777 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (512 der Beilagen): Bundesgesetz zum Schutz vor gefährli chen Produkten (Produktsicherheitsgesetz 2004- PSG 2004)

Mit der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit 92/59/EWG, die in Österreich mit dem Produktsicherheitsgesetz 1994 (PSG 1994), BGBl. Nr. 63/1995, umgesetzt wurde, sollte ein horizontales Sicherheitsnetz für Verbraucherprodukte geschaffen werden, die nicht oder nur ungenügend geregelt waren. Die „vertikalen“ Richtlinien nach der neuen Konzeption (zB  Maschinensicherheit, persönliche Schutzausrüstungen, Spielzeug oder Medizinprodukte) sollten somit durch eine horizontale Richtlinie ergänzt werden.

Da sich in den nationalen Umsetzungen und in deren Vollziehung Defizite zeigten, wurde die RL 92/59/EWG grundlegend überarbeitet und schließlich mit der „Richtlinie 2001/95/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit“ (PS-Richtlinie) [CELEX-Nr.: 32001L0095] eine in wesentlichen Punkten neu gestaltete Richtlinie vorgelegt, die bis 15.1.2004 umzusetzen war.

Aus systematischen Erwägungen und auf Grund von zusätzlichen, österreichspezifischen  Änderungen (v.a. in der Vollziehung) sieht die gegenständliche Regierungsvorlage – wie schon beim Wechsel vom Produktsicherheitsgesetz aus 1983 auf das PSG 1994 – keine Novelle, sondern ein neues Bundesgesetz (PSG 2004) vor.

Die wesentlichen Änderungen des vorgeschlagenen Gesetzentwurfes im Vergleich zum PSG 1994 sind:

-       Neufassung der Subsidiarität (Anwendung auf Produkte, die bereits von anderen Verwaltungsvorschriften erfasst sind);

-       Ausweitung des Produktbegriffes auf Produkte, die im Rahmen einer Dienstleistung zur Verfügung gestellt werden;

-       Berücksichtigung von Normen, die im Rahmen der Produktsicherheitsrichtlinie mandatiert und im EG-Amtsblatt verlautbart werden (Konformitätsvermutung);

-       Gegenseitige Anerkennung (ausländische Prüfzeugnisse);

-       Verstärkte Kooperations- und Informationspflichten für Inverkehrbringer;

-       Geänderte Meldepflichten;

-       Abgrenzung: Rückruf vom Verbraucher – Rücknahme vom Markt;

-       Kompetenz zum Erlassen des Maßnahmenbescheides beim Landeshauptmann;

-       Gegenseitige Informationspflichten für die zuständigen Behörden;

-       Einrichtung von Anlaufstellen für Produktsicherheitsbeschwerden;

-       Verstärkte Information der Öffentlichkeit;

-       Ausweitung des Produktsicherheitsbeirates, erweiterte Kompetenzen;

-       Verankerung des Verbraucherrates;

-       Geänderte Strafbestimmungen;

-       Vereinfachte Einvernehmenskompetenzen.

Im gegenständlichen Gesetzentwurf bleibt aber das Grundprinzip des PSG 1994 erhalten:

Ausgehend von der Definition des sicheren Verbraucherproduktes und der daraus abgeleiteten Definition des gefährlichen Produktes dürfen nur sichere Produkte in Verkehr gebracht werden. Prinzipiell haben die Inverkehrbringer/innen sicherzustellen, dass dieser Anforderung entsprochen wird. Daneben wird der Markt durch eigene Produktsicherheits-Aufsichtsorgane der Länder überwacht. Zudem können mit Verordnungen konkrete Produkte und Produktgruppen präventiven Sonderregelungen unterworfen werden.

Grundsätzlich verfolgt die gegenständliche Regierungsvorlage das Ziel, einen praxisnäheren Vollzug zu gewährleisten, insbesondere durch die Änderung, dass Bescheide nach Sofortmaßnahmen nunmehr vom Landeshauptmann (und nicht mehr von der Bezirksverwaltungsbehörde wie im PSG 1994) zu erlassen sind, da die Produktsicherheits-Aufsichtsorgane in den meisten Ländern den Ämtern der Landesregierungen zugeordnet sind; die Möglichkeit der Delegation der Bescheidkompetenz an die Bezirksverwaltungsbehörde ist aber vorgesehen, was dann sinnvoll sein wird, wenn Organe der Bezirksverwaltungsbehörde als Produktsicherheits-Aufsichtsorgane bestellt sind.

Auch die Regelungen zur Risikobewertung und Konformitätsbeurteilung (zB Anerkennung ausländischer Prüfzeugnisse) werden den Vollzug erleichtern, vereinfachen aber auch die Sicherheitsbeurteilung für Unternehmen.

Die beabsichtigte Ausweitung des bislang rein sozialpartnerschaftlich besetzten Produktsicherheitsbeirates mit Experten verschiedenster Organisationen soll ermöglichen, rascher auf Unfall-Trends zu reagieren und rechtzeitig präventive Maßnahmen setzen zu können.

Schließlich soll die Neufassung der Strafbestimmungen Inverkehrbringer zu verstärkter Eigenverantwortung führen, indem erstmals auch das Inverkehrbringen eines offensichtlich gefährlichen Produktes – auch ohne Verletzung konkreter produktbezogener Bestimmungen – unter Strafandrohung gestellt wird.

In den finanziellen Erläuterungen wird darauf hingewiesen, dass  die Vollziehung des PSG 2004 mäßigen Mehraufwand im Bereich der Koordination der Vollziehung (zB Erstellung von Marktüberwachungsplänen, Informationsaustausch mit den Landesbehörden, Verwendung von Datenbanken etc.) und der Öffentlichkeitsarbeit verursachen wird.

Umgekehrt wird die Vereinfachung der Konformitätsbeurteilung (§ 5; zB die Anerkennung der Risikobewertung durch eine andere Behörde im EWR) oder die Möglichkeit, Prüfkosten dem Hersteller/Importeur aufzuerlegen, Kosteneinsparungen mit sich bringen.

Der Mehraufwand kann jedenfalls durch Umschichtung der Arbeitsschwerpunkte aufgefangen werden.

In den Erläuterungen wird darauf hingewiesen, dass für die Vollziehung der Länder in folgenden Bereichen ein Mehraufwand zu erwarten ist:

-       verstärkte aktive Marktüberwachung (insb. § 13 Abs. 1 und 6): dieses Erfordernis geht auf die PS-Richtlinie zurück (Art. 9); allerdings arbeitet das BMSG mit den Ländern an einer Aufgabenverteilung (Spezialisierung einzelner Länder auf bestimmte Produktgruppen), was die Marktüberwachung deutlich vereinfachen und zu Kosteneinsparungen führen wird;

-       technische Ausstattung der Organe (§ 13 Abs. 2): hier handelt es sich z.T. um Standard-Ausstattung (zB Internet-Zugang); elektronische Hilfsmittel wie Digi-Cams stellen mittlerweile keinen nennenswerten Kostenfaktor mehr dar; zudem wird darauf verwiesen, dass bislang ohnehin das BMSG aus Vereinfachungsgründen die Kosten für Formulare oder manipulationssichere Etiketten übernommen hat;

-       gegenseitige Information der Behörden (§ 13 Abs. 7): diese bedeutet – insbesondere bei Verwendung von Datenbanken – einerseits einen Mehraufwand, vermeidet andererseits aber auch Redundanzen (etwa Vermeidung doppelter Probenziehungen); die direkten Kosten für die vorgesehene Datenbank ICSMS von Euro 2 000 pro Land und Jahr werden voraussichtlich – sofern andere Bundesministerien dem Projekt beitreten – reduziert und evt. zur Gänze vom Bund übernommen;

-       die Ausweitung der Befugnisse bei den Sofortmaßnahmen kann angesichts der Tatsache, dass im Rahmen der Vollziehung des PSG 1994 österreichweit pro Jahr weniger als zehnmal Sofortmaßnahmen gesetzt wurden, keinen nennenswerten Mehraufwand verursachen;

-       die Verschiebung der Bescheidkompetenz nach Sofortmaßnahmen von der Bezirksverwaltungsbehörde zum Landeshauptmann wird dort, wo die Aufsichtsorgane dem Amt der Landesregierung und nicht der BVB angehören, sogar Vereinfachungen in der Koordination mit sich bringen; auf die geringe Zahl von Sofortmaßnahmen (s.o.) wird verwiesen;

-       die Teilnahme eines Landesvertreters am Produktsicherheitsbeirat war auch bislang schon Praxis (wenn auch ohne Stimmrecht); die Kosten für die Teilnahme an zwei bis drei Sitzungen pro Jahr sind marginal;

-       aufgrund des PSG 1994 wurde in zehn Jahren offensichtlich nur ein einziges Verfahren vor einem UVS geführt. Da die nun im PSG 2004 vorgesehenen Rechtsmittel an den UVS denjenigen des PSG 1994 weitestgehend entsprechen, ist davon auszugehen, dass auch hier kein nennenswerter Mehraufwand entstehen wird.

Abschließend wird in den Erläuterungen dann festgestellt, dass im Vergleich zum PSG 1994 ein geringfügiger Mehraufwand – v.a. bedingt durch die Vorgaben der Produktsicherheitsrichtlinie – für die Vollziehung der Länder anfallen wird.

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 3. Dezember 2004 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Dipl.-Ing. Hannes Missethon die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Sigisbert Dolinschek, Dr. Gabriela Moser, Dipl.-Ing. Hannes Missethon sowie der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, Mag. Herbert Haupt.

Im Zuge der Debatte wurde von den Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und Dipl.-Ing. Hannes Missethon ein Abänderungsantrag betreffend § 14 Abs. 2 und § 15 Abs. 3 gestellt. Dieser Abänderungsantrag war wie folgt begründet:

„Zu § 14 Abs. 2:

Da die Gegenprobe ohnedies ausschließlich zur Verwendung für den/die Betriebsinhaber/in gedacht ist, kann dieser Satz entfallen, wodurch zudem eine Verwaltungsvereinfachung bewirkt wird.

Zu § 15 Abs. 3:

Maßnahmen werden auch außerhalb des Betriebes oder der Lagerräume –etwa auf Verkaufsausstellungen oder Messen – zu treffen sein. Diesfalls ist es sinnvoll oder sogar erforderlich, die Produkte an andere Orte zu verbringen. Dasselbe gilt bei Produkten, deren Lagerung auf Grund ihres hohen Gefährdungspotentials (zB Explosionsgefahr) in den üblichen Lager- oder Verkaufsräumen nicht möglich ist. Somit sollen im Regelfall („tunlichst“) die von einer vorläufigen Maßnahme erfassten Produkte zwar im Betrieb oder in den Lagerräumen belassen werden; Ausnahmen sind aber zulässig.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oberwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und Dipl.-Ing. Hannes Missethon einstimmig angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2004 12 03

Dipl.-Ing. Hannes Missethon   Heidrun Silhavy

       Berichterstatter                     Obfrau