1365/J XXII. GP
Eingelangt am 28.01.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend „ Strafrechtliches Entschädigungsgesetz
(StEG)"
In
der Anfragebeantwortung vom 06.05.2003 (XXII.GP NR 187 AB) wurde durch den
Bundesminister für Justiz in Aussicht gestellt eine Regierungsvorlage eines
Strafrechtlichen Entschädigungsgesetzes noch im Jahr 2003 vorzulegen. In
weiterer Folge
wurde dies auch öffentlich sowohl vom BM für Justiz, Dr. Dieter Böhmdorfer,der
Vorsitzenden des Justizausschusses. Abg. z. NR Dr. Maria Fekter und der
Freiheitlichen
Justizsprecherin Abg. z. NR Dr. Patrik-Pable - und zwar mehrfach - zugesichert.
Nur, bis
heute liegt keine Regierungsvorlage vor! Informationen zufolge wird diese
notwendige
Gesetzesänderung vom Finanzminister Mag. Karl Heinz Grasser blockiert.
Bereits
in der Antwort zur parlamentarischen Anfrage (1404/AB, XX.GP) hielt es bereits
der damalige Bundesminister Dr. Michalek an sich für wünschenswert, allen in
Untersuchungshaft angehaltenen Personen eine Haftentschädigung zuzuerkennen, wenn
sie nicht verurteilt werden oder die Voraussetzungen an dem Umfang des
Gewährung der
Haftentschädigung gegenüber der geltenden Rechtslage sonst wesentlich zu
erweitern
oder zu verändern. Auch Bundesminister Dr. Böhmdorfer ließ in der
Öffentlichkeit
Bereitschaft für eine Reform erkennen. In der Anfragebeantwortung vom
13.09.2001
(2755/AB) hat BM Dr. Dieter Böhmdorfer mitgeteilt, dass von Beamten seines
Ressorts ein
entsprechender Ministerialentwurf vorbereitet wird, wobei im Sinne der
Judikatur des
EGMR, wonach es sich bei der Entschädigung wegen erlittener Haft um ein
„ziviles Recht"
im Sinne des Art. 6 EMRK handle, überlegt wird, auf das strafrechtliche
Feststellungsverfahren gänzlich zu verzichten und die Haftung des Bundes auch
auf den
Ersatz immaterieller Schäden zu erstrecken.
In
der 2.Jahreshälfte
2002 ging ein Entwurf eines Bundesgesetzes über den Ersatz von
Schaden aufgrund strafgerichtlicher Anhaltung und Verurteilung (StEG 2004) in
Begutachtung. Dieser Entwurf eines Bundesgesetzes über den Ersatz von Schäden
aufgrund strafgerichtlicher Anhaltung und Verurteilung (Strafrechtliches
Entschädigungsgesetz 2004 - StEG 2004) war grundsätzlich zu begrüßen, in
einzelnen
Details jedoch fragwürdig.
Diese Reform ist seit Jahren bereits überfällig, da die
österreichische Rechtslage
eindeutig der Unschuldsvermutung des Artikel 6 Abs. 2 MRK widerspricht.
Dies
wurde auch in mehreren Entscheidungen des EGMR festgestellt.
Obwohl
viele Gerichte in der Zwischenzeit EGMR-konform entscheiden, haben
„Justizopfer" - wie Peter Heidegger - nach einem Freispruch wegen
erwiesener Unschuld
einerseits noch einen verfahrensrechtlichen Hürdenlauf vor sich, andererseits
aber auch
ein weiteres Verfahren gegen die Republik Österreich (Finanzprokuratur) über
Umfang
und Höhe der Entschädigung.
Dies
kann wiederum Jahre dauern, wie es der Fall des „Nichtkomplizen" von Tibor
Foco
zeigt:
„Wenn
einem Staatsbürger - wie im Fall Heidegger - „dem Grunde nach"
Haftentschädigung zuerkannt wird, so heißt das nicht, dass der Betreffende
tatsächlich in
angemessener Zeit Geld sieht. Erst muss der Verhandlungsweg über die
Entschädigungshöhe beschriften werden. Und der kann auch nach mehr als sieben
Jahren ergebnislos bleiben, wie der Fall eines Linzers zeigt, der 1987 als
„Komplize" von
Tibor Foco wegen Mordes 18 Jahre erhalten hatte und nach sechs Jahren Haft in
einem
Wiederaufnahmeprozess 1996 freigesprochen wurde. Die Finanzprokuratur lehne bis
heute eine Haftentschädigung mit der Begründung ab, dass sich der Mann während
der
Haft monatlich 2900 Euro an Kosten für das „Leben draußen" erspart habe,
so der Anwalt
der Betroffenen, Roland Gabl. Die Finanzprokuratur wies dies zurück. Es handle
sich um
einen „schwierigen Fall, weil es zum Großteil um Schwarzeinkünfte des
Betroffenen vor
seiner Verhaftung geht", so ein Sprecher der Finanzprokuratur." (SN
21.01.04)
Die Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren waren
laut BMJ grundsätzlich
positiv:
„Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens haben insgesamt
34 Institutionen bzw.
Personen Stellung genommen. Die Mehrzahl dieser Äußerungen kann auf der
Homepage
des österreichischen Parlaments abgerufen werden. Darüber hinaus sind
auch
verschiedene Stellungsnahmen im Dienstweg beim Bundesministerium für Justiz
eingegangen.
Zusammengefasst lässt ich sagen, dass das Anliegen des
Entwurfs, eine
grundrechtskonforme Neugestaltung der Entschädigung für strafgerichtliche
Anhaltung
und Verurteilung zu schaffen, weithin begrüßt worden ist. Einige Stellungnahme
haben
sich aber auch kritisch geäußert, etwa was die Beseitigung des zur
strafgerichtlichen
Feststellungsverfahrens (und der damit einhergehenden Konzentration der
Anspruchstellung bei den Zivilgerichten) oder die in § 3 Abs. 3 des
Entwurfs (in Gestalt
einer differenzierten Ermessensklausel) vorgesehene mögliche
Einschränkung der
Haftung des Bundes durch die Gerichte angeht.
Die in § 5 des Entwurfs vorgesehene Ausweitung der
Ersatzpflicht des Bundes auch auf
immaterielle Schäden ist dagegen weithin gegrüßt worden.
Unter Bedachtnahme auf die Ergebnisse des
Begutachtungsverfahrens werden
insbesondere § 3 des Entwurfs und die dort vorgesehenen Fällen des
Ausschlusses und
der Einschränkung des Ersatzanspruchs, die verfahrensrechtliche Neugestaltung
und
allgemein der mit dem Vorhaben verbundene finanzielle und personelle
Mehraufwand zu
prüfen sein. Das Bundesministerium für Justiz wird das Gesetzesvorhaben
weiterhin mit
der gebotenen Dringlichkeit und Sorgfalt behandeln und danach trachten, eine
Regierungsvorlage noch in diesem Jahr vorzulegen."
Grundsätzlich begrüßt werden musste aus Sicht der
Fragesteller in dem damaligen
Entwurf eines Strafrechtlichen Entschädigungsgesetzes insbesondere:
• die Neugestaltung der
Anspruchsvoraussetzungen,
• die Konzentration der
Anspruchstellung auf die Zivilgerichte,
• die Inanspruchnahme von
Verfahrenshilfe
• eine angemessene Entschädigungsregelung für die
durch die Festnahme oder die
Anhaltung erlittene Beeinträchtigung (immaterieller Schadensersatz) und
• dass es zu keiner Deckelung oder Pauschalierung
der Ersatzbeträge gekommen
ist.
Mit
dem vorliegenden Entwurf sollten somit einerseits die verfahrensrechtlichen
Möglichkeiten sowie andererseits die Anspruchsvoraussetzungen für den
Geschädigten
verbessert werden.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen
nachstehende
Anfrage:
1. Ist es richtig, dass das BM für
Finanzen einen Einspruch gegen eine
Regierungsvorlage
bzw. gegen den Begutachtungsentwurf StEG erhoben hat?
Welche Einwendungen gibt es?
2. Wenn ja, wie ist zur Zeit der Stand
der Verhandlungen zwischen Justiz- und
Finanzministerium?
3. Muss der Begutachtungsentwurf geändert werden, damit Sie zustimmen?
4. Wenn ja, in welchen Punkten?
5. Wann ist mit Ihrer Zustimmung mit
einer entsprechenden Regierungsvorlage zu
rechnen und wann soll diese dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorgelegt
werden?
6. In wie vielen Fällen führt die
Finanzprokuratur zur Zeit Verhandlungen zu
Ansprüchen, die sich auf das Strafrechtliche Entschädigungsgesetz,
Amtshaftungsgesetz und Art. 5 Abs. 5 EMRK stützen?
7. Wie viele diesbezüglicher
gerichtlicher Verfahren werden zur Zeit geführt?
Wie hoch ist jeweils der Streitwert?
8. Wie viele derartige Fälle wurden
2000, 2001, 2002 und 2003 außergerichtlich erledigt
(Aufschlüsselung auf Jahre)?
9. Welche Beträge wurden in diesen
Jahren verglichen (Aufschlüsselung auf Jahre)?