Vorblatt
Problem:
Da der Heimat-
oder Sitzstaat eines Investors in der Regel keine effiziente Möglichkeit
besitzt, die Förderung und den Schutz von Investitionen im Ausland zu
beeinflussen oder in diesem Zusammenhang eine Schutzfunktion auszuüben, besteht
die Gefahr, dass sich dies hemmend auf die im beiderseitigen Interesse liegende
Investitionsbereitschaft auswirkt.
Ziel:
Das vorliegende
Abkommen hat die Förderung und den Schutz von Investitionen zum Gegenstand und
regelt auf der Grundlage der Gegenseitigkeit u.a. die Entschädigungspflicht bei
Enteignungen, die Frage von Überweisungen und Formen der Streitbeilegung. Das
Abkommen beruht auf dem Prinzip
der Meistbegünstigung und Inländergleichbehandlung - ausgenommen
Vorteile, die sich aus Integrationsmaßnahmen u.ä. ergeben. Auf Grund dieses
Vertragsinstrumentes ist jede Vertragspartei in der Lage, die Rechte ihres
Investors im Investitionsland sicherzustellen und zu vertreten.
Inhalt:
Das Abkommen
findet auf alle Investitionen Anwendung, die Investoren der Vertragsparteien
vor oder nach dem Inkrafttreten des Abkommens getätigt haben. Die
Vertragsparteien gestehen sich grundsätzlich die Meistbegünstigung und
Inländergleichbehandlung zu. Das Abkommen bleibt zehn Jahre lang in Kraft.
Alternativen:
Keine
Auswirkungen
auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:
Die Möglichkeit,
von Österreich aus unter vertraglich abgesicherten Bedingungen Investitionen in
Äthiopien vornehmen zu können, kann die Attraktivität Österreichs als
Wirtschaftsstandort erhöhen. Auch kann erwartet werden, dass Investoren aus
Äthiopien verstärkt in Österreich investieren werden und auch so neue
Arbeitsplätze geschaffen werden.
Finanzielle
Auswirkungen:
Keine.
Verhältnis
zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:
Die Vereinbarkeit
mit dem EU-Recht ist gegeben, da die Mitgliedstaaten weiterhin grundsätzlich
zum Abschluss solcher Abkommen zuständig sind. Ein den Gegenstand des Abkommens
abdeckendes Übereinkommen der EU besteht nicht.
Besonderheiten
des Normerzeugungsverfahrens:
Zustimmung des Bundesrates
gemäß Art. 50 Abs. 1, zweiter Satz B-VG.
Erläuterungen
Allgemeiner
Teil
Das Abkommen
zwischen der Republik Österreich und der Demokratischen Bundesrepublik
Äthiopien über die Förderung und den Schutz von Investitionen hat
gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß
Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es enthält
keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat
nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im
innerstaatlichen Rechtsbereich
zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2
B-VG nicht erforderlich ist. Da durch das Abkommen Angelegenheiten des
selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies
der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz
B-VG.
Österreich ist
seit geraumer Zeit bestrebt, Abkommen über die Förderung und den Schutz von
Investitionen mit anderen Staaten abzuschließen. Ziel dieser Abkommen ist es
vor allem, österreichische Firmen bei ihren Investitionsbemühungen im Ausland
zu unterstützen und sie gegen dabei allenfalls auftretende Risiken abzusichern.
Auch im Verhältnis
zu Äthiopien besteht seitens der österreichischen Wirtschaft Interesse an
Investitionen in diesem Land. Äthiopien ist seinerseits bereit, ausländische
Investitionstätigkeit zu fördern und als Voraussetzung entsprechende
Schutzgarantien einzuräumen und völkerrechtliche Verträge abzuschließen. Nach
dem Austausch von Mustertexten im Jahr 2001 und nachdem auf dem Schriftweg über
zahlreiche Punkte Einvernehmen erzielt worden war, fand im Oktober 2004 in
Addis Abeba eine Verhandlungsrunde statt, bei der volles Einvernehmen erzielt
und der endgültige Vertragstext paraphiert wurde.
Das Abkommen
findet auf alle Investitionen Anwendung, die Investoren der Vertragsparteien
vor oder nach dem Inkrafttreten des Abkommens getätigt haben. Die
Vertragsparteien gestehen sich grundsätzlich die Meistbegünstigung und
Inländergleichbehandlung zu. Ausnahmen von diesen Prinzipien sind nur für
gegenwärtige oder künftige Präferenzen oder Privilegien vorgesehen, welche sich
a) aus der Mitgliedschaft einer
der beiden Vertragsparteien in einer bestehenden Freihandelszone, Zollunion,
einem gemeinsamen Markt oder einer Wirtschaftsgemeinschaft oder aus einem
multilateralen Investitionsabkommen oder
b) aus einem internationalen Abkommen oder einer
internationalen Vereinbarung, die sich ganz oder teilweise auf Steuerfragen
bezieht, oder einer innerstaatlichen Rechtsvorschrift über Steuerfragen
ergeben.
Das Abkommen
bleibt zehn Jahre lang in Kraft. Danach verlängert sich seine Gültigkeit auf
unbestimmte Zeit. Es kann von jeder der beiden Vertragsparteien nach Ablauf der
ersten zehn Jahre mit einer Frist von zwölf Monaten schriftlich gekündigt
werden. Es bleibt jedoch für Investitionen, die vor dem Zeitpunkt des
Außerkrafttretens dieses Abkommens getätigt worden sind, noch für einen
Zeitraum von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt des Außerkrafttretens in Geltung.
Neben natürlichen
Personen, die die Staatsangehörigkeit einer der beiden Vertragsparteien
besitzen, genießen den Schutz des Abkommens hinsichtlich von Investitionen im
Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei auch juristische Personen oder
Personengesellschaften, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei
haben.
Investitionen
dürfen nur im öffentlichen Interesse, auf der Grundlage der
Nichtdiskriminierung, unter
Einhaltung eines rechtmäßigen Verfahrens und gegen Bezahlung einer
Entschädigung enteignet werden. Erträge aus der Investition, Rückzahlungen von
Darlehen, Erlöse aus der Liquidation oder Veräußerung der Investition sowie
Entschädigungen sind in frei konvertierbarer Währung frei transferierbar.
Streitigkeiten aus
einer Investition zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen
Vertragspartei, die auf dem Verhandlungswege nicht innerhalb einer Frist von 60
Tagen beigelegt werden können, können auf Antrag des Investors einem
Schiedsgericht zur Entscheidung unterbreitet werden.
Streitigkeiten
zwischen den Vertragsparteien selbst über die Auslegung oder Anwendung des
Abkommens werden, sofern diese nicht auf dem Verhandlungswege im gegenseitigen
Einvernehmen beigelegt werden können, zunächst einer Gemeinsamen
Schiedskommission und anschließend ebenfalls einem Schiedsgericht zur bindenden
Entscheidung unterbreitet.
Besonderer
Teil
Präambel
Diese enthält im
Wesentlichen die Motive der vertragschließenden Parteien.
Kapitel
Eins: Allgemeine Bestimmungen
Zu Art.1
Dieser Artikel
dient dazu, die im Abkommen vorkommenden wesentlichen Begriffsinhalte zu
definieren.
Der Begriff
„Investor“ wird in Bezug auf die Vertragsparteien in zweierlei Weise definiert: im Falle natürlicher Personen
durch die Staatsangehörigkeit, im Falle juristischer Personen, etc. durch die
Berücksichtigung der Sitz- und Kontrolltheorie.
Der Begriff
„Investition“ ist sowohl inhaltlich als auch durch eine umfangreiche, wenn auch
nicht erschöpfende Aufzählung, von Vermögenswerten definiert. Die Aufzählung
folgt einem internationalen Standard. Des weiteren wird festgelegt, dass auch
Reinvestitionen als Investitionen gelten, sofern sie in Übereinstimmung mit den
Rechtsvorschriften des Aufnahmestaates erfolgen.
Die Definition der
„Erträge“ entspricht sowohl inhaltlich als auch in der demonstrativen
Aufzählung internationaler Praxis.
Die Definition des
„Hoheitsgebietes“ entspricht derjenigen des Völkerrechtes.
Zu
Art. 2
Dieser Artikel
behandelt unter einem allgemeinen Gesetzesvorbehalt, die Förderung und Zulassung
von Investitionen.
Zu
Art. 3
In Abs. 1
wird der volle und dauerhafte Schutz und die Sicherheit von Investitionen im
Gebiet des Aufnahmestaates und in Abs. 3 hinsichtlich der getätigten
Investitionen und der Investoren das Prinzip der Meistbegünstigung und der
Inländergleichbehandlung festgelegt.
Abs. 4
fixiert die Ausnahmen von diesen Prinzipien (Freihandelszone, Zollunion,
gemeinsamer Markt, Zugehörigkeit zu einer Wirtschaftsgemeinschaft oder einem
multilateralen Investitionsschutzabkommens, Nichtanwendung auf Steuerfragen).
Zu
Art. 4
Durch die
Verpflichtung der Vertragsparteien, Gesetze, Rechtsvorschriften, Verfahren und
internationale Abkommen, die Wirksamkeit des Abkommens beeinflussen könnten, zu
veröffentlichen, soll für Investoren größtmögliche Transparenz geschaffen
werden.
Zu
Art. 5
Dieser Artikel
befasst sich mit der Frage der Entschädigung im Falle einer Enteignung und ist
somit als einer der wichtigsten Artikel des Abkommens anzusehen.
In
Abs. 1 wird die Enteignung durch Bindung an vier Bedingungen hinsichtlich
ihrer Anwendbarkeit wesentlich eingegrenzt. Sie darf nur:
1. im öffentlichen Interesse,
2. auf
der Grundlage der Nichtdiskriminierung
3. unter
Einhaltung eines rechtmäßigen Verfahrens und
4. gegen Bezahlung einer Entschädigung
erfolgen.
In Abs. 2 ist
die Entschädigungspflicht so formuliert, dass sie eine weitestgehende
Wertsicherung und Verwertbarkeit für die betroffenen Vermögenswerte garantiert,
d.h., dass die Entschädigung dem realen Wert der Investition unmittelbar vor
dem Zeitpunkt entsprechen muss, in dem die tatsächliche Maßnahme der Enteignung
gesetzt oder die bevorstehende Enteignung bekannt wurde.
Abs. 3 räumt
dem Investor das Recht ein, die Rechtmäßigkeit der Enteignung durch die
zuständigen Organe der Vertragspartei, welche die Enteignung veranlasst hat,
überprüfen zu lassen.
Zu
Art. 6
Dieser Artikel
behandelt die Frage der Entschädigung eines Investors für den Fall von
kriegerischen Auseinandersetzungen oder ähnlichen Ereignissen auf dem
Hoheitsgebiet einer Vertragspartei und sieht auch für solche Fälle die
Inländergleichbehandlung bzw. Meistbegünstigung vor.
Zu
Art. 7
In Abs. 1
wird für die in Zusammenhang mit einer Investition stehenden Zahlungen der
freie Transfer garantiert. Die Buchstaben a-g spezifizieren die Art der
Zahlungen, wobei der Aufzählung nicht ausschließende Charakter zukommt. Die
Abs. 2 und 3 berühren die Frage der Wechselkurse, der Abs. 4
möglichst eng beschriebene und taxativ aufgezählte Ausnahmen von der
Transferverpflichtung.
Zu
Art. 8
Da Investitionen
seitens öffentlicher Stellen des Staates, dem der Investor angehört, vielfach
mit Garantien ausgestattet werden, sieht dieser Artikel vor, dass im Falle des
Eintrittes des Garantiegebers in die Rechte des Garantienehmers dieser Eintritt
von der anderen Vertragspartei anerkannt wird.
Zu
Art. 9
Sollten andere
Abkommen zwischen den Vertragsparteien eine günstigere Behandlung der
Investoren vorsehen, so käme diese zur Anwendung.
Zu
Art. 10
Investoren aus
Drittstaaten, die zwar im Hoheitsgebiet in einer der Vertragsparteien
Unternehmen besitzen oder kontrollieren, dort jedoch keine nennenswerten
Aktivitäten entfalten, werden von den Begünstigungen dieses Abkommens
ausgeschlossen.
Kapitel
Zwei: Beilegung von Streitigkeiten
Teil 1:
Beilegung von Streitigkeiten zwischen einem Investor und einer Vertragspartei
Zu
Art. 11
Teil 1 von Kapitel
2 gilt für Streitigkeiten zwischen einem Investor und einer Vertragspartei.
Zu
Art. 12
Bei Streitigkeiten
zwischen einem Investor und einem Vertragsstaat soll im Sinne des Abkommens
zunächst eine Beilegung durch Verhandlungen oder Konsultationen versucht
werden. Streitigkeiten aus einer Investition zwischen einer Vertragspartei und
einem Investor der anderen Vertragspartei, die auf dem Verhandlungswege nicht
binnen 60 Tagen beigelegt werden können, können vom Investor dem
Internationalen Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten im
Sinne der Washingtoner Konvention über die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten
vom 18. März 1965 oder einem auf Grund der UNCITRAL - Regeln errichteten Ad hoc
- Schiedsgericht oder einem schiedsgerichtlichen Verfahren bei der
Internationalen Handelskammer unterbreitet werden.
Zu
Art. 13
Die
Vertragsparteien übernehmen die uneingeschränkte Verpflichtung, sich einem der
internationalen Schiedsverfahren gemäß diesem Abkommen zu unterwerfen.
Zu
Art. 14
In diesem Artikel
wird festgelegt, dass eine Vertragspartei einem Investor eine allfällige
Deckung des diesem entstandenen Schadens durch eine Schadensversicherung oder
Ähnliches nicht entgegenhalten kann.
Zu
Art. 15
Bei Streitigkeiten
zwischen einem Investor und einer Vertragspartei sollen die Bestimmungen des
Abkommens sowie die geltenden Regeln und Grundsätze des internationalen Rechtes
zur Anwendung kommen.
Zu
Art. 16
In diesem Artikel
werden die endgültige Bindungswirkung der nach diesem Teil ergangenen
Schiedsurteile sowie Modalitäten ihrer Vollstreckung festgelegt.
Teil 2:
Streitbeilegung zwischen den Vertragsparteien
Zu
Art. 17 bis 22
In diesem Teil
werden Fragen betreffend den Geltungsbereich, das nichtstreitige Verfahren, die
Bildung des Schiedsgerichts, anwendbares Recht, Rechtswirkungen der nach diesem
Teil ergangenen Schiedsurteile, Kosten, prozedurale Fragen und Vollstreckung in
analoger Weise zu Teil 1 geregelt.
Kapitel
Drei: Abschliessende Bestimmungen
Dieses Kapitel
enthält die üblichen Bestimmungen betreffend Anwendungsbereich, Konsultationen,
Inkrafttreten, Vertragsdauer und Kündigung.
Zu
Art. 23
Das Abkommen
findet auf alle Investitionen, die vor oder nach seinem Inkrafttreten getätigt
wurden, Anwendung, nicht jedoch auf Streitfälle, die bereits vor dem
Inkrafttreten des Abkommens entschieden oder anhängig gemacht wurden.
Zu
Art. 24
Die Abhaltung von
Konsultationen soll Streitfälle vermeiden helfen.
Zu
Art. 25
Das Abkommen wird
durch gegenseitige Notifizierung in Kraft gesetzt. Die Abkommensdauer wird mit
10 Jahren festgelegt, anschließend verlängert sie sich auf unbestimmte Zeit.
Eine Kündigung ist jederzeit unter Einhaltung einer zwölfmonatigen
Kündigungsfrist möglich.