Vorblatt

Problem:

Seit In-Kraft-Treten des Waffengesetzes 1996, mit dem die Richtlinie des Rates vom 18. Juni 1991 über die Kontrolle des Erwerbes und des Besitzes von Waffen (91/477/EWG) umgesetzt wurde, dürfen Schusswaffen und somit auch die Waffen der Traditionsschützen – in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur auf Grund eines Europäischen Feuerwaffenpasses samt einer vorherigen Einwilligung der Behörde des von der Reisebewegung betroffenen Mitgliedstaates mitgebracht werden. Mitglieder traditioneller Schützenvereinigungen und Sportschützen sind demnach gezwungen, sich einen Europäischen Feuerwaffenpass ausstellen zu lassen und für jede Reise die vorherige Einwilligung einholen zu müssen.

Ziel:

Schaffung eines einfachen Regelungsregimes, das es Mitgliedern traditioneller Schützenvereinigungen und Sportschützen ermöglicht ohne unnötige bürokratische Hürden an gegenseitigen Treffen mit Schützen des jeweils anderen Staates teilzunehmen.

Alternativen:

Beibehaltung des nach dem Waffengesetz 1996 sonst geltenden Regelungsregime.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Das Abkommen basiert auf Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie des Rates vom 18. Juni 1991 über die Kontrolle des Erwerbes und des Besitzes von Waffen (91/477/EWG), der vorsieht, dass zwei oder mehrere Mitgliedstaaten durch Abkommen über die gegenseitige Anerkennung einzelstaatlicher Dokumente eine flexiblere Regelung für den Verkehr mit Feuerwaffen in ihrem Gebiet vorsehen können. Es entspricht somit den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften.

Finanzielle Auswirkungen:

Von der Ausstellung der nach diesem Abkommen vorgesehenen Ausweise abgesehen sind keine finanziellen Auswirkungen zu erwarten.

Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemein

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Anerkennung von Dokumenten für die Mitnahme von Schusswaffen und Munition durch Angehörige traditioneller Schützenvereinigungen und Sportschützen hat gesetzesändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaat­lichen Bereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Das Abkommen enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

Seit In-Kraft-Treten des Waffengesetzes 1996, mit dem die Richtlinie des Rates vom 18. Juni 1991 über die Kontrolle des Erwerbes und des Besitzes von Waffen (91/477/EWG), ABl. Nr. L 54 vom 5. März 1933 S 22 in der geltenden Fassung umgesetzt wurde, dürfen Schusswaffen und somit auch die Waffen der Traditionsschützen ‑ in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur auf Grund eines Europäischen Feuerwaffenpasses samt einer vorherigen Einwilligung der Behörde des von der Reisebewegung betroffenen Mitgliedstaates mitgebracht werden. Erleichterungen sind nur für Jäger und Sportschützen vorgesehen, als sie dieser vorherige Einwilligung nicht bedürfen. Von diesen zwingenden Vorschrift des Gemeinschaftsrechts darf nur abgewichen werden, wenn gemäß Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie ein darauf abzielendes zwischenstaatliches Abkommen besteht, das vorsieht, dass Mitgliedstaaten gegenseitig einzelstaatliche Dokumente anerkennen.

Sowohl im Bereich traditioneller Schützenvereinigungen als auch Sportschützen waren – seit der Umsetzung der Waffenrechtsrichtlinie auch in Österreich – vermehrt mit bürokratischen Hürden konfrontiert, die sich häufig nachteilig auf die gegenseitigen Kontakte auswirkten.

Mit diesem Abkommen soll in erster Linie den Anliegen im Bereich der Kultur- und Traditionspflege, und zwar sowohl im Bereich der traditionellen Schützenvereinigungen als auch der Sportschützen Rechnung getragen werden.

Bereits Anfang 1999 fand deshalb ein Gespräch zwischen Abgeordneten zum Nationalrat, Vertretern von österreichischen Schützenbünden auf der einen sowie Vertretern Deutschlands auf der anderen Seite statt. Nach Einigung auf den Abkommenstext wurde das Abkommen am 28. Juni 2002 von Bundesminister für Inneres Dr. Strasser und auf deutscher Seite von dem Ministerialdirigenten im Auswärtigen Amt Michael Geier und dem Bundesminister des Innern Otto Schily in Berlin unterzeichnet.

Besonderer Teil

Zu Art. 1:

Der Anwendungsbereich dieses Abkommens ist in drei Richtungen beschränkt: Zum einen ist es nur auf Mitglieder traditioneller Schützenvereinigungen und Sportschützenvereinen anwendbar. Zum anderen gilt es nur für die in Art. 2 Abs. 1 genannten Waffen. Überdies ist es im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland auf das Gebiet des Freistaates Bayern begrenzt.

Die Beschränkung des Anwendungsbereiches auf den Freistaat Bayern ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass Abkommen vor allem der Förderung der Kultur- und Traditionspflege im Bereich der Brauchtums- und Sportschützen dienen soll. Zwischen dem Freistaat Bayern und Österreich besteht seit jeher ein überaus enger und intensiver Kultur- und Traditionsaustausch, wie er mit kaum einem anderen Bundesland der Republik Deutschland in dieser Art gepflogen wird. Nicht zuletzt die in diesem Rahmen durchgeführten gegenseitigen Besuche machten deutlich, dass es notwendig ist, hier gegenüber den sonst geltenden Regelungen eine bedeutende Vereinfachung herbeizuführen.

Zu Art. 2:

Absatz 1 nennt jene Waffen, die auf Grund dieses Abkommens in den jeweils anderen Hoheitsbereich mitgenommen werden dürfen. Die gewählte Art der Aufzählung berücksichtigt zum einen die von den betroffenen Personengruppen verwendeten Waffen sowie den Umstand, dass das deutsche und österreichische Waffenrecht eine nicht deckungsgleiche Kategorisierung der Schusswaffen vorsehen. Der besondere Hinweis darauf, dass dieses Übereinkommen nicht für Vorderschaftrepetierflinten gelten soll, berücksichtigt den Umstand, dass solche Waffen in Österreich als verbotene Waffen im Sinne des § 17 des Waffengesetzes gelten.

Da der Besitz dieser Waffen in Österreich an keine behördliche Genehmigung gebunden ist, muss für die Anwendbarkeit des Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie, der auf die gegenseitige Anerkennung einzelstaatlicher Dokumente ausgerichtet ist, ein Regime vorgesehen werden, das für den Anwendungsbereich dieses
Übereinkommens auf österreichischer Seite ein adäquates Dokument schafft.

Um eine gegenüber der Ausstellung eines EU-Feuerwaffenpasses für jedes Mitglied eines Vereines oder einer Vereinigung eine Vereinfachung zu erreichen, soll dem Verein oder der Vereinigung und nicht jedem Mitglied einzeln ein entsprechender Ausweis ausgestellt werden.

Der in Abs. 1 genannte Ausweis ist auf deutscher Seite nicht erforderlich, da dort – von Druckluftwaffen mit der Kennzeichnung „F“ abgesehen – eine behördliche Bewilligung in Form eines Dokumentes vorliegen muss, das einer Anerkennung im Sinne der Richtlinie zugänglich ist.

In beiden Fällen, also sowohl für die Mitnahme nach Österreich als auch nach Bayern, muss als Grund der Reise eine Einladung oder Anmeldung zur Teilnahme an einer Traditions- oder einer Schießsportveranstaltung glaubhaft gemacht werden.

Sowohl der Ausweis gemäß Art. 3, als auch die nationale deutsche Bewilligung, aber auch der Nachweis des Grundes der Reise sind den jeweils zuständigen Behörden und Organen auf Verlangen auszuhändigen.

Zu Art. 3:

Den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß Art. 3 hat ein zur Vertretung des Vereines nach außen Befugter zu stellen. Wenn nicht dieser selbst als Verantwortlicher genannt werden soll, muss dem Antrag auch die Zustimmung des Betroffenen angeschlossen sein, als Verantwortlicher im Sinne dieses Übereinkommens zu fungieren. Wenn den Bedürfnissen der Vereinigung oder des Vereines mit einem Ausweis nach Art. 3 nicht entsprochen werden kann, weil mehr als zwei Verantwortliche namhaft gemacht werden sollen, steht der Ausstellung eines weiteren Ausweises nichts entgegen.

Die österreichische Behörde hat einen Antrag auf Ausstellung eines solchen Ausweises abzuweisen, wenn der oder die namhaftgemachten Verantwortlichen im Sinne des § 8 des österreichischen Waffengesetzes nicht verlässlich sind. Die waffenrechtliche Verlässlichkeit ist als gegeben anzusehen, wenn der Verantwortliche einen Waffenpass oder eine Waffenbesitzkarte vorweisen kann.

Abs. 3 legt jene Gründe fest, bei deren Vorliegen der Ausweis durch Bescheid der Behörde zu entziehen ist.