Vorblatt

Problem:

Der geltende Staatsgrenzvertrag, der vor mehr als 20 Jahren in Prag abgeschlossen wurde, ist in vielen Bestimmungen überholt und entspricht nur mehr bedingt den heutigen Anforderungen. Die vorgeschlagenen Änderungen und Ergänzungen betreffen daher Entwicklungen im Vermessungswesen und im Bereich der Administration der Staatsgrenze, die seit Abschluss des Vertrages im Jahr 1973 stattgefunden haben.

Ziel:

Durch die Schaffung neuer Regelungen soll die Erstellung eines modernen Grenzurkundenwerkes und einer aktuellen und zeitgemäßen Grenzdokumentation auch für die Zukunft und eine größere Praktikabilität des Vertrages gewährleistet werden. Nicht zuletzt soll der vorliegende Vertrag die Entstehung der Tschechischen Republik als unabhängiges und souveränes Mitglied der Staatengemeinschaft berücksichtigen.

Inhalt:

Der Vertrag passt Staaten- und Behördenbezeichnungen an die durch die Schaffung der Tschechischen Republik neu entstandenen Gegebenheiten an. Eine Reihe von Artikeln des bisherigen Vertrages werden aufgehoben, da sie die nunmehrige Grenze zur Slowakei betreffen, für die verbleibende Staatsgrenze erfolgt eine Neuaufteilung der Vermessungs- und Vermarkungsarbeiten. Ermöglicht wird eine größere Flexibilität bei der Vermarkung, um örtlichen Gegebenheiten besser Rechnung tragen zu können. Für in Grenznähe geplante Arbeiten wird eine Veständigungspflicht vorgesehen. Aufgaben und Vorgangsweise der Grenzkommission werden neu geregelt und neue Grenzübertrittsausweise für Mitglieder der Grenzkommission unter Entfall des Vidierungsverfahrens geschaffen. Weiters bringt der Vertrag neue, EU konforme zollrechtliche Regelungen für Waren, Fahrzeuge und Geräte, die zur Durchführung der im Vertrag vorgesehenen Aufgaben und Arbeiten benötigt werden. Schließlich sind die erforderlichen Übergangs- und Schlussbestimmungen vorgesehen.

Alternativen:

Keine

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

keine

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der EU:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich der Rechtsvorschriften der EU.

Finanzielle Auswirkungen:

Den Kosten für die Herstellung der neuen Grenzübertrittsausweise (rd. € 727,00) ist die Verminderung des Verwaltungsaufwandes durch den Wegfall des Vidierungsverfahrens gegenüber zu stellen.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Der Vertrag bedarf der Zustimmung des Nationalrates gemäß Art. 50 (3) B-VG.


 

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Der Vertrag vom 21. Dezember 1973 zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze, BGBL.Nr. 344/1975, im weiteren „Staatsgrenzvertrag“ genannt, schreibt als primären Zweck die Verpflichtung der Vertragsstaaten fest, durch Vermessung und Vermarkung der Staatsgrenze dafür zu sorgen, dass der Grenzverlauf stets deutlich erkennbar und (geodatisch) gesichert bleibt. Weiters werden die Dokumente aufgezählt, durch die der Verlauf der Staatsgrenze bestimmt wird.

Zur Durchführung der notwendigen Arbeiten ist die Ständige Österreichisch-Tschechische Grenzkommission (im weiteren „Kommission“ genannt) eingerichtet.

Auf Grund der bei der Anwendung dieses Vertrages durch die Kommission gewonnenen Erfahrungen erscheint die Neufassung einiger Bestimmungen zweckmäßig. Durch die Entstehung der Tschechischen Republik sind überdies einige Bestimmungen, beispielsweise über die Arbeitsaufteilung der Arbeiten an der Staatsgrenze oder über die Festlegung des neuen Dreiländergrenzpunkts der Vertragsstaaten zur Slowakischen Republik novellierungs- bzw. regelungsbedürftig. Durch die vorliegende Novellierung des Staatsgrenzvertrags kann sohin auch dem geänderten Staatsnamen Rechnung getragen und das Verfahren zur Ausstellung von Grenzübertrittsausweisen wesentlich vereinfacht werden.

Der vorliegende Vertrag, der eine Änderung des Staatsgrenzvertrags darstellt, ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung durch den  Nationalrat gemäß Artikel 50 Abs. 1 B-VG.

Einer Zustimmung des Bundesrates im Sinne von Artikel 50 Abs. 1,2. Satz B-VG bedarf es nicht, da keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder berührt werden.

Die Aufhebung der Bestimmungen der Artikel 4 bis 6 des Staatsgrenzvertrages, welche nunmehr die österreichisch-slowakische Staatsgrenze betreffen, bedarf einer Beschlussfassung gemäß Artikel 50 Abs. 3 B-VG, da diese Bestimmungen seinerzeit als verfassungsändernd genehmigt wurden.

Die Kosten für die Herstellung der neuen Grenzübertrittsausweise betragen bei einer Auflage von 150 Stück ca. EUR 727,00. Diesen Kosten ist jedoch die Verminderung des Verwaltungsaufwands durch den Wegfall des Vidierungsverfahrens gegenüber zu stellen.

Besonderer Teil

Zu Abschnitt I:

Diese Bestimmung soll klarstellen, dass der Staatsgrenzvertrag im Verhältnis beider Staaten sich nur auf die gemeinsame Staatsgrenze zwischen den Vertragsstaaten beziehen kann. Der Staatsgrenzvertrag gilt ebenfalls im Verhältnis zur Slowakischen Republik weiter, soweit er sich auf die Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik bezieht. Darüber hinaus werden auf Grund der geänderten Staatenbezeichnung die entsprechenden Bezeichnungen im Staatsgrenzvertrag adaptiert.

Zu Abschnitt II

Zu Ziffer 1 bis 3 sowie 6 bis 8:

Diese Bestimmungen tragen der Tatsachen Rechnung, dass durch die Bildung der Tschechischen Republik die Staatsgrenze zur Republik Österreich verkürzt wurde.

Zu Ziffer 4:

Im Jahre 1993 wurde der Dreiländergrenzpunkt der Vertragsstaaten zur Bundesrepublik Deutschland durch ein neues Grenzzeichen vermarkt.

Zu Ziffer 5:

Die Lage des Dreiländergrenzpunkts der Vertragsstaaten zur Slowakischen Republik ist durch ein Protokoll der Grenzkommissionen vom 13. November 1995 bestimmt. Der entsprechende Grenzvertrag zwischen der Tschechischen Republik und der Slowakischen Republik wurde von den Parlamenten beider Staaten genehmigt, sodass der Dreiländergrenzpunkt festgelegt ist. Für die Republik Österreich tritt dadurch keine Gebietsänderung ein.

Zu Ziffer 9:

Mit dieser Bestimmung wird im Hinblick auf die Verkürzung der Staatsgrenze eine Neuaufteilung der Vermessungs- und Vermarkungsarbeiten zwischen den Vertragsstaaten vorgenommen.

Zu Ziffer 10 und 11:

Teilweise betrafen die bisherigen Bestimmungen nunmehrige Grenzstrecken zur Slowakischen Republik.

Zu Ziffer 12:

Es soll der Kommission freigestellt werden, im Bereich der gesamten Staatsgrenze den Grenzverlauf durch den örtlichen Gegebenheiten entsprechende Grenzzeichen zu vermarken.

Zu Ziffer 13:

In der Praxis ist es immer wieder vorgekommen, dass im Zuge von Bauarbeiten an oder in unmittelbarer Nähe der Staatsgrenze Grenzzeichen entfernt, beschädigt, in der Benützbarkeit beeinträchtigt oder versetzt worden sind. Dies stellt eine unbefugte Maßnahme im Sinne von § 23 des Staatsgrenzgesetzes, BGBl.Nr.9/1974 dar, da zur Durchführung von Vermarkungsarbeiten ausschließlich die Kommission zuständig ist. Um der Begehung von Verwaltungsübertretungen vorzubeugen und zusätzliche Kosten, etwa für die Herstellung neuer Grenzsteine, zu vermeiden, wird eine Verständigungspflicht festgelegt. Die Kommission wird dadurch in die Lage versetzt, rechtzeitig vor Beginn der Bauarbeiten Grenzzeichen zu entfernen bzw. Sicherungsmaßnahmen zum Schutz der Grenzzeichen zu setzen. Innerstaatlich wurde diese Problematik bereits durch die Erlässe des Bundesministeriums für Inneres, Zl. 2004/15-30/74, vom 15. Jänner 1974, und Zl. 102.004/1-I/2/89, vom 19. Jänner 1989, geregelt.

Zu Ziffer 14:

Diese Regelung stellt eine notwendige Ergänzung zur Gewährleistung der Tätigkeit der Kommission dar.

Zu Ziffer 15:

Die Durchführung der Arbeiten an der Staatsgrenze erfolgte bereits bisher durch technische Gruppen, die unter der Leitung von Vermessungsfachleuten beider Vertragsstaaten standen. Nunmehr soll diese Vorgangsweise, die auch mit anderen Vertragsstaaten z.B. mit der Republik Ungarn oder mit der Republik Slowenien, praktiziert wird, festgelegt werden. Die demonstrative Aufzählung der wichtigsten Aufgaben der Kommission soll nunmehr allgemein und überschaubarer dargestellt werden.

Zu Ziffer 16:

Da Unstimmigkeiten in den Grenzurkunden auftreten können, erscheint eine Neuformulierung dieser Bestimmung erforderlich. Im Sinne der Erforschung des tatsächlichen Willens der Vertragsstaaten sind bei Unstimmigkeiten alle vorhandenen Unterlagen und, wenn diese nicht ausreichen, auch örtliche Feststellungen heranzuziehen.

Zu Ziffer 17:

Gemäß den Bestimmungen der Artikel 18 und 28 des Staatsgrenzvertrags hat die Kommission u.a. beschädigte Grenzzeichen erforderlichenfalls zu erneuern, fehlende Grenzzeichen durch neue zu ersetzen, bei nicht genügend sichtbarem Verlauf der Staatsgrenze zusätzliche Grenzzeichen zu setzen, wo notwendig oder zweckmäßig, die direkte Vermarkung der Staatsgrenze in eine indirekte umzuändern, sowie gefährdete Grenzzeichen auf sichere Stellen zu versetzen. Alle diese Maßnahmen führen zu einer Änderung gegenüber den in den geltenden Grenzurkunden enthaltenen Angaben, allerdings ohne dass hiedurch der Grenzverlauf selbst geändert würde. Auch fehlerhafte Messungsergebnisse können nicht zur Gänze ausgeschlossen werden. Sie sollen aber in einwandfreier Weise auf Grund der vorhandenen Unterlagen und der örtlichen Gegebenheiten geklärt und beseitigt werden.

Die Beurkundung dieser Maßnahmen wird in Form von Niederschriften und soweit erforderlich in Form von Feldskizzen vorgenommen, die von der Kommission genehmigt werden. Diese Ergänzungen bzw. Änderungen oder Erneuerungen der Vermarkung der Staatsgrenze wurde schon bisher in systematischer und übersichtlicher Weise festgehalten. Nach dem Inhalt stellt sich diese Zusammenfassung als zusätzliches Grenzdokument dar, welches zweckmäßiger Weise als Beilage dem Schlussprotokoll über eine periodische Überprüfung der Grenzzeichen (Artikel 22 des Staatsgrenzvertrages) angeschlossen wird. Dafür soll nunmehr eine vertragliche Regelung getroffen werden. Die erforderliche innerstaatliche Genehmigung erfolgt, wie auch bei anderen Grenzverträgen durch Beschluss der Bundesregierung.

Zu Ziffer 18:

Wie bei sämtlichen anderen Grenzverträgen vorgesehen soll lediglich die Unterzeichnung durch die Vorsitzenden beider Delegationen der Kommission erforderlich sein.

Zu Ziffer 19:

Die Verpflichtung zur Führung eines Siegels seitens jeder Delegation der Kommission soll entfallen.

Zu Ziffer 20:

Durch die Neufassung dieser Bestimmung wird klargestellt, dass die Beschlüsse der Kommission einer innerstaatlichen Genehmigung in beiden Staaten bedürfen, um rechtsverbindlich zu werden. Die innerstaatliche Genehmigung in der Republik Österreich wird in der Regel durch den bzw. die zuständigen Bundesminister oder durch Beschluss der Bundesregierung erfolgen.

Zu Ziffer 21:

Die Regelung erfolgt vor allem deshalb, um eine weitgehende Vereinfachung des Ausstellungsverfahrens zu erreichen. So erfolgt die Ausstellung nunmehr ausschließlich über Veranlassung des Vorsitzenden der Delegation des jeweiligen Vertragsstaates in der Kommission; weiters entfällt das Vidierungsverfahren. Darüber hinaus wird die Betretungstiefe des jeweils anderen Staatsgebietes insofern erweitert, als auf die Erfordernisse der durchzuführenden Arbeiten abgestellt wird. Die übrigen sehr detaillierten Regelungen des Artikels 44 des Staatsgrenzvertrages können entfallen.

Zu Ziffer 22:

Dieser Artikel enthält Erleichterungen zur Durchführung des Staatsgrenzvertrages auf dem Gebiet des Zollrechts und der Ein- und Ausfuhrbestimmungen. Im Hinblick auf das geltende EU-Recht ist eine Neufassung dieser Bestimmungen erforderlich.

Zu Ziffer 23:

Die Muster der neuen Grenzübertrittsausweise ersetzen die bisherigen nach dem Staatsgrenzvertrag.

Zu Abschnitt III

Eine sofortige Neuausstellung aller Grenzübertrittsausweise soll nicht notwendig werden.

Zu Abschnitt IV

Die Bestimmungen über die Kündbarkeit und das Ratifikationsverfahren sind in gleicher Weise gehalten wie im Staatsgrenzvertrag. Um keine unterschiedlichen Kündigungsmöglichkeiten zu schaffen, wird dieser Vertrag denselben Regelungen wie der Staatsgrenzvertrag unterworfen.