8 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Regierungsvorlage

Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich (Orientalisch-orthodoxes Kirchengesetz; OrientKG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Gesetzlich anerkannte orientalisch-orthodoxe Kirchen

§ 1. (1) Die Armenisch-apostolische Kirche in Österreich und die Syrisch-orthodoxe Kirche in Österreich, welche im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes jeweils anerkannte Kirchen im Sinne des Artikels 15 des Staatsgrundgesetzes, RGBl. Nr. 142/1867, über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger sind, haben die Stellung von Körperschaften des öffentlichen Rechts.

(2) Die Koptisch-orthodoxe Kirche in Österreich ist eine anerkannte Kirche im Sinne des Artikels 15 des Staatsgrundgesetzes, RGBl. Nr. 142/1867, über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger; es kommt ihr die Stellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu.

Orientalisch-orthodoxe Kirchenkommission

§ 2. (1) Mit Wirksamkeit für den staatlichen Bereich besteht eine orientalisch-orthodoxe Kirchenkommission, der je zwei Vertreter der in Österreich anerkannten orientalisch-orthodoxen Kirchen angehören. Die Entsendung der Vertreter erfolgt durch den für die einzelnen anerkannten orientalisch-orthodoxen Kirchen zuständigen höchsten geistlichen Jurisdiktionsinhaber oder einen von ihm Beauftragten.

(2) Zu den Aufgaben der orientalisch-orthodoxen Kirchenkommission gehören:

           1. Koordination des Religionsunterrichts im Sinne des Religionsunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 190/1949, in der jeweils geltenden Fassung, für Schüler, die den anerkannten orientalisch-orthodoxen Kirchen auf Grund deren Verfassung angehören,

           2. das kirchliche Begutachtungsrecht im Sinne des § 14 des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 182/1961, über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, unbeschadet des Begutachtungsrechts jeder einzelnen Kirche,

           3. Abgabe einer Stellungnahme gegenüber der Bundesministerin oder dem Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur vor der Anerkennung einer anderen orientalisch-orthodoxen Kirche.

(3) Die orientalisch-orthodoxe Kirchenkommission hat ihre Beschlüsse einstimmig zu fassen.

§ 3. (1) Für die anerkannten orientalisch-orthodoxen Kirchen, für ihre geistlichen Amtsträger und für die geistlichen Mitglieder der orientalisch-orthodoxen Kirchenkommission gelten sinngemäß und unter Bedachtnahme auf Abs. 2 nachstehende Bestimmungen des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 182/1961, über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche:

               § 9 über den Schutz kirchlicher Amtsträger;

              § 10 über den Schutz geistlicher Amtskleider und Insignien;

               § 11 über den Schutz kirchlicher Amtsverschwiegenheit;

               § 12 über die Mitteilungspflicht der Strafbehörden und den Schutz des Ansehens des geistlichen Standes;

               § 16 über Religionsunterricht und Jugenderziehung;

               die §§ 17 bis 19 über Militärseelsorge, Krankenseelsorge und Gefangenenseelsorge.

(2) Bei der Anwendung der im Abs. 1 genannten Bestimmungen ist auf die besondere Struktur, die Mitgliederzahl und den Amtsbereich der  anerkannten orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich Bedacht zu nehmen.

(3) Den anerkannten orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich steht das Recht zu, nach Maßgabe der innerkirchlichen Vorschriften von ihren jeweiligen Angehörigen Beiträge innerkirchlich einzuheben und über diese bzw. deren Erträgnisse im Rahmen der Ordnung und Verwaltung der inneren Angelegenheiten frei zu verfügen.

Verfassung in Bezug auf äußere Angelegenheiten

§ 4. (1) Aus der Verfassung einer  orientalisch-orthodoxen Kirche müssen, um die Wirksamkeit für den staatlichen Bereich sicherzustellen, zu ersehen sein:

           1. der Sitz und die vertretungsbefugten Organe;

           2. welcher geistlichen Jurisdiktion die Kirche untersteht;

           3. Bestimmungen über den Erwerb und den Verlust der Mitgliedschaft, wonach die Kirchenzugehörigkeit klar bestimmbar ist;

           4. Rechte und Pflichten der Mitglieder;

           5. Art der Bestellung der Organe und ihr Wirkungskreis;

           6. Vorschriften über allfällige Änderungen der Verfassung.

(2) Die Verfassung kann auch die örtliche Gliederung in Kirchengemeinden vorsehen. Für diesen Fall hat die Satzung der Kirchengemeinde folgende Punkte zu umfassen:

           1. den Namen der Kirchengemeinde, welcher die Zugehörigkeit zu einer anerkannten orientalisch-orthodoxen Kirche (§ 1) zum Ausdruck zu bringen hat und sich vom Namen einer schon bestehenden Kirchengemeinde unterscheiden muss;

           2. die Bezeichnung der örtlichen Grenzen des Gebietes der Kirchengemeinde;

           3. die Art der Bestellung des Vorstandes der Kirchengemeinde und seine Aufgaben;

           4. die Rechte und Pflichten der Mitglieder der Kirchengemeinde, insbesondere Bestimmungen über die bestehenden Wahlrechte;

           5. die Art der Aufbringung der für die ökonomischen Bedürfnisse der Kirchengemeinde erforderlichen Mittel;

           6. das Verfahren bei Änderung der Satzung der Kirchengemeinde.

Die Verfassung einer anerkannten orientalisch-orthodoxen Kirche und die Satzung einer Kirchengemeinde unterliegen der Genehmigung der Bundesministerin oder des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur.

Anzeigepflichten

§ 5. (1) Zwecks Rechtswirksamkeit für den staatlichen Bereich sind der Bundesministerin oder dem Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur anzuzeigen:

           1. die im Sinne der Verfassung vertretungsbefugten Organe der im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes bereits anerkannten orientalisch-orthodoxen Kirche innerhalb Monatsfrist;

           2. alle Veränderungen in den Personen der bisher vertretungsbefugten Organe innerhalb Monatsfrist;

           3. zu errichtende Kirchengemeinden einer anerkannten orientalisch-orthodoxen Kirche (§ 6 Abs. 2).

(2) Personen, die wegen  einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind, können für den staatlichen Bereich nicht als vertretungsbefugte Organe bestellt werden.

(3) Die Bundesministerin oder der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat das Einlangen der Anzeige bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen zu beurkunden.

(4) Die Bestellung der vertretungsbefugten Organe wird  für den staatlichen Bereich mit Beginn des auf den Tag des Einlangens der Anzeige (Abs. 1 Z 1und 2) folgenden Tages wirksam.

(5) Entspricht die Anzeige nicht den gesetzlichen Voraussetzungen oder weist die Bestellung infolge Verstoßes gegen innerkirchliche Vorschriften schwer wiegende Mängel auf, so hat die Bundesministerin oder der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur unter Setzung einer angemessenen Nachfrist zur Behebung der Mängel aufzufordern; bei fruchtlosem Verstreichen der gesetzten Frist oder bei offenbarer Aussichtslosigkeit einer solchen Aufforderung ist die Entgegennahme der Anzeige mit Bescheid abzulehnen. Ein schwer wiegender Mangel liegt dann vor, wenn die Einhaltung der innerkirchlichen Vorschriften die Bestellung einer anderen Person zur Folge gehabt hätte oder doch zur Folge haben hätte können.

Rechtspersönlichkeit der Gemeinden

§ 6. (1) Kirchengemeinden der anerkannten orientalisch-orthodoxen Kirchen genießen die Stellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, insoweit sie bereits im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes bestehen.

(2) Künftig zu errichtende Kirchengemeinden erlangen für den staatlichen Bereich ebenfalls Rechtspersönlichkeit des öffentlichen Rechts mit dem Tag des Einlangens der vom vertretungsbefugten Organ der Kirche ausgefertigten Anzeige beim Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, welches das Einlangen schriftlich zu bestätigen hat. Dieser Anzeige ist die Satzung der Kirchengemeinde gemäß § 4 Abs. 2 anzuschließen.

(3) Änderungen in der Person des oder der Vertretungsberechtigten sind ebenfalls dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur anzuzeigen.

(4) Die Bundesministerin oder der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat die im Abs. 1 genannten Kirchengemeinden nach Anhören des vertretungsbefugten Organs der Kirche binnen drei Monaten nach In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes durch Kundmachung im Bundesgesetzblatt zu bezeichnen. Ebenso sind die gemäß Abs. 2 errichteten Kirchengemeinden im Bundesgesetzblatt zu bezeichnen.

Mitteilungspflicht

§ 7. Die Bundesministerin oder der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat jedermann Auskunft über die Anschrift einer anerkannten Kirche (Kirchengemeinde) und über deren nach außen vertretungsbefugte Organe zu erteilen. Ferner ist auf Antrag einer anerkannten Kirche (Kirchengemeinde) oder auch sonst von Personen oder Institutionen, die ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen, eine Bestätigung darüber auszustellen, wer zur Vertretung nach außen befugt ist.

Schlussbestimmung

§ 8. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist die Bundesministerin oder der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur betraut. Die Zuständigkeit anderer Bundesminister zur Vollziehung der im § 3 genannten Vorschriften bleibt unberührt.