2. Zu 782 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Abweichende persönliche Stellungnahme
gemäß § 42 Abs. 5 GOG
der Abgeordneten Mag. Werner Kogler und Dr. Peter Pilz
betreffend den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Luftraumüberwachungsflugzeuge (III-72 der Beilagen)
Einleitung
Die Behandlung des Rechnungshofberichts über Luftraumüberwachungsflugzeuge, III-72 d.B., Berichtsteil „Typenentscheidung für die Nachfolgebeschaffung von Luftraumüberwachungsflugzeugen“, war von Vorkommnissen und einem Ablauf gekennzeichnet, die eine Zusammenfassung in einer eigenen Stellungnahme erforderlich machen.
Der Bericht behandelt den größten Beschaffungsvorgang, der jemals in der 2. Republik stattgefunden hat.
Die parlamentarische Behandlung im Ausschuss war diesem Umstand gegenüber völlig unangemessen.
Zu praktisch keiner der im Bericht angesprochenen Ungereimtheiten konnten informierte Auskunftspersonen gehört werden. Auch wenn die Abgeordneten der Regierungsparteien im Gleichklang mit dem Verteidigungsministerium gebetsmühlenartig wiederholten, dass alle Fragen beantwortet worden seien und der Beschaffungsvorgang als einwandfrei bestätigt wurde, so war die Realität im Ausschuss eine völlig andere. Ganze Fragenkomplexe konnten nicht einmal angeschnitten geschweige denn geklärt werden. Bei den besprochenen Teilen tauchten dagegen immer neue Fragen und Verdachtsmomente auf.
Statt nun mit den offenen Fragen konstruktiv umzugehen und zumindest einige Fragenkomplexe mit Hilfe von damals am Verfahren maßgeblich beteiligten Personen aufzuhellen, verlegten sich die Abgeordneten der Regierungsparteien auf eine Totalblockade und auf das Aussitzen des Berichts.
Die Folge dieser Form der politischen Auseinandersetzung war die Marathonsitzung vom 20. und 21. Oktober 2004, in der auf der einen Seite Abgeordnete der Oppositionsparteien stundenlang begründeten, warum die Ladung einer bestimmten Person zur Aufklärung einer bestimmten Frage unverzichtbar sei, auf der anderen Seite sich die Abgeordneten der Regierungsparteien aber keinen Millimeter bewegten und auch keine inhaltlichen Argumente mehr für ihre Verweigerung anboten.
Diese Vorgangsweise war nicht dazu geeignet, Verdachtsmomente auszuräumen. Im Gegenteil, der Verdacht erhärtete sich, bei dieser Beschaffung sei nicht alles korrekt zugegangen. Der vielfach erhobene Vorwurf der Schiebung konnte somit nicht entkräftet werden.
Ablauf der Ausschussarbeit
1. Sitzung am 27.4.04:
Die Sitzung diente allein der Befragung des BM für Landesverteidigung, Günther Platter. Weitere Auskunftspersonen waren für diese Sitzung nicht vorgesehen.
BM Platter konnte zur Aufklärung vieler Fragen allerdings nicht ausreichend beitragen, was nicht zuletzt daran lag, dass er sein Amt erst nach dem Berichtszeitraum antrat. Daraufhin wurde die Forderung laut, Klubobmann Herbert Scheibner, damals zuständiger Bundesminister, zu als Auskunftsperson zu laden.
Der Rechnungshofbericht hatte festgehalten, dass der wesentliche Faktor für die Typenentscheidung die Festlegung auf eine bestimmte Zahlungsvariante war. Trotz wiederholter Nachfragen konnte BM Platter nicht beantworten, wann und von wem diese Festlegung erfolgte.
Auch konnte nicht geklärt werden, warum in der Ministerratssitzung vom 2.7.2002 der Kauf von 24 Eurofightern um 1,791 Mrd. Euro empfohlen wurde, wogegen der Bericht feststellt, dass ein Preis von 2,767 Mrd. Euro korrekterweise anzuführen gewesen wäre. Präsident Fiedler bemerkte in der Ausschusssitzung zu diesem Umstand, hier „wurde ein Preis genannt, der - salopp formuliert - schlicht und einfach nicht reell war.“
Weiters blieb unklar, wieso auf eine Flugerprobung des Eurofighters verzichtet wurde. BM Platter wiederholte zwar nicht mehr seine Behauptung, dass eine „Dokumentation von Betreibernationen vorhanden ist, in der jede Situation millimetergenau dargestellt wird“ (700. BR Sitzung, 24.7.03). Er betonte aber, dass das Flugzeug bei anderen Armeen sorgfältig geprüft worden sei und daher auf eine eigene Erprobung verzichtet werden konnte. In scharfem Kontrast dazu hatte der Rechnungshof aber in seinem Bericht das Fehlen jeglicher Belege einer solchen Prüfung und von Leistungsnachweisen oder einer Zulassung festgestellt. Es blieb daher nicht nachvollziehbar, wieso das Angebot der Eurofighter GmbH trotz des Fehlens dieses zwingenden Ausschreibungserfordernisses nicht ausgeschieden wurde. Zum Befragungszeitpunkt, also rund zweieinhalb Jahre später als gemäß den Ausschreibungsbedingungen erforderlich gewesen wäre, stand die Flugzulassung des Eurofighter Kampfflugzeugs noch immer aus.
Nicht einmal die Feststellung im Bericht, man habe keinen Hinweis auf Manipulationen und damit verbundene Geschenkannahmen gefunden, blieb bei näherer Betrachtung als uneingeschränkt positive Aussage bestehen. Präsident Fiedler führte zur Erläuterung dieser Passage aus, dass die Prüfung durch den Rechnungshof hinsichtlich „Methoden und ausgeleuchtetem Bereich in keiner Weise mit polizeilichen Ermittlungen vergleichbar sei.“ Laut Prüfauftrag sollten Manipulationen und Geschenkannahmen seitens Mitarbeitern des BMLV untersucht werden. Somit blieben andere Ministerien und der gesamte politische Bereich von dieser Untersuchung unberührt. Darüber hinaus sind Privatpersonen nicht verpflichtet, dem Rechnungshof Auskunft zu geben. Eine Feststellung hinsichtlich Geschenkannahmen konnte daher laut Fiedler „weder im positiven noch im negativen Sinn“ getroffen werden.
Am Ende der Sitzung wurde die Behandlung des Berichts III-72 d.B. einstimmig vertagt. Trotzdem dauerte es fünf Monate, bis sich trotz nachweislicher Urgenzen die Regierungsfraktionen dazu herabließen, die Behandlung des Berichts fortzusetzen.
2. Sitzung am 22.9.2004
Diese Sitzung diente nicht der inhaltlichen Behandlung des Berichtsgegenstandes, sondern alleine einem Einigungsversuch der Fraktionen hinsichtlich der zu ladenden Auskunftspersonen. Diese Einigung war allerdings nicht zu erzielen.
Zum Bericht über die Abfangjäger-Typenentscheidung wurde von den VP-FP Fraktionen nur einer einzigen Auskunftsperson zugestimmt!
Diese Vorgangsweise ist nicht nur dem Berichtsgegenstand gegenüber völlig unangemessen sondern auch ein Bruch der bisherigen parlamentarischen Praxis, wie der Vergleich mit früheren Berichtsbehandlungen zeigt. So wurden etwa für den vierten Bericht zum „Beschaffungswesen des Bundesheeres“, III-81 d.B. (XX. GP), in dem es um Beschaffungen in der Höhe von rund 10% der jetzigen Eurofighter-Beschaffung ging, sechs Auskunftspersonen geladen.
Die Ladungen für Generaltruppeninspektor a.D. Horst Pleiner, General a.D. Dr. Peter Corrieri, MinR Dr. Herbert Hillingrathner, dem ehemaligen Kabinettsmitarbeiter im BLMV Günter Barnet und MinR a.d. Ing. Heribert Wagner werden abgelehnt.
Die Begründung für diese Ablehnung ist formalistisch bis skurril: So wurde argumentiert, dass weitere Auskunftspersonen überflüssig seien, da es sich ja nicht um einen Untersuchungsausschuss handle. Als ob Antworten auf offene Fragen nur von einem Untersuchungsausschuss verlangt werden könnten. Des weiteren wurde behauptet, dass man Beamte im Ruhestand nicht mehr als Auskunftspersonen laden könne. Auf die Bemerkung, dass das weder der Praxis entspreche, da sehr wohl Beamte im Ruhestand schon als Auskunftspersonen befragt wurden, noch die betroffenen Beamten das so sehen würden, da der Sinn der Versetzung in den Ruhestand – im Gegensatz zu einer Pensionierung – ja gerade darin bestehe, einen Beamten lebenslang in Anspruch nehmen zu können, ändern die Vertreter der Regierungsparteien ihre Taktik. Nun lehnen sie die Auskunftspersonen eben ohne Begründung ab.
Aus diesen Umständen war klar erkennbar, dass es den Abgeordneten der Regierungsparteien um eines ganz bestimmt nicht ging: Um die Wahrnehmung der parlamentarischen Kontrolle.
3. Sitzung am 6.10.2004
Der Antrag auf Öffentlichkeit (Abg. Lapp) wurde mehrheitlich abgelehnt.
Der Ausschuss war über weite Strecken von einer Vorgangsweise der VP Fraktion geprägt, die schon aus dem Rechnungshofunterausschuss von der Befragung BM Grassers her sattsam bekannt ist: VP Abgeordnete reden weitschweifigst und stellen dem Minister Fragen, die offenbar vorher abgesprochen wurden. BM Platter beantwortet diese Fragen - für den Vorsitzführenden offen erkennbar - durch Verlesung vorgefertigter Papiere.
Nur mit Mühe konnten Verteidigungsminister Platter oder ÖVP Wehrsprecher Murauer davon überzeugt werden, dass nicht einmal ihr ständig vorgebrachte Stehsatz „...wurde das Kampfflugzeug Eurofighter zu Recht als Bestbieter ermittelt“ den Tatsachen entsprach. So hatte der Rechnungshof doch diese Formulierung aus dem „Rohbericht“ im Endbericht durch die Formulierung „zutreffend als Bestbieter ermittelt“ ersetzt, vielleicht um seiner Einschätzung Ausdruck zu verleihen, dass es bei dem Verfahren zur Typenentscheidung zwar rechnerisch richtig zugegangen sei, die Grundlage dieser Berechnungen aber fragwürdig sind. Bei der Beurteilung dieser „vom BMLV festgesetzten Maßstäbe“ wies der Rechnungshof reihenweise auf massive Mängel hin.
Die Befragung von Gen. Spinka machte einiges klarer, so vor allem den Wunsch der damaligen leitenden Militärs, die Typenentscheidung möglichst offen zu halten, sodass eine politische Entscheidung getroffen werden könne. Darüber hinaus wurde klar, dass die Generäle von dem Schwenk hin zu Eurofighter überrascht wurden und damals spontan ihre Skepsis hinsichtlich der Ausgereiftheit und Verfügbarkeit dieses Produkts einerseits, vor allem aber hinsichtlich der wesentlich höheren Anschaffungs- und Betriebskosten andererseits zum Ausdruck brachten. Ihre Befürchtung war, dass diese Beschaffung zu Lasten des übrigen Heeres gehen werde.
Hinsichtlich der „Empfehlung“ der Bewertungskommission blieben nicht nur Fragen offen, sondern entstanden neue: So war nicht zu klären, in welchem Verhältnis die von der Kommission verlangte Abstimmung und die daraus abgeleitete Empfehlung zum eigentlichen Arbeitsergebnis der Kommission, der Reihung der Angebote in einer Kosten-Nutzen-Rechnung stand. Es blieb unklar, wann dieses Ansinnen an die Kommission gestellt worden war, das in eine zweite Empfehlung mündete, die methodisch und inhaltlich von der ersten stark abwich.
Das Ergebnis der Kosten-Nutzwertanalyse sah die beiden Angebote praktisch gleichauf, mit einem Vorsprung von rund 2,5% für den Eurofighter in der Zahlungsvariante 18 Halbjahresraten und einem Vorsprung von rund 4% für den Gripen bei der Variante Zahlung bei Lieferung. In krassem Gegensatz zu diesem Ergebnis ging die Abstimmung der 6 Unterkommissionsleiter 5:1 für den Eurofighter aus.
Auf Grund dieser Ausführungen sahen es einige Abgeordnete als notwendig an, auch MinR Wolfgang Katter, den damaligen Leiter der Bewertungskommission, als Auskunftsperson zu laden.
Ein Ladungsantrag für MinR Heribert Wagner war von den Regierungsparteien in der Sitzung vom 22.9.2004 abgelehnt worden. Geradezu als Verhöhnung der parlamentarischen Kontrollrechte muss aber die Vorgangsweise von BM Platter angesehen werden. Nachdem also eine direkte Befragung durch die Abgeordneten von ÖVP und FPÖ verhindert worden war, verlas der Minister Auszüge aus einem angeblichen Schreiben Wagners und aus einem Schreiben des damals angeblichen Empfängers GenMjr Commenda, in denen alle damaligen Aussagen widerrufen und bestritten werden. Um die Kontrollrechte des Nationalrats zu gewährleisten, beantragt Abg. Dr. Pilz daher erneut die Ladung von MinR Wagner und außerdem von GenMjr Commenda als Auskunftspersonen, um sie persönlich befragen zu können.
Vor Einbringen von weiteren Anträgen wurde die Sitzung – wie üblich – kurz für eine Fraktionsführerbesprechung unterbrochen. Absicht war, eine gemeinsame Vorgangsweise und einen Konsens bzw. Kompromiss zu den Anträgen zu erreichen. An der Besprechung beteiligte sich von VP Seite zunächst Abg. Murauer, da der stellvertretende Ausschussvorsitzende und VP Fraktionsführer Abg. Gahr abwesend war.
Weitere VP Abgeordnete jedoch drängten sich dazwischen und zeigten durch Äußerungen wie „kommt nicht in Frage“, „machen zu“ „haben schon einmal abgelehnt“, dass sie eine angemessene Fortsetzung der Diskussion nicht zulassen wollten. Ein VP Abgeordneter gab sich betroffen: „Jetzt können wir nicht mehr zurück.“ Es schien sich um die Durchsetzung eines vorgegebenen Auftrags zu handeln, jedenfalls die Ausschussarbeit abzuwürgen.
Völlig unabhängig vom Gang der Debatte und von den dort wiederum entstehenden offenen und immer entscheidenderen Fragen wurde vor den Beratungen der Abgeordneten deren Verhalten offenbar vorgegeben.
Der Ausschussvorsitzende unterbrach daraufhin die Sitzung, um weitere Klärungsprozesse und eine Konsensfindung zu ermöglichen.
Fortsetzung der 3. Sitzung am 20.10.2004
Diese Sitzung diente praktisch ausschließlich dem Versuch der Oppositionsparteien, die Regierungsfraktionen von der Notwendigkeit zu überzeugen, weitere Auskunftspersonen zu laden.
Die Sitzung begann am 20.10.2004 um 15 Uhr und wurde am 21.10. um 8:50 unterbrochen, um allen Abgeordneten die Möglichkeit zu geben, an der Plenarsitzung teilzunehmen. Überdies war der Ausschuss zu diesem Zeitpunkt nicht mehr beschlussfähig, da um 8:28 alle Abgeordneten der FPÖ und um 8:32 auch alle Abgeordneten der ÖVP den Ausschuss verließen. In beiden Fällen wurde keine Erklärung abgegeben.
Fortsetzung der 3. Sitzung am 27.10.2004
Da kein Abgeordneter der Regierungsparteien zur Sitzung erscheint und der Ausschuss daher nicht beschlussfähig ist, unterbricht der Ausschussvorsitzende die Sitzung nach 15 Minuten Verhandlungsdauer auf unbestimmte Zeit.
In der Folge fanden eine Reihe von Besprechungen mit dem Ziel statt, einen Kompromiss in der Frage der weiteren Vorgangsweise zu finden. Wenngleich auch von einzelnen Abgeordneten der Regierungsfraktionen ein mögliches Einlenken angedeutet wurde, so schien insbesondere die ÖVP Bundesparteizentrale einen Kompromiss nicht mehr zulassen zu wollen. Die Argumente blieben dabei unverändert. Im wesentlichen wurde behauptet – ohne auf die Fülle an offenen Fragen einzugehen – dass zum Thema schon alles gesagt sei und „ausreichend“ Auskunftspersonen befragt worden seien.
Dann wurde behauptet, dass es nicht der parlamentarischen Praxis entspreche, bereits im Ruhestand befindliche Auskunftspersonen zu laden. Als die Regierungsfraktionen mit einer Reihe von früheren Ladungsanträgen, bei denen pensionierte Beamte geladen wurden, konfrontiert wurden, wurde dieses Behauptung allerdings nicht mehr so vehement vorgebracht.
Dann wurde behauptet, dass die Oppositionsparteien versuchten, den Rechnungshofausschuss in einen Untersuchungsausschuss umzufunktionieren. Sogar Nationalratspräsident Dr. Andreas Khol griff dieses Argument auf und bezog damit Partei: „Nichts in der Geschäftsordnung erlaube die Gestaltung eines Verfahrens des Rechnungshofausschusses als Verfahren eines Untersuchungsausschusses.“ (Protokoll der Besprechung des Präsidenten des Nationalrates mit den Rechnungshofsprechern der vier Ausschussfraktionen am 27.10.2004). Er führte aber keine Hinweise dafür an, dass die Oppositionsparteien Schritte in diese Richtung unternahmen oder auch nur planten.
Überhaupt suchte die ÖVP in der Öffentlichkeit zunehmend ihr Heil in der Behauptung, die ganze Auseinandersetzung sei ein reiner Geschäftsordnungskonflikt. Das entbehrte nicht einer gewissen Skurrilität.
Um doch noch eine Einigung bei der Frage der Ladung von Auskunftspersonen zu erreichen, boten die Fraktionen der Oppositionsparteien an, auf 9 der zuletzt 12 geladenen Auskunftspersonen verzichten zu wollen. Zuletzt wurde versucht zumindest eine Einigung für die Ladung von Finanzminister Grasser zu erzielen. Obwohl auf Ebene der Rechnungshofsprecher der Fraktionen eine Einigung auf dieser Grundlage angedeutet wurde, kam es nicht dazu: Wieder schien die ÖVP Bundesparteizentrale eingegriffen zu haben um den Finanzminister vor Befragungen zu bewahren und eine Aufklärung der noch offenen und immer drängenderen Fragen zu unterbinden.
Fortsetzung der 3. Sitzung am 20.12.2004
In dieser Sitzung kamen alle Abgeordneten, die noch vom 27.10. auf der Rednerliste standen, zu Wort. Dann wurden die Anträge auf Ladung von Auskunftspersonen abgestimmt und samt und sonders mit Mehrheit abgelehnt.
Vor dem Antrag auf zur Kenntnisnahme des Berichts III-72 d.B. verließen alle Abgeordneten von SPÖ und Grünen außer dem Ausschussvorsitzenden den Sitzungssaal. Der Bericht wurde sodann mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.
Ladungsanträge von Auskunftspersonen zur Typenentscheidung
22.September 2004:
Gen. Horst Spinka (von Abg. Gahr und Abg. Neudeck) - einstimmig angenommen
Gen. a.D. Horst Pleiner (Abg. Kogler und Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
Gen. a.D. Dr. Peter Corrieri (Abg. Kogler und Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
MinR Dr. Herbert Hillingrathner (Abg. Kogler und Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
Günter Barnet (Abg. Kogler und Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
MinR Ing. Heribert Wagner. (Abg. Kogler und Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
6. Oktober 2004:
LH Dr. Jörg Haider. (Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
Präsident a.D. Dr. Franz Fiedler. (Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
GenMjr Othmar Commenda. (Abg. Kogler) – mehrheitlich abgelehnt
MinR Ing. Heribert Wagner. (Abg. Kogler) – mehrheitlich abgelehnt
20. Oktober 2004:
LH Dr. Jörg Haider. (Abg. Kogler und Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
Klubobmann Herbert Scheibner (Abg. Kogler und Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
BM Mag. Karl-Heinz Grasser (Abg. Kogler und Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
Günter Barnet (Abg. Kogler und Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
Gen. a.D. Dr. Peter Corrieri (Abg. Kogler und Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
Gen. a.D. Horst Pleiner (Abg. Kogler und Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
MinR Dr. Herbert Hillingrathner (Abg. Kogler und Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
MinR Wolfgang Katter (Abg. Kogler und Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
Bgdr a.D. Josef Bernecker (Abg. Kogler und Abg. Kräuter) – mehrheitlich abgelehnt
Begründungen der Ladungsanträge
Um allen Ausschussteilnehmern die Möglichkeit zu bieten, die offenen Fragen nachvollziehen zu können und die Gründe zu verdeutlichen, warum eine bestimmte Auskunftsperson unbedingt gehört werden sollte, wurden die Ladungsanträge zumeist ausführlich schriftlich begründet.
Die offenen Fragen bezogen sich im Wesentlichen auf die folgenden Themenbereiche:
Fragenkomplex „Einsichtsbemerkung“
Nach Abschluss der Arbeit der Bewertungskommission wanderte der Akt auf dem vorgesehenen Dienstweg zu den direkten Vorgesetzten und wiederum deren Vorgesetzten. Als erster versah Divr. Wolfgang Spinka, Leiter der Gruppe Feldzeugwesen/Luftzeugwesen, den Akt mit einer Einsichtsbemerkung, in der er „zufolge der festgestellten annähernden Gleichwertigkeit der Angebote“ empfahl, „dem Produkt mit den geringeren Anschaffungs- und Betriebskosten, also dem Gripen von SAAB/BAE, den Vorzug zu geben“.
Spinkas Vorgesetzter, der Leiter der Beschaffungssektion General Dr. Peter Corrieri, ergänzte den Akt mit dem Vermerk: „Ich schließe mich der EB des LtrGrpFzLzW vom 25.6.02 an!“
Generaltruppeninspektor Horst Pleiner, zu dessen Aufgaben es gehörte, den Verteidigungsminister in allen militärischen Fragen zu beraten, war im Dienstweg nicht automatisch vorgesehen. Er ließ dennoch die Einsichtsbemerkung mit seinem Eintrag erweitern: „Ich schließe mich der EB des LtrGrpFzLzW vom 25.6.02 in vollem Umfang an.“
Viele daran anknüpfende zwingende Fragen konnte BM Platter nicht beantworten:
BM Platter konnte logischerweise nicht klären, warum Gen. Corrieri, Chef der Beschaffung und Generaltruppeninspektor Pleiner sich der Einsichtsbemerkung zum Bericht der Bewertungskommission vollinhaltlich anschlossen.
Aus obigem Sachverhalt ergibt sich zwingend die Frage, wieso in der damaligen Einsichtsbemerkung die Kampfflugzeuge Gripen und Eurofighter als ‚annähernd gleichwertig’ hinsichtlich der Anforderung der Luftraumüberwachung in Österreich bezeichnet wurden.
Weiters drängt sich die Frage auf, warum damals die ranghöchsten Militärs unter anderem wegen der Betriebskosten die Anschaffung von Gripen der Firma Saab/BAE empfahlen, der Minister sich zwar zuerst dieser Empfehlung anschloss, aber in der Folge darüber hinwegsetzte, und warum die Betriebskosten in der weiteren Betrachtung keine Rolle mehr spielten.
Um Antworten auf diese Fragen zu bekommen, war es notwendig, die Generäle Corrieri und Pleiner zu laden.
Fragenkomplex „Verzicht auf praktische Erprobung“
In der Ausschreibung wurde von allen Anbietern zwingend verlangt, eine praktische Erprobung des angebotenen Kampfflugzeugs zu ermöglichen. Das BMLV verzichtete aber beim Kampfflugzeug Eurofighter auf diese Möglichkeit. Im Rechnungshofbericht rechtfertigt das BMLV diesen schwer verständlichen Verzicht wie folgt:
Rechnungshofbericht Punkt 21.3 und 21.4
„Laut Stellungnahme des BMLV wäre angesichts der Tatsache, dass das Kampfflugzeug Eurofighter bei anderen Luftwaffen europäischer Staaten einer ausführlichen Erprobung unterzogen worden sei, im Zuge der gegenständlichen Beschaffung eine Erprobung in Österreich entbehrlich.“
„Da zur Zeit der Gebarungsüberprüfung die vom BMLV angeführten Erprobungsergebnisse noch nicht vorlagen, ersuchte der RH, ihm diese zu übermitteln.“
Die Frage, warum entgegen den Muss-Bestimmungen der Ausschreibung auf eine praktische Flugerprobung nur beim Eurofighter verzichtet wurde, wurde unzureichend beantwortet. Laut Minister Platter sei der Eurofighter von den Herstellerländern ausreichend getestet worden und eine eigene Erprobung habe sich daher erübrigt. Dieses Argument ist sogar für das Jahr 2004 nachweislich falsch, da die Erprobung noch immer nicht abgeschlossen ist. Für den Zeitpunkt der Typenentscheidung wurde weder dem Rechnungshof noch dem Ausschuss auch nur ein einziges Dokument vorgelegt, das diese Behauptung stützt: Dem Rechnungshof liegen bis heute keine entsprechenden Dokumente vor.
Diese Fragen erforderten die Ladung damals maßgeblich an der Ausschreibung beteiligter Personen, so Klubobmann Scheibner, MinR Katter, MinR Wagner oder die Generäle Pleiner und Corrieri.
Fragenkomplex „Zahlungsvariante“
Die Vergabekommission hatte die Aufgabe die technischen und militärischen Eigenschaften der Angebote zu bewerten (Nutzwertanalyse). Nach Abschluss dieser Arbeit sollten die Angebote auch in ihrem kaufmännischen Teil geöffnet werden und die Kosten mit den Nutzwerten zusammengeführt werden. Es wurde von den Anbietern gefordert, Preise für eine Finanzierung bei Sofortzahlung, mit 10 Halbjahresraten und mit 18 Halbjahresraten anzugeben. Nur bei einer der drei Varianten war Eurofighter erstgereiht, nämlich bei Zahlung in 18 Halbjahresraten.
Der Rechnungshof stellt dazu fest:
Punkt 13.2
„Der RH vermisste eine schriftliche Festlegung des BMF, woraus der Vorrang einer bestimmten Zahlungsvariante ersichtlich gewesen wäre. Die tatsächlich vom BMF bevorzugte Zahlungsvariante von 18 Halbjahresraten ließ sich nur einem im BMLV verfassten Aktenvermerk vom 24.Juni 2002 entnehmen, in dem die drei Zahlungsvarianten im Hinblick auf deren Umsetzung dargestellt wurden. Die für die Ermittlung des Bestbieters herangezogene Zahlungsvariante mit 18 Halbjahresraten wurde erst im Zuge der Bewertung endgültig ausgewählt und war letztendlich ausschlaggebend.“
Grundlage dieses Aktenvermerks war vermutlich ein Anruf von MinR Hillingrathner aus dem BMF.
Daraus ergaben sich eine Reihe von Fragen, die allesamt unbeantwortet blieben. Zu der Intervention/Anweisung Hillingrathners befragt, meinte Platter: „Davon habe ich keine Ahnung.“ Somit bleibt die entscheidende Frage offen, ob BM Grasser bereits Kenntnis vom Ergebnis des Berichts der Bewertungskommission hatte, als er die einzige Zahlungsvariante gewählt hat, bei der Eurofighter vorne lag und damit de facto die Typenentscheidung getroffen hat.
Auch ist ungeklärt, welche Beweggründe BM Grasser hatte, als er sich innerhalb kürzester Zeit vom Abfangjäger Skeptiker zum Befürworter der teuersten Lösung wandelte.
Die Opposition fordert daher die Ladung von MinR Hillingrathner und BM Grasser als Auskunftspersonen.
Fragenkomplex „Ministerratsvorlage“ vom BM Scheibner vom 25.6.02
Grundlage für die Typenentscheidung zugunsten des Eurofighter von EADS war ein Ministerratsvortrag von BM Scheibner vom 2.7.2002. In den Medien kursierte allerdings noch eine zweite Variante dieses Papiers, vorbereitet für den Ministerrat vom 25.6.2002 und versehen mit der Unterschrift von BM Scheibner, in dem die Beschaffung von Kampfflugzeugen der Type Gripen von Saab/BAE vorgeschlagen wird.
Konfrontiert mit diesem ersten Ministerratsvortrag von BM Scheibner am 25.6.02, in dem die Beschaffung des Kampfflugzeugs Gripen von Saab/BAE vorgeschlagen wird, äußerten Abgeordnete der VP und FP bis zum Vorhalt zunächst Zweifel an der Echtheit des Dokuments und in der Folge an der Unterschrift. BM Platter sagte, er wisse nichts von der Existenz dieses Papiers.
Abg. Pilz übergab RH Präsident Moser eine Kopie des Dokuments; BM Platter sagte, dass er dazu nichts sagen kann.
Um diesen Sachverhalt aufzuklären fordert die Opposition die Ladung des damals als Minister zuständigen Klubobmann Herbert Scheibner und des damaligen Kabinettschefs Günther Barnet als Auskunftspersonen.
Fragenkomplex „Memorandum“ von MinR Wagner
Ministerialrat Heribert Wagner war Mitglied der Bewertungskommission und für die administrativen Abläufe zuständig. Am 28.6.2002 verfasste er ein Memorandum mit Anmerkungen zur Vergabeempfehlung und zu den angebotenen Flugzeugen. In diesem Text stellt MinR Wagner fest, dass die Vergabeempfehlung „erzwungen“ sei und „rational nicht nachvollziehbar“.
Zum Kampfflugzeug Eurofighter merkt er an: „Es handelt sich um kein eingeführtes System“. Es sei „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Auftreten von Störungen („Kinderkrankheiten“) während der Einführungsphase zu rechnen“ und als Folge könnte „in den kommenden 10 Jahren daher die Luftraumüberwachung in Österreich schwerstens beeinträchtigt sein“.
Ein Insider der Kommission erhob also sehr schwere Vorwürfe, die der Aufklärung bedürfen.
Ein Versuch von BM Platter, diese Fragen durch die Verlesung eines angeblichen Briefes von MinR Wagner zu beantworten, wurde von den Abgeordneten der Opposition scharf zurückgewiesen. Dieses Papier wurde den Abgeordneten nicht einmal in vollem Umfang zur Verfügung gestellt.
Nicht zuletzt um die Kontrollrechte des Nationalrats zu gewährleisten, war das persönliche Erscheinen von MinR Wagner und von GenMjr Commenda als Auskunftspersonen unverzichtbar.
Anhang: Beispiele von Ladungsanträgen
Anlage 1: Ladung Gen. a.D. Dr. Peter Corrieri
ANTRAG
der Abgeordneten Mag. Kogler
und FreundInnen
gemäss § 40 Abs. 1 GOG, betreffend Behandlung des Wahrnehmungsberichtes des Rechnungshofes (III-72 d.B.), Kapitel Typenentscheidung
Der Rechnungshofausschuss wolle gemäß der zitierten Bestimmung Folgendes beschließen:
Für die Sitzung am 6. Oktober 2004 wird die Ladung folgender Auskunftsperson beantragt:
Gen. a.D. Dr. Peter Corrieri (BMLV)
Begründung:
Die Auskunft von Gen. a.D. Dr. Peter Corrieri ist zur Aufklärung der entscheidenden Phase bei der Typenentscheidung im Jahr 2002 unbedingt erforderlich. In der ersten Behandlung des Prüfkapitels „Typenentscheidung“ am 27.4.2004 konnte BM Platter zu diesen offenen Fragen keine befriedigende Antwort geben.
General Corrieri hat auf einer Einsichtsbemerkung zur Vergabeempfehlung der Vergabekommission vermerkt: „Ich schließe mich der EB des Ltr Grp FzLzW vom 25.6.02 an.“ In der Einsichtsbemerkung des damaligen Divr. Spinka, Leiter der Gruppe Feldzeug-/Luftzeugwesen, wird festgestellt, dass Eurofighter und Gripen annähernd gleichwertig seien, und daher dem Produkt mit den geringeren Anschaffungs- und Betriebskosten, also dem Gripen, der Vorzug zu geben sei:


In krassem Gegensatz dazu behauptet das BMLV jetzt, dass die Typenentscheidung für den Eurofighter auf Grund von dessen deutlicher Überlegenheit getroffen worden sei.
Im Bericht des Rechnungshofs wird diese Einsichtsbemerkung erwähnt und der Widerspruch zur jetzigen offiziellen Begründung für die Typenentscheidung festgehalten: Die Verfasser der Einsichtsbemerkung gehen davon aus, dass ein Unterschied in der Bewertung von 0,0254 oder rund 2% „geringfügig“ sei, das BMLV dagegen beharrt nun darauf, dass „Geringfügigkeit“ des Unterschieds erst dann gegeben sei, wenn die ersten drei Stellen hinter dem Komma gleich seien, sich die Quotienten also um weniger als ein Prozent unterscheiden! Dieser Widerspruch wird nicht aufgeklärt.
Die Befragung von Gen. a.D. Dr. Peter Corrieri ist zur Aufklärung dieser Ungereimtheiten und zur Beseitigung des im Raum stehenden Vorwurfs der Vergabeschiebung daher unabdingbar.
Wien, am 22. September 2004
Anlage 2: Ladung MinR Heribert Wagner
ANTRAG
der Abgeordneten Mag. Kogler
und FreundInnen
gemäss § 40 Abs. 1 GOG, betreffend Behandlung des Wahrnehmungsberichtes des Rechnungshofes (III-72 d.B.), Kapitel Typenentscheidung
Der Rechnungshofausschuss wolle gemäß der zitierten Bestimmung Folgendes beschließen:
Für die Sitzung am 6. Oktober 2004 wird die Ladung folgender Auskunftsperson beantragt:
MR. a.D. Ing. Heribert Wagner (BMLV)
Begründung:
Die Auskunft von Ing. Heribert Wagner, damals stellvertretender Leiter der Abteilung Luftzeugwesen, Projektleiter bei der Typenentscheidung und Mitglied der Bewertungskommission, kann zur Aufklärung der Vorgänge in der entscheidenden Phase bei der Typenentscheidung im Jahr 2002 entscheidend beitragen.
MR Wagner verfasste Ende Juni 2002 eine Aktennotiz, in der er die Entscheidung der Vergabekommission als „erzwungen“ bezeichnete und in der Folge eine Reihe von Problemen beim Eurofighter anführte, etwa nicht abschätzbare Folgekosten, nicht nachgewiesene Truppentauglichkeit und „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ auftretender Kinderkrankheiten and damit beeinträchtigter Luftraumüberwachung:

Die Befragung von MR Ing. Heribert Wagner ist notwendig zur Abklärung Frage, ob und welche Dokumente zum Zeitpunkt der Typenentscheidung vorlagen, die die Flugbereitschaft und Flugzulassung des Eurofighter belegen. Bis jetzt konnte weder dem Rechnungshof noch dem Ausschuss in irgendeiner Form belegt werden, dass die in der Ausschreibung geforderte Musterzulassung des Eurofighter und Dokumente über die Erfüllung der Leistungsparameter vorliegen.
Wien, am 22. September 2004