicht aus, dass es in einigen Punkten verbesserungsbedürftig ist (Erwägungsgrund 6 der Richtlinie 2002/13/EG). Ziel der Richtlinien ist es, die festgestellten Defizite durch eine Neufassung oder Ergänzung der in den geltenden Versicherungsrichtlinien enthaltenen Solvabilitätsregeln zu beseitigen.

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 24. April 2003 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Marianne Hagenhofer, Mag. Werner Kogler, Mag. Walter Tancsits, Mag. Peter Michael Ikrath, Michaela Sburny, Mag. Hans Moser, Dipl.-Kfm.Dr. Hannes Bauer, Peter Marizzi, Dr. Werner Fasslabend, Mag. Kurt Gaßner, der dritte Präsident des Nationalrates Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz und der Ausschussobmann Abgeordneter Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll.

Im Zuge der Debatte haben der Abgeordnete Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll und der dritte Präsident des Nationalrates Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Abänderungsantrages:

Bei der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge gemäß §§ 108g ff EStG handelt es sich um eine wichtige Maßnahme zur Förderung der privaten Altersvorsorge. Nach der bestehenden Rechtslage könnten die Versicherungsunternehmen, welche die Lebensversicherung betreiben, dieses Produkt wegen der besonderen Voraussetzungen in § 108h EStG nur im Rahmen der fonds- oder indexgebundenen Lebensversicherung anbieten. Dies würde der Bedeutung der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge nicht gerecht. Um den Versicherungsunternehmen das Anbieten eines diesem Modell entsprechenden Produktes auch im Rahmen der klassischen Lebensversicherung zu ermöglichen, bedarf es flankierender Maßnahmen im VAG.

Dabei ist auch sicherzustellen, dass die Versicherungsunternehmen bei der geförderten Zukunftsvorsorge keine Risken eingehen, welche die Versicherungsnehmer, die andere Lebensversicherungsverträge besitzen, über Gebühr belasten; insbesondere ist dabei eine Risikovermengung mit den Auswirkungen aus der durch die steuerlichen Rahmenbedingungen erzwungenen Asset Allocation (mind. 40% Aktienquote) zu vermeiden.

Die wesentlichen Maßnahmen sind folgende:

                Schaffung eines eigenen Deckungsstockes

                Anpassung der Vorschriften über die Deckungsrückstellung

                Ermöglichung rascher Kapitalverschiebungen innerhalb des Deckungsstockes zwecks Einhaltung der Voraussetzungen des § 108h EStG durch den Entfall der ex ante einzuholenden Zustimmungspflicht des Treuhänders

                Anpassung der Vorschriften über die Risikobewertung

Neben diesen legistischen Maßnahmen wird die Finanzmarktaufsichtsbehörde entsprechende Anpassungen beziehungsweise Konkretisierungen vorzunehmen haben: geboten ist hier eine Anpassung des Erlasses zum Aktuarsbericht, die Erlassung einer Verordnung betreffend die Rückstellungsbildung nach dem neuen § 81k Absatz 2 sowie eine Anpassung der Kapitalanlageverordnung, der Höchstzinssatzverordnung und der Verzeichnisverordnung.

Im Übrigen wird auf die Erläuterung der einzelnen Bestimmungen verwiesen.

Finanzielle Auswirkungen:

Die im Entwurf vorgesehenen Änderungen können einen zusätzlichen Aufwand für die Versicherungsaufsicht bewirken. Dadurch entsteht jedoch im Hinblick auf die Vorschriften über die Kosten der Aufsicht (§ 19 FMABG) keine Mehrbelastung des Bundes.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes für die Gesetzgebung im Gegenstand gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 18 Abs. 1 und 1a):

Die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) muss die Risken, die ein Versicherungsunternehmen im Rahmen der geförderten Zukunftsvorsorge eingeht, kennen. Dazu ist es erforderlich, dass der FMA mit den versicherungsmathematischen Grundlagen auch Informationen über die Kapitalanlagen der geförderten Zukunftsvorsorge (analog zur indexgebundenen Lebensversicherung) vorgelegt werden und die Methoden, mit Hilfe derer die Kapitalanlagerisken unter Kontrolle gehalten werden sollen, detailliert dargestellt werden.

Die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge gemäß §§ 108g ff EStG schreibt für die Kapitalanlage eine Mindestaktienquote vor. Daraus ergibt sich für das Versicherungsunternehmen ein höheres Risiko als es einer Veranlagung nach § 78 VAG und der Kapitalanlageverordnung entspricht. Im Hinblick auf die Wahrung der Interessen der Versicherten ist es daher von besonderer Bedeutung, dass das Versicherungsunternehmen dieses Risiko in geeigneter Weise beurteilt, kontrolliert und steuert. Deshalb ist ein Gutachten über die Eignung eines entsprechenden Modells und der verwendeten Parameter einzuholen. Da die Beurteilung eines solchen Modells vom typischen Aufgabenbereich des verantwortlichen Aktuars gemäß § 24a VAG abweicht, soll diese Aufgabe von einem unabhängigen Sacherverständigen wahrgenommen werden.

Der verantwortliche Aktuar soll über die Angemessenheit der verwendeten Modelle regelmäßig berichten. Dazu eignet sich der Aktuarsbericht. Eine diesbezügliche zusätzliche Berichtspflicht kann dem Aktuar mittels Ergänzung des Erlasses über den Aktuarsbericht durch die FMA auferlegt werden.

Zu Z 2 (§ 20 Abs. 2):

Für die geförderte Zukunftsvorsorge muss jedenfalls ein eigener Deckungsstock eingeführt werden; damit ist eine klare Trennung von der „klassischen“ Lebensversicherung möglich, sofern nicht ohnehin die fonds- oder indexgebundene Lebensversicherung dem Modell zugrunde liegt.

Die Schaffung einer neuen Deckungsstockabteilung für die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge soll nicht ausschließen, dass dieses Produkt durch Teilprodukte dargestellt wird, die jeweils sämtliche Voraussetzungen für die Zuordnung zu einem anderen Deckungsstock erfüllen. Das Produkt der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge kann nur soweit in die Deckungsstockabteilung nach § 20 Abs. 2 Z 1 einbezogen werden, als keine produktspezifische Veranlagungsvorschriften, insbesondere Mindestveranlagungsvorschriften bestehen.

Zu Z 3 (§ 23 Abs. 2):

Eine Zustimmung des Treuhänders zu Entnahmen aus diesem Deckungsstock ist nicht sinnvoll, da sie eine schnelle Reaktion der Kapitalveranlagung auf die Erfordernisse der Kapitalmärkte bzw. der Risikoabsicherung verunmöglichen würde.

Zu Z 4 (§ 81k Abs. 2):

Um das Risiko von Verträgen der geförderten Zukunftsvorsorge mit dem der „klassischen“ Lebensversicherung vergleichbar zu halten, soll die FMA die Möglichkeit haben, abhängig vom – nach Anwendung der Methoden zur Reduktion des Kapitalanlagerisikos – verbleibenden Risiko zusätzliche Rückstellungen zu verlangen. Solche zusätzlichen Rückstellungen stünden auch in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht.

Größen, an denen sich eine zusätzliche Rückstellung bemessen könnte, wären etwa die Mindestbindefrist, die Höhe des Rechnungszinssatzes, die Ertragserwartung der Vermögenswerte, die Volatilität der Vermögenswerte, die Art der Gewinnzuteilung, die „technische Ruinwahrscheinlichkeit“ oder das Ergebnis eines von der FMA vorgegebenen Stresstests; für diesbezügliche Detailregelungen ist eine Verordnungsermächtigung vorgesehen.

Zu Z 5 (§ 119h Abs. 7 bis 11):

Hier werden die notwendigen Inkrafttretensbestimmungen geregelt; da die zeitgleich vom Nationalrat behandelte „Geldwäschenovelle“ bereits einen § 119h Abs. 6 vorsieht, erfolgt eine entsprechende Nachreihung der Abs. 6 bis 10 der von diesem Abänderungsantrag betroffenen VAG-Novelle 2003.“

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages des Abgeordneten Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll und des dritten Präsidenten des Nationalrates Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn teils einstimmig, teils mit Stimmenmehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 24. April 2003

Mag. Cordula Frieser        Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll

    Berichterstatterin                  Obmann