119/J XXII. GP

Eingelangt am: 24.02.2003

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Mag. Maier Johann


und Genossinnen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend „Bericht des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF und

Österreich)"

Das Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) wurde vor drei Jahren geschaffen.
Die Haupttätigkeit von OLAF besteht in der Durchführung und Koordinierung von
Betrugsbekämpfungsmaßnahmen zum Schutz des Gemeinschaftshaushaltes sowie von
Untersuchungen über Betrugsfälle und sonstige illegale Tätigkeiten in den EU-Organen und -
Einrichtungen. Der dritte Bericht dieses Amtes liegt vor, der jedoch vom jährlichen
Betrugsbekämpfungsbericht der Europäischen Kommission zu unterscheiden ist.

„Die Hauptverantwortung für den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft liegt
nach wie vor bei den Mitgliedsstaaten. In dem Netz der zahlreichen nationalen
Untersuchungs- und Justizbehörden in den verschiedenen Rechtssystemen gibt es jedoch viele
Stellen, in denen die Kette der Maßnahmen gegen grenzüberschreitend tätige Kriminelle
Gefahr läuft, unterbrochen zu werden. Es ist Aufgabe des OLAF, im Rahmen seiner
Befugnisse dafür Sorge zu tragen, dass es nicht dazu kommt. Das Amt möchte seine zentrale
Stellung im Netz dazu nutzen, als „Serviceplattform" einen zusätzlichen Nutzen zu den
Anstrengungen der Mitgliedsstaaten zu bewirken".

Und weiters: „Die Betrugsbekämpfung muss zu sichtbaren Ergebnissen führen: die Betrüger
müssen bestraft, die Finanz mit Laien gezogen und der Funktions- und Imageschaden, der bei
der offenen Einrichtung behoben werden. Dazu bedarf es einer professionellen
Fallabwicklung. Es darf nicht passieren, dass die Schuldigen aufgrund von Verfahrensfehlern
ungestraft davon kommen. Dieser fordert eine effiziente Zuweisung unserer begrenzten
Ressourcen, damit das Amt seine Anstrengungen auf jene Bereiche konzentriert, in denen es
am meisten ausrichten kann" (aus dem Vorwort zum Dritten Tätigkeitsbericht für das im Juni
2002 endende Jahr).

Das Ziel ist klar vorgegeben. Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) hat den
Auftrag, die Interessen der Europäischen Union zu schützen und Betrug, Korruption und
sonstige Unregelmäßigkeiten einschließlich Dienstvergehen mit finanziellen Auswirkungen in
den EU Organen und -Einrichtungen zu bekämpfen. Durch verantwortungsvolles,
transparentes und kostenwirksames Vorgehen will das Amt einen qualitativ hochwertigen
Dienst für die Bürger Europas leisten. Der Dritte Tätigkeitsbericht des Europäischen Amtes
für Betrugsbekämpfung liegt vor (2002/C 328/01) und lässt aber mehrere Fragen offen.
Nämlich in wie weit sich bislang einzelne Problembereiche konkret auf die Mitgliedsstaaten -
so auch Österreich - ausgewirkt haben und ob Österreich seiner Verantwortung tatsächlich
nachkommt.


Besonderes Anliegen war es die justizielle Dimension zu stärken:

„Im Einklang mit dem Kommissionskonzept vom 28. Juni 2000 für eine Gesamtstrategie

(KOM(2000) 358 endg.) hat sich das OLAF zur Stärkung der justiziellen Dimension der

Betrugsbekämpfüng verpflichtet. Das Amt muss also für die Rechtmäßigkeit und

Ordnungsmäßigkeit der Verfahren, einschließlich der strafrechtlichen Dimension, sowie für

eine wirksame Koordinierung zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten

sorgen.

Daher werden die Juristen des OLAF bei der Entwicklung der allgemeinen
Untersuchungsmethodik und bei deren Umsetzung in praktischen Leitlinien für die
Untersuchungsbeauftragten beratend tätig. Rechtlicher Rat wird auch in konkreten Fällen
erteilt, wenn die für die Untersuchungstätigkeit des OLAF maßgeblichen
gemeinschaftsrechtlichen Rahmenvorschriften einer Auslegung bedürfen, dies gilt unter
anderem für die Wahrung der Grundrechte der von den Untersuchungen betroffenen
Personen, den Schutz personenbezogener Daten, das Berufsgeheimnis, den Umfang der
Immunität und den Zugang zu Dokumenten.

Das OLAF ist nicht befugt, Fälle in den Mitgliedstaaten vor Gericht anzuklagen oder
Disziplinarverfahren in den EU Organen einzuleiten. Zeigt sich im Laufe einer Untersuchung,
dass eine strafrechtliche Verfolgung oder die Einleitung eines Disziplinarverfahrens (bzw.
beides) angebracht sein könnte, übermittelt das OLAF der zuständigen Behörde die
betreffende Akte. Daher ist es wichtig, dass das Amt bereits bei der Durchführung der
Untersuchungen den Erfordernissen der gerichtlichen Instanzen des betreffenden
Mitgliedstaats bzw. der betreffenden Mitgliedstaaten Rechnung trägt. Das Referat „Richter
und Staatsanwälte" sorgt dafür, dass eine adäquate fachliche und juristische Unterstützung zu
jedem Zeitpunkt der Untersuchung die Belange des nationalen Rechts berücksichtigt. Somit
ist sichergestellt, dass der Erfolg einer etwaigen künftigen Strafverfolgung nicht durch einen
Verfahrensfehler vereitelt wird.........."

Es gibt aber auch kritische Wortmeldungen zu OLAF und dessen (beschränkte) Befugnisse,
so zum Beispiel: „OLAF leide allerdings an einem Geburtsfehler: Es hängt am Geldtropf der
Kommission, was Kritikern zufolge die Untersuchung m eigenen Haus fast unmöglich mache.
Zwar ließe sich über OLAF Missstände aufklären, aber es passiert danach nichts.
Schwierigkeiten bereiten auch die Mitgliedsstaaten, in denen die meisten Gelder
verschwinden. Wir haben keine Kontrollbefugnis, wie die Länder Betrugsfalle behandeln. Oft
verschleppten Behörden Rechtshilfeersuchen, weisen die Kontrollinstanzen gegen Betrug
Lücken auf, behauptet Dietmunt Theato, Chefin des EU Haushaltskontrollausschuss".
Mit einem Subventionsanteil von 80 % sei der EU-Haushalt für Betrug besonders anfällig,
erklärte 1999 der damalige Chef des Rechnungshofes, Bernhard Friedmann: „Eine Zeitbombe
tickt".

Daran hat sich wenig geändert. Experten verlangen daher mehr Befugnisse für OLAF. Die
Ermittler der Kommission müssten sich bereits die Budgetansätze genau anschauen, die
politische Willensbildung nach Fehlern überprüfen, ebenso deren Umsetzung und die
weitgehend unkontrollierte Budgetausnutzung durch eine Mittelverwendungsanalyse. Dieser
Kontrollansatz müsse von regelmäßigen Prüfungen durch wechselnde Teams flankiert
werden. Aber von einem ganzheitlichen Kontrollansatz ist die EU noch weit entfernt, sagt
Chefkontrolleurin Theato. Darum sei der europäische Staatsanwalt so wichtig. Gelinge dies
nicht jetzt im Zuge der EU Reformen, dann wird eine bessere Kontrolle auf ewig verschoben
(auszugsweise aus DM Jänner 2003).


In diesem Zusammenhang richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister
für Finanzen nachstehende

Anfrage:

1. In welcher Form kooperiert OLAF, mit welchen Diensten in Österreich - gerade auch
mit Ihrem Ministerium?

2. Wie hoch schätzen Sie das Schadensvolumen durch Betrug und finanzielle

Unregelmäßigkeiten zu Lasten des Gemeinschaftshaushaltes in Österreich jährlich
ein?

3. Wie viele neue Fälle, die OLAF im Berichtszeitraum (1. Juli 2001 - 30. Juni 2002)
gemeldet wurden, betrafen Österreich?

4. Wie viele Meldungen wurden durch Ihr Ressort oder andere Ressorts im Zeitraum 1.
Juli 2001 bis 31. Juli 2002 veranlasst?

5.Weichen Sektoren (Einteilung OLAF) waren die Fälle aus Österreich, die OLAF im
letzten Berichtszeitraum gemeldet wurden, zuzuordnen?

6. Wie viele Fälle aus Österreich, die OLAF im letzten Berichtszeitraum gemeldet wurden,
wurden im selben Zeitpunkt abgeschlossen, befanden sich weiter im
Untersuchungsstadium oder in der Evaluierungsphase (Aufschlüsselung der Fälle auf
Sektoren)?

7. Wie teilen sich die aus Österreich OLAF im letzten Berichtszeitraum gemeldeten Fälle
auf Monitoringfälle, Koordinierungsfälle, Externe Untersuchungen,
Unterstützungsfälle, Interne Fälle oder Non-cases auf?

8. Wie viele UCLAF-Fälle betrafen insgesamt Österreich?
9. Wie viele dieser Fälle sind bereits abgeschlossen?


10. In welcher Form wurden diese abgeschlossen? Welche Folgemaßnahmen mussten
ergriffen werden?

11. Wie viele Fälle aus Österreich sind insgesamt bei OLAF aus dem letzten OLAF
Berichtszeitraum, dem OLAF Vorberichtszeitraum (1.06.1999 bis 30.06.2001) sowie
UCLAF ( vor 1.06.1999) in Bearbeitung (Aufschlüsselung auf die zit. Zeiträume)?

12. Wie teilen sich diese Fälle auf die einzelnen Sektoren (Einteilung OLAF) auf?

13. In wie weit ist bei dieser Bearbeitung das BMF konkret eingebunden? Welche
Zwischenergebnisse liegen vor?

14. Sind andere Bundesministerien eingebunden? Wenn ja, welche?

15. Wie viele Fälle mit laufenden Folgemaßnahmen betreffen Österreich (österreichische
Fälle)?

16. Wie teilen sich diese Fälle auf die einzelnen Sektoren auf?

17. Inwieweit ist bei diesen Folgemaßnahmen das BMF eingebunden? Welche
Zwischenergebnisse liegen vor?

18. Sind andere Bundesministerien eingebunden? Wenn ja, welche?

19. Wie viele Fälle aus Österreich wurden im letzten OLAF-Berichtszeitraum (incl. OLAF
-Vorberichtszeitraum oder UCLAF) abgeschlossen (Aufschlüsselung auf die zitierten
Zeiträume)?

20. Wie teilen sich diese abgeschlossenen Fälle auf die einzelnen Sektoren (Einteilung
OLAF) auf?

21. Mit welchen Ergebnissen wurden diese Untersuchungen österreichischer Fälle

abgeschlossen (ersuche um Aufschlüsselung der Ergebnisse auf die einzelnen Fälle)?

22. Welche Folgemaßnahmen (administrative, finanzielle, legislative, disziplinäre oder
justizielle) wurden aufgrund dieser Ergebnisse angeleitet (Aufschlüsselung auf
einzelne abgeschlossene Fälle)?


23. In wie vielen Fällen wurden aufgrund dieser Ergebnisse durch Österreich zu Unrecht
gewährte Finanzmittel eingezogen (Aufschlüsselung auf Fälle und Summe)?

24. In wie vielen Fällen wurden in Österreich deswegen gerichtliche Strafverfahren
eingeleitet?

25. Wie viele rechtskräftige Erkenntnisse liegen dazu vor? Zu welchen Urteilen kamen
dabei die jeweils unabhängigen Gerichte?

26. In wie vielen Fällen wurden in Österreich Finanzstrafverfahren eingeleitet? Was war
jeweils das Ergebnis dieser Verfahren?

27. In wie vielen Fällen wurden in Österreich deswegen Verwaltungsstrafverfahren
eingeleitet? Was war jeweils das Ergebnis dieser Verfahren?

28. Wie viele österreichische Fälle (nach Sektoren) waren im letzten Berichtszeitraum von
der operativen Tätigkeit von OLAF betroffen (ersuche um Darstellung entsprechend
Abbildung 1.10. des Berichts - 2002/C 328/01).

29. In welcher Form wird durch Ihr Ressort mit der Direktion von OLAF („Intelligence,
operative Strategie und Informationstechnologie") zusammengearbeitet?

30. Welche Erkenntnisse konnten aufgrund dieser Zusammenarbeit in Österreich bereits
umgesetzt werden?

31. Sehen Sie in Österreich einen Handlungsbedarf, um die Zusammenarbeit (z.B.
Informationsaustausch) mit OLAF zu verbessern? Wenn ja, in welchen Bereichen?

32. Wie viele Akte wurden von OLAF (oder Vorgänger) bislang an die zuständige
Behörde (Justiz) übermittelt?

33. Wie viele Gerichtsverfahren wurden in Österreich bislang aufgrund dieser OLAF-
Berichte (incl. UCLAF) eingeleitet?

34. Wie viele und welche rechtskräftigen Erkenntnisse liegen dazu vor?


35. Wurden jemals im Laufe von OLAF-Untersuchungen (incl. UCLAF) Schwachstellen
in österreichischen Rechtsvorschriften oder Kontrollsystemen entdeckt und diese
Österreich mitgeteilt?

36. Wenn ja, waren oder sind noch legislative Folgemaßnahmen notwendig? Wenn ja,
welche?

37. Wurden jemals den österreichischen Verwaltungen aus OLAF-Untersuchungen (incl.
UCLAF) resultierende Empfehlungen übermittelt um beispielsweise Kontrollsysteme
zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft zu ändern?

38. Wenn ja, welche?

39. Wie viele und welche Einziehungsmaßnahmen wurden durch Österreich bislang
vorgenommen? Wieviele Fälle betraf dies? Welchen Sektoren waren diese
zuzuordnen?

40. Wie viele Mitarbeiterinnen Ihres Ressorts haben sich an Fortbildungsmaßnahmen von
OLAF auf dem Gebiet der Betrugsbekämpfung beteiligt?

41. In welcher Form wurde und wird seitens Ihres Ressorts mit OLAF zur Bekämpfung
von Eurofälschungen zusammengearbeitet?

42. Welche Maßnahmen wurden in Österreich bislang dazu gesetzt?

43. In welcher Form beabsichtigen Sie in Zukunft die Öffentlichkeit in Österreich (d.h. die
Steuerzahler) über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft zu
informieren?

44. Wie sieht das Arbeitsprogramm von OLAF für 2003 aus? In welcher Form ist
Österreich eingebunden?

45. Treten auch Sie bzw. Ihr Ressort für mehr Befugnisse von OLAF ein?


46. Wenn nein, warum nicht?

47. Welche Haltung nehmen Sie zur Installierung eines europäischen Staatsanwaltes ein?