Anlage B

 

Anlage zum Bericht der parlamentarischen Enquete-Kommission

zum Thema „Architekturpolitik und Baukultur in Österreich“

Statements

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

Seite

1.

Univ.-Prof. Mag. Dr. Friedrich Achleitner

3

2.

Dipl.-Ing. Markus Berchtold, Vorarlberger Architekturinstitut

5

3.

Dipl.-Ing. Volker Dienst, Koordinator der Plattform für Architektur und Baukultur

9

4.

Dipl.-Ing. Jakob Dunkl, Dipl.-Ing. Doris Burtscher, IG Architektur, Interessenvereinigung, Architekturschaffender Österreich

15

5.

Mag. Dr. Barbara Feller, Architekturstiftung Österreich

19

6.

Abg. Carina Felzmann, WKÖ, Sprecherin der ARGE Kreativwirtschaft

23

7.

Dipl.-Ing. Ortfried Friedreich, Präsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland

26

8.

Univ.-Prof. Mag. Roland Gnaiger, Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz, Institut für Architekturkonzeption und Entwurf

27

9.

Dipl.-Ing. Sabine Gretner, Stadtplanung, Architektur und Bauen, Wien

30

10.

Dipl.-Ing. Martin Höbarth, Präsidentenkonferenz der Landwirtschafts-kammern Österreich

32

11.

Univ.-Prof. Mag. Hans Hollein, Präsident der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs

35

12.

Paula Huotelin, SAFA - The Finnish Association of Architects

37

13.

Cilly Jansen, Architectuur Lokaal Holland, Direktorin

41

14.

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Christian Kühn, Vorstand Architekturstiftung Österreich

44

15.

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Rüdiger Lainer, Akademie der bildenden Künste Wien, Institut für Kunst und Architektur

46

16.

Mag. Michaela Mischek, Mischek BAU AG

49

17.

Dipl.-Ing. Georg Pendl, Vorsitzender der Bundessektion Architekten der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten

54

18.

Dipl.-Ing. Walter Raiger, KAG Steiermärkische Krankenanstalten Gesellschaft, Direktor

59

 

19.

Dipl.-Ing. Mag. Max Rieder, Architekturbeirat BKA

64

20.

Dr. Ullrich Schwarz, Vorsitzender des Fördervereins für die Stiftung Baukultur

67

21.

Dipl.-Ing. Reinhard Seiss, Dipl.-Ing. Edith Schinlder-Seiss, URBAN +

74

22.

Mag. Dietmar Steiner, Architektur Zentrum Wien, Direktor

77

23.

Dipl.-Ing. Norbert Steiner, sputnic

80

24.

Dipl.-Ing. Erich Steinmayr, Denkmalbeirat des BMfBWK

81

25.

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Gerlind Weber, Universität für Bodenkultur, Department für Raum, Landschaft und Infrastruktur

84

26.

Die Plattform für Architektur und Baukultur

87

27.

Leitfaden zur Umsetzung einer nationalen Architekturpolitik

91

28.

BIG – Bundesimmobiliengesellschaft

96

29.

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur

Abteilung IV/3 Denkmalschutz

99

30.

Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien

104

31.

Land Oberösterreich, Landeskulturdirektion

107

32.

Amt der Vorarlberger Landesregierung

109

 


1.

 

 

Friedrich Achleitner

 

Zeitgenössische Qualitätsarchitektur sichert das kulturelle Erbe von morgen

 

 

Baukultur  als Teil der Kultur  ist abhängig vom Entwurf, von den Lebensvorstellungen der künftigen Gesellschaft. Eine Gesellschaft der Aktionäre wird den Begriff des Menschen (seine wegrationalisierbare Existenz) anders definieren, als eine Gesellschaft, die sich für jedes seiner Mitglieder verantwortlich fühlt. Kunst als Luxusgut mit hohem Handelswert ist etwas anderes als Kunst die unser Leben bereichern oder überhaupt erst lebenswert machen soll. Es ist also eine grundlegende Frage der Architektur, ob sie sich - wie es eine Vision der Moderne war - wieder mehr für alle Belange des Bauens verantwortlich fühlt, oder ob sie sich ins Netzwerk des Starwesens flüchtet , um in einer glanzvollen globalen olympischen Existenz der eigenen ästhetischen Botschaft zu leben. Dass zwischen Schlüsselbauten der "Weltarchitektur" und lokalen oder regionalen Baukulturen ein dialektisches Verhältnis besteht, wird ja damit nicht bestritten.

 

Der vorgegebene Titel meines Referats hat Realitätsbezug,  aber ist die Fragestellung richtig? Soll gute Architektur deshalb entstehen, damit wir das kulturelle Erbe vermehren? Jenes kulturelle Erbe, das heute im Lichte der Monetarisierung des Globus immer mehr durch Leistungsbilanzen seine Existenzberechtigung zu beweisen gezwungen wird? Die reine Ideologie des Geldes identifiziert das Leben mit Leistung. Und wer etwas leistet (und seis nur durch Spekulation) hat eine Daseinsberechtigung. Und wer als armer, kranker oder alter Mensch nichts mehr leisten kann, von dem wird erwartet, dass er sich wenigstens seine Existenz leisten kann.

 

Begriffe der Baukultur und der Architektur sind schon lange im Wandel begriffen. Gesellschaften, die für die Ewigkeit oder für Generationen gebaut haben, sind die Erblasser für jene, die heute davon leben. Ein Teil des heutigen Bauens zeigt eine radikale Kürzung der Lebenszyklen. Der abschreibbaren Architektur werden immer kleinere Lebensspannen gewährt. Das heißt, wir produzieren immer mehr ökonomisch kalkulierten Abbruch. Ein großer Teil des Erbes wird keinen Cent wert sein.

 

Es entsteht die Frage, was heute Baukultur überhaupt sein kann. Ich verstehe darunter nicht nur die abgehobenen Schlüsselwerke kultureller Spitzenleistungen, die weltweit unter extrem künstlichen Bedingungen auf der Ebene eines Kunstmarktes in der Konkurrenz von Nationen, Städten, Regionen, Konzernen oder anderen Interessen, im doppelten Sinn des Begriffes aufgeführt  werden.

 

Baukultur umfaßt  nicht nur alle Belange des Bauens. Wenn Architektur ihre Rolle als Verantwortung für jeden einzelnen Menschen versteht, ist sie aufgefordert diese wahrzunehmen. Österreich hat, regional unterschiedlich, ein großes kreatives Potential an Architektinnen und Architekten. Trotzdem gibt es starke Asymmetrien in der Aufmerksamkeit für Bauaufgaben. Wo sind die Architekten (mit wenigen Ausnahmen) die sich etwa um die Probleme der Landwirtschaft, des Dorfes, der Gewerbegebiete, der Landschaft oder dem damit verbundenen Bauen für den Tourismus kümmern? Natürlich gibt es sie, aber in keinem quantitativen Verhältnis zum städtischen Wohnbau, zum Schulbau oder zu den  "klassischen" Architekturaufgaben .

 

Die Wirtschaft entdeckt die Architektur, aber eher als Werbeträger, als Präsentation und Illustration von Firmenphilosophien, als Imagepolitur und weniger als Arbeitswelt. Gleichzeitig werden den Architekten und Architektinnen Schlingen kompliziertester Vertragswerke (unter ausschließlich ökonomischen Bedingungen) um den Hals gelegt. Die Gesellschaft der Rechner braucht Orchideen nur zum gelegentlichen Aufputz. Das Musikland Österreich reduziert aber den Musikunterricht, das Architektur- und Kunstland Österreich schickt die bildnerische Erziehung ins Ausgedinge. Obwohl in Wien die Wiege der Orientalistik stand, wird diese heute - gerade heute wo die Unkenntnis des Orients ein lebensbedrohendes Versäumnis darstellt - zum Orchideenfach erklärt.

 

Baukultur ist die Wahrnehmung und Pflege der kreativen Kräfte einer Gesellschaft. Dazu brauchen wir nicht nur intelligente Handwerker und Ingenieure, vernünftige Baugesetze und gebildete Beamte, aufgeschlossene Bauherrinen und Bauherren, gute Ausbildungsstätten, raumplanerische und ökologische Konzepte, sondern vor allem auch Politiker die fähig sind eine Gesellschaft als kulturelles Phänomen zu  begreifen, wir brauchen ein positives, der Zukunft zugewandtes kulturelles Klima und vieles vieles mehr. Dazu gehört auch das selbstverständliche Wissen, dass in dieser Welt nicht alles berechenbar und abrechenbar ist.

 

Wenn eine Berufsgruppe wie die Architekten, die in ihrem Kern immer noch eine Vision einer besseren Welt in sich trägt und dafür oft existenzbedrohende Opfer bringt (ich erinnere nur an das selbstausbeuterische und energievergeudende System der Wettbewerbe, das in dieser Form keiner Berufsgruppe zugemutet wird) wenn diese Berufsgruppe in ihrer Bedeutung von der Gesellschaft mehr wahrgenommen werden würde, so hätte sie zumindest die Pflicht diese unwägbaren Kulturleistungen zu schützen, ja zu hätscheln, statt die unbequemen "Narren" und "Närrinnnen", wie es immer öfter geschieht, in den Konkurs zu schicken. Diese Respektlosigkeit vor einer kreativen Arbeit, diese Austrocknung "kultureller Biotope" ist für eine "Kunstnation" eine Art kollektiver Selbstmord. Fälle, wie jener von Sepp Müller, sind nicht nur für die Burghauptmannschaft, das zuständige Ministerium, sondern für ganz Österreich eine Schande. Aber auch Beamte, wenn sie sich für Architektur engagieren, sind vor ihresgleichen nicht gefeit, wie man am Beispiel Krems studieren kann. Trotzdem sind, etwa in Oberösterreich, Baubeamte unterwegs, die den Kontakt zu den Gemeinden, Schulen und Bürgermeistern finden und Impulse für gutes Bauen setzen. Und es gibt immer mehr Aktivitäten, die diese Probleme erkennen.

 

Eine Baukultur ohne Basis gibt es nicht.

 

25. 3. 2004

 


2.

 

Dipl.Ing. Markus Berchtold – Vorarlberger Architekturinstitut

 

 Vorarlberg war, ist und könnte als Labor, Forschungsstätte, für die Architektur in Europa dienen.“

 

Marie-Helene Contal, Institut Français d'Architecture

 

 

Architekturlabor Vorarlberg

 

Sehr geehrter Herr Präsident Khol,

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

vielen Dank für die Einladung und die Möglichkeit, Ihnen meine Vision eines nationalen und europäischen Architekturlabors Vorarlberg vorzustellen.

 

Ich bin in Vorarlberg, im Bregenzerwald, aufgewachsen. Ein Raum mit hoher Identifikationskraft und mit hohem Sozialkapital. In den letzten Jahren hatte ich die Gelegenheit, mit vielen interessanten Persönlichkeiten zusammenzuarbeiten, darunter ganz besonders die Baukünstler. Sie haben sich außerordentlich für ihren Lebensraum und die lokale Baukultur engagiert und sind eigenständig ihren Weg gegangen.

 

Die Architekturbewegung der letzten 40 Jahre genießt internationale Aufmerksamkeit. Die vielen positiven Rückmeldungen betonen

 

 

Ich greife die Aussage von Marie-Helene Contal, vom Französischen Architekturinstitut auf:

„Vorarlberg war, ist und könnte als Labor, Forschungsstätte, für die Architektur in Europa dienen.“

 

Aus meiner Sicht ist das Grundthema des Architekturlabors Vorarlberg die Gestaltung unserer Lebensräume, von der Wohnung bis hin zur Region. Unser Ziel ist die allgemeine Steigerung der Lebensraumqualität. Die Auseinandersetzung mit den Zwischenräumen und dem übergeordneten Ganzen gewinnt an Bedeutung. Die Baukultur wird zur Lebensraumkultur.

 

 

Bei Engagement und hohem Anspruch an Prozess und Qualität entstehen kulturell wertvolle Beiträge. Die dazu notwendigen nationalen Rahmenbedingungen müssen Freiräume für Kreativität, Identität und Entwicklung gewährleisten. Die lokalen Fähigkeiten und Kräfte sollen sich weiterentwickeln können und dürfen nicht durch zunehmende Sicherheitsbedürfnis­se, Standardisierung und Zentralisierung zum Stillstand gebracht werden. Im überschaubaren und impulsgebenden Vorarlberg können neue soziale und kulturelle Erfahrungen gesammelt und in die nationale und internationale Architekturdiskussion eingebracht werden.

 

 

Mit einer stärkeren regionalen Vernetzung der Partner und der Einbindung weiterer architektonisch relevanter Bereiche ist die Basis für innovative Architektur, wie Sie an der roten Fläche sehen können, wesentlich größer. Die interdisziplinäre Kommunikation wird erleichtert, Werteveränderungen können sensibel registriert und auf neue Erkenntnisse, wie z.B. ökologische Grenzen, kann gemeinsam und durchgreifend reagiert werden.

 

 

 

 

Ich greife 1 Beispiel, die stärkere Vernetzung mit Banken, heraus: Im Rahmen der Baufinanzierung tritt jeder Bauherren mit Geldinstituten in Kontakt, die dabei eine konservative Grundhaltung einnehmen. Durch die stärkere Kommunikation sollen das Bewusstsein für Baukultur und die notwendigen finanziellen Freiräume für eine innovative Architektur erhöht werden. Die Zusammenarbeit bekommt auch einen institutionellen Rahmen, einerseits mit der sich abzeichnenden energieorientierten Gebäudezertifizierung durch die EU <  > und andererseits mit der Notwendigkeit der Besicherung durch nachhaltige Bauwerke im Rahmen der Basel II-Richtlinien für die Geldaufnahme der Bankinstitute sowie für die Kreditvergabe an Bauherren.

 

 

Zahlreiche Projekte und Partnerschaften sind in Vorarlberg im Entstehen oder bereits in den letzten Jahren entstanden:

 

 

Im Rahmen der Vision Rheintal hat die Architekturbewegung selbst den Impuls zur Diskussion mit den gesellschaftlichen Institutionen über die Zukunft der Region gegeben.

 

 

 

Das Wohnbauforum als kooperatives Forschungsprojekt zwischen Banken, Wohnbauförderung, Bauträgern und Architektur thematisiert die Wohnbedürfnisse der Menschen und entwickelt gemeinsam Ideen und mögliche Arbeitsfelder.

 

Handwerk und Form ist ein ambitionierter Wettbewerb im Bregenzerwald, den Handwerker und Architekt gemeinsam bestreiten.

 

architektur land vorarlberg ist eine Partnerschaft mit dem Tourismus als Präsentations- und in späterer Folge als Diskussionsplattform, moderne Architektur als Imageträger für den authentischen Tourismusort.

 

Mit den Ausstellungen „Konstruktive Provokation“ und „Austria West“ werden derzeit internationale Verbindungen zu anderen Zentren der Architektur aufgebaut.

 

Mit dem Schulbaukasten interessieren wir gemeinsam mit den Lehrern für bildnerische Erziehung junge Menschen in den Mittelschulen für die Anliegen der Architektur.

 

 

Ein hohes Engagement und die Zusammenarbeit der Akteure ist weiterhin notwendig. Es ist die Aufgabe des Vorarlberger Architekturinstitutes, die lokale Vernetzung zu forcieren, die handelnden Akteure zu unterstützen, Lebensraumqualität als inhaltlichen Anspruch zu etablieren und den nationalen wie internationalen Austausch zu pflegen. Damit können im Architekturlabor Vorarlberg wertvolle Ergebnisse für die Menschen in Vorarlberg, in Österreich und in Europa erreicht werden. Unterstützen Sie uns!


3.

Volker Dienst

 

„Architekturpolitik in Österreich – Statusreport und Perspektiven“

 

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Vorsitzenden, Hohes Haus, sehr geehrte Damen und Herrn!

 

Mein Name ist Volker Dienst und ich möchte mich als Koordinator der Plattform für Architektur und Baukultur zunächst bei alljenen bedanken, die die Abhaltung der heutigen Enquete ermöglicht haben.

 

Es ist ein wichtiges Signal, dass sich die politischen EntscheidungsträgerInnen über alle Parteigrenzen hinaus darin einig sind, dass die rasche Umsetzung einer nationalen und engagierten Architekturpolitik für Österreich eine absolute Notwendigkeit darstellt.

 

Wir erwarten uns von der Enquete Impulse, denen konkrete Anträge und Beschlüsse folgen müssen

 

Diese Enquete sehen wir als einen ersten Schritt, um auf die Vielfalt an Problemen – aber auch an Chancen und Möglichkeiten aufmerksam zu machen. Es wird sich zeigen, inwieweit den heutigen Wortmeldungen auch entsprechende Studien, Expertengespräche, Anträge bzw. Beschlüsse folgen werden.

 

Es fehlt in diesem Land an Rahmenbedingungen, Strategiekonzepten und Strukturen

 

Wenn Sie heute hergekommen sind mit der Einstellung, dass Sie ohnehin nichts gegen Baukultur haben, dann ist das zu wenig! Niemand in diesem Land ist für minderwertige Architektur oder gegen qualifizierte Baukultur – aber es fehlt in Österreich an Rahmenbedingungen, es fehlt an innovativen Strategiekonzepten und - es fehlt an Strukturen um längerfristig die Qualität unserer Umwelt zu sichern – dass muss hier einmal klar gesagt werden!

 

Baukultur ist qualifizierte Umweltgestaltung und steht damit im Gegensatz zur tagespolitischen Anlassplanung

 

Was versteht man eigentlich unter „Baukultur“? „Land der Berge, Land am Strome, Land der Äcker, Land der Dome“ all das umfasst Baukultur! Denn Baukultur ist Qualitätsorientierte und interdisziplinäre Umweltgestaltung! Aber wenn ich auf der B17 zwischen „Blauer Lagune“ und der Shopping City Südim Stau stecke, frage ich mich: Wo ist es denn, das „Volk begnadet für das Schöne“? Diesen Entwicklungen müssen Sie als Entscheidungstragende PolitikerInnen aktiv entgegen wirken! Und glauben Sie mir, es gibt da eine Menge, was Sie konkret für Baukultur tun können.

 

Umwelt darf nicht passieren, wie dies derzeit so oft der Fall ist, sie darf auch nicht das willkürliche Resultat von Gefälligkeiten sein – Umwelt muss vorausschauend und nach einem übergeordneten und gesamtheitlichen Entwicklungskonzept geplant bzw. gestaltet werden. Dafür gilt es entsprechende Leitbilder und gesetzliche Rahmenbedingungen zu formulieren, denn Architekturpolitik ist mehr als die Absolvierung tagespolitischer Anlassfälle!

 

Es geht nicht um Stararchitektur, sondern um die Sicherung der Lebensqualität für alle ÖsterreicherInnen

 

Und lassen sie mich eines klar stellen: Es geht bei Architekturpolitik nicht um ein paar Stararchitekten. Es geht auch nicht darum für die Architekturschaffenden nur ein paar Sonderregelungen zu erwirken!

 

Tatsächlich geht es um die Sicherung der Lebensqualität für die Österreichische Bevölkerung, auch für die kommenden Generationen. Denn Baukultur betrifft alle ÖsterreicherInnen gleichermaßen und unmittelbar. Da geht es um qualifizierte Architektur- und Ingenieursplanung, aber auch um Landschafts- und Raumplanung, um ökologisches, Ressourcensparendes Planen und Bauen, um gesundes Wohnen und Arbeiten, um sozial ausgewogene „Öffentliche Räume“, um vorausschauende und vernetzte Verkehrsplanung, um die Attraktivität unserer Landschaften, Dörfer und Städte, und auch um Tourismus und Kreativwirtschaft.

 

Zeitgenössische Architektur ist nicht nur eine Visitenkarte für unser Land, sondern auch ein Parameter für den Entwicklungsstand einer Gesellschaft

 

Zeitgenössische Architektur ist nicht nur eine Visitenkarte für unser Land – der Stellenwert und die Akzeptanz zeitgenössischer Architektur ist immer auch ein Parameter für den Entwicklungsstand einer Gesellschaft. Die Erhaltung historisch wertvoller Bausubstanz ist sicherlich ein wesentliches und wichtiges Anliegen, aber ebenso wichtig ist die Entwicklung unseres kulturellen Erbes von morgen!

 

Das, was das „Vorarlberger Modell“ so erfolgreich macht, ist die Tatsache, dass es in Vorarlberg gelungen ist, ein breit angelegtes Architektur- und Qualitätsverständnis in der Bevölkerung zu verankern. Es wäre daher die Aufgabe einer nationalen Architekturpolitik dem bestehenden West-Ost-Gefälle in Österreich durch eine entsprechende Förder- und Vermittlungspolitik entgegen zu wirken. Ziel sollte es sein, dass Wissen über Architektur- und Raumqualitäten nicht intellektuellen Eliten vorbehalten bleibt, sondern zum Selbstverständnis des kleinen Mannes/der kleinen Frau auf der Straße wird – denn Architektur betrifft uns alle!

 

Aus Bauen muss Architektur werden

 

Derzeit werden in Österreich 87% des Gesamtumsatzes der Bauwirtschaft ohne eine entsprechende ArchitektInnen- bzw. Ingenieursplanung ausgeführt. Siebenundachtzig Prozent! In vielen Fällen schaut´s dann auch so aus. Schade um diese Investitionen und Schade um die Landschaften bzw. Siedlungsräume die dadurch nachhaltig zerstört werden. Schlechte Architektur kostet in den meisten Fällen genauso viel wie gute. Das Nachsehen hat immer die Allgemeinheit. Diese Fehlentwicklung hat die Politik aufgrund fehlender Leitbilder und falscher Fördermodelle mit zu verantworten.

 

Architektur unterscheidet sich vom bloßen Bauen durch die Umsetzung von Qualitäten, die über den Anlassursprung hinausgehen. Neben rein technisch-funktionalen bzw. wirtschaftlichen Aspekten, sind darüber hinaus gehende baukulturelle, soziale und ökologische Standards verbindlich zu verankern. Beispielsweise durch eine Qualitätsbindung der Wohnbauförderung.

 

Das Motto einer engagierten Architekturpolitik müsste heißen:„Aus Bauen muss Architektur werde!“ Wenn es gelingt in den kommenden Jahren die Anzahl der qualifiziert geplanter Baulichkeiten von den derzeit 17% auf zumindest 25% zusteigern, würden davon Umwelt, Architekturschaffende und Wirtschaft gleichermaßen profitieren. In den Finanzausgleichs-verhandlungen hätte der Bund die Möglichkeit eine weitgehende Zweck- und Qualitätsbindung der Wohnbaufördermittel von den Bundesländern einzufordern.

 

 

 

 

Welchen Stellenwert hat Baukultur in der Österreichischen Politik?

 

Kommen wir zur Frage welchen Stellenwert die Baukultur in der Bundespolitik bzw. Bundesverwaltung besitzt? Unsere Recherchen im Nationalratswahlkampf 2002 waren ernüchternd: Weder Baukultur, noch Architektur kamen in den Programmen der Wahlwerbenden Parteien oder im Wahlkampf als Thema vor - kaum eine der Parteien hatte konkrete Positionen zu diesem umfassenden Themenbereich.

 

Ziel einer engagierten Architekturpolitik muss es sein bei den politischen EntscheidungsträgerInnen ein Bewusstsein zur baukulturellen Verantwortung und ein Verständnis für zeitgenössische Architektur zu schaffen.

 

Architekturpolitik braucht kompetente Partner und eine Ressortübergreiffende Verantwortlichkeit

 

Vor allem aber fehlt es an mit entsprechender Kompetenz ausgestatteten Verantwortlichen, die für die Durchsetzung einer Bundesweiten, Ressortübergreiffenden Architekturpolitik sorgen könnten. In der Bundesverwaltung kommen AnsprechpartnerInnen mit entsprechendem Problembewusstsein immer mehr abhanden. Heutzutage weiß man schon gar nicht mehr an wen man sich wenden soll, wenn man ein baukulturelles Anliegen hat.

 

Begriffe wie „Baukultur“ oder „Architektur“ sucht man in den diversen Ressorts der österreichischen Bundesverwaltung vergeblich. Gab es bis 1987 noch ein eigenes Bautenministerium, ist heute der Rest des Bundeshochbaues in der Abteilung für „Tourismus und historische Objekte“ im Wirtschaftsministerium angesiedelt. Die Architektur- und Bauagenden sind zumeist ausgegliedert, privatisiert oder aufgrund ihrer Verteilung über fast alle Ressorts bis zur Bedeutungslosigkeit zersplittert. Oft ins kulturelle Eck gedrängt, fristen Architektur und Planungskultur ein absolutes Schattendasein.

 

Dort, wo der Bund noch selber Bauherr ist, muss durch Qualitätsorientierte Prozesse und eine kompetente Bauherrnschaft mit Verantwortung der Wert der baukulturellen Leistung verankert werden. Dies manifestiert sich auch im Umgang mit Architekturschaffenden beispielsweise in Bezug auf Vergabe und Honorarvereinbarung, als auch durch die Zahlungsmoral des Bundes. Und auch für jene Unternehmungen, die zwar bereits ausgelagert sind, bei welchen der Bund aber nach wie vor seine Eigentümerrechte wahrnimmt, ist die Verankerung baukultureller Aspekte ein wichtiges Anliegen

Öffentliche Anerkennung und Exportförderung von Kreativdienstleistungen

 

Im internationalen Architekturgeschehen erfreuen sich die Leistungen Österreichischer Architekturschaffender höchster Anerkennung und sind überproportional stark vertreten. Trotzdem fehlt es derzeit an Mitteln und Strukturen, um die Positionierung und den Export dieser kreativen Dienstleistungen im Ausland nachhaltig zu unterstützen, so wie dies etwa in Deutschland, Frankreich, Holland und auch der Schweiz schön längst der Fall ist.

 

Die Situation betreffend Architekturförderung in Österreich kann ich Ihnen durch ein aktuelles Beispiel verdeutlichen:

 

Erst letzte Woche wurde dem jungen österreichischen Architekturteam „querkraft“ in London der „Young Architekt of the Year Award“ verliehen. Es entspricht dem Selbstverständnis der österreichischen Medien dies mit keinem Wort zu erwähnen. Die Jungarchitekten wurden zur Preisverleihung nach London eingeflogen und erhielten einen Preis in der Höhe von 7.500€, sowie – und das ist für junge ArchitektInnen oft noch wichtiger – einen Auftrag ein Projekt in Großbritannien zu realisieren.

 

In Österreich gibt es neuerdings den Staatspreis für Architektur. Da bekommt man einen Händedruck und eine Urkunde und darüber hinaus muss noch jede TeilnehmerIn eine Gebühr von 150€ bezahlen. So schaut´s aus mit der Architekturförderung in Österreich.

 

Die geringe politische Verankerung steht im krassen Gegensatz zu den Lebenswünschen der ÖsterreicherInnen

 

Die geringe Verankerung von Architektur und Baukultur in Politik und Verwaltung steht in krassem Gegensatz zur Tatsache, dass die ÖsterreicherInnen den mit Abstand größten Teil ihrer finanziellen Mittel für die eigenen vier Wände investieren. Diesem Stellenwert ist durch eine engagierte Architekturpolitik Rechnung zu tragen

 

Was kann der Bund für die Baukultur tun?

 

„Dafür sein“ meine Damen und Herrn ist zu wenig!

 

Und deshalb möchte ich Ihnen die Frage stellen: “Was ist Ihnen die Qualität unserer Umwelt wert?“

 

Ich behaupte weniger als 7€ pro EinwohnerIn würden bereits ausreichen. Jährlich werden 1,8 Mrd. € an Wohnbaufördermittel zur Verfügung gestellt. Davon sollten 5% für die Wohnbauforschung ausgeschüttet werden, was aber in den letzten Jahren kaum mehr der Fall war. Wenn nur 3% der Wohnbaufördermittel für einen Baukulturfond zur Verfügung gestellt würden, wäre die Umsetzung einer engagierten Architekturpolitik möglich.

 

Ich fordere daher ein Wohnbauförderungs-Skonto von 3% für die Baukultur, das sind weniger als 0,3°% des Bundeshaushaltes.

 

Aus diesem Baukulturfond könnten die wichtigsten Maßnahmen finanziert werden:

 

 

Die Plattform für Architektur und Baukultur steht Ihnen als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung!

 

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


4.

JAKOB DUNKL:

 

IMAGEFAKTOR ARCHITEKTUR - EINE CHANCE FÜR ÖSTERREICH

 

 

Sehr geehrte Enquete-Kommission, sehr geehrte Damen und Herren….,

 

(bild 1)

 

wir sind Sprecher der Interessensgemeinschaft Architekturschaffender.

somit vertreten wir jene ArchitektInnen, die an besonders qualitätvoller Baukultur interessiert sind. Wir kämpfen dafür, das derzeit bestehende, falsche Image der Architektur zu verändern. Ein Bild, welches Architektur als Luxus, somit als Mehraufwand sieht, welcher notfalls auch eingespart werden könnte. Wir vertreten die Meinung, dass Baukultur ein besonders wichtiger Baustein unseres Lebensraumes ist.

Wir sprechen hier nicht nur über spektakuläre Großprojekte von höchster architektonischer Qualität, die in aller Welt bekannt sind und selbstverständlich ungeheuer wichtig für das Selbstverständnis einer Nation sind. Wir sprechen über die dringend notwendige Alltagsqualität unserer gebauten Umwelt.

Werfen wir einen Blick in die Welt des Weines.

Nächstes Jahr findet im Architekturzentrum Wien eine Ausstellung über Qualitätsarchitektur für Qualitätswinzer statt.

Mehr als 40 junge, österreichische Qualitäts-Winzer bauen ihre Betriebsgebäude, ihre Kellereien, ihre Verkaufsräume mit jungen, österreichischen QualitätsarchitektInnen!

Die Winzer haben erkannt, dass der einzig richtige Weg jener der Qualität ist. es ist kein Zufall dass dieser Wirtschaftszweig kompromisslos auf Qualität in der

Architektur setzt.

Die Weinbauern haben einen beispiellosen Imagewandel vom Glykolwein zum Qualitätsprodukt geschafft. Und sie zeigen diese besondere Qualität nach außen durch die besondere Gestaltung ihrer Betriebsgebäude.

Wenn Weinbauern nun in Baukultur investieren, so ist das ein klares Beispiel von Imagetransfer. Die Umwegrentabilität ist für diese Wirtschaftstreibenden klar gegeben.

 

WECHSEL ZU DORIS BURTSCHER:

 

So wie ein guter Tropfen manchmal den Alltag verschönt, ist eine hochwertige Alltagsarchitektur entscheidend für unser Lebensgefühl.

 

(bild 2)

 

Wir sehen auf dieser Abbildung Projekte aus Vorarlberg, die sich sowohl in ihrer Funktion, in der gestalterischen Umsetzung, als auch bei den AuftraggeberInnen – ob nun öffentlich, oder privat - unterscheiden.

Gemeinsam jedoch ist ihre Sprache, ihr Ausdruck, denn all diese Gebäude transportieren das Image von

- Perfektion

- "Modernität"

- Innovation

- bewussten Materialeinsatz

- und technisches "know-how"

All das sind Eigenschaften die wir gerne unserer heimischen Wirtschaft zuschreiben und die mithilfe von Architektur für eine ganze Region, für ein Bundesland oder für ganz Österreich vermittelt werden können.

Architektur transportiert Images, Architektur schafft Identität!

Schon von je her war Architektur ein Zeichen ihrer Zeit, ein Ausdruck ihrer Lebensweise, ein "zur-Schau-stellen" des technisch Machbaren (Weltausstellungen) Images unterschiedlichster Art, wie Sicherheit, Modernität, Offenheit, Aufgeschlossenheit werden über Architektur transportiert.

Firmen wie T-Mobil, Coca Cola und Philips in Wien, oder die BMW-Werke in München haben sich diesen Umstand schon lange zu Nutze gemacht, ganze Städte wie Paris (Centre Pompedou, la defense, institut du monde arabique...) haben über Einzelbauwerke den Ruf einer modernen Stadt erobert, oder Regionen wie Vorarlberg zeigen über die Vielfalt und Dichte von qualitätsvoller Architektur die Attraktivität ihres Wirtschaftstandortes.

Impulsgeber hierfür können sowohl die Architektur, der Wirtschaftstandort als auch sich verändernde Gesellschaftsformen sein.

Auch die Politik kann durch gezielte Impulssetzungen ganze Regionen wirtschaftlich aufwerten. So wurde z.B.: in einem kleinen verschlafenen Kurort in der Mittelschweiz durch ein identitätsstiftendes Kurbad eine ganze Region touristisch aufgewertet, oder durch den Museumsbau in Bilbao eine bis dato unbedeutende Stadt plötzlich weltbekannt.

Beispiele wie diese zeigen, dass unabhängig von Einflußfaktoren, den Impulsgebern und den Rahmenbedingungen folgendes immer gilt:

Eine Imagebildung erfolgt nicht allein durch Architekturschaffende, sondern maßgeblich auch durch Öffentlichkeit, Politik und Verwaltung!

Auch zeigen die eben genannten Beispiele, dass nur Qualitätsarchitektur, längerfristig wirtschaftliche und kulturellen Werte gesichert haben und diese entsteht nur in Zusammenarbeit und im Dialog aller für Bauvorhaben Beteiligter!


WECHSEL ZU JAKOB DUNKL:

 

(bild 3)

 

Als Resumee des Statements der IG-Architektur möchten wir festhalten:

Sie als PolitikInnen haben es in der Hand, dass sich Österreich als Nation kompromisslos zur Qualität bekennt - ebenso wie die Weinbauern als Einzelunternehmer -

Was fordern wir Architekturschaffenden von Ihnen?

1. Genießen Sie Ihre Bauherrenverantwortung! nur jene Politiker schreiben Geschichte, die etwas erschaffen. Architektur ist hierzu ein wunderbares Instrument. Engagieren sie sich für Baukultur! Seien sie sich in ihrer Bauherrenfunktion der Vorbildwirkung bewusst! Der derzeitige Stellenwert von Architektur im Wirtschaftsministerium und im Bundeskanzleramt ist völlig unzureichend.

2. Investieren Sie in Architektur und Baukultur! auch die Weinbauern investieren kräftig und sind sich dabei der Umwegrentabilität bewusst. Ohne ausreichende Mittel ist keine Verbesserung der Baukultur zu erreichen.

Budgetknappheit ist kein Argument - mit der gleichen Argumentation könnten sonst z.b. die hohen Mittel für den Spitzenleistungssport oder die Steuerbefreiung für Spitzensportler in Frage gestellt werden -!


5.

Barbara Feller:

Bewusstmachung von Gestaltungsqualitäten

 

Das Erkennen von Architektur will gelernt sein!

Denn obzwar Architektur von allen Kunstformen den unmittelbarsten und unausweichlichsten Einfluss auf unser tägliches Leben hat, gibt es nur wenige Menschen, die ihre Umwelt bewusst wahrnehmen. Ebenso wenigen ist bewusst, dass die Gestaltung des Lebensraumes wesentlich zum Wohlbefinden des / der Einzelnen beiträgt, dass Raum Wirkung hat, und darüber hinaus zentraler Bestandteil der jeweiligen kulturellen Identität ist.

‚Architektur ist das Wollen einer Epoche übersetzt in Raum’ – hat es Mies van der Rohe einmal formuliert. Dieses Wollen und seine Wirkung aufzuzeigen ist zentrales Anliegen der Architekturvermittlung. Mit dem Ziel die Menschen sehfähig, sprachfähig und damit entscheidungsfähig zu machen – als NutzerInnen, als BauherrInnen und als BürgerInnen.

Ein wesentlicher Partner bei dieser Bemühung ist die Schule, auf die ich mich in meinen Ausführungen konzentrieren möchte. Seit vielen Jahren betreue ich Architekturprojekte, die in Kooperation von Architekturschaffenden, Lehrenden und SchülerInnen sehr erfolgreich in den unterschiedlichen Schulstufen und Schultypen durchgeführt werden. Und die Erfahrung macht sicher: mit viel Begeisterung lernen die Kinder und Jugendlichen, dass „Architektur mehr ist als Häuser zu bauen“, „Architektur nicht so simpel ist, sondern eine unendliche Vielfalt in sich birgt“, „dass Architektur uns alle angeht“ und „dass Architektur Spaß macht“.

Als Querschnittsmaterien – von Kunst, Kultur, Technologie und Wirtschaft - eignen sich Architektur sowie Raum- und Landschaftsplanung ganz besonders für den fächerübergreifenden Projektunterricht. Denn neben dem Sehen lernen, will auch das Sprechen über Architektur gelernt sein. Anders als andere Fachsprachen (zB. jene der Medizin) ist der Architekturjargon nicht auf den ersten Blick als fachspezifisch erkennbar. Begriffe der Alltagssprache werden von den ArchitekturexpertInnen jedoch oft mit einer ganz speziellen Bedeutung verwendet, die die Kommunikation zwischen ihnen und Laien oftmals schwierig macht. Bewusst sein soll man sich auch der Unterschiede in der Architekturwahrnehmung: ArchitektInnen sind ExpertInnen der Architekturplanung, Laien ExpertInnen der Architekturnutzung. All diese Barrieren gilt es abzubauen, den Dialog zu fördern und den Menschen die Augen für ihre Umwelt zu öffnen.

Basiskenntnisse über Architektur und Umweltplanung müssen zu den grundlegenden Fähigkeiten jeder Bürgerin, jedes Bürgers gehören. Jeder wohnt, jeder bewegt sich in gestalteten Räumen und daher muss es auch Teil der Schulbildung sein, die Menschen auf ihre Verantwortung gegenüber der gestalteten Umwelt vorzubereiten. Nicht nur als Teil der musischen Erziehung, sondern im Sinne einer umfassenden Staatsbürgerkunde. Um sie als NutzerInnen zu einer ernsthaften Teilhabe – jenseits polemischer Auseinandersetzung – an ihrer Lebenswelt zu befähigen und um eine bessere Kommunikation zwischen den Akteuren (öffentlicher Planung, ArchitektInnen, NutzerInnen) zu ermöglichen.

Zu dieser Erziehung kann (und muss) die Schule einen Beitrag leisten. Daher fordern wir, dass jeder Schüler, jede Schülerin im Lauf seiner / ihrer Schullaufbahn zumindest einmal mit dem Thema Architektur und Baukultur in Kontakt kommen muss. Nicht im Sinne eines eigenen Unterrichtsfaches, sondern als integrativer Bestandteil der Allgemeinbildung.

Sinnliche Wahrnehmung, das Erkennen von Raumwirkungen am eigenen Körper und lustvolles Experimentieren müssen dabei gleichberechtigt neben dem Erwerb von Kenntnissen und dem Kennenlernen unterschiedlicher Architekturen stehen. Architektinnen und Architekten sollen mit ihrem Fach Know-how den Schulalltag bereichern und so als MultiplikatorInnen in der Lehrerschaft wie auch bei den SchülerInnen wirken.

Dazu gilt es in einem ersten Schritt die schon bestehenden – sehr ermutigenden – Projekte zu sammeln, zu evaluieren und einem breiteren Kreis an Interessierten zugänglich zu machen. Den Schritt von Pilotprojekten in den Regelbetrieb zu schaffen. Auch einen Blick über die Grenzen zu werfen - insbesondere nach Frankreich und Finnland, die uns in diesem Bereich einige Schritte voraus sind, um auf Erfahrungen aufzubauen, erfolgreiche Modelle kennen zu lernen und zu adaptieren. All das soll Teil des zu erstellenden Statusreports zur Baukultur sein.

Unterrichtsmaterialien müssen entwickelt und erstellt sowie die Lehreraus- und –weiterbildung auf ein neues Niveau gehoben werden. Aber auch im Berufsbild und der Ausbildung der ArchitektInnen muss das ‚Sprechen über Architektur’ einen neuen Stellenwert bekommen!

Ziel ist es das Verständnis für Architektur und Baukultur auf breiter Basis zu stärken und Gestaltungsqualität bewusst zu machen. Auch aus der Überzeugung heraus, dass die architektonischen Innovationen von heute das kulturelle Erbe von morgen darstellen. Nicht nur die ‚Hohen Häuser’ verdienen unsere Aufmerksamkeit, auch die Alltagsqualität von Gebäuden, Plätzen, Gärten und G’stätten tragen zu unserem Wohlbefinden oder Unwohlsein bei. Auch dies zu erkennen will gelernt sein!

 


6.

 

 Carina Felzmann

 

Architektur als Motor der Kreativwirtschaft Österreichs –

Exportchancen und Standortmarketing"

 

 

 

Herausragende Architektur ist das Markenzeichen einer Region, eines Landes, einer Stadt. Baukulturelle Erbstücke einerseits, wie Schönbrunn, Hallstatt, Salzburg oder Graz, sind unverzichtbar und ein riesiger Wirtschaftsfaktor. Andererseits aber locken kühne neue Entwürfe Tag für Tag und Besucher, Investoren, Fachleute gleichermaßen an, wie das Guggenheim-Museum in Bilbao, die Oper in Sydney, aber auch Beispiele aus der Vorarlberger Architektur, um im Lande zu bleiben. Und genau hier liegen auch die Chancen für einen „Kreativstandort“ wie Österreich. Die Architektur als Zeichen für die Modernität, Kreativität und Innovationskraft eines Landes kann sich in vielen Bereichen artikulieren:

 

-     Öffentliche Gebäude

-     Wirtschaftsarchitektur (Firmengebäude)

-     Tourismus (Hotels und Freizeiteinrichtungen)

-     Infrastruktur (Flughäfen, Bahnhöfe, aber auch Kraftwerke, etc.)

-     Wohnbau

-     etc.

 

Architektur spielt eine wichtige wirtschaftliche Rolle:

- Architekturbüros sind die wichtigste Branche hinsichtlich Anzahl der Unternehmen und zweitwichtigste hinsichtlich Anzahl der Beschäftigten in der Kreativwirtschaft: knapp 3.000 Unternehmen mit über 11.500 Beschäftigten erwirtschafteten im Jahr 2000 Erlöse und Erträge von über 1,2 Mrd. €

       (Quelle: Erster Österreichischer Kreativwirtschaftsbericht)

- Architektur ist eine "Visitenkarte" eines Landes und hat weitreichende indirekte wirtschaftliche Auswirkungen, z.B. auf den Tourismus, gehört aber auch zu den sog. "weichen" Standortfaktoren, die im Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte eine immer wichtigere Rolle spielen.

- Architektur ist Impulsgeber hinsichtlich der  Forschung und Entwicklung neuer Bau- und Werkstoffe, neuer Fertigungs-, Montage- und Verbindungstechnologien, neuer Energiekonzepte

      C hier sind Spitzenleistungen möglich, die ebenfalls einen Exportfaktor darstellen

 

Die Architektur steht vor umwälzenden Herausforderungen:

-     demografische Veränderungen (Bevölkerungsüberalterung und damit geänderte Ansprüche)

-     Nachhaltigkeit hinsichtlich Bau und Betrieb von Gebäuden (hier nimmt Ö eine Spitzenposition ein und kann viel KnowHow und Material/Arbeit exportieren). Der Werkstoff Holz z.B., der für Österreich als Waldland zu den wertvollsten Exportartikeln gehört, eröffnet völlig neue Dimensionen hinsichtlich konstruktiver Möglichkeiten, Umweltverträglichkeit, Nachhaltigkeit, etc.

-     Neue Nutzungsformen von Gebäuden (Wandelbarkeit, Flexibilität, etc.)

-     geänderte Mobilitätsbedürfnisse und -entwicklungen

-     soziale Rahmenbedingungen und Ansprüche

-     Architektur zieht Folgeaufträge für Bauindustrie, -gewerbe, -handwerk und Baustoffindustrie nach sich, ist daher ein wichtiger indirekter Wirtschaftsfaktor.

 

Um Österreich national und international als Kreativstandort etablieren zu können, regt die arge creativ wirtschaft austria an:

 

-     eine umfassende österreichweite Strategie zur Bewusstseinsbildung über die Bedeutung der Architektur

-     verstärkte Implementierung der Architekturleistungen sowohl im öffentlichen Raum als auch im betrieblichen und privaten Bereich unter Wahrung angemessener Qualitätsstandards

-     Transparenz über die Leistungen von Architekten, die von der Planung bis zur Bauausführungs- und Qualitätsüberwachung gehen – und hier auch ganz wesentlich Kosten einsparen können.

 

      Ideen zur Umsetzung:

-     Informationsoffensive der Architekten für Bürgermeister und zuständige öffentliche Behörden (letzte Bauinstanz)

-     Promotion von Architekten-Datenbanken

-     Weiterentwicklung heimischer Architekturzentren, intensive Kooperation mit universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen (zB auch Vorarlberg als offene Lernstätte)

-     Auf Baustellen der öffentlichen Hand: eigens gestaltete Schautafeln mit „Architekturgedanken“

-     Landesförderungen für Architektenbewerbe für den privaten Bereich

-     Informationsgespräche im Gewerbe „Die Bedeutung der Architektur als verkaufsförderndes Element“

-     Mit der Gewährung von Wohnbauförderungsdarlehen werden in den Kreditmappen Informationen über die Leistungen von Architekten und die zuständigen Anlaufstellen und Datenbanken informiert

-     Österreichischer Architektur-Atlas für Schüler/innen

 

      Internationale Aktivitäten

-     Fortsetzung der internationalen Präsentationen von österreichischen Architekturleistungen

-     Einbindung des Themas „österreichische Architektur“ in der Expo in Aichy/Japan 2005

-     Entwicklung kreativer Ideen für Ausstellungs- bzw. Messestände (WKO, Österreichwerbung….)

 

Rückfragen und Kontakt:

 

creativ wirtschaft austria

Dipl.-Ing. Christian Atzmüller

c/o Stabsabteilung Wirtschaftpolitik

Sprecherin: Carina Felzmann, Abg.z.NR

 

Wirtschaftskammer Österreich

Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien

Tel. +43 (0)5 90900-4471
Fax +43 (0)5 90900-258

 

http://www.creativwirtschaft.at

 

 

 

Aus dem „1. österreichischen Kreativwirtschaftsbericht“:

 

Erster Österreichische Kreativwirtschaftsberichthttp://wko.at/kreativwirtschaftsbericht


7.

 

Ortfried FRIEDREICH:

 

Architektur und Ingenieurbaukunst

 

Architektur behaust auf kultivierte Art und Weise individuelles, familiäres und gesellschaftliches Leben der Menschen. Ingenieurbaukunst ermöglicht mit ausgedehnten Infrastrukturbauten die Mobilität und garantiert Sicherheit und Stabilität von Bauwerken.

 

Beide Disziplinen sind Indikatoren und Garanten für Wohlergehen und wirtschaftlichen Erfolg eines Landes.

 

Architektur- und Ingenieurleistungen steuern aber auch ein vielfaches an Kapitaleinsatz als sie selber kosten. Und die kulturellen, gesellschaftlichen und ökonomischen Auswirkungen von Hochbauten und Infrastrukturanlagen gehen oft weit über die eigentliche Baumaßnahme hinaus. Eine hohe Qualität in mehrfacher Hinsicht ist daher ein gesamtgesellschaftliches Anliegen.

 

Da Hochbauten und Infrastrukturanlagen meist eine Lebensdauer von mehreren Generationen haben, sind sie in jedenfalls nachhaltig – ob positiv oder negativ. Daraus resultiert eine unabweisbare gesellschaftliche Verantwortung der Fachleute der Architektur und des Ingenieurwesen sowie anverwandter Fachgebiete. Damit sie ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen ausüben können und Spitzenleistungen erbringen, müssen allerdings die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen den sich heute verstärkt im Wandel begriffenen Verhältnissen entsprechen.

 

Die ökonomische Verantwortung für das unmittelbare Baugeschehen, die kulturelle Verantwortung für den ästhetischen, technischen und soziokulturellen Zustand unserer gebauten Umwelt, und die Verantwortung für die Tauglichkeit der Bauwerke auch in einer ferneren Zukunft bedingen, dass die Vergabeverfahren klug vorbereitet und, sowohl korrekt ablaufen, als auch auf eine hohe gestalterische und technische Qualität im Sinne des Bestbieterprinzips ausgerichtet sind.

 

Als freie Berufe sind die Fachleute der Architektur und des Ingenieurwesens Eigenverantwortung gewöhnt. Damit tragen sie wesentlich mit an der offenen Gesellschaft, wie wir sie in Europa kennen und schätzen. Architekturateliers und Ingenieurbüros sind kulturpolitische Zellen des praxisbezogenen fachlichen Diskurses. Ihre soziokulturelle Rolle übersteigt ihren numerischen Anteil an der Gesellschaft um ein Mehrfaches. Aber diese immer wieder mit großem Einsatz erbrachten Leistungen sind nur möglich auf einer ökonomisch gesunden Basis. Dass sie sich in den vergangenen Jahren verschlechtert hat, ist eine Tatsache.

 

Daher gilt es, jene politischen, gesetzlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Fachleuten für Architektur und Ingenieurwesen den Bewegungsraum bieten, mit höchster Qualität in Österreich und über die Grenzen des Landes hinaus zu wirken.


8.

 

ROLAND GNAIGER:

 

In den sieben Jahren nach 1985 habe ich in großer Regelmäßigkeit kleine, architekturkritische Beiträge für das Fernsehen gestaltet. Zuerst für „Österreichbild“ und nach der Regionalisierung für „Vorarlberg heute“.

 

Form und Struktur dieser Reihen entstammen einer Idee des damaligen Generalintendanten Gerd Bacher. Jedes Landesstudio sollte positive und negative Architekturbeispiele gegenüberstellen und erörtern.

 

Einige Länderstudios haben diese Idee nicht aufgegriffen, manche nur kurz. Am Ausdauerndsten und erfolgreichsten wurde diese Architekturreflexion in Vorarlberg ausgestrahlt und schließlich nicht vom ORF sondern durch mich beendet. Der Hauptgrund lag bei der Resonanz dieser Reihe, eigentlich bei ihrem Erfolg. Ich konnte mich nicht dazu entschließen, meine Entwurfspraxis im erforderlichen Maß einzuschränken – im Interesse der Architekturkritik, und darauf lief es eigentlich hinaus: Ich wäre zu einem Ombudsmann für Architekturfragen geworden.

Natürlich hat meine teilweise harte Kritik Beschwerden und auch Drohbriefe provoziert. Der überwältigende Teil wollte jedoch Vertiefung, Konkretisierung, Unterstützung und Rat.

 

Ich wurde von Bürgerinitiativen kontaktiert, zu Nachbarsstreitigkeiten in Bau- und Rechtsfragen gerufen, von Gemeinden in heiklen Gestaltungsentscheidungen beigezogen, von Schulen zu Vermittlung und Diskussion gebeten, aber auch zum Schiedsrichter in heißen Familiendiskursen gemacht, wenn Vater und Sohn, wenn Frau und Mann uneins waren, ob das Nachbarhaus, die neue Schule oder das Gemeindeamt schön oder hässlich seien, gesundheitsschädlich oder energieverschwendend.

Ich erzähle dies, um deutlich zu machen, dass Resonanz und Interesse an Architektur sehr breit gestreut sind und dass Architekturpolitik kein Nullsummenspiel und kein Minderheitenprogramm sind. Es braucht dafür kein besonders gewieftes (Bildungs-) Angebot, weil es eine lebendige und aufgestaute Nachfrage gibt. In England vergeht beispielsweise kein Tag, an dem man nicht zur besten Sendezeit in einem der Kanäle auf einen Beitrag zum Bauen, Wohnen oder zur Pflege und Gestaltung des Gartens stößt. Gemäß meiner Erfahrung ließe sich, ohne Risiko für die Quote, das Niveau auch höher ansetzen.

Es lässt sich nachweisen, dass Architektur ein Lebensthema ist und wenn die Vermittlung in dieses vitale Feld stößt, dann schauen die veranstaltete Kultur und die Veranstaltungskultur dagegen sehr blass und leblos aus.

 

 

So wichtig die intellektuelle Tiefendebatte ist und die mediale Insiderreflexion, etwa in diversen Wochenendbeilagen, so sehr brauchen diese eine Ergänzung in die Breite.

Ohne diese Breite werden die Spitzen architektonischer „Hochkultur“ zu filigran und angreifbar. Nur deshalb ist etwa in Vorarlberg möglich, was anderswo undenkbar wäre. Was in anderen Disziplinen längst klar ist, wie etwa, dass Spitzensport des Breitensports bedarf – und umgekehrt, zählt noch nicht zum Allgemeingut der Architektur. Wir sollten zugeben, dass es sich hier auch um Versäumnisse der Architektenschaft und der Architekturschulen handelt. Im Gegensatz zum erwähnten, höchst erfreulichen architektonischen Aufbruch und seinen Höhepunkten ist der Alltag des Bauens jenseits des Fokus medialer Aufmerksamkeit höchst mühsam - egal ob am Land oder in der Stadt. Thomas Bernhard und die Satire von Hinterholz 8 kommen diesen Realitäten sehr viel näher als die mit zahlreichen Tabus belegte Architekturdebatte im geschlossenen Kreis. Attnang Puchheim, das nach einem Zitat von Johannes Voggenhuber zum Synonym von Belanglosigkeit und Hässlichkeit geworden ist, ist überall. Weder für die Politik noch für die Architektur darf dieses Alltagsniveau akzeptabel sein. Es gibt hier keine Alternative zu einem abgestimmten und geplanten Vorgehen.

 

Abschließend nochmals ein Bezug zu England: Ich halte Kochkunst und Esskultur für der Architektur in hohem Maß verwandte Disziplinen. Es sind uns alle bereffende, lebensbestimmende Äußerungen einer Nation oder Region.

Seit Jamie Oliver für das englische Fernsehen kocht, sitzen zu Hauf die Sechzehn-, Siebzehnjährigen vor den Bildschirmen. Anschließend macht sich jene Generation in der Küche breit, die kurz zuvor Kochen noch für das Letzte gehalten hat, etwas das nur die Oma tut und die hoffungslos veraltete Mum.

Das ist eine Ermutigung. Auch gut gemachte Architekturvermittlung könnte unerwartetes und vieles bewegen. Am Anfang eines politischen Impulses hat das eigene Beispiel zu stehen. Politik und Architektur müssen da zusammenwirken.

Selbstverständlich bedarf es der Medien. Aber es sollte nicht vergessen werden, dass das eigentliche Handlungsfeld die Wirklichkeit ist. Ziele bleiben gute, lebenswerte, kulturell nachhaltige und auch schöne Orte und Häuser voller Qualität und Ausstrahlung.

 

 


9.

 

 

Sabine Gretner:

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

 

Bauen ist ein öffentlicher Akt,

um so mehr, wenn der Bauherr ein öffentlicher Auftraggeber ist, der öffentliche Mittel zu verwalten hat und im ideellen Auftrag der Allgemeinheit handelt.

 

Die Politik hat daher eine besondere Verantwortung wahrzunehmen, und eine besondere Vorbildfunktion als Bauherr zu erfüllen.

Das heißt insbesondere Rahmenbedingungen zu schaffen, die Qualität fordern und fördern, und die erbrachten Leistungen wertzuschätzen.

 

Faktum ist, daß neben Rahmenbedingungen, die zu verbessern sind, die Wertschätzung für Bau- und Planungsqualität fehlt.

 

Wertschätzung entsteht im allgemeinen nur dann, wenn der Mehrwert überhaupt als solcher erkannt wird.

 

Den Mehrwert als solchen zu erkennen, setzt Kenntnisse voraus, die über subjektives Empfinden hinausgehen.

 

Beispielsweise sind Aussagen wie im Zusammenhang mit der Nichtverleihung des Landes Architekturpreises in Salzburg durch einen Landespolitiker,

Zitat: "weil ich den ganzen Komplex für häßlich empfinde..." einer verantwortungsvollen Politik nicht angemessen.

 

Ziel dieser Enquete sollte unter anderen sein, daß Bewußtsein für dieses Manko, in der Politik und bei öffentlichen AuftraggeberInnen und BauherrInnen entsteht.

 

Aussagen, wie etwa die des Herrn Minister Bartenstein auf eine parlamentarische Anfrage im Vorjahr zur ruinösen Behandlung des international anerkannten Baudurchführungsprofis Sepp Müller durch die Burghauptmannschaft:

Zitat: "Es lagen gravierende Leistungsmängel der beauftragten Ziviltechniker bei gleichzeitig überhöhten Honorarforderungen vor.(...) Es wurden jeweils die Zahlungen eingestellt und der Gerichtsweg beschritten." sollten dann nicht mehr möglich sein. Denn mit einigen grundlegenden Kenntnissen über das Planen und Bauen, erkennt man die Leistungen, derer, die sie erbringen und anerkennt sie folglich auch.

 

Diese Enquete sollte ein erster Schritt einer ernsthaften Auseinandersetzung mit unseren gebauten Umwelt sein.

 

Ein erster Schritt in Richtung, einer Förderung der Baukultur, deren oberstes Kriterium die Qualität, über den ganzen Lebenszyklus eines Gebäudes betrachtet , ist. Im Gegensatz zum kurzfristigen Anreiz des niedrigen Baupreises, der sich später durch hohe Betriebs- und Nebenkosten ad absurdum führt.

 

Ein erster Schritt in Richtung professionell und sorgfältig durchgeführter Wettbewerbsverfahren, um Qualität zu schaffen. Im Gegensatz zu den unzähligen, nachlässigen und unverantwortlichen Pannen, von Festspielhaus Salzburg über die Volksoper in Wien, die Bundesschule in Traun, das 20er Haus in Wien und wie etwa zuletzt in Kärnten, die Ausschreibung für das Klagenfurter Stadion.

 

Ein erster Schritt in Richtung einer kontinuierlichen Beobachtung der Entwicklung der Baukultur, im Idealfall durch ein befugt und vor allem befähigtes Gremium, das Handlungsstrategien vorschlägt.

Ein Gremium, das mit der Untersuchung der Rahmenbedingungen für das Entstehen qualitätsvoller gebauter Umwelt, des Umganges mit betroffenen Fördermitteln , wie etwa der Wohnbauförderung, und der Funktionstüchtigkeit der vorhandenen Instrumente, vor allem im Zusammenhang mit einer übergeordneten Raumplanung in Zeiten der EU Erweiterung, befaßt ist.

 

Ich erwarte nach dieser einmaligen Enquete einen jährlich Bericht im Nationalrat, damit Handlungsweisen gefunden werden, die dem Kulturland Österreich im Bereich der Baukultur gerecht werden.

 

 

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

 


10.

 

Martin Höbarth:

 

Architektur in Holz als Beitrag zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz

 

 

Holz – gespeicherte Sonnenenergie

Der Wald ist eine faszinierende „Fabrik“. Im Wald wird der Rohstoff Holz produziert, die Stoffe dazu sind Kohlendioxyd (CO2), Wasser und Sonnenenergie. Als „Abfallprodukt“ entsteht Sauerstoff, den alle Lebewesen zum Atmen benötigen.  Dieser wird zusammen mit Wasserdampf an die Umgebung abgegeben, das Kleinklima wird zusätzlich positiv beeinflusst. Der Wald zählt zu den natürlichsten Lebensräumen mit einer großen Artenvielfalt. Er stellt die einzigen Großflächenbiotope in Mitteleuropa.

 

Holz wächst, wächst...

Durch die Bindung von Kohlenstoff trägt der Wald aktiv zur Reduktion des atmosphärischen CO2 bei, das zu etwa 50% an der Erwärmung der Erdatmosphäre  (Treibhauseffekt, Klimaänderung) beteiligt ist. Klimafreundliches Holz wächst auf 47 Prozent der Staatsfläche. Österreich zählt damit zu den waldreichsten Ländern Europas. Die Waldfläche nimmt außerdem jährlich um rund 5.500 Hektar zu. Das entspricht fast der 20-fachen Fläche des 1. Wiener Gemeindebezirks. Der Holzvorrat in den Wäldern hat in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen und liegt aktuell bei über einer Milliarde Vorratsfestmetern.

 

Holz ist nachhaltig

Die Waldbewirtschaftung steht im Einklang mit der Natur. Die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder in Österreich ist nicht nur ein Schlagwort, sondern gelebte Praxis. Der Familienforstwirtschaft wird auch von wissenschaftlicher Seite ein gutes Zeugnis ausgestellt. Die Österreichische Waldinventur 2000/02 weist nach, dass etwa der Laubholzanteil, der Naturverjüngungsanteil, einzelstammweise Ernteverfahren und der Biotopholzanteil stetig zunehmen. In einer Studie der Akademie der Wissenschaften wird der Wald in Österreich zu 66% als natürlich, naturnah bzw. leicht verändert eingestuft, wobei die Kriterien sehr streng angelegt werden. Die von den Waldbauern gelebte Nachhaltigkeit wird außerdem durch eine unabhängige, international anerkannte  Waldzertifizierung nachgewiesen.

 

Wertvolles Holz

Holz ist der einzige nachwachsende Rohstoff in Österreich, der in ausreichender Menge vorkommt. Rund 5 Prozent des gesamten Holzvorrates in Europa stehen im kleinen, waldreichen Österreich. Die Holzverarbeitung ist in Österreich ein wichtiger Wirtschaftszweig, der positiv zur Leistungsbilanz beiträgt. Über 60% der Produktion finden ihren Absatz im Export. Mit nahezu 3 Milliarden Euro Handelsbilanzüberschuss liegt Holz in der Leistungsbilanz mit dem Tourismus ganz vorne. Beim Export von Holzprodukten nimmt Österreich weltweit den siebenten Platz ein. Der jährliche Produktionswert der Holzindustrie liegt bei 5,5 Milliarden Euro. In Summe stellt der Wald für rund 250.000 Menschen direkt oder indirekt einen Anteil ihres Einkommens dar, davon arbeiten rund 55.000 Menschen in der Holz-, Säge-, Platten-, und Zellstoffindustrie.

 

 

Holz ein intelligenter Baustoff

Holz im Bauwesen verfügt über zahlreiche Vorteile. Holzwandkonstruktionen sind bei gleichen bauphysikalischen Anforderungen in der Regel um 30 – 40 Prozent dünner als Ziegelwände. Daraus resultiert eine um etwa 20% größere Netto-Nutzfläche bei gleicher Grundrissfläche. Bei laufend steigenden Grundstückskosten ein wesentlicher Faktor. Holzbauten können innerhalb sehr kurzer Zeit schlüsselfertig errichtet und auch sofort bezogen werden. Das Abwarten von Trocknungszeiten entfällt. Rasche Bauzeiten reduzieren die Baukosten wesentlich. Der hohe Vorfertigungsgrad unterstützt diese Entwicklung.

 

Holzbau ist klimafreundlich

Für Herstellung und Transport von Baumaterialien wird Energie benötigt, die meist aus fossilen Energieträgern stammt. Die im mehrgeschossigen Holzbau übliche Rahmenbauweise spart 50% der Co2-Emissionen im Vergleich zu herkömmlichen Bauweisen. Das Gesamtgewicht von Holzbauten beträgt weniger als die Hälfte des Ziegelbaus. Ein Vorteil, der sich Kosten mindernd beim Fundament aber vor allem auch energiesparend bei Produktion und Transport auswirkt.

 

Kreislauf Holz

Nicht zuletzt erfüllt Holz als zukunftsfähiger Rohstoff alle Anforderungen einer intelligenten Kreislaufwirtschaft. Am Ende der Lebensdauer, im Durchschnitt nach 75 Jahren, kann aus der Verbrennung des Altholzes eines Mehrgeschosshauses mit 36 Wohnungen  eine nutzbare Heizwärme von mehr als 1 Million kWh, das entspricht 100.000 Liter Heizöl, gewonnen werden. Holzprodukte liefern nach Gebrauch mehr Energie als zu ihrer Herstellung benötigt wird.

 

Zeitgemäße Holzarchitektur

Schöne, anspruchsvolle, zeitgemäße Architektur kann mit allen Baustoffen verwirklicht werden. Bauen mit Holz verdient jedoch aufgrund seines ökologischen, wirtschaftlichen und damit gesellschaftlichen „Mehrwerts“ besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung durch Politik und Behörden. Bisher werden in Österreich fünf Prozent aller Neubauvorhaben in Holz ausgeführt. Dieser Anteil könnte gemessen am Holzreichtum am formalen und inhaltlichen Potenzial sowie am technischen Know how wesentlich höher sein. Holz ist längst ein Imageträger und Baustoff mit höchstem Entwicklungspotenzial.

 

 

„Holz ist kein Baustoff der Superlative, sondern vielmehr der universellste und ökologischte, der uns von Anbeginn und auch in der Zukunft in reichlichem Maße zur Verfügung steht.“ (H. GAMERITH)

 


11.

 

 

Hans Hollein:

 

Exportartikel Architektur

 

Österreich ist ein Land mit hervorragenden Architekten – in jeder Generation.

Österreichische Architekten erreichen Spitzenpositionen in der internationalen Architekturszene.

Österreich hat Architekturausbildungsstätten auf internationalem Niveau – mit Lehrern und Studenten, die die Zukunft mitbestimmen.

Österreich selbst hat zu wenig Realisierungsmöglichkeiten, um dieses Kreativpotential einzusetzen.

Im Zeitalter der EU und der Globalisierung sollen und wollen österreichische Architekten hier weltweite Mitspieler sein.

In den letzten Jahrzehnten haben sich in Österreich Zentren der Vision und kreativen Innovation entwickelt, die wesentlich die internationale Entwicklung in der Architektur mitformulierten und mitbestimmten.

 

Die Parlamentsdirektion hat mich ersucht ein Impulsreferat zum Thema Österreichische Architektur als „Exportschlager“ ins Ausland zu halten.

 

Einen „Exportschlager“ (wie sie es nennen) kann man nur exportieren, wenn er im Inland entwickelt wird und wenn dieser von höchster Qualität, Attraktivität und Innovation ist, - ein „Schlager“ muss außerdem Strahlkraft und internationale Resonanz haben und in den „charts“ Spitzenpositionen einnehmen.

 

Die Grundlagen dafür wurden und werden von Personen und Institutionen geschaffen, wobei diese Basisarbeit derzeit in Österreich primär aus individuellen Einzelinitiativen besteht und nicht auf diesbezüglichen Konzepten einer staatlichen Kultur-, Wissenschafts- und Wirtschaftspolitik beruht.

 

Erste Voraussetzung ist ein entsprechendes kreatives und kulturelles Umfeld, in dem Research und Entwicklung gedeihen kann und in dem ARCHITEKTUR als selbstverständliche Notwendigkeit erachtet wird.

 

Wesentlich ist hier vor allem auch die Lehre von der Volksschule an bis zur Universität. Die staatlichen Architektur ausbildenden Institutionen müssen höchsten internationalen Ansprüchen

genügen und sind daher mit den notwendigen Mitteln und Einrichtungen auszustatten. Die Ausbildung soll global orientiert sein – die Felder des „Exportes“ sind weltweit. Lehrkräfte mit Spitzenniveau und entsprechender - auch praktischer, internationaler - Fachkompetenz sind Voraussetzung. Ebenso der internationale Austausch von Studenten, Englisch ist – als heutige lingua franca – Voraussetzung. Zugang zum Studium aufgrund von entsprechenden Qualifikationstests. Graduierungslevel auf internationalem Standard.

 

Nun zum Architekten und zu Maßnahmen der Förderung von Architekturexport.

 

Warum sollte das Ausland mittelmäßige österreichische Architektur importieren? Es gibt gute, aber auch weniger gute Planer. Ein berufsständisches Denken, dass jeder befugte Architekt gleich kompetent ist, ist vis-á-vis dem Ausland nicht zielführend.

 

Das Ausland will kreative Ideen, innovative Leistungen, singuläre Resultate. Egal ob von alt und jung, unabhängig von Titeln.

 

Positive Voraussetzungen:

Architektur ist derzeit Österreichs international angesehenste Kunst.

Ein Auftrag kann sich als Direktauftrag oder als Ergebnis eines Wettbewerbes ergeben. Wettbewerbe sind sowohl EU-weit oder weltweit offen – also frei zugänglich – oder geladen (mit beschränkter Zahl der Teilnehmer) bzw. aufgrund eines Qualifikationsverfahrens. Sowohl beim Direktauftrag als auch bei Wettbewerben ist, was den Export österreichischer Leistungen betrifft, zu erkennen, dass es sich nicht nur um die Architekturleistungen handelt, sondern dass der Multiplikator „Architekt – Fachplaner – österreichische Firmen und Produkte“ wesentlicher Bestandteil ist.

 

Es sollte daher Unterstützungen an die Architekten für Wettbewerbe im Ausland geben, finanziell und auch operativ. So sollten etwa die österreichischen Repräsentanten im Ausland – ob Wirtschaftskammer oder diplomatische Vertretungen, aber auch inländische und politische Institutionen – hier voll eingebunden werden. Das follow-up nach einem Wettbewerbsgewinn im Ausland – der nicht immer einen endgültigen Auftrag und Vertrag bedeutet – ist oft wesentlich. Frankreich, aber etwa auch Holland sind hier Musterbeispiele. Wichtig ist es auch, dass österreichische Architekten in Jurien im Ausland tätig sind.

 

Besonders notwendig ist jedoch – „charity begins at home“ – dass in Österreich selbst progressive Architektur errichtet wird, die Weltniveau hat. Diese Beispiele dem Ausland zu präsentieren ist beste Voraussetzung für den Exportartikel Architektur.

 

Hans HOLLEIN

Em.o.Univ.Prof. der Universität für angewandte Kunst, Wien

Präsident des Österreichischen Kunstsenats

Präsident der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs (ZV)

 

Wien, am 30. März 2004

 


12.

 

 

Paula Huotelin:

 

The Finnish Model

 

The built environment that is daily surrounding us is universally common property to all of us. It gives face to society and better than words it exposes the socio-economical situation and our values both in the past and at the present time. Architecture is a combination of art, culture and technology and a fascinating and invaluable pillar of our national wealth.

 

Therefore architecture is both important and interesting and a modern competitive society must create strategic tools in order to promote the best possible environment for the welfare of citizens.

 

Two thirds of Finland’s national wealth is in buildings and 15 % of the active work force is employed in the construction sector. Moreover, the construction sector makes up approximately 18 % of GDP(Gross Domestic Product). During the life time of a building, its maintenance and refurbishment demands funds many times the initial building investment. Good architecture makes a direct contribution to the national wealth.

 

The constitution of Finland guarantees everyone fundamental rights to a healthy environment, and an opportunity to influence decision-making regarding the environment. However, it also imposes a responsibility for the environment and our cultural heritage. The government's architectural policy promotes the realisation of these rights.

 

PAST

 

The Government Architectural Policy Program was adopted in 1998. The purpose of the policy is to define its architectural frameworks and goals for subsequent implementation by the public authorities. The programme includes 24 decisions.

 

The central goals of the government’s architectural policy are:

• to create opportunities for the realisation of the constitutional rights of the citizen to have a good environment

• to facilitate the citizen's rights and his/her responsibilities for his/her own environment by promoting architectural education and public awareness

• to set high standards for public building and property management and in turn to set an example for the whole construction sector

• to encourage to use of procedures that will enhance architecture and high quality building

• to promote innovation through architectural education and research and development work

• to improve the care of our architectural heritage and the development of the built environment as a part of a broader approach to cultural history and architecture.

 

A committee was assigned to follow up on the implementation of the program over a period of three years. The committee’s report and proposals were delivered to Minister of Culture in August 2002. The focal areas of the report are continuity of architectural policy, advancement of research and development, quality assessment of architecture, public education and fostering of the built heritage. There is all together 9 new decisions.

 

PRESENT

 

Public building setting an example, Architecture and the quality of building

Public building should be exemplary. The state is itself a major client for construction, and its role in past centuries was to be a model for other builders. Good construction is ecologically acceptable, economical and beautiful. The programme also focuses attention on the life-cycle philosophy in construction.

 

The idea is to use architectural policy to make public building and building maintenance an example to all construction, as it was in bygone centuries. The Senate Properties*, former State Real Property Agency has stopped selecting designers purely on the basis of prices. The awarding criteria are nowadays more quality-based than before. According to the guidelines of their own architectural policy, The Senate Properties recommends architectural competitions to be used as one the awarding procedures for architectural services and the amount of architectural competitions has increased significantly after the adaptation of their own policy.

 

Architectural design competitions in Finland have more than a hundred years’ tradition, also appreciated abroad. Nearly all of the most important public buildings built during the last century are results of such competitions. Architectural design competition gives the client an opportunity to study a range of solutions to the design problem and to secure the quality of the final construction.

 

Architectural competitions encourage innovation in building and the evolution of architecture. A competition is also a form of further education and a way to offer opportunities for new architects. The large number of alternative solutions a competition produces makes easier the popular debate regarding the development options for the environment. The success of Finnish architects in international competitions has shown that competitions to be an important disseminator of both Finnish know-how and Finnish culture.

 

Open competitions are the most effective means to create opportunities to young professionals and it is a perfect tool for a modern society to promote democracy, transparency and quality among Public Procurement legislation.

 

The procedures among Architectural competitions have been developed by The Finnish Association of Architects (SAFA) for the past hundred years; the association together with the major interest groups have established national Competition rules which serve as quality assurance for client’s, architect’s and consumer’s protection. There is only one Competition secretary and Competition Committee within SAFA, an arrangement which enables the clients all over the nation to rely on the same qualified procedures no matter where and when the competition should be launched.

 

Guidance and control, Regional architects

According to the Architectural policy, The Ministry of Environment explores ways to extend the existing regional architect involvement in small municipalities to cover the whole country and to link it to the tasks of the regional environment centres. Beyond that, it was proposed that necessary resources should be allocated to increase the number of regional architects.

 

One of the problems of small and remote municipalities is a lack of expertise in environmental matter. The majority of architects is concentrated in the south of the country and in most regions architectural expertise is a privilege of the few. Therefore the Ministry of the Environment is expanding the work of regional architects to cover the whole of Finland. It is a advanced system for getting architectural expertise in places it would not otherwise be available.

 

Regional architects are specialists employed jointly by a group of local authorities to advise the public about building problems, to represent the municipality in official negotiations on matters of planning and construction, and to handle the municipality’s small planning and design jobs. Another important task is environmental education for children, young people and adults. A group of local authorities hiring a single architect includes 3-5 small municipalities with populations under 6,000. Half of the operating costs are provided by the state. There are nowadays 28 regional architects reaching 105 communities.

 

Regional Architectural Policies have been completed in 3 towns or regions and few policies are under preparation.

 

Culture and education

The importance of architecture has also been recognized in children’s culture. In 1999 Finnish Association of Architects financed by the National Council for Architecture started a survey in order to produce an overview of civic education in architecture provided in Finland, i.e. the types, providers and circumstances of the education available. The result was information on about 140 different projects in 45 Finnish towns, also 60 other projects were found in addition to the projects of respondents. The report on civic education in architecture in Finland “Discovering Architecture” was published 2001. It included both the description of the current situation and the needs and challenges for further actions.

 

The Lastu School of Architecture and Environmental Culture became a member in the Ministry of Education’s network of cultural centers for children (Taikalamppu/Magic Lamp). The school is located in the small Lapinlahti municipality in central Finland. It concentrates on teaching architecture and design and on developing related exhibition activities. One of the main policy goals has been the development and inclusion of architectural education in school curricula. The secondary and high school basic curricula that are now being developed pay indeed more attention to issues concerning the built environment. Now that Lastu is part of the network, the further development of such teaching is for the first time financially possible on a larger scale.

 

There is a civic educational book ABC for Architecture to be published soon and the purpose of the book is to enlarge the knowledge about architecture also among teachers both in schools and other educational institutions

 

Importance of the architectural heritage in emphasized in the Policy

The maintenance of the built environment requires information. Such information will be provided by the recently founded Building Technology Center, which is a result of decade-long efforts. A foundation has been set up and a board appointed for the administration of the center. In the future, the center will disseminate information on the development of building methods from different historical periods, building technology, and research on it. One of the goals of the architectural policy program has thus been achieved. Other measures centering on the built heritage are put forward by the follow-up committee for the National Strategy for Built Heritage. The development of regional organization for fostering the built heritage is one of the central goals of the National Board of Antiquities. This work has also been supported by the Finnish Ministry of the Environment.

 

Raising awareness of architecture

The promotion of architectural culture is also actively carried on by the Museum of Finnish Architecture. It is engaged in the extensive EU-funded Gaudi Programme, which aims to provide citizens of all ages with incentive to study the urban environment and take an active part in urban planning. The museum is taking part in this development program in partnership with The Architectural Foundation in London. One objective of the project is to provide better public access to architectural archives. The archives of the Museum of Finnish Architecture also include the competition programmes and jury reports of all architectural competitions arranged in Finland. The Museum is also annually arranging an exhibition of open architectural competitions arranged with SAFA

 

Changes in attitudes and structures take place gradually, the effects of architectural policy are not always easy to detect. Concrete events that could be marked as turning points are hard to date. The general atmosphere has been supportive of the policy and the measures introduced in its program have born results.

 

In addition to Architectural Policy, The Government has made decisions on Design Policy in 2000 and Construction Policy in 2003.

 

FUTURE

 

National architectural policies are not in themselves enough; they need to be accompanied with programmes that take local features into account. The National Council for Architecture, together with the Ministry of Environment is in charge of the follow-up of the Policy.

 

The Council will, on a yearly basis, organize a seminar on the issue and produce every three years an overview of progress in the implementation of the architectural policy. Program implementation has also extended to the regional and municipal levels and to organizations of public administration. Its adoption has created a better environment for social discussion and brought the significance of architectural policy goals to wider attention. According to the latest decisions, one of the main subjects shall be the promotion of the local and regional architectural policies.

 

During the next EU-presidency Finland shall arrange a high-level EU meeting on Architectural Policy. The detailed subject has not been decided yet.

 

 

 

The Architectural policy programme in English, German, French, Swedish and Finnish:

http://www.minedu.fi/minedu/culture/arts_architecture.html

 

More information: Heini Korpelainen, Architect SAFA heini.korpelainen@safa.fi

Coordinator 1999-2004, new coordinator is to be appointed later

 

*Senate-Properties is a government-owned enterprise responsible for managing, developing and letting the property assets of the Finnish state. The customer base consists mainly of universities and institutes of higher education, state authorities, ministries, institutes of research and cultural institutions, prisons and defence administration.


13.

 

 

 

Cilly Jansen:

 

Ich möchte mich sehr herzlich für die Einladung zu diesem Enquete bedanken.

Ich bin Direktorin von Architectuur Lokaal in Amsterdam, einem unabhängigen Institut, das die Aufgabe hat, die Niederländische Architekturkultur zu fördern. Darüber werde Ich später eingehen.

 

Ich bin mir sicher, dass internationalen Gedankenaustausche über Architekturpolitik in der Europäischen Mitgliedsstaaten wichtig sind. Es gibt grosse Unterschiede in der Baupraxis und die Aufgabenteilung innerhalb des Bauprozesses ist stark gefärbt durch nationale Traditionen. Die Architekturpolitik kann also nur innerhalb der herrschende Baukultur interpretiert werden.

 

Um ein Verständnis für die Niederländische Architekturpolitik zu entwickeln, werde Ich genauer auf die dortige Situation eingehen. Für einen Eindruck über die verhältnismässig grosse Bedeutung unterschiedlicher Eingriffe in die räumliche Entwicklung der Niederlande, gebe Ich einige Zahlen über die Niederländische Bauproduktion.

Die Gesamtkosten Niederländischer Bauvorhaben z.B. betrugen für das Jahr 2000 25 Milliarden Euro. Nimmt man den Umsatz als Ausgangspunkt, bestimmt vor allem der Wohnungsbau das öffentliche Bild in den Niederlanden: jährlich werden hierfür mehr als 10 Milliarden Euro ausgegeben. Der Nutzbau liegt an zweiter Stelle mit 8 Milliarden Euro, gefolgt vom Tiefbau mit 7 Milliarden Euro.

 

12 Jahre her hat die Niederländische Regierung Ihre Architekturpolitik angefangen. Vom ersten Moment an wurde dabei angestrebt, kulturelle Belange und die Baupraxis miteinander zu verknüpfen, mit dem Ziel eine höhere architektonische Qualität zu erreichen.

 

In 1992 wurde die erste Architekturnota verabschiedet. Die Initiative dafür war sowohl durch das Kultusministerium, als auch durch das Bauministerium zu Stande gekommen. Hierdurch entstanden u.a. landesweit drei Institute, alle unabhängige Stiftungen:

- erstens das Niederländische Architekturinstitut NAi, unter anderem mit der Aufgabe, grosse Ausstellungen und Veröffentlichungen zu konzipieren sowie eine grosse Kollektion zu verwalten,

- zweitens die Architekturstiftung Stimulieringsfonds für Architektur, die wichtige Architekturinitiativen ermöglicht,

- und schliesslich Architectuur Lokaal, das lokale Verwaltungen bei der Umsetzung ihrer Architekturpolitik unterstützt, da diese eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle räumlicher Entwicklungen spielen und  letztenendes Baugenehmigungen erteilen.

Ein wichtiger Teil unserer Arbeit besteht darin, Brücken zu schlagen zwischen öffentlichen Instanzen wie Gemeinden, kommerziellen Marktparteien, privaten Auftraggebern sowie Entwerfern, auf allen Gebieten der räumlichen Planung in den Niederlanden.

 

Die zweite Architekturnota aus 1996 enthielt auch die Bereiche Landschaftsarchitektur, Städtebau, Raumplanung sowie Infrastruktur, und wurde vom Landbau- und Verkehrsministerium mit unterzeichnet.

Man erkannte welche Rolle Marktparteien bei der Entstehung der gebauten Umgebung spielen und berücksichtigte deren Aufgaben als Auftraggeber in der zweiten Nota. Eine wichtige Entwicklung innerhalb der Niederländischen Bauwelt, stellt die Entstehung grosser professioneller Auftraggeber dar. Vor 25 Jahren beschränkte Projektentwicklung sich auf Ein-Mann-Betriebe. Wohnungsbaugesellschaften waren kleine Organisationen, bei denen Freiwillige noch eine grosse Rolle spielten. Während der letzten Jahrzehnte entstand sowohl auf dem freien Markt, als auch auf dem sozialen Wohnungsbaumarkt ein enormes finanzielles Potenzial. Damit diese Entwicklung trotzdem mit einem zunehmenden Gefühl für gesellschaftliche Verantwortung und kulturellem Bewusstsein einhergeht, wurde die Niederländische Architekturpolitik so gefördert.

 

Der Staat ist davon überzeugt dass wertvolle Architektur nur durch den Einfluss eines Auftraggebers entstehen kann. Eine präzise formulierte Aufgabe sowie eine grosse Mitverantwortung bei der Wahl des Architekten und des Entwurfs sind essentiel. Dies war auch einer der Gründe, um im Rahmen der neuesten Architekturpolitik Regierungsmitglieder bei grossen Projekten direkt miteinzubeziehen. In die dritte Architekturnota wurde auf zehn grosse Projekte verwiesen. Verschiedene Minister haben die Pläne persönlich adoptiert und müssen sich über den Fortschritt der Projekte gegenüber dem Parlament verantworten.

 

Von grosser Bedeutung für unsere Architekturpolitik ist dass der Staat eine Vorbildfunktion einnehmen will. Als Auftraggeber für Reichsgebäude ist der Reichsbaumeister der wichtigste Ratgeber der Regierung. Seine Aufgaben umfassen das Fördern und Bewachen der architektonischen Qualität, der städtebaulichen und räumlichen Einbindung der Reichsbauten sowie dafür bestimmter Bildender Kunst. Er ist mitverantwortlich für die Auswahl der Architekten und des Grundstücks. Der Staat wählt meistens das nicht öffentliche Auftragsverfahren der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie. Man geht bei dieser Auswahl davon aus, dass ein Architekt alle Aufgabenbereiche beherrscht. Was zählt, ist eine gewisse Erfahrung im Umgang mit komplexen Themen, und das Bewusstsein dass Abwechslung eine Bereicherung sein kann.

 

Der Reichsbaumeister entwickelt auch Instrumente für Architectukturpolitik, z.B. ein Reglement für die Auswahl von Entwickler durch Gemeinden. Gemeinden treten immer öfter als Regisseur anstatt als Produzenten innerhalb des Bauprozesses auf. Sie bitten geeigneten Entwickler um Vorschläge für umfangreiche städtebauliche Gebiete. Die Entwickler verpflichten sich für die Ausführung und geben ein Angebot für den Bodenerwerb ab.

Das Reglement wurde von mehreren Ministern zusammen mit Organisationen von Entwerfern, Wohnungsbaukooperationen, Entwicklern und Generalunternehmer unterzeichnet.

 

Unsere Architekturpolitik kann jedoch nur von Erfolg gekrönt sein, wenn hierfür eine ausreichend grosse Akzeptanz in der Gesellschaft vorhanden ist. Glücklicherweise geschah in den letzten Jahren viel an der Basis. Es würden 40 kleinere lokale Architekturzentren aufgerichtet, alle private Initiative, in denen mit grosser Begeisterung daran gearbeitet wird Architektur zugänglich zu machen. Die Zentren organisieren viele Aktivitäten, damit sie die Diskussion fördern. Architectuur Lokaal coördiniert die lokale Architekturzentren.

 

Will man gute Resultate fördern, muss dem ein gutes Architekturklima gegenüberstehen. Das bedeutet konkret: Interesse, Fachwissen und Diskussionen.

Wir glauben nicht dass es nicht sinnvoll ist, um für ein Bauprojekt extra Geld für Architektur auszugeben. Innerhalb jeden angemessenen Baubudgets ist die Realisierung von sowohl guter, als auch schlechter Architektur möglich.

Natürlich werden die Chancen für Architektur zum grossen Teil durch gesellschaftliche Entwicklungen bestimmt. Darauf kann die Architekturpolitik nur einen geringen Einfluss haben. Aber innerhalb der Beschränkungen kann trotzdem versucht werden, einen positiven Einfluss auszuüben.

 

 

Websites:

www.ontwerpwedstrijden.nl

www.arch-lokaal.nl

www.rijksbouwmeester.nl

www.architectenkeuze.nl

www.archined.nl


14.

 

Christian Kühn

 

Strategien für eine österreichische Initiative zur Architekturvermittlung

 

S.g. Damen und Herren,

 

Politiker und Architekten haben eines gemeinsam, nämlich die Freude am Gestalten. Das unterscheidet uns von anderen Baumeistern: Auch Insekten bauen wundervolle, hoch organisierte Staatswesen und komplexe Gebäude. Aber sie gestalten nicht. Sie haben – im Unterschied zu uns – keine Wahl. Wir können auch anders, im Guten wie im Schlechten. Wer je ein Haus gebaut hat, weiß, wie unterschiedlich und oft konträr die Interessen und Ziele sind, die dabei ans Licht kommen und die in irgendeiner Weise befriedigt werden müssen. Bei größeren Projekten wächst diese Herausforderung. Ein Krankenhaus ist für den Ökonomen eine Operationsfabrik mit angeschlossenem Hoteltrakt. Für Pfleger und Ärzte ist es ein besonderer Ort, an dem Menschen an Körper und Seele gesunden, oder auch in Würde sterben dürfen. Für beide Positionen gibt es gute Gründe. Aber ihr Zusammenprall führt zu einer Fülle von Konflikten, die nicht zuletzt über das Medium der Architektur verhandelt und gelöst werden müssen.

 

Der Turmbau von Babel ist das biblische Beispiel eines missglückten architektonischen und politischen Großprojekts, das am Ende daran scheitert, dass sich die Menschen nicht mehr über ihr Vorhaben verständigen können. Architekturvermittlung ist in erster Linie ein Versuch, diese Verständigung, also die Fähigkeit zum konstruktiven Gespräch über die Ziele und Mittel der Architektur, auf breiter Basis zu stärken. Es geht also nicht darum, den angeblich Unwissenden und Ungebildeten guten Geschmack beizubringen. Es geht darum, Bauherrn und Nutzer mit den vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten und Methoden der heutigen Architektur vertraut zu machen, damit sie in einen produktiven Dialog mit den Architekturschaffenden im weitesten Sinn eintreten können, also mit Architekten, Ingenieuren, Landschafts-, Stadt- und Regionalplanern, um nur einige der Akteure zu nennen, die es heute braucht, um unsere Umwelt zu gestalten.

 

Architekturvermittlung ist in Österreich stark regional verankert, und das ist gut so, weil es die Vielfältigkeit der österreichischen Architekturszene mit ihren sehr unterschiedlichen Produktionsbedingungen wiederspiegelt. Als erste Institution wurde 1988 das Haus der Architektur Graz gegründet, 1993 das Architekturzentrum Wien. Heute gibt in allen Bundesländern Institutionen, die Ausstellungen, Vorträge und Führungen zur zeitgenössischen Architektur veranstalten, es gibt eine freie Szene, vor allem in den Universitätsstädten, und es gibt eine Architekturstiftung, die von vielen dieser Einrichtungen getragen wird. Besonders erfolgreich sind diese Institutionen dort, wo es ihnen gelungen ist, Netzwerke zwischen engagierten Bauherrn, Architekten, Beamten und Unternehmern im Interesse der Baukultur aufzubauen. Von einem kulturellen Klima, in dem die Ansprüche an Architektur hoch sind, profitieren letztlich alle, die Architekten ebenso wie die Bewohner und Benutzer und die Bauwirtschaft.

 

Finanziell ist die Architekturvermittlung in Österreich sowohl im Verhältnis zu ihren Leistungen als auch im internationalen Vergleich unterdotiert. Um jetzt in die Breite zu gehen, um Initiativen auf der lokalen Ebene setzen zu können, bei Bürgermeistern und Fremdenverkehrsverbänden, um vermehrt in die Schulen zu gehen, fehlen die Mittel. Um sich Österreichweit stärker zu vernetzen, Strategien zu evaluieren und auszutauschen, ebenso. Und auch für die unbedingt nötige internationale Positionierung der österreichischen Architektur fehlt das Geld, trotz vieler guter Einzelprojekte, die aber durch kein gemeinsames Programm verbunden sind und durch keine Evaluierung begleitet werden.

 

Eine Strategie zur Architekturvermittlung in Österreich sollte bei den bestehenden Stärken ansetzen. Das sind vor allem das hohe Niveau der österreichischen Architektur selbst und das wachsende Interesse der Öffentlichkeit am Thema. Ein regelmäßiger Bericht ans Parlament über den Stand der Baukultur könnte an dieses Interesse anknüpfen und zum Ausdruck bringen, dass anspruchsvolle Architektur ein öffentliches Anliegen ist. Eine zweite strategische Ebene sind die regionalen und lokalen Aktivitäten: Um hier in die Breite gehen zu können, müssen mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, so regional wie möglich, aber auch mit entsprechenden Mitteln für die bundesweite Vernetzung der Initiativen. Hier sind naturgemäß Länder und Gemeinden gefordert, aber der Bund könnte dabei Standards setzen. Auf der internationalen Ebene könnte sich schließlich die österreichische Architektur als eines der Flaggschiffe der europäischen „Creative Industries“ positionieren. Dazu wäre ein mehrjähriges Programm zu entwickeln, das Ressourcen aus der Kunst- und Wirtschaftsförderung bündelt.

 

Zum Schluss noch eine Anmerkung: Gute Architektur ist meistens riskant, auch wenn am Ende ein Ergebnis erzielt wird – wie etwa hier beim Neuen Deutschen Bundestag in Berlin nach dem Entwurf von Norman Foster – das ungeheuer populär ist (und dessen Herzstück, die Glaskuppel, übrigens von einer österreichischen Firma konstruiert und gebaut wurde). Mit Architektur werden sie die nächsten Wahlen wahrscheinlich nicht gewinnen. Es braucht viel Geduld und mehr Zeit als eine Legislaturperiode, um ein Projekt zu einem guten Ende zu bringen. Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Die übernächsten Wahlen können sie sehr wohl mit Architektur gewinnen. Wenn die Menschen merken, dass ihre gebaute Umwelt anregender, ökologischer und weniger zwanghaft geworden ist, also im besten Sinne moderner, lohnt sich das für alle Beteiligten.

 


15.

 

Rüdiger Lainer           

 

Architektur - ein Luxus für Minderheiten?                            

 

Die Faszination, die Kraft und Dynamik der Architektur basiert auf der Begegnung von Phantasie und Abstraktion mit der Wirklichkeit.

Daraus ergeben sich 2 Folgerungen:

Das Entwickeln unserer Umwelt, der gebauten Künstlichen, wie der gestalteten Natürlichen ist ein Prozess, der auf differenzierte Anforderungen reagiert und kontinuierlich entwicklungsfähig ist.

Die Architektur, die diese Entwicklung konkretisiert,  ist notwendiger Teil des täglichen Lebens.

Prinzip der Ausbildung

Das, was wir daher unseren Studierenden vermitteln, ist, dass die Realität einen kontinuierlichen Optimierungsprozess herausfordert. Dies braucht einen kritischen Ansatz, der uns erlaubt, auch die scheinbar selbstverständlichen Dinge aus anderen Blickwinkeln zu betrachten. Nur so kann sich eine Gesellschaft dynamisch entwickeln.

Diese Konzeption der Entwicklungsfähigkeit von Architektur ist der grundlegende Ausdruck einer optimistischen, positiven und animierenden Haltung gegenüber der Gesellschaft.

Projekte

Ich bin immer wieder fasziniert von Projekten der Studierenden, die zu ganz unterschiedlichen Themen, in unterschiedlichen Maßstäben in der Lage sind, dem scheinbar Selbstverständlichen zusätzliche Qualitäten zu entlocken.

Wenn wir bedenken, dass das, was wir oft als gegeben annehmen, wie z.B., dass die derzeit üblichen Wohnungs- und Hausgrundrisse oftmals mit den gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklungen kollidieren, sehen wir, dass es enormen Entwicklungsbedarf gibt.

Ein kleines, aber exzellentes Beispiel einer studentischen Arbeit zum Wohnbau zeigt, dass nach einer Fülle von präzisen Untersuchungen, unter anderem aus der Fragestellung zur Funktion von Schrankräumen, Abstellräumen, Lagerräumen, eine effiziente neue Grundrisstypologie entwickelt werden kann. Die aus diesem Ansatz resultierende Interpretation, dass der Wohnort durch das Ansammeln von Dingen auch eine Art Museum des Alltags für die Bewohner wird, schafft ein funktionelles Raumgefüge, das Identifikation und Selbstverständnis der Bewohner stärkt. Damit können sowohl gesellschaftliche wie ökonomische Entwicklungen stimuliert werden.

 

In einem ganz anderen Maßstab sind städtebauliche Projekte relevant für die zukunftsfähige Entwicklung einer Stadt oder einer Region, wie auch für das Wohlbefinden der Bewohner. Es geht um die Entwicklung von Strategien im Umgang mit Architektur, Städtebau, Landschaft, Verkehr, um die Einbeziehung von sozialen Prozessen.

Hier schafft die Realität in den meisten Fällen nur pragmatische Ansätze, die Unterwerfung unter das Diktat der normativen Kraft des Faktischen, was in den meisten städtebaulichen Entwicklungsgebieten national wie international schmerzhaft erlebt werden kann.

 

Hier kann von den kreativen Potentialen an den Universitäten ein wichtiger Beitrag geleistet werden. Transdisziplinäre Ansätze, die wesentlicher Teil der Lehre sind, schaffen ein konzeptuelles Rüstzeug mit dem komplexe Anforderungen bewältigt werden können. Das präzise Registrieren von Fakten, die poetische Interpretation des Ortes, die Formulierung sozialer Profile, das Reprogrammieren der Programme, das Auswerten von Verwertungsszenarien schaffen die Grundlagen, um Entwicklungen für die Zukunft zu formulieren. Damit kann auch das Unvorhersehbare, Unwägbare, die dynamische Entwicklung als wesentlicher Teil des urbanen Prozesses akzeptiert werden und gleichzeitig präzise räumliche und soziale Qualitäten geschaffen und gesichert werden.

Absolventen

Die Absolventen und Absolventinnen der Architekturuniversitäten sind großteils in der Lage auf Strukturentwicklungen zu reagieren und wesentliche Beiträge zur gesellschaftlichen Dynamik und zur Qualität unserer Umwelt beizutragen. Wie unsere Praxis zeigt, sind sie auch international gesucht und erfolgreich und damit eine Referenz für unser Ausbildungssystem.

 

Dies bedingt, dass der Aufwand und die Mittel für die Universitäten effizient eingesetzt werden können. Dass sie nicht von einer bürokratischen Eigendynamik aufgebraucht werden - an der Akademie der Bildenden Künste steigt, bedingt durch die Auswirkungen der Reform die Anzahl der Verwaltungsposten kontinuierlich, die Anzahl der Lehrenden stagniert-, sondern dass zusätzliche Anreize für Exzellenz in Forschung und Lehre geschaffen werden.

 

Schule

Die entwicklungsorientierte Ausbildung an den Architekturuniversitäten muss jedoch von einer breiteren Basis des Wissens und Verständnisses über Architektur getragen werden. Dieses Wissen kann nicht nur den Fachleuten vorbehalten bleiben, sondern muss in den Schulen thematisiert werden. Es muss über die Kunsterziehung hinaus ein wichtiger Teil der allgemeinen Bildung sein, architektonische Themen müssen dazu in den Lehrplänen verankert sein.

Architektur hat Bedeutung  und Auswirkung auf jede und jeden, man muss die Möglichkeiten geben, sich fundiert am Diskurs zu beteiligen.

Erwachsenenbildung

Architektur wird von vielen entschieden, die nicht über das notwendige Hintergrundwissen über Architektur und interdisziplinäre Planungskultur verfügen.

Den Entscheidungsträgern, vor allem in öffentlichen Funktionen, mehr Wissen über die Evaluierung von Qualität und die Methoden der Qualitätssicherung  zu vermitteln ist unabdingbarer Teil einer verantwortungsvollen Architekturpolitik.

Folgerung

Das was die Architektur braucht, ist das, was die Gesellschaft braucht. Wissen über die Zusammenhänge, planerische Phantasie, instrumentelle Phantasie und politische Phantasie. Architektur ist kein Selbstzweck, sie repräsentiert die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft.

 

Ich kann daher den Titel dieses Referates guten Gewissens umformulieren, Architektur ist Luxus für alle,  jedoch kein verschwenderischer sondern notwendiger Aufwand.

 


16.

Michaela Mischek:

 

Die Baukultur als Impulsgeber für die Bauwirtschaft

 

 

Die erste Frage die ich mir gestellt habe, als ich mich mit dem Thema meines Impulsreferates auseinandergesetzt habe war, warum hinter der Aussage „die Baukultur als Impulsgeber für die Bauwirtschaft“ kein Fragezeichen steht. Die Baukultur könnte, sollte, müsste ein wesentlicher Impulsgeber für die österreichische Bauwirtschaft sein, aber ist sie das derzeit wirklich? Ich glaube – bis auf einige rühmliche vor allem in Vorarlberg angesiedelten Ausnahmen – leider nein!

 

Zu tief sind hier (derzeit noch) die Gräben: Der österreichische Bausektor tätigt etwa 1/3 des gesamten Materialumsatzes der österreichischen Volkswirtschaft – und doch gibt es nur wenige Architekten, die sich dieser ökonomischen Bedeutung und somit auch Verantwortung bewusst sind. Dem gegenüber ist Baukunst jedoch ein jedem Bauvorhaben innewohnender Aspekt, sei es die Gestaltung eines öffentlichen Platzes, seien es kleine Sanierungsarbeiten oder Große Wohn- und Bürobauten. Und doch haben sich nur wenige Unternehmen der Bauwirtschaft diesen kulturellen Auftrag als Handlungsmaxime gesetzt.

 

1. Spannungsfeld Planer – Bauherr - Bauwirtschaft

 

Das viel zitierte notwendige „Dreieck der Akteure“: Planer –Bauherr - Bauwirtschaft ist in Österreich eher ein „Gleichgewicht des Schreckens“. Es ist wohl eher ein gegenseitiges Schuldzuweisen und Übervorteilen in diesem Dreieck angesagt als das Ziel ein ökonomisch und qualitativ anspruchsvolles Endprodukt zu realisieren.

 

Eine generell negative, oft  prinzipiell feindselige oder misstrauische Einstellung gegenüber den jeweils anderen Projektpartnern, führt zu Spannungen quer durch den ganzen Planungs- und Bauprozess. Das Ergebnis sind zumeist durchschnittliche alle unzufrieden machende Bauten.

 

Dazu einige Beispiele mit denen ich in meiner Praxis immer wieder konfrontiert bin:

-         Viele Architekten sind grundsätzlich der Meinung, dass ihr Bauherr ihre künstlerischen Ansprüche nicht versteht und bemühen sich erst gar nicht diese zu vermitteln.

-         Viele Architekten versuchen, wenn sie endlich an eine Bauaufgabe herangekommen sind,  langgehegte architektonische Wunschträume zu verwirklichen, die oft nichts mit der gestellten Bauaufgabe  zu tun haben.

-         Viele Bauherren definieren nicht klar ihre Vorgaben (sowohl für Planer wie Bauausführende), wissen selber nicht was sie von dem Endprodukt erwarten, wo und wie sie es vermarkten wollen. Frei nach der fälschlichen Annahme: ein Büro, ein Hotel oder doch lieber ein Wohnbau – was dann „hinter die Fassade kommt“ ist doch egal.

-         Viele Bauherren wissen von Vornherein, dass ihre ökonomischen Anforderungen durch den vom Architekten vorgelegten Entwurf nicht erfüllt werden. Sie greifen aber nicht steuernd in den Entwurfsprozess ein, sondern überlassen das „Abräumen des Projektes“ – also die Qualitätsverminderung -  die zur Erzielung der ökonomischen Vorgaben notwendig sind den sogenannten „Einsparungslisten“ der Generalunternehmer im Rahmen der Vergabeverhandlungen.

-         Viele ausführende Firmen haben überhaupt kein Interesse innovativen Ansätzen von Architekten zu folgen. Sie setzen viel lieber ihre bereits erprobten, im „Schubladl“ liegenden Standardlösungen ein.

-         Bei vielen Besprechungen kommt es mir vor als wären drei von unterschiedlichen Planeten stammende Personengruppen anwesend. Sie benutzen zwar dieselben Worte, die aber in der jeweiligen „Planentensprache“ etwas gänzlich anderes bedeuten. Eine dem gegenseitigen Verständnis verpflichtete Kommunikation ist eher die Ausnahme als die Regel.

 

Einerseits darf Baukultur nicht immer nur als Einbahnstrasse der Forderungskataloge der Architekten an die „rückständigen“ Bauherren und  Bauwirtschaft gesehen werden. Andererseits muss das tiefe Misstrauen der Bauwirtschaft gegenüber der „teuren“ Architektur überwunden werden und  aktive, starke  Bauherren den Planungs- und Bauprozess steuernd begleiten.

Erst wenn Baukultur als nur gemeinsam zu lösende Aufgabe und Verantwortung von Bauherren, Architekten und Ausführenden verstanden wird, hat eine durchgreifende Qualitäts- und Bewusstseinssteigerung in Österreich eine Chance.

 

2. Das österreichische Bauvergabewesen ist baukulturfeindlich

 

Die österreichische Bauwirtschaft ist grob in zwei Gruppen einzuteilen - die Bauindustrie und die vor allem klein- und mittelständischen Bau- und Baunebenbetriebe.

 

Zunächst zur sogenannten Bauindustrie: Diese ist heute vor allem als Bauorganisator bzw. Generalunternehmer der durch öffentliche oder private Bauherren vergebenen Projekte tätig. Dieser Vergabeprozess folgt angeblich dem Bestbieterprinzip, wenn man den Wortlauten diverser österreichischer Vergabeordnungen Glauben schenken darf. In Wahrheit ist dieser Vergabeprozess allerdings dem Billigstbieterprinzip verpflichtet. Der billigstbietende Generalunternehmer bzw. Bauorganisator vergibt dann seinerseits das Projekt in viele Gewerke aufgeteilt wieder nach dem Billigstbieterprinzip an diverse Subunternehmer. Der Generalunternehmer als Auftraggeber dieser Kleinfirmen ist heute auf großen Baustellen zumeist nur noch  mit der Bauleitung und Kontrolle der unzähligen Subfirmen, die ihrerseits wiederum  Sub-Subfirmen und Lieferanten haben, beschäftigt. In diesem System ein Interesse, Engagement oder auch nur eine Anerkennung für Baukultur zu erwarten, ist sinnlos.

 

Ein unbedingt notwendiger Ansatzpunkt zur Verbesserung der grundsätzlichen Einstellung der Bauwirtschaft gegenüber der Baukultur, wäre also die Forderung,  durchgängig anstelle des Billigstbietersystems in allen Vergabegesetzen und Verordnungen, sowohl auf Länder- wie auf Bundesebene anstatt des – aus dem Nachholbedarf der Nachkriegszeit verständlichen nunmehr aber wirklich nicht mehr zeitadäquaten - Billigstbietersystems ein tatsächlich dem qualitativ hochwertigem, nachhaltigem Bauen verpflichtetes Bestbietersystem einzuführen!

 

Das derzeit bestehende Ausschreibe- und Vergabewesen im Bauwesen ist systemimmanent  gänzlich forschungs- und entwicklungsfeindlich. Es ist geradezu – wenn auch sicher nicht vordergründig beabsichtigt – darauf ausgelegt innovative baukünstlerische Ideen und Ansätze zu verhindern! Sowohl Architekt, wie auch ein interessierter Bauherr können erst viel zu spät im Bauablauf mit den tatsächlich ausführenden Firmen in Kontakt treten (da Ausschreibungen in der Regel erst mit der Polierplanung und somit knapp vor dem Baubeginn erfolgen). Daher bleibt hier zumeist keinerlei Zeit mehr an neuen Detaillösungen, Produkten oder gar Zulassungen von neuartigen Materialien zu arbeiten.

 

3. Baukultur als Innovations- und Forschungsmotor im mittelständischen Bauwesen

 

Der an innovativen Produkten, Detailen oder Materialien interessierte Architekt (oder auch Bauherr) ist heute eigentlich gezwungen, auf eigenes Risiko zu arbeiten und oft auch finanziell in Vorlage zu treten. Genauso ergeht es vielen hochspezialisierten, mit immensem Know-how ausgestatteten Unternehmen des zumeist mittelständischen Bauwesens. Ihnen fehlt das direkte Gegenüber um technische Entwicklungen jenseits des unter permanenten Umsetzungsdruck stehenden Baugeschehens zu forcieren.  Forschung und Entwicklung brauchen strukturierte Vorgangsweisen und ausreichend Zeit.  Viele Unternehmen sind derzeit aufgrund fehlender Strukturen gezwungen Produkte „ins Blaue“ zu entwickeln .

 

Veränderte Rahmenbedingungen, die Kooperationsmöglichkeiten zwischen Architekten und den in Österreich vorherrschenden KMU-Strukturen, also den tatsächlich ausführenden Subunternehmer/Handwerksbetrieben und Produzenten/Lieferanten im Bereich der Bau- und Baunebengewerke zu fördern anstatt zu verhindern ist notwendig.  Dies würde wesentliche Wirtschafts- und Standortsvorteile für die österreichische Bauwirtschaft ermöglichen und ist daher von immanenter Dringlichkeit.

 

Eine  Forschungs- und Innovationsoffensive im Bauwesen könnte etwa im Rahmen ein oder mehrer Kompetenzzentren oder koordinierten Forschungsprogramms der  Hochschulen in Zusammenarbeit mit der Bauwirtschaft durchgeführt werden. Diese Offensive würde nicht nur den als Konjunkturmotor noch immer wesentlichen Wirtschaftszweig Bauwesen für die sicherlich schwierigeren Rahmenbedingungen im Europa der EU-Osterweiterung stärken, sondern auch den Qualitätsstandard der Bauten umgehend und nachhaltig verbessern!

Für die Richtigkeit und Wichtigkeit dieser Annahme kann ich auch hier  nur wiederum als Beispiel auf Vorarlberg verweisen, wo die direkte Zusammenarbeit der Architektenschaft mit der Holzwirtschaft nicht nur zu einem Quantensprung in der baukünstlerischen Qualität geführt, sondern auch viele innovative Holzbauunternehmen, die nunmehr auch im Export tätig sind herausgebracht hat.

 

4. Die Bedeutung der Wohnbauförderung für die Baukultur

 

Die österreichische Wohnbauförderung steht meiner Meinung nach kurzsichtig und auf Basis falscher Annahmen, nämlich unter Außerachtlassung der steuerungspolitischen Möglichkeiten, die durch sie im Bauwesen gegeben sind  zur Diskussion. Diese Enquete ist nicht der Rahmen um hier umfassend zur Wohnbauförderung Stellung zu nehmen. Nur ein im Zusammenhang mit der Baukultur wesentlicher Aspekt sollte angesprochen werden:

 

In den meisten Bundesländern ist bereits heute die Vergabe von Wohnbauförderungsmitteln nicht nur an rein ökonomische Fakten gebunden.  Auch  die Erfüllung von architektonischen Qualitätskriterien, sowohl auf raumordnerischer/städtebaulicher Ebene  als auch auf dem Gebiet der tatsächlichen Objektsrealisierung und eingesetzter Materialien werden gefordert. Hier seien als Beispiele nur die Wiener Bauträgerwettbewerbe oder das Vorarlberger Punktesystem, in dem Bauten mit höherer architektonischer Qualität mehr Förderung bekommen, genannt.

 

Ich gehe sogar soweit zu behaupten, dass in den meisten Bundesländern ein wesentlicher Teil der Wohnbauförderungsgelder nicht  zur reinen Kostensenkung der Benutzerkosten verwendet werden. Sie dienen vielmehr dazu,  Bauten mit höheren architektonischen, ökologischen und sozialen Standards auszustatten, als dies die Mindeststandards der jeweiligen Bauordnung vorsehen.

 

Ein Wegfall oder krasser Einschnitt im Bereich der Wohnbauförderung im Zuge des nächsten Finanzausgleiches würde somit nicht nur den bisher erreichten architektonischen  Standard im Wohnbau – für den Österreich ja international umfassendste Anerkennung gezollt wird – gefährden. Er würde aber auch  Bemühungen im Bereich  des Lebensumfeldes des Einzelnen, dem Wohnungs-  und Siedlungsbau baukünstlerische Weiterentwicklung zu erzielen, nachhaltig verhindern. Damit würde  jeglicher Anspruch,  Baukultur für jedermann zugänglich, leistbar und erlebbar zu machen ad absurdum geführt werden.  Architektur bliebe weiterhin im Vorurteil versponnener Luxus für Wenige zu sein verhaftet.

 

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass Baukultur die österreichische Bauwirtschaft als Partner für ökonomisch erfolgreiche Umsetzungen brauchen wird. Es muss ein umfassender Bewusstseinswandel herbeigeführt werden. Denn es geht nicht an, dass Baukultur einem einseitigen Kulturzweck verpflichtet ist. Es geht nicht, dass Baukultur Selbstzweck einer rein elitären Architektenschaft ist. Es geht nicht an, dass letztendlich einige traditionell aufgeschlossene Bauherren allein zuständig  für die Baukultur in diesem Land sind In einer umfassend der Baukultur aufgeschlossenen Umwelt wird die Bauwirtschaft gut beraten sein, die Zusammenarbeit zu suchen, um sich den offensichtlichen Herausforderungen der Zukunft offensiv zu stellen!

 

 

 


17.

 

GEORG PENDL:

 

 

 

Die neue eu-vergaberichtlinie 2004 wurde vom ministerrat und vom europäischen parlament verabschiedet.

Innerhalb der nächsten 21 monaten muss diese richtlinie in nationales recht umgesetzt werden. Insofern wird das österreichische parlament in naher zukunft wieder mit diesem thema befasste sein. Das erst im jahr 2000 verabschiedete bundesvergabegesetz wird wieder thema.

 

Diese richtlinie regelt die vergabe von öffentlichen bauaufträgen lieferaufträgen und dienstleistungen. Unter dienstleistungen fällt die architektur. Es liegt nicht zuletzt an ihnen, den mitgliedern des hohen hauses, diese dabei nicht fallen zu lassen.

 

Es bestehen bei der nationalen umsetzung bestimmte spielräume, auf die weiter unten eingegangen werden soll, zum anderen muss festgehalten werden, dass der derzeitige gesetzliche status wie auch die neue richtlinie verfahren ermöglichen, welche im sinne der architekturqualität und damit letzlich des konsumenten bestens geeignet sind.

 

Es liegt zum einen an der gesetzgebung, die rahmenbedingungen für diese verfahren im sinn der architekturquialität bestmöglich zu gestalten, und zum anderen an jenen stellen, öffentlichen oder im einfluss oder eigentum der öffentlichen hand stehenden bauherren, jene verfahren dann auch zu wählen, welche die qualität des ergebnisses voranstellen.

 

Die wesentliche entscheidung des bauherrn ist:

Soll die architekturleistung über den preis derselben oder über die qualität des projekts vergeben werden ?

Die kosten für die planung liegen bei den projekten von welchen hier die rede ist zwischen 5 und 7 prozent. Selbst erhebliche erfolge im preiskampf bleiben im skontobereich der gesamtkosten, also unerheblich. Dafür riskiert der auftraggeber eine qualitativ wie auch quantitativ ungenügende leistung zu erhalten. Er beraubt sich der chance, ein optimales und damit immer auch kostengünstiges projekt zu erhalten für den geringen vorteil eines billigen planungspreises.

 

Die vergabe über die architekturqualität, und diese beinhaltet selbstverständlich auch wirtschaftliche kriterien ist die einzig angemessene bei der vergabe von planungsaufträgen.

 

Diese entscheidung ist jedenfalls eine in die zukunft gerichtete. Und damit ist auch offensichtlich, da diese leistung erst entsteht, nachdem sie beauftragt worden ist, sie vorher nicht genau beschreibbar bleibt. Ein preisvergleich von nicht vergleichbaren angeboten ist aber sinnlos. Es wäre, wie ein auto zu kaufen, ohne je ein bild davon gesehen zu haben, lediglich anzunehmen, der hersteller werde schon etwas brauchbares produzieren.

 

Wenn einmal klar ist, dass die vergabe von geistigen leistungen über den preis keinen sinn macht, dann folgt die nächste entscheidung, nämlich jene über die art des vergabeverfahrens.

Die vergabe öffentlicher aufträge unterliegt dem gleichbehandlungsgrundsatz, der chancengleichheit, der nichtdiskriminierung, der transparenz des verfahrens und der entscheidung, sowie der nachvollziehbarkeit dieser entscheidung.

 

Rund 80% der kosten eines bauwerks werden in der entwurfsphase, auf dem schreibtisch und bildschirm des architekten bestimmt. Hier erfolgen die grundlegenden entscheidungen bezüglich der kosten der konstruktion und des gesamten lebenszyklus.

 

Je nach größe, bedeutung des projekt bestehen verschiedene arten der qualitätsorientierten veragbe. Für bedeutende  projekte ist bder architekturwettbewerb das adäquate auswahlverfahren. Im architekturwettbewerb wird jener entwurf ausgewählt, welcher die besten lösungen zur gestellten aufgabe liefert. Die kriterien werden vom bauherrn formuliert und damit ist der architekturwettbewerb das effizienteste werkzeug um die bedürfnisse und erfordernisse des bauherrn und somit im falle der öffentlichen vergabe der gesamten gesellschaft und des konsumenten zu erfüllen.

Der architekturwettbewerb ist eine einzigartige option. In keinem anderen vergabebereich gibt es die möglichkeit, für eine bestimmte aufgabe mehrere ausgearbeitete lösungen zu erhalten, und im vergleich die beste auszuwählen. Die planungsreife des projekts wird dadurch auf eine anderwärtig nie erreichbare qualität gehoben.

 

Die erstellung der entsprechenden ausschreibung, die von erfahrenen und geschulten wettbewerbsbetreuern zu machen ist, eine klare absichtserklärung zur beauftragung des siegers, sowie eine kompetente jury sind wesentliche eckpfeiler eines erfolgreichen und effektiven architekturwettbewerbs .

Die interessenvertretung steht bei verfahrenswahl, auswahl des architekturwettbewerbbetreuers sowie auswahl der jurymitglieder beratend zur verfügung.

 

Es ist an dieser interessenvertretung, eine bundesweite stelle zu schaffen, welche hier für die auslober und bauhern als ansprechpartner zur verfügung steht, die standpunkte des berufs kommuniziert und die notwendigen regelwerke und empfehlungen aktualisiert. In diesen fragen muss österreichweit eine gemeinsame sprache gesprochen werden, die zeiten der kirchturmpolitik müssen ein ende finden.

 

Art des wettbewerbs

Im spannungsfeld zwischen arbeitseinsatz der teilnehmer, preisgeld, und chance sind 2-stufige wettbewerbe am besten geeignet. In einer ersten runde werden konzepte geliefert, von diesen wird eine begrenzte anzahl von teilnehmern in die 2. stufe geladen, welche dann für diese weitere vertiefende bearbeitung eine angemessene entschädigung erhalten.

 

Regelwerke

die wettbewerbsordnung für architekturwettbewerbe, WOA

Bereits im bundesvergabegesetz sind bezüglich architekturwettbewerb regeln enthalten.

 

Neben dem bvg gibt es eine mehr in die tiefe gehendes regelwerk, die woa. Hier werden alle wesentlichen regeln und abläufe beschrieben, die erfolgreiche und auch rechtlich abgesicherte verfahren absichern.

 

Festzuhalten ist, dass die jury immer derart zusammengesetzt ist, dass der auslober und bauherr wesentlichen einfluss behält. Darüberhinaus wird kein vernünftiger fachjuror einem auslober eine unerwünschte entscheidung aufzwingen. Solche entscheidungen werden meist ohnedies nicht gebaut.

 

Abschnitt trennung planung - ausführung

Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2002 – BVergG)

4. Hauptstück

Sonstige allgemeine Bestimmungen

Gesamt- und getrennte Ausschreibung

§ 58. (1) Besonders umfangreiche Leistungen können örtlich, zeitlich oder nach Menge und Art getrennt vergeben werden.

(2) Leistungen verschiedener Handwerks- und Gewerbezweige oder Fachrichtungen können unter Beachtung des Abs. 3 getrennt vergeben werden.

(3) Für die Gesamt- oder getrennte Ausschreibung sind wirtschaftliche oder technische Gesichtspunkte, wie zB die Notwendigkeit einer einheitlichen Ausführung und einer eindeutigen Gewährleistung, maßgebend.

 

Betr.:

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge

 

in Erwägung nachstehender Gründe:

 

(9)

Angesichts der für die öffentlichen Bauaufträge kennzeichnenden Vielfalt der Aufgaben sollte der öffentliche Auftraggeber sowohl die getrennte als auch die gemeinsame Vergabe von öffentlichen Aufträgen für die Ausführung und Planung der Bauvorhaben vorsehen können. Diese Richtlinie bezweckt nicht, eine gemeinsame oder eine getrennte Vergabe vorzuschreiben. Die Entscheidung über eine getrennte oder die gemeinsame Vergabe des öffentlichen Auftrags muss sich an qualitativen und wirt­schaftlichen Kriterien orientieren, die in den einzelstaatlichen Vorschriften festgelegt werden können.

 

(1200)

Nachdem es in europa verschiedene planungstraditionen gibt, welche nicht alle dem in mitteleuropa bewährten grundsatz der trennung von planung und ausführung folgen, wurde in der direktive dazu als kompromiss keine entscheidung getroffen, sondern diese den mitgliedsstaaten überlassen. Diese können dazu qualitative und wirt­schaftliche kriterien festgelegen.

In der neuen richtlinie sollten daher die kriterien für die entscheidung der gemeinsamen oder getrennten vergabe von planung und ausführung derart gestaltet sein, dass auf die qualität des endprodukts genauso wie auf die ökonomisch günstigste lösung wert gelegt wird.

Wenn die qualität hinsichtlich funktion, ökonomie, urbanistik und gestaltung im vordergrund steht, ist für mögliche kooperationen ein weites feld offen.

 

Verfahren wie jenes für das klagenfurter stadion sind beste beispiele für bad practice. Hier wird die  die architekturqualität mit füssen getreten. Dareaqrtige verafhren dürfen nicht passieren, und letztlich ist die entscheidung darüber immer eine politische.

 

Honorierung von planungsleistungen

Für die honorierung von geistig schöpferischen leistungen ist einiges schon erwähnt. Am preis der planungsleistung zu sparen ist wie gleiches am stiel der schaufel zu tun. Zwar kostet ein halb so langer stiel vielleicht um 40% weniger, dafür ist der hebel auch entsprechend armselig.

Zu erwähnen ist hier die jüngste mitteilung der kommission, der bericht über den wettbewerb bei freiberuflichen dienstleistungen.

Hier regelungen bezüglich der honorarbildung als potentiell wettbewerbshinderlich bezeichnet. Die geltenden regeln seien darauf zu überprüfen, ob sie dem allgemeininteresse dienen, verhältnismäßig und gerechtfertigt sind.

 

Andererseits werden auch in diesem bericht durchaus auch 3 konkrete gründe für reglementierungen anerkannt.

 

Wiewohl es bei den zugangsregelungen zum beruf, die in diesem bericht auch angesprochen sind, in östereich bedarf nach liberalisierung gibt, d.h. einer reduzierung der hürden, insbesondere bei den praxiszeiten, so kritisch ist ein pauschaler angriff auf honorarrichtlinien zu sehen, welche ja keineswegs verbindlich sind, sondern lediglich der information der konsumenten dienen.

Wir müssen in österreich aus den erfahrungen jener länder lernen, wo derartige richtlinien, welche dort allerdings verbindlich waren, abgeschafft worden sind. Dies führte zu einem reinen preiswettbewerb. In der folge dessen war klarerweise von qualität keine rede mehr und auch keine rede mehr von einigermassen geordneten vergabeverfahren. Beides letzlich keinesfalls im interesse der gesellschaft und der konsumenten.

Daher liegt es auch hier wieder an uns, entsprechende vorschläge zu machen und vorsorge zu treffen.

Helfen sie uns, zugangsregelungen zu finden und gesetzlich umzusetzen, welche den erfordernissen und realitäten der heutigen zeit entsprechen.

Bei der honorarfrage gilt es,entsprechende neugestaltungen der informationsgrundlagen auf basis von statistisch ermittelten erfahrungswerten zu erarbeiten.

 

Egal jedoch, welche art der tabelle zur information des verbrauchers dient, wesentlich dabei ist, dass der auftraggeber eine vollständuge und qualitative planungsleistung erhält.

Erfolgreiche bauherrn wissen, dass sie damit in bezug auf das gesamtpaket und die gesamtbau-und lebenszeitkosten ausgezeichnet fahren.

Tun sie es ihnen nach.

 

 

 

 

 

 

 

 


18.

 

DI Walter Raiger

 

 

 „Herr Architekt, machen´s mir a schnelles Skizzerl“ über den Wert der geistig schöpferischen Leistung

 

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Der vorstehende Satz das Thema des Referates ist eine wesentliche Grundlage für die gesamte Vergabe des Investitionsvolumens der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft. Zu Ihrem Verständnis, die KAGes, Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft, mit Sitz in Graz, hat in den letzten 8 Jahren rund € 100 Mio. pro Jahr für die Modernisierung, den Neubau, bzw. Umbau ihrer Krankenhäuser vergeben. Natürlich sind wir als Gesellschaft des Landes Steiermark verpflichtet unsere prinzipiellen Anforderungen nach den Gesetzmäßigkeiten der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Scheinbar in Widerspruch steht hiezu die Definition der geistig schöpferischen Leistung. Ich möchte hier nicht auf die exakte Definition eingehen, ich möchte sagen:

bei einer geistig schöpferischen Leistung ist das Ergebnis nicht vorhersehbar und nicht einforderbar, konkret heißt das, zwei Architekten liefern mir zwei Ergebnisse, Pläne, die miteinander nicht vergleichbar sein müssen. Manchmal unterscheiden sie sich in der Qualität, oft sind es aber nur verschiedene Wege, die das gleiche Ziel anstreben.

 

Als Vertreter einer Gesellschaft im öffentlichen Eigentum ist man verpflichtet gemäß Vergabegesetz Ausschreibungen durchzuführen. Ich glaube aber, dass diese Verpflichtung nicht nur eine hilfreiche Unterstützung ist sondern auch für die Erhaltung der Qualität der Baukultur steht. Nicht immer hilft das Vergabegesetz, sehr oft hindert es auch und kostet Geld, aber das wäre ein anderes Thema, darauf möchte ich nicht eingehen. Hier und heute zur schöpferischen Leistung Architektur. Für alle wesentlichen Neubauten im Krankenhausbau, aber auch für manche Umbauten, wird ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, da es sich um eine immaterielle Leistung handelt und daher bei Überschreitung der Wertgrenzen auszuschreiben ist.

 

Im Zuge eines gut vorbereiteten Architektenwettbewerbes entstehen nach unserer Erfahrung immer qualitativ hochwertige Produkte. Wenn ich sage im Zuge eines gut vorbereiteten Architektenwettbewerbes meine ich, dass der Bauherr seiner Verantwortung, in Einforderung der Qualität, in vollem Maße nachgekommen ist. Es ist notwendig vor jeder Planung die entsprechende Grundlagenermittlung durchzuführen um den Architekten den exakten Umfang seines Wettbewerbes – seiner Aufgabe vorzugeben. In der Vorbereitung, so glauben wir liegt der überwiegende Teil des Erfolges und deshalb investieren wir soviel Zeit und Mühe in diese, denn hier liegt auch der wahre wirtschaftliche Erfolg.

 

Haben wir also im Zuge eines Wettbewerbes, entweder öffentlich EU-weit oder wie wir es machen auch in kleineren Gestaltungswettbewerben, entsprechende Vorschläge erarbeitet und einen Sieger gekürt, beginnt die eigentliche Arbeit des Architekten, des Fachplaners und des Bauherren. Ich bin der Meinung, dass jedes Projekt nur dann Erfolg hat, wenn Architekt, Fachplaner und Bauherr mit all ihren Planern ihre Arbeit gemeinsam durchführen.

Gestatten Sie mir einen Satz zur Bauherrenverantwortung:

Die Bauherrenverantwortung ist nicht delegierbar, das Fachwissen, dass man als Bauherr in ein Projekt einbringt ist von großer Bedeutung. Besonders wenn man Verantwortungsträger für einen öffentlichen Bauherren ist. Es ist ein programmiertes Spannungsfeld zwischen der Funktion des Bauherren und der Funktion des Architekten gegeben. Der Eine ist für die wirtschaftliche, funktionale Ausführung des Gebäudes verantwortlich, der Andere für die baukünstlerische Qualität. Wir im Krankenhausbau haben auch noch spezielle Wünsche von Seiten der Ärzte zu berücksichtigen, aber wir haben in vielen Beispielen wunderbare Symbiosen aus Architekten, Ärzten, Zivilingenieure und meinen Mitarbeitern gefunden. Ich bin sicher, dass sich gute Architektur mit guter Qualität und optimaler Funktionalität ideal ergänzt. Ich werde Ihnen am Ende des Vortrages dies in zwei Beispielen dokumentieren.

 

Aber wieder zurück zum Wert der geistig schöpferischen Leistung:

 

Gerade im Krankenhausbau, wo wir im Univ. Klinikum Graz in rund hundert Jahre alte Bauwerke modernste Medizin bringen müssen wird bewiesen, dass der öffentliche Bauherr auch eine Aufgabe als Erhalter des Kulturgutes inne hat. In einem Krankenhaus, das neben Forschung und Lehre auch Spitzenversorgung zu betreiben hat, müssen das Umfeld, die räumliche Ausstattung und die Erweiterungsmöglichkeit gegeben sein. Die Krankenhausbauten die in der Vergangenheit errichtet wurden beweisen uns, dass man dies zum Beginn des 20. Jahrhunderts perfekt beherrscht hat. Wir versuchen immer wieder den Charme der Jugendstilbauten und die Architektur in eine moderne medizinische Funktion zu integrieren und die Räume und Funktionen nach heutigen Standards auszurichten.

 

Daher glaube ich ist es ein Muss, wenn die Forderung im Raum steht, dass der Auftraggeber von öffentlichen Institutionen auf besondere Qualität bei der Ausführung seiner Bauten achtet und dies geht nur mit qualifizierten und engagierten Architekten. Zu erwähnen gilt auch noch, dass alle Bereiche der Planungs- und Bautätigkeit ihren Beitrag an der qualitätsvollen Ausführung eines Bauwerkes leisten.

 

Zusammenfassend folgende Forderungen:

 

1.     Architekturwettbewerbe sind verpflichtend für öffentliche

         Auftraggeber

 

Zur Erhaltung der Qualität ist die geistig schöpferische Leistung der Architektur ein Muss. Sie ist langfristig auch ein wirtschaftlicher Vorteil, denn sie ermöglicht es, am Beispiel Krankenhausbau langfristige Funktionen und Baukunst – Bauqualität zu erhalten.

 

2.     Der öffentliche Auftraggeber nimmt seine Bauherrenverantwor-

        tung voll wahr und entwickelt gemeinsam mit Architekten und

          Ingenieuren wirtschaftliche, funktionsfähige und baukünst-

        lerisch wertvolle Ergebnisse

 

Um diese Qualität im Bereich zu erhalten, ist es notwendig exzellent ausgebildete Architekten mit ebenso exzellent ausgebildeten Bauherrenvertretern und Zivilingenieure zusammen arbeiten zu lassen. Diese Symbiose ermöglicht es uns langfristige und nachhaltige Bauwerke zu gestalten. Am Beispiel Krankenhaus bringt hohe Qualität auch wirtschaftliche Erfolge – ermöglicht durch Umbauten sich an neue Anforderungen der Medizin stets anzupassen und hat auch baukünstlerische Nachhaltigkeit.

 

 

Zum Abschluss meines Vortrages lassen Sie mich Ihnen zwei Beispiele zeigen was Architektur in meinem Bereich, das ist die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft, ausdrückt:

 

·        Als erstes ein Krankenhaus, das ich sicherlich beim Namen mit dem Architekten erwähnen will. Das ist das Landeskrankenhaus Hartberg vom Architekten Klaus Kada.

 

·        Und zweitens das Zusammenspiel von Alt- und Neubau die Hals-, Nasen-, Ohrenklinik des LKH-Univ. Klinikum Graz vom Architekten Ernst Giselbrecht.

 


19.

 

Max. Rieder

 

 „Baukultur braucht engagierte PartnerInnen“

 

Partner benötigen Gleichberechtigung zumindest Win-win-Möglichkeiten.

Architekten finden diese nicht vor.

Das jahrzehntelange einseitige Engagement für Baukultur durch Architektinnen und Architekten  hat die Dimensionen der Selbstzerstörung erreicht, deshalb fordern wir Politik auf gemeinsame Rahmenbedingungen zu schaffen, die zeitgenössische Architektur so zu fördern, dass auch  das baukulturelles Erbe von morgen gesichert ist.

Der Zug der Zeit, klein- und mittelstrukturierte Kreativ-Unternehmer wie Architekten und Zivilingenieure durch Auftragsmangel, Preiswettbwerb und unfinanzierbaren Vorleistungen zu zerschlagen, wird mit Vehemenz exekutiert.

Genau jene, die Baukultur als Klein- und Mittelstands-Unternehmer – Made in Austria – entwickelten und produzierten, Wertschöpfung für Immobilien und Marketing, für  Bauwirtschaft und Baunebengewerke, den Informations- und Dienstleistungs- wie EDV/CAD-Sektor betreiben, und 240000 Arbeitsplätze im Bauwesen und über 20000 hochqualifzierte Dienstleistungsarbeitsplätze in den Ziviltechnikerbüros sichern, werden systematisch - mangels Leitbilder, Raum- und Gestaltungskonzepten -  vom Baugeschehen verdrängt bzw. als  Imageproduzenten und Oberflächen- und Fassadengestalter missbraucht.

 

Baukultur in Österreich wurde bisher wesentlich durch die Uneigennützigkeit der Architektenschaft, nämlich durch die Bereitschaft sich dem unentgeltlichen Architektenwettbewerb zu stellen, getragen.

Freiwillig, unentgeltlich und risikobereit für das Gemeinwohl, unabhängig von Aufgabenstellung und vom Auftraggeber.

Bei jährlich etwa 180 solcher Verfahren mit je etwa 30 Teilnehmern werden 5400 Projekte im Dienstleistungswert von mindestens 64,8 Mio € ausgearbeitet, das sind etwa 0,3 Promille des BIP (Bruttoinlandsprodukt).

 

Ich frage Sie nun, welcher Freiberufler oder welche Branche leistet Vergleichbares wie wir für nachhaltige Raum- und Objektgestaltung. Kennen Sie den Juristen, den Wirtschaftstreuhänder, den Arzt der sich dem permanenten Vergleich/Wettbewerb stellt und derart immense Aufwendungen für die Allgemeinheit aufbringt?

Wir sind offensichtlich die selbstgewählten Gestaltungs- und PlanungsNGO`s dieses sogenannten kulturbewussten Landes.

 

Von welcher Kultur reden wir?

Planungskultur ?

 

Die etwa 6600 österreichischen Ziviltechniker, davon etwa 3500 Architektinnen und Architekten haben einen marginalen Planungseinfluß auf das Baugeschehen in Österreich. Nur 17% des gesamten Hoch- und Tiefbaus dieser Republik wird von jenen,  die „staatlich anerkannt und befugt“, also nach langem Studium bzw. Ausbildung und Praxis berechtigt sind, das Staatswappen als Urkunde ihres Know-hows einzusetzen, qualifiziert. Ich frage Sie, wissen Sie wer ver- und/oder be-plant den „Rest“ dieses Kulturlandes Österreich? (Daten aus Stat. Jahrbuch 2002, Statistik Austria, bzw. Erhebungen der Planungsumsätze der Kammermitglieder 2002 )       

Jene dafür ausgebildeten Experten sind es nicht!

 

Können Sie sich vorstellen, dass 17% aller Patienten im Gesundheitswesen von Nichtmedizinern behandelt werden oder noch plakativer ausgedrückt:

83% aller Herzoperationen vom Allgemeinmediziner anstatt vom Experten, dem Kardiologen & Team durchgeführt werden.

So sind die Fakten unserer Einflußnahme bzw. Planungskultur und die Verantwortung gegenüber Umwelt, Stadt und Raum. 

Warum?

Planung scheint unentgeltlich und gesellschaftlich wertlos zu sein; wird bei der Ausführung gratis mitgeliefert. 

Planung stört, weil diese qualifizierte und kritische Fragen stellt. Aber dafür sichert Planung Nachhaltigkeit, Flexibilität, Sinnzusammenhänge und Kontext.

Planung garantiert auch den effizienten Mitteleinsatz und Konsumentenschutz und bewusste Gestaltung. 

Ökologische Baustandards und Nachhaltigkeit, Raumplanung und Regionalplanung als Ressourcenschutz wurde heute ebenso schon in ihrer Bedeutung dargestellt wie Architektur auch als Bürgerkultur wider dem Luxus, als allgemeine Lebensgrundlage und Vermittlung- und Öffentlichkeitsarbeit als demokratisches Mittel eines modernen Staates, Region oder Stadt genutzt werden kann.

 

Bewusste und deklarierte Gestaltung scheint vordergründigen Renditen und Dividendenzahlung privater und ausgelagert-öffentlicher Unternehmen überhaupt ein Übel sondergleichen zu sein, deshalb bedarf es eines jährlichen Baukulturreport.

 

Wo sind die baukulturellen Leitlinien für ÖBB, ÖMV, HL-AG,, OIAG, BIG, Verbund, Telekom, ASFINAG usw. samt deren Tochter- und Leasinggesellschaften, wie auch jene der Länder, Städte und Gebietskörperschaften von AK, WK, Wiener Linien, Boden- und Wohnbaubereitstellungsfonds, Umwelt- und Wasserwirtschaftsfond, Kommunalkredit, ÖRAG, Regioplan, Kommunalinvest, Landeskrankenanstalten, LandInvest, Energie- und Kommunikationträger und politisch beaufsichtigten und gesteuerten Wohnbauträgergesellschaften, die im Wesentlichen mit direkten und indirekten öffentlichen Geldern getragen werden. 

Gibt es hier keine Verantwortung, außer den eindimensionalen Rechnungshof- und Shareholder-value-Argumenten - kann man immer noch monofunktionalen Wohnbau, Tourismus, landwirtschaftliche Bauten wie diese sich darstellen und ungestaltete Infrastrukturen  fördern?

 

Architektur, und das wurde heute eindringlich in profunden Impulsreferaten aufgezeigt, durchdringt alle Sphären des wirtschaftlichen und sozialen Lebensalltages, Gestaltung  ist allgegenwärtig, selbst hier im hohen Haus, im öffentlichen Raum, im Bauwerk und in den Infrastrukturen des Landes und ist Motor, Impulsgeber und Imagefaktor-

Die Infrastrukturgestaltung möchte ich besonders in die Perspektive der zukünftigen Architekturpolitik einbringen.

Das Kultur- und Tourismusland Österreich vernachlässigt massiv den Landschaftsraum und die damit zusammenhängende Infrastrukturgestaltung.

Wenn wir an die Anfänge der Republik, beispielsweise an den Bau der Großglocknerhochalpenstrasse, der Kraftwerke Kaprun oder Steyrdurchbruch denken, was haben wir im Strassen-Brücken/Bahn-Kraftwerks/Bahnhof-Flughafen/Energiebau usw. vergleichsweise anzubieten?

Öde, unglaubliche Lärmschutzkorridore durch das ganze Land, skurrile Raststätten, kitschige Alpenhotels und Seilbahnstationen, Zollstationwüsten, Einkaufszentren auf der grünen Wiese und unsägliche Techno- und Gewerbeparks: das ganze Land im Praterdesign – sicher nicht aus und durch Expertenplanung.

 

Es obliegt Ihnen nun die Weichen für eine substantielle Zukunftsgestaltung zu stellen, nämlich die Förderungen und Finanzausgleichszahlungen an die Länder, Städte, Kommunen, Körperschaften und Unternehmen an Qualitätsgrundsätze zu binden.

Eine davon lautet: mit Experten/den Ziviltechnikern verbindlich zu planen.

Kann die Politik hier weiterhin ohne qualitative Inhalte öffentliche Gelder ausschütten und Verantwortung ohne Leitgrundsätze an Dritte deligieren ?         

Alles andere ist ein volkswirtschaftlicher und bildungspolitischer Irrsinn.

 

Der zweite Grundsatz der Architekturpolitik muss bedeuten, dass in Zukunft Architektur als Querschnittsmaterie in ministerialen Ressorts und Länderverwaltungen entsprochen wird und somit Kompetenzen neu strukturiert sowie Synergien geschaffen werden müssen. 

Durch kooperierende Ministerien sind neue Mitteln zu sichern, damit den ArchitektInnen der jährliche, dem Gemeinwohl zugute kommende, aber volks- und betriebswirtschaftlich frustierte Aufwand, den diese bei Wettbewerben einsetzen - nämlich jene 0,3 Promille des BIP = etwa 64,8 Mio € - als zukünftige Architekturförderung laufend refundiert werden kann.

 

Entwickeln wir ein Modell dazu!

Architektur ist dreidimensionale Wirtschaftskultur und allgegenwärtige soziale Kunst, handeln wir endlich danach zum Vorteil aller.

 

www.maxriederarchitektur.at


20.

Ullrich Schwarz:

 

Die Deutsche Bundesstiftung Baukultur

 

 

Das Thema der Qualität der gebauten Umwelt ist im Laufe der vergangenen fünf Jahre nicht nur von den üblichen Akteuren, sondern auch von der deutschen Bundesregierung in einer so in Deutschland bisher nicht bekannten Intensität aufgegriffen worden. Am Ende dieses Prozesses steht jetzt die Absicht, eine Bundesstiftung Baukultur zu gründen. Ich möchte Ihnen kurz den Vorlauf skizzieren bevor wir auf die Stiftung selbst zu sprechen kommen.

 

Im Frühjahr 1999 schlug die Bundesarchitektenkammer (BAK) eine „Initiative Architektur und Baukultur“ vor, die alle wesentlichen Partner an einen Tisch bringt: Architekten, Ingenieure, Denkmalschützer, Bauwirtschaft, Architekturvermittler, Hochschulen usw. Im Herbst 2000 wurde diese Initiative vom damaligen Bundesbauminister Klimmt auf den Weg gebracht und in den folgenden Jahren von seinen Nachfolgern fortgesetzt. Der Deutsche Bundestag äußerte sich positiv zu diesem Vorschlag. Eine Lenkungsgruppe aus Vertretern der Kammern und Verbände der Architekten und Ingenieure sowie der Länder und Kommunen begleitete die Initiative. Einige Landesregierungen, Kammern, Verbände und Institutionen nahmen sich ebenfalls des Themas Baukultur an; mit dem Kongress „Baukultur in Deutschland“ im Dezember 2001 in Köln wurde des Thema in eine breitere Öffentlichkeit getragen.

 

Im Frühjahr 2002 legte das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) den ersten Statusbericht „Baukultur in Deutschland“ vor (Verfasser Prof. Dr.-Ing. Gert Kähler / Hamburg). Der Statusbericht schildert das Zustandekommen der „Initiative Architektur und Baukultur“ und analysiert die gegenwärtige Lage: Baukultur, gesellschaftliche Tendenzen, Stadtentwicklung, Planungs- und Bauprozess, Bauherren und Bauwirtschaft, planende Berufe, Baukultur und Öffentlichkeit, Denkmalschutz und Baupolitik. Er gibt konkrekte Empfehlungen an den Staat, an die öffentlichen und privaten Bauherren, die Planer und ihre Berufsvertretungen, die Bauwirtschaft, sowie an Schule und Bildungswesen. Die Bundesregierung übernahm den Bericht und leitete ihn dem Bundestag zu; im Sommer 2002 und im Herbst 2003 diskutierte das Parlament das Thema Baukultur.

 

Aus der Initiative entstand die Idee der Einrichtung einer Bundesstiftung Baukultur, die den Prozess zur Pflege der Baukultur in der Öffentlichkeit kontinuierlich fördern soll.

 

Das BMVBW beauftragte im November 2001 den „Förderverein Bundesstiftung Baukultur“ (früher: Förderverein deutsches Architekturzentrum e.V.) mit Prof. Dr. Karl Ganser, ein Konzept für eine Stiftung Baukultur zu entwickeln. Im Frühjahr 2002 diskutierte ein Gründerkreis von etwa 120 Personen Inhalt und Organisationsform der geplanten Stiftung. Die vier Moderatoren Peter Conradi (BAK), Prof. Dr. Karl Ganser (Förderverein Bundesstiftung Baukultur), Parlamentarischer Staatssekretär Achim Großmann (BMVBW) und Dr. Karl-Heinrich Schwinn (BIngK) übernahmen es, den weiteren Prozess bis zur Gründung der Stiftung zu moderieren.

Im April 2003 fand in Bonn im ehemaligen Plenarsaal des Deutschen Bundestags der 1. Konvent der Baukultur mit Reden von Bundespräsident Johannes Rau, Bundesminister Dr. Manfred Stolpe (BMVBW) und Staatsministerin Christina Weiss statt. An dem Konvent nahmen PreisträgerInnen bundesweiter Architektur- und Ingenieurpreise der vorangegangenen fünf Jahre teil, darüber hinaus Mitglieder der Jurys, der preisgebenden Institutionen, HochschullehrerInnen, Bauherren und Investoren, sowie Vertreter der Bau- und Wohnungswirtschaft. Der Konvent diskutierte das Vorhaben der Stiftung Baukultur und nahm die Grundsätze für die Aufgaben und Instrumente der geplanten Stiftung zustimmend zur Kenntnis. Bis zur Gründung der Stiftung sollten die vier Moderatoren das Projekt weiter betreiben.

 

Im Herbst 2003 wählten die 490 Mitglieder des Konvents in Form einer Briefwahl mit einer Wahlbeteiligung von 81 % aus ihren Reihen ein Präsidium mit 20 Mitgliedern, das im November 2003 zum ersten Mal zusammentrat und nun die Aufgaben der geplanten Stiftung weiter ausformen wird.

 

Der Bundestag hat am 16.10.2003 das Thema Baukultur diskutiert und die Bundesregierung aufgefordert, ihre in der Regierungserklärung 2003 angekündigte Absicht, eine gesetzliche Stiftung Baukultur auf Bundesebene zu errichten, umzusetzen. (Bundestagsdrucksache 15/1092). Im Jahr 2004 soll das Stiftungsgesetz in der Bundesregierung beraten und beschlossen, die Stiftung im Frühjahr 2005 errichtet werden.

 

Die zu gründende Bundesstiftung Baukultur hat folgende grundsätzliche Aufgaben :

-         kontinuierlich eine Standortbestimmung zur Baukultur in Deutschland vorzunehmen

-         den öffentlichen Dialog über Baukultur in Deutschland in vielfältiger Weise anzuregen und zu fördern

-         ein Kommunikationsnetzwerk der Akteure im Bereich der Baukultur aufzubauen

-         die Leistungen deutscher Architekten, Ingenieure und anderer am Planen und Bauen Beteiligter vor allem international darzustellen und bekannt zu machen.

 

Die Bundesstiftung Baukultur soll das seit langem gekannte Defizit beseitigen, dass es in Deutschland – im Unterschied zu vielen anderen europäischen Nachbarstaaten – keine auf nationaler Ebene agierende Institution gibt, die ein öffentliches Qualitätsbewusstsein für die gebaute Umwelt stimuliert und weiterentwickelt, die die bundesweite Kommunikation der Akteure organisiert und die nicht zuletzt auch die internationale Außendarstellung der Leistungen deutscher Architekten und Ingenieure systematisch und kontinuierlich betreibt.

 

Insgesamt geht es der Stiftung um eine Verbesserung der gesellschaftlichen Lebensbedingungen über eine Verbesserung der Qualität der gebauten Umwelt. Die Aktivitäten der Stiftung richten sich daher an die Öffentlichkeit und sind nicht berufsständisch oder nur fachlich orientiert. Daher ist die Gründung der Stiftung Baukultur eine öffentliche Aufgabe.

 

Das lässt sich an den bislang ins Auge gefassten wesentlichen Instrumenten und Arbeitsfeldern der Bundesstiftung deutlich machen:

1.     Internationale Darstellung deutscher Architektur- und Ingenieurleistungen

2.     Bundesweites Netzwerk Baukultur

3.     Bericht zur Lage der Baukultur

4.     Das Schwarz-Weiß-Buch

5.     Stadt der Baukultur

6.     Experiment Baukultur

 

Internationale Darstellung deutscher Architektur- und Ingenieurleistungen

 

Im Unterschied zu vielen europäischen Nachbarländern gibt es eine nationale Architekturpolitik und Förderstrategie in Deutschland bisher nicht. Das hat dazu geführt, dass die Leistungen deutscher Architekten und Ingenieure im Ausland relativ unbekannt geblieben sind. Hier muss drin­gend Abhilfe geschaffen werden. Dieses Ziel soll umgesetzt werden durch Ausstellungen, Publikationen, Veranstaltungen im Ausland, Internet, etc.

 

Nationales Netzwerk Baukultur

Das Netzwerkgespräch der Architektur vermittelnden Akteure (Hochschulen, Museen, Galerien, Zeitschriften, Verlage, etc.) sichert als Forum den nationalen Erfahrungsaustausch mit den vielen auf unterschiedlichen Ebenen tätigen Einrichtungen und koordiniert die hier vorhandenen Potentiale.

 

Bericht zur Lage der Baukultur

Der Bericht zur Lage der Baukultur soll alle zwei Jahre unter struktureller Perspektive übergreifende Themen und Fragestellungen der aktuellen Entwicklungen des Planens und Bauens in Deutschland im Kontext politischer, ökonomischer und soziokultureller Rahmenbedingungen aus der Sicht unabhängiger Experten analysieren. Der Bericht wird dem Bundestag zugeleitet und soll der Verbesserung einer gesamtstaatlichen Wahrnehmung und Steuerung des Bereiches Baukultur dienen.

 

Das Schwarz-Weiß-Buch

Während der Bericht zur Lage der Baukultur eine strukturelle Analyse übergreifender Themen vorlegt, geht es bei dieser jährlich erscheinenden Publikation um die Verdeutlichung der Qualitätsmaßstäbe von Baukultur an konkreten Beispielen. Unabhängige Autoren sollen anschaulich und für die öffentliche Diskussion nachvollziehbar besonders prägnante Projekte und Prozesse untersuchen. Hier soll und muss Vorbildliches herausgestellt werden, es muss aber auch klar und deutlich auf Fehlentwicklungen hingewiesen werden.

 

Stadt der Baukultur

Die Diskussion über Baukultur muss auch zu einem bundesweiten Thema auf der Ebene der Städte und Gemeinden im bundesdeutschen Vergleich werden. Daher soll in einem noch festzulegenden Zeitrhythmus eine Stadt ausgezeichnet werden, die besonders anerkennenswerte Aktivitäten und Leistungen auf dem Gebiet der Baukultur nachweisen kann. Diese Aktion führt zu einer nationalen Aufmerksamkeit für das Thema und regt das Engagement von Kommunen im Rahmen einer nationalen Konkurrenz an.

 

Experiment Baukultur

Hier sollten außergewöhnlich innovative und zukunftsweisende Konzepte und Projekte gefördert und ausgezeichnet werden, die für die Fortentwicklung des Planens und Bauens insgesamt von Bedeutung sind. Hier liegt ein übergreifendes Interesse an Innovations- und auch Nachwuchsförderung.

Dieses sind einige der wichtigsten Arbeitsfelder einer Bundesstiftung Baukultur. Andere können hinzukommen.

 

Finanzierung der Stiftung

Die Stiftung wird zunächst durch jährliche Zuwendungen der Bundesregierung finanziert. Zusätzlich soll mittelfristig privates Kapital akquiriert werden.

 

Struktur der Stiftung

Es handelt sich um eine gesetzliche Bundesstiftung, die formal vom Parlament und der Bundesregierung kontrolliert wird, inhaltlich aber weitestgehend unabhängig bleibt. Der Fachbeirat der Stiftung, der das Arbeitsprogramm festlegt, wird durch das gewählte Präsidium des Konventes der Baukultur nominiert. Dieser Konvent umfasst etwa 500 Personen, die aus allen relevanten Bereichen des Handlungsfeldes Planen und Bauen stammen. Dieser Konvent kommt alles zwei Jahre zusammen und bildet eines der großen öffentlichen Foren der Stiftung Baukultur.

Noch gibt es diese Stiftung nicht. Die politische Entscheidung wird aber bis Endes dieses Jahres fallen.

 

Dr. Ullrich Schwarz

Vorsitzender des Fördervereins Bundesstiftung Baukultur


21.

 

 

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  

 

 

 

 

 

Reinhard Seiß:

 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Raumplanung ist in Österreich Sache der Länder und Gemeinden. Was kümmert es also den Bund, wie sich unsere Städte und Dörfer entwickeln? Sehr viel, wie ich meine – denn schlechte Planung kostet eine Menge.

 

Schlechte Raumplanung kostet den Bund eine Menge Geld. Denn je mehr die Zersiedlung und Suburbanisierung durch eine sorglose Flächenwidmung von Ländern und Gemeinden vorangetrieben wird, desto mehr muß die öffentliche Hand für Straßen, für Wasser- und Energieversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung bezahlen. Andererseits zwingt der Staat die Gemeinden zu einer rücksichtslosen Siedlungspolitik, da die Budgetierung jeder Kommune im Zuge des Finanzausgleichs einzig und allein von ihrer Einwohnerzahl abhängt – und nicht etwa von der Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz ihrer Siedlungspolitik. Das Österreichische Institut für Raumplanung hat die öffentlichen Ausgaben für die unkontrollierte Siedlungsentwicklung in Österreich berechnet: Allein an technischer Infrastruktur verursacht die Zersiedlung Mehrkosten von 150 Mio. Euro pro Jahr!

 

Schlechte Raumplanung kostet Österreich auch eine Menge Arbeitsplätze. Wir beklagen zwar den Niedergang von Landwirtschaft und Industrie – welche dramatischen Einbußen an Jobs allerdings der Handel verzeichnet, der sich in immer neuen Shopping Center konzentriert, wird beharrlich ignoriert. Sogar die Wirtschaftskammer wies jüngst darauf hin, daß Österreich keine weiteren Einkaufszentren mehr braucht – da wir im europäischen Vergleich von Handelsflächen pro Kopf ohnehin im absoluten Spitzenfeld liegen. Die heimische Planungspolitik genehmigt aber nach wie vor einen Konsumtempel nach dem anderen – und ruiniert damit die kleinteilige Geschäftsstruktur in den Städten.

 

Schlechte Raumplanung kostet uns allen Lebensqualität: Denn je mehr die Bevölkerung zum Wohnen und zum Einkaufen an den Stadtrand oder ins Stadtumland gelockt wird, und je mehr die Bürger dadurch vom Auto abhängig werden – um so unattraktiver wird das Leben in unseren Städten. Sei es durch die zunehmende Verkehrsbelastung, sei es durch das fortschreitende Absterben der Erdgeschoßzonen. Die jüngste Volkszählung verdeutlicht diese dramatische Entwicklung: Linz verlor in den 90er Jahren mehr als 8 Prozent seiner Bevölkerung, Graz büßte in nur fünf Jahren 5,5 Prozent ein – und Wien verlor allein von 2000 auf 2001 46.000 Einwohner an den Speckgürtel der Peripherie. Gleichzeitig verhindert die kurzsichtige österreichische Einwanderungspolitik den notwendigen Zuzug ausländischer Familien, die unsere verödenden Städte mit neuem Leben und Wirtschaftskraft erfüllen könnten. Von Verödung ist auch der ländliche Raum betroffen: Da man mit dem Auto – staatlich subventioniert, Stichwort Pendlerpauschale – überall hinfahren kann, gibt es in den Dörfern immer weniger Geschäfte, Gasthäuser, Postämter, Ärzte und Schulen – und auch immer weniger Arbeitsplätze.

 

Schlechte Raumplanung kostet Ihnen, sehr geehrte Abgeordnete, auch viel an künftigem politischen Spielraum: Denn je mehr wir die knappe besiedelbare Fläche Österreichs heute verbauen, um so weniger Handlungsoptionen haben wir in den nächsten Jahrzehnten. Bereits jetzt entspricht die gesamte Verkehrsfläche Österreichs – also die Summe aller Straßen, Wege und Parkplätze – der Größe des Landes Vorarlberg. Statistisch gesehen werden für jeden Österreicher tagtäglich zwischen 7 und 12 qm Freifläche verbaut. Das sind jedes Jahr 3.000 bis 4.000 qm pro Kopf! Die öffentliche Hand subventioniert diesen Bodenverbrauch unter anderem durch eine undifferenzierte Wohnbauförderung – die keinen Unterschied macht, ob man sein Häuschen auf 250 qm oder auf 1.500 qm stellt.

 

Schlechte Raumplanung – und damit meine ich auch schlechte Umwelt- und Verkehrspolitik – kostet nachfolgenden Generationen schließlich ihre Zukunft: Der Bau immer neuer Schnellstraßen und Autobahnen steht für eine bundesweite Raumordnungspolitik, die allen Klimaschutzzielen zuwider läuft. Gemessen an der Bevölkerungszahl weist Österreich bereits jetzt nach Luxemburg die meisten Autobahnkilometer aller Staaten der EU auf. Und so verwundert es nicht, daß wir als vermeintliches Umweltmusterland Europas hinsichtlich der CO2-Reduktion an beschämender vorletzter Stelle liegen. Nicht die Länder und Gemeinden allein sind dafür verantwortlich, daß überfällige Investitionen in den Schienenverkehr seit Jahrzehnten hinausgeschoben werden – und der öffentliche Verkehr bei abnehmender politischer Wertschätzung permanent teurer wird.

 

Für eine nachhaltige Raumplanung und eine volkswirtschaftlich günstigere Siedlungsentwicklung könnten Sie als Bundespolitiker Entscheidendes beitragen. Lassen Sie mich daher abschließend vier Appelle an Sie richten:

 

1. Der Bund sollte seine raumordnungspolitische Verantwortung stärker wahrnehmen, um überregionale Fragen zu regeln und allgemeine Qualitätskriterien der Planung für Länder und Gemeinden vorzugeben.

 

2. Der Bund sollte die Folgekosten der Raumplanungspolitik von Ländern und Gemeinden, über den Finanzausgleich kontrollieren. Nachhaltige Siedlungspolitik könnte finanziell belohnt, eine volkswirtschaftlich teure Raumentwicklung durch Budgetkürzungen bestraft werden.

 

3. Der Bund sollte seine Investitionen, vor allem im Bereich Verkehr, ebenso nach raum- und umweltverträglichen Kriterien tätigen, wie alle raumrelevanten Subventionen – insbesondere Wohnbauförderung und Pendlerpauschale – an verkehrsvermeidende und flächensparenden Auflagen knüpfen.

 

4. Blicken Sie öfter über die Grenzen unseres Landes: Ob in Deutschland und der Schweiz, ob in den Niederlanden oder in Skandinavien – vielerorts hat eine mutige Planungspolitik vorbildliche Lösungen für die hier angesprochenen Probleme gefunden. Und sei es nur deshalb, weil Ihren Kollegen bewußt war, daß eine schlechte Raumplanung eine Menge kostet.

 

 

Ich danke Ihnen.

 

 


22.

 

Dietmar Steiner:

 

 

Österreichische Baukultur im internationalen Vergleich

 

Staatssekretär Morak sagte gestern abend, bei einer Feier zum 70. Geburtstag von Hans Hollein, dass dieser ihm sagte, dass unter allen Künsten der letzten Jahrzehnte dieses Landes, es einzig die österreichische Architekturwar, die Weltgeltung erlangte.

Also nicht die Musik, die bildenden Kunst, die Literatur, auch nicht Oper und Theater, - es sind die Leistungen der österreichischen Architekten, die den Begriff der Kulturnation Österreich international begründen.

 

Ich bin sicher, sie alle hier, die nicht ständig und professionell mit Architektur zu tun haben, werden ungläubig staunen. Schließlich kennen sie dieses Land, sehen die zersiedelten Landschaften, die Wucherungen der Peripherien unserer Städte und Dörfer. Und sie alle hier glauben, dass haben diese soeben so gerühmten Architekten gemacht, dieses ist Architektur.

 

Nein, das ist nicht Architektur. Das ist die nicht vorhandene Baukultur. Diese ist kein künstlerischer Spiegel dieser Gesellschaft, sondern ein gebauter Ausdruck der gesellschaftlichen, der politischen, der kulturellen Verfassung dieser Gesellschaft.  Sie und ich, wir alle sind für dieses Desaster verantwortlich.

 

Mein Titel lautet: Österreichische Baukultur im internationalen Vergleich.

Und in dieser Kategorie ist Österreich ein ganz normales Land.

Es ist so zerstört wie viele anderen Länder auch.

Um dieses zum Positiven zu ändern braucht es bessere Instrumente der Raumplanung, braucht es besser informierte Bauherrn, Politiker, eine besser qualifizierte und nicht kaputt gesparte Bauindustrie.

Es braucht ein Bewusstsein und die entsprechenden Rahmenbedingungen für qualitätsbewusste Prozesse der Entstehung von nachhaltigen Planungen und Bauten.

 

Die notwendige Verbesserung dieses Zustands ist der zentrale Anlass dieser Enquete, für die ich den Initiatoren und dem österreichischen Parlament unendlich dankbar bin.

 

Und es gibt einen weiteren zentralen Grund warum wir aus dieser prekären Situation herauskommen müssen. Und das ist nun die eingangs angesprochene künstlerische Bedeutung der österreichischen Architektur.

 

Österreich ist ein kleines Land. Kleiner als Bayern. Aber die Welt der Architektur, die Kritiker, die Publizisten, die Historiker, - all jene weltweit, die sich professionell mit der Entwicklung der Architektur beschäftigen, kennen…sterreich und kennen die Personen und Leistungen einer Vielzahl von österreichischen Architekten.

 

Hier liegen wir weit vor den USA, befinden uns auf gleicher Ebene mit der britischen, französischen, spanischen, niederländischen und Schweizer Architektur. Große Nationen wie Deutschland, Italien, und die skandinavischen Länder blicken neidvoll auf die kreative Szene der österreichischen Architekten. Und es gibt kaum ein weltweit distribuiertes japanisches Architekturmedium, in dem nicht mindestens ein Projekt österreichischer Architekten publiziert wird.

 

Österreichische Architekten werden rund um den Globus zu Präsentationen und Vorträgen eingeladen. Sie sind gefragte Gastprofessoren an den besten amerikanischen und europäischen Universitäten. Die international gezeigten Ausstellungen österreichischer Architektur des Architekturzentrum Wien haben inzwischen genausoviel Besucher im Ausland wie in Österreich.

 

Ich würde ihnen heute gerne eine Studie auf den Tisch knallen, in der mit Fakten und Daten diese internationale Bedeutung der Kreativität österreichischer Architekten belegt wird.

 

Es gibt sie nicht, weil sich die Politik bisher dafür nicht interessierte. Deshalb müssen sie mir einfach nur glauben. Ich halte derzeit Vorlesungen an drei verschiedenen Universitäten in Barcelona, ich war fünf Jahre lang Chefredakteur für Architektur der weltgrössten Architekturzeitschrift "domus" in Milano, und ich bin fast ein drittel des Jahres weltweit unterwegs, eingeladen, um über das Wunder der zeitgenössischen Architektur aus Österreich zu referieren.

 

 

Deshalb zum Schluss:

Ich verlange von der Politik, dass sie die Kunst der Architektur, die Leistungen der österreichischen Architekten endlich auch entsprechend wirtschaftlich unterstützt und anerkennt.

 

Und ich verlange von der Politik, dass sie die Instrumente und Rahmenbedingungen entwickelt, um die weltweite Bedeutung der architektonischen Spitzenleistungen dieses Landes für die allgemeine Baukultur dieses Landes wirksam zu machen.

 

Dieses kleine unbedeutende Land muss endlich erkennen, dass es in seiner architektonischen Produktivität ein unglaubliches Potential hat.

 

Bitte denken sie darüber nach: Ein gelebtes Bekenntnis für die Qualität der zeitgenössischen Architektur ist auch ein Indikator für die Modernität einer Gesellschaft.

 

Architektur, glauben sie mir, ist ein Lebensmittel. Ein österreichisches Bekenntnis zur Zeitgenossenschaft, ist inzwischen ein Überlebensmittel.

 


23.

 

Norbert Steiner:

 

Der Zivildienst des Architekten

 

Als einziges Land der EU verlangt Österreich ein dreijähriges Berufspraktikum im Angestelltenverhältnis in einem Ziviltechnikerbüro, um den Titel Architekt zu erlangen.

 

In Deutschland zB reicht der Nachweis über zwei Jahre Berufserfahrung mit eigenen Projekten, um Mitglied in der Architektenkammer zu werden.

 

So kommt es, das die österreichische Architektur auf internationalen Ausstellungen (Biennale von Venedig...) immer öfter von in österreich nicht anerkannten Architekten vertreten wird.

 

Deshalb sollte man versuchen flexiblere Aufnahmebedingungen für die Architektenkammer zu schaffen, oder die Statuten einer deutschen Architektenkammer  (inkl. Mitgliedsbeiträgen) einfach abschreiben.

 

DI Norbert Steiner

 

sputnic

 


24.

 

ERICH G. STEINMAYR:

 

 ZUM UMGANG MIT DER SUBSTANZ

 

Im Gegensatz, oder besser in Fortführung und Ergänzung zum ausschließlich progressiven Zukunftsdenken der Avantgarde der ersten Jahrzehnte des 20. Jahr- hunderts und der Nachkriegsmoderne, ist in aktueller Sicht – mit bereits erworbenem Überblick über die Denkmodelle des Rationalismus sowie der Postmoderne – auch für zukunftsorientierten Technologien offene Architekten und Städteplaner das feste Bewußtsein vorhanden, daß das Schaffen aus dem gegenwärtigen soziokulturellen Kontext und Hintergrund eng verknüpft ist mit der aus der Vergangenheit über- lassenen Architektursubstanz.

 

Dem Traum der Zwanzigerjahre, nur nach völliger Eliminierung des historischen Erbes ein für die Gesellschaft brauchbares Habitat zu schaffen, ist die Erkenntnis gefolgt, daß das historische Bewußtsein – auch in Form von Architektur und gebauter Landschaft – zwangsläufig die Basis für die Denkschulen der Zukunft ist. Nur das Be- wußtsein, an der Welt weiter zu bauen, und nicht eine neue zu erfinden, ermöglicht - im Gegensatz zu nur aus der Detailposition der Gegenwart entwickelten Konzepten -  Resultate mit mehrdimesionaler Reflexion, die trotzdem eine aktuelle Positionierung des Autors zulassen. Dies gilt offenbar für alle Kulturregionen der Welt.

 

Im Besonderen bedeutet also Weiterbauen am vorhandenen künstlichen Kontext zwar stets Neues zu erfinden, aber auch Vorhandenes weiter zu gebrauchen und ge- gebenenfalls auf die zukünftigen Bedürfnisse zu adaptieren, so daß es weiterhin funktionsfähig bleibt, und wenn auch in veränderter oder gewandelter Weise. Historische Architektur, geschichtlich belegter Landschafts- und Stadtraum in gegen- wartsbezogener Nutzung, vermitteln zudem - durch ihre physische Präsenz emotio- nal auf unmittelbare Weise - historische Inhalte als Grundlage und Reflexion unserer eigenen Existenz. Dies bedeutet in der Folge, daß sie unter dem Aspekt von gesamtheitlicher, fachübergreifender Sicht grundsätzlich unverzichtbares Kulturgut darstellen, auch als Impulsgeber und Weichensteller für zukunftsgerichtete Visionen.

 

Der Umgang mit der vorhandenen Substanz hat in Korrelation mit dem zwingenden Grundsatz jeder kreativen, künstlerischen Tätigkeit zu stehen, daß alle Interventionen aus gegenwartsbezogener, zukunftgerichteter Sicht entwickelt werden, sodaß Neues auch als geschichtsfähiges Gut der Entstehungszeit lesbar sein wird. Die Einfügung und Einordnung des bereits Bestehenden in dieses Bild erzeugt jedoch mehr Komplexität und Kontinuität, in literarischer Hinsicht Vielschichtigkeit und Differenziertheit. In dieser Weise ist, wenn immer aus städtebaulicher, kultureller und ökonomischer Sicht belegbar, vorhandene Bausubstanz - in Abhängigkeit ihrer Bedeutung solche Inhalte zu vermitteln, also im Sinne eines Denkmales -  zu erhalten und progressiv zu beleben.

 

Für die pragmatische Umsetzung dieses theoretischen Ansatzes gibt es keine Rezeptur in Hinblick auf die zu treffenden Maßnahmen. Für jedes Projekt ist neu zu prüfen, welche Potentiale zur Nutzung vorhanden sind, welche semantischen Botschaften tranportiert werden und welche Qualität der Ort in Bezug auf Innen - und Außenräume aufweist. Dabei kommt einerseits natürlich der Bewahrung von Detailelementen Bedeutung zu, wesentlich ist jedoch vor allem, daß der entstehende Kontext von Alt bzw. Alt und Neu eine klare Grammatik aufweist, die die Übertragung sowie das Erleben der erwähnten Mitteilungen und Stimmungen ermöglicht. Diese können weit über den strukturellen und informellen Gehalt des Bauwerkes bzw. des Ensembles hinausreichen.

 

So erzählt etwa der Palazzo della Ragione in Padua, über sein materielles Gefüge hinaus, Unterschiedlichstes über differenzierte Inhalte der Stadt, was ein in der Gegenwart errichtetes, gleichartiges Gebäude in der gleichen Art nicht vermöchte. Dies ist auch eine der grundlegenden urbanen Theorien Aldo Rossis in L`architettura della Citta` 1966, wo wesentliche Elemente der Sichtweise der Gegen- wart, eine Wende in der grundsätzlichen Theorie der Moderne,  vorformuliert worden sind. Die können beispielsweise auch die Biedermeierräume Wiens die Stimmung der frühen Romantik vermitteln, etwa die der Entstehung der Musik von Schubert, manche Altstdträume Prags eröffnen für den Wissenden bildhaft einen direkten Bezug für die  Lebenskultur der Zeit Mozarts, Ein Weiterbauen an solchen Kunsträumen im Sinne  der Gegenwart kann kulturell unverzichtbare Zeitbrücken bilden. 

 

Aus der vielschichtigen Gegenwartsbetrachtung, die auf unterschiedlichsten Bewertungsebenen erfolgt, auch auf der wirtschaftlichen, muß sich schlußendlich auch zeigen, ob die Geschichte einer historischen Baustruktur noch weiterge- schrieben werden kann. Wie für alle endlichen Dinge, kann auch für Substanz im Sinne eines Denkmales die Zeit kommen, wo auf sie verzichtet werden muß, und dies kann durchaus auch ökonomische Gründe haben. Wenn beispielsweise Architektur im ursprünglich gebauten Zusammenhang nicht mehr wirtschaftlich nutzbar oder finanzierbar ist, eine Umnutzung aber Grammatik und Lesbarkeit beeinträchtigt, muß die Überlegung, zum Verzicht auf das Vorhandene und zum Impuls für einen Neuansatz legitim sein. Doch auch solche Entscheidungen müssen auf dem Grundsatz, aus gegenwärtiger Sicht am Vorhandenen weiterzubauen, getroffen werden.

 

Die gesetzlichen Grundlagen müssen Spielregel und Handlungsspielraum zugleich für diese Gesinnung - auf hohem Niveau – sein. Sie müssen sicherstellen, daß größtmögliche Qualität entsteht, und daß dies nicht primär eine Kostenfrage sein kann.

 


25.

                  

Gerlind Weber:

 

 

Raumordnung schont Ressourcen

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr geehrte Damen und Herren!

 

Wenn hier von „Baukultur in Österreich“ die Rede ist, so muss uns neben der Frage nach dem Wie gebaut werden soll, auch die Vorfrage, nämlich nach dem Wo gebaut werden soll, beschäftigen. Die Frage der Baukultur schließt also die der Planungskultur mit ein. Die Beantwortung letzterer Frage bringt die Raumplanung ins Spiel, liegt doch eine ihrer Hauptaufgaben in der  vorausschauenden Trennung von Bauland und Nichtbauland, also in der Sicherstellung geordneter Siedlungsentwicklungen durch kompakte Siedlungskörper einerseits und in der Freihaltung von im wesentlichen unbebauten Flächen, also dem möglichst weitgehenden Schutz der offenen Kulturlandschaft vor Bebauung, anderseits.

 

Im Dialog mit Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren als Nationalabgeordnete, drängt sich dabei als das zentrale Problem die tiefe Kluft zwischen dem genannten Anspruch, der ja heuer seit genau 50 Jahren auch verfassungsrechtlich festgeschrieben ist und der dazu kontrastierenden Praxis der Zersiedelung auf. So möchte ich hier die Gelegenheit wahrnehmen, zunächst das höchst Problematische an der Zersiedelung zu benennen, um in der Folge herauszuarbeiten, was Sie als Bundesgesetzgeber zum Problemabbau beitragen könnten.

 

Das Ausufern der Bebauung an den Siedlungsrändern sowie das Entstehen von Siedlungssplittern mitten in der offenen Kulturlandschaft ist vor allem aufgrund folgender Überlegungen eine schwere Hypothek für die Zukunft:

 

-          Zersiedelung bedeutet lange Wege, die nur mehr mit dem Auto zurückgelegt werden können und torpediert somit die Anstrengungen um den Klimaschutz;

 

-          Zersiedelung fördert den Zusammenbruch der Nahversorgung und ist demnach auch als Problem vor dem Hintergrund des demographischen Wandels (Alterung und Vereinzelung) wahrzunehmen;

 

-          Zersiedelung bedeutet kostspielige, weil weitläufige Infrastruktursysteme und ist so mit Vergeudung öffentlicher Mittel gleichzusetzen (1 Laufmeter Straße, Gehsteig, Kanal, Beleuchtung kostet mindestens 1000,-- €). Die hohen Infrastrukturkosten belasten enorm die Haushalte der Gebietskörperschaften;

 

-          Zersiedelung verunmöglicht den Aufbau von Nahwärmeversorgungssystemen auf Basis erneuerbarer Energien (Holz: 50 Anschlüsse auf 1 km Leitung notwendig);

 

-          Zersiedelung geht Hand in Hand mit einem Raubbau am Lebenselement Boden und ist so ein Verstoß gegen das Gebot der prinzipiell größtmöglichen Schonung von nicht erneuerbaren Ressourcen (Ökologie, intergenerationelle Gerechtigkeit);

 

-          Zersiedelung trägt zur optisch-sinnlichen Verarmung von Stadt-, Orts- und Landschaftsbildern bei und ist demnach auch als schleichender Verlust kultureller Werte und ihrer schwindenden touristischen Vermarktbarkeit zu interpretieren.

 

Wenn sich die Europäische Union in der Erklärung von Lissabon das Ziel gesetzt hat, bis 2010 zum weltweit leistungsstärksten Wirtschaftsraum zu avancieren, so wird die Zielerreichung auch durch ökonomisch rationelle und ökologisch langfristig tragfähige Siedlungsstrukturen mitbestimmt werden. Konsequente Zersiedelungsabwehr ist daher ein Gebot der Stunde.

 

Auf Bundesebene empfehlen sich folgende Ansatzmöglichkeiten zur Problemlösung beizutragen:

 

-          Kritische Prüfung der Kompetenzverteilung bei Raumplanung und Baurecht im Österreichkonvent;

 

-          Stärkung der staatlichen Aufsichtsmittel gegenüber den Gemeinden als Träger der örtlichen Raumplanung;

 

-          Stärkung der verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zur Zusammenarbeit zwischen den Gebietskörperschaften;

 

-          Erweiterung des verfassungsrechtlichen Rahmens für aktive Bürgermitwirkung an Planungsentscheidungen;

 

-          Bindung der Zuwendung von Mitteln aus dem Finanzausgleich an raumbezogene Qualitätskriterien und/oder Sparziele;

 

-          Großzügige Umsetzung der EU-Richtlinie für die Strategische Umweltprüfung bei den Plänen und Programmen des Bundes;

 

-          Stärkere Bindung der Kommunalkreditvergaben an einschlägige Qualitätskriterien und laufende Qualitätssicherung;

 

-          Laufende Vermittlung eines entsprechenden Problembewusstseins bei den Entscheidungsträgern und Bürgern;

 

-          Schrittweise Heranführung der Infrastrukturkostenverteilung an das Verursacherprinzip.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, Sie sehen selbst, die Gewährleistung zukunftsfähiger Siedlungsentwicklungen als Teilziel einer gehobenen Baukultur in Österreich ist jedenfalls keine Frage, deren Antworten nur eine kleine Fachelite beschäftigen darf!


26.

Die Plattform für Architektur und Baukultur

 

 

Unser Ziel ist es Architektur und Baukultur in Österreich wieder politisch zu verankern, um eine engagierte Architekturpolitik zu ermöglichen. 

 

In der Politik muss Baukultur wieder als gesamtheitliches und Ressortübergreifendes Anliegen wahrgenommen werden. Nur dadurch können soziale, ökonomische, ökologische und kulturelle Rahmenbedingungen für eine lebenswerte Umwelt auch für künftige Generationen gesichert werde.

 

 

Beginnend mit dem Nationalratswahlkampf im Herbst 2002 haben sich die wesentlichen Architekturorganisationen Österreichweit zusammengeschlossen, um als unabhängige und überparteiliche „Plattform für Architektur und Baukultur“ den Dialog zwischen Architekturschaffenden und PlanerInnen einerseits, sowie den PolitikerInnen andererseits neu zu beleben. Viel zu lange hatten sich die Berufsvertretungen, Universitäten, sowie die Architekturschaffenden selbst auf ihre rein fachlichen Tätigkeitsbereiche zurückgezogen und die Kontakte mit der Parteipolitik bzw. mit politischen EntscheidungsträgerInnen auf das Notwendigste beschränkt. Architektur wurde zunehmend auf ihren technisch-ästhetischen Aspekt reduziert. Die soziale, wie gesellschaftliche Bedeutung wurde aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit zunehmend verdrängt. Dies hatte zur Folge, dass mit der Zeit kompetente AnsprechpartnerInnen mit entsprechendem Problembewusstsein abhanden kamen und Baukultur in der heutigen, politischen Realität keine nennenswerte Rolle mehr spielt.

 

Begriffe wie „Baukultur“ oder „Architektur“ sind weder in den Programmen der politischen Parteien zu finden, noch in den diversen Ressorts der österreichischen Bundesverwaltung. Gab es bis 1987 noch ein eigenes Bautenministerium, ist heute der Rest des Bundeshochbaues in der Abteilung für „Tourismus und historische Objekte“ im Wirtschaftsministerium angesiedelt. Die Architektur- und Bauagenden sind zumeist ausgegliedert, privatisiert oder aufgrund ihrer Verteilung über fast alle Ressorts bis zur Bedeutungslosigkeit zersplittert. Oft ins kulturelle Eck gedrängt, fristet Architektur und Ressortübergreifende Planungskultur ein Schattendasein.

 

Dies, obwohl beispielsweise im „Ersten Österreichischen Kreativwirtschaftsbericht 2003“ die Sparte „Architektur“ als Hoffnungsträger und einer der wesentlichen Motoren der zukunftsträchtigen Kreativwirtschaft  ausgewiesen wurde. Derzeit fehlen jedoch entsprechende Daten und Untersuchungen, um für diese Branche strategische bzw. fördernde Maßnahmen nachhaltig setzen zu können.

 

Ebenso finden die Leistungen Österreichischer Architekturschaffender höchste  Anerkennung und sind im internationalen Architekturgeschehen überproportional stark vertreten. Dennoch fehlt es derzeit an Mitteln und Strukturen, um die Positionierung und den Export dieser kreativen Dienstleistungen im Ausland nachhaltig zu unterstützen.

 

Die geringe Verankerung von Architektur und Baukultur in Politik und Verwaltung steht in krassem Gegensatz zur Tatsache, dass Herr und Frau Österreicher den mit Abstand größten Teil ihrer finanziellen Mittel für die eigenen vier Wände investieren. Über 80% der Österreichischen Bevölkerung geben die Schaffung eines Eigenheimes bzw. qualitativ hochwertiger Wohnformen als eines ihrer wichtigsten Lebensziele an.

 

Und auch bei Umfragen der Tourismuswirtschaft ist „Architektur“ immer wieder unter den „Top Drei“ Faktoren zu finden, weshalb Gäste aus dem In- und Ausland gerne ihren Urlaub in Österreich verbringen. Hochwertige, zeitgenössische Baukultur und interdisziplinäre Planungskultur stellen somit wesentliche Faktoren für die touristische Zukunft unserer Städte, Dörfer sowie für die Entwicklung bzw. Erhaltung des Landschaftsbildes dar.

 

Es besteht daher akuter Handlungsbedarf, um diesem Stellenwert in der Österreichischen Bevölkerung, sowie der wirtschaftlichen Bedeutung auch durch eine entsprechend engagierte Architekturpolitik Rechnung zu tragen. Als erster Schritt hat die Plattform für Architektur und Baukultur die Abhaltung einer Parlamentarischen Enquete initiiert, sowie einen Maßnahmenkatalog für erste politische Umsetzungen erarbeitet.

 

Die Entwicklung zur Plattform 2003

 

Der anlässlich der Nationalratswahl 2002 gestartete Prozess hat gezeigt, dass bei den PolitikerInnen einerseits ein großes Informationsdefizit hinsichtlich der Leistungen von ArchitektInnen und IngenieurInnen sowie allen in diesen Bereichen Tätigen (Universitäten, Vermittlungsorganisationen, Interessensvertretungen,…) besteht. Andererseits wurde seitens der PolitikerInnen Interesse gezeigt, diesen Dialog weiter zu führen um die Beziehungen zu vertiefen.

 

Das war Motivation auch über die Wahl 2002 hinaus tätig zu bleiben, mit dem Ziel einen langfristigen Dialog mit politischen EntscheidungsträgerInnen auf unterschiedlichen Ebenen zu etablieren. Parlamentarischen MandatarInnen aller Fraktionen, VertreterInnen der Bundesregierung, Abgeordneten der Landtage und weiteren relevanten politisch tätige Akteuren sollten die Vorteile einer engagierten und Ressortübergreifenden Architekturpolitik näher gebracht werden.

 

Durch gemeinsame und kontinuierliche Aktivitäten sollte nach dem Motto:„Architektur könnte überall sein - aus Bauen muss Architektur werden“ ein entsprechendes Bewusstsein zur baukulturellen Verantwortung geschaffen werden. Und ebenso sollte das Verständnis für zeitgenössische Architektur und Baukultur gefördert werden.

 

Im Frühjahr 2003 wurde daher eine Redaktionsgruppe gegründet, die sich fortan monatlich traf und für die Vernetzung der Plattform, aber auch für die strategische Entwicklung verantwortlich zeichnete. Als erstes Zwischenergebnis und ohne Anspruch auf Vollständigkeit wurden im Juni 2003 erstmals die Maximen der Plattform  vorgelegt, die als Grundlage zur Diskussion mit den politischen EntscheidungsträgerInnen dienten.

 

In der Folge führte die Plattform zahlreiche Gespräche mit dem Parlamentspräsidium, den VertreterInnen aller Parteien im parlamentarischen Kultur- und Bautenausschuss und anderen relevanten EntscheidungsträgerInnen, mit dem Ziel „Baukultur“ zum Thema der politischen Diskussion zu machen.

 

Parallel zu den PolitikerInnengesprächen wurde mit Hochdruck an der Vernetzung und Erweiterung der Plattform gearbeitet, sowie an der Ausformulierung entsprechender Positionspapiere und  Forderungen. Zu diesem Zweck wurde  erstmals im September 2003 in Salzburg eine Klausur der Plattform abgehalten, zu der ExpertInnen aus ganz Österreich geladen waren. In dem zweitägige Workshop wurden in sechs Arbeitsgruppen die Positionen geschärft und aus der Fülle an Themen Schwerpunkte und Prioritätenreihungen herausfiltert. Als erster „Meilenstein“ der Plattform wurde die Abhaltung einer Enquete im Österreichischen Parlament definiert.

 

Es folgten zwei weitere Klausuren im Dezember 2003, sowie im Jänner 2004, die vor allem die parlamentarische Enquete sowie die Etablierung der Plattform zum Thema hatten. Die beharrliche Überzeugungsarbeit der Plattform war schließlich erfolgreich, denn im Jänner 2004 wurde im parlamentarischen Hauptausschuss von allen politischen Fraktionen einstimmig die Durchführung einer Enquete zum Thema „Architekturpolitik und Baukultur in Österreich“ für den 30.03.2004 beschlossen.

 

Weitere Informationen unter www.architekturpolitik.at

Die Plattform für Architektur und Baukultur 

wird durch folgende Organisationen getragen:

 

 

architektur in progress - Verein zur Förderung junger Architektur

 

Architekturstiftung Österreich, (mir den Stiftern: Architektur Raum Burgenland, Kärntens, Haus der Architektur – Napoleonstadel, ORTE architekturnetzwerk niederösterreich, afo architekturforum oberösterreich, Initiative Architektur Salzburg, Haus der Architektur Graz, Architekturforum Tirol, ÖGfA - Österreichische Gesellschaft für Architektur)

 

AzW – Architekturzentrum Wien

 

Bundessektion Architekten, Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten

 

Fakultät  für Architektur und Raumplanung der Technischen Universität Wien 

 

Fakultät für Architektur der Technischen Universität Graz

 

Fakultät für Architektur der Universität Innsbruck

 

IG-Architektur - Interessensgemeinschaft der Architekturschaffenden Österreichs

 

Institut für Raum und Design, Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz

 

Institut für Kunst und Architektur, Akademie der bildenden Künste Wien

 

Institut für Architektur der Universität für Angewandte Kunst, Wien

 

Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland

 

Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Tirol und Vorarlberg

 

Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten

 

LandLuft – Institut für Architektur und Kommunikation außerhalb von Ballungszentren

 

podroom - verein union.b - internationale künstler und architektenvereinigung

 

vorarlberger architekturinstitut

 

Zentrum für Bauen und Umwelt der Donauuniversität Krems 

 

ZV - Zentralvereinigung der Architekten Österreichs


27.

 

Leitfaden zur Umsetzung einer nationalen Architekturpolitik

 

Architektur gehört zu den Existenzgrundlagen unserer Gesellschaft. Architektur kreiert, definiert und prägt die Lebensräume der Menschen und ihre Beziehung untereinander. Über diese kulturelle und identitätsstiftende Funktion hinausgehend, ist Architektur auch ein ökonomischer Faktor, der für zahlreiche Branchen wichtige wirtschaftliche Impulse liefert.

 

Eine fundiert konzipierte, ökologisch wie ökonomisch nachhaltige Architekturpolitik ist daher von außerordentlichem kulturellem, politischem und wirtschaftlichem Interesse. Die Österreichische „Plattform für Architektur und Baukultur“ hat die vorrangigen Maßnahmen zur Umsetzung einer nationalen Architekturpolitik in diesem kurzen Leitfaden zusammengefasst. Sie sind im Wesentlichen das Ergebnis der parlamentarischen Enquete-Kommission „Baukultur und Architekturpolitik in Österreich“ vom 30.03.2004.

 

1. Deklaration der Republik Österreich zu Architektur und Baukultur

 

Wichtigste Voraussetzung für eine nationale Architekturpolitik ist ein Bekenntnis von Parlament und Regierung zum hohen Stellenwert von Architektur und Baukultur. So wird sichergestellt, dass Architektur als unverzichtbares Medium gesellschaftlicher Identität und Innovation und als Bürger- und Dialogkultur anerkannt wird.

 

In dieser Deklaration zu Architektur und Baukultur verpflichtet sich die Republik Österreich zur Einhaltung der höchsten sozialen, ästhetischen und technischen Standards. Diese Verpflichtung geht weit über einzelne öffentliche Hochbauten hinaus: Sie umfasst vielmehr die Gesamtheit der erforderlichen baukulturellen Rahmenbedingungen für alle Orte und Räume der Arbeit, des Wohnens, der Bildung und Erholung, aber auch – und insbesondere in einem Tourismus- und Kulturland - die Verkehrs- und Versorgungsinfrastrukturen, die Stadt- und Landschaftsräume und nicht zuletzt die koordinierte Entwicklung der Regionen. Jedes Planen und Bauen in Österreich muss auf eine umfassend definierte Umweltverträglichkeit und damit auf Gestaltqualitätsansprüche angelegt sein. Die langfristige Perspektive aller Maßnahmen geht davon aus, dass Bauen in Österreich sukzessive zu Architektur-Baukultur wird.

 

Architektur ist keine Kostenfrage. Der Verzicht auf Architektur, d.h. bloßes monofunktionales, anlassbezogenes Bauen, bedeutet gesellschaftliche Folgekosten. Die zeitgenössische Architekturförderung des Bundes beträgt nur etwa 0,01 Promille (!) des BIP (2002). Planen – und vor allem Planung von dafür ausgebildeten Fachleuten – kostet einen Bruchteil des tatsächlichen Bauens, hat aber maßgebliche Hebelwirkung für ökonomische Bauabwicklung bzw. Baukosten, Vermarktung, Nutzungsqualität, Betriebsund Erhaltungskosten, Imagewirkung und sorgt somit für gesellschaftliche

Nachhaltigkeit.

 

In Anbetracht der marginalen Beauftragung österreichischer ZiviltechnikerInnen (Architekten und Ingenieurkonsulenten) durch die Hochbau- und Infrastrukturbranche – nur 17% des Bauvolumen in der Republik werden von diesen nachweislich und qualifiziert geplant – muss sich die Republik die Frage stellen, ob die Ausbildungskosten und die Einsatzmöglichkeiten höchstqualifizierter, innovativer Dienstleister zueinander adäquat sind (vgl. dazu etwa die Gesundheitsbranche bzw. das Ärztewesen).

 

2. Qualitätssichernder Auftrag an die bauenden Sondergesellschaften und Dienststellen des Bundes

 

Architektur als eine gesellschaftliche Leitkultur benötigt eine die Ministerien übergreifende Koordination der Qualität und Verständnishorizonte, insbesondere auch deshalb, weil die Republik Österreich als Bauherr eine besondere Vorbildfunktion hat. Eine vordringliche Aufgabe der Architekturpolitik ist es daher, die Rolle des Bauherrn auf allen Ebenen der Bundesverwaltung bzw. allen einschlägigen Unternehmen des Bundes und den mit öffentlichen Geldern handelnden Landesgesellschaften sowie Städten und Gemeinden konkret festzumachen. Das soll über einen baukulturellen Auftrag geschehen, der mit verbindlichen und qualifizierten Verfahren bestmögliche Voraussetzungen für architektonische Qualität gewährleistet. Vom Projektstart mit Bedarfserhebung, Standortevaluierung sowie Raumund Funktionsprogrammen über qualifizierte Auswahlverfahren (Wettbewerbe, Gutachterverfahren) der Planenden und Ausführenden (Best- versus Billigstbieter) bis zur Bauabwicklung und Eröffnung gilt es für qualifizierte Prozesse und Abläufe zu sorgen. Dies muss für alle Projekte des Bundes sowie seiner ausgelagerten Unternehmungen (wie z.B. BIG, ASFINAG, HLAG/ÖBB, Post, Airline, Austrian-Industries, Verbund-, Telekommunikations- und Energiekonzerne...), bei denen die Republik als Eigentümer die Bauherrenfunktion innehat, erfolgen. Dazu sind Mindestverfahrensstandards erforderlich, die nachvollziehbare Methoden der Qualitätssicherung festlegen. Denkbar wäre etwa ein Qualitätskodex, der genau diese Belange regelt. Dass dies für beide Seiten – Auftraggeber und Auftragnehmer – von Vorteil ist, zeigt der unlängst erschienene „Kodex K“ der Fachgruppe für Werbung und Marktkommunikation: Darin wird das österreichische Bundesvergabegesetz praxisnah für diesen Dienstleistungsbereich aufbereitet.

 

Der Qualitätsauftrag muss auf alle Landesbereiche und Institutionen ausgedehnt werden, die mit öffentlichen Geldern öffentliche Räume und Innenräume neu gestalten bzw. verändern. Ein maßgebliche Stärkung und Neuorientierung hinsichtlich Landes-Kultur könnten dabei die so genannten Tourismus- und Wohnbauförderungen sein, die an Qualitätsinstrumente und Qualitätsbindungen gekoppelt werden müssen (z.B. Seilbahnbau, Hotel-Wellnessförderungen, alle sozial-kulturellen Einrichtungen (Kindergärten, Altenheime, Schulen, Nationalparkzentren usw.)

 

Um die Ansprüche und Absichten des Bauherrn Republik Österreich zu erklären, Qualitätskriterien des Planens, des Planungs- Vermittlungs- und Bauprozesses zu benennen und Kriterien der Qualitätssicherung vorzuzeichnen bzw. zu definieren soll sich die Plattform als Institution analog zur deutschen Nationalen Stiftung Baukultur etablieren, die berät, vermittelt sowie Konzepte erarbeitet.

 

3. Kongress zur Europäischen Architekturpolitik 2006

 

In Vorbereitung der Österreichischen EU-Präsidentschaft 2006 sollen in verschiedenen Regionen Österreichs vorbereitende bilaterale ExpertInnengespräche über Ziele und Anliegen der nationalen architekturpolitischen Arbeit durchgeführt werden. In einem darauf aufbauenden „Kongress zur Europäischen Architekturpolitik“ sollen länderübergreifende Strategien und gemeinsame Vorgehensweisen erörtert werden. Ziel ist es, die in diesem Papier angeführten Maßnahmen bis 2006 so weit umzusetzen, dass Österreich innerhalb der Europäischen Union punkto Baukultur in einigen Bereichen die Themenführerschaft übernehmen und die heimische Architekturkultur öffentlichkeitswirksam positionieren kann.

 

4. Baukulturfonds

 

Ein eigens einzurichtender Baukulturfonds soll sicherstellen, dass die Ziele einer ressortvernetzenden und -übergreifenden Architekturpolitik erreicht werden können. Die von diesem Fonds bereitgestellten Mittel sind aus den einzelnen Ministerien zusammenzuführen und aufzustellen, wobei bereits vorhandene Mittel z.B. Wohnbauförderung/-forschung sinnvoll umzuschichten sind. Der Baukulturfonds festigt die exzellente und internationale erfolgreiche Planungskompetenz österreichischer ArchitektInnen und entwickelt sie weiter. Dadurch könnten entsprechend nachhaltige Impulse für Forschung und Wirtschaft, aber auch für die Qualitätssicherung der Baukultur geschaffen werden. Die Vermittlung eines Qualitätsbewusstseins durch die Architekturinstitutionen und auf einer breiten Basis ist Grundlage für eine bürgernahe Politik der Mitbestimmung.

 

Die Mittel des Baukulturfonds sind vor allem als Ausgleich für das unentgeltliche Wettbewerbsengagement der österreichischen ArchitektInnen zu verstehen: Denn im globalisierten Dienstleistungsmarkt werden die als typische KMU der Kreativ-Industrie strukturierten Architekturunternehmen ohne Förderung nur schwer überlebensfähig sein. Gerade sie waren jedoch Garanten für den bisherigen phänomenalen Erfolg. Der permanente Wettstreit um das innovativste und geeignetste Projekt schlägt in Österreich jährlich mit über 64 Mio. € Planungsaufwand (entspricht 0,3 Promille des BIP 2002 - also das 30-fache der gesamtem Bundesförderung) zu Buche. Diese der Öffentlichkeit zugute kommende Wertschöpfung wird alleine durch Architektinnen im Rahmen von Wettbewerben unentgeltlich aufgewendet. Keine Berufsgruppe leistet einen derart hohen Mitteleinsatz für das Gemeinwohl und die Optimierung einer (baulichenräumlichen) Leistung. Angesichts dieser Fakten ist es höchst an der Zeit, dieses selbstausbeuterische Marketing der Architektenschaft zu beenden und stattdessen die geistig-schöpferischen Leistungen im Zuge von öffentlichen Wettbewerbsverfahren und Planungsexporten zu unterstützen.

 

5. Baukulturreport

 

Den Stand der Dinge in Architektur und Baukultur zu kennen, ist die inhaltliche Basis einer nationalen Architekturpolitik; nur so kann auch adäquat auf positive und negative internationale Einflüsse reagiert werden. Um sicherzustellen, dass alle Verantwortlichen und die Öffentlichkeit auf diese Informationen zugreifen können, wird ein jährlicher Report mit den wesentlichen Zahlen, Fakten und Images zur Baukultur (in Anlehnung zur BRD), ergänzt durch Case Studies, beauftragt. Der Baukulturreport umfasst alle Bereiche der Planungs- und Bautätigkeit der öffentlichen Hände und öffentlich ausgelagerten Gesellschaften und wird als repräsentative, eingehend illustrierte und kommentierte Publikation im Parlament verabschiedet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Bericht soll die österreichische Entwicklung im europäischen Vergleich darstellen, Empfehlungen und Kritik für den Bund und die anderen Gebietskörperschaften enthalten. Die daraus abgeleiteten ExpertInnenempfehlungen stellen eine wichtige Grundlage für eine effiziente Förderpolitik dar.

 

Da Architekturpolitik als ressortübergreifendes Anliegen zu verstehen ist, sollte der Baukulturreport vom Bundeskanzler beauftragt werden. Anlässlich der Schlussdiskussion nach der Parlamentarischen Enquete am 30.03.2004 haben sich die SpitzenvertreterInnen aller vier Parteien übereinstimmend dafür ausgesprochen, dass die Plattform als unabhängige und überparteiliche Fachorganisation mit der Erstellung des Baukulturreports beauftragt werden sollte.

 

6. Stärkung von universitärer Lehre und Forschung sowie schulischer Bildung

 

Die Qualität der universitären Ausbildung war bisher eine solide Basis für die positive Entwicklung der Architektur in Österreich. Diese hohe Qualität in Lehre und Forschung muss in Zukunft nicht nur gehalten, sondern weiter gestärkt und ausgebaut werden. Dabei dürfen die Etablierung europaweiter Standards und die organisatorischökonomische Selbstständigkeit der Hochschulen nicht zu einer weiteren Nivellierung und Rationalisierung (z.B. Nichtbesetzung von Lehrstühlen und dgl.) der Architekturausbildung führen. Die Forderung nach effizienterem Einsatz der öffentlichen Mittel muss von Anreizen für exzellente Leistungen in Forschung und Lehre begleitet werden. In der Schulbildung ist ein den gestalteten Raum einbeziehender Umweltbegriff stärker zu verankern und als fachübergreifender, Prozesskultur fördernder Projektunterricht zu etablieren.

 

7. Stimulation der Architekturproduktion durch wirtschaftspolitische Maßnahmen

 

Die architektonische Kompetenz ist in ihrer ganzen Breite auch direkt ökonomisch zu fördern. Dabei wird den Architekturschaffenden als Motoren der „Kreativindustrie“ ein besonderes, auf die dominante kleinteilige Betriebs- und spezifische Ertragsstruktur zugeschnittenes, bundesweites Förderungs- und Abgabenprogramm angeboten. Nur so kann sich das geistig-schöpferische Potenzial der österreichischen Architekturschaffenden voll entfalten und als wichtiger Faktor in die österreichische Wirtschaft integriert werden. Besonderes Augenmerk soll darüber hinaus auf die Nachwuchsförderung im Bereich Architektur und Ingenieursbaukunst gelegt werden. Eine vernetzte und koordinierte Exportförderung bzw. die forcierte Unterstützung von Auslandsaktivitäten soll die Positionierung österreichischer ArchitektInnen bzw. PlanerInnen auf ausländischen Märkten fördern. Die Plattform für Architektur und Baukultur könnte als Koordinationsstelle und Kompetenzzentrum dafür Sorge tragen, dass die derzeit bestehenden Wettbewerbsnachteile aufgrund bereits bestehender derartiger Einrichtungen und Initiativen in Deutschland bzw. anderen EU-Länden so rasch wie möglich abgebaut und der Export von österreichischer Kreativität und Know-how in der Objekt-, Städtebau- Vermittlungs- und Ingenieurplanung angekurbelt wird.

 

Die „Plattform Architektur und Baukultur in Österreich“ wurde 2002 gegründet und wird von allen maßgeblichen Architekturinstitution Österreichs mitgetragen.

Ziel der Plattform ist es, Entscheidungsträgern auf unterschiedlichen Ebenen in allen Fragen der Architektur und Baukultur ihre spezifischen Kenntnisse zur Verfügung zu stellen. Die Plattform übernimmt Beratungs- und Vermittlungsfunktionen.

 

 

Die Plattform für Architektur und Baukultur (www.architekturpolitik.at)

wird durch folgende Organisationen getragen:

architektur in progress - Verein zur Förderung junger Architektur

Architekturstiftung Österreich, (mir den Stiftern: Architektur Raum Burgenland, Kärntens, Haus der Architektur – Napoleonstadel, ORTE architekturnetzwerk niederösterreich, afo architekturforum oberösterreich, Initiative Architektur Salzburg, Haus der Architektur Graz, Architekturforum Tirol, ÖGfA - Österreichische Gesellschaft für Architektur)

AzW – Architekturzentrum Wien

Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten

Fakultät für Architektur und Raumplanung der Technischen Universität Wien

Fakultät für Architektur der Technischen Universität Graz

ig-architektur - Interessensgemeinschaft der Architekturschaffenden Österreichs

Institut für Raum und Design, Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz

Institut für Kunst und Architektur, Akademie der bildenden Künste Wien

Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland

Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Tirol und Vorarlberg

Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten

Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Oberösterreich und Salzburg

LandLuft – Institut für Architektur und Kommunikation außerhalb von Ballungszentren

podroom - verein union.b - internationale künstler und architektenvereinigung

vorarlberger architekturinstitut

Zentrum für Bauen und Umwelt der Donauuniversität Krems

ZV - Zentralvereinigung der Architekten Österreichs

 

Ansprechpersonen:

DI Volker Dienst, 0676 33 79 224, volker.dienst@architekturpolitik.at

Dr. Barbara Feller, 0676 300 17 79, barbara.feller@architekturpolitik.at

Mag.arch. Roland Gruber, MAS, 0699 19 29 40 60,

roland.gruber@architekturpolitik.at

Arch. DI Mag. Max Rieder, 0664 210 96 96, max.rieder@architekturpolitik.at

 


28.

BIG – Bundesimmobiliengesellschaft

 

 

 

KURZE VORSTELLUNG DER BIG

Sehr geehrte Damen und Herren, vorab ein paar Worte zur BIG, die wir hier heute vertreten: Die Bundesimmobiliengesellschaft wurde 1992 gegründet und hat sich mittlerweile zu einem Konzern entwickelt, in dessen Zentrum die Architektur steht. Die BIG ist heute (mit 6,2 Mio. m²) nicht nur der größte Immobilienbesitzer der Republik, sondern auch einer der wichtigsten Architekturauftraggeber der Nation. Die BIG hat in den letzten Jahren 274 Gebäude neu errichtet.

 

Wir verstehen uns also explizit als verantwortungsvolle Architekturproduzenten: Die Qualität unserer Gebäude ist uns ein wichtiges Anliegen – nicht nur, weil wir uns als verantwortungsbewusste Kulturträger verstehen, sondern auch aus nüchterner ökonomischer Betrachtung: Wir wissen, dass nur präzise durchdachte, gut kalkulierte, optimal hergestellte Häuser auch  langfristig ökonomisch interessant sind.

 

Zur Erklärung: Unter guter Architektur verstehen wir Gebäude, die zum einen den Bedürfnissen ihrer Nutzer = unserer Mieter optimal entgegenkommen, die sich zum anderen aber auch auf dem technischen und konstruktiven State-of-the-Art befinden. Wir ziehen unsere Entscheidungen nicht nur die tatsächlichen Herstellungs- und Baukosten in Betracht, sondern auch die Folgekosten für den laufenden Betrieb. Wir wissen, dass sich gute Planung auszahlt, weil sie zufriedene Kunden und langfristig niedrig gehaltene Betriebskosten garantiert.

Die BIG agiert in diesem Sinne, die Nachhaltigkeit von Gebäuden ist für ein Unternehmen wie die BIG vitaler Bestandteil der Geschäftspolitik.

 

Die BIG agiert auf dem freien Markt, trotzdem hat sie über viele Jahre hinweg immer wieder den Beweis angetreten, dass dieser vorhin ausgeführte Grundsatz, nämlich bewusst und gezielt vorzügliche Architektur zu bauen, sich langfristig bezahlt macht. Wir haben in der Vergangenheit immerhin sechs Bauherrenpreise zugesprochen bekommen, zuletzt vergangenen Dezember für das Bundesschulzentrum in Kirchdorf von Riepl Riepl Architekten (Linz).

 

Auszeichnungen wie diese freuen uns natürlich, aber noch wichtiger ist: Wir heben uns mit unserer Gebäudequalität vom Mitbewerb ab und verschaffen uns damit einen klaren Startvorteil in einem Markt, der, wie Sie selbst am besten wissen, heißer umkämpft ist denn je.

Unser Credo seit vielen Jahren lautet: Gute Architektur muss erwiesenermaßen nicht teurer sein, als mittelmäßige, sie erfordert allerdings Kraftanstrengungen von allen Partnern, die an einem Projekt beteiligt sind.

 

Die BIG hat für sich selbst diese Standards immer wieder freiwillig definiert und damit ihre Reputation begründet. Um noch deutlichere Signale zu setzen, arbeiten wir im Moment an einem „Weißbuch Wettbewerbe“, das wir demnächst präsentieren wollen. Wir müssen das nicht tun. Doch wir sehen dieses schlank aber effizient gestaltete Regelwerk für die Architekturwettbewerbe der BIG als freiwillige Selbstverpflichtung – einerseits um die Qualitätsstandards auch weiterhin zu sichern und andererseits um ein verlässlicher Partner für die Architekten zu bleiben, die mit uns zusammenarbeiten wollen.

 

Das Weißbuch Wettbewerbe wird in Anlehnung an die Wettbewerbsordnung (WOA) klar herausarbeiten, nach welchen Modalitäten die BIG Wettbewerbe abwickelt und auch künftig abwickeln wird. Wir haben erkannt, dass das besondere Augenmerk bei jedem Verfahren in der Vorbereitungsphase liegen muss. Genau hier werden die Fundamente für gelungene Architektur gelegt.  Intensive Gespräche mit den späteren Nutzern sind hier ebenso wichtig wie die Verfahrensvorbereitung und –prüfung, für die wir einmal mehr verlässliche, korrekte Partner aus der Architektenschaft benötigen. Die BIG wird in dieser heiklen Phase jedes Architekturgeschehens nur die Besten ihrer Zunft beschäftigen. Alle Anstrengungen der Kammer, Verfahrensbegleiter auszubilden und noch besser zu machen, sehen wir zuversichtlich und mit großer Erwartungshaltung.

 

Wir müssen – auch mit Hilfe der Wettbewerbsvorbereiter - wissen und klar definieren, was das zu planende und zu errichtende Gebäude können muss – und auch kosten darf! - bevor Architekten und Architektinnen im Zuge eines Wettbewerbs die Lösung für diese Aufgabe entwerfen. Dass unser Augenmerk ebenfalls auf gut besetzten, mit ausreichend Fachjuroren bestückten Jurien liegt, dürfte ebenfalls selbstverständlich sein.

 

Die BIG wird sich also auch weiterhin bemühen, eine gute Partnerin ihrer Planer und Planerinnen zu sein. Wir verlangen allerdings von unserem Gegenüber die gleiche Seriosität. Nicht nur, was planerische Qualitäten anbelangt, sondern auch was nachvollziehbare und einhaltbare Kostenkalkulationen anbelangt. Die Architekten brauchen Bauherren, die sich zu guter Architektur bekennen und diese in jeder Phase des Planungs- und Baugeschehens mittragen. Wir als Bauherr brauchen Planer und Planerinnen, die nicht nur gut entwerfen, sondern auch kalkulieren können. Nur gemeinsam werden wir Architektur machen, und nicht nur Häuser bauen.

 

Nochmals: Die BIG versteht sich als öffentliche Kulturträgerin, und dieses Verständnis manifestiert sich auch in Bereichen, die das Baugeschehen nicht unmittelbar betreffen. Wir wollen in der nächsten Zeit etwa unsere Anstrengungen im Bereich Kunst & Bau intensivieren und greifen auch in diesem Bereich auf kleine, gut administrierte Gutachterverfahren zurück.

 

Die Förderung der jungen Architektenszene ist uns ebenfalls wichtig. Wir wissen, dass Österreich über eine außergewöhnliche Dichte hervorragender Architekten und Architektinnen verfügt, und gerade die Jungen haben in den vergangenen Jahren frischen Wind in eine Szene gebracht, die sich heute internationaler Reputation rühmen darf. Nicht zuletzt deswegen blicken wir sehr zuversichtlich in die Zukunft. Wir werden den eingeschlagenen Weg weitergehen und sind zu einer seriösen, partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Planerinnen und Planern dieses Landes nur zu gerne bereit.

 


29.

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur:

 

 

Baukulturerbe – Bestandteil einer umfassenden Architekturpolitik

 

 

„Denkmal-Ensemble-Kulturlandschaft“ war Thema eines internationalen Symposiums während des österreichischen EU-Vorsitzes und umschreibt die Entwicklung des Begriffes des Kulturerbes. Zur Erhaltung und nachhaltigen Entwicklung des Kulturerbes hat sich die möglichst frühzeitige Integrierung in die jeweiligen Planungsinstrumente als zumindest ebenso wichtig herausgestellt, wie ein etwaiger Schutz, zumal das Denkmalschutzgesetz nur einen Teil des Kulturerbes abdeckt. Die Verbindung von Kulturerbe und zeitgenössischer Architektur ist darüber hinaus schon dadurch gegeben, dass die Denkmalpflegetheorie die Einbeziehung zeitgenössischer Elemente akzeptiert, ja fallweise sogar fordert und derart das baukulturelle Erbe in die Architekturpolitik integriert.

 

Denkmalpflege:

Unter Denkmalpflege sind die im Bereich des Kulturerbes bisher erarbeitete Theorie und ihre Umsetzung in die Praxis zu verstehen. Denkmalpflege bedeutet Erhaltung nach Bestand und Wertigkeit. Denkmalpflege als interdisziplinärer Fachbereich umfasst restauratorische und konservatorische, das heißt erhaltende und vorbeugende Maßnahmen, wie auch die Erforschung und Bewertung des Kulturerbes.

 

Denkmalschutz:

Denkmalschutz ist dagegen die rechtliche und administrative Umsetzung dieses Gedankens. In Österreich ist Denkmalschutz Bundeskompetenz (Bundesgesetz vom 25.9.1923 in der Fassung der Novelle 1999, BGBl. Nr.170/1999). Der durch dieses Gesetz definierte Denkmalbegriff spiegelt die Entwicklung der Denkmalpflege wider. Grundsätzlich jedoch ist unter Denkmalschutz die politische Willensbildung zu verstehen, wieweit die Gesellschaft willens bzw. in der Lage ist, Denkmalpflege umzusetzen. Die Gesamtzahl der Denkmäler in Österreich ist  derzeit mit rund 30.000 anzusetzen, zu denen in der Folge etwa weitere 30.000 durch noch durchzuführende  Unterschutzstellungen dazukommen können.

 

Denkmalschutz und die Umsetzung denkmalpflegerischer Zielvorstellungen:

Was bedeutet nun Denkmalschutz in der Praxis? Letztlich das Verbot der Veränderung oder Zerstörung ohne vorhergehende schriftliche Bewilligung durch das Bundesdenkmalamt (bzw. die Anzeigepflicht von Renovierungsmaßnahmen). Der Umgebungsschutz von Denkmalen ist auf der Basis des Denkmalschutzgesetzes fast unmöglich, da entsprechend der österreichischen Verfassung dies ebenso wie der Ortsbildschutz fast ausschließlich in die Kompetenz der Länder fällt.

            Eine Erhaltungsverpflichtung für Denkmale besteht nicht, ebenso kein Rechtsanspruch auf Subventionierung derartiger Erhaltungsmaßnahmen (jedoch ist die Unterlassung von Erhaltungsmaßnahmen in der Absicht, das Denkmal zu zerstören, strafbar). Allerdings können zu den Kosten, die bei der Sicherung, Erhaltung und Erforschung von Denkmalen entstehen, oder die auf Grund einer Veränderung zur Erzielung eines denkmalgerechten Zustandes und einer denkmalgerechten Erhaltung verursacht werden, Zuschüsse (Subventionen) gewährt werden. Diese Subventionen sind ein wesentlicher Faktor bei der Umsetzung denkmalpflegerischer Zielvorstellungen. Im Durchschnitt liegen sie bei etwa 10% der Kosten der denkmalpflegerisch relevanten Maßnahmen. Damit ist nur eine reaktive Denkmalpflege möglich, nicht aber initiative, vorbeugende Maßnahmen, die langfristig Reparaturkosten sparen würden.

            Allerdings bemüht sich das BMBWK, durch Sonderaktionen wie etwa Rubbellose oder das Arbeitsbeschaffungsprogramm zusätzlich Budgetmittel für den Denkmalschutz zur Verfügung zu stellen. Zu diesen Mitteln kommen oft noch Förderungen anderer Gebietskörperschaften.

            Die aus den steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten bei Denkmalschutz resultierenden Gelder übersteigen die ausbezahlten Förderungen mehrfach. Allerdings sind davon nicht alle Gruppen von Denkmaleigentümern begünstigt, da diese Abschreibungsmöglichkeiten an gewisse Betriebsformen gebunden sind (das BMBWK hat immer auf diese ungleiche Behandlung hingewiesen, da letztlich der Erhaltungsaufwand für alle Denkmale Her<uH

gleich ist, unabhängig davon, ob sie betrieblich genutzt werden oder nicht).

 

Förderungsstatistik 1994 - 2002:

Nachfolgende Aufstellung enthält jene Subventionsbeträge, die vom BMBWK direkt oder durch das BDA (wie in der Mehrzahl der Fälle) vergeben wurden.

 

Jahr                entspricht ATS          insgesamt  €               Prozent bezogen auf 1994

1994                184,372.470,--            13,398.869,93 100,00 %

1995                109,214.542,--              7,936,930,29   59,23 %       

1996                209,423.670,--            15,219.411,64 113,58 %

1997                154,357.595,--            11,217.603,90   83,72 %

1998                172,183.192,--            12,513.040, 55             93,38 %

1999                165,135.739,--            12,000.882,17   89,56 %       

2000                146.892.018,--            10,675.059,26   79,68 %

2001                131,186.703,--              9,533.709,51   71,16 %

2002                                                   12,879.604,--    96,12 % *)

 

*)         Zur Verbesserung der budgetären Situation der Denkmalpflege wurde mit Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2002, BGBl. 155/2002 vom 4.10.2002, ein Betrag von € 3,168 Mio. zur Sicherung des Fortbestandes der Bausubstanz von unter Denkmalschutz stehenden Objekten ausgeschüttet.

            Dazu kommen weiters steuerlich absetzbare Spendengelder in Höhe von rund 2,18 – 2,90 Mio.€ jährlich.

            Über die derart angehobenen Förderungsmittel hinaus, bestünde eine weitere Verbesserungsmöglichkeit in der Umsetzung langjähriger Desiderata wie etwa die steuerliche Gleichsetzung von privat genutzten mit betrieblich genutzten Denkmalen.

            Eine weitere Förderung erfolgt auch in Form von „Naturalsubventionen“. Budgetmittel, die im Rahmen der Abteilung für Restaurierung und Konservierung des BDA für unmittelbare Restaurierungsmaßnahmen aufgewendet wurden, kommen den jeweiligen Eigentümern dieser Denkmale zugute. Es handelt sich dabei um Beträge in der Größenordnung von rund €  436.000,- jährlich.

 

Ausblick: Arbeitsplatzförderung durch Denkmalpflege

Altbauten benötigen natürlich einen gewissen Erhaltungsaufwand und bestimmte Instandhaltungsarbeiten sind regelmäßig erforderlich. Vielleicht mag zur verstärkten Befassung mit diesem Sektor der Architektur beitragen, dass der Altbausektor und die Erhaltung des gebauten Kulturerbes ein besonders arbeits- und lohnintensiver Bereich sind und - entsprechend einer Studie des Europarates - mit relativ geringen Investitionen der öffentlichen Hand (10% öffentliche Mittel setzen die restlichen 90% privater Mittel in Gang) als arbeitsmarktpolitisches Instrument dienen können (siehe Grafik  auf Seite 4).

            Bei der Förderung der Denkmalpflege in jeder wie immer gearteten Form muss daher bedacht werden,

1)        dass es sich um die Förderung besonders arbeitsintensiver und daher         Arbeitsplätze schaffender oder erhaltender Arbeiten handelt;

2)        dass durch die Förderung (die sich bei Direktförderungen um die 10 bis 12%         der Kosten der denkmalpflegerisch relevanten Arbeiten bewegt)           erfahrungsgemäß ein mehr als zehnmal so hoher Betrag insgesamt für die     Instandsetzung tatsächlich aktiviert wird.

 

UNESCO-Welterbe, Kulturtourismus

Der Schutz unseres Kulturerbes wird zunehmend ganzheitlich gesehen. International gelten bereits neue Wertkategorien wie etwa jene der Kulturlandschaft, einer Symbiose von Natur und menschlicher Gestaltung. Die UNESCO-Konvention zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt aus dem Jahr 1972 wurde von Österreich 1993 ratifiziert, das dzt. mit 8 Objekten auf der rund 750 Eintragungen umfassen Liste des Welterbes vertreten ist: den Altstädten von Salzburg (seit 1996), Graz (seit 1999) und Wien (seit 2001), Schloß und Park von Schönbrunn (seit 1996), der Semmeringbahn mit umgebender Landschaft (seit 1998) und den Kulturlandschaften Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut (seit 1997), Wachau (seit 2000) und neuerdings der Kulturlandschaft Neusiedlersee (seit 2001,  mit Ungarn).

            Erst kürzlich hat das BMBWK hat mit der Einführung einer UNESCO-Kulturlandschaftsaktion wesentlich zur Förderung der nachhaltigen Erhaltung des UNESCO-Welterbes beigetragen (diese Aktion stellt eine paritätische Förderung bestimmter Maßnahmen durch Bund, Land und Gemeinde in Höhe von insgesamt max. 50-60% der denkmalpflegerischen Kosten dar).

            Kulturtourismus ist eine der wenigen Wirtschaftssparten mit prognostizierten zweistelligen Wachstumsraten. Intakte städtische und ländliche Ensembles sowie die bewahrende Entwicklung der Kulturlandschaft sind Voraussetzung dafür.

 

Warum Denkmalpflege und Denkmalschutz?

„…. Österreich hat Besonderes zu bieten: Das ist die Schönheit seiner Landschaften, das ist seine noch weitgehend unzerstörte Natur, das ist vor allem sein reiches kulturelles Erbe, und dieses oft in enger Verbindung mit Landschaft und Natur. Was von uns manchmal schon geradezu als Klischee empfunden wird, unsere Kulturdenkmäler, unsere Schlösser und Burgen, unsere Stifte und Klöster, sie sind ganz wesentliche Bestandteile unseres nationalen Seins. Dieses Ensemble von Kulturbauten, Landschaft und Natur hebt uns vom übrigen Europa ab. Das aber ist auch das Besondere, das wir Europa zu bieten haben. Es geht dabei keineswegs nur um die Erhaltung der Schlösser und Palais, sie den Touristen zu zeigen, dem Fremdenverkehr zugänglich zu machen. Nein, wir haben uns bewusst zu werden, dass unser kulturelles Erbe in einem auf allen anderen Gebieten rasch zusammenwachsenden Europa sehr bald der wichtigste, weil unverwechselbarste Teil unserer österreichischen Identität sein wird. Fabriken und Warenhausketten, Zeitungen und Verlage, Radio- und Fernsehstationen, sie alle können ihrer österreichischen Besonderheit im internationalen Wettbewerb verlustig gehen. Und das tun sie teilweise auch schon. Aber eigenständige Kulturbauten bleiben Teile unserer Geschichte, Zeugnisse unserer Tradition, unserer kulturellen Entwicklung, unseres nationalen Selbstverständnisses. Dazu bedarf es keiner weiteren Beweisführung: Die Dome und Kirchen, die Schlösser und Palais, die harmonisch gewachsenen Plätze und Ensembles unserer Städte und Dörfer, sie alle sind Teile unseres nationalen Bewusstseins….“

(Hugo Portisch: Der Kulturpark Österreich als Symbol nationaler Identität im europäischen Umfeld)

 

Grafik: Denkmalpflege und Beschäftigung, Int.Konferenz 15.-16.04.2000 Berlin, Schriftenreihe d. Deutschen Nationalkomitees f. Denkmalschutz, Bd.62, S.69.

 

 

 

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur

Abt.IV/3 Denkmalschutz                                                                   Wien, März 2004



30.

Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien:

 

 

Enquete „Architekturpolitik und Baukultur in Österreich“

 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

Bedürfnisse von ArbeitnehmerInnen werden in der alltäglichen Planungspraxis und Architekturdebatte auf zwei Ebenen besonders sichtbar. Einerseits im Bereich der Daseinsgrundfunktion Wohnen und andererseits im Bereich der Funktion Arbeiten.

Die Beschäftigung mit dem Thema, welche Infrastrukturausstattung und Ausgestaltung für das Wohn- und Arbeitsumfeld bzw welche architektonische Qualität aus Sicht der Bewohner und der dort arbeitenden Menschen erforderlich ist, ist letztlich eine Auseinandersetzung mit dem umfassenden Querschnittsthema „Lebensqualität“.

Die Daseinsgrundfunktionen Wohnen, Arbeiten, Bilden, Versorgung, Erholen, Kommunikation und Verkehr werden vom Planungsansatz her oft isoliert betrachtet und bestimmten räumlichen Betrachtungsebenen zugeordnet. Der Begriff der Lebensqualität taucht dabei viel eher im Zusammenhang mit Wohnen und Erholung auf, als in Zusammenhang mit der Funktion Arbeiten.

Wohnen muss leistbar sein

Wohnstandorte in funktionsgemischten Gebieten sind wegen des Infrastrukturangebotes und dessen fußläufiger Erreichbarkeit attraktiv. Große Teile der Bevölkerung sind auf eine solche Nutzungsmischung angewiesen.

Gerade soziale Gruppen, die eine urbane Nutzungsmischung nicht nur schätzen sondern ihrer bedürfen (berufstätige Mütter, alte Menschen, Alleinerziehende), weisen einen steigenden Anteil auf. Der soziale Wandel schlägt sich auch in einer vermehrten Anzahl an neuen Haushaltstypen nieder.

Die Qualität der Wohnungsversorgung ist nicht nur nach quantitativen Aspekten zu bewerten, sondern auch danach, wie das Wohnbedürfnis der unterschiedlichen sozialen Gruppen befriedigt wird. Dabei sind Werte wie Wohnsicherheit und Leistbarkeit von existentieller Bedeutung für die Wohnungsnutzer und vor allem die Wohnungssuchenden.

Planung hat nicht nur die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass genügend Grund und Boden für Wohnzwecke bereitgestellt wird. Sie ist aufgerufen, einen Beitrag zu leisten, damit auch den Beziehern niedriger Einkommen und Durchschnittsverdienern qualitätsvoller Wohnraum zu leistbaren Bedingungen zur Verfügung stehen.

Dabei spielt der geförderte Mietwohnungsbau eine entscheidende Rolle.

Anforderungen aus der Arbeitswelt berücksichtigen

Da Menschen einen Großteil des Tages am Arbeitsplatz verbringen, ist nicht nur im wohnbaubezogenen Städtebau, sondern auch bei der Entwicklung von betrieblich genutzten Gebieten und Objekten die soziale Dimension zu berücksichtigen.

Die Arbeitswelt stellt einen zentralen Orientierungspunkt für den städtischen Alltag dar. Sie prägt durch ihre Bedeutung im Tages- und Lebensrhythmus der Menschen die sozialen Strukturen sowie die Raum- und Zeitstrukturen. Mit dem Einsatz neuer Techniken (zB just-in-time Produktion) und der Veränderungen der Arbeitszeitorganisation (Teilzeitarbeit) geht eine Veränderung raum- und zeitbezogener Verhaltensweisen einher.

Daraus können Probleme besonders für sozial Benachteiligte (Beschäftigte mit geringem Einkommen, ältere Menschen, Frauen, Kinder) resultieren. Negative Auswirkungen können etwa

·       durch die Veränderung der Zeitstrukturen (neue Arbeitsformen),

·       durch die verkehrliche Erschließung bei den Arbeitswegen sowie

·       durch fehlende Qualitäten des Arbeitsstättenumfeldes (Versorgungsinfrastruktur, Einkaufen, Kinderbetreuung, etc)

auftreten.

So ist zB die Mobilität der Teilzeitbeschäftigten von höheren Wegehäufigkeiten, vielfältigeren Wegeketten sowie einer stärkeren Bindung an den Nichtmotorisierten und Öffentlichen Verkehr charakterisiert. Die Verkehrsplanung muss darauf reagieren.

Die Gestaltung der Arbeitswelt, zu der auch ihr räumliches Umfeld zählt, wird primär oft aus einem rein ökonomischen Blickwinkel betrachtet.

Die Arbeitswelt muss aber als wesentlicher Bestandteil der gesamten Lebenswelt der Beschäftigten gesehen werden. Räumlich funktionale und zeitliche Zusammenhänge müssen erkannt werden. Letztendlich geht es darum, ob die Arbeitsumgebung positiv zur Alltagsbewältigung beiträgt, oder ob sie die Verbindung von Arbeitswelt und anderen Alltagsfunktionen erschwert.

Ziel der Planung muss es sein, die gesellschaftlichen Entwicklungen in der Arbeitswelt stärker als bisher zu berücksichtigen. Die Bedürfnisse der Arbeitsbevölkerung verdienen ebensoviel Aufmerksamkeit wie die der Wohnbevölkerung.

Der Erfolg von Planung hängt nicht zuletzt davon ab, ob auch deren Interessen berücksichtigt werden. Planung als Vorwegnahme der Wirklichkeit darf zentrale Aspekte nicht ausblenden.

Leben zeichnet sich durch mannigfaltige Begegnungen, Kontakte, Empfindungen und Wahrnehmungen aus. Auch wenn derartige soziale Werte kaum quantifizierbar sind, dürfen sie nicht hinter den Werten der Wirtschaftlichkeit und des reibungslosen Funktionierens zurücktreten. Architektur und insbesondere Städtebau hat eben viele Dimensionen.

Je nachdem, wie man den Raum gestaltet, ergeben sich unterschiedliche soziale Konsequenzen. Und umgekehrt: Je nachdem, welche sozialen Werte man verwirklichen will, sind die entsprechenden räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Soziale Bedürfnisse verändern sich und sind nach sozialen Gruppen unterschiedlich ausgeprägt. Sie können unter Umständen auch miteinander konkurrieren. Maßstab für die Qualität von Architektur und Städtebau ist daher, ob sie die menschliche Entfaltung fördert oder behindert.

Ziel von Planung und Architektur muss es sein unterschiedlichen sozialen Bedürfnissen zu entsprechen. Architektonische Qualität sollte für alle Bevölkerungsgruppen und in allen Nutzungsbereichen Berücksichtigung finden.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

 

Herbert Tumpel                                                                      Johanna Ettl

Präsident                                                                                iV des Direktors

 


31.

Land Oberösterreich, Landeskulturdirektion

..................................

 

 



32.

Amt der Vorarlberger Landesregierung:

 

 

Baukultur in Vorarlberg

 

 

 

Vorarlberg hat eine international immer stärker beachtete Architekturszene mit einer breiten regionalen Durchdringung und gesellschaftlichen Akzeptanz.

 

Bester Beweis hiefür sind Ausstellungen, die zur Zeit in europäischen und außereuropäischen Metropolen gezeigt werden, wie zB:

 

-       „Konstruktive Provokation – Neues Bauen in Vorarlberg“

-       „austria-west“ mit neuester Tiroler und Vorarlberger Architektur

-       „Baumschlager-Eberle –Architekten; Bauten-Projekte 1996 - 2002“

 

Landeshauptmann Dr Herbert Sausgruber:

„Dieses große Interesse an der modernen Vorarlberger Architektur zeigt auch, dass sich unser Land mit seinen Leistungen im Bereich der Architektur, aber auch mit seiner großen Dichte an international anerkannten Architekten einen Namen gemacht hat. Innovation und Mut zahlen sich aus – die Unterstützung Vorarlberger Baukultur trägt Früchte.“

 

 

Beiträge des Landes:

 

1.        Gesetzlichen Rahmenbedingungen:

 

·        Bauen wird nicht als Privatsache des Bauherrn sondern als öffentliche Aufgabe (Gestaltung des öffentlichen Raumes) verstanden.

 

·        Landschaftsschutzgesetz 1973: Alle Bauten ab einer bestimmten Größe bedürfen neben der Baubewilligung (Bürgermeister) einer zusätzlichen Bewilligung durch die Landschaftsschutzbehörde (Bezirkshauptmannschaft); dadurch direkte Einflussnahme des Landes auf die Standards bei größeren Bauten.

 

·        Baugesetz: Bestimmungen über den Schutz des Landschafts- und Ortsbildes sind zentraler Inhalt: „Mittelmaß wird toleriert, wenn es sich unauffällig in den Bestand einordnet, alles was auffällt, muss von entsprechender Qualität sein.“

 

·        Zurückhaltung bei bebauungsplanerischen Festlegungen. Der Kreativität des Planers werden keine engen Fesseln durch restriktive Bebauungsvorschriften angelegt.

 

 

2.        Unterstützung der Baubehörden durch das Land:

 

·        Sachverständige des Landes stehen den Gemeinden im Wege der Amtshilfe kostenlos zur Verfügung. Damit verbunden ist eine langjährige Überzeugungsarbeit des Landes bei den Gemeinden.

 

·        Gemeinden bedienen sich über Anraten des Landes zunehmend sogenannter Gestaltungsbeiräte bzw. Ortsbildkommissionen, bestehend aus freischaffenden Architekten.

 

3.    Vorbildwirkung der öffentlichen Hand bei eigenen Bauten:

·        konsequente Projektauswahl über die Qualität in Form von Architektenwettbewerben oder Gutachterachterverfahren.

 

·        Umsetzung der Ergebnisse solcher Projektauswahlverfahren durch Beauftragung der Preisträger mit der weiteren Planung.

 

·        kein Splitting in der Planung, sondern Konzentration in einer Hand vom Vorentwurf bis zur Detailplanung.

 

·        Parallel dazu konsequente Verfolgung der in einem frühen Projektstadium limitierten Kosten: Baukultur ist keine Frage des Budgets!

 

·        Die großen Wohnbauträger in Vorarlberg haben sich dieser Vorgangsweise angeschlossen.

 

 

Preise:

 

Drei große Bauten des Landes (Landesberufschule Feldkirch, Landhaus Bregenz, Kunsthaus Bregenz) und eine Reihe von Projekten der Städte und Gemeinden wurden mit dem Bauherrenpreis der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs (ZV) ausgezeichnet

 

Architekt Peter Zumthor erhielt für das Kunsthaus Bregenz den
Mies van der Rohe-Preis.

 

Anfängliche Gegnerschaft:

 

Während in früheren Jahren die Bestrebungen, die Qualitätsstandards beim Bauen anzuheben, verbreitet auf Kritik und Ablehnung gestoßen sind, hat die konsequente Haltung der Behörden immer mehr zu einem Umdenkprozess geführt. Zu einem hohen Prozentsatz werden für die Planung Architekten beigezogen, obwohl das Vorarlberger Baugesetz es grundsätzlich jedem Bauherrn ermöglicht, sein Haus selbst zu planen.

 

Zitate:

 

M.E. Cantal (Institut Francais d´Architecture - ifa):

„Die Kombination von Architektur, Handwerk und Ökologie in Vorarlberg ist weltweit einmalig. Die Vorarlberger Bauschule hat eine ähnliche Bedeutung wie das Bauhaus in Dessau.“

 

„Die Presse“:

„Das Bekenntnis zur modernen Architektur macht sich für Vorarlberg neuerdings auch touristisch bezahlt. – Ein jährlicher Umsatz von rund €  2 Mio durch Architekturtouristen ist ein durchaus erfreuliches Signal.“

 

„Süddeutsche Zeitung“:

„Einen Nährboden für den Boom des guten Geschmacks bildet das unkomplizierte und übersichtliche Baugesetz.“

 

„News“:

„Im westlichsten Bundesland wird bereits jedes dritte Haus vom Architekten geplant – im restlichen Österreich ist es nur jedes zwanzigste.“

 

Exkursionsführer Technische Universität München, Lehrstuhl für Städtebau und Entwerfen; Vorarlberg-Exkursion 1999:

„........Schließlich wurde eine Bau- und Raumplanungsstelle im Amt der Vorarlberger Landesregierung eingerichtet. Couragierte Beamte trugen hier viel zur notwendig gewordenen Architekturreform bei.“

 

Walter M. Chramosta in „Die Presse“, 24. Juli 1999:

„...Mittlerweile verfügt Vorarlberg über eine unbequeme, daher wirkungsvolle Raumplanungspraxis und eine hinreichende Infrastruktur. Der politische Wille zum geordneten Raum ist manifest und kann von der Verwaltung nachvollzogen werden.“

 

 

 

Amt der Vorarlberger Landesregierung  Landhaus  A-6901 Bregenz  www.vorarlberg.at  DVR 0058751

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