1540/J XXII. GP

Eingelangt am 26.02.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Ulli Sima und GenossInnen

an   den    Bundesminister   für   Land-    und    Forstwirtschaft,    Umwelt   und

Wasserwirtschaft

betreffend

das noch immer nicht beschlossene Bundestierschutzgesetz  15 Monate nach

dem Kanzler-Versprechen

Seit dem Versprechen von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel für die Schaffung eines
Bundestierschutzgesetzes im Wahlkampffinale 2002 sind fast 15 Monate vergangen, ein
entsprechendes Gesetz gibt es noch immer nicht. Innerhalb der Koalition herrscht ein
Uneinigkeit, diesmal auf Kosten des Tierschutzes. Es scheinen sich die Befürchtungen,
wonach das Kanzler-Versprechen ein Wahlkampfgag war, immer mehr zu bewahrheiten. Die
jahrelange Verzögerung von Seiten der ÖVP ist völlig inakzeptabel.

Die Argumente der Bauernvertreter, warum etliche Forderungen des Tierschutzvolksbegehren
und zahlreiche Maßnahmen im Sinne des Tierschutzes nicht realisiert werden können, sind
über weite Strecken nicht nachvollziehbar, das öffentlich zugängige Datenmaterial nicht
immer auf den aktuellsten Stand.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende

Anfrage:

1)  Wann wird Parlament ein zwischen den Koalitionsparteien abgestimmter
Gesetzesentwurf für eine inhaltliche Debatte vorliegen?

2)  Was sind Ihrer Ansicht nach die „Knackpunkte" innerhalb der Koalition?

3)  Schließen Sie ein Scheitern des Gesetzes - wie von der FPÖ kürzlich in den Raum
gestellt - aus?

4)  Falls ja, warum?

5)  Warum werden TierschützerInnen und KonsumentenschützerInnen nicht in den
aktuellen Prozess eingebunden?

6)  Warum werden die Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens mit dem
Bundestierschutzgesetz nicht umgesetzt?

7)  Warum orientiert sich der Entwurf nicht an den höchsten Standards, den besten
Bestimmungen der derzeit geltenden landesgesetzlichen Regelungen?


8)  Wer soll nach Ihren Vorstellungen künftig die Bestimmungen des
Bundestierschutzgesetzes kontrollieren?

9)  Welche Ausbildung wird dafür nötig sein?

10) Wie wollen Sie die Finanzierung dieses Bundesgesetzes sicherstellen?

11) Wie viele Tiere gibt es in Österreich derzeit noch in Anbindehaltung? (Bitte um
Auflistung nach Bundesländern?)

12) Wie viele Bauernhöfe sind tatsächlich von den im Zuge der Debatten oft genannten
„schwierigen" Rahmenbedingungen (beengte Hoflage etc.) betroffen, aufgrund dessen
die Argumentation der Beibehaltung der Anbindehaltung fußt?

13) Seitens der österreichischen Bauernschaft wird hinsichtlich eines Verbots von Käfigen
bei Legehennen immer wieder das Schweizer Beispiel zitiert. Auf welche
Zahlen/Grafiken/Statistiken beruht diese Argumentation, wonach es etwa zu
immensen Ei-Importen komme?

14) Welches Zahlen und Datenmaterial hinsichtlich der Haltungsformen wurde der
Erstellung des Bundestierschutzgesetzes zugrunde gelegt?

15) Gibt es aktuelleres Zahlen- und Datenmaterial nach dem Erscheinungstermin der
Studie von Prof. Konrad aus dem Jahre 1995?

16) Falls ja, welche?

17) Welches Zahlenmaterial gibt es, das die Entwicklung der Tierhaltungsarten

(Schweine, Rinder, Hühner, Schafe, Geflügel) nach Bestandsgrößen seit 1970 zeigt?
(entsprechend dem Beispiel „Schweine" in der letzten Ausgabe von Bund und Land)?

18) Wie verläuft die Entwicklung der heimischen Landwirtschaft bezüglich
„Bauernsterben" (Rückgang der Betriebe) seit 1970?

19) Wie gestaltet sich die Aufteilung der Fördersummen im Vergleich konventionelle
Haltungsform versus tiergerechter Haltung seit 1970?

20) Welche Förderungssummen sind für Investitionen in tiergerechte Haltungsformen für
das Jahr 2004 geplant?

21) Werden in dem geplanten jährlichen Tierschutzbericht auch Daten wie

Haltungsformen je Tierart, Bauansuchen geplanter Tierstallungen, Kontrollgrößen,
Beanstandungen, Sanktionsmaßnahmen enthalten sein?

22) Falls nein, warum nicht?

23) Wie viele Hennen sind derzeit in Österreich in Legebatterien untergebracht?

24) Wie viele Eier produzieren diese jährlich?


25) Wie viele Eier importiert Österreich jährlich?

26) Aus welchen Ländern und Haltungsformen stammen diese Eier?

27) Wie viele Hennen werden derzeit in Freilandhaltung gehalten?

28) Wie viele in Bodenhaltung?

29) Wie viele Eier werden in den beiden letztgenannten Haltungsformen jährlich
produziert?

30) Wie viele Eier werden derzeit jährlich in Bio-Freilandhaltung erzeugt?

31) Wie hoch ist der Marktanteil an Bio-Freilandeiern derzeit in Österreich?

32) Wie viele Eier exportiert Österreich jährlich?

33) Wohin?

34) Aus welcher Haltungsform stammen die Exporte?

35) Sind Sie für eine Abschaffung der Käfighaltung?

36) Falls ja, wann?

37) Falls nein, warum nicht?

38) Wie beurteilen Sie aus tierschutzrechtlicher Sicht die verschiedenen „Geräte" (z.B.
elektronische Dressurhilfen, verschiedene Formen von Halsbändern, etc) zur
Unterstützung der Hundeausbildung?

39) Wird es mit der Vorlage eines Bundestierschutzgesetzes Regelungen geben, die die
Ausbildung von Tieren bei den Organen der öffentlichen Sicherheit und dem
Bundesheer normiert?

40) Wird es mit der Vorlage eines Bundestierschutzgesetzes auch Regelungen geben, die
die Ausbildung von Tieren normiert, die zur Jagd verwendet werden?

41) Welche konkreten Vorschläge haben Sie zur österreichweit verpflichtenden
elektronischen Kennzeichnung von Haus-, Heim- und Nutztieren und dem
dazugehörende Zentralregister?

42) Inwieweit werden Sie das „Zusatzprotokoll über den Tierschutz und das Wohlergehen
der Tiere des Vertrages über die Europäische Union" bei der Vorlage Ihres Entwurfes
zu einem Bundestierschutzgesetz berücksichtigen?

43) Welche Rahmenbedingungen werden festgelegt, um eine Verbesserung der Kontrolle
und Kontrollsysteme zu erreichen?

44) Welche personellen und finanziellen Ressourcen werden für die Bewerkstelligung der
Prüf- und Kontrollsysteme zur Verfügung gestellt?


45) Warum werden die Besatzdichten bei Masthühnern von 30 auf 35 kg/m2 erhöht?

46) Ist die Übernahme der jeweils strengsten Bestimmungen der Bundesländer in die
Verordnung über die landwirtschaftliche Nutztierhaltung geplant?

47) Wenn ja, in welchen Bereichen?

48) wenn nein, warum nicht?

49) Welche Maßnahmen werden getroffen, damit die Bundesländer mit tierfreundlichen
Bestimmungen ihre Standards nicht nach unten nivellieren müssen (insbesondere im
Hinblick auf das Verbot der Käfighaltung von Legehennen)?

50)Laut Entwurf ist ein Verbot für Qualzüchtungen vorgesehen. Gilt das auch für die
Leistungszucht landwirtschaftlichen Nutztiere?

51) In fünf Bundesländern ist die Haltung von Legehennen bereits verboten (z.B. in

Salzburg und Tirol) bzw. ist ein Verbot mit Übergangsfristen vorgesehen. Werden Sie
darauf hinwirken, dass in der zu erlassenden Tierhaltungsverordnung ein Verbot der
Käfighaltung von Legehennen vorgesehen wird?

52) Wenn nein, warum nicht?

53) Vollspaltenböden in der Schweinehaltung sind in mehreren Bundesländern (Salzburg,
Tirol, Wien) verboten. Werden Sie darauf hinwirken, dass in der zu erlassenden
Tierhaltungsverordnung ein Verbot von Vollspaltenböden bei der Schweinehaltung
vorgesehen wird?

54) Wenn nein, warum nicht?

55) In manchen Bundesländern (z.B. in Wien) sind Vollspaltenböden bei der Rindermast
verboten. Werden Sie darauf hinwirken, das in der Tierhaltungsverordnung ein solches
Verbot vorgesehen wird?

56) Im Gesetzesentwurf sind keine Fristen für die Erstellung der Verordnungen

festgesetzt. Wann ist mit einer Verordnung im Bereich Tierhaltung zu rechnen? Gibt
es schon einen Verordnungsentwurf und wenn ja, was sind die wesentlichen Inhalte?

57) Im Gesetzesentwurf ist keine Rede von einem Tierschutzgütesiegel nach dem
Tiergerechtheitsindex, was für die Konsumentinnen ein wichtiger Hinweis wäre,
Produkte aus artgerechter Tierhaltung zu kaufen. Welche Maßnahmen werden
hinsichtlich einer klaren und transparenten Kennzeichnung von tierischen Produkten
getroffen werden?

58) Laut §7(1) des Gesetzesentwurfes ist u.a. ein Verbot des Kupierens des Schwanzes
oder des Schnabels verboten. Gilt das auch für landwirtschaftliche Nutztiere (z.B.
auch für Ferkel und Hühner) und werden diese Eingriffe in der zu erlassenden
Verordnung nach § 24 ebenfalls verboten werden?


59) Laut § 7 (3) sind Eingriffe, bei denen Tiere erhebliche Schmerzen erleiden nur von
einem Tierarzt und nur nach wirksamer Betäubung vorzunehmen. Gilt das auch für
landwirtschaftliche Nutztiere bzw. werden Bestimmungen auch in die zu erlassende
Verordnung übernommen werden (z.B. hinsichtlich der Kastration von Ferkeln)?

60) Die Kennzeichnung von Stallsystemen ist zwar im Entwurf angerissen (§ 18), aber
sehr schwammig formuliert. Es entsteht der Eindruck, als solle das Vorhaben entweder
nicht vollzogen werden oder wieder einmal auf ein freiwilliges Pickerl hinauslaufen.
Warum wird keine verpflichtende Prüfung und Bewilligung für serienmäßig
hergestellte Stalleinrichtungen für Nutztiere vorgeschrieben, die auch den Bäuerinnen
und Bauern helfen würde, in zukunftsweisende Stallsysteme zu investieren?