1502/J XXII. GP

Eingelangt am 25.02.2004
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Glawischnig, Rest-Hinterseer, Lichtenberger, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Wahlkampfversprechen ohne Verbindlichkeit zur Minderung der negativen Folgen des geplanten Ausbaus der A10 Tauernautobahn

 

 

Die Prognosen für den Ausgang der Landtagswahlen für die bisher in Salzburg und Klagenfurt amtierenden ÖVP- bzw. FPÖ-Landeshauptleute sind schlecht. Um dem gegenzusteuern, wurde in den letzten Wochen von ÖSAG-Projektleitung, FPÖ-Verkehrsminister sowie FPÖ- und ÖVP-Landesregierungsmitgliedern großer zeitlicher und auch politischer Druck auf die Bürgermeister der A10-Anrainergemeinden ausgeübt, einer „Erklärung“ über Lärmschutz- und Umweltmaßnahmen entlang der A10 zwischen Hüttau und Seeboden zuzustimmen. Auf diesem Wege sollte der geplante, aber wegen des ausgelösten Mehrverkehrs und der unterlassenen UVP in einigen Gemeinden und vor allem in der betroffenen Bevölkerung umstrittene Ausbau der Tauernautobahn-Scheitelstrecke politisch rechtzeitig zur Endphase der Landtagswahlkämpfe ins Trockene gebracht werden.

 

Die Vorgangsweise ist außerordentlich verwerflich, da als „Gegenleistung“ für die angekündigten Millionen unter anderem das Land Salzburg sich zur Rücknahme seiner berechtigten Beschwerde gegen die vom BMVIT dekretierte Nichtdurchführung einer UVP verpflichten sollte - Geld statt Recht also. Auch den Gemeinden sollte ihr sachlich berechtigter Widerstand regelrecht abgekauft werden, der Text der zur Unterschrift vorgelegten politischen Erklärung war den Gemeindeoberhäuptern teilweise bis zum Tag der geforderten Unterschriftsleistung nicht bekannt. Zugleich wurde von den beteiligten Landes- und Bundespolitikern sowie der ÖSAG den Gemeinden und Betroffenen stets ein (rechtlich natürlich bindender) Vertrag versprochen, dieses Versprechen wurde glatt gebrochen, da die nunmehrige politische Erklärung keinerlei Verbindlichkeit beinhaltet und mit einem Vertrag mit Einklagbarkeit der Inhalte nichts gemeinsam hat.

 

Inwiefern die basar-artige Vorgangsweise der ÖSAG im Zusammenhang mit einem defizitbringenden und daher betriebswirtschaftlich und für ÖSAG wie ASFINAG im Sinne des Aktiengesetzes fragwürdigen Projekt überhaupt rechtlich gedeckt ist, bleibe dahingestellt. Jedenfalls löst selbst die beträchtliche Summe von rund 280 Mio €, die zuletzt für Lärmschutzmaßnahmen in Diskussion stand, das Problem nicht: Durch den geplanten Ausbau mit zweiten Röhren am Katschberg und Tauern sowie durch weitere Ausbauten an der A10 (zB im Raum Hallein auf Betreiben des dortigen ÖVP-Bürgermeisters und vorgeblichen Transitwiderständlers Christian Stöckl) sind weitere massive Verkehrszunahmen zu erwarten. Die Belastung der Bevölkerung entlang der Trasse durch Lärm und Schadstoffe wird deutlich zunehmen. Speziell das Schadstoffproblem, aber auch große Teile des Lärmproblems und natürlich sämtliche Sicherheitsfragen können auch durch noch teurere „Entlastungsmaßnahmen“ nicht gelöst werden: Die von den Betreibern selbst prognostizierte Verkehrszunahme durch die Ausbauten wird mögliche Verbesserungen durch technische Fortschritte jedenfalls überwiegen.

 

Glücklicherweise haben sich bisher nicht alle Gemeinden auf diesen von ÖVP und FPÖ vorangetriebenen Kuhhandel eingelassen. Insbesondere in Kärnten haben sich einige (nicht von der FPÖ regierte) Gemeinden nicht über den Tisch ziehen lassen. Die politische Absicht von Bundes- und Landesspitze, sich hier auf Kosten der betroffenen Autobahnanrainer und der Umwelt politisch zu profilieren, ist zumindest in Kärnten als vorläufig gescheitert anzusehen. Dennoch bleiben eine Reihe von Fragen offen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

  1. Welche rechtliche Bindungswirkung ist mit Ihrer Unterschrift unter der „Gemeinsamen Erklärung zur Erarbeitung und Realisierung von Umweltentlastungsmaßnahmen entlang der A10 Tauern Autobahn (Hüttau – Seeboden)“ verbunden?
  2. Bringt diese „Erklärung“ verbindliche (!), also einklagbare Entlastung von der Schadstoffbelastung durch den Verkehr auf der A10 für die einzelnen Anrainergemeinden der A10, und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt (bitte um detaillierte Aufschlüsselung)?
  3. Bringt diese „Erklärung“ verbindliche (!), also einklagbare Entlastung von der Lärmbelastung durch den Verkehr auf der A10 für die einzelnen Anrainergemeinden der A10, und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt (bitte um detaillierte Aufschlüsselung)?
  4. Bringt diese „Erklärung“ verbindliche (!), also einklagbare Entlastung von sonstigen Umweltbelastungen durch den Verkehr auf der A10 für die einzelnen Anrainergemeinden der A10, und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt (bitte um detaillierte Aufschlüsselung)?
  5. Bringt diese „Erklärung“  verbindliche (!), also einklagbare Vorsorgemaßnahmen gegen Verkehrssicherheitsbeeinträchtigungen durch den ausbaubedingten Mehrverkehr auf der A10 für die einzelnen Anrainergemeinden der A10, und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt (bitte um detaillierte Aufschlüsselung)?
  6. Gibt es a) für die Betroffenen, b) für die Anrainergemeinden irgendeine öffentlichrechtliche oder zivilrechtliche Handhabe, um die Umsetzung dieser „Erklärung“ bzw. der darin vorgesehenen unvollständigen Maßnahmensammlung zu erzwingen?
  7. Aus welchen Mitteln sollen die einzelnen in der „Erklärung“ enthaltenen Projekte finanziert werden, und wo ist jeweils die entsprechende Budgetierung festgehalten?
  8. Wofür im einzelnen wird welche Summe wann investiert werden?
  9. Warum sind sie dem über Monate fälschlicherweise den Betroffenen suggerierten Eindruck, es würde über ihre Entlastung ein rechtsgültiger Vertrag vorbereitet bzw. abgeschlossen, nicht klar und unmissverständlich entgegengetreten?
  10. Mit wievielen zusätzlichen Todesfällen a) infolge Lärmbelastung, b) infolge Schadstoffbelastung, c) infolge sonstiger Umweltbelastungen, d) infolge Unfallzunahme durch erhöhte Verkehrsfrequenz wird es aus dem Zusammenwirken der ausbaubedingten Verkehrszunahme und der tw. erst in den Jahren bis 2020 geplanten „Entlastungs“maßnahmen ist in den Jahren bis 2020 jeweils zu rechnen (bitte um detaillierte Angaben)?
  11. Aus welchen Mitteln werden die Maßnahmen umgesetzt, wenn durch die unter dem Deckmantel der „Ökologisierung“ betriebene Senkung der LKW-Maut die Einnahmen der ASFINAG sinken und zusätzlich die nächste Wegekostenrichtlinie möglicherweise eine weitere Senkung der Mauten erzwingen könnte?
  12. Warum hat Ihr Ministerium so große Angst vor einer UVP für den Ausbau der A10-Scheitelstrecke, dass es deren Durchführung per Bescheid für verzichtbar erklärte?
  13. Wann werden Sie sich in welcher konkreten Weise endlich dafür einsetzen, dass im Bundesstraßenwesen eine EU-rechtskonforme Anwendung des UVP-Rechts möglich wird?
  14. In welcher Weise werden Sie sicherstellen, dass unter die SUP-Richtlinie der EU fallende Pläne und Programme des Straßen- bzw. Verkehrsbereichs wie etwa der Generalverkehrsplan oder die ASFINAG-Bauprogramme einer SUP unterzogen werden?