1561/J XXII. GP

Eingelangt am 10.03.2004
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Brosz, Sburny, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft & Kultur

 

betreffend Videoscreens in Schulen – Projekt x-large

 

 

Im Dezember 2003 wurde das Projekt X-Large der Firma „advisions“ gestartet. In 50 Schulen aus dem AHS und BHS – Bereich in Österreich wurden Videoscreens montiert, die mit „Informationen“ und Werbung bespielt werden.

 

Alle SchülerInnen und LehrerInnen, die sich in den betreffenden Räumen – meist der Aula – befinden, werden den gesamten Tag über zwangsbeglückt.

 

Es gibt seitens der Schulen zwar die Möglichkeit, Werbung zurückzuweisen, wenn die Inhalte nicht vertretbar sind. Die redaktionellen Beiträge können aber nicht beeinsprucht werden. Vollkommen ungeklärt ist, wer die Beiträge laufend kontrollieren soll, um das festzustellen.

 

Neben so genannten redaktionellen Beiträgen, die durch sehr rasche Szenenwechsel nach durchschnittlich ein bis zwei Sekunden gekennzeichnet sind und Werbung (wobei der Übergang fließend ist) können SchülerInnen in so genannten Zeitslots von 30, 20, 15 und drei mal 10 Sekunden Beiträge selbst gestalten. Dafür sollen die Schulen angeblich von der Firma advisions, die die Videoscreens betreibt, Digitalvideorekorder als Dauerleihgabe bekommen, um diese Beiträge gestalten zu können.

 

Ein Block dauert etwa 10 Minuten und wird von Montag bis Freitag von 7 bis 17 Uhr nonstop gesendet. Es stellt sich die Frage, welche pädagogischen Auswirkungen diese Form der Reizüberflutung mit sich bringt. Viele ExpertInnen vor Ort beurteilen das Projekt negativ.

 

Die SchulpartnerInnen wurden in vielen Schulen bei der Frage, ob die Videoscreens installiert werden sollen nicht eingebunden. Nach unseren Informationen wurde der Vertrag, der eine Geheimhaltungsklausel enthält, mit den Schulen auf jeweils 2 Jahre abgeschlossen. Die Schulen erhalten dafür jährlich einen Betrag von 1.500 Euro. Weiters wurde nach unseren Informationen vom Bund für das Projekt „X-large“ eine Ausfallshaftung für 10 Jahre in Höhe von 1,4 (!) Millionen Euro übernommen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

Finanzierung

 

  1. Wurde seitens des BMBWK für das Projekt „x-large“ eine Ausfallshaftung übernommen?

 

  1. Wenn ja, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum?

 

  1. Wenn ja, wofür wurde die Ausfallshaftung übernommen?

 

  1. Wenn ja, welchem Budgetposten wurde der Betrag zugeordnet?

 

  1. Ist Ihnen bekannt, ob auch andere Ministerien eine Ausfallshaftung übernommen haben?

 

  1. Wenn ja, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum?

 

  1. Gab es hinsichtlich der Ausfallshaftung Kooperationen mit anderen öffentlichen Stellen auf Bundes-, Landes- oder Gemeindeebene?

 

  1. Wenn ja, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum wurde von diesen eine Ausfallshaftung übernommen?

 

  1. Welche Kosten fallen für das Projekt x-large in den ersten zehn Jahren an?

 

  1. Hat bzw. wird das BMBWK das Projekt „x-large“ finanziell unterstützten. Wenn ja, wann und in welcher Höhe werden Zahlungen an wen erfolgen?

 

  1. Sollte die finanzielle Unterstützung in Kooperation mit anderen öffentlichen Stellen erfolgen, von welchen anderen öffentlichen Stellen das Projekt „x-large“ in welcher Höhe finanziell unterstützt wird?

 

  1. Ist dem BMBWK bekannt, welchen jährlichen Betrag die Schulen für die Aufstellung der Videoscreens erhalten?

 

  1. Wenn ja, wie hoch ist dieser Betrag?

 

  1. Wie hoch ist eine eventuelle Strafzahlung, wenn eine Schule den Videoscreen vor dem Ablauf der vertraglich festgelegten zwei Jahre abschaltet bzw. außer Betrieb nimmt?

 

 

Beteiligung der SchulpartnerInnen

 

In der Auslegung zu den Schulgesetznovellen BGBl. Nr. 766-772/1996 vom 21. April 1997 kann man zum § 46 Abs. 3, der die Lockerung des Werbeverbotes zum Inhalt hat, abschließend lesen: “Im Rahmen ihrer Beratungsrechte haben die Schulpartnerschaftsgremien die Möglichkeit, Empfehlungen hinsichtlich der Werbung auszusprechen und mit ihr in Zusammenhang stehende Informationen zu verlangen.“

Die Auslegung wurde noch einmal im Rundschreiben Nr. 17/2002 vom 2. April 2002 bestätigt, das explizit zur Einbeziehung der SchulpartnerInnen auffordert:

Das Schulunterrichtsgesetz BGBl. Nr. 472/1986, i.d.g.F., das die innere Ordnung des Schulwesens als Grundlage des Zusammenwirkens von LehrerInnen, SchülerInnen und Erziehungsberechtigten regelt, verfügt in § 63a Abs. 2 Z 2 lit.f hinsichtlich der dem Klassenforum und dem Schulforum zukommenden Angelegenheiten und in § 64 Abs. 2 Z 2 lit. E hinsichtlich der dem Schulgemeinschaftsausschuss zukommenden Angelegenheiten die Beratung insbesondere über „die Verwendung (der) von der Schule zur Verwaltung übertragenen Budgetmittel“. Dieser dezidiert als besonderer Beratungsgegenstand hervorgehobenen Angelegenheit kann von den Schulpartnern nur dann sinnvoll nachgekommen werden, wenn ihnen von der Schulleitung auch die entsprechenden Informationen gegeben werden. Unter Budgetmittel sind alle in die Gebarung integrierenden finanziellen Mittel einer Schule zu verstehen, somit auch Sponsorleistungen. Auch die finanziellen Mittel gemäß § 128 a und § 128b SchOG sind Teil der Gebarung einer Schule und daher von der genannten Beratungskompetenz der Schulpartner erfasst.

Bereits knappe zwei Monate später findet sich im Rundschreiben Zl. 000 028/32/02 vom 27. Mai 2002 an alle Bundesschulen zum Thema Drittmittelfinanzierung kein Hinweis mehr auf die Einbeziehung der SchulpartnerInnen bei Drittmittelfinanzierungen. Diese Haltungsänderung des Bildungsministeriums ist auch den zu diesen Themen herausgegebenen Informationsbroschüren zu entnehmen.


Im Jänner 1998 wurde vom Unterrichtsministerium gemeinsam mit dem Verein für Konsumenteninformation eine Broschüre herausgebracht. Die Broschüre wird vom Bildungsministerium als überholt bezeichnet. Auf Anfrage wird eine aktualisierte Version versandt.

 

Während sich die erste Broschüre (schwarz weiß) ernsthaft mit den Möglichkeiten und Problemen von Werbung und Sponsoring an Schulen auseinandersetzt, handelt es sich bei der zweiten aktuellen Version um einen Vierfarben-Druck mit dem Titel „Schule macht PR macht Schule“. In dieser Version vom November 1999 finden sich nur mehr Allgemeinplätze wie „Bei der Formulierung empfiehlt sich die KISS-Formel: Keep It Short and Simple. Bringen Sie Ihr Anliegen auf den Punkt, fallen Sie mit der Tür ins Haus.“

 

Kein Wort mehr von der Beteiligung der SchulpartnerInnen wie in der Version vom Jänner 1998: Unter dem Punkt Kooperation mit allen Beteiligten liest man:

“Der Direktor oder die Direktorin sollte eng mit Lehrern und Eltern zusammenarbeiten und auf dieser Basis Fragen der Werbung und des Sponsorings entscheiden. Beachten Sie auch Vorschläge der Schülerinnen und Schüler.“

15.         Vertritt das BMBWK nach wie vor die Rechtsauffassung, dass die  SchulpartnerInnen im Rahmen ihrer Beratungsrechte die Möglichkeit haben sollen, Empfehlungen hinsichtlich der Werbung auszusprechen und mit ihr in Zusammenhang stehende Informationen zu erhalten?

16.         Wenn nein, warum nicht?

17.         Ist es hinsichtlich der Beratungs- und Informationsrechte zulässig, wenn Schulen Verträge abschließen, die Geheimhaltungsklauseln auch gegenüber den SchulpartnerInnen enthalten?

18.         Wieso wurde die Broschüre aus dem Jahr 1998 inhaltlich überarbeitet?

19.         Gab es seitdem rechtliche Veränderungen?

20.         Wie beurteilen Sie die unterschiedliche Darstellung der Schulwerbung in den beiden angesprochenen Broschüren?

21.         Wie beurteilen Sie die inhaltlichen Unterschiede in den Rundschreiben 17/02 vom 2. April 2002 und vom 27. Mai 2002 hinsichtlich der Einbindung der SchulpartnerInnen bei Drittmittelfinanzierungen?

22.         Sollen der Direktor oder die Direktorin eng mit LehrerInnen und Eltern zusammenarbeiten auf dieser Basis Fragen der Werbung und des Sponsorings entscheiden sowie die Vorschläge der SchülerInnen und Schüler beachtet werden, wie dies die Broschüre aus dem Jahr 1998 empfiehlt?

 

 

Pädagogische Fragen:

 

23.         Wie beurteilen Sie die durch die pausenlose Sendung der Blöcke verursachte Reizüberflutung der SchülerInnen?

24.         Gibt es bereits einen Auftrag für eine Evaluierung des Projekts „x-large“ hinsichtlich der pädagogischen Auswirkungen?

25.         Wenn ja, bis wann ist mit Ergebnissen zu rechnen?

26.         Wenn nein, warum nicht?

27.         Werden Sie sich dafür einsetzen, dass es zu einer Evaluierung kommt?

 

Umsetzung des Projekts in den Schulen:

 

28.         Als Teil des Projekts sollen SchülerInnen in Zeitslots eigene Beiträge erstellen können. Sollen diese Beiträge im Rahmen des Unterrichts erstellt werden?

29.         Wenn ja, werden Sie sicher stellen, dass die Schulen zusätzliche Werteinheiten dafür erhalten?

30.         Wenn nein, in welchem Unterrichtsfach sollen in Zukunft diese Beiträge gestaltet werden?

31.         Sollte an die Erstellung der Beiträge durch Privatinitiative der SchülerInnen gedacht sein, welche Haftungsregeln für den Digitalvideorecorder wurden vorgesehen?

32.         Wer entscheidet in diesem Fall, ob die erstellten Beiträge gesendet werden?

33.         Wer ist für die Kontrolle der Werbeeinschaltungen zuständig?

34.         Welche Schritte können die SchulpartnerInnen setzen, wenn Sie der Meinung sind, dass redaktionell von der Betreiberfirma gestaltete Beiträge aus pädagogischen Gründen nicht vertretbar sind?

35.         Können durch die Vertragsgestaltung Schulen rechtlich belangt werden, wenn Sie die Ausstrahlung redaktionell von der Beitreiberfirma gestalteter Beiträge verweigern?