Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

der Abgeordneten Maga. Terezija Stoisits und Mag. Werner Kogler

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage für ein Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das SE-Gesetz, das Handelsgesetzbuch, das Bankwesengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Pensionskassengesetz, das Genossenschaftsrevisionsgesetz, das Genossenschaftsrevisionsrechtsänderungsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz entsprechend der Entschließung des Nationalrats vom 29. Jänner 2004 zur Stärkung des Vertrauens in die österreichische Wirtschaft geändert werden – Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 2005, GesRÄG 2005 – (927 d. B.)

Nicht zuletzt aufgrund der durch die in den letzten Jahren erfolgten Zusammenbrüche großer Konzerne ausgelösten internationalen Debatte über mögliche Verbesserungen zur Stärkung des Vertrauens in börsenotierte Unternehmen wurden als Ziele des GesRÄG die weitere Verbesserung der Corporate Governance, der Qualität der Abschlussprüfung und die Sicherung der Verlässlichkeit von Finanzinformationen genannt.

Diese Ziele wurden und werden von uns ausdrücklich begrüßt.

Umso bedauerlicher ist es, dass das GesRÄG diese Zielsetzungen insgesamt betrachtet nicht erreicht oder wie es der Chef der Industriellenvereinigung, Veit Sorger, am 3. Mai 2005 den Medien gegenüber treffend formuliert hat: “Die ärgsten Giftzähne des Begutachtungsentwurfs wurden im Sinne des österreichischen Kapitalmarktes gezogen.“ Unserer Ansicht nach wäre es im Interesse des österreichischen Kapitalmarktes gewesen, das Vertrauen der Marktteilnehmer zB durch wesentlich weitergehende Transparenzbestimmungen zu stärken, die jedoch im GesRÄG nicht berücksichtigt bzw. auf das Drängen von Lobbies hin herausgestrichen wurden.

Die nunmehr durch das GesRÄG erfolgenden Änderungen betreffen im wesentlichen die Organisation des Aufsichtsrates von Kapitalgesellschaften sowie Regelungen über Abschlussprüfer, wobei die neuen Rechtsvorschriften teilweise auch aus unserem Blickwinkel ausdrücklich als positiv begrüßt werden:

1.        doppelte Anrechnung von Mandaten als Aufsichtsratsvorsitzender auf die absolute Höchstzahl der in einer Person kumulierbaren Aufsichtsratsmandate;

2.        weitergehende Informationspflichten von (zukünftigen) Aufsichtsratsmitgliedern gekoppelt mit Zustimmungsrechten des Aufsichtsrats;

3.        Unvereinbarkeitsbestimmung, dass ein Vorstandsmitglied einer Tochtergesellschaft gleichzeitig kein Aufsichtsratsmitglied in der Muttergesellschaft sein kann;

4.        punktuelle Verschärfung des Verbots der Selbstprüfung;

5.        Einrichtung eines Prüfungsausschusses bei börsenotierten Gesellschaften;

6.        Ausbau der Rechte von Minderheitsgesellschaftern.

Hingegen gibt es auch wesentliche Kritikpunkte, die auch den Grund für unsere Ablehnung des GesRÄG in seiner derzeitigen Fassung darstellen:


 

1. Fehlende Transparenz bei Vorstandsbezügen:

In Österreich müssen Kapitalgesellschaften derzeit gemäß § 239 Abs 1 Z 4 lit a HGB nur die Gesamtbezüge des Vorstands angeben, nicht jedoch die Höhe der Bezüge der einzelnen Vorstandsmitglieder. An dieser Regelung ändert auch das GesRÄG nichts.

Aus unserer Sicht wäre jedoch im Sinne der Transparenz ein Gesetz erforderlich, das zumindest große und börsenotierte Kapitalgesellschaften dazu verpflichtet, in den Anhang zum Jahresabschluss detaillierte Angaben über die einzelnen Vorstandsgehälter aufzunehmen.

Die Übertragung der entsprechenden Bestimmungen aus dem Corporate Governance Kodex (Nr. 30 und 31) für solche Kapitalgesellschaften in zwingende Rechtsvorschriften wäre daher sinnvoll.

In Deutschland hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf über die Offenlegung der Vorstandsvergütungen (Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz) vorgelegt. Obwohl dieser Entwurf aufgrund seiner konkreten Ausgestaltung von uns als kritisch betrachtet wird, stellt er einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar.

2. Anzahl der in einer Person kumulierbaren Aufsichtsratsmandate:

Nach dem GesRÄG kann eine Person bis zu 10 bzw. 8 Aufsichtsratsmandate innehaben. Diese Zahlen sind insbesondere unter der Berücksichtigung des § 94 Abs 3 AktG, wonach pro Jahr mindestens vier Aufsichtsratssitzungen (eine pro Quartal) stattzufinden haben, zu hoch.

Die Einhaltung der gebotenen Sorgfalt bei der Tätigkeit einer Person als Aufsichtsrat gestaltet sich umso problematischer je höher die Anzahl der übernommenen Mandate ist. Mangelnde Effizienz und Terminkollisionen sind daher bei den vorliegenden gesetzlichen Bestimmungen des GesRÄG vorprogrammiert.

Eine Regelung, wonach die Höchstzahlen der von einer Person bekleidbaren Aufsichtsratsmandate von 10 auf 5 bzw. von 8 auf 4 gesenkt würden, wäre unserer Ansicht nach sinnvoller gewesen.

3. Weitgehende Ausnahmen vom Verbot der Überkreuzverflechtung:

Die sinnvolle Regelung des § 86 Abs 2 Z 3 AktG (Verbot der Überkreuzverflechtung) wird durch die Ausnahmen, wonach dieses Verbot innerhalb eines Konzerns oder bei einer unternehmerischen Beteiligung nach § 228 Abs 1 HGB nicht gilt, konterkariert.

Laut den Erläuterungen genügt für den Nachweis einer unternehmerischen Beteiligung, dass eine Gesellschaft, die an einer anderen zu weniger als 20% beteiligt ist (ab einer Beteiligung von 20% des Nennkapitals wird eine unternehmerische Beteiligung nach § 228 Abs 1 HGB vermutet) und mit dieser keinen Konzern bildet, ihre Beteiligung im Anhang zum Jahresabschluss ausweist und somit ihre Absicht, die Beteiligung aus strategischen Überlegungen auf Dauer zu behalten, zweifelsfrei dokumentiert. Mit dieser einfachen Vorgehensweise wird jedoch die Ausnahme zur Regel und das sinnvolle Verbot von Überkreuzverflechtungen wirkungslos.

Im Zusammenhang mit diesen Ausnahmen vom Verbot der Überkreuzverflechtung kann schließlich der Argumentation der Erläuterungen, dass „das auf Dauer angelegte wirtschaftliche Interesse der verbundenen bzw. beteiligten Gesellschaft eine effiziente Überwachung gewährleistet“ nicht gefolgt werden. Nur Unabhängigkeit gewährleistet sichere Kontrolle, eine solche Unabhängigkeit ist jedoch gerade bei Konzernunternehmen oder einer unternehmerischen Beteiligung nicht gegeben.

4. Beschränkung von Ausschlussgründen für Abschlussprüfer:

Die Umsatzabhängigkeit von Abschlussprüfern von einer zu prüfenden Kapitalgesellschaft in Höhe von 30 % der Gesamteinnahmen ist angesichts dessen, dass diese Abhängigkeit jeweils in den letzten fünf Jahren erreicht worden sein muss, zu hoch gegriffen. Diese Regelung bietet durch flexible Vereinbarungen zwischen dem Prüfer und dem zu prüfenden Unternehmen gewissermaßen „einen Anreiz zum Schummeln“.

Anstelle dieser Regelung wäre es wünschenswert gewesen, statt auf die Umsatzabhängigkeit in den jeweils letzten fünf Jahren auf eine durchschnittliche Umsatzabhängigkeit in den letzten fünf Jahren abzustellen sowie die Höhe von 30 % auf 15 % zu senken.

 

Diese Kritikpunkte hätten unserer Ansicht nach im vorliegenden GesRÄG berücksichtigt und der Einfluss der Industriellenvereinigung dementsprechend eingeschränkt werden müssen. Aufgrund dieser Vorbehalte können wir dem GesRÄG in der vorliegenden Fassung daher nicht zustimmen.