1891/J XXII. GP
Eingelangt am 16.06.2004
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr
Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
betreffend Aufbau
einer integrativen Informationsgesellschaft (in Folge des WSIS 2003 in Genf)
Von 10.-12.
Dezember 2003 hat in Genf der Weltgipfel zur Informationsgesellschaft
stattgefunden, bei dem sich Österreich beteiligt hat und auch Verpflichtungen
eingegangen ist.
Es wurden
abschließlich der gemeinsame Wunsch und die gemeinsame Entschlossenheit des
Gipfels verkündet, eine den Menschen in den Mittelpunkt stellende,
integrative und entwicklungsorientierte Informationsgesellschaft
aufzubauen. In ihr soll ein jeder Informationen und Wissen schaffen, abrufen,
nutzen und teilen können. Einzelpersonen, Gemeinwesen und Völker sollen im
Hinblick auf die Förderung ihrer nachhaltigen Entwicklung und die Verbesserung
ihrer Lebensqualität ihr Potenzial voll entfalten können. Dabei stützen sie
sich auf die Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und unter
voller Achtung und Einhaltung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
Die gemeinsam
erarbeitete Grundsatzerklärung beinhaltet zwei wesentliche Verpflichtungen
der Beteiligten:
1)
„Wir verpflichten uns darauf, die Zusammenarbeit
zu verstärken, um gemeinsame Antworten auf die Herausforderungen im
Zusammenhang mit der Umsetzung des Aktionsplans zu finden, mit dem die Vision
einer integrativen Informationsgesellschaft, die auf den wesentlichen
Grundsätzen dieser Erklärung beruht, Wirklichkeit werden wird.“
2)
„Wir verpflichten uns ferner darauf,
unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Entwicklungsstufen die bei der
Überbrückung der digitalen Spaltung erzielten Fortschritte zu evaluieren und
zu verfolgen, mit dem Ziel, die international vereinbarten Entwicklungsziele,
einschließlich derjenigen, die in der Millenniums-Erklärung enthalten sind, zu
verwirklichen und festzustellen, wie effektiv die Investitionsbemühungen und
die internationale Zusammenarbeit beim Aufbau der Informationsgesellschaft
sind.“
Von besonderer
Bedeutung ist auch folgende Passage: „Die wirksame Teilhabe der Regierungen
und aller Interessengruppen ist für die Entwicklung der
Informationsgesellschaft entscheidend und erfordert Zusammenarbeit und
Partnerschaft zwischen ihnen allen.“
Bis 2005 sind nationale Strategien auszuarbeiten, die die notwendigen
personellen Kapazitäten für ihre Umsetzung beinhalten. Ein strukturierter
Dialog soll eingeleitet werden, der alle relevanten Interessensgruppen
an der Entwicklung dieser Strategien und den Austausch von Best Practice
Beispielen unter Einsatz von Public-Private Partnerschaften
sicherstellt. Dabei sollen die lokalen, regionalen und nationalen Bedürfnisse
und Anliegen berücksichtigt werden und das Prinzip der Nachhaltigkeit
einschließen. Der Privatsektor soll sich an konkreten Projekten beteiligen.
„Jedem Land wird nahe gelegt, bis 2005 zumindest eine funktionsfähige
öffentlich-private Partnerschaft oder sektorübergreifende Partnerschaft
einzurichten, die als Muster für das künftige Vorgehen dienen kann.“
Soweit es die
österreichische Situation betrifft, sind folgende Stärken
erkennbar:
-
eine leistungsfähige Kreativwirtschaft
-
einzigartige Einrichtungen wie das Ars
Electronica Center
-
die Sensibilität für Menschenrechte
-
bemerkenswertes Engagement für
Behinderte und Geschlechtergleichstellung
-
Abhaltung eines World Summit Award
Jedoch
sind auch folgende Mängel zu erwähnen:
-
wenig Kooperation und Austausch mit
den Stakeholdern (insbes. Zivilgesellschaft)
-
wenig internationale Ausrichtung und
Solidarität
-
fehlende Budgets
-
Fehlen eines Kompetenz- und
Vernetzungszentrum für Politikentwicklung und Mitbestimmung
-
fehlende Kommunikation nach außen
-
wenig integrative Betrachtung dadurch
keine STRATEGIE
-
Während UNO und zahlreiche
internationale Beispiele immer wieder die Rolle und den Nutzen für die Menschen
in den Mittelpunkt stellen, wird zu oft noch technologie- und angebotsbezogen
gedacht, was sich auch negativ auf Wirtschaft und Verwaltungsdienstleistungen
auswirkt
-
die Rolle der
Entwicklungszusammenarbeit bzw. der Austrian Development Agency (ADA) ist nicht
erkennbar
Dadurch
ergeben sich folgende Empfehlungen:
-
es muss Raum für Strategieentwicklung
geschaffen werden.
-
es braucht mehr Internationalisierung
-
ein Multi-Stakeholder Ansatz ist
wesentlich
-
der Mensch muss im Mittelpunkt der
Maßnahmen stehen
-
Solidarität nach innen und nach außen
soll erkennbar werden
-
Budgets sollen möglichst rasch zur
Verfügung gestellt werden
-
die Einrichtung eines Kompetenz- und
Vernetzungszentrum wäre wichtig
-
das Lernen auch von Anderen sollte
dringend verstärkt werden (Forschung, Austausch, etc.)
Dies lässt sich
wie folgt begründen:
Die
Informationsgesellschaft bedeutet einen Paradigmenwechsel, bei dem es
unzureichend ist, die Entwicklung von existierenden Institutionen und Prozessen
aus zu betrachten bzw. zu gestalten. Sie erfordert viel mehr die Sicht des
Menschen und seiner sozialen Beziehungen ins Zentrum zu setzen und eine Kultur
der Kooperation zu entwickeln, will man dabei zu den erfolgreichen Ländern
zählen.
Technologie und
Wirtschaft sind wichtig, darüber besteht kein Zweifel. Wenn es aber nicht
gelingt, das Bewusstsein und die Motivation für die Nutzung dieser Technologien
und Dienstleistungen zu schaffen, entstehen viele „nette“ Angebote aber keine
nachhaltige Entwicklung.
Um dieses Ziel
zu erreichen bedarf es daher des entschiedenen politischen Willens und des
Bereitstellens der dazu benötigten Mittel.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen
daher folgende
ANFRAGE:
1.
In wie weit wurde Vorsorge getroffen,
die Erfüllung der in Genf eingegangenen Verpflichtungen in die Wege zu leiten?
2.
Welche personellen, finanziellen und
strukturellen Maßnahmen sind dafür in die Wege geleitet worden?
3.
Welche Ergebnisse wurden seit dem
Gipfel bereits erzielt?
4.
Gibt es ein Budget für den Aufbau
einer integrativen Informationsgesellschaft nach den Zielvorgaben der UNO?
5.
Welche öffentlichen Informations- und
Diskussionsveranstaltungen sind zur Vorbereitung der zweiten Phase des WSIS
2005 in Tunis geplant? Wie kann man neue Initiativen einbringen? Wie werden
diese gefördert?
6.
Wie wird die öffentliche
Berichterstattung (insbesondere TV, Print, Radio) koordiniert?
7.
Wie wird die allgemeine Zugänglichkeit
zu Dokumenten und Gesprächen (bzw. deren Berichten) sichergestellt?
8.
Wie wird der Vertretung von
BürgerInneninteressen Vorschub geleistet?
9.
Welche Beteiligungsmöglichkeiten bei
der Strategieentwicklung werden angeboten?
10.
Welche Maßnahmen zur sozialen
Inklusion werden gesetzt?
11.
Welche speziellen Angebote für
einzelne soziale Gruppen und deren gegenseitiges Zusammenführen sind vorgesehen
bzw. bereits vorhanden?
12.
Wie hoch sind die Ausgaben für
bewusstseinsbildende und aufklärende Maßnahmen, insbesondere in benachteiligten
Bevölkerungsgruppen und Regionen
13.
Welche Maßnahmen zur Förderung von
Menschenrechten, Grundfreiheiten, Demokratie, nachhaltiger Entwicklung sowie
guter Regierungs- und Verwaltungsführung werden gesetzt?
14.
Was wird zur Schaffung von
öffentlichen Zugängen für alle getan, insbesondere von kostenlos nutzbaren?
15.
Welche Strategie gibt es in Bezug auf
den Ausbau der Zugänge in wenig erschlossenen Gebieten?
16.
Wie wird die Ausbildung und
Einbeziehung von Mentoren und „sozialen Unternehmern“ sichergestellt?
17.
Was wird für die Unterstützung der
Forschung, das Lernen von internationalen Beispielen und den
Informationsaustausch getan?
18.
Welche Maßnahmen werden von wem zur
Erstellung und Erforschung der IKT-Indikatoren durchgeführt?
19.
Welche Projektfonds für kleinere
Projektgruppen sind vorgesehen?
20.
Was wird getan, um das Engagement in
internationalen Organisationen und Projekten (UNO, Global Knowledge Partnership,
Hivos, DEZA, GTZ, etc.) zu fördern, insbesondere auch in europäischen
Kooperationsprogrammen (Nordamerika, Asien, Australien, Afrika, Lateinamerika)?
21.
Was wird im Rahmen der ADA bzw. EZA
getan, um das Engagement für IKT zur Erzielung der Milleniumsziele zu erhöhen?
Wie wird der notwendige Ausbau der Partnerländer und Kooperationen
(insbesondere Asien! => Technologie) gewährleistet? Wie wird die
Finanzierung von 0,7 % des BIP für EZA sichergestellt?
22.
Wie findet die Einbindung des
Bundesinstituts für internationalen Bildungstransfer in ein koordiniertes
Engagement für IKT für Entwicklung statt?
23.
Wird die Einrichtung einer
Koordinierungsgruppe im EZA-Bereich umgesetzt?
24.
Was wird zur Erfassung der Forschung
und der Akteure zum Bereich Informationsgesellschaft getan? Würden Sie eine
externe Einrichtung (etwa gemeinnützige Stiftung/Agentur) zur zentrierten
Unterstützung und Entlastung der Bundesstellen unterstützen?