894 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (819 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden

Im Urteil des OGH vom 25. März 2003, 1 Ob 188/02g, wurde der Bankprüfer dem Bereich der hoheitlichen Vollziehung des Bundes als dessen Organ zugerechnet. Daher löste sein schuldhaft-rechtswidriges Verhalten in diesem Fall Amtshaftungsansprüche geschädigter Dritter an den Bund aus. Es besteht nun eine gewisse Rechtsunsicherheit, da einerseits bisher überwiegend davon ausgegangen wurde, dass der Bankprüfer nicht als Organ eines Rechtsträgers anzusehen ist, andererseits das genannte OGH-Urteil mit seinem fallspezifischen Ergebnis nicht auf alle Tätigkeiten von Bankprüfern übertragbar scheint. Ein gesetzlicher Klarstellungsbedarf erscheint daher jedenfalls gegeben. In diesem Sinn soll künftig zwischen den im Rahmen der Abschlussprüfung bei Kreditinstituten anfallenden Tätigkeiten und solchen, die der Prüfer Auftrags der Aufsicht durchführt, unterschieden werden.

Diese Unterscheidung knüpft auch an die bisherige Judikatur des OGH insofern an, als eine Beauftragung des Prüfers durch die Aufsicht eine auch haftungsmäßige Zuordnung zur Aufsicht bzw. deren Rechtsträger logisch erscheinen lässt. Anders verhält es sich mit der normalen Prüfertätigkeit im Rahmen der Abschlussprüfung von Kreditinstituten. Die Bestellung des Bankprüfers als Abschlussprüfer eines Kreditinstituts erfolgt ausschließlich durch das geprüfte Unternehmen selbst. Ein Widerspruchsrecht gegen eine erfolgte Bestellung kann von der FMA nur bei Vorliegen bestimmter taxativ aufgezählter Ausschließungsgründe ausgeübt werden, das heißt nur in solchen Fällen, in denen die Bestellung gar nicht hätte erfolgen dürfen. Die Entscheidung obliegt gemäß § 270 dem Gericht.

Eine allgemein geltende Qualifikation des Bankprüfers als Organ des Bundes sollte daher durch ausdrückliche gesetzliche Regelung ausgeschlossen werden, soweit er seine Tätigkeit als Abschlussprüfer des beaufsichtigten Unternehmens bzw. sonst im Auftrag des Unternehmens ausübt. Aus sachlichen Gründen muss diese Regelung auch die Prüfer anderer von der FMA beaufsichtigter Unternehmen von der Organeigenschaft ausschließen. Weiters entspricht es dem Sachlichkeitsgebot, gesetzlich für die beaufsichtigten Unternehmen des Finanzsektors (Banken, Versicherungen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Pensionskassen) eindeutig klarzustellen, in welchen Fällen ausnahmsweise doch eine Verantwortlichkeit und Haftung des Bundes als Rechtsträger für Abschlussprüfer vorliegt, nämlich dann, wenn sie von der Aufsicht mit der Durchführung von Prüfungen beauftragt werden. In diesen Fällen – und nur in diesen – sind sie tatsächlich für die Aufsicht tätig und ist ihr Verhalten daher dem Bund als Rechtsträger zurechenbar; die FMA könnte in diesen Fällen entscheiden, ob sie beispielsweise statt des Abschlussprüfers etwa eigene Prüfer beauftragt, für die die Amtshaftung nicht in Frage steht. Auf Grund des gleich gelagerten Sachverhalts sowie der Entscheidungsmöglichkeit der FMA über die Person als Organ zur Prüfungsdurchführung ist daher auch die Haftung des Bundes als Rechtsträger sachlich gerechtfertigt. In allen anderen Fällen jedoch sind die vom geprüften Unternehmen bestellten und für dieses tätigen Abschlussprüfer dem Bund als Rechtsträger nicht zurechenbar. Von den Abschlussprüfern eingeholte Informationen wie die Erteilung von Auskünften oder die Mitteilung von Wahrnehmungen im Zuge der Abschlussprüfung einschließlich der Übermittlung des Berichtes über die Prüfung des Jahresabschlusses stellen lediglich Beweismittel im Zuge eines von der FMA durchzuführenden Ermittlungsverfahrens dar und unterliegen der freien Beweiswürdigung durch diese Behörde. Dies gilt auch für solche Beweismittel, die standardisiert bzw. regelmäßig zur Aufsicht gelangen, wie die in den Jahresabschluss-Prüfungsberichten samt den in den Anlagen enthaltenen Informationen.

Durch Änderung des FMABG soll weiters eine sachrechte Regelung für Amtshaftungsansprüche getroffen werden, die aus schuldhaft-rechtswidriger Aufsichtstätigkeit der FMA erhoben werden.

Schließlich sollen Erfahrungen der Aufsichtspraxis und Entwicklungen des internationalen Standards durch verschiedene punktuelle Änderungen des BWG umgesetzt werden.

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 28. April 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Mag. Werner Kogler, Dipl.-Kfm. Dr. Hannes Bauer und Heinz Gradwohl sowie der Staatsekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll und Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Artikel 1, Änderung des Bankwesengesetzes:

Die neu eingefügten Novellierungsanordnungen 1. bis 6. und 36. sind dadurch bedingt, dass der Ausschluss der Organstellung der Abschlussprüfer im § 3 FMABG nunmehr durch einfachgesetzliche Regelung erreicht werden soll. Daher sind Aufgaben des Bankprüfers, die unter Umständen als Widerspruch zur „Nicht-Organstellung“ gesehen werden könnten, entsprechend abzuändern. Die einzelnen Aufgabenstellungen werden daher so verändert, dass entweder bisher als vom Bankprüfer vorzunehmende „Bestätigungen“ der Gesetzmäßigkeit von Vorgängen in Prüfungsaufgaben umgewandelt werden, oder dass überhaupt von der verpflichtenden Mitwirkung des Bankprüfers abgesehen wird; das Kreditinstitut hat diesfalls die Wahl, auf welche geeignete Weise der FMA die Rechtmäßigkeit von Vorgängen nachgewiesen wird. In beiden Fällen hat ein Prüfungsergebnis oder allfälliges Gutachten des Bankprüfers die Funktion eines von der FMA zu würdigenden Beweismittels. Materiell handelt es sich ausnahmslos um technische Bestimmungen, daher ist eine Sachverständigenfunktion des Bankprüfers formell und inhaltlich angemessen für diese Aufgabenstellungen: die Richtigkeit von Nettingvereinbarungen (§ 22 Abs. 6c), Konsolidierung von Positionen des Wertpapier-Handelsbuchs (§ 22c Abs. 4), Anrechenbarkeit von Zwischengewinnen (§ 23 Abs. 1 Z 2), Ersatzbeschaffung für gekündigtes Ergänzungs- und Nachrangkapital (§ 23 Abs. 7, 8 und 8a), Klarstellung der Prüfungspflicht der Deckungsstockverwaltung (§ 68 Abs. 1), Abwicklung der Einziehung von Partizipationskapital (§ 102a Abs. 8).

Artikel 2, Änderung des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes

Der Inhalt von § 3 Abs. 5 FMABG, wonach Abschlussprüfer keine Organe des Bundes bzw. der Aufsicht sind, wird nun nicht wie in der Regierungsvorlage vorgesehen als Verfassungsbestimmung, sondern einfachgesetzlich geregelt. Dies ist nach überwiegender Meinung der Lehre möglich und wurde dies auch seitens des Bundeskanzleramt-Verfassungsdienstes bestätigt. Es darf jedoch keine einfachgesetzlichen Aufgabenstellungen der Prüfer geben, die damit in Widerspruch stehend organartige Kompetenzen enthalten. Dieser Anforderung wird durch die Änderungen der Regierungsvorlage zum BWG entsprochen. Entsprechende Änderungen in jenen Aufsichtsgesetzen, die nicht Gegenstand der Regierungsvorlage sind, sind jedoch ebenfalls erforderlich, diese Änderungen sind im Antrag gemäß § 27 Abs. 1 GOG-NR enthalten.

Artikel 3, Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes

Die Änderungen des VAG sollen sich auf die Anpassungen beschränken, die erforderlich sind, um eine Organstellung des Abschlussprüfers von Versicherungsunternehmen auszuschließen. Die übrigen in der Regierungsvorlage vorgesehen gewesenen Änderungen der Vorschriften über die Bestellung des Abschlussprüfers sind jetzt im Entwurf des Gesellschaftsrechtsänderungsgesetzes 2005 (BMJ-GZ 10.051/0003-I 3/2004) enthalten.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

 


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2005 04 28

Mag. Hans Langreiter  Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll

       Berichterstatter                  Obmann