146/J XXII. GP

Eingelangt am: 26.02.2003

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen und Genossinnen
an den Bundeskanzler


betreffend Aussperrung von Künstlerinnen bei der „langen Nacht
des Hörspiels" am 18.2.2003

Die „lange Nacht des Hörspiels" am 18.2.2003 sollte den Auftakt für eine
Reihe von Protestveranstaltungen von Kulturschaffenden gegen die
„Nichterfüllung des ORF-Kultur und Bildungsauftrages" bilden. Konkret
ging es um einen Protest gegen den Umgang des ORF mit der Kunst,
der beispielsweise geprägt sei von der Abschaffung der „kunst-stücke",
der Halbierung der Honorare für Hörspielautorinnen, der Streichung der
Kultursendung „Papageno" im Landesstudio Salzburg etc. .
Die Mitglieder der Berufs- und Interessensverbände der Kunst und Kultur
orten die Ursache dieser Verschlechterungen größtenteils in der
Sparpolitik des ORF und haben angekündigt, „ihre vor den
verschlossenen Türen des ORF aufgestaute Energie künftig dafür zu
verwenden, den .neuen' ORF-Kulturbegriff mit Begleitprogrammen zu
komplettieren bzw. bei ORF-Veranstaltungen ggf. auch zu
konkurrenzieren".

Allerdings dürfte der ORF die „verschlossenen Türen" bei der „langen
Nacht des Hörspiels" allzu wörtlich genommen haben: Teilnehmer der
ruhig und kultiviert verlaufenen Protest-Kundgebung vor dem
Radiokulturhaus wurden - obwohl im Besitz gültiger Zählkarten - am
Betreten des Veranstaltungssaales vorerst schlichtweg dadurch
gehindert, dass die Türen von ORF-Mitarbeitern versperrt wurden. Im
nachfolgenden Polizeieinsatz kam es offensichtlich zu Rempeleien; eine
Eskalation der Situation konnte nur durch die Besonnenheit der
Teilnehmer und durch die Entscheidung des Organisators der Protest-
Kundgebung, Gerhard Ruiss (Geschäftsführer der IG Autorinnen
Autoren) diese abzubrechen, verhindert werden. Im Anschluss fand ein
kleiner Teil der Teilnehmer-darunter die international anerkannten und
renommierten Autoren Josef Haslinger (Preisträger des Preises für
Toleranz im Denken und Handeln des österreichischen Buchhandels)
und Gert Jonke (Träger des Großen österreichischen Staatspreises für
Literatur) und die an diesem Abend mitwirkende Autorin Lydia
Mischkulnig - Einlass; die übrigen Autorinnen und Besucherinnen
blieben „ trotz gültiger Zählkarten" von der - im übrigen aus der Aktion
„Kunst gegen Gewalt" des Staatssekretariats für Kunst und Medien
offensichtlich mitfinanzierten - ORF-Veranstaltung ausgesperrt.


Der Vorfall hat bei den Beteiligten den Eindruck hinterlassen, dass
kritische Künstlerinnen im ORF mittlerweile weder als Kulturschaffende
noch als Fachpublikum erwünscht sein dürften. Es stellt sich die Frage,
ob die geschilderte Vorgangsweise - der ORF sperrt Kulturschaffende
von einer Veranstaltung mit hohem Symbolcharakter einfach aus - dem
Umgang entspricht, den ein öffentlich-rechtlicher Sender mit den
Kulturschaffenden pflegen sollte.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten an den Bundeskanzler
nachstehende

Anfrage:

1. Wie der Homepage www.kunstgeqengewalt.at entnommen werden
kann, hat „die Initiative KUNST GEGEN GEWALT das Umfeld der
Bekanntgabe und Präsentation des ,Hörspiels des Jahres 2002' als
Rahmen für die spezielle Produktion ,Dialoge gegen Gewalt'
gewählt". Ist es richtig, dass dadurch die ORF-Veranstaltung
„Lange Nacht des Hörspiels" am 18.2.2003 aus Mitteln der Aktion
„Kunst gegen Gewalt" kofinanziert wurde? Wenn ja, wie hoch war
der Anteil an Bundesmitteln für die Durchführung dieser
Veranstaltung?

2. Die Maßnahmen der Bundesregierung in Form von Streichung der
Rundfunkgebührenbefreiungsrefundierung und der
Werbebeschränkungen im ORF-Gesetz kombiniert mit Einbrüchen
am Werbemarkt und der Konkurrenzsituation haben den ORF
2002 mit neuen Rahmenbedingungen konfrontiert, um wichtige
Einnahmen gebracht und in der Folge zu einem strikten Sparkurs
gezwungen. Welche Auswirkungen haben die von Ihnen gesetzten
Maßnahmen auf jene Künstlerinnen und Künstler, die mit dem
ORF kooperieren?

3. Ist es Ihnen - als auch für Kunstangelegenheiten zuständigem
Regierungsmitglied - bei der Gestaltung Ihrer Medienpolitik ein
Anliegen, dass der ORF reale Möglichkeiten hat, den im
Programmauftrag verankerten Kulturauftrag ausreichend erfüllen
zu können?

4. Ist es Ihnen in diesem Konnex wichtig, dass die

Kooperationsmöglichkeiten für Künstlerinnen und Kulturschaffende


mit dem ORF nicht eingeschränkt werden?

5. Wenn es nun aber offensichtlich doch zu Einschränkungen dieser
Kooperationsmöglichkeiten kommt, was gedenken Sie dagegen zu
unternehmen?

6. Der ORF hat in einer Stellungnahme zu den Vorwürfen der
Mitglieder der Berufs- und Interessensverbände der Kunst und
Kultur (OTS 160, 19.2.2003) erklärt, dass „er bei einer besseren
Ertragslage der österreichischen Kreativwirtschaft natürlich mehr
Aufträge geben könnte und dies auch täte". Beabsichtigen Sie eine
Rücknahme der von Ihnen gesetzten Maßnahmen, damit der ORF
seinem kulturpolitischen Auftrag, Kunst, Kultur und Bildung in ihren
verschiedenen Ausformungen vermehrt Platz einzuräumen, wieder
verstärkt nachkommen kann?

7. Es mehren sich Besorgnis und Kritik, wonach die Kultur im

Fernsehen zunehmend attraktive Sendeplätze verliere und sich der
ORF aufgrund von Sparerwägungen aus der Erfüllung seines
Kulturauftrages immer stärker zurückziehen müsse. Als eine
mögliche Begründung wird angeführt, dass das Kulturelement vom
Quotendenken immer stärker unter Druck gebracht werde. Auch
wenn die konkrete Programmgestaltung zur Erfüllung des
Programmauftrags im Sinne der Unabhängigkeit des öffentlich-
rechtlichen Rundfunks allein Sache des ORF ist, hat der
Gesetzgeber im ORF-Gesetz Leitlinien und grundsätzliche
Rahmenbedingungen für den Programmauftrag vorgegeben.
Sehen Sie Möglichkeiten den kulturellen Programmauftrag in § 4
ORF-Gesetz zu konkretisieren und wenn ja, welche?