1664/J XXII. GP

Eingelangt am 20.04.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend: „Organisierte Schlepperkriminalität - Menschenhandel - Vollzug durch

Exekutive - rechtliche Konsequenzen"

Der Jahresbericht des Bundesministeriums für Inneres über die „Organisierte
Schlepperkriminalität im Jahre 2003" gibt einen - in erster Linie statistischen - Überblick
über die aufgetretenen und bekannt gewordenen Probleme. Entwicklungen und Tendenzen
werden aufgezeigt, die Übertritte und Aufgriffe, Nationalitätendarstellung, statistische
Angaben bezüglich Bundesländer bzw. politischer Bezirke, Einschätzung des BMI der
einzelnen Nationalitäten, die operativen Schwerpunkte für 2003 sowie eine Auswertung der
Personen (Schlepper, geschleppte Personen, sowie rechtswidrig eingereiste/ aufhältige
Personen).

Während die Daten (Auswertung) hinsichtlich Schlepper und geschleppter Personen
relativ ausführlich dargestellt sind, fehlt eine derartige Darstellung bei rechtswidrig
eingereisten/ aufhältigen Personen. Insbesondere gibt es keine Darstellung, ob diese in
Österreich auch illegal beschäftigt waren, und welcher Tätigkeit sie nachgegangen sind.

In Anbetracht der bevorstehenden Erweiterung der Europäischen Union muss allerdings
befürchtet werden, dass die Anzahl derer, die rechtswidrig einreisen und sich illegal in der
Europäischen Union (so auch in Österreich) aufhalten, sowie gleichzeitig einer illegalen
Beschäftigung nachgehen, zunehmen wird.

„Wirtschaftliche Überlegungen - Schwarzarbeit" waren 2003 bei 37 % der Hauptbeweggrund
für rechtswidrig eingereiste/ aufhältige Personen. 47 % dieser illegalen Grenzübertritte
erfolgten über Binnengrenzen und 32 % über EU-Auslandsgrenzen.

 


Der Bericht enthält auch keine Hinweise, welche behördlichen Maßnahmen durch die
Exekutive gegenüber Arbeitgeber ergriffen wurde, die diese Personen illegal beschäftigt
haben.

Von einer Ausnahme (VR China) abgesehen, wurde in diesen Ausführungen auch nicht das
Thema „Prostitution und Frauenhandel" angesprochen. Mit der Erweiterung dürfte sich auch
dieses Problem verschärfen. Bereits jetzt werden pro Jahr 120.000 Frauen und Kinder in die
EU-Staaten verkauft, der europaweite Menschenhandel eskaliert. Eine internationale Studie
wurde dazu am 11.12.2003 von OSZE, Unicef und dem UN-Hochkommissariat für
Menschenrechte vorgestellt. Der wesentliche Inhalt: Immer mehr Kinder und junge Frauen
aus Südosteuropa werden als billige Arbeitskräfte und Prostituierte versklavt. „Fünfzig
Prozent der verschleppten Frauen und Kinder, die von Westeuropas Behörden in ihre
Ursprungsländer zurückgeschickt werden, tauchen nach ein paar Monaten erneut als
Menschenhandel-Opfer in der EU auf, berichtet Helga Konrad. Die frühere österreichische
Frauenministerin ist Leiterin der Task Force gegen Menschenschmuggel des Südosteuropa-
Stabilitätspakts.

Die Menschenhandel-Opfer einfach auszuweisen, sei deshalb keine dauerhafte Lösung. „Die
Betroffenen müssen vorübergehende Aufenthaltsgenehmigungen erhalten", fordert Konrad.
Und nur mit tatkräftiger Hilfe der verschleppten Frauen könne man die Hintermänner der
kriminellen Strukturen ausforschen. Bisher wurden Kinder und junge Frauen aus
Südosteuropa vor allem nach Italien und Griechenland verschleppt. Nun landen immer mehr
auch in den übrigen EU-Staaten.

Nach der EU-Polizeiorganisation Europol warnte auch das UN-Kinderhilfswerk Unicef, dass

das Schleppertum im Zuge der EU-Erweiterung zunehmen wird.

„Kriminelle Händlerringe würden verstärkt Schlupflöcher finden, um vor allem Kinder aus

Ost- und Südosteuropa in die EU-Staaten zu verkaufen, erklärte Unicef am Donnerstag in

Köln. Bereits heute werden nach Schätzungen jedes Jahr rund 120.000 Frauen und Kinder in

die EU-Staaten verschleppt. Viele von ihnen werden auf brutalste Weise zur Prostitution

gezwungen.

 


Händlerringe schmuggeln Minderjährige aus Ländern wie Moldawien und Rumänien nach
Westeuropa, Polen und Tschechien und zwingen sie dort zum Betteln, Arbeiten oder zur
Prostitution. Unicef fordert vor allem, die Hilfe für die Opfer des Menschenhandels in den
Mittelpunkt zu stellen und diese nicht „ als illegale Einwanderer zu kriminalisieren " und
abzuschieben." (Presse 9.April 2004)

Der Rat hat bereits am 20.Oktober 2003 eine Entschließung über Initiativen zur Bekämpfung
des Menschenhandels, insbesondere des Frauenhandels einstimmig angenommen. (2003/C
260/03).

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den BM für Inneres nachstehende

Anfrage

1.              Warum wurde in diesem Schlepperbericht nicht zwischen rechtswidrig eingereisten
und rechtswidrig aufhältigen Personen unterschieden?

2.      Wie sieht zahlenmäßig diese Abgrenzung für 2003 aus?

3.              Wie viele Personen die sich rechtswidrig im Bundesgebiet aufhielten, gingen 2003
einer illegalen Beschäftigung nach (Aufschlüsselung auf Bundesländer sowie Frauen
und Männer sowie Herkunft)?

4.      Welche Maßnahmen wurden jeweils durch die Exekutive gegenüber deren
„Arbeitgeber" vorgenommen?

5.              Wie viele verwaltungsbehördliche und gerichtliche Strafanzeigen wurden deswegen
durch die Exekutive erstattet? Welche Delikte wurden dabei jeweils zur Anzeige
gebracht (jeweils Aufschlüsselung auf Bundesländer und Herkunftsland)?

6.      Wie viele Frauen, die sich 2003 rechtswidrig im Bundesgebiet aufhielten, waren als
„Tänzerinnen etc." tätig (Aufschlüsselung auf Bundesländer und Herkunftsland)?

7.              Wie viele Frauen, die sich 2003 rechtswidrig im Bundesgebiet aufhielten, waren als
„Prostituierte" tätig (Aufschlüsselung auf Bundesländer und Herkunftsland)?


8.              Wie viele Frauen, die sich 2003 rechtswidrig im Bundesgebiet aufhielten, wurden
gezwungen als TänzerInnen oder Prostituierte (Sexsklavinnen) zu arbeiten
(Aufschlüsselung auf Bundesländer und Herkunftsland)?

9.      Welche Maßnahmen wurden durch die Exekutive dabei ergriffen? Welche Delikte
jeweils zur Anzeige gebracht?

10.       In wie vielen Fällen konnte dabei durch die Exekutive „Frauenhandel" nachgewiesen
werden (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

11.       In wie vielen Fällen wurden Personen während der Durchfahrt durch Österreich
aufgegriffen, (Sendung Thema/ORF)?

12.       In wie vielen Fällen wurden Personen aufgegriffen, über die (z.B. ohne dass sie es
wussten) ein Aufenthaltsverbot verhängt war?

13.       Wie beurteilen Sie die zit. Warnung von UNICEF?

14.       Wie beurteilen Sie die zit.Warnung von Europol? Welche Maßnahmen werden Sie
ergreifen?

15.       Welche konkreten Initiativen sind seitens Ihres Ressorts zur Bekämpfung des
Menschenhandels, insbesondere des Frauenhandels im Sinne der Entschließung des
Rates geplant? Welche sind bereits umgesetzt? Mit welchen Maßnahmen ist im Zuge
der Erweiterung der EU zu rechnen?

16.       Decken sich die Ergebnisse de Studie, die von OSZE, Unicef und dem UN-
Hochkommissariat mit den Erkenntnissen Ihres Ressorts?

17.       Wenn ja, welche Maßnahmen werden Sie ergreifen?

18.       Wenn nein, warum nicht?

19.       Welche Haltung nehmen Sie zur Forderung ein den betroffenen Frauen und Kindern
(vorübergehende) Aufenthaltserlaubnis einzuräumen, um mit diesen gemeinsam die
Hintermänner dieser kriminellen Strukturen auszuforschen?

20.  Wie viele Anzeigen wegen „Menschenhandel" oder wegen ähnlicher Delikte nach
dem StGB wurden durch die Exekutive 2000, 2001, 2002 und 2003 erstattet (Ersuche um Aufschlüsselung auf Jahre und Bundesländer)?