1430/J XXII. GP
Eingelangt am 10.02.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Ruth Becher
und GenossInnen
an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend den Verkauf der Wohnungen der
Bundesimmobiliengesellschaft
Mit dem am 29. Dezember 2000 mit den
Stimmen der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ
beschlossenen
Bundesimmobiliengesetz wurden der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG)
rund 3.500 Wohnungen zum einem Kaufpreis von 2,4 Milliarden Euro zur Verwertung
übertragen.
Der Rechnungshof kritisierte im Zusammenhang mit dem Verkauf Her im
Eigentum
des Bundes stehenden Mietwohnungen, dass die BIG ihrem gesetzlichen Auftrag,
die
Wohnungen vorrangig an die Mieter zu verkaufen, „nicht erfüllt“ habe
(Wahrnehmungsbericht
des Rechnungshofes, III-51 d. B., S. 185). Das geringe Kaufinteresse
seitens
der Mieter führte der Rechnungshof auf den Umstand zurück, dass denselben die
Wohnungen
zu einem höheren Verkaufspreis offeriert wurden. Dazu heißt es im
Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes: „Während den Mietern ihre Wohnungen
auf
Basis des höheren Sachwerts angeboten wurden, kam für Angebote an Dritte
hingegen der
niedrigere Ertragswert zur Anwendung, weil nur auf diese Weise
Kaufinteressenten gefunden
werden konnten." Dieses Vorgehen habe laut Rechnungshof „nicht
den gesetzlichen
Intentionen" entsprochen. Angesichts der überhöhten
Wohnungsverkaufspreise und
Regelungen,
wonach jeweils 40 Prozent der Mieter eines Gebäudes Kaufinteresse bekunden
mussten,
erscheint es wenig verwunderlich, dass nur 16 Prozent der verkauften Wohnungen
an
die jeweiligen Mieter gingen.
Sowohl Sie als auch BIG-Geschäftsführer
Hartwig Chromy traten der von SPÖ und Grünen
im
Rechnungshofausschuss am 14. Jänner 2004 geäußerten Kritik, Wohnungen der
Bundesimmobiliengesellschaft nicht vorrangig an die Mieter angeboten zu haben,
mit dem
Argument
entgegen, dass hierfür keine gesetzliche Verpflichtung, sondern nur eine
Berechtigung
bestanden habe (vgl. Aussendung der Parlamentskorrespondenz OTS210,
14.01.2004). Zur Rechtfertigung führte Chromy ein von der BIG in Auftrag
gegebenes
Rechtsgutachten
eines Wiener Universitätsprofessors ins Treffen, welches der BIG-
Geschäftsführer
auf vielseitigem Wunsch den parlamentarischen Klubs der FPÖ, Grünen,
ÖVP und SPÖ sowie dem
Rechnungshofpräsidenten und dem Bundesministerium für
Wirtschaft
und Arbeit postalisch zukommen ließ.
Wirft man einen Blick
in das Gutachten des Univ.-Prof. Dr. Heinz Krejci, Vorstand des
Instituts
für Handels- und Wertpapierrecht der Universität, so fallt auf, dass dieses am
10.
September
1996, d.h. vor mehr als sieben Jahren erstellt wurde. Daraus geht hervor, dass
sich
die
Expertise des Wiener Rechtsprofessors nur auf das BIG-Gesetz aus dem Jahr 1992
bezog,
das
am 29. Dezember 2000 beschlossene Bundesimmobiliengesetz folglich nicht
Grundlage
des
Gutachtens sein konnte. Letzteres, insbesondere § 4 Abs. 4 legt im Gegensatz
zur
Behauptung
Chromys fest, dass Wohnungen „vorrangig an die Mieter zum Verkehrswert zu
veräußern sind". Im BIG-Gesetz vom 18. Juli 1992 heißt es
demgegenüber im § 2 Abs. 1:
"Als Unternehmensgegenstand
der Gesellschaft ist im Gesellschaftsvertrag insbesondere der
Erwerb, die Nutzung, die Verwaltung und die Veräußerung von
Liegenschaften, die
Errichtung und Erhaltung von Bauten unter besonderer Berücksichtigung
der öffentlichen
Zwecke des Bundes sowie die Gründung von Gesellschaften, auch zum Erwerb
bundeseigener
Mietwohngebäude und deren Verwertung vorrangig durch Verkauf der
Wohnungen an die
jeweiligen Mieter zum Verkehrswert, vorzusehen."
Während also der im BIG-Gesetz 1992
befindliche Passus lediglich eine
Verkaufsberechtigung
an die Wohnungsmieter darstellt, verpflichtet das
Bundesimmobiliengesetz
2000 die BIG ausdrücklich zur vorrangigen Veräußerung an die
jeweiligen Mieter. Erst mit der Novellierung des Gesetzes im Jahr 2003 wurde
diese Muss-
Bestimmung
gestrichen. Rechnungshofpräsident Fiedler kritisierte dieses von Ihnen gewählte
Vorgehen
im Rechnungshofausschuss am 14. Jänner 2004 als nicht rechtskonform. Das von
BIG-Geschäftsführer
Chromy in diesem Zusammenhang lancierte Rechtsgutachten zur
Veräußerung
der Mietwohnobjekte kann diese auch von Seiten der SPÖ vorgebrachte Kritik
nicht
entkräften, vielmehr werden durch diese veralte, die Änderungen des
Bundesimmobiliengesetzes
2000 nicht berücksichtigende Expertise neue Fragen aufgeworfen.
Die unterzeichnenden Abgeordneten
richten daher an den Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit nachstehende
Anfrage:
1. Wie beurteilen
Sie das Vorgehen seitens des BIG-Geschäftsführer Hartwig Chromy,
ein aus dem Jahre 1996
stammendes Rechtsgutachten, welchem demnach nur das
BIG-Gesetz 1992 zu
Grunde liegen kann, als Rechtfertigung einer zwischen den
Jahren 2000 und 2003 gewählten
Vorgangsweise beim Verkauf der BIG-Wohnungen
heranzuziehen?
2.
Teilen Sie die Ansicht der BIG-Geschäftsführung, wonach
von Seiten der BIG bei der
Veräußerung von
Mietwohnobjekten, die gemäß dem Bundesimmobiliengesetz vom
29.12.2000 erworben wurden,
nicht anders vorzugehen war als im Rahmen des BIG-
Gesetzes vom
18.7.1992?
3.
Wenn ja, warum?
4.
Oder unterscheiden sich das BIG-Gesetz 1992 und
Bundesimmobiliengesetz 2000
nicht insofern, als
dass ersteres im § 2 Abs. 1 nur
eine Berechtigung zum
Wohnungsverkauf an
Mieter, während bei zweiterem § 4 Abs. 4 die BIG verpflichtet,
die im Zuge der
Gesetzesänderung übernommen Mietwohnungen vorrangig an die
Mieter zum
Verkehrswert zu verkaufen?
5.
Ist es in diesem Zusammenhang nicht unseriös, zur
Rechtfertigung des gewählten
Vorgehens - bei dem
kaufinteressierte Mieter vertröstet und um ihr Vorkaufsrecht
gebracht wurden - ein
veraltetes Gutachten aus dem Jahr 1996 aus dem Ärmel zu
zaubern, das eine
für die Veräußerung der
Mietwohnungen
wesentliche
Gesetzesänderung im
Jahr 2000 schlicht nicht berücksichtigen konnte?