143/J XXII. GP

Eingelangt am: 26.02.2003

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Ulli Sima


und Genossinnen

an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen

betreffend Pestizidbelastung von Obst und Gemüse und die Rolle der Agentur für

Gesundheit und Ernährungssicherheit

Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 hat - so wie im letzten Jahr - auch heuer
wieder Pestizid-Belastung bei spanischen Paprika aufgedeckt. Bis zu neun unterschiedliche
Pestizide fanden sich laut Angaben von GLOBAL 2000 in einer Paprikaprobe,
durchschnittlich war jede Probe mit sieben Pestiziden belastet.

Ein derartiger „Mix" von Pestiziden kann in vielen Fällen viel schädlicher sein, als die
Wirkung einzelner Chemikalien. Wissenschaftliche Studien belegen, dass sich Pestizde
gegenseitig in ihrer Wirkung um ein Vielfaches verstärken können. In Österreich gibt es für
Einzelwirkstoffe bei Pestizidbelastungen gesetzliche Grenzwerte, nicht jedoch für die
Gesamtbelastung. Somit wird oft - zum Schaden der Konsumentinnen - ein „Schlupfloch" in
den gesetzlichen Bestimmungen zur Pestizidbelastung genutzt.

Als „Tatsachen in der globalisierten Landwirtschaft" bezeichnet die Co-Geschäftsführerin der
Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) Christine Weber im „Standard"
vom 14. Februar 2003 die Grenzwertüberschreitungen, „gelegentlicher Konsum" sei
„unbedenklich". Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, dass nicht die mit knapp 57 Mio
Büro ausgestattete Ernährungsagentur die Pestizidbelastung aufdeckt, sondern die auf
Spenden angewiesenen NGOs, im konkreten Fall GLOBAL 2000. „Die Ages ist noch nicht so
weit. Bis April arbeiten wir an unserem Unternehmenskonzept", begründet Weber die
bisherige Säumigkeit der Agentur in Sachen Pestiziden.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für soziale Sicherheit
und Generationen nachstehende

Anfrage:

1)  Wie erklären Sie als zuständiger Minister, dass die im letzten Jahr gegründete Agentur
für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) bis heute - laut eigenen Angaben von
Ko-Geschäftsführerin Weber - nicht in der Lage ist, die Pestizidbelastung in Obst und
Gemüse aufzudecken und die Konsumentinnen dahingehend zu warnen?

2)  Welche Aufgaben hat die Ages bisher im Sinne der Lebensmittelsicherheit
übernommen?

3)  Halten Sie es für zielführend, dass die auf Spenden angewiesenen NGOs die Aufgabe
der aus Steuergeldern finanzierten Ages übernehmen?

4)  Falls nein, warum ist dies dann doch der Fall?


5)  Wie beurteilen Sie die Aussage von Christine Weber, wonach die Ages „noch nicht so
weit" sei und bis April am „Unternehmenskonzept" arbeitetet?

6)   Kann die Ages die Ernährungssicherheit der heimischen Konsumentinnen angesichts
dessen gewährleisten?

7)  Welches jährliche Budget steht der Ages zur Durchführung der Untersuchungen auf
Pflanzenschutzmittelrückstände zur Verfügung?

8)  Welche Wirkstoffe umfassen die von der Ages durchgeführten Untersuchungen auf
Pflanzenschutzmittelrückstände bei Lebensmitteln, und wo liegen die
Nachweisgrenzen (bitte um Aufschlüsselung nach allen an diesen Untersuchungen
beteiligten Labors)?

9)   Wie viele Untersuchungen auf Pestizidbelastungen wurden bei aus dem Ausland nach
Österreich importiertem Obst und Gemüse in den Jahren 2002 und bisher 2003
unternommen (bitte um Aufgliederung nach Jahr, Produkt, Herkunftsland)?

10) Wieviele der ausländischen Proben aus dem Jahr 2002 waren mit Rückständen von
Pestiziden bis zum jeweiligen Grenzwert belastet (unter Aufgliederung nach Produkt,
Herkunftsland und gefundenem Wirkstoff und seiner Konzentration)?

11) Wie viele der ausländischen Proben aus dem Jahr 2002 waren mit Rückständen von
Pestiziden über dem jeweiligen Grenzwert belastet (unter Aufgliederung nach
Produkt, Herkunftsland und gefundenem Wirkstoff und seiner Konzentration)?

12) Wie viele der ausländischen Proben aus dem Jahr 2002 waren mit Rückständen von
mehr als einem Pestizid belastet (bitte um Aufgliederung nach Produkt,
Herkunftsland, Anzahl der gefundenen Wirkstoff und Bezeichnung der gefundenen
Wirkstoffe und ihrer Konzentrationen)?

13) Wie viele der ausländischen Proben aus dem Jahr 2002 waren mit Rückständen von
Pestiziden, die in der EU nicht zugelassen sind, belastet (unter Aufgliederung nach
Produkt, Herkunftsland, gefundenem Wirkstoff und seiner Konzentration)?

14) Wie viele der ausländischen Proben aus dem Jahr 2002 waren mit Rückständen von
Pestiziden, die im jeweiligen Herkunftsland nicht zugelassen sind, belastet (unter
Aufgliederung nach Produkt, Herkunftsland und gefundenem Wirkstoff und seiner
Konzentration)?

15) Wie viele der ausländischen Proben aus dem Jahr 2002 waren mit Rückständen von
Pestiziden, die in Österreich nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz nicht zugelassen
sind, belastet (unter Aufgliederung nach Produkt, Herkunftsland und gefundenem
Wirkstoff in seiner Konzentration)?

16) Wie viele Untersuchungen bei ausländischen Produkten sind für das heurige Jahr
geplant (unter Aufgliederung nach Produkt, Herkunftsland)?

17) Wie viele Untersuchungen auf Pestizidbelastungen wurde bei heimischem Obst und
Gemüse im Jahr 2002 und bisher im Jahr 2003 unternommen (bitte um Aufgliederung
nach Produkt, Bundesland)?


18) Wie viele der heimischen Proben aus dem Jahr 2002 waren mit Rückständen von
Pestiziden bis zum jeweiligen Grenzwert belastet (unter Aufgliederung nach Produkt,
Bundesland und gefundenem Wirkstoff und seiner Konzentration)?

19) Wie viele der heimischen Proben aus dem Jahr 2002 waren mit Rückständen von
Pestiziden über dem jeweiligen Grenzwert belastet (unter Aufgliederung nach
Produkt, Bundesland und gefundenem Wirkstoff und seiner Konzentration)?

20) Wie viele der heimischen Proben aus dem Jahr 2002 waren mit Rückständen von mehr
als einem Pestizid belastet (bitte um Aufgliederung nach Produkt, Bundesland, Anzahl
der gefundenen Wirkstoff und Bezeichnung der gefundenen Wirkstoffe und ihrer
Konzentrationen)?

21) Wie viele der heimischen Proben aus dem Jahr 2002 waren mit Rückständen von
Pestiziden, die in der EU laut Richtlinie 91/414EWG nicht zugelassen sind, belastet
(unter Aufgliederung nach Produkt, Bundesland und gefundenen Wirkstoffen und der
jeweiligen Konzentration im Produkt)?

22) Wie viele der heimischen Proben aus dem Jahr 2002 waren mit Rückständen von
Pestiziden, die in Österreich nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz nicht zugelassen
sind, belastet (unter Aufgliederung nach Produkt, Bundesland und gefundenem
Wirkstoff und seiner Konzentration)?

23) Wie viele der heimischen Proben aus dem Jahr 2002 waren mit Rückständen von
Pestiziden, die in Österreich für die jeweilige Kultur nicht zugelassen sind, belastet
(unter Aufgliederung nach Produkt, Bundesland und gefundenem Wirkstoff und seiner
Konzentration)?

24) Wie viele Untersuchungen bei heimischen Produkten sind für das heurige Jahr geplant
(unter Aufgliederung nach Produkt, Bundesland)?

25) Wie viele der 2002 auf Pestizid-Rückstände untersuchten Proben wurden als
gesundheitsschädlich, verdorben, verfälscht oder wertgemindert nach dem
Lebensmittelgesetz qualifiziert und auf Grund welcher Parameter (bitte
Aufschlüsselung nach Qualifikation, Produkt und Parametern)?

26) Welche gerichtlich strafrechtlichen, verwaltungsstrafrechtlichen und

Fahrlässigkeitsdelikte kamen in Folge der Feststellungen von überhöhten Werten von
Pflanzenschutzmittelrückständen oder nicht zugelassener Pflanzenschutzmittel im Jahr
2002 zur Anwendung (bitte um Aufgliederung nach juristischer Maßnahme, Anzahl
der erfolgten juristischen Maßnahmen unter Bezugnahme ob Produzenten,
Importeuren oder Händler davon betroffen waren und zugrundeliegendem Parameter)?

27) Wie viele Anzeigen gab es 2002 aufgrund überhöhter Pestizidbelastung (bitte nach
Herkunftsland, Produkt, Höhe der Pestizidbelastung und Bundesland aufschlüsseln)?

28) Welche Strafen drohen bei Inverkehrbringung von Obst und Gemüse, das überhöhte
Pestizidbelastung aufweist?


29) Wer wird in diesem Fall zur Verantwortung gezogen: Produzent, Importeur oder
Händler?

30) Welche durchschnittliche Strafhöhe kam tatsächlich zur Anwendung (bitte
aufschlüsseln nach Produzent, Importeur, Händler)?

31) Welche sonstigen Folgen hat das Feststellen von überhöhten Werten an
Pflanzenschutzmittelrückständen darüber hinaus?

32) Werden bei Feststellung von überhöhten Werten von Pflanzenschutzmittelrückständen
bei Produkten einer Charge weitere Proben aus dieser Charge gezogen, um
festzustellen, ob die gesamte Charge betroffen ist?

33) Wenn nein, warum nicht?

34) Wird versucht festzustellen, wo die Produkte aus der Charge, aus der das

kontaminierte untersuchte Lebensmittel stammt, noch in den Handel, bzw. zum
Verkauf für den Endkonsumenten gelangen?

35) Wenn nein, warum nicht?

36) Wird bei Feststellen von überhöhten Werten an Pflanzenschutzmittelrückständen bei
Stichproben aus einer Charge die gesamte Charge zum Gegenstand einer gerichtlich
strafrechtlichen, verwaltungsstrafrechtlichen oder fahrlässigkeitsdeliktlichen
Verfolgung?

37) Wenn nein, warum nicht?

38) Wurden die Testergebnisse (siehe oben) den Konsumentinnen bekannt gegeben?

39) Wenn nein, warum nicht?

40) Wenn ja wann und in welcher Form?

41) Planen Sie, die Konsumentinnen künftig detailliert über mögliche Pestizidbelastungen
von Obst und Gemüse zu informieren?

42) Falls nein, warum nicht?

43) Wenn ja, wann, in welcher Form, Umfang und in welchem zeitlichen Abstand zum
Untersuchungsergebnis?

44) Welche Informationen bezüglich Pestizidbelastung kann aufgrund der aktuellen
Rechtslage an die Konsumentinnen weitergegeben werden?

45) Welche Informationen können keinesfalls publiziert werden, und warum?

46) Wie hoch waren die Kosten für die Lebensmitteluntersuchungen auf

Pestizidrückstände in den Jahren 2002 und welche Kosten sind für das laufende Jahr
geplant?


47) Welche Mengen an Pestiziden wurden in Österreich 2002 in Verkehr gebracht (bitte
um Aufschlüsselung nach Wirkstoffen, gestaffelt nach Menge und nach Bundesland)?

48) Welche Schätzungen bestehen über den Umfang an Eigenimporten an Pestiziden?

49) Wie viele Pestizide sind in Österreich derzeit zugelassen?

50) Können Sie ausschließen, dass Landwirte Pestizide aus dem Ausland importieren und
einsetzen, die in Österreich nicht zugelassen sind?

51) Wenn nein, welche Schritte werden unternommen, um zu verhindern, dass diese
Pestizide in Österreich nicht zur Anwendung gelangen?

52) Welche konkreten Schritte werden Sie unternehmen, um in Zukunft zu verhindern,
dass die heimischen Konsumentinnen Obst und Gemüse kaufen, das überhöhte
Pestizidrückstände enthält?

53) Welche konkreten Schritte werden Sie unternehmen, um in Zukunft zu garantieren,
dass die heimischen Konsumentinnen immer auch auf pestizidfreie Alternativen
zurückgreifen können?

54) Wieso sind noch immer flächendeckend Paprika am Markt, die mit Pestiziden über
dem Grenzwert belastet sind?

55) Welche Schritte gedenken Sie dagegen zu unternehmen?

56) Wie stehen Sie zur Einführung eines Pestizidreduktionsprogrammes, um die
Konsumentinnen einer geringeren Pestizidbelastung auszusetzen?

57) Welche gesetzliche Maßnahmen gedenken Sie zu setzen, um die Gesamtbelasrung von
Pestiziden in Lebensmitteln zu begrenzen?