1538/J XXII. GP

Eingelangt am 26.02.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Mag. Ulli Sima

und GenossInnen

an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen

betreffend        Chaos        um       Grenzwerte       bei        Pestiziden        durch

„Gleichstellungsverordnung mit Holland" und die gesundheitliche Gefährdung

von KonsumentInnen

Mit der am 6. Februar 2004 in Kraft getretenen „Gleichstellungsverordnung mit Holland" sind
mit einem Schlag nun alle in Holland erlaubten Pestizide auch in Österreich zugelassen.
Bereits 2002 wurde der heimische Pestizid-Markt für deutsche Pestizide geöffnet.
Mit der neuen Verordnung, die noch auf den ehemaligen Landwirtschaftsminister Wilhelm
Molterer zurückgeht, verabschiedet man sich von bisher geltenden Sicherheitsstandards, wie
der humantoxikologischen und ökotoxikologischen Überprüfung der Pestizide vor ihrer
Zulassung. Nun gelten zudem zwei oder drei gesetzliche Höchstwerte.

Wie die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 publizierte, herrschen nun chaotische
Zustände im Gesundheitsministerium. Denn während die Beamten davon ausgehen, dass für
die neuen holländischen Pestizide (sofern diese in österreichischen Produkten nachgewiesen
werden) die holländischen Grenzwerte gelten, spricht die Gesundheitsministerin davon, dass
die österreichischen Grenzwerte anzuwenden sind.

Für die heimischen KonsumentInnen ist die Situation mehr als unbefriedigend, wie etwa das
von GLOBAL 2000 aufgezeigte Beispiel der Tomaten zeigt: Bisher waren für heimische
Tomaten 15 verschiedene Pestizidwirkstoffe zugelassen, nun sind es 51. Unter den neuen
findet sich auch das Hormongift Cyhexatin, das 1992 mit dem DDT in Österreich verboten
wurde. Beim Tomaten-Kauf müssen die KonsumentInnen künftig damit rechnen, dass sie
auch deutsche und holländische Pestizide mitkaufen, in diesen Mengen in importierten
Produkten verboten wären.

Angesichts der Auswirkungen von Pestiziden auf die menschliche Gesundheit ist diese
Situation völlig inakzeptabel.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für soziale
Sicherheit und Generationen nachstehende

Anfrage:

l.   War Ihr Ministerium bei der Erstellung der Gleichstellungsverordnung mit Holland
eingebunden?


2.   Falls ja, haben Sie Bedenken deponiert?

3.   Falls ja, welche?

4.   Falls nein, warum nicht?

5.   Halten Sie die derzeitige Regelung im Sinne des Schutzes der KonsumentInnen für
akzeptabel?

6.   Können Sie als Gesundheitsministerin gesundheitliche Schäden für die

KonsumentInnen durch die durch die neue Verordnung entstandene Situation
ausschließen?

7.   Welcher der Höchstwerte bei Pestiziden gilt nun? Der österreichische, der deutsche
oder der holländische?

8.   Wie erklären Sie sich das Chaos rund um die Höchstwerte?

9.   Halten Sie es für verantwortbar, dass in Österreich bereits verbotene Stoffe, wie etwa
das Hormongift Cyhexatin nun wieder erlaubt sind?

10. Welche gesundheitlichen Schäden kann das besagte Hormongift im menschlichen
Körper verursachen?

11. Gehen Sie davon aus, dass effektive Kontrollen der Pestizidbelastung künftig noch
schwieriger werden?

12. Sind Sie für die Zurücknahme der Gleichstellungsverordnung mit Holland?

13. Falls nein, warum nicht?

14. Falls ja, welche Maßnahmen werden Sie ergreifen?

15. Welche anderen als das genannte Hormongift werden nun in Österreich wieder
zugelassen, obwohl sie bislang verboten bzw. nicht im Einsatz waren?

16. Aus welchen Gründen waren diese Stoffe bislang verboten?

17. Halten Sie deren Zulassung als zuständige Gesundheitsministerin für verantwortbar?

18. Seit zwei Jahren war bekannt, dass mit 6. Februar alle in den Niederlangen

zugelassenen Pestizide auch in Österreich zugelassen würden. Weshalb wurde nicht
rechtzeitig als flankierende Maßnahme ein Verbot der nach dem Chemikaliengesetz
von 1992 verbotenen Wirkstoffe Carbaryl, Cyhexatin und der Bariumverbindungen
vorbereitet, um Einfuhr, Vertrieb und Anwendung dieser Substanzen zu unterbinden?

19. Welcher Rückstands-Höchstwert gilt für ein österreichisches Produkt, welches mit
einem in den Niederlanden für die entsprechende Kultur zugelassenen
Pestizidwirkstoff behandelt wurde, der in Österreich vor dem 5. Februar nicht
zugelassen war?


20. Welcher Rückstands-Höchstwert gilt für ein österreichisches Produkt, welches mit
einem in den Niederlanden für die entsprechende Kultur zugelassenen
Pestizidwirkstoff behandelt wurde, der auch laut Pflanzenschutzmittelregister in
Österreich zugelassen ist?

21. Wo ist in deutscher Sprache für alle Interessierten einsehbar dokumentiert, welche
Pestizide bzw. Wirkstoffe mit den entsprechenden Indikationen und
Anwendungsbestimmungen derzeit in Holland - und damit automatisch auch in
Österreich - zulässig sind?

22. Stimmt es, dass für holländische Pestizide das Vorliegen einer beeideten 1 : 1
Übersetzung der Kennzeichnung und der Gebrauchsanweisung in die deutsche
Sprache nur für das Inverkehrbringen Voraussetzung ist, dass aber bei Eigenimporten
für den Eigenbedarf weder eine Anmeldung des Pflanzenschutzmittels bei der AGES,
noch eine deutschsprachige Übersetzung der Gefahrenhinweise, der Erste Hilfe
Maßnahmen oder der Gebrauchsanweisung verpflichtend ist?

23. Wenn ja, wie wird die Kontrolle der korrekten Anwendung eines aufgrund §12/10 für
den Eigenverbrauch aus Holland importierten PSM mit holländischsprachiger
Kennzeichnung und Gebrauchsanweisung durch die amtlichen Kontrollorgane
gewährleistet?

24. Ist daran gedacht den amtlichen Kontrollorganen künftig Dolmetscher zur Seite zu
stellen?

25. Falls ja, was geschieht im Falle einer akuten Pflanzenschutzmittelvergiftung: Wie
gelangen ÄrztInnen beim Fehlen einer deutschsprachigen Kennzeichnung zu der
Information um welches Gift es sich handelt, und welche Erste Hilfe Maßnahmen
notwendig sind?

26. Ist daran gedacht, an Österreichs Spitälern künftig vermehrt Dolmetscher anzustellen?

27. Welche aufgrund der Gleichstellungsverordnung mit Deutschland zugelassenen
Pestizide sind in der Integrierten Produktion erlaubt? (Bitte um Auflistung aller
Pestizide und um Auflistung jener Wirkstoffe samt Höchstwerten für die sich die
Höchstwerte in der deutschen Höchstwerteverordnung von den österreichischen
unterscheiden.)

28. Welche aufgrund der Gleichstellungsverordnung mit den Niederlanden zugelassenen
Pestizide sind in der Integrierten Produktion erlaubt? (Bitte um Auflistung aller
Pestizide und um Auflistung jener Wirkstoffe samt Höchstwerten, für die sich die
Höchstwerte in der niederländischen Höchstwerteverordnung von den österreichischen
unterscheiden.)

29. Trifft es zu, dass für importierte Produkte aus dem Ausland teilweise niedrigere
Höchstwerte für Pestizidrückstände gelten als für die entsprechenden Produkte aus
inländischer. Produktion ?

30. Wenn ja, ist es dann denkbar, dass ein aus einem Mitgliedstaat importiertes Produkt
aufgrund einer bestimmten Rückstandsbelastung mit einem bestimmten


Pestizidrückstand als nicht verkehrsfähig beanstandet wird, während ein inländische
Erzeugnis mit der gleichen Rückstandsbelastung nicht beanstandet wird?

31. Ist es richtig, dass seit 6. Februar 2004 für österreichische Tomaten für manche
Pestizidwirkstoffe weniger strenge Höchstwerte gelten als für beispielsweise
holländische Tomaten, wenn sie in Österreich in Verkehr gebracht werden?

32. Ist es richtig, dass seit 6. Februar 2004 für den Pestizidwirkstoff Bupirimate in
österreichischen Tomaten ein weniger strenger Höchstwert gilt als in holländischen
Tomaten?

33. Ist es richtig, dass seit 6. Februar 2004 in österreichischen Tomaten die l00fache
Menge des Pestizidwirkstoffs Bupirimate enthalten sein darf als dies für holländische
Tomaten, die in Österreich in Verkehr gebracht werden, erlaubt ist?

34. Im Fall, dass ein Pestizide in den Niederlanden seine Zulassung verloren hat, eine
Aufbrauchfrist, die noch nicht verstrichen ist, aber existiert, darf dann dieses Mittel
auch in Österreich solange angewendet werden bis dass die in den Niederlanden
geltende Aufbrauchfrist verstrichen ist?

35. Gibt es eine Dokumentation in deutscher Sprache aus der hervorgeht, welche
Anwendungsbestimmungen für die gemäß §12 Abs. 10 PMG 1997 in Österreich
zugelassenen „niederländischen" Pflanzenschutzmittel geltend sind? (Z.b für welche
Kulturen gilt die Zulassung, Wartefristen, Aufwandmengen etc)

36. Welche Anwendungsbestimmungen muss ein Produzent einhalten, wenn er ein gemäß
§ 12 Abs. 10 PMG 1997 zugelassenes verwendet, welches auch nach den bisherigen
Regelungen zugelassen ist (entweder gemäß §12 Abs. 2 oder unabhängig von §12),
aber andere Anwendungsbestimmungen aufweist (zB. wenn österreichische
Anwendungsbestimmungen längere Wartefristen verlangen als die niederländischen)?

37. Welche Anwendungsbestimmungen muss ein Produzent einhalten, wenn er ein nicht
nach §12 Abs 10 PMG 1997 zugelassenes Pestizid verwendet, welches auch gemäß
§12 Abs. 10 PMG 1997 zugelassen ist, aber andere Anwendungsbestimmungen
aufweist ?

38. Welche Pflanzenschutzmittelwirkstoffe waren am 6. Februar 2004 (bzw. sind derzeit)
in den Niederlanden zugelassen? Bitte um Auflistung.

39. Welche Pestizide waren am 6. Februar 2004 (bzw. sind derzeit) in den Niederlanden
zugelassen? Bitte um Auflistung.

40. Wie viele Wirkstoffe sind derzeit in Österreich aufgrund §12 Abs. 10 PMG 1997
zugelassen, die nicht auch über eine von § 12 Abs. 10 PMG 1997 unabhängige
Zulassung verfügen.

41. Welche Pestizide waren am 6. Februar 2004 (bzw. sind derzeit) in den Niederlanden
für Paprika zugelassen? Bitte um Auflistung.

42.  Welche Pestizide verfügten am 6. Februar 2004 (bzw. derzeit) über eine von §12 Abs.
10 PMG 1997 unabhängige „österreichische" Zulassung für Paprika ?


43. Welche Pestizide waren am 6. Februar 2004 (bzw. derzeit) in den Niederlanden für
Äpfel zugelassen? Bitte um Auflistung.

44. Welche Pestizide verfügten am 6. Februar 2004 (bzw. derzeit) über eine von §12 Abs.
10 PMG 1997 unabhängige „österreichische" Zulassung für Äpfel ?

45. Wie viele gemäß §12 Abs. 10 PMG 1997 und der Gleichstellungsverordnung mit
Deutschland zugelassene Pflanzenschutzmittel sind beim Bundesamt für
Ernährungssicherheit seit August 2002 bereits gemeldet worden?

46. Wie viele gemäß §12 Abs. 10 PMG 1997 und der Gleichstellungsverordnung mit den
Niederlanden zugelassene Pestizide sind beim Bundesamt für Ernährungssicherheit
bereits gemeldet worden?

47. Gibt es Aufzeichnungen über Art und Mengen der aufgrund des §12 Abs. 10 PMG
1997 und der Gleichstellungsverordnung mit Deutschland seit August 2002 in
Österreich in Verkehr gebrachten Pestizide?

48. Wenn ja, bitte um Ausführung!

49. Falls nein, gibt es diesbezügliche Schätzungen?

50. Gibt es Aufzeichnungen über Art und Mengen der aufgrund des §12 Abs. 10 PMG
1997 und der Gleichstellungsverordnung mit Deutschland seit August 2002 nach
Österreich als Eigenimport für den Eigenbedarf eingeführten Pestizide?

51. Wenn ja, bitte um Ausführung!

52. Falls nein, gibt es diesbezügliche Schätzungen?

53. Welche amtliche Stelle in Österreich ist in der Lage und bereit, auf Anfrage
verbindliche und schriftliche Auskunft über den jeweils geltenden Höchstwert zu
geben (unter Berücksichtigung der

Schädlingsbekämpfungsmittelhöchstwerteverordnung, insbesondere der darin in §10
enthaltenen Verweise auf EU-Richtlinien zu bereits harmonisiertem Höchstwerte,
sowie der von Österreich noch nicht umgesetzten harmonisierten EU-Höchstwerte, der
in den Niederlanden geltenden Höchstwerte und der in Deutschland geltenden
Höchstwerte, und gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung etwaiger
„Importtoleranzen")?

54. Wie wird gewährleistet, dass die österreichische Lebensmittelkontrolle in der Lage ist,
Rückstände der laut §12 Abs. 10 PMG 1997 zugelassenen Wirkstoffe in und auf
Lebensmitteln analytisch nachzuweisen?

55. Welche der nach §12 Abs. 10 PMG 1997 zugelassenen Wirkstoffe sind derzeit nicht
im Untersuchungsspektrum der AGES enthalten und können deshalb im Rahmen des
nationalen Lebensmittelmonitorings auch nicht nachgewiesen werden?

56. Wie ist §6.3 der Schädlingsbekämpfungsmittelhöchstwerteverordnung zu
interpretieren?


57. Ein beeideter Lebensmittelgutachter findet in österreichischen Tomaten 0,5 mg/kg
Bupirimate. Auf welchen Höchstwert muss er sich in seinem Gutachten beziehen? Ist
das Produkt zu beanstanden?

58. Welche rechtlichen Folgen kann es für den Inverkehrbringer nach sich ziehen, sollte
der Österreichische Höchstwert hier wirksam sein?

59. Ein beeideter Lebensmittelgutachter findet in holländischen Tomaten 0,5 mg/kg
Bupirimate. Auf welchen Höchstwert muss er sich in seinem Gutachten beziehen? Ist
das Produkt zu beanstanden?

60. Ein beeideter Lebensmittelgutachter findet in Tomaten unklarer Herkunft 0,5 mg/kg
Bupirimate. Auf
welchen Höchstwert muss er sich beziehen? Ist das Produkt zu
beanstanden?

61. Welche Maßnahmen sind zur Abfederung der zusätzlichen Kosten von

Rückstandsuntersuchungen und der sich daraus ergebenden Verteuerungen, die sich
aus dem Rechercheaufwand zur Ermittlung des aktuellen Zulassungsstatus eines
Pflanzenschutzmittels für das jeweilige Produkt in den Niederlanden - und damit zur
Erhebung des geltenden Höchstwerts ergeben, geplant?

62. Sind unter den gemäß §12 Abs. 10 PMG 1997 und den Gleichstellungsverordnung mit
den Niederlanden und Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmitteln bzw. den
darin enthaltenen Wirkstoffen auch solche Pflanzenschutzmitteln bzw. darin
enthaltene Wirkstoffe, für die jemals in Österreich eine Zulassung beantragt wurde,
die ihnen aber verwehrt wurde? Wenn ja bitte um Auflistung.

63. Gibt es Mengenbeschränkungen für Eigenimporte von Pestiziden für den Eigenbedarf?

64. Welche Schritte sind geplant um die Anwendung von Plantomycin in der
österreichischen Landwirtschaft zu verhindern?

65. Welche Pestizide sind in Österreich giftscheinpflichtig, nicht aber in den
Niederlanden?