179/J XXII. GP

Eingelangt am 06.03.2003
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ANFRAGE

des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend Vorschläge der EU-Kommission zur Koexistenz gentechnisch veränderter
und nicht veränderter Kulturen

Die Europäische Kommission hat eine politische Erörterung über die Koexistenz
gentechnisch veränderter, konventioneller und ökologisch angebauter Pflanzen
eingeleitet. Die Kommissare befassten sich dabei mit dem Konzept der Koexistenz,
möglichen Betriebsführungsmaßnahmen, der Machbarkeit GVO-freier Gebiete und
der Frage der Haftung im Fall zufälliger Vermischung.

Weitere Themen der Kommissionssitzung waren die politischen Optionen und die auf
nationaler und EU-Ebene zu treffenden Maßnahmen. Die Kommission stellte fest,
dass es bei der Koexistenz um die wirtschaftlichen Folgen des zufälligen
Vorhandenseins genetisch veränderter Kulturen in nicht veränderten Kulturen gehe.
Nach Auffassung der Kommission ergibt sich Koexistenz aus dem Grundsatz, dass
die Landwirte frei entscheiden sollten, welche Kulturpflanzen sie anbauen wollen, ob
es sich nun um gentechnisch veränderte, konventionelle oder ökologische Kulturen
handle. Keine Form der Landwirtschaft solle in der EU ausgeschlossen werden.
Diese Erörterung wird als Grundlage für einen Runden Tisch über Koexistenz am 24.
April 2003 dienen, bei dem die Beteiligten ihren Standpunkt vorbringen können. Der
nächste Schritt wird die ausführliche Erörterung der Optionen mit den Mitgliedstaaten
sein. In weiterer Folge wird die Kommission Leitlinien für die Lösung des Problems
der Koexistenz vorlegen.

Die Kommission lehnt es offenbar ab, Haftungs- oder andere wirtschaftliche
Bestimmungen zum Schutz des herkömmlichen Land- und Biolandbaues zu
erlassen. Sie räumt zwar ein, dass eine zufällige Vermischung von GVO-Pflanzen
oder Saatgut mit herkömmlichen Pflanzen für die betroffenen Bäuerinnen und
Bauern eine Einkommenseinbuße bedeuten kann. Die Verantwortung soll aber den
Mitgliedstaaten überlassen bleiben. Damit liegt die Verantwortung für eine Trennung
von GVO und konventionellem sowie biologischem Anbau bei den Mitgliedstaaten
sowie bei den Bäuerinnen und Bauern. Die Kommission will lediglich Richtlinien dazu
erarbeiten, die aber nicht in eine EU-Gesetzgebung münden sollen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:


1.  Für welche Maßnahmen treten Sie im Zusammenhang mit der Koexistenz
gentechnisch veränderter und nicht veränderter Kulturen ein?

2.   Was werden Sie unternehmen, um in Österreich eine ausführliche Erörterung
der Optionen mit den Betroffenen, der Öffentlichkeit und dem Parlament zu
ermöglichen?

3.   Wurden bereits Abschätzungen vorgenommen, wie sich der Anbau
zugelassener GVO in der EU auf die landwirtschaftliche Erzeugung in
Österreich auswirken wird? Wenn nein, warum nicht?

4.   In welcher Weise gedenken Sie, mit der .zufälligen' Vermischung gentechnisch
veränderter und nicht veränderter Kulturen aufgrund von
Saatgutverunreinigungen, Fremdbestäubung, Durchwuchs (selbstaussäende
Pflanzen, hauptsächlich von Ernteresten, die in die nächste Vegetationsperiode
übertragen werden), Ernte- und Lagerungsverfahren und Transport sowie mit
den möglichen wirtschaftlichen Folgen umzugehen?

5.      Wie werden Sie Anbau, Ernte, Lagerung, Transport und Verarbeitung
überwachen und wer übernimmt die Kosten dafür?

6.      Was werden Sie unternehmen, damit konventionelle oder ökologisch
produzierende Bäuerinnen und Bauern ihre Erzeugnisse nicht wegen einer
zufälligen Beimischung von GVO, die über dem zulässigen Schwellenwert liegt,
billiger verkaufen müssen?

7.      Werden Sie für einen Entwicklungs- und Sicherheitsraum für eine
gentechnikfreie Produktion der österreichischen Landwirtschaft
(„Gentechnikfreie Zone Österreich") eintreten? Wenn ja, welche Maßnahmen
sind geplant? Wenn nein, welche Maßnahmen sind geplant hinsichtlich der
Sicherheitsabstände zwischen den Feldern, Pufferzonen, Pollenbarrieren,
Bekämpfung von durchwachsenden (selbstaussäenden) Pflanzen,
Fruchtwechsel und Bepflanzungsvorkehrungen für unterschiedliche
Blütezeiten?

8.      Halten Sie die Auffassung der Kommission für ausreichend, dass es lediglich
freiwillige örtliche Vereinbarungen zwischen Landwirten und Industrie geben
soll, die sicherstellen, dass in bestimmten Gebieten eine oder mehrere
gentechnisch veränderte Kulturen nicht angebaut werden?

9.   Ist an die Einrichtung GVO-freier Gebiete in Österreich gedacht? Wenn ja, um
welche Gebiete handelt ist sich? Wenn nein, was ist Ihre Strategie im
Zusammenhang mit dem Koexistenz-Problem?

10.  Was werden Sie unternehmen, damit es im Zusammenhang mit GVO zu klaren
Haftungsregelungen nach dem Verursacherprinzip kommt?

11.    Für welche Maßnahmen auf der nationalen Ebene treten Sie ein hinsichtlich
möglicher Schadenersatzforderungen bei wirtschaftlichen Verlusten wegen der
Beimischung von Fremdgenen?


12.    Bei bestimmten Kulturarten wie Raps und Mais sowie bei der Erzeugung von
Saatgut bestimmter Getreidesorten kann sich die Sicherstellung der Koexistenz
als besonders problematisch erweisen. An welche kulturspezifischen Lösungen
haben Sie bei diesen Kulturarten gedacht, um die Existenz von gentechnikfrei
wirtschaftenden Betrieben weiterhin zu ermöglichen und mit welchen
Änderungen der landwirtschaftlichen Praktiken ist bei diesen Kulturen im Falle
der Anwendung von GVO zu rechnen?

13. Wie beurteilen Sie die Meinung der Kommission, dass gentechnikfrei
produzierende Betriebe selbst die Kosten und die Verantwortung für die
Reinheit ihrer Produkte übernehmen sollen?

14.   Unterstützen Sie die Auffassung der Kommission, dass nach dem
Subsidiaritätsprinzip die Problematik der Koexistenz auf nationaler Ebene zu
regeln ist? Wenn nein, was werden Sie unternehmen, damit der Schutz einer
gentechnikfreien Landwirtschaft EU-rechtlich abgesichert wird?

15.    Was werden Sie unternehmen, damit auf EU-Ebene Haftungs- und andere
wirtschaftliche Bestimmungen zum Schutz des herkömmlichen Land- oder
Bioanbaues erlassen werden?