1477/J XXII. GP
Eingelangt am 19.02.2004
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr
Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister
für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Pestzidzulassungen
in Österreich und den Niederlanden
Der Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffverbrauch in Österreich beträgt lt.
Umweltkontrollbericht im jährlichen Schnitt ca. 3.275 t. Bezogen auf die
landwirtschaftliche Nutzfläche ohne Grünland ergibt sich ein
Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffaufwand von ca. 2,2 kg/ha.
Durch das 3. Agrarrechtsänderungsgesetz 2002, Änderung des
Pflanzenschutzmittelgesetzes, wurde die Zulassung von Pestiziden in Österreich
weiter liberalisiert, obwohl der Grüne
Bericht 2000 warnend
feststellt:
„Vergleiche
mit anderen Ländern sind problematisch, da die Klima- und Bodenverhältnisse
differieren, das eingesetzte Wirkstoffspektrum nicht ident ist und das
Erhebungsverfahren aufgrund anderer gesetzlicher Grundlagen anders aufgebaut
ist.“
Im Pflanzenschutzmittelgesetz § 12 (10) wird festgehalten: „Pflanzenschutzmittel, die in einem
Mitgliedstaat, der seit zwei Jahren in einer Verordnung gemäß Abs. 9 angeführt
sind, zum Inverkehrbringen zugelassen sind, sind zugelassene
Pflanzenschutzmittel nach diesem Bundesgesetz, soweit sie in der
Originalverpackung und mit der Originalkennzeichnung einschließlich der
Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache in Verkehr gebracht werden.“
Damit können per Verordnung weitere beliebige Mitgliedstaaten bestimmt
werden, mit denen ein Verwaltungsübereinkommen zur Vereinfachung und
Beschleunigung des Zulassungsverfahrens abgeschlossen werden kann. Damit fällt
die nationale Begutachtung von Pflanzenschutzmitteln so gut wie flach, und Zulassungen aus beliebigen anderen
Mitgliedstaaten gelten nach einer Vorlaufzeit von zwei Jahren automatisch auch
in Österreich. Damit wurde auch ein wesentlicher Schritt in Richtung einer
Legalisierung von Direktimporten von Pflanzenschutzmitteln gesetzt.
Nun ist es seit Anfang Februar 2004 per Verordnung gestattet, dass in
den Niederlanden erlaubte Pestizide auch in Österreich eingesetzt werden
können, obwohl diese hierzulande verboten waren, wie beispielsweise das 1992
verbotene Hormongift Cyhexatin. Für Tomaten wurde dadurch die Palette der Pestizide von 15 auf 51
erweitert. Als weitere Folge davon
gelten für ein und dasselbe Pestizid zwei unterschiedliche Grenzwerte,
ein österreichischer und ein niederländischer. Eine effektive Kontrolle des
Pestizideinsatzes in Österreich ist dadurch massiv erschwert
Die unterfertigten Abgeordneten stellen
daher folgende
ANFRAGE:
1.
Mit welcher
Begründung haben Sie mit der Gleichstellungsverordnung den Umstand
herbeigeführt, dass alle Pestizide, die in den Niederlanden erlaubt sind, nun
auch in Österreich eingesetzt werden können?
2.
Inwiefern
sehen Sie Parallelen zwischen der pestizidintensiven Landwirtschaft in den
Niederlanden und der Landwirtschaft in Österreich?
3.
Wollen Sie
mit dieser Gleichstellungsverordnung erreichen, dass die österreichische
Landwirtschaft in Richtung holländischer Intensivlandwirtschaft geht?
4.
Welche Konsequenzen gedenken Sie aus
der widersprüchlichen Grenzwerte-Regelung zu ziehen und wie werden Sie eine
effektive Kontrolle sicherstellen?
5.
Inwiefern ist diese Verordnung, in der
Grenzwerte je nach der Herkunft des Pflanzenschutzmittels unterschiedlich
beurteilt werden, EU-konform?
6.
Werden Sie
angesichts der o.a. Probleme diese Gleichstellungsverordnung zurückziehen bzw.
eine Reparatur des Pflanzenschutzmittelgesetzes vornehmen und wenn nein, warum
nicht?
7.
Wie
rechtfertigen Sie, dass damit auch bisher in Österreich nicht zugelassene
Pestizide wie das Hormongift Cyhexatin, dass 1992 in Österreich gemeinsam mit
DDT verboten wurde, wieder zugelassen wird?
8.
Im Zuge der
Meldepflicht nach Artikel 17 der RL 91/414/EWG werden die tabellarischen
Berichte der Länder über die amtlichen Kontrolltätigkeiten seitens des BMLFUW
für ganz Österreich zusammengefasst und an die EU weitergeleitet. Werden diese
Daten auch in Österreich öffentlich zur Verfügung gestellt? Wenn ja, wo und
wenn nein, warum nicht?
9.
Wie viele
Pflanzenschutzmittelmengen (auf Wirkstoffbasis) wurden in Österreich seit dem
Jahr 2000 jährlich in Verkehr
gebracht?
10.
Wie viele
Pflanzenschutzmittelmengen (auf Wirkstoffbasis) wurden in Österreich seit dem
Jahr 2000 jährlich aus
Drittstaaten importiert? Wie hoch wird die Dunkelziffer (Schwarzimporte)
geschätzt?
11.
Gemäß Art.
17 der RL 91/414/EWG muss amtlich überprüft werden, ob die in Verkehr
gebrachten PM und deren Anwendung richtlinienkonform sind und den
Zulassungsbedingungen und Angaben entsprechen. Wie viele dieser verpflichtend
vorschriebenen Inspektionen gab es und was war das Ergebnis?
12.
Im
„Nationalen Umweltplan“ sind unter Punkt 1.4.3.2. Maßnahmen angeführt, mit
denen eine Reduktion des Pflanzenschutzmittelverbrauchs angestrebt wird. Unter
anderem wird angeführt, dass eine Verbesserung der Mittel durch eine adäquate
Zulassungspolitik anzustreben sei. Wie verträgt sich dieses Maßnahmenziel mit
den von Ihnen gesetzten Maßnahmen?
13.
Inwiefern
wurde die im Nationalen Umweltplan angeführte Maßnahme „Reduktion der nicht
einbindungsfähigen Wirkstoffmengen um jährlich 4%“ in den letzten Jahren
erreicht?
14.
Wurde die
ursprüngliche Zielvorgabe des BMLFUW, nämlich eine 20%ige Verbrauchsreduktion
in fünf Jahren auf Basis des Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffverbrauches 1994
(3.620 t) im Rahmen des ÖPUL (BMLF, 1996a) erreicht? Wenn ja, bitte um nähere
Ausführungen. Wenn nein, welche Maßnahmen haben Sie ergriffen bzw. werden Sie
ergreifen, damit dieses Ziel erreicht wird?
15.
Welche
konkreten Maßnahmen werden Sie ergreifen, damit der Einsatz von ökologisch
bedenklichen, z.B. persistenten, grundwassergefährdenden und sehr toxischen
Wirkstoffen nachhaltig reduziert und durch umweltverträglichere, rascher
abbaubare Wirkstoffe und/oder Substanzen mit spezifischerem Wirkstoffspektrum
ersetzt wird?
16.
Ist in
Österreich ein Pestizid-Reduktionsprogramm geplant? Wenn ja, welche Maßnahmen
werden Sie treffen, um den Pestizid-Einsatz in Österreich zu reduzieren? Wenn
nein, warum nicht?
17.
Was
unternehmen sie zur Risikominimierung von Pestiziden?
18.
Gab es eine
umfangreiche Kontrolle der Kennzeichnung aller am Markt befindlichen
Pflanzenschutzmittel, v.a. unter Berücksichtigung der Tatsache, dass laut
Gesetz verharmlosende Angaben wie z.B. „ungiftig“ und „nicht
gesundheitsschädlich“ nicht zulässig sind? Wenn ja, wie viele Kontrollen wurden
durchgeführt und was haben sie ergeben?
19. Inwiefern und mit welchen Mitteln unterstützen Sie den alternativen Pflanzenschutz (z.B. Einsatz von Nützlingen, Forschung zur Minimierung des Pestizideinsatzes, züchterische Bearbeitung von Sorten und Arten mit dem Ziel der Reduzierung des Pflanzenschutzmittelaufwandes)? Wieviele Mittel wurden seit 2000 zur Verfügung gestellt? Welche Projekte wurden konkret gefördert?