Evaluierungsbericht

gem. § 113 (6) TKG*

 

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie

 

an den

 

Nationalrat

 

Stichtag 20. August 2005

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

* § 113 (6) TKG Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat regelmäßig eine Evaluierung der gesetzlichen Bestimmungen vorzunehmen und im Abstand von zwei Jahren dem Nationalrat einen diesbezüglichen Bericht vorzulegen.


Inhaltsverzeichnis

 

1.     Zusammenfassung.. 3

Schlussfolgerung: 4

2.     Rückblick und Vergleich mit der bisherigen Rechtslage  5

a.         Rückblick EU und Österreich. 5

b.         Kurzer Vergleich TKG 1997 und 2003. 5

3.     Die neue Wettbewerbsregulierung in Österreich. 8

a.      Das innerösterreichische Regulierungsverfahren  8

Schlussfolgerung: 10

b.         Europaweite Koordination  11

         Marktdefinitionsverfahren und -analyseverfahren  11

         Koordination am Beispiel der Entscheidung der TKK Transit Zahl M 9/03  11

Schlussfolgerung: 13

c.      Ex post Wettbewerbssicherung durch die Bundeswettbewerbsbehörde. 13

Schlussfolgerung: 14

4.     Die Entscheidungen der TKK in den einzelnen Märkten. 15

a.         Mietleitungsmärkte  15

b.         Zugangsmärkte Festnetz und Entbündelung   15

c.         Verbindungsmärkte für Festnetzkunden  16

d.         Originierung und Terminierung Festnetz. 16

e.         Originierung und Terminierung im Mobilfunk. 17

f.         Nationaler Vorleistungsmarkt für internationales Roaming.. 17

g.         Breitbandmarkt. 18

Schlussfolgerung: 18

5.     Effiziente Frequenznutzung.. 19

a.      UMTS. 19

b.      WLL Frequenzvergabe. 20

c.         Vergabe weiterer GSM Frequenzen  20

d.         Vergabe weiterer Frequenzen aus dem Frequenzbereich 450 MHz  21

e.         Frequenzüberlassung.. 21

Schlussfolgerung: 21

6.     Rufnummern. 22

a.         „grosse“ Rufnummernplanänderung ad acta gelegt. 22

b.         Mehrwertdienste  23

c.         Dialer-Programme  24

Schlussfolgerung: 24

7.     Sonderthema „Handymastensteuer“ 25

a.      Das NÖ Sendeanlagenabgabegesetz. 25

b.         Rechtsansicht der EK. 25

c.         Stellungnahme der Regulierungsbehörde. 26

d.         Weitere Entwicklung   27

Schlussfolgerung: 27

8.     Wichtige weitere Themen. 28

a.         Universaldienst. 28

Schlussfolgerung: 29

b.         Gebührenbefreiung   29

Schlussfolgerung: 30

c.         Breitband über Stromleitungen (PLC) 30

Schlussfolgerung: 30

d.      Voice over IP (VoIP) 31

9.     Evaluierung durch die EK. 32

a.      Die Umsetzung in den 25 Mitgliedsstaaten. 32

b.         Übersicht Vertragsverletzungsverfahren  32

Schlussfolgerung: 35

Anhang: Österreichisches Telekommunikationsrecht. 36

a.         Gesetze  36

b.         Verordnungen und Kundmachungen  36

c.         Verordnungen der RTR. 39

d.         Verordnungen der TKK. 39

Abkürzungsverzeichnis  40

 

 

1.   Zusammenfassung

 

Stabile und berechenbare Rahmenbedingungen sind Voraussetzung für Wachstum und gesunden Wettbewerb in der Telekomindustrie, die ihrerseits wieder die Voraussetzung für einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort schafft. Wo Marktkräfte nicht ausreichen, muss Regulierung nach wie vor eingreifen, um fairen Wettbewerb zu sichern.

 

Der neue europäische Rechtsrahmen und das TKG 2003 brachten ein flexibles Wettbewerbsregulierungssystem. Dieses kann auf die Gegebenheiten der jeweiligen Märkte angemessen eingehen, wenn kein effektiver Wettbewerb besteht, können Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht von der Telekom-Control-Kommission (TKK) geeignete spezifische Verpflichtungen auferlegt werden. Die Rolle der TKK als unabhängige Regulierungsbehörde wurde stark aufgewertet. Der neue Rechtsrahmen brachte aber auch ein für alle Verfahrensparteien aufwändiges und ressourcenintensives Verfahren, wie insbesondere die Marktfeststellungsverfahren. Österreich war und ist bestrebt, die Liberalisierung im Einklang mit der EU voranzutreiben und hat den neuen Rechtsrahmen rechtzeitig und im europäischen Vergleich als einer der ersten Mitgliedstaten umgesetzt.

 

Die NÖ „Handymastensteuer“ sorgte für große Unruhe am Markt und wurde sowohl von der EK, als auch der Regulierungsbehörde und den Marktteilnehmern heftig kritisiert. Eine Anfechtung der Steuer war von den Marktteilnehmern zu erwarten. Vor allem für die „kleinen“ Marktteilnehmer einerseits und die Handynutzer in Niederösterreich andererseits hätte die Steuer spürbare negative Auswirkungen gehabt. Ein Vorabentscheidungsurteil des Europäischen Gerichtshofs zu einem ähnlichen Steuermodell in Belgien hat die Frage, ob durch eine solche Steuer der Wettbewerb verletzt ist, ausdrücklich offen gelassen. Mit dem Mobilfunkpakt Niederösterreich konnte jedoch eine Einigung zwischen den Betreibern und dem Land Niederösterreich über eine verbesserte gemeinsame Mastnutzung und einen effektiveren Informationsaustausch erzielt werden. Das NÖ Sendeanlagengesetz wurde - nicht zuletzt auch aufgrund des Drängens von Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Hubert Gorbach - in weiterer Folge aufgehoben.

 

Im Rahmen des 10. EU Umsetzungsberichtes schneidet Österreich sehr positiv ab, dennoch wurden einige Vertragsverletzungsverfahren auch gegen Österreich eingeleitet, die Adaptierungen des TKG 2003 notwendig machten. Diese Verfahren sind oder werden voraussichtlich eingestellt. Auch der nach der Berichtsperiode erschienene 11. Umsetzungsbericht zeigt ein ähnlich positives Bild.

 

Schlussfolgerung:

Insgesamt kann daher im Rahmen dieses Evaluierungsberichtes eine grundsätzlich positive Bilanz der ersten zwei Jahre des Telekommunikationsgesetzes gezogen werden. Insgesamt hat sich die von Österreich erfolgte präzise Umsetzung des EU-Telekommunikationsrahmens sehr bewährt und die aufgetretenen Probleme bestätigen, dass das TKG 2003 den richtigen Weg vorgezeichnet hat.


2.   Rückblick und Vergleich mit der bisherigen Rechtslage

 

a.  Rückblick EU und Österreich

 

Die Liberalisierung der Telekommunikation ist ein zentrales Anliegen Europas und der EK. Die Liberalisierung der Telekommunikation wurde in den 80er Jahren vorbereitet und begonnen und betraf zunächst Telekommunikationsendgeräte und Telekommunikationsdienste über das Festnetz mit Ausnahme der Sprachtelefonie. Nach und nach wurde die Liberalisierung ausgeweitet, um nur die wichtigsten zu nennen, auf Satellitenfunkdienste (1995), Mobilfunkdienste (1996) und schlussendlich auf die Sprachtelefonie selbst ab 1.1.1998. Damit wurden Rahmenbedingungen geschaffen, die die Marktöffnung ermöglichten und umfassenden Wettbewerb zuließen. 2002 wurde ein neuer Europäischer Rechtsrahmen zum Kommunikationsrecht geschaffen, der der zunehmenden Komplexität der Dienste, der technischen Entwicklung und der Realität der Märkte vermehrt Rechnung tragen sollte. Dieser wurde mit dem TKG 2003 mit Wirkung vom 20. August 2003 in Österreich in nationales Recht umgesetzt. Österreich gehörte mit der Verabschiedung des TKG 2003 zu den ersten Ländern der Europäischen Union, das den neuen Rechtsrahmen in nationales Recht umsetzte.

 

b.   Kurzer Vergleich TKG 1997 und 2003

 

Sowohl der alte als auch der neue Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste legt Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht (bzw. „marktbeherrschenden Unternehmen“ – TKG 1997) im Vorhinein („ex ante“) bestimmte Beschränkungen und Verpflichtungen auf. Im Gegensatz zum allgemeinen Wettbewerbsrecht bedarf es nicht einer missbräuchlichen Ausübung von Marktmacht, um Verpflichtungen und Beschränkungen schlagend werden zu lassen („ex post“). Die mit der Feststellung verbundenen Regulierungskonsequenzen sind demnach asymmetrisch (so genannte „asymmetrische Regulierung“) und sollen dazu beitragen, den Prozess der Liberalisierung und Wettbewerbsorientierung zu unterstützen.

 


Einige wesentliche Änderungen im Überblick:

 

TKG 1997

TKG 2003

Konzessionssystem: Gleichwohl jedermann berechtigt war, Telekommunikationsdienste zu erbringen (§ 12 TKG 1997) durfte die wichtigsten Telekommunikationsdienste (mobile Sprachtelefonie, öffentlicher Sprachtelefondienst, öffentliches Anbieten von Mietleitungen) nur Erbringen, wer über eine entsprechende Konzession verfügte (§ 14 TKG 1997).

 

Andere Dienste mussten lediglich angezeigt werden (§ 13 TGK 1997).

Anzeigesystem: Die beabsichtigte Bereitstellung von öffentlichen Kommunikationsnetzen oder

-diensten, sowie deren beabsichtigte Änderung oder Einstellung sind vor der Betriebsaufnahme anzuzeigen. (§ 15 TKG 2003).

 

Lediglich für die Vergabe und Nutzung von Frequenzen und im Bereich der Nummerierung gibt es noch individuelle Genehmigungen.

Das Regulierungsregime des TKG 1997 enthielt gesetzlich festgelegte ex-ante Regelungen für Unternehmen die über eine marktbeherrschende Stellung verfügten.

Der neue Rechtsrahmen und das TKG 2003 enthalten ein flexibles System von Auflagen für Unternehmen die über beträchtliche Marktmacht verfügen.

Über marktbeherrschende Stellung verfügte ein Unternehmen, wenn es

      keinem oder nur unwesentlichem Wettbewerb ausgesetzt ist

      über eine überragende Marktstellung verfügt.

 

Es bestand eine gesetzliche Vermutung, dass ein Unternehmer marktbeherrschend ist, wenn es über einen Marktanteil von mehr als 25 % am sachlich und räumlich relevanten Markt verfügt (§ 33 TKG 1997).

Über beträchtliche Marktmacht verfügt ein Unternehmen, wenn es allein oder –gemeinsam mit anderen Unternehmen – eine wirtschaftlich so starke Stellung einnimmt, die ihm gestattet, sich im beträchtlichen Umfang unabhängig von

      Wettbewerbern,

      Kunden und

      letztlich Nutzern

zu verhalten (§ 35 TKG 2003).

 

Eine gesetzliche Vermutung, gebunden an einen prozentuellen Marktanteil, besteht nicht.

Die der sektorspezifischen Regulierung unterliegenden relevanten Dienste wurden per Gesetz festgelegt.

      öffentlicher Mobilfunkdienst

      öffentlicher Sprachtelefondienst

      öffentliches Anbieten von Mietleitungen

      Netzzugang, Zugang zu entbündelten Teilen des Netzes und Zusammenschaltung

Die Regulierungsbehörde hat durch Verordnung die der sektorspezifischen Regulierung unterliegenden relevanten Märkte entsprechend den nationalen Gegebenheiten im Einklang mit den Grundsätzen des allgemeinen Wettbewerbsrechts unter Berücksichtigung der Erfordernisse sektorspezifischer Regulierung festzulegen § 36 TKG 2003).

Bisher wurden mit zwei Verordnungen insgesamt 17 Märkte wurden festgelegt).

 

Zusätzlich Märkte könnten festgelegt werden, jedoch nur nach umfassender Abstimmung mit der EK.


 

Bei Vorliegen von marktbeherrschender Stellung waren daran gesetzlich festgelegte Folgen, geknüpft, etwa

      Genehmigungspflicht der Geschäftsbedingungen für Sprachtelefonie über Fest- und Mobilnetz sowie für Mietleitungen (§ 18 Abs. 1 und 4 TKG 1997)

      Genehmigungspflicht der Entgelte für Sprachtelefonie über Festnetz sowie für Mietleitungen; Kostenorientierung; Quersubventionsverbot zwischen einzelnen Gebührenzonen; (§ 18 Abs. 6 TKG 1997)

      Pflicht, Leistungen, die am Markt oder sich selbst angeboten werden, Wettbewerbern zu gleichen Bedingungen bereitzustellen (§ 34 Abs. 1 TKG 1997)

      Anordnungen zum Abstellen von Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung (§ 34 Abs. 3 TKG 1997)

      Pflicht zur Bereitstellung harmonisierter Schnittstellen (§ 35 Abs. 1 TKG 1997)

      Pflicht zur Bereitstellung eines Mindestangebotes an Mietleitungen (§ 36 TKG 1997)

      Pflicht zur Gewährung von Netzzugang oder zu entbündelten Teilen desselben und Pflicht zur Zusammenschaltung (§ 37 TKG 1997)

      Pflicht zu kostenorientierten Zusammenschaltentgelten (§ 41 Abs. 3 TKG 1997)

      Pflicht zur Erstellung und Anzeige von Standardzusammenschaltungsangeboten, sowie Veröffentlichung derselben (§ 41 Abs. 4 und 5 TKG 1997)

      Pflicht, Zusammenschaltungsbedingungen und –entgelte in die Geschäftsbedingungen aufzunehmen und zu veröffentlichen (dadurch ist das Standardzusammenschaltungsangebot gem. § 18 Abs. 4 TKG 1997 genehmigungspflichtig) (§ 42 TKG 1997)

      organisatorische oder rechnungsmäßige Trennung der Tätigkeiten auf den verschiedenen Märkten der Telekommunikation (§ 43 Abs. 4 TKG 1997)

      Überprüfung durch die Regulierungsbehörde, Buchprüfung (§ 43 Abs. 4 TKG 1997)

      Pflicht zur Datenübermittlung des Teilnehmerverzeichnisses an Herausgeber eines Teilnehmerverzeichnisses zu kostenorientiertem Entgelt, das in die (genehmigungspflichtigen) AGB aufzunehmen ist (§ 96 Abs. 6 TKG 1997)

Gelangt die Regulierungsbehörde zur Auffassung dass ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen und somit kein effektiver Wettbewerb besteht, hat sie diesem geeignete spezifischen Verpflichtungen aufzuerlegen (§ 37 Abs. 2 TKG 2003).

      Gleichbehandlungsverpflichtung (§ 38 TKG 2003)

      Transparenzverpflichtung (§ 39 TKG 2003)

      Getrennte Buchführung (§ 40 TKG 2003)

      Zugang zu Netzeinrichtungen und Netzfunktionen (§ 41 TKG 2003)

      Entgeltkontrolle und Kostenrechnung für den Zugang (§ 42 TKG 2003)

      Regulierungsmaßnahmen in Bezug auf Dienste für Endnutzer (§ 43 TKG 2003), z.B. Festlegung von Preisobergrenzen.

      Mindestangebot am Mietleitungen (§ 44 TKG 2003)

      Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl (§ 46 TKG 2003)

      Andere Verpflichtungen, sofern diese von der EK genehmigt werden (§ 47 Abs. 1 TKG 2003)

 


3.   Die neue Wettbewerbsregulierung in Österreich

 

a.  Das innerösterreichische Regulierungsverfahren

 

Die neuen Regelungen für die Wettbewerbsregulierung sehen einen dreistufigen Prozess vor:

 

Die erste Stufe beinhaltet die Abgrenzung von Kommunikationsmärkten, die möglicherweise der sektorspezifischen Regulierung unterliegen. Die RTR erließ als Regulierungsbehörde die TKMVO 2003, die nach einer Novelle 2005 17 Telekommunikationsmärkte – in Übereinstimmung mit der Empfehlung der EK vom 11.02.2003 über relevante Produkt- und Dienstemärkte des elektronischen Kommunikationssektors – abgegrenzt hat.

 

Es bestehen sohin folgende Märkte:

1. Zugang von Privatkunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten (Endkundenmarkt)

2. Zugang von Nichtprivatkunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten (Endkundenmarkt)

3. Inlandsgespräche für Privatkunden über das öffentliche Telefonnetz an festen Standorten (Endkundenmarkt)

4. Inlandsgespräche für Nichtprivatkunden über das öffentliche Telefonnetz an festen Standorten (Endkundenmarkt)

5. Auslandsgespräche für Privatkunden über das öffentliche Telefonnetz an festen Standorten (Endkundenmarkt)

6. Auslandsgespräche für Nichtprivatkunden über das öffentliche Telefonnetz an festen Standorten (Endkundenmarkt)

7. Originierung im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten (Vorleistungsmarkt)

8. Terminierung in individuellen öffentlichen Telefonnetzen an festen Standorten (Vorleistungsmarkt)

9. Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz (Vorleistungsmarkt)

10. Mindestangebot an Mietleitungen mit bestimmten Mietleitungstypen bis einschließlich 2 Mbit/s (Endkundenmarkt)

11. Trunk-Segmente von Mietleitungen (Vorleistungsmarkt)

12. Terminierende Segmente von Mietleitungen (Vorleistungsmarkt)

13. Entbündelter Zugang einschließlich gemeinsamer Zugang zu Drahtleitungen und Teilabschnitten davon für die Erbringung von Breitband- und Sprachdiensten (Vorleistungsmarkt)

14. Zugang und Originierung in öffentlichen Mobiltelefonnetzen (Vorleistungsmarkt)

15. Terminierung in individuellen öffentlichen Mobiltelefonnetzen (Vorleistungsmarkt)

16. Nationaler Vorleistungsmarkt für internationales Roaming in öffentlichen Mobiltelefonnetzen (Vorleistungsmarkt)

17. Markt für den breitbandigen Zugang (Vorleistungsmarkt)

 

Die zweite Stufe sieht die Analyse dieser Märkte durch die TKK mit dem Ziel vor, festzustellen, ob auf diesen Telekommunikationsmärkten effektiver Wettbewerb gegeben ist oder aber (zumindest) ein Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügt. Ein Unternehmen gilt dann als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, wenn es entweder allein oder gemeinsam mit anderen eine wirtschaftlich so starke Stellung einnimmt, die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Wettbewerbern, Kunden und letztlich Nutzern zu verhalten. Der nationale Rechtsrahmen gibt der Regulierungsbehörde eine Reihe von Kriterien vor, die bei der Beurteilung, ob ein Unternehmen beträchtliche Marktmacht hat, „insbesondere“ zu berücksichtigen sind.

 

Die dritte Stufe beinhaltet schließlich die Festlegung jener spezifischen Verpflichtungen („Regulierungsinstrumente“), die zur Lösung der identifizierten aktuellen und potenziellen Wettbewerbsprobleme herangezogen werden können, wenn die TKK in einem Marktanalyseverfahren zur Auffassung gelangt, dass auf einem bestimmten Markt kein effektiver Wettbewerb gegeben ist und sohin ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht im Sinne des TKG 2003 verfügen. Demgegenüber hat die Behörde frühere Verpflichtungen aufzuheben, sofern sich ergibt, dass auf einem bestimmten Markt effektiver Wettbewerb herrscht und sohin kein Unternehmen mehr über beträchtliche Marktmacht verfügt. Das TKG 2003 sieht in Übereinstimmung mit den europarechtlichen Vorgaben folgende mögliche „Regulierungsinstrumente“ vor:

 

     Gleichbehandlungsverpflichtung (§ 38 TKG 2003)

     Transparenzverpflichtung (§ 39 TKG 2003)

     Getrennte Buchführung (§ 40 TKG 2003)

     Zugang zu Netzeinrichtungen und Netzfunktionen (§ 41 TKG 2003)

     Entgeltkontrolle und Kostenrechnung für den Zugang (§ 42 TKG 2003)

     Regulierungsmaßnahmen in Bezug auf Dienste für Endnutzer (§ 43 TKG 2003), z.B. Festlegung von Preisobergrenzen.

     Mindestangebot an Mietleitungen (§ 44 TKG 2003)

     Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl (§ 46 TKG 2003)

     Andere Verpflichtungen, sofern diese von der EK genehmigt werden (§ 47 Abs. 1 TKG 2003)

 

Zum Vorliegen von beträchtlicher Marktmacht bzw. von effektivem Wettbewerb gemäß §§ 35, 37 TKG 2003 hat die Telekom-Control-Kommission folgende Entscheidungen getroffen:

 

Markt

Datum

 

M 1/03 Zugang von Privatkunden zum öffentlichen Festnetz

20.12.2004

 

M 2/03 Zugang von Nichtprivatkunden zum öffentlichen Festnetz

20.12.2004

 

M 3/03 Markt für Inlandsgespräche von Privatkunden

21.2.2005

 

M 4/03 Markt für Inlandsgespräche von Nichtprivatkunden

21.2.2005

 

M 5/03, M 5a/03 Markt für Auslandsgespräche von Privatkunden

4.2.2005

 

M 6/03 Markt für Auslandsgespräche von Nichtprivatkunden

4.2.2005

 

M 7/03 Originierung im festen öffentlichen Telefonnetz

20.12.2004

 

M 8a/03 Terminierung im betreiberindividuellen festen öffentlichen Telefonnetz der TA AG

20.12.2004

 

M 8b-k/03 Terminierung in betreiberindividuellen festen öffentlichen Telefonnetzen (ANB)

20.12.2004

 

M 9/03 Transit

Veto EK

 

M 10/03 Mindestangebot an Mietleitungen

27.10.2004

 

M 11/03 Trunk-Segmente von Mietleitungen

19.7.2004

 

M 12/03 Terminierende Segmente von Mietleitungen

27.10.2004

 

M 13/03 Entbündelung

27.10.2004

 

M 14/03 Zugang und Originierung in öffentlichen Mobiltelefonnetzen

3.5.2004

 

M 15 a - e/03 Terminierung in individuellen Mobilnetzen

27.10.2004

 

 

Die Regulierungsbehörde hat per 31. Juli 2005 die Marktanalysen in 15 der 17 relevanten Märkten abgeschlossen. Einzelne Verfahren sind ab Seite 15 dargestellt.

 

Schlussfolgerung:

Die Bestimmungen des TKG 2003, die dieses Verfahren regeln, haben sich bewährt, denn sie garantierten bislang ein flexibles Eingehen auf die konkreten Marktsituationen. Naturgemäß fordern die wegen ihrer festgestellten beträchtlichen Marktmacht einer stärkeren Regulierung unterworfenen Marktteilnehmer eine Lockerung der strengen Regulierungsauflagen. Dieses System ist jedoch ein von der EU-Rechtslage eng definiertes. Grundlegende Änderungen dieses Systems sind daher weder möglich noch - da keine substanziellen Umsetzungsmängel erkennbar sind - erforderlich.


 

b.   Europaweite Koordination

     Marktdefinitionsverfahren und -analyseverfahren

 

Die Festlegung der relevanten Märkte durch die Regulierungsbehörde hat unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der EU zu erfolgen (§ 36 Abs. 2 TKG 2003), damit sind insbesondere die Märkteempfehlung und die Leitlinien der EK gemeint. Beabsichtigt die Regulierungsbehörde sachliche oder räumliche Märkte festzulegen, die von denen in der Empfehlung der EK abweichen (§ 36 Abs. 3 TKG 2003), hat sie dies mit der EK zu koordinieren.

 

Das Koordinationsverfahren betrifft insbesondere Marktdefinition, Marktanalyse, Zusammenschaltung und die beabsichtigten Auferlegung von Verpflichtungen. Der Entwurf solcher Vollziehungshandlungen ist gleichzeitig mit einer Begründung der EK sowie den nationalen Regulierungsbehörden der Mitgliedsstaaten der EG zur Verfügung zu stellen (129 Abs. 1 TKG 2003). Die EK und die nationalen Regulierungsbehörden können binnen einem Monat zu dem betreffenden Vollzugsentwurf Stellung nehmen. Diesen Stellungnahmen ist weitestgehend Rechnung zu tragen (§ 129 Abs. 3 TKG 2003).

 

Dieses Verfahren ist - wie die Praxis gezeigt hat - nicht unproblematisch. Folgender Fall möge dies verdeutlichen:

     Koordination am Beispiel der Entscheidung der TKK Transit Zahl M 9/03

 

Die TKK kam auf der Basis des im Mai 2004 fertig gestellten Marktanalysegutachtens zum Schluss, dass auf dem Transitmarkt effektiver Wettbewerb herrscht. Begründet wurde dieses Ergebnis im Wesentlichen damit, dass die von Telekom Austria (TA) angebotenen Transitleistungen – nämlich einerseits „gebündelte“ Transitleistungen, wenn sie gemeinsam mit Terminierung oder Originierung angeboten werden und andererseits „ungebündelte“ Transitleistungen – bereits in wesentlichem Umfang durch Eigenleistungen ersetzt werden.

 

Im Koordinationsverfahren kam es zu einem „Veto“ der EK: Nach einem von der Regulierungsbehörde beantworteten „Request for Information“ der EK, eröffnete diese am 20.08.2004 ein so genanntes „Phase II Verfahren“, im Rahmen dessen der TKK ernsthafte Zweifel der EK an der Vereinbarkeit des notifizierten Beschlussentwurfs mit dem Gemeinschaftsrecht mitgeteilt wurden (so genannter „Serious Doubts Letter“).

 

Begründend führt die EK im Wesentlichen aus, dass sich die direkte Zusammenschaltung, die nach dem Maßnahmenentwurf, wie dargestellt, als Substitut für ungebündelten Transit Teil des Transitmarktes ist, „außerhalb des relevanten Marktes befindet“. Es sei nicht ausreichend geprüft worden, ob Netzbetreiber, die Transitleistungen nachfragen, bei einer Preisänderung „schnell zu anderen Produkten oder Dienstleistungen“, nämlich direkter Zusammenschaltung, übergehen können. Daneben wurden noch einige andere Argumente gegen die beabsichtigte Entscheidung vorgebracht.

 

Nach Gesprächen mit der EK und Übermittlung umfangreicher Dokumente mit weiteren Erläuterungen der TKK sowie nach der vorgeschriebenen Befassung des Communications Committee („CoCom“), übermittelte die EK am 20.10.2004 eine Entscheidung, mit der die TKK zur Rücknahme des Maßnahmenentwurfs aufgefordert wird („Veto“). Dabei wurde auf die umfangreichen zusätzlichen Informationen der TKK, mit denen im Detail zu den geäußerten Zweifeln der EK Stellung genommen wurde, inhaltlich kaum eingegangen.

 

An diesem Beispiel zeigt sich das besondere rechtliche Spannungsverhältnis zwischen Artikel 7 der Rahmenrichtlinie einerseits und dem Art 18 BVG andererseits.

 

Wie bereits dargestellt, kann die EK unter bestimmten Voraussetzungen beschließen, dass die Regulierungsbehörde eine vorgeschlagene Maßnahme zurückzuziehen hat. Damit wird der EK in wesentlichen Bereichen der Regulierung unter gewissen Voraussetzungen ein Veto gegen Maßnahmen einer NRB eingeräumt.“

 

Damit wird eine direkte externe Einflussnahme auf eine Vollziehungshandlung gesetzt, was mit Art. 18 der österreichischen Bundesverfassung nur schwer zu vereinbaren ist. Artikel 18. (1) lautet: "Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden."

 

Schlussfolgerung:

Diese Bestimmung hat sich keineswegs bewährt, trifft doch die EK ihre Entscheidungen in diesen Verfahren nicht ausreichend transparent und ohne die Möglichkeit eines Rechtsmittels dagegen. Aus rechtsstaatlicher Sicht kann dies nur mit Vorbehalten angesehen werden. Eine entsprechende Änderung des TKG 2003 ist jedoch wegen der EU-rechtlichen Determinierung nicht möglich.

 

c.  Ex post Wettbewerbssicherung durch die Bundeswettbewerbsbehörde

 

§ Verfahren Tik-Tak Tarife gegen Telekom Austria

 

Im Juli 2003 implementierte die TA mit Genehmigung der TKK ein neues Tarifsystem. Als wesentliche Änderung wurde der damalige Minimumtarif mangels Kostendeckung abgeschafft, Als billigste (wenngleich teurere) Möglichkeit, die Anschlussleistung von der TA zu beziehen, blieben die (auch schon bis dahin verfügbaren) TikTak-Tarife, die jeweils bestimmte Verbindungsleistungen inkludierten.

 

Im Gegensatz zur TKK hatte die BWB Bedenken:

 

Die Anschlussleistung werde unter fast monopolartigen Marktverhältnissen erbracht (damals ca. 95 % TA), sodass die Wahlmöglichkeiten der Endkunden beim Bezug der Anschlussleistung extrem beschränkt wären.

 

Anders verhalte es sich bei den Verbindungsleistungen, die Endkunden über Call by Call und Carrier Preselection auch von zahlreichen ANB beziehen könnten. Für diese Endkunden der Mitbewerber der TA, die aber die Anschlussleistung nach wie vor fast ausschließlich von der TA bezögen, wäre es nahe liegend, den günstigsten Tarif für diese Anschlussleistung der TA zu wählen. Deshalb wäre zu erwarten, dass (auch) die Endkunden der Mitbewerber vermehrt einen TikTak-Tarif wählen würden, weil dieser ihnen die günstigste Möglichkeit zum notwendigen Bezug der Anschlussleistung von der TA böte. Ebenso könne mittelfristig erwartet werden, dass die Endkunden die in den TikTak-Tarifen inkludierten Verbindungsleistungen der TA, die sie mit der Bezahlung der Anschlussleistung bereits mitbezahlt hätten, nicht verfallen lassen, sondern konsumieren würden.

 

Aus diesen Umständen ergäbe sich die Eignung des damaligen Tarifsystems der TA, die Entwicklung des Wettbewerbs zu beeinträchtigen.

 

Die BWB beantragte - nachdem Gespräche zur außergerichtlichen Einigung ohne Ergebnis geblieben waren - beim Kartellgericht, der TA aufzutragen, diesen Missbrauch abzustellen und über die TA ein angemessenes Bußgeld zu verhängen.

 

Das Kartellgericht gab diesem Antrag statt.

 

Schlussfolgerung:

In der Praxis ergeben sich fallweise Unklarheiten bei der Abgrenzung zwischen den Entscheidungsbereichen der TKK und der BWB. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, es gäbe ein Rechtsschutzdefizit. Beide Behörden haben die ihnen vorliegenden Sachverhalte aus jeweils anderen Gesichtspunkten zu prüfen, damit können auch voneinander abweichende Entscheidungen erfolgen. Derzeit scheint keine Notwendigkeit zu bestehen, die Regeln dafür anzupassen.

 


4.   Die Entscheidungen der TKK in den einzelnen Märkten

a.  Mietleitungsmärkte

 

TKG 1997

TKG 2003

Öffentliches Anbieten von Mietleitungen (bis einschließlich 2 Mbit/s)

M 10. Mindestangebot an Mietleitungen mit bestimmten Mietleitungstypen bis einschließlich 2 Mbit/s (Endkundenmarkt)

 Auflagen:

       Bereitstellung eines Mindestangebotes an Mietleitungen

       Veröffentlichung von technischen und kommerziellen Rahmenbedingungen

       Entgelte haben sich an den Prognosekosten zu orientieren

       AGBs und Entgeltbestimmungen unterliegen der ex-ante Regulierung

Verpflichtung zur Kostenrechnung und getrennten Buchführung

Öffentliches Anbieten Mietleitungen (> 2 Mbit/s)

Endkundenmarkt ist dereguliert

 

M 11 Trunk-Segmente von Mietleitungen (Vorleistungsmarkt)

Es wurden keine Auflagen erteilt

 

M 12 Terminierende Segmente von Mietleitungen (Vorleistungsmarkt)

Auflagen:

       Legung eines Standardangebotes

       Spezifiziertes Nicht Diskriminierungsgebot

       Gleichbehandlungsverpflichtung

       Entgelte haben sich an den Istkosten zu orientieren

       AGBs und Entgeltbestimmungen unterliegen nicht der ex-ante Regulierung

Verpflichtung zur Kostenrechnung und getrennten Buchführung

b.               Zugangsmärkte Festnetz und Entbündelung

 

TKG 1997

TKG 2003

Pflicht zur Gewährung von Netzzugang oder zu entbündelten Teilen desselben (§ 37 TKG 1997)

M 1 Zugang von Privatkunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten (Endkundenmarkt)

M 2 Zugang von Nichtprivatkunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten (Endkundenmarkt)

Auflagen für M1 und M 2:

       Gewährung von Zugang zu den Services aller zusammengeschalteten Betreiber

o          Durch Betreiberauswahl im Einzelverfahren (Call by Call) und

o          Betreibervorauswahl

       Legung eines spezifizierten Standardangebot für den Wiederverkauf der Teilnehmeranschlussleistung (TASL)

       Gleichbehandlungsverpflichtung

       Entgeltkontrolle - ausgenommen jedoch Aktionen mit einer maximalen Dauer von 3 Monaten – und der AGBs.

       Kostenorientierung der Entgelte

       Quersubventionsverbot

Verpflichtung zur Kostenrechnung u getrennten Buchführung

M 13 Entbündelter Zugang einschließlich gemeinsamer Zugang zu Drahtleitungen und Teilabschnitten davon für die Erbringung von Breitband- und Sprachdiensten (Vorleistungsmarkt)

Auflagen:

       Legung eines Standardangebotes

       Gleichbehandlungsverpflichtung

       Spezifiziertes Standardangebot

       Entgelte haben sich an effizienter Leistungsbereitstellung (FL-LRAIC) zu orientieren

       Quersubventionsverbot

       Verpflichtung zur Kostenrechnung und getrennten Buchführung

Teilentbündelung, shared use und Annex-Leistungen (z.B. Kolokation, Rufnummerneinrichtung)

 

Die Entbündelung unterlag sowohl nach TKG 1997 als auch nach TKG 2003 der Regulierung. Die Entbündelung wurde in Österreich bereits 1999 mit Bescheid der Regulierungsbehörde angeordnet.

 

c.  Verbindungsmärkte für Festnetzkunden

 

TKG 1997

TKG 2003

Öffentlicher Sprachtelefondienst

M 3. Inlandsgespräche für Privatkunden über das öffentliche Telefonnetz an festen Standorten (Endkundenmarkt)

M 4. Inlandsgespräche für Nichtprivatkunden über das öffentliche Telefonnetz an festen Standorten (Endkundenmarkt)

Auflagen für M 3 und M 4:

       Entgeltkontrolle - ausgenommen jedoch Aktionen mit einer maximalen Dauer von 3 Monaten – und der AGBs.

       Kostenorientierung der Entgelte

       Quersubventionsverbot

getrennten Buchführung

Öffentlicher Sprachtelefondienst

M 5. Auslandsgespräche für Privatkunden über das öffentliche Telefonnetz an festen Standorten (Endkundenmarkt)

es besteht wirksamer Wettbewerb, es wurden demzufolge keine Auflagen erteilt

M 6. Auslandsgespräche für Nichtprivatkunden über das öffentliche Telefonnetz an festen Standorten (Endkundenmarkt)

Auflagen:

       Entgeltkontrolle - ausgenommen jedoch Aktionen mit einer maximalen Dauer von 3 Monaten – und der AGBs.

       Kostenorientierung der Entgelte

       Quersubventionsverbot

getrennten Buchführung

 

Im Bereich Inlandsgespräche gab es kaum Änderungen zur bisherigen Regulierungspraxis. Ob die differenzierte Behandlung der Auslandsgespräche Auswirkungen haben wird, kann derzeit noch nicht eingeschätzt werden.

 

d.  Originierung und Terminierung Festnetz

 

TKG 1997

TKG 2003

Zusammenschaltungsregime

M 7. Originierung im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten (Vorleistungsmarkt).

es besteht eine beträchtliche Marktmacht der TA

Auflagen für M 7:

       Gewährleistung von direkter und indirekter Zusammenschaltung

       Entgelte haben sich an effizienter Leistungsbereitstellung (FL-LRAIC) zu orientieren

       Gleichbehandlungsverpflichtung

       Verpflichtung zur Legung eines spezifizierten Standardangebotes.

       Quersubventionsverbot

getrennte Buchführung

M 8. Terminierung in individuellen öffentlichen Telefonnetzen an festen Standorten (Vorleistungsmarkt)

Es wurden insgesamt 9 Festnetzanbieter als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht eingestuft:

Auflagen TA

       Gewährleistung von direkter und indirekter Zusammenschaltung

       Entgelte haben sich an effizienter Leistungsbereitstellung (FL-LRAIC) zu orientieren

       Gleichbehandlungsverpflichtung

       Verpflichtung zur Legung eines spezifizierten Standardangebotes.

       Quersubventionsverbot

       getrennte Buchführung

Auflagen übrige Markteilnehmer mit beträchtlicher Marktmacht:

       Verpflichtung, Entgelte zu verrechnen, die sich als Ausgangswert am derzeit aktuellen Entgelt der TA für die regionale Terminierung (Verkehrsart V3) orientiert

M 9 Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz (Vorleistungsmarkt)

Entscheidung zum Berichtszeitpunkt noch ausständig.

 

Mit der Entscheidung M 8, hat die TKK den Entscheidungsfreiraum des neuen Rechtsrahmens genützt und mit der bisherigen Regulierungspraxis symmetrischer Terminierungsentgelte gebrochen.

 

e.   Originierung und Terminierung im Mobilfunk

 

TKG 1997

TKG 2003

Zusammenschaltungsregime

M 14. Zugang und Originierung in öffentlichen Mobiltelefonnetzen (Vorleistungsmarkt)

es besteht wirksamer Wettbewerb, es wurden demzufolge keine Auflagen erteilt

M 15. Terminierung in individuellen öffentlichen Mobiltelefonnetzen (Vorleistungsmarkt)

Auflagen:

       Gleichbehandlung in Qualität und Preis

       Veröffentlichung eines spezifizierten Standardangebotes

       Verpflichtung zur Zusammenschaltung

Entgelte haben sich an LRAIC zu orientieren

 

f.   Nationaler Vorleistungsmarkt für internationales Roaming

 

TKG 1997

TKG 2003

Bisher nicht reguliert

M 16. Nationaler Vorleistungsmarkt für internationales Roaming in öffentlichen Mobiltelefonnetzen (Vorleistungsmarkt)

Endentscheidung noch ausständig

 


g.  Breitbandmarkt

 

TKG 1997

TKG 2003

Bisher nicht reguliert

M 17. Markt für den breitbandigen Zugang (Vorleistungsmarkt)

Endentscheidung  zum Berichtszeitpunkt noch ausständig

 

Schlussfolgerung:

Die Regulierungsinstrumente, die das TKG 2003 der TKK in die Hand gibt, haben sich bewährt. Die verschiedentliche bereits in der Schlussfolgerung zu Kapitel 3 angesprochene Kritik von Marktteilnehmern an den der Regulierungsbehörde zur Verfügung stehenden Regulierungsinstrumenten kann wegen der gesetzlichen und EU-rechtlichen Vorgabe dieser Instrumente nicht geteilt werden. Ein unmittelbarer Änderungsbedarf des TKG 2003 zu diesen Regeln und Instrumenten ist nicht daher nicht erkennbar.


5.    Effiziente Frequenznutzung

 

Die Grundlagen der Frequenzpolitik hat der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie im Einklang mit den internationalen Vorgaben durch den Frequenznutzungsplan festzulegen. Dabei wird die grundsätzliche Frequenzwidmung und die Zuweisung von Frequenzbereichen zu den jeweiligen Anwendungen definiert. Die Frequenzvergabe erfolgt durch die dem BMVIT nachgeordneten Fernmeldebüros.

 

Nach § 52 TKG 2003 kann im Rahmen der Erstellung des Frequenznutzungsplanes die Zahl der zu vergebenden Frequenznutzungsrechte beschränkt werden, wenn die voraussichtliche Nachfrage den Umfang der zur Verfügung stehenden Frequenzen überschreitet. Die Zuständigkeit zur Vergabe dieser Frequenzen geht damit ex lege gem. § 54 Abs. 3 Ziff. 2 TKG 2003 auf die Regulierungsbehörde über. Diese vergibt diese Frequenzen in weiterer Folge im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens und sorgt damit für effiziente Frequenznutzung.

 

Die Regulierungsbehörde hat im Rahmen der Überprüfung der mit der Frequenzvergabe an Mobilfunkunternehmen verbundenen Versorgungsauflagen die Nutzung der Frequenzen zu überprüfen.

 

a.  UMTS

 

Im ersten Halbjahr 2004 hat die TKK die Verfahren zur Überprüfung der Erfüllung der Versorgungsauflagen durch die UMTS - Frequenzinhaber durchgeführt.

 

Im Zuge der UMTS - Frequenzzuteilungen an die Unternehmen H3G, Mobilkom, One, tele.ring, T-Mobile Austria, und 3G Mobile im November 2000 wurden Auflagen hinsichtlich des zu erreichenden Versorgungsgrades erteilt. Die Betreiber wurden verpflichtet, bis spätestens 31.12.2003 UMTS/IMT-2000-Dienste kommerziell mit einem Versorgungsgrad von 25 %, unter Zugrundelegung einer Datenrate von 144 kbit/s anzubieten.

 

Die Verfahren zur Überprüfung wurden von der TKK im Jänner 2004 eingeleitet. Alle Betreiber haben den vorgeschriebenen Versorgungsgrad von 25 % und ebenso die Vorgaben hinsichtlich der Datenrate erreicht, die Dienste wurden am 31.12.2003 kommerziell angeboten.

 

b.   WLL Frequenzvergabe

 

Im Jahr 2004 führte die TKK ein Verfahren zur Vergabe von Frequenzen aus dem Frequenzbereich 3,5 GHz durch. Die gegenständlichen Frequenzen kommen insbesondere für die Wireless Local Loop-Technologie zum Einsatz, Anwendungsgebiet ist die Anbindung von fixen Teilnehmern via Funktechnologie. Nachdem mittels Verordnung des BMVIT im März 2004 festgestellt wurde, dass im gegenständlichen Frequenzbereich die Zuteilung von Frequenzen gemäß § 52 Abs. 3 TKG 2003 zahlenmäßig beschränkt wird, wurden die Frequenzen der Regulierungsbehörde zur weiteren Verwertung zugewiesen.

 

Aufgrund des Einsatzgebietes der Frequenzen wurde eine regionale Aufteilung vorgenommen, diese orientierte sich im Wesentlichen an Wirtschaftsräumen bzw. topografischen Gegebenheiten. Das Bundesgebiet wurde in sechs Regionen unterteilt, in fünf Regionen standen je drei Frequenzpakete zur Verfügung, in der Region Vorarlberg gelangten aufgrund frequenztechnischer Gegebenheiten zwei Frequenzpakete zur Vergabe.

 

Das Gesamtergebnis der Auktion belief sich auf EUR 464.000,-.

 

c.  Vergabe weiterer GSM Frequenzen

 

Weiters führte die TKK im Jahr 2004 ein Vergabeverfahren für noch freie Frequenzen aus den Bereichen GSM-900 und GSM-1800 durch. Auch hinsichtlich dieser Frequenzen war mittels Verordnung des BMVIT festgelegt worden, dass die Zuteilung zahlenmäßig beschränkt wird. Die Durchführung des Vergabeverfahrens erfolgte weit gehend zeitgleich mit dem Vergabeverfahren für WLL-Frequenzen. Das Gesamtergebnis betrug EUR 968.000,-. Die zugeteilten Frequenzen dienen der Kapazitätserweiterung der am Markt tätigen Mobilfunkunternehmen.

d.  Vergabe weiterer Frequenzen aus dem Frequenzbereich 450 MHz

 

Zum Berichtszeitpunkt bereitete die RTR die Vergabe von Frequenzen im Frequenzbereich 450 MHz vor.

 

e.   Frequenzüberlassung

 

Die Überlassung von Nutzungsrechten für Frequenzen, die von der Regulierungsbehörde zugeteilt wurden (§ 56 Abs. 1 TKG 2003) und wesentliche Änderungen der Eigentümerstruktur von Unternehmen, denen Frequenznutzungsrechte zugeteilt wurden (§ 56 Abs. 2 TKG 2003) bedürfen der vorherigen Genehmigung der Regulierungsbehörde. Damit wird einerseits die Möglichkeit eröffnet, wirtschaftlichen Gegebenheiten zu entsprechen und damit auch der Frequenzökonomie zu dienen, andererseits wird durch die Genehmigungspflicht sichergestellt, dass durch die Frequenzüberlassung keine Wettbewerbsverletzungen verursacht werden.

 

Bis zum Berichtszeitpunkt wurde von der Regulierungsbehörde eine Frequenzüberlassung genehmigt, nämlich die Überlassung der Frequenzen des zweiten UMTS-Betreibers. Die Genehmigung erfolgte mit der Auflage, einen Teil der Frequenzen weiter zu überlassen. Damit soll eine Verletzung des Wettbewerbs vermieden werden.

 

Schlussfolgerung:

Die Regeln über die Frequenzverwaltung, insbesondere die Möglichkeit der „Knappheitserklärung“ von Frequenzen und damit der Versteigerung durch die TKK sowie die Frequenzüberlassung haben sich bislang bewährt. Durch Knappheitserklärung konnten ungenutzte Frequenzpakete in frequenztechnisch und ökonomisch optimierter Weise vergeben werden. Auch die Möglichkeit der Frequenzüberlassung dient diesem Ziel, wobei dabei die Genehmigungspflicht durch die Regulierungsbehörde zur Wahrung der Wettbewerbsneutralität ein essentielles Element der Überlassung ist. Angesichts der erst geringen Erfahrung mit diesen beiden Instrumenten kann eine endgültige Einschätzung derzeit noch nicht erfolgen.


6.   Rufnummern

 

Gemäß den Bestimmungen des TKG 2003 obliegt der RTR die effiziente Verwaltung des österreichischen Rufnummernraumes und aller anderen Kommunikationsparameter (Spezielle Kommunikationsparameter). Der Begriff Kommunikationsparameter bezeichnet gemäß TKG 2003 „die Gesamtheit aller möglichen Zeichen, Buchstaben, Ziffern und Signale, die unmittelbar zur Netzsteuerung von Kommunikationsverbindungen dienen“.

 

Rechtliche Grundlage für die Verwaltung von Adressierungselementen bilden die beiden von der RTR erlassenen Verordnungen,

     die bereits 2003 erlassene Spezielle Kommunikationsparameter-Verordnung (SKP-V) und

     die am 12.05.2004 in Kraft getretene Kommunikationsparameter-, Entgelt- und Mehrwertdiensteverordnung (KEM-V).

Letztere legt den öffentlichen Rufnummern- sowie einen öffentlichen Wählplan als Teilplan für Kommunikationsparameter sowie Regelungen zu Mehrwertdiensten fest. Für die verschiedenen Rufnummernbereiche werden Nutzungsmerkmale und Kriterien für die Zuteilung festgelegt, das Verfahren zur Erlangung von Nutzungsrechten geregelt sowie Entgelte und Regelungen für Mehrwertdienste festgesetzt.

 

Vor In-Kraft-Treten der KEM-V bestanden in den nunmehr durch die KEM-V geregelten Bereichen die vom BMVIT erlassene Nummerierungsverordnung (NVO) und die Verordnung über die Festlegung von Zugangskennzahlen für Notrufdienste sowie die Entgeltverordnung (EVO 2003) der RTR. Die KEM-V basiert auf diesen vormaligen Verordnungen, wobei bewährte Regelungen übernommen wurden. Anpassungen erfolgten in Hinblick auf neue Dienste sowie geänderte Bedürfnisse sowohl des Marktes als auch des Konsumentenschutzes.

 

a.  „grosse“ Rufnummernplanänderung ad acta gelegt

 

Die Ortsnetzkennzahlen, die Zuordnung der Ortsnetzkennzahlen zu Ortsnetznamen und die geografischen Ortsnetzgrenzen sind gegenüber zur NVO inhaltlich grundsätzlich unverändert in der Anlage zur KEM-V festgelegt. Damit wurde einem allgemeinen Wunsch entsprochen, keine weitreichende Änderungen in der Nummerierungsstruktur vorzunehmen. Durch diese Regelung wurde die immer wieder diskutierte „große“ Rufnummernplanänderung in Österreich endgültig ad acta gelegt.

b.   Mehrwertdienste

 

Einen wichtigen Abschnitt der KEM-V bilden die umfassenden Regelungen für Mehrwertdienste sowohl im Rufnummernbereich (0)8xx als auch insbesondere im Bereich (0)9xx. Bei der Bewerbung solcher Dienste ist das genaue Entgelt pro Minute oder pro Event in EUR anzugeben. Die Entgeltobergrenzen für (0)810er-Nummern wurden mit EUR 0,10 pro Minute, für (0)820-Nummern mit EUR 0,20 pro Minute festegelegt. Der neue Bereich (0)821 ist ausschließlich eventtarifierten Sprach- und SMS-/MMS-Diensten gewidmet und wird mit maximal EUR 0,20 pro Anruf (unabhängig von der Anrufdauer) bzw. SMS/MMS tarifiert.

 

Bei den „frei kalkulierbaren" Mehrwertdiensten bestehen ebenfalls klare Vorgaben für die Tarifierung. Das maximale Entgelt bei zeitabhängiger Tarifierung beträgt EUR 3,64 pro Minute, ein eventtarifiertes Entgelt beträgt maximal EUR 10,- pro Event. Eine Tarifinformationspflicht, sei es durch Tarifinformation oder mittels Tarifinfo per SMS, ist für alle (0)9xx-Bereiche gegeben, wobei es für eventtarifierte SMS- und MMS-Dienste besondere Bestimmungen für Dienste unter EUR 0,70 gibt. Im Bereich der so genannten SMS-Chat- und Abo-Dienste wurden spezifische Regelungen festgelegt. Neu sind – wie auch bei den Auskunftsdiensten – Bestimmungen zur Trennungspflicht. Je nach Entgelthöhe ist eine Verbindung bei Rufen zu Mehrwertdiensten nach 60 Minuten (bei Entgelten kleiner als EUR 2,20/Minute) oder nach 30 Minuten (bei Entgelten ab EUR 2,20/Minute) vom Betreiber zu trennen.

 

Gemäß § 29 Abs. 2 TKG 2003 haben Bereitsteller von öffentlichen Telekommunikationsdiensten ihren Teilnehmern auf Antrag einmal jährlich die entgeltfreie Sperre abgehender Verbindungen zu frei kalkulierbaren Diensten zu ermöglichen. Damit wurde im Gesetz bereits ab dem 20. August 2003 einem wichtigen konsumentenpolitischen Anliegen Rechnung getragen. Der Gesetzgeber gab dem Konsumenten ein Instrument in die Hand, mit dem er wirkungsvoll unbeabsichtigte Kosten durch tatsächliche Unmöglichmachung der Nutzung kostenintensiver Dienste vermeiden kann.

c.  Dialer-Programme

 

Die KEM-V enthält weiters umfassende Bestimmungen zu Dialer-Programmen: Unter anderem dürfen Dialer ausschließlich im Rufnummernbereich (0)939 angeboten werden. Ein seit 01.01.2005 für alle Festnetzbetreiber verpflichtendes Opt-In-System stellt sicher, dass Dialer nur auf ausdrücklichen Wunsch des Nutzers erreichbar sind. Weitere Auflagen sind beispielsweise eine umfassende Informationspflicht über Tarifierung, Name und Anschrift des Diensteerbringers und Beschreibung des Dienstes sowie eine verpflichtend vorgeschriebene einfache Möglichkeit zur dauerhaften Entfernung eines solchen Dialer-Programmes vom PC des Nutzers.

 

Schlussfolgerung:

Die Übertragung der Zuständigkeit aller Nummerierungsagenden vom BMVIT auf die Regulierungsbehörde hat unter anderem zu einer wesentlichen Verbesserung bei der Verfolgung von Kundeninteressen geführt. Mit der Erlassung der KEM-V konnten zahlreiche Kundenbeschwerden betreffend Dialer-Programme und Mehrwertnummern in geordnete Bahnen gebracht werden. Die klare Strukturierung und Zuordnung von Nummerngruppen zu Entgelten bewirkt eine wesentliche Verbesserung des Kundenschutzes. Auch die von § 29 Abs. 3 TKG 2003 vorgesehene Möglichkeit, einmal jährlich eine Sperre von Verbindungen zu frei kalkulierbaren Diensten vorzusehen, dient diesem Ziel. Verschiedentlich werden diese Regelungen als nicht ausreichend bezeichnet, diese sollten jedoch primär in den konsumentenschutzspezifischen Bereichen der Rechtsordnung enthalten sein.

 


7.   Sonderthema „Handymastensteuer“

 

Die Einführung einer Steuer auf Mobilfunksendemasten durch das Land Niederösterreich hat in Österreich zu heftigen Diskussionen geführt.

a.  Das NÖ Sendeanlagenabgabegesetz

 

Mit diesem Gesetz wurde eine Steuer auf Mobilfunkmasten vorgeschrieben, deren Höhe davon abhängig war, ob der Mast von einem Betreiber alleine genutzt wurde oder von mehreren Betreibern gemeinsam.

 

Dieses Gesetz wurde vom Land Niederösterreich unter anderem folgendermaßen begründet: Die mit dem „Wildwuchs an Sendeanlagen für Mobiltelefonkommunikation“ verbundenen negativen externen Effekte insbesondere im Bereich Orts- und Landschaftsbild stellen landesweit ein nicht vernachlässigbares Problem dar. Zudem schafft die unmittelbare Nähe von „Handymasten“ besondere Betroffenheit der Bürger, wobei insbes. auch gesundheitliche Bedenken laut werden (vgl. Becker/Jäger/Kirowitz/Suárez/Trenker Schriftenreihe des österreichischen Gemeindebundes, S 18 ff).

b.   Rechtsansicht der EK

 

Die für die Angelegenheiten der Informationsgesellschaft zuständige Kommissarin Viviane Reding, Mitglied der EK stellte in einem Schreiben an Vizekanzler Gorbach ausführlich den europäischen Standpunkt dar. Wesentliche Argumente waren:

 

Das geplante Vorhaben

        stehe in Gegensatz zu den Bemühungen um mehr Wachstum, Innovation und Wettbewerb auf europäischer Ebene.

        gefährde insbesondere die weitere Verbreitung des Mobilfunks.

        würde insbesondere die Wettbewerbssituation kleinerer und alternativer Betreiber nachteilig beeinflussen.

 

c.  Stellungnahme der Regulierungsbehörde

 

Die RTR hat in einem rechtlichen und einem technischen Gutachten dieses Vorhaben geprüft: Sie kam im Wesentlichen zum Ergebnis, dass das Gesetz rechtlich bedenklich sei, technisch nicht im beabsichtigten Ausmaß wirksam sein kann sowie ökonomisch und im Bezug auf den Wettbewerbnegative Auswirkungen haben wird.

 

1. Rechtliche Bedenken

-          Es missachtet bedeutende Interessen des Bundesgesetzgebers, indem es wesentliche Regulierungsziele nach dem TKG 2003 konterkariert und somit gegen das verfassungsrechtlich verankerte Bundesstaatsprinzip verstoßen dürfte, insbesondere durch Gefährdung der Netzabdeckung und Begünstigung von Wettbewerbsverzerrungen;

-          es schließt bestimmte Sendeanlagen von der Abgabenpflicht ohne erkennbare sachliche Rechtfertigung aus, bewirkt damit im Ergebnis eine Abgabepflicht nur für Mobilfunkbetreiber und ist somit gleichheitswidrig;

-          die Abgabenpflicht besteht nur für Sendeanlagen auf privatem Grund, obwohl sich Sendeanlagen auf öffentlichem Grund nicht von jenen auf Privatgrund unterscheiden;

-          einige Bestimmungen sind dermaßen unklar, dass damit das der Bundesverfassung innewohnende Bestimmtheitsgebot verletzt zu sein scheint;

-          es verstößt gegen das Sachlichkeitsgebot, indem das vorgebliche Lenkungsziel kaum oder nicht erreicht wird und das Gesetz von veralteten bzw. fehlerhaften Grundlagen ausgeht.

-          Das EU-Gemeinschaftsrecht sieht vor, dass die Auferlegung von Nutzungsabgaben einer objektiven Rechtfertigung bedarf – Umweltschutzaspekte zählen nicht dazu – und unter anderem nicht diskriminierend vorzunehmen ist. Indem das nö SendeanlagenabgabeG bestimmte Sendeanlagen vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausnimmt (siehe oben), ist insoweit auch ein Widerspruch zum EU-Gemeinschaftsrecht gegeben.

 

2. technisch ist an diesem Gesetz folgendes zu kritisieren:

-          Nur ein Teil der Mobilfunkstandorte – ca. 49 % in NÖ – befindet sich auf von Mobilfunkunternehmen errichteten Masten. Allenfalls bei diesem Standorttyp kann die gemeinsame Nutzung eine positive Auswirkung auf das Orts- und Landschaftsbild haben. In Bezug auf alle anderen Standorte ist dieser Effekt nicht vorhanden oder zweifelhaft.

-          Die vom Gesetz beabsichtigte – nach Standorttypen undifferenzierte – Erhöhung der Sharing-Rate führt gleichzeitig auch zu einer punktuellen Konzentration und damit Erhöhung der Immissionen („Elektro-Smog“), auch in Wohngebieten.

-          Mobilfunknetze benötigen aufgrund unterschiedlicher Frequenzbänder (900, 1800 und 2000 MHz), Technologien (GSM, UMTS), Frequenzausstattungen und Teilnehmerdichten ein unterschiedlich enges Netz an Mobilfunkstationen. Die Möglichkeit, Standorte gemeinsam zu nutzen, ergibt sich daher nur an vereinzelten Orten.

-          Je mehr Betreiber einen Maststandort gemeinsam nutzen, umso höher muss der Mast sein. Solche hohen „Super-Standorte“ stehen häufig im Konflikt mit dem Schutz des Ortsbildes.

-          Um Versorgungslücken zu vermeiden, können nur Mobilfunkstandorte zusammengelegt werden, die in hinreichend geringem Abstand zueinander stehen. Dies wird mit steigender Zahl an Sharing-Partnern (je Standort) zunehmend unwahrscheinlicher.

-          Wenn ein bestimmtes Gebiet erstmals von einem Betreiber erschlossen wird, ist die gemeinsame Nutzung praktisch nicht möglich.

-          An vielen bestehenden Standorten (insbesondere Dachstandorten) ist oft kein ausreichender Platz für das Equipment mehrerer Betreiber vorhanden.

-          Der für Site-Sharing notwendige Umbau von Standorten kann im Einzelfall mit sehr hohen Kosten verbunden sein, die Site-Sharing unwirtschaftlich machen.

 

3. ökonomische Überlegungen:

-          Werden die tatsächlich anfallenden Kosten für Niederösterreich berücksichtigt, entstehen jährliche Mehrkosten in der Höhe von EUR 46 bis 57 Mio.

-          Damit belaufen sich die Mehrkosten pro Jahr für die Mobilfunkbetreiber auf 10 % und mehr des Endkundenumsatzes.

-          Werden die durch die Lenkungsabgabe tatsächlich entstehenden Kosten auf die Mobilfunkkunden überwälzt, so ergibt sich für diese eine Mehrbelastung in Höhe von EUR 30,- bis 38,- pro Jahr. Bedenkt man, dass die Mehrbelastung pro Teilnehmer für kleine Betreiber weit höher ist, dürfte eine Überwälzung auf die Tarife einen Preisanstieg von weit mehr als 10 % nach sich ziehen.

-          Die entstehende Kostenbelastung kann durch einzelne Betreiber nicht getragen werden kann. Die Berechnungen zeigen, dass die Wirtschaftlichkeit einzelner Unternehmen existenziell bedroht wäre.

 

4. Nachteile auf die Versorgung.

-          Aufgrund der Konzeption des Abgabemodells sind die Rollout-Kosten überproportional hoch, wenn ein bestimmtes Gebiet erstmals von einem Betreiber erschlossen wird. Das macht den Rollout in ländlichen Gebieten, die aufgrund des geringen Verkehrsaufkommens üblicherweise nur von einem oder zwei Betreiben versorgt werden, unattraktiver.

-          In einer Szenariorechnung für Niederösterreich ergibt sich, dass etwa die Hälfte des Landesgebietes aufgrund der durch die Landesabgabe entstehenden Anreizstruktur in der Versorgung gefährdet sind

-          Durch die zu erwartende Ausdünnung der Netzdichte ist auch mit einer Verschlechterung der Versorgung zur Absetzung von Notrufen und mit einer höheren Anfälligkeit in Krisensituationen aufgrund der Reduktion von voneinander unabhängigen Infrastrukturen zu rechnen.

 

5. Nachteile für den Wettbewerb.

-          Die Abgabe bezieht sich nur auf Mobilfunk und nimmt andere Dienste (etwa Wimax, W-LAN etc.).

-          Es sind erhebliche Verzerrungen zwischen großen und kleinen Mobilfunkanbietern (Bezugsgröße Anzahl der Teilnehmer bzw. Minuten) zu erwarten.

 

d.  Weitere Entwicklung

 

Wenngleich die Argumente der EK und der RTR überzeugten, hat die Bundesregierung keinen Einspruch gegen diese Regelung erhoben. In weiteren Verhandlungen haben die Betreiber gemeinsam mit dem Land Niederösterreich in einem Mobilfunkpakt ein Procedere beschlossen, das eine verbesserte Information der Bevölkerung bei der Errichtung von Mobilfunkstandorten vorsieht und das Ziel einer verstärkten gemeinsamen Nutzung von Sendemasten definiert. Der niederösterreichische Landtag hat in weiterer Folge – nicht zuletzt auch aufgrund des Drängens von Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Hubert Gorbach - das Gesetz wieder aufgehoben.

 

Auf Grund seiner Wirkung kann der niederösterreichische Mobilfunkpakt durchaus Vorbildwirkung für andere Bundesländer haben, da sein Ziel ein Ausgleich zwischen den Interessen der Anrainer auf Information und möglichst wenige Sendeanlagen und den Interessen auf möglichst flächendeckende Versorgung ist.

Schlussfolgerung:

Diese Entwicklung zeigt, dass die Bestimmung über eine gemeinsame Nutzung von Antennentragemasten in § 8 Abs. 2 TKG 2003, nach der bei der Errichtung ein Anspruch auf Nutzung bereits bestehender Infrastruktur besteht, grundsätzlich ein taugliches Instrument für die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur ist. Sofern die gemeinsame Nutzung technisch möglich ist, wird jeder Betreiber bereits aus wirtschaftlichen Gründen diese Mitbenutzung anstreben. Eine unbedingte Verpflichtung zur gemeinsamen Nutzung würde hingegen bei jeder geplanten Errichtung schwer zu beherrschende Verfahren voraussetzen, in deren Verlauf die Frage zu klären wäre, ob die Nutzung technisch und ökonomisch möglich oder nicht möglich wäre. Beim Konzept des TKG 2003 löst der Markt diese Fragen. Das TKG 2003 bietet somit – gemeinsam mit den landesrechtlichen Kompetenzen im Bereich des Umweltschutzes und des Baurechts - ausreichende Möglichkeiten, die vom Land Niederösterreich verfolgten Ziele zu erreichen.

 


 

8.   Wichtige weitere Themen

 

a.  Universaldienst

 

Zu den Universaldienstleitungen gehören gem. § 26 TKG ein Mindestangebot an öffentlichen Diensten, zu denen alle Endnutzer unabhängig von ihrem Wohn- oder Geschäftsort zu einem erschwinglichen Preis Zugang haben müssen.

Dazu zählt:

1. den Zugang zum öffentlichen Telefondienst über einen an einem festen Standort realisierten Anschluss, über den auch ein Fax und ein Modem betrieben werden können, einschließlich der fernmeldetechnischen Übertragung von Daten mit Datenraten, die für einen funktionalen Internetzugang ausreichen,

2. die Erbringung eines betreiberübergreifenden Auskunftsdienstes,

3. die Erstellung eines betreiberübergreifenden Teilnehmerverzeichnisses von Teilnehmern an öffentlichen Telefondiensten sowie den Zugang zu diesem Verzeichnis,

4. die flächendeckende Versorgung mit öffentlichen Sprechstellen an allgemein und jederzeit zugänglichen Standorten.

 

Grundsätzlich hat die TA den Universaldienst zu erbringen. Das BMVIT hat alle fünf Jahre die Voraussetzungen für eine Vergabe des Universaldienstes an andere Betreiber zu überprüfen. Die Voraussetzungen für eine Vergabe liegen dann vor, wenn mehr als ein Betreiber den Universaldienst erbringen kann.

 

2004 hat das BMVIT unter Heranziehung eines Gutachtens der RTR das Vorliegen der Voraussetzungen geprüft. Danach lagen die Voraussetzungen mit Ausnahme des Telefonverzeichnisdienstes und des Auskunftsdienstes jedenfalls nicht vor. Für die beiden verbleibenden Dienste ließ dieses Gutachten noch Fragen offen, weshalb das BMVIT in einer Interessentensuche einen Überblick über die Marktsituation zu finden suchte. Das Ergebnis zeigte, dass jedenfalls der Auskunftsdienst im Wettbewerb erbracht wird und Vorkehrungen zur Sicherstellung der Erbringung des Universaldienstes nicht erforderlich wären. Für den Bereich des Teilnehmerverzeichnisses bestehen zwar mehrere Interessenten, auf Grund der für eine Erbringung für die Betreiber offenbar unklaren Fragen nach Datenzugang, Verteilung, Finanzierung etc muss davon ausgegangen werden, dass derzeit die Voraussetzungen noch nicht vorliegen. Diese Fragen müssen vor der nächsten Untersuchung der Voraussetzungen mit Hilfe der RTR jedenfalls beantwortet sein. Die nächste Untersuchung hat spätestens 2010 zu erfolgen, wenn Anhaltspunkte für ein früheres Vorliegen der Voraussetzungen bestehen, auch früher.

 

Schlussfolgerung:

Das TKG sieht für die Sicherstellung der Erbringung des Universaldienstes ein relativ starres System vor. Sobald mehr als ein Betreiber den Universaldienst erbringen kann, muss zwingend die Verpflichtung zur Universaldienstleistung ausgeschrieben werden. In jenen Fällen, in denen der Markt selbst die Leistungserbringung sicherstellt, wäre es nicht notwendig, das aufwändige Ausschreibungsverfahren durchzuführen und eine formelle Vergabe der Leistung vorzunehmen. Diese Flexibilität kannte das TKG 2003 jedoch nicht. Mit der letzten Novelle des TKG 2003 (BGBl. I Nr. 133/2005) wurde zumindest für den Auskunftsdienst mit der Möglichkeit, im Wettbewerbsfall von einer Ausschreibung abzusehen, eine wesentliche Vereinfachung geschaffen. Es wird aber angeregt, zu prüfen, ob und inwieweit diese Flexibilität auch für die anderen Bereiche des Universaldienstes vorgesehen werden sollte.

 

b.   Gebührenbefreiung

 

Nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem die durch Verordnung vorgesehene Befreiung von Frequenznutzungsgebühren für „Blaulichtorganisationen“ (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben – BOS – Dienste) mangels gesetzlicher Grundlage aufgehoben wurde, wurde es notwendig, gesetzliche Vorsorge zu treffen, da die bisherigen Rechtsgrundlagen eine Differenzierung nach Diensten abhängig vom öffentlichen Interesse nicht erlaubten.

 

Mit einer Novelle des TKG 2003 (BGBl. I Nr. 178/2005) wird sicher gestellt, dass Dienste, die im öffentlichen Interesse erbracht werden („Blaulichtnummern“) gebührenfrei erbracht werden können. Aus gleichheitsrechtlichen Überlegungen wurde nicht nur die fehlende gesetzliche Grundlage für die Ausnahmeregelung geschaffen, sondern auch die nach der aufgehobenen Verordnung nur für digitale Systeme geltende Befreiung im Gesetz nun auf eine technologieneutrale Basis gestellt. Damit wurden zahlreiche analoge Systeme, etwa von freiwilligen Feuerwehren, von der Gebührenpflicht befreit.


 

Schlussfolgerung:

Die bisherige, bloß durch Verordnung geregelte Gebührenregelung für „Blaulichtdienste“ wurde erheblich verbessert.

c.  Breitband über Stromleitungen (PLC)

 

Das Internet aus der Steckdose (Powerline Communications, PLC) ist als solches im TKG 2003 nicht geregelt. Die gesetzlichen Regelungen über Telekommunikationsanlagen und Funkfrequenzen mussten daher erst durch die Judikatur auf ihre Anwendbarkeit auf diese Technologie überprüft werden.

 

Die Powerline Technologie ist grundsätzlich für die Breitbandentwicklung von Bedeutung. Erste Erfahrungen zeigen, dass PLC funktechnische Störungen durch elektromagnetische Abstrahlung aus den Stromleitungen verursacht. Das ist durch Messungen der Fernmeldebehörden und zahlreiche Störungsmeldungen belegt. Neben dem Amateurfunk sind praktisch alle Kurzwellendienste wie digitales Radio aber auch Notrufdienste beeinträchtigt.

 

Die Aufgabe der Behörde war es, angesichts der festgestellten Störungen einen Mittelweg zwischen den berechtigten Interessen von bestehenden Funkanwendungen einerseits und der Technologienutzung andererseits zu finden. Die Fernmeldebehörde hat daher die Beseitigung von funktechnischen Störungen bescheidmäßig vorgeschrieben, ohne den Betrieb dieses Systems als solches in Frage zu stellen.

Schlussfolgerung:

Dieses Verfahren zeigte, dass das TKG 2003 hinreichend flexibel ausgestaltet ist, um auch mit neuen Technologien, die anders als die klassische Telekommunikation entweder leitungsgebunden oder mittels Funkfrequenzen funktionieren, umgehen zu können. Dies soll jedoch nicht ausschließen, dass auch für solche Technologien legistische Überlegungen angestellt werden können.


d.  Voice over IP (VoIP)

 

Voice over IP, also Telefon über das Internet wird von Anbietern öffentlicher Telekommunikationsdienste mittlerweile oft angeboten, etwa bei entbündelten Teilnehmeranschlussleitungen im Zusammenhalt mit Breitband-Internet. Das Telekommunikationsgesetz sieht für diese Technologie derzeit noch keine speziellen Regeln vor, ist doch auch für den Teilnehmer grundsätzlich kein Unterschied zwischen der herkömmlichen und der neuen Technologie feststellbar. Mit Voice over IP sind jedoch verschiedene Fragen, vor allem im Bereich der Standortfeststellung bei Notrufen verbunden. Bei einer Telefonanbindung über das Intenet wird nicht notwendigerweise, so wie das beim konventionellen Festnetztelefon der Fall ist, mit einem Anruf auch eine Standortinformation ermittelt werden können. Spezielle Vorkehrungen sind daher erforderlich. Welche Vorkehrungen in Frage kommen, wird derzeit im Rahmen einer vom BMVIT gemeinsam mit der RTR organisierten "Plattform Notrufe" erarbeitet.


 

9.    Evaluierung durch die EK

a.  Die Umsetzung in den 25 Mitgliedsstaaten

 

Die EK untersucht jährlich die Implementierung des Telekommunikations-Rechtsrahmens in den Mitgliedstaaten. Im zum Berichtszeitpunkt aktuellen zehnten Umsetzungsbericht (KOM (2004) 759 vom 2.12.2004 wird die Wichtigkeit der schnellen und korrekten Umsetzung der Kernrichtlinien (Rahmen-, Zugang-, Genehmigungs-, Universaldienst- und Wettbewerbsrichtlinien) betont. Mit Stichtag 11.8.2005 haben alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Griechenlands die Richtlinien umgesetzt.

 

Erfreulicherweise gehört Österreich zu jenen Ländern, die die Kernrichtlinien rechtzeitig umgesetzt und ausführende Rechtsakte verabschiedet haben. Der nach dem Berichtszeitpunkt von der EK veröffentlichte elfte Umsetzungsbericht setzt diese positive Einschätzung fort, sodass keine zentralen Umsetzungsdefizite bestehen.

b.   Übersicht Vertragsverletzungsverfahren

 

Nachfolgende, bereits im Umsetzungsbericht kritisierte Themen führten zu Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich. Österreich hat zu den Vertragsverletzungsverfahren fristgerecht umfassend Stellung genommen.

 

n      nichtkonforme Umsetzung von Art. 13 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (RL 2002/58/EG) durch § 107 Abs. 2 TKG (SPAM-Regelung).

 

Nach Artikel 13 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation darf die Verwendung von automatischen Anrufsystemen ohne menschlichen Eingriff (automatische Anrufmaschinen), Faxgeräten oder elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung nur bei vorheriger Einwilligung der Teilnehmer gestattet werden.

 

In Bezug auf die elektronische Post wird durch die österreichische Bestimmung zur Umsetzung von Artikel 13 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation der Schutzbereich dieses Artikels in unzulässiger Weise auf "Verbraucher" beschränkt. § 107 Absatz 2 TKG 2003 lautet:

 

"Die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS - an Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 2 Konsumentenschutzgesetz ohne vorherige Einwilligung des Empfängers ist unzulässig, wenn

1. die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder

2. an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist."

 

Die Bezugnahme auf Verbraucher in § 107 Absatz 2 TKG 2003 stellt nach Auffassung der EK eine unrichtige Umsetzung von Artikel 13 Absatz 1 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation dar, weil dadurch die Reichweite des im Gemeinschaftsrecht festgelegten Verbots in unzulässiger Weise (nämlich nur für Verbraucher anwendbar) eingeschränkt wird.

 

Diese Bestimmung wurde nach Ende des Berichtszeitraumes novelliert (BGBl. I Nr 133/2005), die EK hat das Vertragsverletzungsverfahren mittlerweile eingestellt.

 

n      Unvollständige Umsetzung von Artikel 3 der Rahmenrichtlinie 2002/21/EG.

 

Nach Artikel 3 Absatz 3 der Rahmenrichtlinie sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die nationalen Regulierungsbehörden ihre Befugnisse unparteiisch und transparent ausüben.

 

Laut § 116 Absatz 3 TKG 2003 sind die Mitglieder der Telekom-Control-Kommission (TKK) gemäß Artikel 20 Absatz 2 Bundes- Verfassungsgesetz (B- VG) bei der Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden. Das Gesetz enthält dagegen keine Vorschrift, nach der die drei österreichischen Regulierungsbehörden, nämlich die RTR, die TKK und die KommAustria ihre Befugnisse unparteiisch wahrnehmen müssten.

 

Die EK war daher der Ansicht, dass das TKG 2003 nicht im Einklang mit Artikel 3 Absatz 3 der Rahmenrichtlinie stehe. In Gesprächen mit der EK konnte diese jedoch überzeugt werden, dass unter Berücksichtigung der Gesamtrechtsordnung die Anforderungen der Richtlinie erfüllt sind.


 

n      Unvollständige Umsetzung von Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a der Rahmenrichtlinie 2002/21/EG (behinderte Nutzer).

 

Gemäß Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a der Rahmenrichtlinie fordern die nationalen Regulierungsbehörden den Wettbewerb bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste sowie zugehöriger Einrichtungen und Dienste, indem sie unter anderem sicherstellen, dass die Nutzer, einschließlich behinderte Nutzer größtmögliche Vorteile in Bezug auf Auswahl, Preise und Qualität genießen.

 

Das TKG 2003 enthielt keine umfassende Bestimmung, der zufolge die nationale Regulierungsbehörde den Interessen behinderter Nutzer besonders Rechnung zu tragen hätte.

 

Das Problem wurde nach Ende des Berichtszeitraumes in der Novelle des TKG 2003 (BGBl. I Nr. 133/2005) durch Übernahme der Regelung der Richtlinie gelöst.

 

n      Keine Umsetzung von Artikel 16 Absatz 1 letzter Satz der Rahmenrichtlinie 2002/21/EG (Wettbewerbsbehörde)

 

Nach dem letzten Satz von Artikel 16 Absatz 1 der Rahmenrichtlinie sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die Marktanalysen gegebenenfalls unter Beteiligung der nationalen Wettbewerbsbehörden durchgeführt werden.

 

Die österreichischen Rechtsvorschriften enthalten nach Auffassung der EK keine Vorschrift, mit der die Pflicht zur engen Zusammenarbeit zwischen der nationalen Regulierungsbehörde und der nationalen Wettbewerbsbehörde im Rahmen des Marktanalyseverfahrens umgesetzt wird.

 

Das Problem wurde nach Ende des Berichtszeitraumes in der Novelle des TKG 2003 (BGBl. I Nr. 133/2005) durch eine verpflichtende Anhörung aller Wettbewerbsbehörden gelöst.

 

Schlussfolgerung:

Die Evaluierung durch die EK ergibt insgesamt ein positives Bild. Österreich befindet sich im Spitzenfeld der europäischen Staaten, insbesondere durch die sehr frühe Umsetzung aber auch durch die genaue Orientierung am europäischen Rechtsrahmen. Das TKG 2003 kann damit als gelungen bezeichnet werden. Die wenigen anhängigen Vertragsverletzungsverfahren sind entweder bereits eingestellt oder es ist zu erwarten, dass sie nach bereits in Aussicht genommener Anpassung der Rechtslage eingestellt werden.


Anhang: Österreichisches Telekommunikationsrecht

 

Rechtsgrundlagen

Stand 1. Juni 2005

 

a.  Gesetze

 

Telekommunikationsgesetz

            BGBl.I Nr. 70/2003, 178/2004

 

Amateurfunkgesetz

            BGBl. I Nr. 25/1999

BGBl. I Nr. 32/2002 (EURO-Umstellung)

 

Funker-Zeugnisgesetz

            BGBl. I Nr. 26/1999

BGBl. I Nr. 32/2002 (Euro-Umstellung)

 

Fernsprechentgeltzuschussgesetz (FEZG)

            BGBl. I Nr. 142/2000

BGBl. I Nr. 32/2002 (Euro-Umstellung)

 

Fernmeldegebührengesetz

            BGBl. Nr. 170/1970 idF BGBl. I Nr. 71/2003

 

Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen (FTEG)

            BGBl. I Nr. 134/2001

BGBl. I Nr. 25/2002 (EURO-Umstellung)

b.   Verordnungen und Kundmachungen

 

Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr, mit der generelle Bewilligungen erteilt werden

BGBl.II Nr. 542/2003

BGBl.II Nr. 461/2004

BGBl.II Nr. 147/2005

 

 

Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über Konformitätsbewertungsverfahren bei der Zulassung von Endgeräten (Konformitätsbewertungsverordnung)

            BGBl.Nr. 791/1994

 

Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie mit der die technischen und betrieblichen Bestimmungen für die Errichtung und den Betrieb von Funkanlagen des festen Funkdienstes und des beweglichen Landfunkdienstes im Bereich von 29,7 bis 960 MHz festgesetzt werden (Betriebsfunkverordnung - BFV)

            BGBl. II Nr. 264/2004

 

Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst über die Kennzeichnung von Funkanlagen und Endgeräten (Funkanlagen und Endgeräte - Kennzeichnungsverordnung - FEKV)

            BGBl.II Nr. 87/1998

BGBl. II Nr. 384/1998

 


Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Festsetzung von Luftschnittstellen für Funkanlagen (Funkschnittstellen- Beschreibungsverordnung - FSBV)

            BGBl.II Nr. 454/2003

BGBl.II Nr. 462/2004

BGBl.II Nr. 146/2005

 

 

Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über die Erklärung der Einhaltung technischer Vorschriften durch den Hersteller von Endgeräten (Endgeräte-Herstellererklärungsverordnung)

            BGBl.II Nr. 122/1997

 

Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr zur näheren Bestimmung der Zusammenschaltung (Zusammenschaltungsverordnung)

            BGBl.II Nr. 14/1998

 

Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über Gebühren im Bereich der Telekommunikation (Telekommunikationsgebührenverordnung - TKGV)

            BGBl.II Nr. 29/1998

BGBl.II Nr. 110/2001

BGBl. II Nr. 337/2001

BGBl. II Nr. 388/2001

BGBl. II Nr. 161/2004 (VfGH)

 

Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über Frequenzzuteilungsgebühren für Mobilfunksysteme und über Frequenznutzungsgebühren für ausschließlich für innerbetriebliche oder private Zwecke genutzte digitale Mobilfunksysteme in GSM-Technologie (Gebührenverordnung-Mobilfunk)

BGBl. II Nr. 210/2004

 

Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über die Sitzungsgelder der Telekom-Control-Kommission

            BGBl. II Nr. 219/1998

BGBl. II Nr. 380/2001

 

Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Frequenzbereichszuweisung (Frequenzbereichszuweisungsverordnung-FBZV)

            BGBl. II Nr. 456/2003

 

Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Frequenznutzung (Frequenznutzungsverordnung-FNV)

            BGBl. II Nr. 457/2003

            BGBl. II Nr. 73/2004

BGBl. II Nr. 134/2004

 

Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr zur Durchführung des Funker-Zeugnisgesetzes (Funker-Zeugnisgesetzdurchführungsverordnung-FZV)

            BGBl. II Nr. 85/1999

BGBl. II Nr. 68/2002

 

Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über Gebühren im Funker-Zeugniswesen (Funker-Zeugnisgebührenverordnung-FZGV)

            BGBl. II Nr. 124/1999

BGBl. II Nr. 388/2001

 

Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über die Vergütung für Prüfer und Schriftführer

            BGBl. II Nr. 98/1999

BGBl. II Nr. 388/2001

 


Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr zur Durchführung des Amateurfunkgesetzes (Amateurfunkverordnung-AFV)

            BGBl. II Nr. 126/1999

BGBl. II Nr. 69/2002

BGBl. II Nr. 455/2003

BGBl. II Nr. 89/2004

 

Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über Gebühren im Bereich des Amateurfunks (Amateurfunkgebührenverordnung-AFGV)

            BGBl. II Nr. 125/1999

BGBl.II Nr. 111/2001

BGBl. II Nr. 388/2001

 

Kundmachung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr betreffend jene Staaten, die Einwände gegen den Amateurfunkverkehr mit Österreich erhoben haben

            BGBl. II Nr. 374/2002

 

Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr, mit der Qualitätskriterien für den Universaldienst festgelegt werden (Universaldienstverordnung- UDV)

            BGBl. II Nr. 192/1999

BGBl. II Nr. 173/2000

 

Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über Fernsprechentgeltzuschüsse (Fernsprechentgeltzuschussverordnung - FEZVO)

            BGBl. II Nr. 90/2001

BGBl. II Nr. 388/2001

 

Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über die Überwachung des Fernmeldeverkehrs (Überwachungsverordnung – ÜVO)

            BGBl. II Nr. 418/2001

            BGBl. II Nr. 559/2003

 

Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie, mit der die technischen und betrieblichen Bestimmungen für die Errichtung und den Betrieb von Funkanlagen im Binnenschifffahrtsfunk auf Wasserstraßen festgesetzt werden (Binnenschifffahrtsfunkverordnung – BSFV)

            BGBl. II Nr. 320/2002

 

Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über die Veröffentlichung von Schnittstellenbeschreibungen

            BGBl. II Nr. 336/2003

 

Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Übertragung von Nummern zwischen Mobilfunknetzen (Nummernübertragungsverordnung - NÜV)

            BGBl. II Nr. 513/2003

 

Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie, mit der statistische Erhebungen für den Bereich Kommunikation angeordnet werden (Telekommunikations-Erhebungs-Verordnung - KEV)

            BGBl. II Nr. 365/2004

 


 

c.  Verordnungen der RTR

 

1. Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, mit der die der sektorspezifischen ex-ante Regulierung unterliegenden relevanten nationalen Märkte für den Telekommunikationssektor festgelegt werden (Telekommunikationsmärkteverordnung 2003 - TKMVO 2003), kundgemacht am 17. Oktober 2003 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung.

 

8. Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, mit der die 1. Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, mit der die der sektorspezifischen ex-ante Regulierung unterliegenden relevanten nationalen Märkte für den Telekommunikationssektor festgelegt werden (Telekommunikationsmärkteverordnung 2003 – TKMVO 2003), geändert wird

BGBl II Nr. 117/2005

 

2. Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, mit der ein Teilplan für Kommunikationsparameter festgelegt wird (spezielle Kommunikationsparameter Verordnung - SKP-V), kundgemacht am 27. Oktober 2003 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung.

 

4. Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, mit der der Detaillierungsgrad und die Form der Bereitstellung des Entgeltnachweises festgelegt werden (Einzelentgeltnachweisverordnung – EEN-V), kundgemacht am 1. Dezember 2003 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung

 

5. Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, mit der ein bundesweit einheitlicher Richtsatz zur einmaligen Abgeltung der Nutzung von durch Recht gesicherten Leitungen oder Anlagen auch für die Errichtung, den Betrieb, die Erweiterung oder die Erneuerung von Kommunikationslinien durch deren Inhaber festgelegt wird (Richtsatzverordnung – R-VO), kundgemacht am 16. Februar 2004 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung

 

6. Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, mit der Bestimmungen für Kommunikationsparameter, Entgelte und Mehrwertdienste festgelegt werden (Kommunikationsparameter-, Entgelt- und Mehrwertdiensteverordnung – KEM-V), kundgemacht am 12.Mai 2004 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung

 

d.  Verordnungen der TKK

 

Verordnung der Telekom-Control-Kommission, mit der eine Umsatzgrenze festgelegt wird, bei deren Unterschreitung durch einen Beitragspflichtigen dessen Umsätze nicht bei der Berechnung des branchenspezifischen Gesamtumsatzes berücksichtigt werden (Schwellenwertverordnung Telekommunikation 2004 – SVO-TK 2004), kundgemacht am 8. März 2004 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung

 

Verordnung der Telekom-Control-Kommission, mit der eine Umsatzgrenze festgelegt wird, bei deren Unterschreitung durch einen Beitragspflichtigen dessen Umsätze nicht bei der Berechnung des branchenspezifischen Gesamtumsatzes berücksichtigt werden (2. Schwellenwertverordnung Telekommunikation 2005 – 2. SVO-TK 2005), kundgemacht am 31.05.2005 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung


Abkürzungsverzeichnis

 

ANB                             Alternativer Netzbetreiber

AVG                             Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991

BMVIT                          Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

BWB                            Bundeswettbewerbsbehörde

EK                                Europäische Kommission

idF                                in der Fassung

NRB                             Nationale Regulierungsbehörde

RTR                              Rundfunk und Telekom-Regulierungs-GmbH

TA                                Telekom Austria AG

TKG 1997                      Telekommunikationsgesetz BGBl I Nr. 100/1997

TKG 2003                      Telekommunikationsgesetz BGBl I Nr. 70/2003

TKK                              Telekom-Control-Kommission

TKMVO 2003 Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, mit der die 1. Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, mit der die der sektorspezifischen ex-ante Regulierung unterliegenden relevanten nationalen Märkte für den Telekommunikationssektor festgelegt werden, BGBl II Nr. 38/2005

WLL Wireless Local Loop